Kuhn, Krystyna – Engelshaar

Hannah Roosen hat es nicht einfach. Ihren alten Job beim bei Psychologischen Notdienst der Polizei musste sie aufgeben, nachdem sie den Selbstmord eines jungen Mädchens nicht verhindern konnte. Die Schuldgefühle quälen sie und sie hofft, dass es ihr mit ihrem neuen Job bei der gerade gegründeten Arbeitsgruppe des Frankfurter Vermisstendezernats V11 endlich wieder besser geht.

Doch wie das Schicksal es will, muss sie sich bei ihrem ersten Fall erneut mit einem jungen Mädchen beschäftigen, genauer gesagt mit zweien. Jelena Epp ist allerdings tot, ihre beste Freundin Marina Klaasen verschwunden. Die beiden stammen aus Kirgisien und sind gemeinsam mit einer strenggläubigen Glaubensgemeinschaft, der Bruderschaft Ebenezer, nach Deutschland gekommen. Während Marina sich deren konservativen Regeln beugt, findet Jelena Anschluss bei einer russischen Gang von Jugendlichen und beginnt ein Verhältnis mit Kolja, dem Kopf der Bande.

Die Arbeitsgruppe vom V11, die neben der Polizeipsychologin noch eine Computerexpertin, einen psychiatrischen Gutachter und die Kommissare Fischer und Liebler als Mitglieder zählt, steht vor einem Rätsel. Als Vorzeigeprojekt des Innenministers, das dessen Ruf vor der Landtagswahl aufpolieren soll, stehen sie schon kurz nach ihrer Gründung vor dem Nichts. Wo ist das Motiv zu suchen? In der religiösen Gemeinde, die Jelena wegen ihres Lebenswandels ausgestoßen hatte? In der Gang der russischen Jugendlichen, weil Kolja aufgrund von Jelenas Aussage in Haft sitzt?

Ein schwieriger Fall, den Hannah Roosen und ihre Kollegen da zu knacken haben. Krystyna Kuhn macht es ihnen nicht leicht, indem sie einen geschickt verschachtelten, aber zumeist übersichtlichen Krimi schreibt. Die Handlung ist originell, spannend und geschickt aufgebaut. Es wäre ein Einfaches gewesen, den Täter in einer der beiden verdächtigten Gruppen – die religiösen Gemeinde und die Jugendgang – anzusiedeln, doch Kuhn lässt sich nicht auf diese Ebene herab. Sie behandelt sowohl die Gläubigen als auch die jungen Russen mit Respekt und verzichtet auf gängige Vorurteile. Das führt dazu, dass die Suche nach dem Täter zwar komplex, aber sehr realistisch verläuft und durch ihre Tiefe besticht.

Der eigentliche Täter entpuppt sich als Randfigur, der nur wenig Bedeutung beigemessen wird. Dennoch ist das Motiv nachvollziehbar und überrascht, da es nicht in übliche Krimi-Muster passt. Es geht viel tiefer und Kuhn schafft es, die Beweggründe des Täters sehr plausibel und einfühlsam darzustellen. Sie lässt dem Menschlichen hinter dem Mord sehr viel Raum, so dass es als Leser schwerfällt, den Täter zu verurteilen.

Was den Roman, neben der Handlung, so lesenswert macht, ist die Hauptperson und Ich-Erzählerin Hannah Roosen. Hannah ist keine Heldin, sie ist eine ganz normale Frau und Mutter eines pubertierenden Fünfzehnjährigen. Während in anderen Büchern von Krystyna Kuhn entweder eine lebenslustige Singlefrau („Fische können schweigen“) oder eine eiskalte Karrierefrau („Wintermörder“) im Mittelpunkt standen, präsentiert die Autorin in „Engelshaar“ eine sehr alltägliche Frauenfigur.

Hannah ist ständig überarbeitet, hat zu wenig Zeit für ihren Sohn, in ihrer Ehe kriselt es und ihr neuer Job setzt ihr zu. Sie hat das Gefühl, nicht richtig ernst genommen zu werden, und arbeitet deshalb umso härter. Sie geht geradezu in dem Fall auf, und das kommt wiederum dem Leser zugute. Er ist hautnah am Geschehen und sieht alles durch Hannahs psychologisch geschultes Auge.

Da die Polizeipsychologin auf eine sehr menschliche Art in der Ich-Perspektive erzählt, konzentriert sich das Buch weniger auf die trockenen Ermittlungen als vielmehr auf die zwischenmenschlichen Töne des Geschehens. Gut sortiert und anschaulich dargestellt, überzeugen sie vor allem dank Hannahs sympatischem Erzählstil.

Anders als bei anderen Büchern der Autorin fehlt in „Engelshaar“ der teilweise sehr bissige Humor von Kuhn. Der Schreibstil ist Hannah angepasst, die zwar durchaus auch mal witzig sein kann, vordergründig aber eine vom Leben eingespannte Frau ist. Kuhn drückt sich gewählt aus, ohne überkandidelt zu klingen. Sie schafft mit ihrer treffsicheren Art für Sätze und Wörter ein dichtes Erzählnetz, das sehr mitreißend ist

Mit „Engelshaar“, dem dritten von mittlerweile vier Kriminalromanen, untermauert Krystyna Kuhn ihre Stellung als eine von Deutschlands aufstrebenden Krimiautorinnen. Sie schafft es, ihre anderen Bücher weder in Bezug auf die Handlung noch in Bezug auf Hauptperson zu kopieren. Hannah Roosen glänzt nicht durch Originalität, sondern durch Bodenständigkeit und unglaubliche Authentizität. Dadurch, dass sie in ihren Büchern ihren Schreibstil der jeweiligen Protagonistin anpasst, ist jeder Roman der Autorin ein ganz neues Erlebnis!

http://www.piper-verlag.de

_Krystyna Kuhn auf |Buchwurm.info|:_

[„Fische können schweigen“ 2882
[„Wintermörder“ 4037

Kuch, Roselyne – Die drei ??? Kids – Das Schloss-Geheimnis

_Schatzsuche in Rocky Beach_

In den letzten Monaten hat das bewährte Trademark „Die drei ???“ einen gehörigen Knacks bekommen. Ein ewig währender Rechtsstreit zwischen der Hörspielplattform |Europa| und dem Buch- und Spiellabel |Kosmos| hat dazu geführt, dass die Fanlager kurzzeitig entzweit wurden, weil |Europa| infolge des Urteils nunmehr nicht mehr den Original-Namen für ihre neuen Produkte verwenden darf. |Kosmos| sind letztendlich als Sieger aus der Geschichte hervorgegangen, so dass die Hörspielreihe fortan unter dem Titel „Die Dr3i“ weiterläuft. Fans sehen dies zwar nicht so gerne, haben den Wandel jedoch mittlerweile toleriert, zumal auf beiden Seiten weiterhin Qualitätsmaterial um die Jungs aus Rocky Beach aufgefahren wird. Der Spielverlag ergänzt dabei jedoch nicht bloß die Buchreihe, sondern hat mit „Die drei ??? Kids – Das Schloss-Geheimnis“ ein weiteres Kinderspiel um das berüchtigte Detektiv-Trio veröffentlicht – das insgesamt vierte im Bunde, nachdem in Rocky Beach spieltechnisch ganze sechs Jahre lang Ruhe herrschte.

Justus, Bob und Peter verschlägt es dieses Mal in das Schloss des Grafen O’Connor, in dessen Keller sich 16 einbruchssichere, verriegelte Türen befinden, die allesamt ein Geheimnis verbergen. Mit Glück und Geschick jagen die drei Detektive nach einem rätselhaften Schatz, dessen Entdeckung jedoch von der Überrumpelung unterschiedlicher Farbcodes abhängt. Erst wenn dies geschehen ist, können die Türen geöffnet und die Schatzkarte zusammengesetzt werden.

_Spielmaterial_

• 16 Türen
• 3 Farbwürfel
• 26 Münzen
• 16 Farbcode-Streifen
• 1 Spielanleitung

Das Spielmaterial ist vorwiegend zweckdienlich gestaltet. Die 16 Türkarten, auf deren Rückseite sich die einzelnen Teile der Schatzkarte befinden, sind zwar mit einer netten Grafik ausgestattet, dafür allerdings nicht wirklich stabil konstruiert. Ähnliches lässt sich auch für die Farbcode-Streifen sowie die Münzen sagen, die nach mehreren Partien bereits erste Abnutzungserscheinungen zeigen. Gerade im Hinblick auf die angesprochene Zielgruppe wäre ein bisschen mehr Liebe fürs Detail ebenso zu wünschen gewesen wie etwas dicker kartonierte Spielmittel. Schließlich wird „Das Schloss-Geheimnis“ sicherlich öfter auf den Tisch kommen, und da wäre eine langfristige Ausrichtung definitiv sinnvoller. Zumindest diesbezüglich fehlt es an Überzeugungskraft.

_Vorbereitungen_

Zu Beginn des Spiels werden die 16 Türen gemischt und schließlich zu einer Spielfläche von vier mal vier Karten mit der verdeckten Seite nach oben gelegt. Auf jedes Türschloss wird nun in beliebiger Anordnung ein Farbcode gelegt. Die Münzen werden aussortiert und zu einem Nachziehstapel bereitgelegt. Schon kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Die Spieler versuchen nun, mit den drei farbigen Würfeln die Farbcodes zu erwürfeln. Insgesamt hat jeder Spieler pro Runde bis zu drei Würfe, bei denen er selber entscheiden kann, ob er einzelne Würfel liegen lässt. Sobald er dabei einen treffenden Farbcode gesammelt hat, kann er die darunter liegende Karte aufdecken. Je nachdem, um welchen Teil der Schatzkarte es sich dabei handelt, erhält er nun die darauf abgebildete Anzahl Münzen ausgezahlt. Anschließend übergibt er die Würfel an seinen linken Nachbarn, der nun ebenfalls sein Glück versucht.

Während des Spiels gilt es auch noch einige Sonderregeln zu beachten. So enthält jeweils ein Würfel die Farben Schwarz und Weiß, die beide als Joker gelten. Jedoch muss Schwarz nicht immer ein Freifahrtschein sein; sollte der führende Spieler nämlich einen dunklen Würfel rollen, muss er dafür eine Münze an den letztplatzierten Mitspieler entrichten und gleichsam seinen Zug sofort beenden.

_Ende des Spiels_

Das Spiel endet sofort, wenn der letzte Farbcode erwürfelt wurde. Nun setzen alle Spieler die Teile der Schatzkarte gemeinsam zusammen. Als Letztes werden die Münzen gezählt. Derjenige, der die meisten Geldstücke besitzt, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Nun, meines Erachtens wird hier ein wenig zu stark mit dem etablierten Namen „Die drei ???“ geworben. Rein inhaltlich hat das Spiel nämlich nicht im Geringsten etwas mit den drei Ermittlern aus Rocky Beach zu tun, da sie einerseits nicht persönlich auftauchen und andererseits auch keine erkennbaren Verbindungen rekonstruiert werden können. Dieser Fakt wird sicherlich so manchen Fan der Reihe ein wenig enttäuschen, wenngleich er nichts an den guten Eindrücken des lockeren Spielverlaufs ändert.

Im Grunde genommen ist „Die drei ??? Kids – Das Schloss-Geheimnis“ nämlich ein eines Glücksspiel mit einigen bekannten Elementen des Klassikers „Kniffel“, jedoch insofern modifiziert, als die Würfelresultate durch die Farbcodes vorgegeben sind. Inwiefern man hier erfolgreich ist, hängt zunächst zu einhundert Prozent vom Würfelglück ab. Jedoch kann man schon ein wenig taktieren, indem man Würfel zurückhält und ein gewisses Risiko eingeht, um ein bestimmtes Resultat zu erzielen. Aber da man ja niemals weiß, welchen Teil der Schatzkarte man aufdeckt bzw. wie lukrativ dieser nun gerade ist, ist Glück hier die entscheidende Kraft, die über Sieg und Niederlage bestimmt.

Trotzdem: Die Aufmachung ist ganz nett und Elemente wie das gemeinsame Zusammenbauen der Schatzkarte ein recht kommunikativer Part, der den Spielspaß ein wenig in die Höhe setzt. Mit einer Spielzeit von 10 bis 15 Minuten hat man auch genau richtig angesetzt. Da das Spiel aber insgesamt sehr simpel gestrickt ist, wird es hier wohl kaum zu Überforderungen kommen.

Zu kritisieren sind lediglich die fehlende Verbindung zu den echten Fragezeichen Justus, Bob und Peter sowie der leichte Mangel an wirklich fortschrittlichen Spielideen. Die Basis zu “
„Das Schloss-Geheimnis“ kann nämlich auch in diversen anderen Titeln, die auf diese Altersgruppe zugeschnitten sind, gefunden werden. Allerdings überwiegt letzten Endes schon der Spaß am Würfeln, wenngleich eine echte Sucht auszuschließen ist. Ein nettes Spiel, aber kein herausragender Titel.

http://www.kosmos.de

Hohlbein, Wolfgang – Horus

_Handlung_

Die ägyptische Katzengöttin Bast(et) kommt im Jahre 1888 nach London, um ihre Schwester Isis zu suchen, die sich in der Hauptstadt des britischen Empires aufhalten soll. Doch kaum hat sie das Schiff verlassen, wird sie von einem Falken angegriffen, den sie gerade so abwehren kann. Sind Isis und sie nicht die einzigen ägyptischen Götter in London?

