Archiv der Kategorie: Interviews

Interview mit Norbert Sternmut zum unveröffentlichten Gedichtband „Abschied vom Feuer“

BUCHWURM: Der Titel Ihres neuen Gedichtbandes lautet „Abschied vom Feuer“. Das würden die Menschen in der Ukraine, denen es an Strom und Gas mangelt, die ihnen Wärme, Licht und Energie spenden, als eher negativ interpretieren. Was verstehen Sie also unter dem Begriff „Feuer“?

Norbert Sternmut

Sternmut: Zunächst ist „Feuer“ weder gut noch schlecht, und so wie jeder andere Begriff und jedes andere Element allein durch die menschliche Bestimmung und Definition eine Zuordnung in bestimmte Kategorien bekommt. Ebenso steht auch der Begriff „Abschied“ zunächst ohne Zuordnung, und allein durch die subjektive oder objeZektive Zuweisung einer Bedeutung kann der Begriff übersetzt und betrachtet und zum sprachlichen Austausch verwendet werden.

Wie in vielen vorangegangenen Büchern wie etwa „Sprachschatten“ (1989) oder „Schattenpalaver“ (2011) bleibt auch hier die Sprache an sich in ihrer Semantik, Verwendung und Verwendbarkeit ein grundlegender Teil der Auseinandersetzung in den Gedichten, auch wenn im Unterschied zu früheren Bänden die Metaphorik eher in den Hintergrund tritt und eher eine eindeutig verständliche Sprache als Transportmittel des Inhalts in den Vordergrund gerückt wird.

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Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Löffler stellt sich selbst vor: „Hallo, mein Name ist Falko, ich bin 48 Jahre alt und meine Hobbys sind Lesen, Schreiben, Filme und Telespiele. Dummerweise habe ich die alle zu meinem Beruf gemacht, weswegen ich ohne finanzielle Interessen und rein zum Spaß nur noch durch den Wald schlurfen und es joggen nennen kann.“

Falko Löffler (c) Maria Manneck, 2019

Vita:
Jahrgang 1974, geboren in Lauterbach/Hessen, Studium der Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaft in Marburg, Abschluss mit einer Magistarbeit über narrative Strukturen in Computerspielen. Über ein Praktikum beim Spiele-Distributor Bomico in die Gamesbranche eingestiegen und von 1996 bis 1999 als studentischer Freiberufler im Marketing mitgearbeitet. Von 1999 bis 2003 Autor und Leveldesigner beim Spieleentwickler Neon Studios (heute keen games) in Frankfurt/Main. Freier Autor und Übersetzer seit 2003. Seit 2018 auch Podcaster.

Bislang hat Löffler eine ganze Reihe Bücher veröffentlicht und übersetzt:

Romane

Drachenwächter. Die Prophezeiung. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-939994-02-2 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-03-9)
Cademar. Günstling der Magie. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-939994-04-6 (auch als Hörbuch, gesprochen von Thomas Nero Wolff, ISBN 978-3-939994-05-3)
Drachenwächter. Die Jagd. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2009. ISBN 978-3-939994-38-1 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-39-8)
Im Funkloch. Roman, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. ISBN 978-3-423-78244-9
Tiefe Saat. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2017. ISBN 978-3-939994-40-4

Humoristische Sachbücher

Bin ich blöd und fahr in Urlaub? Zuhausebleiben ist der beste Trip. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15819-5
Ich kann da nicht nüchtern hin: Familienfeiern und wie man sie überlebt. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15843-0

Kurzgeschichtensammlung

Ausgewählt. Fantastische Geschichten. Kurzgeschichtensammlung, kindle direct publishing / Createspace, 2013. ISBN 978-1492133087

Übersetzungen

D.M. Pulley: Das verlassene Haus, amazon crossing, 2019
D.M. Pulley: Das vierzehnte Opfer, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Listige Brut, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Sieh, wie sie fliehen, amazon crossing, 2017
Jen Williams: Das Kupferversprechen, beBEYOND by Bastei, 2017
D.M. Pulley: Das begrabene Buch, amazon crossing, 2017
D.M. Pulley: Der tote Schlüssel, amazon crossing, 2016
Bryan James: LZR-1143: Kontamination, amazon crossing, 2014

Was machst du gerade, Falko?

Jetzt gerade im Frühsommer 2022 bin ich mit Story und Texten eines größeren Computerspiels beschäftigt. Es ist noch nicht offiziell angekündigt, daher kann ich nicht viel dazu sagen, zumal ich nur eine von vielen Personen bin, die da mitwirkt und nicht – anders als bei einem eigenen Buch – der alleinige Entscheider. Wegen dieses umfangreichen Jobs liegt mein nächstes Buch beim Stand von 2/3 fertig auf Eis. Ansonsten bin ich an einem Podcast beteiligt, für den vier Folgen pro Monat produziert werden wollen.

Jetzt GERADE sitze ich im Dahliengarten des Kunstvereins Fulda, wo meine Frau Mona an einer Gemeinschaftsausstellung beteiligt ist und gerade aufbaut, und schwitze.

Ich habe dich auf einer Jahrestagung der Inklings Gesellschaft kennengelernt. Auf deiner Visitenkarte stand „Schriftsteller“. Bist du das geworden und wenn ja, was hast du alles veröffentlicht?

Zu diesem Zeitpunkt – ist ja schon ein paar Jahre her – hatte ich gerade meine ersten paar Romane veröffentlicht. Ich habe diese schreckliche Angewohnheit, dass meine Visitenkarten möglichst meinen aktuellen Schwerpunkt widerspiegeln müssen, weswegen ich immer neue Karten drucken lasse und einen Stapel alter Karten wegschmeiße. Als ich meinen Magister-Abschluss in der Tasche hatte, musste sofort eine neue Karte her, auf der „M.A.“ hinter dem Namen stand. Ein Jahr später war mir das schon wieder zu prätentiös, also habe ich neue drucken lassen, auf denen schlicht „Autor“ stand. Und als die ersten Romane draußen waren … nun ja … die hast du.

Zuletzt hatte ich eine Visitenkarte, die extrem beliebt war, denn sie war gleichzeitig ein Bonusheft, auf dem ich Treffen mit den Leuten abgezeichnet habe, und wer mich fünf Mal getroffen hat, bekam von mir eine individuelle Kurzgeschichte. Das ist dann etwas ausgeufert, daher verteile ich die nicht weiter.

Meine aktuelle Visitenkarte zeigt dann auch meine derzeitige berufliche Gewichtung. Darauf steht als Jobtitel: „Autor, Übersetzer, Podcaster“.

Worum geht es meist in deinen Geschichten?

Eigentlich mache ich es strategisch völlig falsch. Die erfolgreichen Autor*innen da draußen haben ein klares Profil und eine eindeutige Nische, in der sie sich etablieren. Bei mir hat sich das noch nicht ergeben, aber ich veröffentliche ja erst seit 30 Jahren.

Meine eigene Arbeit spiegelt oft meinen Konsum wider, und der geht in allen Medien querbeet durch die Genres. Ich kann mich für alle Spielarten der Fantastik begeistern, für anarchischen Blödsinn, für kleine und menschliche Geschichten. In meinen eigenen sind die besten Geschichten diejenigen, die mehr als nur ein Flair bieten, die versuchen, einen neuen Blick auf etwas zu werfen. Aber sie sind dann uneindeutig, also schlecht zu platzieren und zu verkaufen.

Daher kann ich es bei mir gar nicht so klar quantifizieren, worum es in den meisten Geschichten geht. Objektiv sind die meisten meiner Bücher Fantasy, aber das heißt nicht, dass ich mich dort am ehesten selbst verorte.

Du hast geschrieben, dass du Computer-Games mit Texten versiehst. Was darf ich mir darunter vorstellen?

Die Textarbeit an Computerspielen ist teilweise deckungsgleich mit der Arbeit an Romanen oder Drehbüchern, manchmal völlig anders. Das Berufsbild „Autor*in von Computerspielen“ ist nicht klar umrissen, nicht mal bei der Begrifflichkeit, wo mal von „Game Writer“, mal von „Narrative Designer“, mal von „Game Designer“ gesprochen wird. Manchmal geht es wirklich um den Entwurf einer Welt oder Dramaturgie wie bei einem linearen Medium.

Aber in den meisten Fällen führt Interaktivität dazu, dass eine Menge Text für eine Menge Situationen und Umstände gebraucht wird. Spielefirmen haben oft versucht, bekannte Autor*innen für ihre Games anzuheuern, und das funktioniert in den wenigsten Fällen, denn nur, wenn diese Leute einen Bezug zum Medium haben. Wer nicht zockt, kann kein Game Writer werden, sondern nur den eigenen Namen vermieten.

Verdienst du daran besser als an Romanen und Geschichten?

Solange man keinen Bestseller schreibt, verdient man mit ALLEM besser als mit Romanen. Nur der kleinste Teil der Veröffentlichungen da draußen rechnet sich, sowohl im Hinblick auf die Gesamtbilanz, wie auch umgerechnet auf die Arbeitszeit, die ich als Autor in ein Buch stecken muss. Ein Roman ist ein Lottoschein mit etwas besseren Gewinnchancen als ein normaler Lottoschein.

Natürlich kann ein Roman auch Abstrahleffekte haben, aber Lesungen, Verfilmungen, Übersetzungen in andere Sprachen – all das ist nur gefragt, wenn das Buch AN SICH schon erfolgreich ist. Der gleiche Fall mit den Vorschüssen. Die meisten Autor*innen können froh sein, wenn die reine Arbeitszeit auf Mindestlohnniveau bezahlt ist.

Bei den Computerspielen bin ich in einer anderen Rolle. Niemand klopft bei mir an, damit ich eine Story aus der Schublade zaubere, aus der ein Spiel gemacht wird. Nein, da bin ich ein Zahnrad im ganzen Team, und ich bin da eher Dienstleister als der kreative Oberhoschi. Entsprechend habe ich in den nun fast 20 Jahren als Freelancer in der Regel von Story- und Textarbeit an Spielen gelebt, und die Bücher kamen immer dann in den Mix, wenn ich entweder eine gute Verkaufschance oder einfach Bock darauf hatte.

Inzwischen bietest du auch Podcasts an. Was ist der Inhalt bzw. die Inhalte dieser Podcasts?

Jochen Gebauer und ich betreiben seit Sommer 2018 den Buchpodcast „Kapitel Eins“. Jochen ist erfahrener Journalist in der Gamesbranche und schon länger professionell im Podcast-Geschäft mit dem Gamespodcast „Auf ein Bier“, den er mit André Peschke betreibt.

Wir veröffentlichen meist alle 14 Tage eine Folge, in der wir ein neues oder altes Buch besprechen oder allgemeine Bücherthemen beackern. Wir führen seit 2020 auch ergänzend eine Crowdfunding-Kampagne durch. Leute, die uns fünf Euro im Monat geben, erhalten exklusiv zwei Bonusfolgen pro Monat – eine weitere Buchbesprechung und ein Interview, das ich führe. Aktuell tun das 300 Leute, und das erlaubt es uns auch, eine professionelle Aufnahme und Nachproduktion zu finanzieren. Unsere Domain ist www.buchpodcast.de

Für mich selbst ist das eine lustige Entwicklung, weil ich Zeit meines Lebens kein großes Interesse am Audio-Medium hatte. Mal eine Drei-Fragezeichen-Kassette als Kind, okay, aber Hörbücher waren nie meins und Radio brauchte ich nur für Musik. Glücklicherweise hatte ich gerade Zugang zum Medium Podcast gefunden, als Jochen bei mir angeklopft hat, sonst hätte ich wahrscheinlich lachend abgewunken.

Bestimmt das Medium den Inhalt bzw. dessen Form (Länge usw.)?

Ich habe für meine Bücher schon einige Radio-Interviews gegeben, und es war immer sehr anstrengend, in ein paar Minuten gepresst zu werden, kurz und prägnant sein zu müssen. Beim Podcast ist das Schöne, dass man höchstens sich selbst eine Längenvorgabe geben kann, aber nicht muss, und natürlich lässt sich in der Nachbearbeitung auch noch etwas ändern.

Podcasts werden in allen möglichen Alltagssituationen gehört, mal ganz intensiv, mal nebenbei. Aber daran denke ich während der Aufnahme nicht. Wir versuchen, eine grobe Struktur einzuhalten, aber erlauben uns auch, in unterschiedliche Richtungen zu galoppieren. Wir können mit Form und Länge auch experimentieren, und das finde ich toll.

Wie groß ist die mögliche Nachfrage im Netz bzw. auf den Smartphones?

Die Nachfrage auf unser Crowdfunding habe ich oben schon erwähnt. Was freie Folgen angeht: Eine öffentlich einsehbare Zahl ist beispielsweise in der populären App „Podcast Addict“ zu sehen, in der die Abo-Zahl jedes Kanals angezeigt wird. Allein dort haben wir im freien Kanal aktuell über 5000 Abonnent*innen.

Nimmt die Nachfrage zu?

Es fluktuiert immer etwas, scheint mir sogar saisonal abhängig zu sein, aber im Schnitt haben wir immer noch leichtes Wachstum. Natürlich haben wir es etwas schwerer, auf uns aufmerksam zu machen, als Kulturkanäle von Öffentliche-Rechtlichen Sendern oder rein kommerzielle Anbieter, die ein Marketingbudget haben.

Wie lässt sich damit Geld verdienen – durch Abos?

Ja, und da ist auch viel in Bewegung. Es gibt Crowdfunding-Seiten wie „Steady“ (dort sind wir mit unserem Buchpodcast), aber auch internationale Anbieter wie Patreon oder Ko-Fi, die sich in ihren konkreten Ausprägungen etwas unterscheiden, aber alle im Prinzip eine Paywall und ein Bezahlsystem als Infrastruktur bieten. Das zu nutzen, heißt natürlich auch, dass zwar einige Gebühren fällig werden, aber der Aufwand, diese Infrastruktur aufzubauen, hält sich für uns sehr in Grenzen.

Was hast du noch so für Pläne?

Wenn ich mit dem Schwitzen im Dahliengarten zu Fulda fertig bin, werde ich mich dem Spiel widmen, das mich weiter auf Trab hält. Dann werde ich ausschlafen. Dann den Roman fertigschreiben. Und der Podcast läuft sowieso.

Darüber hinaus: keine Ahnung. Ich sage schon seit langem, dass ich als Freiberufler nicht weit im voraus plane. Nur immer die nächsten drei Monate. Die sind verplant, also ist alles gut.

Wenn die Frage im ganz großen Bogen gemeint ist: Ich wäre glücklich, einfach weiter mein Zeug querbeet in den Medien zu machen. Um Buzz Lightyear halb zu zitieren: to Ruhestand and beyond!

Das schriftliche Interview führte Michael Matzer.

Interview mit Jutta Weber-Bock anlässlich der Veröffentlich ihres Romans „Das Mündel des Hofmedicus“

Die Stuttgarter Schriftstellerin Jutta Weber-Bock hat am 8. September 2020 im Hospitalhof Stuttgart ihren ersten historischen Roman „Das Mündel des Hofmedicus“ vorgestellt.

Kurz zum Inhalt:

Stuttgart 1804. In einem Stuttgarter Gasthof bringt eine adelige Dame heimlich das Mädchen Christiane zur Welt. Der Hofmedicus nimmt es seiner Mutter weg und unterwirft es einem Erziehungsexperiment. Die Spielkarten Herzsieben und Ecksteinsieben spielen dabei eine geheimnisvolle Rolle. Bis zu ihrem achten Lebensjahr wächst Christiane kindgerecht in einer Pfarrersfamilie auf, dann wird sie von der Schwester des Hofmedicus nach Stuttgart geholt. Diese gibt sich als Christianes wahre Mutter aus. Beim geringsten Vergehen züchtigt sie das Kind. Christiane lernt, sich zu wehren. Der Hofmedicus unterstützt das Mädchen heimlich. Christianes Versuch, mit der Mutter Frieden zu schließen, nutzt ihr nichts, ihre Zeit bei der Schwester des Hofmedicus endet dramatisch. Mit siebzehn Jahren tanzt Christiane auf einem Maskenball und verliebt sich unglücklich. Aus Verzweiflung isst sie eine ganze Schokoladentorte, doch diese ist vergiftet. Zufall oder Mordversuch?
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Interview mit der Stuttgarter Krimiautorin Sigrid Ramge

BUCHWURM.org: Hallo Sigrid, was machst du gerade? Schreibst du an einem neuen Krimi?

Sigrid Ramge: Ein neuer Roman? Da muss ich dich wie alle meine Fans enttäuschen. Die Corona-Pandemie hat nicht nur meine Schreibsucht, sondern auch meine öffentlichen Lesungen ausgebremst. Doch da es jetzt scheint, als ob hierzulande die Pandemie abflaut, hoffe ich, meine Ideen, die darauf warten, in Geschichten verwandelt zu werden, bald aus dem Corona-Schlaf befreien zu können.

Wie fühlst du dich? Bist du bedrückt durch die Folgen der Corona-Pandemie? Gibt es auch Grund zur Freude?

Wer fühlt sich in dieser Hinsicht nicht bedrückt? – Du fragst gleichzeitig, ob es auch Grund zur Freude gibt. Falls die Frage in Verbindung mit der Corona-Pandemie gemeint ist – dann freue ich mich, dass die Luft sauberer ist, weniger Autoverkehr herrscht und der Himmel nicht von Kondensstreifen zerstückelt wird. Grund zur Freude ist auch, dass der Umweltschutz ernster genommen wird als je zuvor.

Du schreibst ja schon viele Jahre. Wie kam es, dass du angefangen hast, auch oder nur noch Krimis zu schreiben? Aus Vorliebe oder wegen eines gewissen Interesses deiner Leser oder deines Verlags?

Bevor 2009 mein erster Krimi veröffentlicht wurde, waren von mir bereits mehrere Bücher anderer Genres in verschiedenen Verlagen erschienen (siehe unten).
Mein erstes Krimi-Manuskript hatte den Arbeitstitel „Endstation Sahara“, weil eine wichtige Nebenhandlung in Tunesien spielt.
Die Haupthandlung ist in und um Stuttgart angesiedelt. Da das Mordopfer mit vergiftetem Trollinger umgebracht wird, schlug der Silberburg-Verlag, der ausschließlich Regionales für Baden-Württemberg herausgibt, den Titel Tod im Trollinger vor. Damit war mein erster Weinkrimi geboren.

Jeder Titel deiner Krimis trägt, wenn ich das richtig deute, den Namen eines lokalen Weins. Wie kam es dazu? Und wie reagieren deine Leser darauf?

Der Krimi Tod im Trollinger war auf Anhieb so erfolgreich, dass die Leser und der Verlag eine Fortsetzung verlangten. In den folgenden zehn Jahren entstanden vier weitere Krimis mit Weinsorten aus der Region Baden-Württemberg im Titel: Cannstatter Zuckerle, Lemberger Leiche, Das Riesling-Ritual und Blutburgunder.

Meine Leser lieben die Weintitel und zusätzlich stieg mit jedem neuen Krimi die Beliebtheit des Ermittlerteams. Jeder, der einen Krimi aus der Serie kennengelernt hatten, wollte wissen, welchen Mordfall das Stuttgarter Ermittlerteam als nächsten zu lösen hat. Hauptkommissar Schmoll, ein gestandenes Mannsbild und hervorragender Weinkenner, die junge clevere Kommissarin Irma Eichhorn aus Itzehoe und der Urschwabe Kommissar Steffen Katz waren den Lesern schon beim ersten Krimi der Reihe ans Herz gewachsen. Die positive Reaktion der Leser zeigt sich an hohen Verkaufszahlen, begeisterter Fanpost und vollen Sälen bei Leseveranstaltungen.

Ist es dir wichtig, in deinen Kriminalgeschichten einen lokalen Bezug zu haben, und wenn ja, warum?

Ich denke, dass jedes Buch und jede Geschichte einen lokalen Bezug braucht, sei es ein fiktiver Ort oder wie in meinen Krimis, eine reale Region. Für den Haupthandlungsort in allen fünf Krimis habe ich Stuttgart gewählt, weil ich seit vielen Jahren in dieser Stadt lebe und mich auskenne. Es hat Spaß gemacht, altbekannte Orte durch die Augen meiner Romanpersonen neu zu entdecken.

Um dem Schwäbischen etwas Exotik beizumischen, spielen die Nebenhandlungen jeweils in einem anderen Land. In Gegenden, in denen ebenfalls Wein angebaut wird. Der Leser lernt nicht nur Stuttgart und besonders schöne Flecken in Baden-Württemberg kennen, sondern wird nach Tunesien, Ägypten, Mallorca, Sizilien und im fünften und vorläufig letzten Krimi in eine der geheimnisvollen Höhlenstädte Kappadokiens geführt. Für mich war es eine dankbare und spannende Möglichkeit, meine Reisetagebücher aufzuarbeiten oder neue Recherchereisen zu unternehmen.

Bist du mit dem Erfolg deiner Krimis zufrieden? Könntest du dir auch andersartige Bücher vorstellen? Und wenn ja welche?

Der Erfolg der Krimireihe ist für mich und auch für den der Verlag durchaus zufriedenstellend. Du fragst, ob ich mir vorstellen kann, andersartige Bücher zu schreiben.

Bevor 2009 Tod im Trollinger erschienen ist, waren von mir bereits mehrere Bücher in anderen Genres veröffentlicht. Zwei Bände mit Erzählungen Die Fäden der Träume und Das Lächeln der Steine.

Inspiriert durch Aufenthalte in Kenia entstand der Jugendroman Wanjiko und die schwarzen Störche. 2006 erschien der Roman Strahlenkinder, 20 Jahre nach Tschernobyl und im gleichen Jahr das Kinderbuch Die unsichtbare Wilhelmine. Diese Bücher mit sozialkritischem Unterton sind auch außerhalb Baden-Württembergs für Schullesungen begehrt.

Zwischen dem vierten und fünften Krimi habe ich mir endlich Zeit genommen für das Manuskript des Romans, der mir, seit ich zu schreiben angefangen habe, am Herzen liegt. Maifrost, eine deutsch-deutsche Familiensaga, erzählt von menschlichen Schicksalen, wie sie in Deutschland im letzten Jahrhundert unzählige Familien erleben und erleiden mussten. Das Buch erschien 2016.

Hinweis

Wer mehr über mich und meine Bücher wissen möchte, findet auf meiner Homepage www.sigrid-ramge.de eine kurze Vita und alle Buchveröffentlichungen mit Inhaltsangaben, Leseproben, Presseberichten und Fotos von Lesungen.

Eigene Lebensbeschreibung:

„Sigrid Ramge stammt aus Bad Köstritz, einer Kleinstadt in Thüringen, in der Schwarzbier gebraut wird und der Komponist Heinrich Schütz geboren ist.
19-jährig floh sie aus der DDR in die Freiheit und studierte Gartenarchitektur. In diesem Beruf arbeitete sie zwei Jahre lang in Zürich.
Zarte Bande führten nach Stuttgart und endeten in Ehe und Sesshaftigkeit.
Nach gelungener Brutpflege folgten beharrliche Schreibversuche und Weiterbildung in Sachen Literatur.
Reisen und Auslandsaufenthalte nach Ägypten, Kenia und Kanada lieferten Ideen für den ersten Erzählungsband.
2001: Der 1. Preis für Kinder- und Jugendliteratur finanzierte eine neue PC-Ausrüstung, aus der sogleich ein hochgelobter Jugendroman purzelte, der aber letztendlich, genau wie vier weitere Bücher, zwar zu Ehre, aber leider nicht zu Weltruhm führte.

Sigrid Ramge hat bisher (Stand 2019) mehr als 100 Lesungen in Buchhandlungen, in Bibliotheken, auf Buchwochen und in Schulen gehalten. Außer im süddeutschen Raum auch in Thüringen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und in Berlin.

Sie leitete zehn Jahre lang die Schreibwerkstatt an der Universität Stuttgart im Studium Generale und gab Schreibseminare in verschiedenen literarischen Institutionen. Sie ist Mitglied des Schriftstellerverbandes.“

Das schriftliche Interview führte Michael Matzer.

Interview mit Tade Thompson, nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2021

Interview mit Tade Thompson, der für den KLP 2021 nominiert ist

Der Autor

Tade Thompson ist in London geboren, in Nigeria aufgewachsen und wieder nach England zurückgekehrt, um dort Medizin und Sozialanthropologie zu studieren. Inzwischen lebt er als Arzt an der englischen Südküste, wo er gegen seine Bibliomanie ankämpft. Mehr Info im folgenden.
Tade Thompson (c) Golkonda und David Thomson

BUCHWURM: Hallo, Mr. Thompson, was machen Sie gerade?

Tade Thompson: Ich versuche mir gerade einen Plot für eine Story über Hexen auszudenken.

Wie fühlen Sie sich in diesen besonders erschöpfenden Zeiten?

Thompson: Ich kann nicht klagen. Ich bin ein Arzt im Krankenhaus, deshalb verfüge ich nicht über den Luxus, erschöpft zu sein.

Was bedeutet es für Sie, ein erfolgreicher Autor zu sein?

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Audible.de – Die neue Hörbuch-Download-Plattform

Junge Leute mit dem Köpfhörer im Ohr – man sieht sie heute überall, sie gehören zum Alltagsbild. Aber was hören sie eigentlich mit ihrem MP3-Player oder ihrem Handy? Vielleicht klingen ihnen die Ohren in Zukunft nicht nur vom neuesten R&B-Soul-Hit, sondern von einem aufregenden Hörspiel wie etwa „Otherland“. Eine neue Download-Plattform für Hörbücher macht’s möglich.

Hat der Weihnachtsmann den MP3-Player erfunden? Wohl nicht ganz, aber es war am Nikolaustag 2004, dass das deutsche Internet-Portal audible.de für den Download von Hörbüchern und Audiomagazinen seine Pforten öffnete. Die amerikanische |Audible Incorporated| hat sich mit zweien der größten Medienhäuser zusammengetan und ein Jointventure mit |Random House| (Bertelsmann) und |Holtzbrinck NetworXs AG| gegründet.

Was hat der Nutzer von Medien davon, fragt man sich unwillkürlich. Reicht es nicht, dass ein Musikportal nach dem anderen dem mehr oder weniger jungen Musik-Junkie das Geld aus der Tasche zieht? Müssen es auch noch Audiobooks sein, nach denen wir gieren sollen?

Diese Bedenken waren den Machern der Plattform wohl nicht ganz unbekannt, denn zunächst gab es etwas völlig kostenfrei: ein frei wählbares Hörbuch – bei einer Auswahl unter 1000 Stück; zeitweilig wurde die Aktion auch auf zwei frei wählbare Hörbücher ausgedehnt. Für das Jahresabo wurde man mit einem kostenlosen MP3-Player (iPod shuffle) belohnt. Entsprechend rege war das Interesse. Innerhalb der ersten Woche luden mehr als 2000 Nutzer über 5000 Hörbücher herunter.

Wen juckt’s?

Spricht daraus ein erhöhtes Interesse deutscher Verbraucher an hörbarer Literatur und gesprochenen Texten aus Zeitung, Zeitschrift und Reiseführer? Wie ich selbst immer wieder an mir und anderen festgestellt habe und beobachten kann, besteht in der Tat eine große Nachfrage nach solchen Angeboten – mit Einschränkungen. Arik Meyer, der deutsche Geschäftsführer von audible.de, erläutert: „Es geht vor allem um einen anderen Hörstil, etwa im Auto, unterwegs zur Arbeit (oder dem Studienort) oder beim Sport.“ Die einfache Verfügbarkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: „Einfach im Internet auswählen, herunterladen und sofort am MP3-Player oder PC hören“, das sei |audible|s Devise.

Zu hohe Preise? Kein Problem

Doch viele Hörbuch-Freunde werden immer noch von den überdurchschnittlich hohen Preisen der Anbieter abgeschreckt. Sie liegen – mit nur wenigen löblichen Ausnahmen – meist im Bereich für Hardcover-Bücher. Als ob man CDs einen Ehrenplatz im Bücherregal einräumen würde! Arik Meyer sieht sich im Vorteil: „Die Titel aus unserem englisch- oder deutschsprachigen Programm sind rund 30 Prozent günstiger als vergleichbare Hörbücher auf CD.“

Damit liegt audible.de etwa gleichauf mit den Hörbuchpreisen, die Amazon.de, der größte Online-Buchhändler, für preisgesenkte Hörbücher – die zudem portofrei verschickt werden – verlangt. Preisgünstiger sind nur noch Secondhand-Hörbücher, doch das Angebot ist bislang spärlich. Kaum wird ein Hörbuch als gebraucht angeboten, ist es schon wenige Tage später wieder weg. Das belegt einen hohen Bedarf. Will audible.de jedoch Amazon.de und Gebrauchthändler (besonders auf Ebay.de) dauerhaft unterbieten, muss es über kurz oder lang die Preise weiter senken – gut für die Käufer.