Auf der Suche nach ihrer Schwester gelangt Bast ins Londoner East End. Doch dort treiben nicht nur Gottheiten ihr Unwesen, sondern auch ein Serienkiller: Jack the Ripper. Schon bald findet sich die Katzengöttin in einem Wirbel aus alten Verbindungen, Gefühlen, Verdächtigungen und unbändigem Hunger wieder …
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Mark Hebden – Geisterstadt am Amazonas

Hebden Geisterstadt Cover kleinDrei Abenteurer begeben sich auf eine moderne Schatzsuche in den Norden Perus. In einer verfallenen Geisterstadt geraten sie nicht nur aneinander, sondern müssen sich auch vor der gefährlichen Natur in Acht nehmen … – ‚Kleiner‘ aber gelungener Abenteuerroman, der aus dem uralten Plot von der riskanten Suche nach dem versunkenen Schatz spannend das Beste macht.
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Schäfer, Rüdiger – Atlan – Das Sphärenrad (Rudyn-Trilogie 2)

Band 1: [„Die Psi-Kämpferin“ 4061

_Story_

Die Anzeichen der Existenz eines weiteren Zellaktivgators führen Atlan fortan mit seiner neuen Kollegin Trilith Okt nach Rudyn, einem Stützpunkt der Zentralgalaktischen Union, die der USO gegenüber zwar diplomatisch eingestellt ist, die United Stars Organisation und ihre Anführer Atlan und Perry Rhodan jedoch nicht in ihrem Machtbereich duldet. Insofern ist auf der Reise ins Ephelegon-System größte Vorsicht geboten, zumal die Kalfaktoren Rudyns derzeit mit der Aufrüstung eines gewaltigen Sphärenrads beschäftigt sind, welches dem Volk sowohl militärischen als auch wissenschaftlichen Fortschritt gewähren soll.

Allerdings wird die Suche nach dem Zellaktivator gleich von mehreren problematischen Umständen begleitet, die außerhalb des Einflusses des Lordadmirals liegen. Die politische Führung Rudyns ist in Intrigen und Hinterlisten verstrickt, angeführt vom Kalfaktor der Wissenschaften Ponter Nastase, der sich still und heimlich den kürzlich auf Finkarm entdeckten Zellaktivator gesichert und alle Beweise über dessen Existenz und sein schmieriges Handeln anschließend beseitigt hat.

Atlans Aufgabe ist es nunmehr nicht bloß, den Garanten für die Unsterblichkeit sicherzustellen, sondern auch das politische Gleichgewicht, bestimmt von liberalen Vordenkern wie Neife Varidis, zu wahren. Doch Nastases teuflischer Plan leitet alsbald ein Horror-Szenario ein, welches Atlans jüngstes Unternehmen zu einer waghalsigen Schlacht um Leben und Tod geraten lässt.

_Persönlicher Eindruck_

Mit großen Erwartungen verfolgte ich in den letzten Tagen die Fortführung des wirklich beachtlich debütierten „Rudyn-Zyklus“, der bereits mit dem Auftaktband ein weitaus höheres Potenzial als die vorangegangene „Lepso-Trilogie“ aufwies und vor allem die zunächst enttäuschten Fans des treuen Gefährten Perry Rhodans beschwichtigen konnte. Nun, da ein weiterer Autor das Regiment übernommen hat, waren die Befürchtungen ob der jüngsten Erfahrungen mit der neuen „Atlan“-Serie recht groß, „Die Psi-Kämpferin“ könne womöglich eine Ausnahmeerscheinung in diesen Reihen sein. Jedoch nimmt Rüdiger Schäfer etwaigen Vorbehalten bereits mit den ersten Kapiteln von „Das Sphärenrad“ jeglichen Wind aus den Segeln. Vielmehr führt er die Story auf einem noch höheren Niveau fort und etabliert eine Erzählkultur, die definitiv an die besten Momente des großen Bruders Rhodan erinnert. Intelligent, facettenreich und dennoch aufs Wesentliche fokussiert – so stellt man sich moderne, gehobene Science-Fiction schließlich auch vor. Aber auch die inhaltlichen Fortschritte sind vorzüglich, sowohl was die spannungsvoll aufgebaute Struktur der Erzählung als auch die zahlreichen Wendungen betrifft, denen man in mittleren Band der „Rudyn-Trilogie“ beiwohnen darf.

Interessant ist in diesem Sinne vor allem die Charakterisierung der verschiedenen Hauptakteure, die hier in vielen kleinen Kapiteln kategorisch vorgestellt werden und dennoch bisweilen ein Mysterium bleiben. So erfährt man zwischenzeitlich einiges über den Verbleib von Trilith Okt, bevor diese mit Atlan zusammentraf, und bekommt anhand der unzähligen Charakterprofile auch einen immer besseren Überblick über die politischen Ränke, die sich zwischen den Organisationen der Galaxis im Stillen abspielen.

Doch gerade jenes Zwischenkapitel um Trilith Okt und das dramatische Schicksal der weiblichen Besatzung eines Raumers, der auf dem Planeten Fauron abstützte, bereichern die Geschichte ungemein, auch wenn sie eingangs wegen der noch nicht erkennbaren Verbindungen zum eigentlichen Plot als überflüssig empfunden werden. Jedoch schafft es Schäfer sehr treffsicher, die vielen Nebenstränge zu einer homogenen Einheit zu formen und die Ereignisse stets in Zusammenhang mit den nachfolgenden Begebenheiten, die für die aktuelle Haupthandlung wichtig sind, zu bringen.

Was die Fortsetzung der Story betrifft, unternimmt der Autor jedoch einen recht radikalen Schwenk. Trilith und Atlan treten nun als Einheit für das gemeinsame Ziel auf, sind sich aber nicht wirklich grün. Atlan schätzt die Psi-Kämpferin für ihre kämpferischen Begabungen und ihren Überlebensdrang, hasst dafür aber ihre kompromisslose, eiskalte Art. Okt hingegen hält den Lordadmiral für einen Mann großer Reden und bescheidener Taten, bis sie irgendwann doch zu dem Schluss kommt, „… dass der Anführer der USO Eier in der Hose hat“. Dieses Dilemma zieht sich als interessanter Nebenstrang durch die Geschichte und bestimmt auch einen Teil der Atmosphäre, die von vielen unberechenbaren Momenten geprägt ist, welche wiederum auf dieses ungleiche, nun jedoch nicht mehr losgelöst voneinander auftretende Paar zurückzuführen ist. Störend ist in dieser Hinsicht allerdings das manchmal zu selbstgefällige Auftreten Atlans, dargestellt in Erfahrungsberichten, die seine Person rühmen, in dieser Form aber eher prahlerisch wirken. Dies ist jedoch insgesamt nur eine Begleiterscheinung, die im gesamten Kontext des Auftretens unseres Titelhelden kaum noch nennenswert ist.

Dafür glänzt Rüdiger Schäfer in den entscheidenden Momenten jedoch mit raschen Szenenwechseln und verschärftem Tempo. Obwohl der Autor nun die beiden Protagonisten an einem Schauplatz versammelt hat, ist er weiterhin darauf angewiesen angewiesen, zwei parallel zusammenlaufende Geschichten zu erzählen, für dessen souveränes Gelingen ihm ebenfalls großes Lob gebührt. Sowohl die Reise des Diskusraumers, in dem sich Trilith und der Lordadmiral befinden, als auch das korrupte, intrigante Machtspiel, welches inmitten des Sphärenrads ZUIM vor sich geht, werden überzeugend dargestellt und steuern unwiderruflich auf ein baldiges Finale zu, welches die Spannung bereits an den Siedepunkt treibt.

Insofern kann man abschließend auch nur resümieren, dass der Autor den Faden intelligent weitergesponnen hat und den Anspruchslevel dank der detailverliebten Beschreibungen, der raschen Sprünge zwischen den recht unterschiedlichen Szenarien und der Steigerung des sprachlichen Niveaus noch einmal hat erhöhen können. Die undankbare Aufgabe, den mittleren Teil einer Trilogie zu schreiben, ist ihm ergo auch nicht zum Verhängnis geworden. Stattdessen hat er die gute Vorlage genutzt und mit einer teils spektakulären Story zielsicher verwandelt. Nun ruht alle Hoffnung auf Michael Buchholz, dass er die „Rudyn-Trilogie“ ebenso würdig zu Ende bringt, wie sie bis dato verlaufen ist. Es steht nämlich mittlerweile außer Frage, dass diese Mini-Reihe nicht zuletzt wegen des hier erstmals aufblitzenden, sarkastischen Humors (in den Dialogen zwischen Atlan und seinem Extrasinn) potenziell zu den besten aus dem weitläufigen Universum Atlans gehört. Ein Comeback des klassischen Atlan also? Nun, nach den Eindrücken des insgesamt fünften Romans der neuen Serie muss man dies beinahe uneingeschränkt bejahen!

http://www.fanpro.com
http://www.perryrhodan.net/

Ennis, Garth / Robertson, Darick – The Boys 1 – Spielverderber

»Achtung! Nur für harte Jungs!« Der rote Button auf dem Umschlag von „The Boys“ spricht wahr. Garth ‚The Preacher‘ Ennis ist wieder da! Und mit ihm eine neue Bande von Kneipenschlägern, die der Welt mit abgefuckten Armeestiefeln in den Arsch treten will. Derbe Sprüche, Sex und Gewalt – davor soll der rote Button jeden potenziell uninformierten Leser warnen.

Mit gutem Grund. „The Boys“ ist eine Gruppe von fünf Radaubrüdern der übelsten Sorte. Okay, eine Schwester – genannt: »Das Weibchen« – ist auch dabei, sie spricht aber nicht, sondern beschränkt sich darauf, Anlass für mehr oder minder bescheuerte Sprüche zu sein. Oder sie zieht Machos die Haut vom Gesicht, kann auch vorkommen. Kopf und Anführer der Terrorbrigade ist Billy Butcher, der deklariert wird als »der vielleicht gefährlichste Mann, dem die C.I.A. je begegnet ist«. Gefährlich macht ihn in erster Linie seine Rücksichtslosigkeit, mehr nicht.

Superkräfte haben andere. Und zwar die Gegner von The Boys. Das sind Superhelden wie der Homelander oder A-Train, glänzende Übermenschen, Reminiszenzen an Superman und The Flash, die sich um das Schicksal und das Leben gewöhnlicher Leute einen feuchten Dreck kümmern. Stattdessen pflegen sie ihre Eitelkeiten und, im Verborgenen, ihre perversen Obsessionen. Die Superhelden sind degenerierte, arrogante Arschlöcher. Und ihre Widersacher, The Boys, sind plumpe, derbe Kneipenschläger.

Zu einer optimistischen Weltsicht geben beide Gruppen nicht den geringsten Anlass. Hoffnung geben höchstens Hughie und Starlight, beides Neueinsteiger, aber auf unterschiedlichen Seiten der Front. Sie finden das Verhalten beider Gruppen nicht in Ordnung, laufen aber trotzdem mit. Vielleicht kommen sie irgendwann dahin und gehen ihren eigenen Weg. Bis es so weit ist, darf Garth Ennis es aber gerne noch ein bisschen krachen lassen. Wer seinen „Preacher“ oder „Die Schlampe“ mochte, wird an „The Boys“ nicht vorbeikommen.

http://www.paninicomics.de/?s=Wildstorm

Jules Verne – Die geheimnisvolle Insel

Fünf Männer stranden auf einer einsamen Pazifikinsel. Sie kämpfen gegen die Elemente und hungrige Tiere. Später machen ihnen Piraten zu schaffen, und zu allem Überfluss ist die Insel Sitz einer geheimnisvollen Macht mit überirdischen Kräften … – Abenteuer, Triumphe des menschlichen Geistes & Mysterien: Dies ist ein Jules Verne in Hochform, der seine (dem heutigen Leser vermutlich zu ausschweifende) Geschichte über die gesamte Distanz fesselnd und mit immer neuen Überraschungen erzählt. Der zeitlose, oft verfilmte Klassiker ist endlich wieder greifbar, auch wenn es sich nur um eine „überarbeitete“ Uralt-Übersetzung handelt.
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Hohlbein, Wolfgang – Spur des Hexers, Die (Der Hexer von Salem 1)

„Eine historische Abenteuerserie mit ganz leichtem phantastischem Einschlag und vielleicht einer Spur von Horror. Dazu ein wenig Plüsch und Mantel-und Degel-Flair …“, schreibt Wolfgang Hohlbein im Vorwort von „Die Spur des Hexers“, dem ersten Teil der bei |Bastei Lübbe| neu aufgelegten |Der Hexer von Salem|-Reihe. Ein Genremix, ohne Frage, doch ein ganz besonderer. Hohlbeins [„Der Hexer von Salem“ 249 basiert nämlich auf den Werken von H. P. Lovecraft (1890-1937), jenem Autor, der heute als Schöpfer des Cthulhu-Mythos bekannt ist.