Abonnements

Dies gilt, wenn man sich die Titel quasi à la carte zusammensucht. Es gibt aber auch zwei Modelle für Abonnements: Classic und Premium. Beim „Classic“-Abo erhält der Kunde monatlich eine Zeitschrift und ein Audiobuch seiner Wahl für einen Monatsbeitrag von 9,95 Euro. Außer dem „Handelsblatt“ und „Die Zeit“ sind jedoch alle Zeitschriften in Englisch. Dadurch ist dieses Abo wenig reizvoll für deutschsprachige Leser.

Das Premium-Abo verpflichtet zur Abnahme von zwei Hörbücher pro Monat und kostet – ja, wie viel denn nun? Nach den Angaben des Audible-Geschäftsführers Arik Meyers handelt es sich um ein Sonderpreisangebot in Höhe von 14,95 Euro. Man spart also im Schnitt fünf Euro. Vorausgesetzt, es bleibt beim permanenten Sonderangebot. Wer ein Hörbuch als Geschenkidee toll findet, kann einen digitalen Geschenkgutschein verschicken.

Was gibt’s im Angebot?

Die Käufer bleiben jedoch ebenfalls weg, wenn sie merken, dass es nichts im Angebot gibt, das sie interessiert. Deshalb ist der im Neudeutschen so genannte Content ebenfalls von hoher Bedeutung. Die Titel werden von zurzeit 25 Vertragspartnern – nennen wir sie mal „Content-Provider“ – bereitgestellt. Am Anfang handelte es sich um rund 1000 Stunden deutschsprachiges Programm plus 5000 Stunden Belletristik- und Sachtitel in englischer Sprache. Kein Wunder, wenn der Betreiber aus den USA kommt. Dagegen nehmen sich die 400 deutschen Hörbücher doch recht bescheiden aus. Hinzu kommen rund 7600 englischsprachige Hörbücher. (Natürlich gibt es auch Audiozeitschriften und -Zeitungen.)

Daher ist das Gewinnen von weiteren Content-Providern so wichtig. In den USA verfügt Audible Inc. über 230 Vertragspartner (stand Mai 2005), die mehr als einer halben Million Kunden über 50.000 Stunden Audio-Inhalte anbieten. Dies ist die Marke, auf die das Unternehmen auch hierzulande hinarbeiten muss – wenn auch eine Nummer kleiner als im riesigen US-Markt. Doch bei einem genaueren Blick ins Angebot von Audible.de bekommt der Kunde zunächst vielleicht ein langes Gesicht. Bei einem Sortiment von 80 Klassikern, 28 Offerten im Kinder- und Jugendbuch, 32 Angeboten bei den Krimis und Thrillern, 30 „Märchen und Sagen“ sowie 86 Hörbüchern unter „Romane“ und „Allgemein“ fallen die deutschsprachigen Angebote noch eher spärlich aus. Dafür gibt es bereits 152 deutsche Sachbücher und Ratgebertitel. Diese Angaben spiegeln den Stand Anfang Mai 2005 wider – das Angebot wird sukzessive erweitert, um etwa 40 deutsche Titel pro Woche, sagte mir der Geschäftsführer Arik Meyer.

„Manche Autoren wie etwa Wolfgang Hohlbein oder Brian Lumley sucht man vergebens, Autoren wie Patricia Cornwell oder Dan Brown sind nur mit englischen Ausgaben vertreten. Gerade bei Harry Potter hätte ich mindestens eine deutsche Ausgabe erwartet“, berichtet Audible-Kunde Volker Wende.

Die Schwierigkeit beim Einstellen deutschsprachiger Angebote liegt laut Arik Meyer darin, dass für jeden Titel die Rechte geklärt und freigegeben werden müssen. Dieser Prozess erstreckt sich bis hin zum Autor, Produzenten, Sprecher, Übersetzer oder gar Musiker, der auf einem Hörbuch auftaucht. Audible.de wartet auf eine Urheberrechtsnovelle, die diesen Prozess beschleunigen soll.

Wie geht das?

Für das Einkaufen geht der Kunde wie bei Amazon.de vor: Konto anlegen, Modalitäten für Zahlung usw. erledigen, auswählen der Ware und Ablage in einem Warenkorb. Dieser heißt hier allerdings „Bibliothek“ und dient zugleich als Archiv: Man kann die dort gespeicherten Dateien beliebig oft herunterladen, was bei einem Verlust von Player oder CD recht willkommen ist. Eine Download-Seite ist natürlich für Downloads ausgelegt. Doch wie groß sind diese und wie lange? Wo werden die Dateien extern gespeichert?

Herunterladen

Jedes Hörbuch liegt in vier Qualitätsstufen bereit. Die geringste Stufe erzeugt die kleinste Datei, die höchste Stufe (128 KBit/s) generiert die größte Datei, liefert aber die beste Tonqualität. Das kennt man ja vom verlustbehafteten JPEG-Bildformat. Die minimale Qualität ist indiskutabel, findet Audible-Nutzer Volker Wende. Audible-Geschäftsführer Arik Meyer weist jedoch darauf hin, dass man eine gekaufte Audio-Datei mehr als einmal herunterladen darf, so natürlich auch in einem besseren Klangformat.

Die maximale Qualität führt zu Dateigrößen zwischen 80 und 120 Mbyte (105 MB = ca. 7,5 Stunden Hördauer). Da ein solcher Download mit einem 56K-Modem eine kleine Ewigkeit dauert, ist ein DSL-Anschluss sehr anzuraten. Dann dauert das Herunterladen nur wenige Minuten.

Die neue Datei wird vom |Audible|-eigenen AudioManager verwaltet, der zugleich als Archiv des Kunden dient. In diesem Manager ist ein eigener Player zum PC-basierten Abspielen der Dateien integriert. Man kann die Dateien aber auch mit dem Windows-Mediaplayer oder mit dem Realplayer nach Installation entsprechender Plugins wiedergeben.

Der AudioManager benötigt selbst rund 25 MB Speicherplatz und handhabt Downloads auf den Audible-kompatiblen MuVo-MP3-Player im Wert von rund 180 Euro, den |Audible.de| im Jahresabo anbietet, oder auf den |iPod shuffle|, der zur Zeit im Angebot ist. Der Player ist kostenlos, wenn man ein Jahresabo bestellt, das ja fast genau 180 Euro (14,95 x 12) für 24 Hörbücher kostet.

Speichern und Nutzen

Die Bedienung eines MP3-Players brauche ich hier ja wohl kaum zu beschreiben. Sie ist kinderleicht, dennoch liegt sicherheitshalber eine Bedienungsanleitung bei. Der getestete MuVo-Player versah seinen Dienst anstandslos, allerdings suchte ich die Möglichkeit, quasi „zurückzuspulen“. Das wäre bei weniger leicht verständlichen Englischtexten eine sehr erwünschte Funktion. Die Funktion ist aber zu finden, wenn man im Handbuch nachschlägt. Der neue |iPod shuffle|, der zur Zeit im Angebot fürs Jahresabo ist, stand für Testzwecke nicht zur Verfügung. Er kostet im Laden 99 Euro.

Nun könnte der Eindruck entstehen, das heruntergeladene Format sei ein einfach zu handhabendes MP3-Format. Dem ist nicht so! Vielmehr handelt es sich um das .aa-Format, das der MuVo-Player versteht und das höhere Kompressionsraten als MP3 zulässt. Zweitens bietet es den viel größeren Vorteil, dass es nur eine zusammenhängende Datei zu verwalten und zu handhaben gibt statt Dutzende davon. Wenn man mitten in der Datei aufhört, den Text zu hören, kann man später an dieser Stelle fortsetzen, so als hätte man hier ein Lesezeichen gesetzt. Nach Meyers Angaben besteht auch die Möglichkeit, von Kapitel zu Kapitel beziehungsweise – in einer Audio-Zeitschrift – von Artikel zu Artikel zu springen.

Gerätekunde

Die folgenden mobilen Geräte werden unterstützt, auf die man die Dateien mit Hilfe dieses Managers übertragen kann: Creative MuVo MP3-Player, Apple iPod, Rio Forge, Rio Carbon, Samsung Napster / YH-920, alle Modelle der HP iPAQ-Serie, Windows Pocket PC anderer Hersteller, wie z. B. Hewlett-Packard (Jornada), Dell, Toshiba, Casio, Audiovox, ViewSonic, und NEC, PalmOne Handhelds wie der Zire 71 und die Tungsten C-, E- und T-Series und Palm One Treo 600 und 650 Smartphone. Man sollte sich auf der Audible-Webseite umsehen. Laut Arik Meyer plant Nokia für seine Smartphones, ebenfalls das .aa-Format zu unterstützen.

Brennen

Das .aa-Format lässt sich mit Hilfe eines MP3-Rippers ins MP3-Format konvertieren. Immerhin darf man laut Lizenz (s. u.) das Hörbuch jeweils einmal auf CD brennen. Dazu wird ein Plugin von Roxio automatisch in den Audible-Manager integriert. Auch passende Labels lassen sich einfach ausdrucken. Das Brennprogramm sollte von guter Qualität sein, damit der Brennvorgang erfolgreich verläuft. Für die nötige Konvertierung in MP3 gibt es Ripping-Shareware. Bei einer Qualitätsstufe von 128 KBit/sec entsteht ein Speicherbedarf von rund 400 MByte. Das sollte man beim Einsatz eines entsprechenden MP3-Players hinsichtlich seiner Kapazität (512 MB oder mehr; der MuVo hat 1 GB Speicher) berücksichtigen.

Auf bis zu drei MP3-Player darf man sein Hörbuch übertragen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es: „(Es ist erlaubt,) die Audioprogramme für den individuellen privaten Gebrauch einmalig auf CD zu brennen und auf jeweils maximal drei MP3-Spielern und/oder PCs nutzbar zu machen.“ Natürlich gilt es beim Brennen auf CD oder bei der Konvertierung in MP3 den Zeit- und Materialaufwand zu berücksichtigen, der gerade auf schwächeren Systemen beträchtlich sein kann. Zwei Stunden für sechs CDs sind bei meinem 1-GHz-PC mit DVD-Brenner keine Seltenheit. Zieht man diesen Aufwand in Betracht, wird ein Hörbuch-Preis von 10 Euro (oder 20 Euro bei neueren und umfangreicheren Titeln und ohne Abo) schon wesentlich weniger attraktiv. Berücksichtigt man noch, dass es gebrauchte Hörbücher für ähnliche Preise bei |Amazon| und |eBay| gibt, so relativiert sich der Audible-Preis noch einmal.

Andererseits kann man sich diesen ganzen Aufwand sparen, wenn man einen der 1-GB-Player nutzt. Der Download geht mit einer DSL-Leitung schnell, ebenso die Übertragung per USB2-Bus. Anschließend braucht man keine CDs herumzuschleppen und zu wechseln – bei sechs CDs für den neuen Grisham „Die Begnadigung“ kann das lästig werden. Zudem lässt sich leicht zwischen den Medien wechseln: vom Hörbuch zur Zeitschrift, von dort zum Reiseführer – je nach Gusto und Gelegenheit.

Empfehlungen

|Audible.de| sollte vielleicht von vornherein das MP3-Format oder das entsprechende .wma-Äquivalent von Microsoft, das ja ebenfalls stärker als MP3 komprimiert, anbieten. Allerdings hat .aa seine oben angeführten Vorteile. Um Missbrauch vorzubeugen, lassen sich die Dateien ja mit einem DRM-Stempel – quasi einem digitalen Wasserzeichen – versehen. DRM steht für Digital Rights Management und wird von Microsoft stark unterstützt. „Sollte nun eine copyrightgeschützte Datei auf Tauschbörsen oder dergleichen auftauchen, lässt sich der verantwortliche Verkäufer und Käufer rasch ermitteln“, erläutert Volker Wende. „Jeder Käufer hat also selbst ein großes Interesse daran, seine Hörbuchdateien gut zu verwahren und nicht weiterzugeben.“ Wer sein Abo kündigen will, wendet sich an: Audible GmbH, Bayerstraße 21, 80335 München; Fax-Nr.: 089-206077-42; E-Mail: info@audible.de.

Unterm Strich

Zurzeit erscheint es mir für deutsche Interessenten noch früh, aber nicht verfrüht, ein Abonnement mit |Audible.de| abzuschließen. Den Audio-Player braucht man zwar nicht zu kaufen (im Wert von 180 Euro bzw. 100 Euro beim |iPod shuffle|), aber man sollte damit umgehen können. Für À-la-Carte-Käufe finden sich momentan schon attraktive Angebote in einem breiten Spektrum von Reiseführern über Zeitschriften und Zeitungen bis hin zu Roman-Hörbüchern.

Dass die meisten deutschen Audiobooks von |Random House| (Bertelsmann) stammen, ist auf dessen Beteiligung am Jointventure zurückzuführen. Hier kann man nur hoffen, dass die Klärung der Rechte an diesen Werken möglichst beschleunigt werden kann und so sukzessive ein größerer Anteil an deutschsprachigen Werken verfügbar wird.

Wenn der Otto-Mair-Verlag einsteigen würde, so könnte man bald Reise- und Stadtführer in rauen Mengen (Baedeker, Marco Polo usw.) erstehen. Zur Leipziger Buchmesse gab es bereits einen Stadtrundgang, der auf dem Testgerät zu finden war. Eine interessante Technik jedenfalls. Oder wird man in Zukunft die Städte nicht mehr real besuchen, sondern nur noch virtuell – mit dem Kopfhörer im Ohr?

Interview mit Sprecherin Eva Mattes über Elena Ferrantes „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“

Seit mehr als vier Jahren ist Eva Mattes die deutsche Stimme und – bei öffentlichen Lesungen auf der Bühne auch das „Gesicht“ – von Elena Ferrante. 177.000 Mal haben sich ihre Interpretationen der Ferrante-Werke bisher verkauft. Intensive 91 Stunden können Hörerinnen und Hörer mit ihnen verbringen.

Nun kommen weitere 11 Stunden und 37 Minuten hinzu. Denn in diesen Tagen erscheint Elena Ferrantes aktueller Roman „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ als Hörbuch im Hörverlag parallel zur Buchausgabe bei Suhrkamp.
Anlässlich der Studioaufnahmen ließ sich Eva Mattes von Regisseur Roman Neumann zu ihrer persönlichen Verbindung zur Autorin und deren Werken befragen, zu ihrem Umgang mit den Figuren, ihrem Eintauchen in die Stoffe.

Schnell wird deutlich: Auch für eine erfahrene und renommierte Schauspielerin sind die Geschichten Elena Ferrantes etwas ganz Besonderes, setzen vielschichtige Gefühle, Gedanken und Assoziationen frei.
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Interview mit Norbert Sternmut zu seinem Buch „Winterdienst“ (2020)

In einer Wohngruppe für schwer traumatisierte Kinder beginnt der Ich-Erzähler seinen Dienst als sozialpädagogischer Mitarbeiter im Winter auf einem abgelegenen Dorf. Trotz langer Erfahrung in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gelangt er schnell an seine Grenzen. Jeder neue Tag wird zur absoluten Herausforderung. Doch wie die Kinder in der Gruppe kann auch er nicht einfach fliehen, scheint gefangen in einer aussichtslosen Lage.Winterdienst

Der Ich-Erzähler beginnt ein Tagebuch, schreibt seine Eindrücke nieder, doch die Sätze zerfließen, fließen ineinander, lösen sich auf, treten aus ihrer gewohnten Struktur. Die üblichen Zeichen verlieren ihre Bedeutung, verschwinden, verlieren ihren Grund und Boden. Die Form verliert sich, die Sprache passt sich dem Inhalt an.

Doch im Prozess findet eine Entwicklung statt. Die Kinder und der Ich-Erzähler nähern sich an. Am Ende der Erzählung feiern sie Weihnachten zusammen, beginnt ein neues Jahr, auf dem Dorf, im Winter.
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Interview mit Andreas Eschbach: das Corona-Update

Andreas Eschbach
Andreas Eschbach (c) Olivier Favre

Das Leben in den Zeiten von Corona…

… mit Andreas Eschbach

1.) Wie hat sich Ihr Alltag in der Bretagne in den letzten Wochen verändert?

Eigentlich nicht sehr. Sich hauptsächlich zu Hause aufzuhalten ist ja der alltägliche Lebensstil aller Schriftsteller. Wenn mal eine Epidemie ausbräche, die es erforderlich machte, sich den ganzen Tag in großen Gruppen im Freien aufzuhalten – das wäre hart!

2.) Wo schreiben Sie aktuell – Schreibtisch, Sofa, Küchentisch, Balkon, Garten?

Wie üblich an meinem Schreibtisch. Der ohnehin mein Lieblingsplatz ist.

3.) Wer leistet Ihnen zu Hause Gesellschaft?

Meine Frau.

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Anstiftung zum Selberdenken. Interview mit Ralf Isau

Ralf Isau (c) Isabelle Grubert
Ralf Isau (c) Isabelle Grubert

Buchwurm.info: Lieber Ralf, wie geht es Dir? Wo bist Du?

Ralf Isau: Danke, mir geht es gut. Ich bin gerade überall und nirgendwo. Kürzlich hat mich das „Haus der Technik“ in Essen zum Botschafter für den Deutschen Weiterbildungspreis ernannt. Mitte März ging es zur Buchmesse nach Leipzig. Und im Mai fliege ich nach Südkorea. Ich darf am Changwon International Children’s Literature Festival 2013 teilnehmen. An der Uni von Changwong halte ich eine Vorlesung zur deutschen Kinder- und Jugendliteratur im Allgemeinen sowie der Phantastik von Michael Ende und Ralf Isau im Besonderen. Anschließend geht es zum Goethe-Institut nach Seoul. Du siehst, ich bin ein Globetrotter in Sachen Literatur.

Manche Leser kennen Dich und Deine zahlreichen Werke noch nicht. Stell Dich doch bitte ein wenig selbst vor.

Ich bin Baujahr 1956, in Berlin geboren. Seit 30 Jahren lebe ich mit meiner Frau Karin in der Nähe von Stuttgart. (Eine ausführliche, mit Fotos dokumentierte Biografie findet sich unter der URL http://www.isau.de/vita.html.) Bücher der Phantastischen Literatur veröffentliche ich seit 1994. Alles begann mit dem „Drachen Gertrud“, einem Kinderbuch, das ich Michael Ende schenkte. Es hat ihm gefallen und er empfahl mich seinem Verlag. Seitdem sind fast 40 Bücher entstanden, fast alle im Genre der Phantastik. Viele davon wurden ins Ausland verkauft, in 14 verschiedene Länder. Mein neuer All-age-Roman „Die Masken des Morpheus“ erscheint am 18. März beim Verlag CBJ. (Mehr zum Roman ist unter http://www.isau.de/werk/masken.html nachzulesen.)

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Keine Anthologien mehr! Interview mit dem Wurdack Verlag

_Buchwurm.info: Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?_

_Ernst Wurdack:_ Ich sitze wie jeden Morgen in meinem Büro, beantworte Emails, Anfragen oder Bestellungen, die direkt über unseren Verlagsshop eingegangen sind. Danach lese ich Manuskripte, setze einen Titel, der im Frühsommer erscheinen soll, telefoniere mit Buchhändlern und mit Verlegerkollegen. Ich kann mich über zu wenig Arbeit wirklich nicht beschweren und mir macht meine Arbeit Spaß.

_Bitte erzählen Sie unseren Lesern, wer Sie sind und wie es dazu kam, dass Sie Ihren eigenen Verlag mit dieser speziellen Ausrichtung gegründet haben. War das nicht etwas risikoreich?_

Meine Welt waren immer schon die Bilder (siehe Biografie) und sie sind es immer noch. Neben der Arbeit für meinen Verlag erstelle ich auch Covergrafiken und Layouts für andere Verlage. Der Verlag selbst ist aus der Story-Olympiade hervorgegangen, einem Kurzgeschichtenwettbewerb, den ich 1999 mit aus der Taufe gehoben habe. Um die Bücher der Story-Olympiade in den Handel zu bringen, habe ich schließlich 2004 den Verlag gegründet.

Die Ausrichtung des Programms hat sich stetig entwickelt und immer wieder verändert. Inzwischen konzentrieren wir uns nur noch auf unsere Stärken – SF und phantastische Literatur -, alle anderen Sparten wie Jugendbuch, Fantasy, Comic und Krimi sind eingestellt.

Einen Verlag zu führen, ist natürlich immer risikoreich, aber man kann versuchen, durch Spezialisierung dieses Risiko überschaubar zu halten. Etwas, das ich im Laufe der Jahre lernen musste, ist, dass sich intensive Programmarbeit auszahlt. Die Leser honorieren diese Bemühungen. Wer glaubt, einen Verlag mit Kraut- und Rüben-Anthologien sowie Feld-, Wald- und Wiesenthemen betreiben zu müssen und zu können, wird scheitern. Das habe ich in den vergangenen Jahren schon so oft erlebt.

_Welche Rolle spielen Armin Rößler und Heidrun Jänchen für Ihren Verlag?_

Beide bilden zusammen mit Dieter Schmitt die SF-Redaktion. Sie gestalten das Programm, wählen aus, wer oder was in der SF-Reihe erscheint, lektorieren und wickeln die Korrespondenz mit den Autoren ab. Ohne Armin Rößler, Heidrun Jänchen und Dieter Schmitt, die über ein enormes Hintergrundwissen in Sachen SF verfügen, gäbe es in meinem Verlag keine SF. Sie haben völlig freie Hand und sie leisten wirklich gute Arbeit.

_Welche Highlights weist Ihr Verlagsprogramm auf? Befinden sich Titel darunter, die schon Auszeichnungen erhielten?_

Viele unserer Titel wurden in den vergangenen Jahren für den Deutschen Phantastik Preis, den Kurd Laßwitz Preis und den Deutschen Science Fiction Preis nominiert und waren stets auch ganz oben mit dabei, was uns einen guten Ruf in der SF-Gemeinde eingebracht hat. Das Highlight schlechthin waren Karsten Kruschels Romane |VILM 1| und |VILM 2|, die beide 2010 den Deutschen Science Fiction Preis gewinnen konnten. Das hat uns einen gewaltigen Schub und viele neue Leser beschert
.
Eine weiteres Highlight ist sicher die Neuauflage der |Mark Brandis Reihe|, die immer noch unglaublich viele Fans hat und die weitaus besser läuft, als ich es ursprünglich angenommen hatte.

_Spielen Ihre Anthologien eine besondere Rolle in Ihrem Programm, und falls ja, mit welchem Zweck?_

Nicht mehr. Da Micro-Verlage derzeit immer noch wie Pilze aus dem Boden schießen und mit BoD-Anthologien den Markt überschwemmen und Anthologien so in Verruf bringen, dass sie nicht einmal mehr in Kleinverlagsauflagen abzusetzen sind, habe ich mich dazu entschlossen, bis auf einen SF-Kurzgeschichtenband pro Jahr keine Anthologien mehr zu verlegen. Mit dem Aufkommen von eBooks bieten sich den Autoren doch so viele Möglichkeiten, Kurzgeschichten selbst direkt an den Leser zu bringen, da braucht es die Hilfe von Verlagen und Anthologien nicht mehr.

_Ihre nächste SF-Anthologie mit dem Titel „Willkommen auf Aurora“ soll evtl. im Februar erscheinen. Mit welchen Highlights können die Freunde phantastischer Literatur rechnen?_

|Willkommen auf Aurora| ist keine Anthologie, sondern eine Sammlung mit kürzeren Erzählungen von Heidrun Jänchen. Folgen wird im ersten Halbjahr noch eine weitere Sammlung mit Geschichten von Michael K. Iwoleit, dem bereits drei Mal der Deutsche Science Fiction Preis verliehen wurde, sowie zwei Romane: |RAGE| von Steve Gerlach, einem australischen Autor, und |Whitby Vampyrrhic| von Simon Clark.

_Wagen wir einen Ausblick. Woran arbeiten Sie gerade? Wird es auch mal ein eigenes Buch von Ihnen, Herr Wurdack, geben?_

Momentan bereiten wir gerade das Herbstprogramm vor, aber es ist noch viel zu früh, um schon sicher sagen zu können, was dieses Jahr noch erscheinen wird und was erst im Frühjahr 2013. Sicher ist, dass ich die Anzahl der Titel pro Jahr ab 2014 deutlich verringern werde, um mehr Zeit für die einzelnen Buchtitel, die Arbeit mit meinen Stammautoren und Marketing und PR zu haben.

2011 waren es 20 Titel, 2014 werden es wohl nur noch acht sein. Weniger Titel pro Jahr mit deutlich höheren Auflagen ist mein Ziel.

Ein Buch von mir wird es definitiv nicht geben. Ich bin Verleger und kein Autor. Und ich habe auch gar keine Ambitionen, Autor zu werden.

_Was wünschen Sie sich am meisten?_

Dass ich noch lange schöne und interessante Bücher machen kann.

_Biografie Ernst Wurdack_

Geboren 1959, verheiratet, zwei Kinder und drei Enkelkinder, lebt und arbeitet in Nittendorf, unweit von Regensburg (Bayern).

BWL-Studium, dann viele Jahre bei KODAK-Fotoservices – im Labor, im Außendienst, als Seminarleiter und Berater für Portraitfotografen, zuletzt als Vertriebsleiter. Danach selbständig als Fotograf und Grafiker sowie als Verleger.

Classic Shop

(Das Interview führte Michael Matzer.)

Die Grenzgängerin. Interview mit Andreas Eschbach zu AQUAMARIN

Michael Matzer unterhielt sich auf der Frankfurter Buchmesse 2015 mit Andreas Eschbach über dessen jüngsten Roman AQUAMARIN.

Frage: Von der Wüste an den Ozean, und rund 140 Jahre in der Zukunft. Heißt das nun: Die Zukunft der Menschheit liegt im Meer?

Eschbach: Auf jeden Fall ist das Meer ein noch ziemlich unerschlossener, unbekannter Raum. Darauf hat uns ja vor einiger Zeit auch Frank Schätzing sehr prägnant aufmerksam gemacht. Und ehe man so Projekte angeht wie „Wir besiedeln den Mars“, wäre es vielleicht sinnvoll, sich mal zu überlegen, ob es nicht gescheiter wäre, erst einmal ein paar Städte auf dem Meeresgrund zu bauen. Ist nicht so weit weg und auch nicht so strapaziös, was den Transport und die Umweltbedingungen anbelangt. Und selbst die Antarktis zu besiedeln wäre weniger aufwendig als den Mars.

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Interview mit Renate Grubert, cbj-Verlag

_Buchwurm.info:_
Ich wünsche Ihnen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr, Frau Grubert! Wie geht es Ihnen?

_Renate Grubert:_
Ausgezeichnet, lieber Herr Matzer!

_Buchwurm.info:_
Unsere Leser kennen Sie ja meist noch nicht. Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen, zum Beispiel Ihren beruflichen Werdegang bis zur Position bei [|cbj|?]http://www.cbj-verlag.de

_Renate Grubert:_
Sehr gern. Ich bin eine Art Quereinsteiger – sowohl in Sachen Jugendbuch wie auch Pressearbeit. Denn ich habe zuerst ein Geografie-Studium mit Diplom abgeschlossen, dann als Kartografin promoviert und zuletzt ein weiteres Studium „Kinder- und Jugendliteratur“ an der Studien- und Beratungsstelle, Wien, mit Zertifikat beendet (übrigens mit einer Arbeit über Sciencefiction in der Kinder- und Jugendliteratur!). Nach kurzen Jahren in einer kartografischen Redaktion machte ich mich als Fachjournalistin für Kinder- und Jugendliteratur selbstständig und wechselte im Jahr 2000 als Presseleitung in den |Arena|-Verlag. Seit 2002 leite ich nun die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kinder- und Jugendbuchverlage |cbj| und |cbt| in der |Random House|-Gruppe.