„Ein wenig Horror“ mag angesichts der Tatsache, dass Lovecraft verstörte und zweifelnde Menschen in den Mittelpunkt seiner Erzählungen gestellt hat, die einem meist außerirdischem Grauen gegenüberstehen, zunächst etwas untertrieben erscheinen. Doch Hohlbein hat es geschafft, Elemente des Horror-Autors mit seinem ureigenen Stil zu verbinden und ein actiongeladenes, pulpiges Abenteuer zu kreieren, das er zu Recht als seinen größten Serienerfolg bezeichnet. Mit „Die Spur des Hexers“ liegt nun der erste einer auf acht Bänden angelegten Reihe vor, die zum ersten Mal im Paperpack die vollständige Ausgabe des Hexers umfasst, inklusive aller Überarbeitungen und neu geschriebenen Vor- und Nachgeschichten. Ein Mammutwerk, das bereits mit dem 830 Seiten dicken ersten Teil deutlich macht, wohin die schwergewichtige Reise geht.

_Inhalt_

Den Anfang in dem Sammelband macht die titelgebende Geschichte „Die Spur des Hexers“. Sie ist zwar erst nach der eigentlichen Heftserie als Roman „Auf der Spur des Hexers“ erschienen, von Hohlbein aber als Auftakt der kompletten Reihe konzipiert worden. Daher erscheint es nur schlüssig und wird dem Anspruch der vollständigen Fassung gerecht, sie nach vorne zu stellen. In „Die Spur des Hexers“ wird der Blick auf Roderick Andara gerichtet, den Vater des eigentlichen Hexers Robert Craven, der während der Handlung jedoch erst ein dreijähriges, kleines Kind ist. Doch wie sein Sohn besitzt auch Roderick magische Fähigkeiten und Gaben, die er unter anderem zur geistigen Kontrolle einsetzen kann.

Seit zehn Jahren ist er bereits auf der Flucht vor namenlosen Häschern, die seinesgleichen vernichten wollen. Beinahe ist dies bereits geschehen, den Tod seiner Frau Jenny kurz nach der Geburt von Robert konnte er nicht mehr verhindern, er selbst nur knapp entfliehen. So trifft er die Entscheidung, Robert nach Walnut Falls zu bringen, wo er ihn in die Obhut einer gewissen Maude Craven gibt, um alle Spuren zu ihm und der auch auf seinen Sohn übertragenen magischen Kraft zu verwischen. Bei seiner Abreise gerät er jedoch in eine Falle und entgeht nur knapp dem Tod. Sogleich bereut er seine Tat und reist zurück, doch er findet das Haus von Maude Craven leer vor. Sein Sohn wie auch die Pflegemutter sind entführt worden.

In diesem Moment tritt H. P. (Ähnlichkeiten zu Howard Philip Lovecraft sind nicht rein zufällig) auf den Plan. Er hat den Hexer lange beobachtet und findet es nun an der Zeit, sich ihm vorzustellen und sich mit ihm zu verbünden. Er weiht Roderick Andara in den Cthulhu-Mythos ein, erzählt, wie er selbst in die Fänge der fanatischer Jünger geraten ist, und glaubt zu wissen, wohin Robert Craven gebracht wurde: nach R’lyeh. Roderick bleibt misstrauisch, doch will er der einzigen Spur zu seinem Sohn folgen. So reisen der Hexer und H. P. nach Arkham, von wo aus sie den Schlafplatz des großen Alten Cthulhu suchen wollen.

Die zweite Geschichte „Als der Meister starb“ spielt rund 20 Jahre nach den Ereignissen in Arkham und beginnt den eigentlichen Zyklus um Robert Craven. Dieser hat sich nach dem Tod seiner Tante Maude mehr schlecht als recht in den Gassen New Yorks mit Gelegenheitsjobs und kleinen Gaunereien über Wasser gehalten. Bis zu seinem 24. Geburtstag, als er auf einen mysteriösen Mann trifft, der ihn aus seinem Elend herausreißen möchte. Robert nimmt das Angebot an und findet sich weniger später an Bord der |Lady of the Mist| wieder, die sich Richtung London aufmacht. Ebenfalls an Bord ist sein Retter: Roderick Andara. Dieser will seinen Sohn nach England bringen, denn er fühlt sich in Amerika nicht mehr sicher und glaubt auch seinen Sohn in größter Gefahr. Allerdings hat er sich ihm noch nicht als Vater, geschweige denn als Hexer offenbart. Als das Schiff jedoch in eine Nebelbank gerät, ändert sich die Situation schlagartig.

Während der Kapitän dem Ereignis keine Bedeutung zuschreibt, ist sich Roderick sicher, es mit keinem gewöhnlichen Nebel zu tun zu haben. Und tatsächlich, wenig später wird das Schiff von einem tentakelbewehrten Wesen angegriffen. Nur Roderick, der sich nun als Hexer zu erkennen gibt, kann den Angriff noch vereiteln. Doch obwohl er die Bestie vertreibt, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Das Schiff prallt auf ein Riff und Roderick ist zu schwach, als dass er das rettende Ufer noch erreichen könnte. So weiht er seinen Sohn endlich in seine Vergangenheit ein und überträgt ihm nach seinem Tod das Erbe des Hexers.

Robert gelingt es schließlich, mit einigen wenigen Überlebenden nach England zu entkommen. Dort sieht er sich nun gezwungen, die Aufgabe seines Vaters zu vollenden: den Kampf gegen unaussprechliche Wesen und düstere Kulte fortzuführen, um die Welt vor dem Unrat des Bösen zu säubern. Kein leichtes Erbe, doch Robert bleibt keine Wahl, denn er ist der neue Hexer von Salem.

_Bewertung_

Aller Revidierungen zum Trotz, „Der Hexer von Salem“ ist und bleibt auch in Form der überarbeiteten Neuauflage „Die Spur des Hexers“ eine Heftromanreihe. All zu hohe Ansprüche sollte man als Leser also nicht stellen. Die Charaktere bleiben weitgehend flach oder zumindest stereotypisch, die Handlung kann keinen Innovationspreis gewinnen, sondern will vor allem nur unterhalten. Und auch die Länge der einzelnen Episoden, obwohl zusammenhängend und nun in chronologisch richtiger Reihenfolge angeordnet, beschränkt sich stets auf weniger als 100 Seiten. Selbst Geschichten, die früher über mehrere Hefte gelaufen sind und nun zusammengeführt wurden, weisen die typischen Heftromanelemente auf: ein schneller Einstieg, ein die Spannung steigernder Mittelteil und ein deftiges Finale bzw. ein nicht minder deftiger Cliffhanger.

Dennoch, es hat seinen Grund, dass Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ immer wieder neu überarbeitet worden und nun in einer finalen Fassung auf den Markt gekommen ist: Es macht einfach Spaß, den Hexer zu lesen. Die Mischung aus Horror, Pulp und Action, die zahlreichen Anspielungen auf reale Personen (vorneweg natürlich Lovecraft selbst, aber auch Autoren wie Jules Verne) und literarische Figuren (Nemo, Fu Manchu) sowie die rasante Erzählweise machen den Hexer zu einem großen Vergnügen. Natürlich fällt jede Episode unterschiedlich aus und schwankt in ihrer Qualität, doch die Reihe bietet insgesamt einen guten Spannungsbogen auf überdurchschnittlichem Niveau. Wer viel Zeit investiert und die Reihe von vorne bis hinten liest, wird mit wiederkehrenden Figuren und Orten und Überschneidungen in verschiedenen Zeitepochen belohnt, die spätestens mit den Abenteuern von Robert Craven ein komplexes Muster entstehen lassen.

Zudem hat Wolfgang Hohlbein für jeden zusammenhängenden Abschnitt (also meist zwischen ein bis drei Heftroman-Folgen) ein Vorwort geschrieben, in dem er über Hintergründe der Entstehungsgeschichte berichtet und Einblicke bzw. Rückblicke in die gute alte Zeit der Heftromanreihe gibt. Er schreibt, warum die ersten Folgen in der „Gespensterkrimi“-Reihe erschienen, wie die Fans versuchten, sein Pseudonym zu entschlüsseln und wie er die Verleger von der ungewöhnlichen, inhaltlichen Thematik zu überzeugen versuchte.

Das alles liest sich, ebenso wie die Geschichten selbst, leicht und locker und regt das ein oder andere Mal zum Schmunzeln an. Wer Horror und insbesondere Lovecraft mag, sich aber nicht daran stört, wie Hohlbein die Thematik mit seinem Stil koppelt und vor allem um Actionelemente erweitert, wird mit „Die Spur des Hexers“ glücklich werden. Kurzweiligen Lesestoff bietet der dicke Paperback-Band alle mal. Und wer auf den Geschmack gekommen ist: Weitere sieben Bände folgen ja noch.

http://www.bastei-luebbe.de

|Siehe ergänzend auch unsere Rezensionen zu den Hörbuchfassungen der Hexer-Reihe:|

[„Auf der Spur des Hexers“ 511
[„Als der Meister starb“ 917
[„Als der Meister starb (Gespenster-Krimi 02)“ 1214
[„Das Haus am Ende der Zeit“ 1116
[„Tage des Wahnsinns“ 2103
[„Der Seelenfresser“ 2886
[„Die Chrono-Vampire“ 3095

Browne, Robert Gregory – Devil\’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden

Robert Gregory Browne ist nicht der erste Autor, der seine Kenntnisse aus seiner Zeit als Drehbuchschreiber in seine Bücher einfließen lässt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass derartige Vorkenntnisse meist zu spannenden, gut aufgebauten Geschichten führen. Die Autoren wissen schließlich, wie man ein Publikum unterhält.

Robert Gregory Brownes Debüt „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ fängt vielversprechend wie ein Actionfilm an. Eine junge, schwangere Frau erschießt in einer Bank zwei Wachmänner und zwingt die Kunden, sich auf den Boden zu legen. Wenig später finden sich ihre Komplizen, unter ihnen ihr Ehemann Alex Gunderson, ein unterschätzter Terrorist, ein und sie brechen den Tresor auf. Obwohl die Polizei schnell vor Ort ist, schafft die Bande es zu fliehen. Sie hat dabei keine Skrupel, wie der Spezialermittler Jack Donovan feststellen muss. Er verfolgt die Bankräuber, was letztendlich zu einem schlimmen Unfall führt. Sara, Alex Gundersons Frau, wird bei diesem Unfall so schwer verletzt, dass sie ins Koma fällt, weitere Mitglieder der Bande sterben, Donovan überlebt verletzt.

Über eineinhalb Monate später ist der Fall Gunderson in den Hintergrund geraten. Einzig Donovan glaubt, dass der Mann sich nach wie vor in Chicago aufhält. Seine Vermutung wird bestätigt, als Gunderson Donovans Tochter Jessie entführt. Er vergräbt sie in der Erde und versorgt sie per Sauerstoffmaske mit genug Sauerstoff für 48 Stunden. Er stellt keine Bedingungen, er will nur, dass Donovan spürt, was er ihm mit Saras Unfall – den er dem Ermittler in die Schuhe schiebt – angetan hat. Die Lage spitzt sich zu, als es zu einem folgenschweren Unglück kommt …

Explosionen, freche Sprüche, ein fesches Gangsterpärchen – „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ beginnt frisch und energiegeladen. Die Kapitel sind kurz, frei von Ballast und die Perspektiven wechseln schnell. Trotzdem lässt Robert Gregory Browne seinen Charakteren dabei genug Platz, um sich zu entfalten. Er schafft es, mit wenigen, kargen Sätzen Persönlichkeiten zu beschreiben, was an und für sich schon eine große Leistung ist.

Wenn man nach einem Wort sucht, dass den Thriller kurz und bündig beschreiben würde, wäre es das Adjektiv „cool“. Browne setzt neben den anfänglichen Hollywoodeffekten auf lässige Cops, abgebrühte Gangster und derbe Dialoge. Die Sprache ist bildhaft und effektiv, die Handlung spannend, da rasant und voller Überraschungen.

Leider hält Browne nicht, was der Anfang verspricht. Die Suche nach Donovans Tochter hat aufgrund der Umstände sehr großes Spannungspotenzial, aber der Autor tappt in eine Falle, die er sich selbst stellt. Eingangs erwähnt er, dass das Nahtoderlebnis seines Onkels ihn sehr berührt hat und er es deshalb dem breiten Publikum nahebringen möchte. Doch die Art und Weise, wie er das tut, wiegt die guten Absichten nicht auf.

Jack Donovan rast verzweifelt durch Chicago. Auf einer Brücke kommt es zu einem folgenschweren Überholmanöver, bei dem Jack mitsamt seinem Auto in den eiskalten Chicago River fällt. Er ist kurz tot, kann aber wiederbelebt werden. Der Unfall kann ihn nicht von der Suche nach seiner Tochter abhalten. Im Gegenteil hat er noch mehr Antrieb erhalten, denn in den Minuten zwischen Leben und Tod ist ihm der verstorbene Alex Gunderson erschienen. Er hat ihm einen bedeutenden, aber verschlüsselten Hinweis gegeben und nun setzt Donovan alles daran, noch einmal in Kontakt mit Alex zu treten.

Bis diese übersinnliche Komponente ins Spiel kommt, ist wirklich alles in Ordnung mit der Geschichte. Sie ist spannend und logisch aufgebaut und man liest sie mit hohen Erwartungen. Doch nach einiger Zeit verliert man den Überblick. Für 48 Stunden tischt Browne dem Leser ganz schön viel auf inklusive einem schweren Autounfall mit Krankenhausaufenthalt. Die Handlung wird etwas verworren. Spätestens als Jack behauptet, seit seinem Nahtoderlebnis sei Gunderson in seinem Inneren, driftet der Thriller ins Unrealistische ab. Bei aller Liebe, aber hier schlägt Browne ein bisschen über die Stränge und schafft es nicht, dies ordentlich zu begründen.

Trotz eines sehr vielversprechenden Anfangs ist „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ letztendlich nur ein B-Movie. Auf der Haben-Seite stehen die gut ausgearbeiteten, originellen Charaktere und der knackige, coole Schreibstil. Und der Anfang der Handlung. Eigentlich steht alles auf der Haben-Seite bis auf die Wende, die der Thriller nimmt, als Jack von der Brücke in den Chicago River rast. Die Art und Weise, wie Robert Gregory Browne das Nahtoderlebnis in seine Geschichte einbaut, missfällt aufgrund ihrer unrealistischen Züge und des – man möchte sagen – übersinnlichen Schnickschnacks.

http://www.knaur.de

Robert Kirkman, S. Phillips – Marvel Zombies (MAX 17)

_Story_

Vor einiger Zeit entdeckten Reed Richards und sein Team der Fantastischen Vier in den Weiten des Multiversums ein Parallel-Universum, welches von einem abscheulichen Virus befallen war. Auf der entfernten Erde hat sich längst die gesamte Bevölkerung in fleischeslustige Zombies verwandelt, darunter auch die komplette Riege der Superhelden und Schurken, deren Hunger kaum mehr stillbar ist.

Während die Fantastischen Vier mit Magnetos Hilfe zurück ins heimische Universum fliehen konnten, muss der Herr des Magnetismus in der fernen Ödnis zurückbleiben und sich dem Heer der Zombies stellen. Doch gegen die Übermacht der grauenvoll entstellten Helden, die inzwischen die gesamte Menschheit ausgerottet haben und auch weiterhin begierig nach neuen Speisen Ausschau halten, scheint auch der einst so mächtige Magneto chancenlos.

_Persönlicher Eindruck_

Die Geschichte der hier vorliegenden Mini-Serie geht auf die Story der beiden Heftmagazine 12 & 13 aus der Reihe „Die Ultimativen Fantastischen Vier“ zurück, in denen die entsetzliche Reise von Richards und seinen Gefolgsleuten sowie die spektakuläre Rückkehr zur Erde erzählt wird. Seither hat sich jedoch niemand mehr mit dem Schicksal der Zombies auf dem verseuchten Planeten des Paralleluniversums beschäftigt, was die |Marvel|-Bosse dazu veranlasste, den aktuell anhaltenden Zombie-Boom zu nutzen und gemeinsam mit Altmeister Robert Kirkman eine Fortführung der Story zu kreieren. Und der Verantwortliche für die bereits legendäre Zombie-Reihe „The Walking Dead“ hat es sich im Zuge dessen auch nicht nehmen lassen, dieses Angebot für eine wahrhaftige Splatter-Orgie auszunutzen. In „Marvel Zombies“ präsentiert er die gesamte Superhelden-Prominenz in gänzlich entstellter Form und darüber hinaus auch mit vollständig neuen, eher unvorteilhaften Charaktereigenschaften, die das bisherige Bild komplett auf den Kopf stellen.

Captain America hat sich mit seinem eigenen Schild die Schädeldecke abgesägt, Daredevil verwahrt in einem geheimen Labor Menschenfleisch als Nachschub für schlechtere Zeiten, der Hulk bedient sich an seinem Unverdauten, um seinen ständigen Hunger zu stillen, und lediglich Spider-Man steht als weinerliches Etwas außen vor und bereut es, seinen Trieben nicht widerstanden zu haben, als er seine Frau und seine Tante verschlang. Verkehrte Welt im |Marvel|-Kosmos! Während der Inhalt jedoch eher gewöhnlich ist und sich bei so ziemlich allen Klischees des Splatter-Genres bedient, ist die Darstellung der Charaktere eine echte Wucht.

Kirkman und sein zeichnender Kollege Sean Philips verzerren sämtliche bis dato bekannten Bildnisse der berüchtigten Helden, entstellen ihr Angesicht teilweise sogar derart krass, dass man das Original kaum mehr wiedererkennen kann. Aber auch ihr allgemeines Handeln im Rahmen dieser Mini-Serie gleicht einem durchweg revolutionären Akt; die Heldenschar schreckt vor nichts und niemandem zurück, hat in der Vergangenheit die gesamte Menschheit ausgelöscht und bedient sich nun am verbliebenem Ersatzteillager von einstigen Freunden, um die unmenschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Alleine diese verquere Darstellung ist schon Grund genug, sich zumindest mal einen kurzen Eindruck von diesem außergewöhnlichen Sammelband zu verschaffen, der auch ohne inhaltliche Meilensteine sicherlich eines Tages unter die Kategorie Klassiker fallen wird.

Dies hat man aber zweifelsohne Robert Kirkman zu verdanken, der sich hier alle Freiheiten herausnimmt, jegliche Konventionen überschreitet und das Idealbild unserer geliebten Comic-Idole zumindest für die Dauer dieses hier zusammengefassten Fünfteilers in Form eines aggressivsten Gewaltausbruchs durchbricht. Dementsprechend wäre eine gewisse Altersfreigabe für „Marvel Zombies“ auch sicherlich angebracht, denn sobald die Action in dieser Ausgabe voranschreitet, geschieht dies auf mächtig brutale Weise und nimmt der Story jegliche Jugendfreundlichkeit.

Dennoch: Der Autor hat hier ein kleines, relativ mutiges Meisterwerk geschaffen, das einerseits zwar makaber und pietätlos sein mag, andererseits jedoch dank der radikalen Inhalte und der ausnahmslos ergreifenden Atmosphäre zur Befriedigung eines jeden Genre-Fans beitragen sollte. Vorsicht ist lediglich für diejenigen geboten, die ihre |Marvel|-Comics durch die bewährte rosarote Brille begutachten, da ein solch krasser Einschnitt für diese Zielgruppe wohl tatsächlich der wahre Horror sein sollte – was Kirkman und Phillips in der extremen Außenwirkung ihres Comics allerdings weiter bestätigen sollte!

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Quincy, Paul – Schwarze Flagge – Rote Segel

Die Piratengeschichten haben seit „Pirates of the Caribean – Fluch der Karibik“ wieder Konjunktur. Ruhmreiche Seeschlachten, verwegene Gestalten, romantische Liebe und nicht zuletzt das Mystische, Geheimnisvolle wollen spannend und unterhaltsam erzählt werden.

Piraten gab es damals aus jeder Nation. Für die einen waren sie gefürchtete und erfahrene Seeleute, die nichts mehr zu verlieren hatten und demnach jedes Risiko eingegangen sind, für die anderen waren es Nationalhelden, die die Seewege sicherten bzw. feindlich gesinnte Schiffe anderer Nationen aufbrachten, plünderten und oftmals keine Gefangenen machten – wo kein Kläger, da auch kein Richter. Besonders die Karibik mit ihren Unmengen an unerforschten Inseln, aber auch wirtschaftlich wichtigen Gütern war nicht nur das Ziel von Piraten, sondern hier erschlossen sich für handelnde Nationen wahre Goldgruben exotischer und einmaliger Waren.

Im Jahre 1776 herrscht ein brüchiger und unruhiger Frieden. England beherrscht mit seinen Kolonien in Nordamerika das politische Geschehen. Die fernen Kolonisten in Amerika wirken aufrührerisch und möchten sich der englischen Besatzung entledigen, um eine eigene Nation zu bilden. Sie stehen damit nicht alleine da, denn die französische Nation unterstützt die junge, sich noch im Entstehen befindliche Nation. Frankreich hatte zu diesem Zeitpunkt zu England über Jahrhunderte bereits eine Erzfeindschaft.

Der Autor Paul Quincy erzählt in seinem Roman „Schwarze Flagge – Rote Segel“ von den Geschehnissen jener Epoche.

_Die Geschichte_

1776 befindet sich der europäische Kontinent in einem ungewohnten Zustand des Friedens. Eine unruhige Zeit, in der jede Nation versucht, ihre Kolonien in Übersee zu stabilisieren, um den Handel mit Waren zu kontrollieren, die Wohlstand und ein gewisses Monopol gewährleisteten. Doch selbst England hat es nicht einfach in seinen Kolonien. Zwar haben sie den Krieg gegen Frankreich um die Vorherrschaft in Nordamerika gewonnen, doch nun sehnen sich die Kolonisten aus allen Ländern nach Unabhängigkeit und der Eigenständigkeit einer eigenen Nation.

Die große Entfernung macht die Kontrolle nicht unbedingt einfach; über Seewege müssen die Truppen auf dem amerikanischen Kontinent versorgt werden, doch diese werden von Freibeutern immer wieder aufgebracht und vernichtet. Oftmals gibt es keine Überlebenden, die Zeugnis vom Geschehen ablegen können – ein unhaltbarer Zustand für das britische Empire. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kennen die Freibeuter erschreckend genaue Details über die Pläne und Versorgungslinien der englischen Flotte.

Der junge Leutnant William Turner wird von der britischen Admiralität aufgefordert, den Verräter innerhalb der Flotte zu finden und zu beseitigen – ein legitimierter Auftragsmord der englischen Krone. Turner ist von diesem Befehl hin- und hergerissen. Einerseits wäre es das erste eigene Kommando für den jungen Offizier, andererseits weiß er, dass dieses Kommando eine tödliche Mission sein kann.

Sein Schiff wird ein kleines, aber mit hochmodernen Waffen ausgerüstetes Schiff sein – das Kriegsschiff |Shark|. Seine eigenen Offiziere haben mit den aufrührerischen Rebellen noch viele offene Rechnungen zu begleichen, und für Turner ist dies die Chance, zu Amt und Würden zu gelangen. Sein Name ist nicht unbekannt in der englischen Flotte, viele kennen ihn auch unter den Namen „Wild Bull“, weil er kein Risiko scheut und oftmals seine Befehle etwas zu draufgängerisch sind.

In wenigen Monaten hat sich der junge Leutnant Turner einen Namen gemacht, aber auch die Gefahr steigt, damit selbst ein Ziel für die Freibeuter zu werden, denn die Übergriffe und die Brutalität eines bestimmten Freibeuterschiffes mit schwarzen Segeln nehmen immer mehr zu …

_Kritik_

Dem Leser werden die Parallelen bekannter Persönlichkeiten zu „Fluch der Karibik“ auffallen. Der Name William Turner und ebenso der weibliche Part der Elisabeth sind vielleicht eine Hommage an die berühmte Piraten-Trilogie, vielleicht auch eine an den Marinemaler William Turner (1775 – 1851). Der Roman ist das Erstlingswerk des Autors Paul Quincy und weist noch so einige Schwächen auf, die, wie ich hoffe, in den nächsten Romanen weiter abgebaut werden.

Die Handlung ist recht flach und vorhersehbar gehalten und der Autor schafft es nicht wirklich, Spannung aufkommen zu lassen. Einzig und allein die Seeschlachten sind wirklich spannend erzählt, wenn auch an manchen Stellen zu blutig und brutal geschildert. Zum Glück unterlässt es der Autor, mit nautischen Begriffen die Handlung in die Länge zu ziehen.

Die Charaktere sind nicht unbedingt vielschichtig. Turner und Elisabeth erinnern so manches Mal an ihre Originale in „Fluch der Karibik“. Vielleicht gedachte der Autor, mit diesen bekannten Filmfiguren einen gewissen Wiedererkennungsgrad zu bewirken und Leser dazu zu verführen, den Roman eher zu kaufen. Ich hätte durchaus gerne mehr gelesen über den Hauptcharakter mit seiner Vergangenheit, die gar nicht uninteressant gestaltet ist.

Leider reiht sich Klischee an Klischee; für einen Erstlingsroman allerdings bedingt entschuldbar. Auch die historischen Begebenheiten werden mir zu wenig erklärt, denn gerade in diesem Konflikt ist die Thematik für das Verstehen der Handlungen unabdingbar. Und gerade dieser Konflikt birgt den Stoff für viele unzählige Abenteuergeschichten, um gleich mehrere Handlungen verstrickt erzählen zu können. Paul Quincy lässt die Handlung jedoch viel zu schnell voranschreiten und vieles bleibt unerwähnt der Interpretation des Lesers überlassen.

_Fazit_

Es wird deutlich, dass die Geschichte um den jungen William Turner noch stark ausbaufähig ist. Die Charaktere alleine bergen schon mächtig viel Potenzial, was sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, dass die Reihe auf mehrere Teile ausgelegt sein wird.