_Buchwurm.info:_
Haben Sie Kinder, und wenn ja, wie viele? Ich finde diese Frage für die Leiterin eines Kinderbuchprogramms relevant. Ich nehme aber nicht an, dass Ihre Kinder das Programm mitgestalten …

_Renate Grubert:_
Meine drei schon erwachsenen Kinder lesen nach wie vor gern Kinder- und Jugendbücher! Sie sind zu echten All-Age-Lesern herangewachsen und sparen nicht mit Kommentaren, wenn es um unsere Bücher geht.

_Buchwurm.info:_
Womit beschäftigen Sie selbst sich in Ihrer Freizeit?

_Renate Grubert:_
Zeit mit der Familie und mit Freunden verbringen, Musik hören, Filme schauen und, wie könnte es anders sein: lesen!

_Buchwurm.info:_
Wann wurde denn das Kinder- und Jugendbuchprogramm von |Bertelsmann|/|Random House| aus der Taufe gehoben? Das dürfte schon fast zehn Jahre her sein, oder?

_Renate Grubert:_
Ihre Fragestellung ist unabsichtlich ein bisschen komplex. Kinder- und Jugendbücher gibt es nämlich bei Bertelsmann seit Verlagsgründung im Jahr 1835. In der wechselvollen Geschichte gilt als nächste Etappe das Jahr 1968, die Gründung des C. Bertelsmann Kinder- und Jugendbuchverlags. Dann ist 2001 wichtig: das Dach von |Random House|, unter dem wir seither firmieren. |cbj| gibt es in der jetzigen Form seit 2004, |cbt| seit 2008. Sie sehen, wir haben viele und tiefe Wurzeln!

_Buchwurm.info:_
Zu den größten Erfolgen zählt vermutlich die [|Eragon|-Trilogie.]http://www.eragon.de Können Sie eine Zwischenbilanz ziehen?

_Renate Grubert:_
Ja, |Eragon| ist ein prachtvolles Beispiel für Erfolg im Jugendbuchbereich. Wir sind stolz darauf, diese tolle Fantasy-Reihe bei |cbj| anbieten zu können. Ich weiß noch, was für ein Gefühl das war, als wir die erste und zweite Auflage von |Eragon 3|, „Die Weisheit des Feuers“, bereits über den Vorverkauf, also die im Buchhandel bestellten Exemplare, abgesetzt hatten. Und dann kam der 25. Oktober 2008, der Erstverkaufstag, an dem auf einen Schlag 133.274 Exemplare an unsere Leserinnen und Leser verkauft wurden – genial! Bestsellerplatzierung!

Zusammen mit Band 1 und Band 2 liegen die Verkäufe von |Eragon| bei etwa 2,5 Millionen deutschsprachigen Exemplaren.

_Buchwurm.info:_
Was ist zurzeit am meisten gefragt? Haben Sie Zahlen?

_Renate Grubert:_
Lassen Sie mich bei |cbj| und |cbt| bleiben. Im Jugendbereich laufen spitzenwertig: Thriller (Monika Feth „Teufelsengel“, Jay Asher „Tote Mädchen lügen nicht“) und Fantasy (Jenny-Mai Nuyen „Feenlicht“, Chiara Strazzulla „Dardamen“, auch der Frühjahrstitel von Alison Goodman „Eona“ ist schon bestens in Startposition), dazu weitere All-Age- und familiengängige Titel wie das „Dangerous Book for Boys“ (G. Iggulden), das „Secret Book for Girls“ (M.Pescowitz) und Lucy & Stephen Hawkings „Die unglaubliche Reise ins Universum“. Im Kinderbereich sind zu nennen: „Der kleine Drache Kokosnuss“ (Ingo Siegner) und vor allem unsere Sachbuch-Reihe „Frag doch mal die Maus“.

_Buchwurm.info:_
Wir sind besonders an phantastischer Literatur interessiert, also Fantasy, Unheimliches, Übernatürliches usw. Was halten Sie vom aktuellen Vampir-Hype?

_Renate Grubert:_
Hm. Vampire sind „in“, so viel ist sicher. Auch bei |cbt|, unserem Jugendbuchverlag, tummeln sich die Blutsauger (Smith, Wallner, Schweikert, um nur einige zu nennen). „Hype“ bedeutet immer, dass es einen Auslöser (hier: Stephenie Meyer) gab, der absolut faszinierend gewirkt hat, sodass große Nachfrage nach neuem Lesefutter besteht. Der Markt trägt der Nachfrage Rechnung – so ist der Ablauf.

_Buchwurm.info:_
Ich habe gehört, dass es dieses Jahr einen Einbruch im Bereich Fantasy geben soll – können Sie das bestätigen?

_Renate Grubert:_
Einbruch im Bereich der Fantasy? Nur wer Fantasy eng definiert, kann ein Zurückschrumpfen auf „normalen Produktionsumfang“ feststellen. Wer das fantastische Genre insgesamt anschaut, stellt eine Verlagerung fest: weg von den losgelösten Welten hin zu unseren real verankerten Erfahrungsgebieten. Auch das Thema „Vampire“ gehört da ein Stück weit mit hinein (sofern man es nicht gesamthaft dem Horror-Genre zuschlägt). Und natürlich auch die neue, kommende Welle, die „Mystery“ heißt. Wer so definiert, wird keinen Einbruch bei der Fantasy verzeichnen können.

_Buchwurm.info:_
Der Jugendbuchmarkt ist bekanntermaßen hart umkämpft. Um Ihrem Programm im Vergleich zu den Programmen anderer Verlage mehr Profil zu verleihen, haben Sie Kinder- und Jugendbuchreihen deutlich im Aussehen und im Händlerprospekt unterschiedlich gestaltet und positioniert. Nach welchen Gesichtspunkten erfolgt diese Profilierung und mit welchen Zielen?

_Renate Grubert:_
Der Jugendbuchmarkt stellt sich nach wie vor als Wachstumssegment dar. Profilierung ist das A und O, denn sowohl der Buchhändler wie der Käufer will doch wissen, wo er was finden kann und wie das für ihn passende Novitäten-Angebot aussieht. Wir bemühen uns in jedem Programm neu, treffsicher klar zu machen, welches Buch, welches Produkt, für wen wichtig, ja unverzichtbar, ist. Darum auch der neuerliche Umbau unserer Kinder- und Jugendbuchverlage. |cbj| steht heute eindeutig fürs klassische Kinder- und Jugendbuch, und zwar im HC- (= Hardcover) und TB-Bereich (TB = Taschenbuch).

Mit |cbt| haben wir einen innovativen Jugendbuchverlag geschaffen, der in Richtung All Age geht (ebenfalls HC- und TB-Angebot). Und mit |cbj AVANTI| bauen wir in diesem Frühjahr 2010 einen Lesefutter-Verlag an, der unsere Reihen strukturiert und Viellesern ein eindeutiges Signal gibt.

_Buchwurm.info:_
In der aktuellen Händleraussendung für das Frühjahrs- und Sommerprogramm 2010 habe ich eine neue Reihe mit Romanen über Mädchen und Pferde gesehen („Bella Sara“). Kommen Hanni und Nanni wieder zurück?

_Renate Grubert:_
Hanni und Nanni hatten und haben begeisterte LeserInnen. Zu Recht, denn die Welt, die hier beschrieben wird, ist in einem bestimmten Alter prägend: Kinder lernen da fürs Leben. Mit „Bella Sara“, entwickelt von der dänischen Sozialpädagogin Gitte Odder Braendgaard, verhält es sich ähnlich. Hier lesen Mädchen Geschichten, die für sie wichtig sind, die Themen und Inhalte anbieten, die sie mögen, wie z. B. Freundschaft, Abenteuer mit Pferden, Zauberwelten, den Kampf Gut gegen Böse. Hier können sich Mädchen einerseits „wegträumen“, andrerseits werden Rollen angeboten, die sehr ausdifferenziert sind und gerade Mädchen vielerlei Anregung geben.

_Buchwurm.info:_
Sie haben auch Ihr Programm mit Wissensbüchern gut ausgebaut, so etwa mit Bänden über Dinosaurier und Astronomie. Diese Bücher sind sehr schön gestaltet, aber dennoch preisgünstig. Wie kommt diese preiswerte Leistung zustande, und nach welchen Aspekten wird die Reihe gestaltet?

_Renate Grubert:_
Ganz allgemein: Kindersachbücher dürfen einen gewissen Preis nicht übersteigen, wenn sie gut verkäuflich sein wollen. Der Markt funktioniert anders als beim Sachbuch für erwachsene Leser. Im Kinderbuch werden auch heute noch die meisten Titel als internationale Lizenzen eingekauft – entsprechend austauschbar sind die Bücher.

Dagegen hat |cbj| die Reihe [„Frag doch mal die Maus“]http://www.cbj-verlag.de/diemaus gesetzt, wo unverwechselbare Titel entwickelt werden. Wichtig sind der Charakter der Maus und das Prinzip der einfachen Maus-Fragen und –Antworten. Das kennt der Leser, dem vertraut er. Die Reihe ist außerordentlich beliebt und gut verkäuflich. Darum können wir – obwohl die Maus-Reihe eine kostspielige Eigenentwicklung ist – die Bücher tatsächlich günstig abgeben. Das Buchkonzept wurde übrigens in enger Zusammenarbeit mit dem WDR entwickelt, mit dem wir auch jeden einzelnen Titel abstimmen.

_Buchwurm.info:_
Jeder achte Deutsche (12 %) wird im Jahr 2014 noch Computer-Analphabet sein, besagt eine Befragung von IDC bei 1000 europäischen Personalentscheidern vom November 2009. Wider Erwarten ist besonders auch die junge Generation davon betroffen. Hat |cbj| Pläne, etwas dagegen zu unternehmen?

_Renate Grubert:_
Wir wissen um die sich öffnende Schere von Mediennutzern und solchen, die keine Medien nutzen. Als Verlag bieten wir immer die Hand und unterstützen die Kulturtechnik des Lesenlernens – vor allem durch entsprechende Programme und Bücher.

|Random House| gehört zudem zu den größten und aktivsten Leseförderern in Deutschland: Der Welttag des Buches wird seit zwölf Jahren vom Verschenkbuch „Ich schenk dir eine Geschichte“ geprägt, das bei |cbj| herausgegeben wird und das im letzten Jahr an 1,1 Millionen Kinder verschenkt wurde.

_Buchwurm.info:_
Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Zusammenarbeit mit der Presse im deutschsprachigen Raum gemacht?

_Renate Grubert:_
Über die Jahre habe ich im D–A–CH-Raum fast durchgehend gute Erfahrungen gemacht. Das Kinder- und Jugendbuch ist beliebt, man schätzt die Szenarien, die hier entwickelt werden. Allerdings verändern sich die Möglichkeiten der Präsentation von Büchern ganz allgemein. Schrumpfende Flächen im Printbereich, dafür attraktive Angebote im Internet.

_Buchwurm.info:_
Wagen wir einen Ausblick. Wo steht das Programm von |cbj| in 24 Monaten? Vielleicht gibt es ja schon Highlights, die Sie unseren Lesern ankündigen können.

_Renate Grubert:_
In 24 Monaten haben wir Januar 2012. Da blicken wir gerade auf Christopher Paolinis Abschluss der Eragon-Saga zurück, die wir für den Herbst 2011 erwarten …

http://www.cbj-verlag.de
http://www.randomhouse.de

Interview mit Michael de Larrabeiti

Michael de Larrabeiti ist Autor von drei Romanen über die Borribles, individualistische Jungs und Mädchen, deren größte Furcht es ist, dass sie, sobald man ihnen die spitzen Ohren stutzt, zu Erwachsenen aufwachsen werden. Im Herbst 2007 hat |Klett-Cotta| die Trilogie komplett in einem Band [neu aufgelegt.]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3608937870/powermetalde-21

Das Interview führte Michael Matzer.

_Buchwurm.info:_
Wann kam Ihnen zum ersten Mal die Idee zu den Borribles als Figuren in einer Geschichte?

_Michael de Larrabeiti:_
Das war, als ich meinen Kindern etwas vorlas. Damals hatte ich nur ein einziges Buch, einen Western, veröffentlicht, obwohl ich versucht hatte, fünf oder sechs Jahre lang auch anderes zu publizieren. Na ja, ich hatte andere Jobs, mit denen ich meine Familie ernähren konnte, so etwa als Techniker beim Film oder, in den siebziger Jahren, als Reiseführer in Frankreich – das hielt mich vom Schreiben ab.

Aber dann fragte ich mich, wie ich wohl ein Buch für Kinder schreiben würde. Die meisten Kinderbücher sind auf die Mittelschicht abgestellt, alle sind lieb, sie erleben Abenteuer, als ob sie in den Ferien wären … Und in Reaktion auf diese kuscheligen, gemütlichen Storys meinte ich, dass es doch nett wäre, wenn es eine Geschichte gäbe, die Kinder zeigt, wie sie wirklich sind: als kleine Leute; sie sind streitsüchtig, balgen sich, haben manchmal eine Freundschaft, die entsteht, und sonst mit all den Problemen, die andere Menschen auch haben.

Und es schien mir besser, dass ich eine solche Geschichte vor einem Hintergrund spielen lassen sollte, den ich kannte. Und das war eben die Zeit direkt vor und während des Krieges, als ich in London aufwuchs.

_Buchwurm.info:_
In Battersea?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, Süd-London. Heute ist es eine etwas bessere Gegend, wegen der Preise und allem, aber es gibt dort noch Bereiche, die recht rau sind. Und in den Dreißigern und Vierzigern war in der Nähe der Eisenbahnlinien alles ziemlich zerbombt. Ich war in London während der Luftangriffe und mochte das, es war wunderbar. Weil er so aufregend war, liebten die Kinder den Krieg, die Erwachsenen waren dauernd außer Haus, die Kinder also sich selbst überlassen. Nach den Angriffen pflegte ich rauszugehen und Bombensplitter zu sammeln. Ich war immer vorsichtig, dass so ein Splitter nicht zu heiß war. Es war toll.

_Buchwurm.info:_
Wie alt waren Sie da?

_Michael de Larrabeiti:_
Geboren wurde ich 1934, war also bei Kriegsbeginn sechs. Ich wuchs im Krieg auf.