Für Freunde von Seeschlachten und Freibeutern ist dieser Roman sicherlich unterhaltsam und macht Lust auf mehr. Seien wir gespannt auf die nachfolgenden Romane des Autors, der hoffentlich noch an seinem handwerklichen Können arbeiten wird.

_Der Autor_

Paul Quincy startete als Schiffsjunge auf einem Frachter in der Nordsee und wechselte dann als Matrose auf einen Stückgutfrachter der Handelsmarine. Nach mehreren Jahren in der Karibik befuhr er mit dem Steuermanns- und Kapitänspatent in der Tasche alle Ozeane der Welt. Zurzeit verdient er seinen Lebensunterhalt vorwiegend als Skipper auf Yachten in der Ostsee und im Mittelmeer.

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Bilson, Danny / Demeo, Paul / Lashley, K. – Flash – Diagnose Tempo-Tod (100% DC 8)

_Story_

Ein Jahr nach der Infinite Crisis scheint die Speed Force am Boden zerstört. Die Einbeziehung von Superboy Prime in die legendäre Temposquadron brachte die Speedster auseinander und läutete das Ende einer der wichtigsten Superhelden-Vereinigungen des gesamten Multiversums ein. Und dennoch besteht ein wenig Hoffnung, denn der einstige Impulse scheint die Kräfte der Speed Force in seinem Körper zu vereinigen und die Reinkarnation des Teams zu forcieren. Bart Allen ist sich seiner neuen Aufgabe aber noch nicht bewusst und nicht sicher, ob er diese große Last tragen kann. In Zeiten, wo der erste Flash Jay Garrick jedoch altersbedingt langsam schwächelt und ausgerechnet Barts bester Kumpel Griffin sich anmaßt, in die Rolle des Superhelden zu schlüpfen, bleibt dem jungen Allen keine Wahl. Er muss das Kostüm des roten Blitzes überstreifen, um die Stadt vor dem größenwahnsinnigen Griffin und dem zurückgekehrten Mota zu bewahren. Doch ist er dieser Aufgabe überhaupt schon gewachsen?

_Persönlicher Eindruck_

Aus unerfindlichen Gründen ist der Flash in den vergangenen Jahren schon beinahe in die zweite Reihe abgedrängt worden, denn auch wenn der schnelle Flitzer in manchem Crossover noch eine Hauptrolle übernehmen durfte, so haben ihn Gestalten wie Superman und Batman längst aus der vorderen Eliteklasse des |DC|-Universums verdrängt. Dass diese Entwicklung definitiv kritisch zu bewerten ist, belegt nun die achte Ausgabe der Sonderreihe „100% DC“, die ein fulminantes Revival des roten Blitzes einläutet, wenngleich mal wieder eine neue Figur das Kostüm des Flash übergestreift hat. Allerdings ist dies ein Schritt, der in der langen Historie der Kultfigur durchaus legitim ist und auch vom Publikum schön des Öfteren hingenommen und akzeptiert wurde, schließlich handelt es sich beim Titelhelden von „Diagnose Tempo-Tod“ um eine Figur, die stets fortschrittlich behandelt wurde und den Sprung durch die Generationen wohl am authentischsten vollzogen hat.

Dementsprechend werden Hardliner auch nichts auszusetzen haben, wenn sie nun den schon länger auserkorenen Bart Allen in der Rolle des Speedsters erleben, zumal es den beiden Autoren Danny Bilson und Paul Demeo wahrlich eindrucksvoll gelungen ist, den jungen Burschen in die Rolle des Superhelden einzuführen. Dabei ist Allen alles andere als der typische Heldencharakter; lange Zeit hadert er mit der Entscheidung, die Bürde des Kostüms zu tragen und die Speed Force wiederzubeleben, denn zu groß scheint die Aufgabe, die ihn an dieses Schicksal bindet. Jedoch kann er auch nicht tatenlos zusehen, wie die Welt um ihn herum sein Einschreiten von Tag zu Tag konsequenter einfordert, und als schließlich sein bester Freund Griffin über Nacht dem Größenwahn erliegt, sieht Bart seine Zeit gekommen, um dem Chaos Einhalt zu gebieten.

Unterdessen ringt der junge Allen mit seinen Gefühlen für Valerie Perez, eine Mitarbeiterin des S.T.A.R.-Labors, die ebenfalls begierig auf die Rückkehr der Speed Force wartet. Aber auch sie verbirgt ein düsteres Geheimnis, welches sie plötzlich wieder einzuholen droht und zur zweiten Nebenspielwiese des roten Renners wird.

Insgesamt ist es dem Autoren-Team mit großer Überzeugungskraft gelungen, die Legende ein weiteres Mal in diesen zwei Parallelhandlungen aufleben zu lassen. Die Charaktere sind sehr detailliert und glaubwürdig in Szene gesetzt worden, die Dialoge sowie die generelle Sprache auf einem ziemlich hohen Niveau und der Inhalt sowie das allgemeine Potenzial der Story äußerst beachtlich. Zwar knüpfen Demeo und Bilson bisweilen ein wenig zu sehr an die Ereignisse der „Infinite Crisis“ an (besonders in der Schlusssequenz), obwohl die Story durchaus für sich alleine stehen kann, allerdings hat man von Flash in der größer angelegten Reihe „Ein Jahr danach“, die sich derzeit durch verschiedene Releases zieht, nichts mehr gehört, weshalb dies auch wieder legitim ist.

Schwierig ist hingegen der Aufbau der Illustrationen; insgesamt fünf unterschiedliche Zeichner haben der Geschichte ihren Stempel aufgedrückt, was insofern ungünstig ist, dass sich die Stilistiken teilweise doch gravierend voneinander unterscheiden. So kommt es zu einem kleinen Zwiespalt in Sachen Homogenität, die inhaltlich zwar vollends gegeben ist, in den Illustrationen jedoch nicht ganz reflektiert wird.

Alles in allem sind die kleinen Störfaktoren aber kaum als Beeinträchtigungen des Gesamtgenusses zu bewerten. Vielmehr überwiegt die Freude über die erneute Rückkehr des roten Superhelden, die hier mit einer sehr spannenden, würdig inszenierten Handlung und einem charismatischen neuen Helden begangen wird. Bleibt zu hoffen, dass es sich bei diesem Comeback nicht um eine Eintagsfliege handelt und künftig eventuell wieder eine neue Serie um den Anführer der Speed Force aufgelegt wird. An mangelndem Interesse sollte es bei solch fulminanten Storys wie dieser sicherlich nicht scheitern!

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Hustvedt, Siri – Was ich liebte

Was kann das für ein Buch sein, an dessen Übersetzung aus dem Englischen sich drei Übersetzer gütig getan haben? Ist es so kompliziert, dass keiner der Übersetzer mehr als ein paar Seiten schaffte? Setzen die drei einfach gerne auf Teamwork?

Diese Frage wird bei der Lektüre von Siri Hustvedts „Was ich liebte“ leider nicht beantwortet. Muss es auch nicht, denn um ehrlich zu sein, wird die Frage mit der Zeit immer unwichtiger. Es gibt andere Dinge, über die der Leser nachzudenken hat, Dinge, die in direktem Zusammenhang mit der Geschichte stehen.

Das Buch erzählt rückblickend fünfundzwanzig Jahre aus dem Leben des Literaturprofessors Leo Hertzberg. Fünfundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit und dementsprechend viel geschieht in dem Buch. Eines bleibt aber all die Jahre konstant: die Freundschaft zu dem Künstler Bill Wechsler. Gemeinsam fahren die beiden Männer in den Hafen der Ehe ein, werden etwa zur gleichen Zeit Väter zweier Söhne und überstehen nicht nur einen tragischen Todesfall in Leos Leben, sondern auch die negative Entwicklung von Bills Sohn Mark.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Während der erste Teil quasi die Vorgeschichte darstellt, geschieht im zweiten Teil etwas, das das Glück von Leo und seiner Frau Erica und deren Ehe stark belastet. Im dritten Teil dagegen steht ein ganz anderes Thema im Vordergrund: Bills Sohn, der sich zu einem notorischen Lügner entwickelt hat, Drogen nimmt und mit den falschen Leuten Umgang pflegt.

Die ersten beiden Teile, die rückblickend von Leo erzählt werden, muten sehr biografisch an. Stellenweise ohne chronologische Reihenfolge, erzählt er als alter Mann, was seine Freundschaft zu Bill ausmacht und wie sie ihre Frauen kennengelernt haben. Immer wieder beschreibt er die Kunstausstellungen von Bill und die Verbindungen zwischen den Familien Wechsler und Hertzberg.

Es passiert nicht wirklich viel bis zu dem Unglück. Vielmehr ist es Hustvedts dichter, detaillierter Schreibstil, der den Leser bei der Stange hält. Sie gehört zu den Autoren, deren Figuren und Schreibstil man beinahe zusammenfassend betrachten möchte, weil sie sich so ähnlich sind. Sie sind von einer seltenen Tiefe gekennzeichnet, von einer unglaublichen Durchkonstruiertheit und Lebendigkeit. Jedes Wort, jeder Charakterzug, jedes noch so kleine Ereignis scheinen an der richtigen Stelle zu stehen, um ein farbenprächtiges, realistisches Gesamtbild zu schaffen.

Man merkt der Autorin an, dass sie aus einem sehr intellektuellen Hintergrund kommt. Der Vater ein Norwegisch-Professor, hat sie selbst Geschichte studiert und in Anglistik promoviert. Dementsprechend intellektuell wirkt auch „Was ich liebte“. Da das Buch in vielen Teilen in der Künstler- und Schriftstellerszene spielt – Bills zweite Frau sowie Erica beschäftigen sich mit Letzterem -, beschreibt es diese ausgiebig, ohne zu langweilen. Hustvedt hat sich sämtliche Ausstellungen von Bill Wechsler erdacht und auch die Bücher, die Violet, Bills zweite Frau, zu den Themen Hysterie und Essstörungen schreibt, fließen stark in die Geschichte ein. Beispiele aus dieser Literatur werden immer wieder zitiert und gestalten den Roman sehr abwechslungsreich.

Der letzte Teil der Geschichte, in dem es um Mark und seine zwielichtigen Verbindungen geht, unterscheidet sich stark vom Vorherigen. Plötzlich hat das Buch eine richtige, lineare Handlung, die es an einigen Stellen sogar schafft, Spannung aufzubauen. Ich möchte nicht so weit gehen, den dritten Teil von „Was ich liebte“ als Krimi oder Thriller zu bezeichnen. Dennoch fällt es ab diesem Punkt schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Es gewinnt an Fahrt, ohne etwas von seiner Qualität zu verlieren, und überrascht immer wieder durch originelle Wendungen. Hustvedt rückt von Themen wie Kunstausstellungen und wissenschaftliche Literatur ab und führt den Leser stattdessen – natürlich aus der Sicht von Leo – in die Jugendszene von New York ein.

Es entsteht ein mehrpoliges Buch, das sich mit sehr unterschiedlichen Themen beschäftigt. Es ist Siri Hustvedts literarischem Talent zu verdanken, dass es dabei nicht in zwei Teile zerbricht. Zum einen hängt es mit den authentischen Figuren zusammen, die sie zeichnet und die das ganze Buch begleiten. Keine der Personen ist wirklich gut oder wirklich schlecht. Stattdessen skizziert sie in verschiedenen Grautönen die Personenkonstellation aus Familien, Freunden, Kindern und zerbrochenen Ehen. Jede Person hat dabei ihre eigenen Charakterzüge, spezifische Eigenheiten und ist dem scharfen Auge von Ich-Erzähler Leo ausgesetzt. Unwichtige Gesten, bestimmte, wiederkehrende Tätigkeiten, Laster werden sorgfältig beschrieben und in die jeweilige Person „eingepasst“.

Die originellen Figuren werden von dem bereits erwähnten sehr belletristischen Schreibstil eingerahmt. Hustvedt benutzt gehobenes Vokabular, das nie zu hochgestochen klingt, und die Erinnerungen eines alten Mannes, um ein wunderbar dichtes und vielschichtiges Erzählambiente zu schaffen. „Was ich liebte“ entwickelt einen ganz eigenen Zauber, dem man sich selbst an Stellen, an denen sich nur wenig ereignet, nicht entziehen kann.

Siri Hustvedts dritter Roman „Was ich liebte“ zeichnet sich durch ein sehr genaues Bild von zwei Familien und deren Schicksalen aus. Die Autorin erzählt flüssig und sehr genau von den einzelnen Personen und darüber, was sie verbindet. Dabei sind es vor allem ihre feinen Charaktere und der bindende, atmosphärische Schreibstil, die das Buch so herausragend machen.

Nur eine Frage bleibt unbeantwortet: Wieso drei Übersetzer?

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Charlton, Coleman – Rolemaster – Grundregelwerk

_Rolemaster im Kurzüberblick_

Das „Rolemaster“-Rollenspiel hat keine fest vorgeschriebene Welt, ist also eher als Regelmodul anzusehen, wobei es gerne genutzt wird, um etwa in Mittelerde, der Welt von J. R. R. Tolkiens [„Herr der Ringe“, 1330 zu spielen. Extra dafür gibt es auch eine vereinfachte „Rolemaster“-Form, die sich MERS („Mittelerde Rollenspiel“) nennt. Gewürfelt wird mit zwei zehnseitigen Würfeln (auch W100 genannt). Aufgrund seiner vielen Regeln und Tabellen wird „Rolemaster“ auch gerne scherzhaft als „Rulemaster“ bezeichnet, gilt aber auch als das Rollenspiel mit dem detailliertesten Regelwerk. Die Kampf- und Magiesysteme sind sehr taktisch angelegt und räumen den Spielern und dem Spielleiter viele Möglichkeiten ein.

_Die Geschichte von Rolemaster_

„Rolemaster“ wurde ursprünglich von der amerikanischen Spielefirma |Iron Crown Enterprises| (I.C.E.) entwickelt. Anfang der 1990er wurden die Grundregelwerke zunächst von |Laurin| und später von |Queen Games| ins Deutsche übersetzt. Letztere gingen Mitte der 1990er in Konkurs, was das vorläufige Ende der „Rolemaster“-Reihe in Deutschland bedeutete. Zwar sind viele Regelbücher auf Deutsch erschienen, doch sind diese heute nur noch sehr schwer zu bekommen. 1997 wurde noch mal der Versuch unternommen, eine zweiten Edition zu veröffentlichen, jedoch sind bis heute nur zwei „Kreaturen & Monster“-Bände erschienen. Von 1998 bis 2006 gab es keinen deutschen Lizenznehmer von |I.C.E.| mehr.

Seit 2006 hat |Sonnenfeste| nun die deutschen Lizenzen für „Rolemaster“ übernommen und am 07.07.07 wurde somit das neue deutsche Grundregelwerk auf Deutsch veröffentlicht. Weitere Veröffentlichungen sind geplant, unter anderem das „Rolemaster – Kampfhandbuch“, die drei Zauberbücher „Zauberbuch Leitmagie“ „Zauberbuch Essenz“, „Das Zauberbuch Mentalismus“, sowie die Kampagnenwelten „Trion“, „Shadowworld“ und „Cyradon“.

Über das Vorankommen der Veröffentlichungen wird man regelmäßig auf der [Homepage von Sonnenfeste]http://www.sonnenfeste.de unter „Produktiosstatus“ informiert.

_Regeln_

Im Grunde lassen sich die Regeln ganz einfach zusammenfassen: Man würfelt einen W100, addiert dieses Ergebnis zu den verschiedenen Boni seines Charakters und vergleicht das Ganze mit einer der vorgegebenen Tabellen – fertig. Das klingt alles sehr einfach. Das ist es auch, wenn man erstmal seinen Charakter erstellt hat. Das ist allerdings alles andere als einfach, denn gerade für unerfahrene Rollenspieler sind die große Anzahl an Charakterbögen sowie die verschiedensten Boni und Mali eine schwere Hürde. Ich erinnere mich noch, als ich als „Frischling“ mir vor Jahren das „Mittelerde Rollenspiel“ gekauft und absolut nur „Bahnhof“ verstanden habe. Wie gesagt, mit ein wenig Erfahrung in den üblichen Termini sollte das Ganze allerdings kein Problem sein.

Jeder Charakter besitzt die zehn Attribute Geschicklichkeit, Konstitution, Gedächtnis, Logik, Selbstdisziplin, Empathie, Intuition, Charisma, Reaktion und Stärke. Diesen werden zwei Werte zugeordnet: der temporäre und der potentielle Attributswert. Der temporäre Attributswert ist der momentane Stand, den der Charakter hat und der potentielle ist das Maximum, das der Charakter jemals erreichen kann. Normalerweise haben die Attribute einen Wert zwischen 20 und 100 (wobei der potentielle Attributswert zu Beginn selbstverständlich normalerweise höher ist als der temporäre). Dazu werden dann noch der Grundbonus und der Volksbonus addiert, woraus sich der fertige Attributsbonus ergibt.

Mit den Fertigkeiten (die übrigens überaus zahlreich sind) ist es das Gleiche. Der Fertigkeitswert plus etwaiger Boni ergibt den Gesamtwert der jeweiligen Fertigkeit. Um eine Probe darauf abzulegen, wird mit einem W100 gewürfelt und das Ganze mit einer der vorgegebenen Tabellen verglichen, auf der dann das Ergebnis abgelesen werden kann.

Die Charaktererschaffung ist sehr individuell gestaltbar, und es ist möglich, auch wirklich einen Helden zu spielen, wie man ihn sich ausgedacht hat. Als spielbare Rassen sind im Grundregelwerk Menschen, Hochmenschen, Waldelfen, Zwerge und Halblinge (Hobbits) enthalten. Allerdings wird es in späteren Publikationen noch weitere Rassen geben. Als Berufe sind momentan Krieger, Dieb, Schurke, Magier, Kleriker, Mentalist, Waldläufer, Trickser und Barde vorhanden. Um seinen Charakter mit Fertigkeiten zu versorgen, kann man sich nun entweder Fertigkeit für Fertigkeit Punkte kaufen oder man wählt ganze Ausbildungspakete, was das Ganze erheblich vereinfacht und beschleunigt. Auch Hintergründe kann man käuflich erwerben. Möchte man mit magischen Gegenständen starten, ist dies durchaus ebenfalls möglich.

Auch das Magiesystem ist sehr ausführlich und variabel gestaltet, wobei zwischen „richtigen“ Magiern und teilweise Magiekundigen wie etwa Waldläufern unterschieden werden muss. Das Kampfsystem ist seht taktisch aufgebaut, wobei die Aktionen hier in Kampfrunden eingeteilt werden. Jede Kampfrunde hat einen Wert von 100 %. Allen Aktionen wird ein Prozentwert zugeordnet, die dann diese 100 % verbrauchen können. Hierbei wird noch unterteilt in Blitzaktionen (Probenerschwernisse, dafür aber schneller), normale Aktionen und überlegte Aktionen (längere Zeitdauer, dafür aber Probenerleichterung).

_Mein Eindruck_

„Rolemaster“ erfreut sich meiner Meinung nach zu Recht großer Beliebtheit in Rollenspielerkreisen. Das Regelwerk ist sehr ausführlich, aber zumindest für die Spieler relativ einfach zu handhaben. Allerdings muss ich noch mal erwähnen, dass „Rolemaster“ meiner Meinung nach nicht für Einsteiger geeignet ist, da die verschiedenen Begriffe nur sehr unzureichend erklärt werden, was gerade für „Jungrollenspieler“ zu großer Verwirrung führen kann. Ansonsten ist das Spiel sehr ausgewogen und variabel, was besonders für erfahrene Rollenspieler sehr motivierend sein kann.

Im Vorwort bezeichnen die Autoren „Rolemaster“ als einen Werkzeugkasten, aus dem sich jeder herausnehmen kann, was er für seine Rollenspielrunde braucht. Und ich kann bestätigen, dass dieser Werkzeugkasten bis unter den Deckel prall gefüllt ist. Besonders das sehr taktische Kampfsystem hat es mir angetan, denn hier heißt es nicht nur „Attacke-Parade-Attacke-Parade“, sondern man kann auch in einem Kampf gegen einen deutlich stärkeren Gegner durch geschicktes Taktieren bestehen.

Absolut positiv überrascht hat mich die bombastische Aufmachung des Bandes: Hardcover, komplett in Farbe, Lesebändchen und tolle Illustrationen auf (wenn auch sehr dünnem) Hochglanzpapier lassen jedes Rollenspieler- und Sammlerherz höher schlagen. Zudem liest sich die Zahl der in Bearbeitung befindlichen Erweiterungen sehr positiv – da scheint uns noch einiges aus dem Hause |Sonnenfeste| zu erwarten.

_Fazit_

„Rolemaster“ präsentiert sich als sehr gute Alternative zu den etablieren Fantasyrollenspiel-Systemen wie „Das Schwarze Auge“ oder „Midgard“. Gerade für erfahrene Rollenspieler ist dieses System sicher die Investition wert, denn es überzeugt mit einem tollen Kampfsystem und sehr vielen individuellen Möglichkeiten, was die Charaktererschaffung und die Spielwelten angeht. Obendrein ist die Aufmachung einfach nahezu perfekt.

http://sonnenfeste.de/
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Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 3 – Märchenhafte Liebschaften

Mit [„Fables: Legenden im Exil“ 3175 und „Fables: Farm der Tiere“ hat Bill Willingham eine lesenswerte Reihe um die aus ihrer Welt geflohenen Märchenwesen geschaffen. Willingham erzählt fantastische, amüsante und spannende Geschichten darüber, wie die Märchenfiguren in New York in einer eigens gegründeten Gemeinde namens Fabletown sesshaft wurden und nun unerkannt in der Welt der Menschen leben.

In Band 3 der Reihe trifft der Leser in erster Linie alte Bekannte aus den beiden Vorgängerbänden: Snow White (Schneeweißchen), Bigby Wolf (der böse Wolf in menschlicher Gestalt), Prince Charming, Bluebeard (König Blaubart), Flycatcher (der zurückverwandelte Froschkönig) und einige andere mehr. Neu ist diesmal Briar Rose (Dornröschen) dabei, die auf ihre ganz eigene Art sehr zum Gelingen des Plots beiträgt.

Erzählten „Legenden im Exil“ und [„Farm der Tiere“ 3506 immer konsequent eine durchgängige Geschichte, so unterteilt sich „Märchenhafte Liebschaften“ in mehrere Einzelerzählungen. Der erste Teil „Jack in America“ erzählt von der Liebschaft des Gauners Jack Horner zu einer wohlhabenden Südstaatenlady zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges.

Der zweite Teil berichtet von den Geschehnissen rund um „Die Sharp-Affäre“, mit der sich die Gemeinde von Fabletown konfrontiert sieht. Ein Reporter der |Daily News| glaubt das Geheimnis der Fables herausgefunden zu haben und konfrontiert Bigby Wolf mit der Behauptung, er könne beweisen, dass sie alle schon seit Jahrhunderten in Fabletown leben würden. In einem großen Artikel will er die Bombe platzen lassen. Das können die Fables natürlich nicht hinnehmen, und so arbeiten sie einen raffinierten Plan aus, der verhindern soll, dass ihre geheimen Identitäten auffliegen. Natürlich kommt es dabei zu einigen brisanten Verwicklungen …

„Die Mäusepolizei schläft nie“ dreht sich um die Intrige, die Bluebeard ersinnt, um die seit Band 2 flüchtige Revoluzzerin Goldilocks vor der Entdeckung durch die entsandten Mäusepolizisten zu schützen. Mit einem perfiden Plan entführen Bluebird und Goldilocks Bigby Wolf und Snow White in die Cascade Mountains, wo Goldilocks dann den Rest erledigen und die beiden beseitigen soll, damit nicht herauskommt, dass Bluebird der Revoluzzerin Unterschlupf gewährt hat. Doch der Plan hat so seine Tücken und fernab der Zivilisation haben Bigby Wolf und Snow White endlich einmal Zeit, ungestört zu reden …

Zu guter Letzt geht es in der kurzen Geschichte „Gerstenkornbräute“ um das Schicksal der liliputanischen Armee, die auszog, um die Heimat vor den vorrückenden Truppen des Feindes zu schützen. Auch sie mussten schließlich in unsere Welt fliehen und gründeten auf der Farm ihre eigene Gemeinde, wobei ihr größtes Problem darin bestand, dass sie nur Männer waren. Doch es gibt Hoffnung in Form von Gerstensamen …

„Märchenhafte Liebschaften“ vereint also Geschichten, die allesamt irgendwie mit dem Thema Liebe verknüpft sind (die einen mehr, die anderen weniger). Das Konzept, mehrere Einzelgeschichten zu erzählen, tut der Reihe dabei sichtlich gut. Willingham gibt viele fantastische Ideen zum Besten, die er in einer einzigen Geschichte wohl niemals komplett hätte unterbringen können. So ist „Fables“ auch mit dem dritten Band immer noch gleichermaßen einfallsreich wie unterhaltsam. Es gibt viel zu schmunzel über die pfiffigen Ideen, mit denen Willingham die Geschichten um seine Protagonisten ausbaut, und auch die Spannung kommt dabei nicht zu kurz.

Gerade „Die Sharp-Affäre“ und „Die Mäusepolizei schläft nie“ überzeugen durch ihre Spannungselemente. Willingham streut immer wieder Andeutungen ein und lässt den Leser dann nach und nach selbst herausfinden, was wirklich passiert. Beide Geschichten können mit klassischen Elementen des Spannungsromans aufwarten, und so blättert man gierig durch die Seiten, um zu erfahren, wie es weitergeht.

Wer schon die ersten beiden Bände der „Fables“-Reihe mochte, der wird auch vom dritten Teil nicht enttäuscht sein. Hier sind es gerade die Ausgewogenheit zwischen Witz und Spannung und die Souveränität, mit der Willingham den Leser durch seine Geschichten lotst, die besonders überzeugen. Was dennoch etwas erstaunt, ist die Brutalität, die sich diesmal teilweise in den Geschichten widerspiegelt. Eine der entscheidenden Szenen, die Bigby Wolf und Snow White in den Bergen erleben, mutet über mehrere Seiten wie ein echter Splatter an. Das ist bei den „Fables“ doch etwas ungewohnt, trübt den Lesegenuss aber nicht weiter.