_Buchwurm.info:_
Sie wuchsen in einem ausgebombten London auf?

_Michael de Larrabeiti:_
Ein paar Mal wurde ich aufs Land geschickt, aber ich hasste es, außerhalb Londons zu sein, weil dort eben der ganze Spaß war, all die Flugzeuge und so.

_Buchwurm.info:_
Gab es da irgendwo Borribles?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, denn, schau, wir waren alle Borribles. Weil wir auf der Straße lebten, sobald wir aus der Schule heimkamen. Das taten die meisten Kinder aus der Arbeiterschicht. Wir hatten viele Abenteuer, beispielsweise in Luftschutzkellern. Das waren unsere Häuser, auch nach dem Krieg. – Wenn man also darauf aufbaute, hatte man einen ganzen Borrible-Stamm.

_Buchwurm.info:_
Was mir bei der Lektüre der drei Bände besonders auffiel, war, dass die Borribles niemals erwachsen werden. Sie werden zwölf Jahre alt, und das war’s. Sie sind gegen Erwachsene, die ihnen die Ohren stutzen, so dass sie ebenfalls erwachsen werden. Was war der Grund dafür, die Borribles so zu gestalten? War das Ihr kritischer Kommentar zu Erwachsenen und der modernen Gesellschaft?

_Michael de Larrabeiti:_
Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass die Gesellschaft besonders modern ist. Mir scheint, dass die besten Geschichten von und über Kinder immer solche sind, in denen eine Art Krieg zwischen Kindern und Erwachsenen geführt wird, ganz bestimmt aber leben sie darin getrennte Leben, und sei es nur im Kopf. Wenn Sie an Huckleberry Finn denken: Sein Abenteuer findet nur zwischen ihm und dem Negersklaven Jim statt. Die Erwachsenen sind der Feind, weil sie Huck einfangen und zurück auf die Schule schicken wollen und den Sklaven zurück in die Sklaverei. In solchen Büchern bedeutet dieser Krieg auch eine Gefahr. Das ist mir viel zu ernst, wirklich, ich dachte nur an das Buch.

_Buchwurm.info:_
Also war Ihr Buch mehr zur Unterhaltung gedacht?

_Michael de Larrabeiti:_
Na, das ist doch natürlich.

_Buchwurm.info:_
Interessieren Sie sich sehr für Namen und die Geschichten zu ihnen?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, das ist sehr wichtig. Ich brauch‘ eine Ewigkeit, um einen Namen auszuwählen.

_Buchwurm.info:_
Die Borribles haben zum Beispiel diese besondere Anrede füreinander: „Du hast einen sehr schönen Namen. Ich bin sicher, es gibt eine tolle Geschichte, die daran hängt.“

_Michael de Larrabeiti:_
Ich spinne die Sache einfach weiter. Dinge, die ich als Kind erlebte, zum Beispiel. Für Kinder war es sehr wichtig, einen Spitznamen zu haben, der einem schmeichelte, nicht einen wie „Schielauge“ oder so. Man wollte einen Namen, der einen Sinn ergab und einen stolz machte. Gewöhnlich bekam man einen Spitznamen, weil man etwas getan hatte, wie etwa, eine Frucht von einem Marktstand zu stehlen.

_Buchwurm.info:_
Die Geschichte darüber wurde dann Teil der Identität.

_Michael de Larrabeiti:_
Der Identität des Kindes, ja. Das ist vielleicht der Grund, warum die Bücher so beliebt sind. Ich bekomme haufenweise Briefe von Kindern: „Oh, das ist genau richtig, ja – wir haben gerade Borrible-Abenteuer gehabt.“ Jedes Kind mag einen eigenen Namen, Abenteuer, das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

_Buchwurm.info:_
In Ihren Borrible-Büchern kombinieren Sie Ihre eigenen Erlebnisse also mit Fantasyfiguren, den Rumbels, Wendels usw.

_Michael de Larrabeiti:_
Das ist nur eine Weiterentwicklung dessen, was man als Kind tut. Wenn du beispielsweise die Straße runtergehst, trittst du nicht auf die Linien zwischen den Gehsteigplatten, denn wenn du auf die Linie trittst, kommt ein Wolf raus und holt dich. Jede Stadt ist unerforscht, wenn man keine Karte davon hat, wohin du also auch kommst, gibt es ein neues Abenteuer. Und eine Stadt zu durchqueren, beispielsweise zum Elephant & Castle (eine Londoner U-Bahn-Station), ist eine Expedition.

Ein Kind lebt in dieser Welt der Phantasie/Fantasy, befindet sich dauernd in ihr und außerhalb. „Geh runter zum Laden und kauf einen Laib Brot, hier ist das Geld!“ – das ist sehr realistisch, du musst runter zum Laden. Aber auf dem Weg dorthin entscheidest du dich vielleicht doch für den anderen Weg und dafür, auf all die Linien zwischen den Gehwegplatten zu treten, nur um zu sehen, ob es da tatsächlich Wölfe gibt.

Und in diesem Abenteuer lebt das Kind. Das ist auch, worin sich mein Buch bewegt. Das Buch ist realistisch und zugleich „fantasy“ und bewegt sich vom einen zum anderen. Ich schreibe und lese keine Fantasy, es ist alles real und wahr.

_Buchwurm.info:_
Betrachten Sie die häufige Gewalt in Ihren Romanen nicht manchmal mit einem kritischen Auge? Wenn wir beispielsweise an die Beschreibung des Kampfes mit Eisenkopf denken …

_Michael de Larrabeiti:_
Flinthead. Toller Name. „Eisenkopf“ ist die Übersetzung?

_Buchwurm.info:_
Ja. Sein Kopf wird mit einem Spaten abgeschlagen, überall spritzt das Blut, die zwei kämpfen da unten im Schlamm usw. Verabscheuen Kinder so was denn nicht?

_Michael de Larrabeiti:_
Sie mögen es!

_Buchwurm.info:_
Erscheint es in ihrer Vorstellungskraft natürlich oder ist es aufregend …?

_Michael de Larrabeiti:_
Also, schau mal, Kinder nicht so blöd, wie die Erwachsenen meinen, und sie kennen den Unterschied zwischen einer Geschichte und dem wirklichen Leben, und sie wissen, dass sie nicht einen Spaten nehmen werden, auf die Straße rausgehen und jemanden, den sie nicht ausstehen können, mit diesem Spaten erschlagen werden. – Und außerdem gibt es in jeder guten Abenteuergeschichte Gewalt. Man lese nur mal „Die Schatzinsel“, „Der Junker von Ballantrae“ (beide von Robert Louis Stevenson) und so weiter.

_Buchwurm.info:_ Märchen …

_Michael de Larrabeiti:_
Das muss man nicht erst sagen. Als ich in der Schule war, haben sie mir „Macbeth“ zu lesen gegeben; jemals gelesen? Abgeschlagene Köpfe, erstochene Leute, das Blut, wenn Macbeth Duncan tötet, aber es war okay, weil es ja Shakespeare war und damit große Kunst! Es ist genau dasselbe.

_Buchwurm.info:_
Lassen Sie uns über die Zukunft reden. Wird es ein viertes Borrible-Buch geben?

_Michael de Larrabeiti:_
Ich glaube nicht. Das heißt, wenn nicht diese Amerikaner, die die Filmrechte gekauft haben, zu mir kommen und sagen: „Wie fänden Sie eine Viertelmillion Pfund? Wir brauchen ein viertes Buch.“ Dann wäre ich schon in Versuchung. Ich habe das Skript für die Fernsehfassung des ersten Bandes geschrieben. Die Filmproduktionsfirma |Working Title| (sie machte u. a . „Mein wunderbarer Waschsalon“ sowie „Sammy & Rosie tun es“) wollten das fürs britische Fernsehen produzieren.

Aber ich will eigentlich andere Sachen machen. Mein nächstes Buch wird ein realistischer Roman über ein Kind sein. An meiner provencalischen Geschichtensammlung „Das Zaubergärtlein“ arbeitete ich etwa zwei Jahre. (Sie erschien 1989, ebenfalls bei |Klett-Cotta|.)

_Buchwurm.info:_
Ich bedanke mich herzlich für dieses Gespräch.

_Michael de Larrabeiti:_
Es war mir ein Vergnügen. Hat mir Spaß gemacht, über mich selbst zu reden.

_Biografie von Michael de Larrabeiti_

Michael de Larrabeiti wurde 1934 in London geboren und wuchs im Stadtteil Battersea auf, genau in der Gegend also, wo die Borribles leben.

Er arbeitete als Englischlehrer in Casablanca, als Fremdenführer in Frankreich, als Kameramann in Asien, als Schafhirte in der Provence und studierte zwischendurch in Paris, Oxford und Dublin. Er ist Autor mehrerer Romane und Erzählbände. Mehr Info: http://en.wikipedia.org/wiki/Michael__de__Larrabeiti.

Mit den Borribles erlangte er Ruhm bei jungen und erwachsenen Lesern.

Mehr Info: http://en.wikipedia.org/wiki/The__Borrible__Trilogy und http://de.wikipedia.org/wiki/Borribles.

Die Borribles-Trilogie besteht aus den drei Romanen:

1) »Auf zur großen Rumbeljagd«,
2) »Im Labyrinth der Wendels«,
3) »Die Schleppnetzfahndung«.

|Normale Kinder werden ganz langsam zu Borribles, beinahe ohne es zu bemerken. Aber eines Tages wachen sie auf und es ist geschehen. Es ist gleichgültig, wo sie herkommen, wenn sie nur das haben, was man »schlechte Voraussetzungen« nennt. Ein Kind verschwindet aus der Schule, und es spricht sich herum, dass es einfach unbelehrbar war. Oder es gibt Geschrei im Supermarkt, und ein Kind, auf frischer Tat als Ladendieb ertappt, wird vom Hausdetektiv abgeschleppt. Solch ein Kind wird vielleicht ein Borrible; es versteckt dann seine spitzen Borribleohren unter einer Mütze und lässt sich nie mehr erwischen. Denn erwischt zu werden, ist das Ende für einen Borrible. Borribles sind Ausgestoßene, die in verlassenen Häusern und Fabriken Unterschlupf finden. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Ausgestoßenen genießen sie ihr Leben und würden mit niemandem anderen tauschen.| (Verlagsinfo)

Werke:

* The Borribles (1976, dt. Auf zur Großen Rumbeljagd!)
* The Borribles Go for Broke (1981, dt. Im Labyrinth der Wendels)
* The Borribles: Across the Dark Metropolis (1986, dt. Die Schleppnetzfahndung)
* The Redwater Raid (1972)
* A Rose Beyond the Thames (1978)
* The Bunce (1980)
* Full Marks (1981)
* Jeeno, Heloise and Igamor, the Long, Long Horse (1983)
* The Hollywood Takes (1983)
* Journal of a Sad Hermaphrodite (1992)
* Foxes‘ Oven (2002)
* PRINCESS DIANA’S REVENGE (2006)

Seine offizielle Homepage: http://www.michaeldelarrabeiti.com.

http://www.hobbitpresse.de

Interview mit Nina Wolfframm

|Buchwurm.info-Mitarbeiter Michael Matzer führte ein Interview mit Nina Wolfframm, ihres Zeichens Marketing-Mitarbeiterin des Gmeiner-Verlags, der seinen Sitz in Messkirch bei Sigmaringen/Donau hat.|

_Buchwurm.info:_
Trifft es zu, dass Ihr Verlagsprogramm vor allem aus Krimis besteht? War dies von Anfang das Ziel des Verlegers?

_Nina Wolfframm:_
Seit der Gründung des Verlags im Jahre 1986 hatte das Programm immer eine regionalspezifische Ausrichtung. Um den landes- und regionalgeschichtlichen Sachbuchbereich durch einen entsprechenden belletristischen Bereich zu ergänzen, entschlossen wir uns, eine Krimireihe zu etablieren, die ausschließlich Originalausgaben deutschsprachiger Autoren umfasst, die an realen Handlungsorten im deutschsprachigen Raum spielen. Der große Erfolg dieser Reihe führte dazu, dass sich der Gmeiner-Verlag heute ganz klar als Krimiverlag positioniert. Zeitgenössische und historische Kriminalromane machen 90 Prozent unseres Verlagsprogramms aus.

_Buchwurm.info:_
Trifft es zu, dass die Mehrzahl dieser Krimis eine starke lokale Berücksichtigung eines kleinen begrenzten Schauplatzes hat – im Sinne von Lokalkolorit?

_Nina Wolfframm:_
Der Gmeiner-Verlag hat sich auf Themenkrimis mit Lokalkolorit (alle Romane spielen an realen Handlungsorten) spezialisiert. Dabei sollte der Krimi aber auch ein Thema aufgreifen, das eine ausreichend große Zielgruppe anspricht, sich auch überregional gut vermarkten lässt und möglichst aktuelle Bezüge hat.

_Buchwurm.info:_
Versprechen Sie sich davon mehr Erfolg beim Krimipublikum? Ist dieser Erfolg bereits eingetreten, geplant oder zufällig?

_Nina Wolfframm:_
Unsere Absatzzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, auch die Anzahl der Neuerscheinungen steigt stetig an. 2004 erschienen lediglich 15 neue Kriminalromane, inzwischen werden jährlich etwa 60 neue Taschenbuch-Krimis veröffentlicht.

_Buchwurm.info:_
Worauf führen Sie den Erfolg dieses Lokalkoloritprinzips zurück? Gibt es dafür mehrere Faktoren?

_Nina Wolfframm:_
Leser können sich mit Orten, die sie gut kennen, und Themen, über die sie in ihrer Tageszeitung lesen oder auf der Straße sprechen, wunderbar identifizieren. In unseren Krimis kommt genau das zum Tragen: Das lokale bzw. regionale Milieu wird in den Büchern sehr realistisch beschrieben. Dazu gehören die kulturellen Besonderheiten wie die Mentalität der Menschen, ihre Sprache, Bräuche, Traditionen und Eigenheiten, und natürlich auch die realen, genau nachvollziehbaren Schauplätze. Dieser authentisch anmutende Regionalbezug in Verbindung mit einer unterhaltsam-spannenden Geschichte aus der scheinbar heilen Provinz, in die nach erfolgreicher kriminalistischer Aufklärung natürlich wieder die gewohnte Ruhe und Ordnung einkehrt, spricht Einheimische, aber auch Gäste der Region an und ist sicher das Erfolgsgeheimnis unserer Krimis.