Bei den Zeichnungen wird die Linie der ersten beiden Bände konsequent fortgeführt. Die Zeichner Mark Buckingham, Lan Medina und Bryan Talbot legen die Figuren wieder einmal schön lebendig an, in klaren und gradlinigen Bildern. Lediglich die Geschichte um die „Gerstenkornbräute“, die von Linda Medley gezeichnet wurde, sticht optisch durch einen gänzlich anderen Stil hervor. Doch auch Medleys Stil wirkt gefällig und passt gut zur erzählten Geschichte.

Bleibt unterm Strich also wieder einmal ein positiver Eindruck zurück. Bill Willingham setzt seine „Fables“-Reihe auch mit „Märchenhafte Liebschaften“ gelungen fort und zaubert mit Hilfe eines überzeugenden Zeichnerteams gleichermaßen amüsante wie spannende Geschichten auf die Seiten. Wer schon für die ersten beiden Bände etwas übrig hatte, dem sei dringend dazu geraten, auch den dritten Band nicht auszulassen. Willingham hat mit „Fables“ in jedem Fall ein unterhaltsames und eigenwilliges Kleinod der Comic-Kunst geschaffen, das die Lektüre wert ist.

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Bollhöfener, Klaus (Red.) / Havemann, Achim (Hrsg.) – phantastisch! 27

_INHALT:_

_Interviews_
Nicole Rensmann: Interview mit Carsten Polzin
Nicole Rensmann: Interview mit Wolfgang Jeschke
Dirk van den Boom: Interview mit Alma Alexander

_Bücher, Autoren & mehr_
Andreas Eschbach: Entscheidungen – Werkstattnotizen Teil 12
Horst Illmer: Das Land der Habenichtse
Robin Haseler: Parahistorische Literatur studieren?
Johannes Rüster: Phantastkforschung: Unendliche Weiten?
Hans Esselborn: Herbert W. Franke zum 80. Geburtstag
Achim Schnurrer: Eine blutrote Spur
Achim Schnurrer: Klassiker der phantastischen Literatur : William Beckford Teil 2
Ulrich Blode: Der Tag der Triffids
Horst Illmer: God bless you, Mr. Vonnegut

_Phantastisches Update_
Phantastische Nachrichten zusammengestellt von Horst Illmer

_Rezensionen_
Jens Brehl: Ingo Blisse: „Im Land der Angst “
Regnier Le Dyckt: Warren Ellis: „Ocean “
Andreas Wolf: Joe Hill: „Blind “
Regnier Le Dyckt: Iain Banks: „Der Algebraist “
Horst Illmer: Andreas Eschbach: „Ausgebrannt “
Andreas Wolf: Thomas Thiemeyer: „Magma “
Horst Illmer: Wolgang Jeschke: „Der Zeiter “
Carsten Kuhr: Charles Coleman Finlay: „Der verlorene Troll “
Ulrich Blode: Cormac McCarthy: „Die Straße “
Ulrich Blode: Boris Strugatzki: „Die Ohnmächtigen “

_Comic & Film_
Carsten Polzin: Meilensteine des phantastischen Films – „Phase IV “ von Saul Bass

_Story_
Armin Rössler: „Lilienthal “
Ulrich Magin: „Die Höhle “

_Wissenschaft_
Götz Roderer: Tanz der Sphären

_REZENSION:_

Chefredakteur Klaus Bollhöfener heißt den Leser wie gewohnt willkommen und kündigt sogleich das Ende der Kolumne „Werkstattnotizen“ von Andreas Eschbach an, stellt aber auch eine neue Artikelreihe, die Carsten Polzin bestreitet, in Aussicht.

In UPDATE bietet Horst Illmer wieder einmal Nachrichten & Infos zu Neuerscheinungen, wie „Die Kinder Hurins“ von Christopher Tolkien, dem Sohn von J. R. R. Tolkien, „Un Lun Dun“, dem ersten Jugendbuch von China Miéville (dt. „Un Lon Dun“, Februar 2008 bei |Lübbe|) oder der Apokalypse-Trilogie („Flut“, „Feuer“ und „Sturm“) von Deutschlands erfolgreichstem Fantasy-Autor Wolfgang Hohlbein. Aber auch „Science Fiction & Fantasy in den Medien“ finden wieder Erwähnung, ebenso befasst sich Horst Illmer mit der Frage „Wer ist eigentlich … Cormac McCarthy?“ und gibt dem |phantastisch!|-Leser darauf eine Antwort.

Andreas Eschbach beendet, wie schon im Vorwort erwähnt, seine Werkstattnotizen mit Teil zwölf und befasst sich mit dem Thema „Entscheidungen“. Ich kann sein Eingangs-Statement:
„Die Entwicklung des eigenen Schreibens besteht oft einfach darin, sich selbst immer wieder neu auf die Schliche zu kommen, mit welchen Tricks man sich davon abhält“ nur bestätigten, mich aber vor allem seinem: „Die Muse nähert sich nur denen, die schon an der Arbeit sind“ anschließen. Andreas Eschbach beschließt seine Werkstattnotizen für |phantastisch!| mit den Worten: „Ich habe mich dafür entschieden, weiter zu schreiben. Und höre deswegen auf, Seminare zu geben, und konsequenterweise auch damit, Artikel übers Schreiben zu verfassen. Dieser ist der letzte. Ich danke für die Aufmerksamkeit.“ Die Leser danken ihm sicherlich für seine Werkstattnotizen und freuen sich auf die nächsten Romane.

In den Interviews sprach Nicole Rensmann mit dem 1976 in Hannover geborenen Carsten Polzin, der im Januar letzten Jahres Friedel Wahren ablöste und Programmleiter für das Fantasy-Programm bei |Piper| wurde, und mit Wolfgang Jeschke über seinen unerschöpflichen Einsatz für das SF-Genre, seine von den Kritikern gelobten Werke und seine Tätigkeit als Herausgeber und Lektor und seine zahlreichen Auszeichnungen. Dirk van den Boom befragte hingegen Alma Alexander, deren Fantasyroman „Die Drachenkaiserin“ im Februar in Deutschland erschien.

Horst Illmer verrät in seiner polemischen Betrachtung „Das Land der Habenichts oder: Wer schützt die Leser vor solchen Übersetzungen?“, warum er nicht die Werbetrommel für die Neuausgabe des Titels „Planet der Habenichtse“ von Ursula K. Le Guin schlagen kann, und mehr …

Carsten Polzin beginnt seine neue Kolumne „Meilensteine des phantastischen Films“ mit dem Artikel über „Phase IV“ von Saul Bass aus dem Jahre 1974.

Johannes Rüster startet mit „Phantastikforschung: Unendliche Weiten?“ einen Rundumschlag, der das Thema „Salonfähigkeit der phantastischen Literatur“ fortsetzt.

Mit „Literatur und Kybernetik“ verfasste Hans Esselborn einen Essay zu Herbert W. Frankes achtzigsten Geburtstag.

Die Ausgabe 27 der |phantastisch!| beinhaltet natürlich auch wieder Rezensionen, u. a. über „Ausgebrannt“ von Andreas Eschbach, „Der Zeiter “ von Wolfgang Jeschke und „Magma“ von Thomas Thiemeyer, Buchtipps – und etliches mehr.
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Fazit: Wie immer überzeugt die |phantastisch!| durch Informationen und Unterhaltung!

|Redaktion:
Achim Havemann Verlag

Chefredakteur:
Klaus Bollhöfener

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Bücher, Autoren und mehr: Klaus Bollhöfener
Interviews: Nicole Rensmann
Rezensionen: Carsten Lührs
Update: Horst Illmer
Stories: Gabriele Scharf
Wissenschaft: Götz Roderer
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Kontakt
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Lim, Dall-Young / Roh, Sang-Yong – Zero: Circle Of Flow 1 – Das Treffen der Brüder

_Story_

Yugi ist ein außergewöhnlicher junger Mann mit ganz speziellen Talenten, die ihn nicht nur bei den üblichen Prügeleien auf der Highschool schützen, sondern auch auch in der Gunst der Mädchen ganz nach oben gebracht haben. Seine Schwester hingegen mag nicht mit ansehen, dass er von allen Seiten umschwärmt wird. Sie hat sich selber in Yugi verliebt, wünscht sich indes jedoch, dass er eines Tages die vier Jahre ältere Iri heiratet, die jedoch kein Interesse an Yugi zeigt.

Mit Emotionen und Liebe kann sich der junge Schüler jedoch eines Tages kaum mehr auseinandersetzen; er wird bereits seit geraumer Zeit von einer merkwürdigen Vision verfolgt, die ihm bislang nur in seinen Träumen begegnet ist. Seit er jedoch ein Mädchen bei einem Autounfall gerettet hat und darauf hin ins Koma gefallen ist, plagen ihn die seltsamen Eindrücke einer anderen Welt immer häufiger und bestimmen in gänzlich unpassenden Momenten seinen Alltag. Auf Empfehlung seiner Lehrerin Estelle Valentine, die ebenfalls ein Auge auf den jungen Schüler geworfen hat, besucht er einen Wahrsagerclub und erfährt dort wahrlich Seltsames: Ein Seher, der ihm aus den Händen liest, behauptet, Yugi sei bereits gestorben. Ist dies der Grund für seine ständig neu aufkeimenden Visionen?

_Persönlicher Eindruck_

Mit „Zero: Circle Of Flow“ erscheint dieser Tage beim |Planet Manhwa| eine recht interessante Serie, die einerseits auf gewohnten Standards einer klassischen Highschool-Reihe basiert, andererseits aber auch übersinnliche Inhalte thematisiert und sich somit auch wieder gekonnt von den zu erwartenden Klischees löst. Im Mittelpunkt der Handlung steht der souverän auftretende Yugi, ein Musterknabe, wie er im Buche steht, stark, charismatisch, charakterlich gefestigt und doch unentschlossen. Tag für Tag umgeben seinen Geist mehr Geheimnisse um seine Existenz und sein Dasein auf der Erde, das scheinbar etwas Größerem unterworfen ist. Gewaltige Visionen machen ihm zu schaffen, erzählen ihm von einer anderen Dimension, in der zwei Clans gegeneinander fechten und eine geheimnisvolle Frau namens Gai die Gemüter verzückt und erhitzt.

Gleichermaßen ist er von den Wirren des Alltags umgeben; seine Schwester ist verrückt nach ihm und kanalisiert ihre unmoralische Liebe in einer Herrschsucht, die jeglichen Kontakt zum anderen Geschlecht schwierig gestaltet. Nichtsdestotrotz sucht Yugi die Nähe der holden Weiblichkeit, lässt sich gerne umschwärmen und ist ganz verdutzt, als eines Tages die hübsche Na Ha wieder auftaucht, das Mädchen, das er bei seinem Unfall vor dem Tod gerettet hat, und die nun tief in seiner Schuld steht. Auch der Kontakt zu seiner Lehrerin, die sich offenkundig für Yugis jüngste Probleme und dessen Tagträume interessiert, gestaltet sich fortan stetig intensiver, wobei Miss Valentine sich offenbar tatsächlich ebenso in den jungen Schüler verliebt hat. Yugis Welt gerät permanent weiter aus den Fugen und entwickelt sich zu einem recht chaotischen Konstrukt, über das er die Kontrolle zu verlieren droht. Was ist Wirklichkeit, was ist Fiktion? Welche Bedeutungen haben die Flashbacks, die er in seinen Träumen durchlebt? Und was führt den seltsamen Kay plötzlich auf Yugis Highschool? Weiß er wirklich etwas über die Ursache der Erlebnisse, die in den Träumen des begehrten Teenagers ineinander verschwimmen?

Der erste Band der neuen Manhwa-Reihe öffnet bereits ein sehr weitreichendes inhaltliches Portal: Zahlreiche Charaktere entern die Bühne und erleben in einer Reihe von zunächst lediglich lose zusammenhängenden Handlungssträngen vermehrt Merkwürdiges. Dabei hat sich Lim Dall-Young redlich bemüht, das Charakterprofil eines jeden einzelnen mit sehr viel Liebe zum Detail zu erstellen und somit zumindest schon einmal eine gewisse Klarheit über die Rolle der verschiedenen Protagonisten zu schaffen. Darüber hinaus gelingt es dem Autor auch sehr schön, die differenzierten Inhalte bereits im ersten Band Stück für Stück miteinander verschmelzen zu lassen, dabei aber dennoch die eigentliche Geschichte in einer Serie von Mysterien zu beschreiben.

Die Hintergründe liegen offen und werden anhand einer prinzipiell simpel aufgebauten Story mit weitestgehend leicht verdaulichen Elementen transferiert, jedoch entwickelt sich aus der allzu gewöhnlichen Action-Love-Story schon bald ein weitaus tiefgründigeres Werk, das nach und nach immer mehr Potenzial offenbart und schon nach der ersten Ausgabe zu den überzeugendsten Verlags-Debüts seit längerer Zeit gezählt werden darf. Sieht man mal von der Tatsache ab, dass bestimmte Eckpunkte der Handlung vorhersehbar erscheinen (der Titel des ersten Bandes sagt diesbezüglich schon mal einiges aus), ist „Zero: Circle of Flow – Das Treffen der Brüder“ ein überaus gelungener Auftakt einer neuen, vielversprechenden Manhwa-Reihe, die man sowohl als Action- als auch als Love-Story-Anhänger in diesem Genre nicht missen sollte. Zumindest nicht, wenn man nach anspruchsvoller Unterhaltung im Bereich der asiatischen Comic-Kunst sucht!

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Charles Stross – Dämonentor. Die mysteriösen Fälle des Bob Howard

Der Heyne-Verlag deklariert diesen Roman mit dem Schriftzug: »Die große Mystery-Serie«. Sollen wir also davon ausgehen, dass dies der erste Band einer Serie wie »Akte X« ist, wie uns der Umschlag glauben macht? Auf der Autorenhomepage findet sich nur der Hinweis auf den Roman »The Atrocity Archives«, der in England ein großer Erfolg gewesen sei und nun unter anderem ins Deutsche für den Verlag übersetzt wurde. Jedensfalls erschließt sich daraus nicht, ob es zu »Dämonentor« weitere Romane geben wird. Lesen wir ihn also unter dem Gesichtspunkt der Eigenständigkeit.

Bob Howard arbeitet für eine Abteilung des britischen Geheimdienstes, die unter Eingeweihten als »Wäscherei« bekannt ist. Er ist für die Netzwerke und einzelnen Rechner der Einrichtung verantwortlich und integriert sich mit wachsender Beteiligung in den aktiven Außendienst. Dabei kümmert sich die Abteilung um mathematische Grundlagen zur Erschaffung sogenannter Tore zu anderen Universen, durch die je nach Beschaffung Daten oder auch feste Körper transferiert werden können. Die Wäscherei sorgt dafür, dass diese Mathematik der breiten Bevölkerung unzugänglich bleibt, da die außeruniversalen Wesen oft den schlimmsten Alpträumen entsprungen zu sein scheinen und für die Erde die Vernichtung bedeuten könnten, außerdem ist dieselbe Wirkung durch physikalische Einflüsse zu befürchten, wenn die Tore nicht richtig gesichert werden.

Auch in Deutschland ist Charles Stross kein Unbekannter mehr, denn mit seinen drei Science-Fiction-Romanen »Singularität«, »Supernova« und »Accelerando« wurde er regelmäßig für Preise nominiert. Er schreibt mit außergewöhnlichem Stil und mit außergewöhnlichen Ideen und ist schon von daher lesenswert, plus den hohen Unterhaltungsfaktor seiner Geschichten.

Die drei bisher erschienenen Romane waren Science-Fiction, bei »Dämonentor« fällt die Einordnung nicht so leicht. Durch übernatürliche und okkulte Aspekte macht der Verlag keinen Fehler, wenn er das Buch als Mystery führt, allerdings kennt der Protagonist die mathematischen Hintergründe dieser Geschehnisse und nimmt damit diesen »mystischen« Hauch echter unerklärlicher Geschichten.

Der Protagonist ist ein kleiner Computerfreak, der sein Schicksal gelassen sieht. Es hat ihn für immer in die Wäscherei verschlagen, also macht er das Beste daraus und versucht, dem Papierkram der Bürokratie möglichst aus dem Weg zu gehen. Dabei faszinieren ihn die Theorien über Außerirdische, Paralleluniversen und die Praxis dazu stark. Er versucht, über alle für ihn erreichbaren Quellen auf dem aktuellen Stand der Fälle zu sein, dadurch gerät er mit seinen hochbürokratischen Vorgesetzten aneinander. Zu seinem Glück ist ein höheres Tier der Gesellschaft ein Freund von ihm, ein anderer erkennt sein Potenzial und übernimmt ihn.

Howard stellt sein Licht immer unter den Scheffel, außerdem steht er ziemlich weit unten auf der Karriereleiter. Trotzdem wird schnell deutlich, dass er sich ausgezeichnet auskennt und einer der besten und intelligentesten Agenten der Wäscherei ist, auch wenn weder diese noch er selbst das ohne weiteres eingestehen.

Stross lässt seinen Protagonisten Ich-erzählen, wodurch die Ereignisse mit interessanten Kommentaren gespickt werden können. Außerdem kann er ihn die fiktiven technisch-mathematischen Hintergründe seiner Paralleluniversumstheorie erläutern lassen, was dann auf das Wesen des Protagonisten zurückgeführt werden kann und das Mitteilungsbedürfnis des Autors versteckt.

Zum Unterhaltungswert des Buches kann man nur sagen: eins-a. Stross ist ein begnadeter Erzähler, er lässt Bob Howard in ironischer, teilweise fatalistischer Art über seine Arbeit sprechen und spinnt durchweg einen spannenden Erzählfaden. Der Entwurf dieser geheimen Agentenabteilung mit ihren Intrigen, ihrer Bürokratie und der Würze der Charaktere bietet tatsächlich die Grundlage für eine großartige Serie. Bei der Menge heutiger Serien sollte man nur hoffen, dass Stross es nicht übertreibt und sein Potenzial nach ein paar Romanen um Howard auch anderen Projekten zur Verfügung stellt.

Fazit: »Dämonentor« ist trotz des deutschen Titels ein Buch für jedermann, der sich spannender, intelligenter Thrillerunterhaltung mit einem ironischen Spritzer Mystery hingeben will.

Originaltitel: The Atrocity Archives
Aus dem Amerikanischen von Mechthild Barth
Taschenbuch, 400 Seiten

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (6 Stimmen, Durchschnitt: 4,50 von 5)

 

Davis, Alan – Fantastischen Vier, Die – Das Ende (100 % Marvel 29)

_Story_

Viele Jahre sind ins Land gezogen, seit die Fantastischen Vier zum letzten Mal Seite an Seite gekämpft haben. Doch nach jenem schicksalhaften Tag, an dem Victor Doom die beiden Kinder von Reed Richards im Kampf tötete, war der Funke endgültig erloschen und trennte das einst so erfolgreiche Mutantenteam voneinander. Das Ding führt seither ein friedfertiges Familienleben auf dem Mars, die Fackel kämpfte zwischenzeitlich bei den Rächern, Sue galt jahrelang als verschollen, weil auch sie den Tod von Franklin und Valeria nicht verkraften konnte, und Reed arbeitet derweil an einer Maschinerie, die ihm die Reisen durch den Weltraum gehörig vereinfachen soll.

Eines Tages jedoch droht der Erde, die mittlerweile zum friedlichen Utopia emporgestiegen ist, eine neue Gefahr. Aus den Tiefen der Galaxis greift eine Truppe mysteriöser Anarchisten an, um die Quarantäne der Schurken endgültig zu beenden. John spürt die Gefahr als Erster und begibt sich an der Seite des Silver Surfer umgehend zu Ben auf den Mars. Allerdings ist dieser historische Moment für beide nur teilweise erfreulich, denn wie sie beide schmerzlich erfahren müssen, besteht insgesamt kein großes Interesse mehr an der Rückkehr der Fantastischen Vier. Doch extreme Situationen erfordern extreme Interventionen – und so treffen eines Tages doch wieder vier einst verbündete Superhelden aufeinander, um das Chaos in der Galaxie erneut in Ordnung zu bringen und Vergeltung für das harte Schicksal der Vergangenheit zu üben.

_Persönlicher Eindruck_

„Das Ende“, ein recht kontroverser Titel, wenn man mal bedenkt, inwieweit die Welt der |Marvel|- und |DC|-Comics in den letzten Jahren an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat, nachdem derartige Ankündigungen meist schon nach wenigen Monaten wieder ad absurdum geführt wurden. Insofern ist die Skepsis über ein vorzeitiges Finale auch im Hinblick auf die Fantastischen Vier durchaus berechtigt, schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass sich das Quartett um Chefdenker Reed Richards dazu entschließen sollte, die Karriere an den Nagel zu hängen.

In diesem Sonderband aus der Reihe „100 % Marvel“ gehört jener Prozess allerdings schon der Vergangenheit an; die vier Protagonisten sind längst in alle Winde verstreut und haben sich seit ewigen Jahren nicht mehr gesehen. Sue und Reed Richards haben sich fast vollständig von der zivilisierten Welt distanziert, weil sie nach dem plötzlichen Tod ihrer Kinder im Kampf gegen Victor Doom kaum mehr Sinn im eigenen Fortbestehen sahen. So ging auch das berüchtigte Pärchen fortan getrennter Wege und ließ nicht nur die Familie, sondern auch die dramatische Vergangenheit komplett hinter sich.

Das Szenario, das Alan Davis nun, etliche Jahre nach jenem tragischen Ereignis, auffährt, ist daher zunächst auch ziemlich ungewöhnlich, um nicht zu sagen gewöhnungsbedürftig. Die Erde lebt seit einiger Zeit in Frieden, während die Riege der Schurken ohne Ausnahme in eine ferne Quarantäne versetzt wurde, um jenes friedliche Miteinander zu gewährleisten. Innerhalb dieses Settings sind auch die Hauptakteure kaum mehr wiederzuerkennen. Ben Grimm alias Das Ding ist endlich mit sich im Reinen und hat eine Möglichkeit entdeckt, seine Gestalt wieder in die eines Menschen zu verwandeln. Er lebt in beständiger Harmonie mit seiner Familie auf dem Mars und lüstet definitiv nicht mehr nach den Zwistigkeiten gegen die Elite der Superschurken. Auch Sue und der völlig zerstreute, stark gealterte Reed sind nur noch ein Schatten ihrer Selbst und als Identifikationsfiguren keinesfalls mehr geeignet. Depressiv auf der einen, fast schon gefühlskalt auf der anderen Seite, geben sie ein trauriges Bild ab und beschreiben ein Szenario, wie es sich Fans der Fantastischen Vier sicherlich nicht als optimale Zukunftslösung vorstellen würden.

Diesbezüglich hat Davis zweifelsohne einen interessanten Rahmen für seine Story geschaffen und sich auch sehr gut vom klischeehaften Treiben, welches oft derartige Finals ziert, gelöst. Allerdings wirkt seine Geschichte bisweilen einfach zu selbstverliebt und unstrukturiert. Der Autor, selbst ein riesiger Fan der bereits 1961 vom legendären Stan Lee ins Leben gerufenen Reihe, ließ es sich nicht nehmen, alle elementaren Charaktere in seine Handlung aufzunehmen und somit einen wahren Overkill an Action und Informationen zu verbraten, unter dem der stringente Fluss der Handlung ein wenig leidet. Des Weiteren sind die Übergänge zwischen den einzelnen Situationen selten fließend. Davis springt allerorts umher, was gerade zu Beginn für reichlich Verwirrung sorgt, zumal immerzu weitere Nebenstränge eröffnet werden. Die Fronten sind erst abgesteckt, als die Story bald zu Ende geht, gerade auf Seiten der Schurken, wo man kaum ausmachen kann, wer die Anarchisten nun tatsächlich anführt. Stattdessen schien es dem Autor wichtiger, möglichst viele berüchtigte Figuren wie Annihilus, Galactus, den Super-Skull und natürlich auch Victor Doom einzubeziehen, was ihn letztendlich auch daran hindert, inhaltlich fokussiert zu arbeiten.

Dennoch ist „Das Ende“ in Relation zu vergleichbaren Werken sicherlich ein lesenswerter Comic, der sich nach anfänglicher Komplexität langsam aber sicher zu einem heldenhaften Bombastwerk entwickelt und alleine schon wegen des hohen Maßes an Action den Fan der klassischen Serie überzeugen sollte. Alan Davis, der im Übrigen auch den Part des Zeichners übernommen hat, und das weitestgehend zufriedenstellend, hat zwar sicherlich keine Blaupause eines „Fantastic Four“-Comics abgeliefert, aber eine durchweg eigenständige, grundsolide Story, deren Unterhaltungswert mit wachsender Seitenzahl deutlich steigt und den treuen Anhänger schlussendlich überzeugen sollte.

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Juli Zeh – Spieltrieb

Für ihr Debüt „Adler und Engel“  wurde Juli Zeh gelobt und mit Preisen ausgezeichnet. Ihr zweiter regulärer Roman „Spieltrieb“ schickt sich an, das Gleiche zu tun.

Das Buch spielt in Bonn, Zehs Heimatstadt, genauer gesagt in der fiktiven Ernst-Bloch-Schule. Die Privatschule mit angeschlossenem Internat ist die neue Heimat der fünfzehnjährigen Ada. Die hochintelligente, aber gefühlskalte und arrogante Schülerin ist kein einfaches Kind. Sie widerspricht den Lehrern, ist aber nicht aggressiv, sondern schweigsam. Sie hat keine Freunde, doch als Alev neu in die Klasse kommt, baut sich zwischen den beiden etwas auf. Freundschaft oder Beziehung kann man das nicht gerade nennen. Die beiden sind von ihrer Intelligenz und ihrer abgebrühten Einstellung her auf gleicher Ebene. Es gibt keine emotionale Beziehung zwischen ihnen. Mal ignoriert Alev Ada, mal schenkt er ihr all seine Aufmerksamkeit. Ada, obwohl sie sich nicht zu solchen Gefühlen fähig wähnt, wird von dem jungen Halbaraber mit den komischen Ansichten angezogen.

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