_Buchwurm.info:_
Gibt es Interesse seitens TV- oder Kinoproduzenten, solche Krimis verstärkt zu verfilmen? Ähnlich wie „Bulle von Tölz“ oder „Rosenheim-Cops“?

_Nina Wolfframm:_
Für mehrere unserer Titel interessieren sich Filmproduzenten, es wurden bereits Verfilmungsoptionen vergeben. Es gibt auch Hörspiele zu einigen unserer Krimis, zum Beispiel ein Mundart-Hörspiel von Manfred Bomms „Schattennetz“.

_Buchwurm.info:_
Wie entwickeln Sie Ihr Verlagsprogramm weiter?

_Nina Wolfframm:_
Unsere Autorinnen und Autoren sind ausgesprochene „Serientäter“. Die meisten bringen jährlich einen neuen Kriminalroman heraus, manche sogar halbjährlich. Und wir sind immer auf der Suche nach neuen viel versprechenden Autoren.
Unsere im Herbst 2007 gestartete Reihe historischer Kriminalromane kommt bei den Lesern sehr gut an und soll weiter ausgebaut werden.

_Buchwurm.info:_
Können Sie Highlights nennen, auf die sich unsere Leser freuen dürfen, beispielsweise zu Weihnachten?

_Nina Wolfframm:_
Ein Highlight der 27 Neuerscheinungen in diesem Herbst ist sicher der neue Krimi von Erich Schütz: „Judengold“ ist ein fesselnde Geschichte, die bereits im Dritten Reich begann. Jüdisches Kapital wurde damals in die Schweiz verschoben und soll heute gewaschen zurück nach Deutschland gebracht werden.

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist unser Überraschungserfolg im Herbst, der Kriminalroman „Alpendöner“ unseres Debütautors Willibald Spatz. Ein frecher, witziger Allgäu-Krimi jenseits romantisch verklärter Alpenidylle.

http://www.gmeiner-verlag.de

Interview mit Uta-Maria Heim

_Buchwurm.info:_
Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?

_Uta-Maria Heim:_
Danke, mir geht es gut. Ich habe Feierabend, ich sitze zu Hause am Laptop und beantworte Ihre Fragen.

_Buchwurm.info:_
Ich kenne Sie vor allem als Lyrikerin, jetzt auch als Krimiautorin. Sie haben für Ihren Krimi „Das Rattenprinzip“, der 1991 bei |Rowohlt| erschien, den Deutschen Krimipreis bekommen. Warum schreiben Sie gerade Krimis? Wollen Sie etwas Bestimmtes damit ausdrücken oder erreichen?

_Uta-Maria Heim:_
Ich schreibe Krimis, weil man in diesem Genre die komplexesten und spannendsten Geschichten erzählen kann. Es macht mir Spaß, Irritationen zu schaffen, mit Fiktionen zu spielen.

_Buchwurm.info:_
Worum geht es in Ihrem neuesten Krimi „Wespennest“? Angeblich handelt es sich um eine Fortsetzung zu „Das Rattenprinzip“? Kommt Claudi wieder vor?

_Uta-Maria Heim:_
Schauen Sie doch einfach mal rein! Das Buch sticht nicht …

_Buchwurm.info:_
Sie arbeiten als Hörspieldramaturgin. Was hat sich der Laie unter dieser Tätigkeit vorzustellen und wie kann man sie erlernen?

_Uta-Maria Heim:_
Es ist eine Redakteurstätigkeit, die künstlerisches und organisatorisches Geschick erfordert. Sie ist sehr komplex und schwer zu erklären. Sogar meine Freunde wissen nicht, was ich da tue, aber sie wissen, dass ich es sehr, sehr gern mache. Das ist entscheidend. Ach ja: Dramaturgin wird man beispielsweise durch ein Studium und ein Volontariat und möglichst viel benachbarte Berufserfahrung. Man sollte aber auch gewisse vorteilhafte Vorlieben, Veranlagungen, Begabungen und Tugenden mitbringen, die mehr sind als Training. Das gilt für jeden Beruf.

_Buchwurm.info:_
Welche Stoffe bearbeiten Sie als Dramaturgin am liebsten? Oder haben Sie da keinen Einfluss auf die Auswahl?

_Uta-Maria Heim:_
Ich bearbeite als Dramaturgin gar nicht, ich vergebe dafür Aufträge und erstelle zusammen mit dem Bearbeiter / der Bearbeiterin die Endfassung des Manuskripts. Die Auswahl lege ich in Absprache mit meinen Kolleginnen und Kollegen hier in der Redaktion fest. Bei Originalhörspielen schickt ein Autor / eine Autorin ein fertiges Manuskript ein und wir prüfen, ob sich das Stück für unser Programm eignet. Falls ja, wird es im Studio von einem Produktionsteam mit meist namhaften Schauspielerinnen und Schauspielern produziert.

_Buchwurm.info:_
Sie haben auch historische Romane geschrieben, die im |Berliner Taschenbuch Verlag| (BVT) erschienen („Ruth trifft Ruth“, „Schwesterkuss“). Warum haben Sie auch solche Bücher geschrieben? Waren sie als Versuche oder Experimente gedacht?

_Uta-Maria Heim:_
Nein, historische Romane habe ich nicht geschrieben. Romane schon. Es waren vier, glaube ich. Sie sind auch nahe am Spannungsgenre angesiedelt, aber keine Krimis. Die Grenzen sind da für mich allerdings fließend.

_Buchwurm.info:_
Sie sind auch Lyrikerin. 1991 erschien beispielsweise „Süden und Irrtum“ im Flugasche Verlag in Stuttgart. Schreiben Sie noch Lyrik und wenn ja, warum? Haben Sie etwas davon veröffentlicht?

_Uta-Maria Heim:_
Ich habe bis zur Jahrtausendwende viele Gedichte veröffentlicht, verstreut in z. T. großartigen Anthologien usw. Aber ich hatte nicht das Potenzial für einen weiteren Gedichtband. Das lyrische Sprechen ist etwas ganz Eigenes. 1998 habe ich den letzten Gedichtzyklus geschrieben, während eines Italien-Stipendiums. Danach ging nichts mehr.

_Buchwurm.info:_
Was sind Ihre liebsten Freizeitbeschäftigungen?

_Uta-Maria Heim:_
Lesen, schreiben, kochen, joggen. Mit den Menschen zusammen sein, die mir am Wichtigsten sind.

_Buchwurm.info:_
Noch mal zurück zum „Rattenprinzip“, das ich mit großem Vergnügen gelesen habe [(vgl. Rezension bei |Buchwurm.info|). 5903 Ich kann verstehen, dass man den Krimi als Kultbuch handelt, denn die Lesergemeinde, die das Schwäbisch und Alemannisch, das darin hin und wieder gesprochen wird, verstehen kann, ist ja etwas eingeschränkt. Aber diese Leser freuen sich natürlich über den Wiedererkennungseffekt. War das so geplant? Fühlen Sie sich als Alemannin?

_Uta-Maria Heim:_
Natürlich war das geplant. Und auch wieder nicht. Ich hab halt gemacht, was ich konnte und wollte. Eine echte Alemannin bin ich nicht, eine Schwäbin aber auch nicht – ich bin auf der Grenze zwischen Baden und Württemberg aufgewachsen. Mein Vater sagte immer: „Mirsinnnind“. Wir sind nichts. Wir haben keine richtige Identität und fühlen uns ordentlich zerrissen. Für mich würde ich sagen: Schön zerrissen.

_Buchwurm.info:_
Im „Rattenprinzip“ zeigen Sie sich als bestens informiert über den Lokaljournalismus in der Landeshauptstadt Stuttgart. Waren Sie selbst als Journalistin tätig?

_Uta-Maria Heim:_
Klar. Aber das ist zwanzig Jahre her!

_Buchwurm.info:_
Im „Rattenprinzip“ zeigen Sie die Verbindung von Kulturprodukten und ihren industriellen Sponsoren auf, insbesondere der Autoindustrie. Bestimmte Blätter, literarische Institutionen und kulturelle Veranstaltungen mussten sich offenbar diesem Sponsorendruck stellen und standen vor der Wahl, ob sie überleben oder sich gängeln lassen wollten. Die Literaturzeitschrift |Flugasche| etwa befand sich kurz vorm Aus, weil Land und Stadt die Förderung einstellten.

_Uta-Maria Heim:_
Das ist traurig. Es trifft halt immer die Falschen. Heute hat kein Mensch mehr Probleme mit privatem Sponsoring. Ich auch nicht. Die Probleme, die wir haben, sind in ganz anderen Dimensionen angesiedelt. Und damit beschäftigt sich eben das „Wespennest“.

_Buchwurm.info:_
Wie sehen Sie diese Situation damals? Lässt sie sich mit heute vergleichen?

_Uta-Maria Heim:_
Das Ganze ist eine Entwicklung, die vermutlich unausweichlich war und bleibt. Mit der deutsch-deutschen Wende, um die sich das „Rattenprinzip“ ja dreht, wurde ein Prozess eingeleitet, der noch lange nicht zu Ende ist. Direkt vergleichen lassen sich die Umstände damals mit denen heute nicht mehr – es sei denn, man vergleicht Birnen mit Äpfeln. Wobei es falsch wäre zu sagen, früher war alles besser. Heute ist alles besser. Mit den Problemen ist auch das Problembewusstsein gestiegen, was den Durchschnitt der Bevölkerung angeht. Und eine kleine Elite wächst mit. Mehr kann man nicht erwarten, zumindest derzeit noch nicht.

_Buchwurm.info:_
Wagen wir einen Ausblick. Woran arbeiten Sie gerade? Wann erscheint Ihr nächstes Buch?

_Uta-Maria Heim:_
Ich schreibe derzeit an keinem Buch und plane nichts. Im Frühjahr erscheint voraussichtlich mein Krimi „Totenkuss“, der schon lange fertig herumliegt. Dann ist ein ganzer Kosmos von Geschichten, die mit dem „Rattenprinzip“ angefangen haben und alle locker ineinander greifen, für mich abgeschlossen. Was kommen wird, weiß ich nicht. Falls ich wieder was schreibe, hätte ich Lust auf etwas ganz anderes. Es müsste etwas sein, das mich umhaut.

Die Fragen stellte Michael Matzer.

_Zur Autorin_

Uta-Maria Heim, geboren 1963 in Schramberg, Schwarzwald, lebt als Dramaturgin und Autorin in Baden-Baden. Sie schrieb zahlreiche Romane, Krimis, Hörspiele und Features. Für ihre Arbeiten erhielt sie Auszeichnungen wie den Deutschen Krimi-Preis, der Förderpreis Literatur des Kunstpreises Berlin und den Friedrich-Glauser-Preis.

„Das Rattenprinzip“ war ihr erster Roman und Krimi. Er erschien erstmals 1991 bei Rowohlt und avancierte schnell zum sogenannten „Kultbuch“ [(siehe Rezension auf Buchwurm.info) 5903 . Die Fortsetzung von 2009 trägt den Titel „Wespennest“. Beide Romane erscheinen im |Gmeiner|-Verlag, Meßkirch.

Das Autorenfoto schoss Joachim E. Röttgers

http://www.gmeiner-verlag.de

_|Bibliografie|_

_ROMANE UND KRIMINALROMANE_

• Das Rattenprinzip, Reinbek bei Hamburg 1991 und Meßkirch 2008
• Süden und Irrtum, Stuttgart 1991
• Der harte Kern, Reinbek bei Hamburg 1992
• Die Kakerlakenstadt, Reinbek bei Hamburg 1993
• Die Widersacherin, Zürich [u. a.] 1993
• Der Wüstenfuchs, Reinbek bei Hamburg 1994
• Die Wut der Weibchen, Reinbek bei Hamburg 1994
• Bullenhitze, Reinbek bei Hamburg 1995
• Durchkommen, Leipzig 1996
• Die Zecke, Reinbek bei Hamburg 1996
• Sturzflug, Hamburg 1998
• Dackel Maiers erster Fall, Aarau [u. a.] 1999
• Engelchens Ende, Reinbek bei Hamburg 1999
• Glücklich ist, wer nicht vergißt, Reinbek bei Hamburg 2000
• Ihr zweites Gesicht, Reinbek bei Hamburg 2000
• Ruth sucht Ruth, Berlin 2002
• Schwesterkuß, Berlin 2002
• Dreckskind, Meßkirch 2006
• Totschweigen, Meßkirch 2006
• Wespennest, Meßkirch 2009

|Herausgeberschaft:|
• Bloody Mummy, Reinbek bei Hamburg 1997
• Der Schuß im Kopf des Architekten, Ludwigsburg 2000

_LYRIK UND KURZPROSA_

Neue Balladen von dünnen Männern, Gedichte, Stuttgart 1985
Fahrt in den See, Warmbronn 1987
Vergelt’s Gott, Stuttgart 1990
Süden und Irrtum, Gedichte, Stuttgart 1991.

_STORYS_

|zahlreiche verstreute Veröffentlichungen, zuletzt u.a.:|

Lisa Kuppler (Hg.): Mord isch hald a Gschäft. Von Silvija Hinzmann, Gudrun Weitbrecht, Uta-Maria Heim, Martina Fiess u. a. (Argument Verlag 2004)

Lisa Kuppler (Hg.): A Schwob, a Mord?: Schwabenland, Krimiland. Von Martina Fiess, Monika Geier, Madeleine Giese, Uta-Maria Heim u. a. (Argument Verlag 2008)

Interview – Andreas Eschbach über seine Romane „NSA“ und „Perry Rhodan“


Buchwurm.org: In deinem Roman „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“ geht es um die Bedingungen, unter denen Liebe in einem totalitären System der computerisierten Überwachung existieren kann; a) Helene: Liebe vs. Kontrolle; b) Lettke: Rache und Kontrolle. Sind das zwei Varianten, wie sich NSA-Kontrolle auswirken kann?

Andreas Eschbach : Totalitarismus ist eine Herrschaftsform, die dich in eine mechanische Gesellschaftsform einzwängt. Dagegen steht Liebe als Ausdruck des Menschseins an sich: das nicht Mechanisierbare, das nur existiert, wenn es echt ist. Man kann Liebe nicht synthetisieren und auf Flaschen ziehen, auch nicht vortäuschen. Dann ist es keine Liebe. Insofern hat der Totalitarismus nicht speziell mit Digitalisierung zu tun; die Digitalisierung erleichtert ihn nur, erweitert die Möglichkeiten, die dieser hat, um den Lebensimpuls abzutöten, prädiktiv, mit Gesichtserkennung und Vorauswissen, was der Beobachtete vorhaben könnte.
Interview – Andreas Eschbach über seine Romane „NSA“ und „Perry Rhodan“ weiterlesen

Interview mit der Inklings-Gesellschaft

|Prof. Dr. Dieter Petzold ist wissenschaftlicher Oberassistent des Instituts für Anglistik und Amerikanistik der Uni Erlangen und seit 1993 Herausgeber des Jahrbuchs der deutschen Inklings-Gesellschaft. Michael Matzer hat sich für |Buchwurm.info| mit Dieter Petzold über diese Gesellschaft und ihre Projekte unterhalten.|

_Buchwurm.info:_
Es gibt eine ganze Reihe von literarischen Gesellschaften in Deutschland, die sich mit der Phantastik befassen, die u. a. die Inklings in Oxford verfassten. In welcher Hinsicht unterscheidet sich die Inklings-Gesellschaft von solchen Gruppen?

_Prof. Dr. Dieter Petzold:_
Sie ist meines Wissens die älteste und damit traditionsreichste, denn sie wurde bereits 1982 gegründet. Sie verstand sich von Anfang an – und versteht sich noch immer – als eine Vereinigung, deren Mitglieder ein an wissenschaftlichen Standards orientiertes, weitgespanntes Interesse nicht nur an den [Inklings-Autoren,]http://de.wikipedia.org/wiki/Inklings sondern an Literatur und Kultur generell haben, wobei allerdings der Schwerpunkt auf Phantastik im weitesten Sinne liegt.

_Buchwurm.info:_
Sie veranstalten jährliche Mitgliederversammlungen und Tagungen. Welche Bedeutung haben diese Konferenzen?

_Petzold:_
Die jährlichen Symposien sehe ich als das Rückgrat der Aktivitäten der Inklings-Gesellschaft an. Sie stehen jeweils unter einem Thema, das zuvor von der Mitgliederversammlung (die in der Regel im Rahmen des jährlich stattfindenden Symposiums abgehalten wird) beschlossen wird. Daneben gibt es lokale Veranstaltungen (Lesungen, Diskussionsgruppen), die mehrmals jährlich auf lokaler Basis stattfinden.

_Buchwurm.info:_
Sie veröffentlichen jährlich ein Jahrbuch und ein oder zwei Rundbriefe. Welche Bedeutung haben diese Publikationen? Sind sie für Mitglieder kostenlos?

_Petzold:_
Die Rundbriefe informieren über aktuelle Ereignisse und Tätigkeiten der Gesellschaft und auch befreundeter Gesellschaften. Das Jahrbuch dokumentiert zum einen die jeweiligen Jahrestagungen, indem es die (überarbeiteten) Vorträge veröffentlicht. Hinzu kommen regelmäßig weitere wissenschaftliche Beiträge (Varia), sowie, seit einigen Jahren, eine Interpretation eines Gedichts phantastischen Inhalts (die Rubrik heißt „The Poet’s Eye“) und ein Essay, in dem ein weniger bekannter Autor (oder eine Autorin) phantastischer Texte vorgestellt wird („Favourite Authors“). Des Weiteren enthält das meist deutlich über 300 Seiten dicke Jahrbuch einen umfänglichen Rezensionsteil, in dem wissenschaftliche Bücher und Zeitschriften vorwiegend (aber nicht ausschließlich) über phantastische Literatur besprochen werden. Die Beiträge sind zum größeren Teil auf Deutsch, doch enthalten alle Jahrbücher auch englischsprachige Beiträge, die meist von ausländischen AutorInnen stammen, aus Großbritannien und anderen europäischen Ländern, aber auch aus Amerika, Russland, ja sogar Ostasien.

Der Preis für das Jahrbuch und die Rundbriefe ist in dem (übrigens sehr günstigen) Mitgliedsbeitrag eingeschlossen.

_Buchwurm.info:_
Die Universen, die die zwei bedeutendsten Inklings, Tolkien und Lewis, schufen, expandieren in der globalen Mediensphäre immer weiter: Bücher, Games, Rollenspiele, Filme, Hörspiele und so weiter. Trägt die Inklings-Gesellschaft dieser erstaunlichen Entwicklung Rechnung?

_Petzold:_
In einzelnen Beiträgen ist dies immer wieder mal geschehen; ausgiebig wird sich die bevorstehende Tagung „Multimediale Metamorphosen: Die produktive Rezeption der Inklings im 21. Jahrhundert“ diesem Phänomen widmen. Wie ein Blick auf das [Programm]http://www.inklings-gesellschaft.de/programmheft__mail.pdf zeigt, geht es dort um Tolkien-Verfilmungen, um Superman im Lichte von C. S. Lewis‘ Theorie der Populärkultur, um das Tolkien-Fanwesen allgemein und die Fanfiction im Besonderen, um Computer- und Kartenspiele, um Hörspiele und -bücher, um Comics und um Bücher, die auf den Ideen und Geschichten Tolkiens aufbauen. Für diejenigen, die nicht nach Nürnberg kommen können: All dies wird auch im neuen Jahrbuch (Band 28 der Reihe), nachzulesen sein, das im Frühjahr 2011 im Verlag |Peter Lang| erscheinen wird.

_Buchwurm.info:_
Und worauf führen Sie diese anhaltende Entwicklung zurück?

_Petzold:_
Die multimediale produktive Rezeption von Erfolgsromanen ist ein Phänomen unserer Zeit, über dessen Ursachen man lange soziologische Spekulationen anstellen könnte. Ganz gewiss hängt es mit der technischen Machbarkeit zusammen, insbesondere mit der explosionsartigen Entwicklung der elektronischen Medien, sowie mit der Industrialisierung und Kommerzialisierung des Kulturwesens.

Weshalb gerade Tolkien mit seinem Herrn der Ringe zu einer solchen Flut von Sekundärprodukten angeregt hat? Es hängt wohl damit zusammen, dass er am Anfang der ganzen Fantasy-Bewegung steht, dass er – völlig überraschend und unbeabsichtigt – einen Nerv der Zeit getroffen hat, ein Bedürfnis nach ‚Romantik‘ als Ausgleich für die Nüchternheit unseres Alltags befriedigt. Und nicht zuletzt mit der schieren Qualität seiner Schriften. Tolkiens Meisterwerke kann man immer wieder mit Gewinn lesen, im Gegensatz zu den meisten Produkten der modernen Fantasy-Industrie.

_Buchwurm.info:_
Sicher gibt es noch mehr Inklings. Nennen Sie uns doch bitte die bekanntesten und warum Sie diese Mitglieder bedeutsam finden.

_Petzold:_
„Inklings“ nannte sich eine lose Gruppe von Akademikern, Autoren und literarisch Interessierten, die sich in den 1930er und 1940er Jahren in unregelmäßigen Abständen in Oxford trafen, um aus ihren im Entstehen begriffenen Werken vorzulesen und allgemeine literarische, philosophische und religiöse Themen zu diskutieren. Ihre heute berühmtesten Mitglieder sind _J. R. R. Tolkien_ und _C. S. Lewis_, aber auch der Verfasser „metaphysischer Thriller“ _Charles Williams_, die Krimi-Autorin und Verfasserin religionsgeschichtlicher und –philosophischer Texte _Dorothy Sayers_ und der Philosoph _Owen Barfield_ verdienen nach wie vor Beachtung. Ihre Leistungen zu würdigen, würde hier wohl zu weit führen. Wer sich dafür interessiert, könnte unter anderem in früheren Inklings-Jahrbüchern fündig werden, wo diese Autoren wiederholt behandelt wurden, so wie übrigens auch _George MacDonald_ und _G. K. Chesterton_ – Autoren des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts, die zwar nicht zu den Inklings gehörten, diese aber in ihrem Denken und Schreiben maßgeblich beeinflusst haben.

_Buchwurm.info:_
Organisiert die Inklings-Gesellschaft „Pilgerreisen“ zu den „Wallfahrtsorten“ der Inklings, so etwa in Oxford? Oder gibt es wenigstens einen Online-Guide dafür?

_Petzold:_
Da es im Internet fast nichts gibt, das es nicht gibt, würde es mich wundern, wenn da nicht auch ein Guide zu den Heiligtümern Tolkiens und Lewis‘ zu finden wäre. Von der deutschen Inklings-Gesellschaft wurde dergleichen aber nicht produziert, und auch keine „Pilgerreisen“ veranstaltet. Wir sind halt kein Fanclub (for better or worse). Aber Fahrradtouren einzelner Mitglieder zu den „Inklings-Stätten“ hat es schon gegeben.

_Buchwurm.info:_
Welche Leistungsmerkmale kann die Homepage der Inklings-Gesellschaft vorweisen? Sind soziale Netzwerke wie |Facebook| berücksichtigt?

_Petzold:_
Die Inklings-Gesellschaft hat das Internet als Medium der Selbstdarstellung erst relativ spät für sich entdeckt. (27 Jahre sind für eine literarische Gesellschaft ein gesetztes Alter, da kann schon mal Tradition schwerer wiegen als die Jagd nach den neuesten Trends.) Unsere [Homepage]http://www.inklings-gesellschaft.de erfüllt, denke ich, ihren Zweck: Sie informiert aktuell und übersichtlich über die Tätigkeiten der Gesellschaft, ohne Schnörkel und modischen Schnickschnack.

_Buchwurm.info:_
Legt die Gesellschaft größeren Wert auf die Anerkennung und Analyse der Inklings in der akademischen Welt oder auf die Popularisierung der Inklings? Gibt es diesbezüglich Interessenskonflikte, z. B. wenn eine Verfilmung ansteht und Werbung geschaltet wird?

_Petzold:_
Die deutsche Inklings-Gesellschaft hatte schon immer einen gewissen Hang zur wissenschaftlichen Respektabilität. Man kann das belächeln, aber ich persönlich sehe keinen Anlass, dies grundlegend zu ändern: Schließlich müssen die Inklings-Autoren nicht erst popularisiert werden (siehe Fragen 4 und 5). Das heißt aber nicht, dass wir vor neuen Entwicklungen die Augen verschließen dürften. Dass wir das nicht tun, zeigt die kommende Tagung, aber auch ein Blick in unsere Jahrbücher, wo immer wieder auch Autoren, die im Trend liegen, z. B. _Terry Pratchett_, _Neil Gaiman_, _Matt Ruff_ oder auch _Stephenie Meyer_, behandelt werden.

Interessenskonflikte entstehen dabei nicht, denn auch die neuen Trends betrachten wir aus einem distanzierten, ‚wissenschaftlichen‘ Blickwinkel, und Werbung betreiben wir weder direkt noch indirekt. Im Übrigen tragen wir auch ganz moderne Fragen an unsere „klassischen“ Autoren heran, z. B. solche der Bioethik beim Symposium des Jahres 2008.

_Buchwurm.info:_
Stehen Mitglieder der Gesellschaft auf Tagungen und Symposien für Gespräche und Interviews zur Verfügung?

_Petzold:_
Aber ja doch, selbstverständlich. Je mehr, je lieber!

_Buchwurm.info:_
Wie entwickelt sich die Mitgliederzahl der Gesellschaft, international wie lokal?

_Petzold:_
Die Mitgliederzahl ist über viele Jahre recht stabil geblieben, sie liegt derzeit bei rund 250. Davon wohnen etwa 60 im Ausland, nicht nur im europäischen. Sogar in Neuseeland, Kanada, Taiwan und Japan hat die Inklings-Gesellschaft Mitglieder.

_Buchwurm.info:_
Wagen wir einen Ausblick. Mit welchen Themen können Mitglieder und solche, die sich für die Gesellschaft interessieren, auf kommenden Jahreskonferenzen rechnen? Gibt es eine gewisse Kontinuität im Rückblick?

_Petzold:_
Nach dem populärkultur-orientierten Symposium 2010 steht 2011 wieder ein eher spezielles Thema an, und zwar soll es bei der Tagung in Leipzig um den „unbekannten _Conan Doyle_“ gehen, der eben nicht nur die berühmten Sherlock-Holmes-Geschichten schrieb, sondern auch eine Menge phantastischer Texte.

Wie’s danach weitergeht, wird die nächste Mitgliederversammlung im Oktober zeigen. Viel hängt auch immer vom ehrenamtlichen Einsatz einzelner Mitglieder ab.

Bei der Themenwahl war bisher Abwechslung wichtiger als Kontinuität. Das kann man an den Themen der letzten zehn Jahre ablesen, die im Übrigen zeigen, dass wir auch vor der Sciencefiction und der Gothic-Fiction nicht die Augen verschließen:

2009: Der Vampir: Von der Dämmerung der Gothic Novel bis zum Morgen-Grauen des Teenieromans
2008: Hybris und Heil: (Bio)ethische Fragen in phantastischer Literatur
2007: Entfesselte Kräfte: Technikkatastrophen und ihre Vermittlung
2006: Owen Barfield: Visions and Revisions
2005: George MacDonald
2004: Religion in der Fantasy und Science Fiction
2003: Technik – Mythos – Medien
2002: Phantastische Tierwelten
2001: Fremde Welten in Texten und Bildern
2000: Zukunft des Phantastischen – Phantastik des Zukünftigen

http://www.inklings-gesellschaft.de

Interview mit Norbert Sternmut

Buchwurm.info:
Wie geht es Ihnen?

Norbert Sternmut:
Es geht gut genug. Es geht mir so weit gut, wenn ich arbeiten kann, in meinen Projekten bin, wie ich es gerade bin, also geht es gut.

_Buchwurm.info:_
Wo sind Sie gerade und was machen Sie gerade? Schreiben Sie ein Gedicht?

_Norbert Sternmut:_
Ich arbeite stets an neuen Gedichten, so auch jetzt, nachdem ich den Gedichtband „Nachtlichter“ gerade abgeschlossen habe, der zur Leipziger Buchmesse 2010 im |Pop|-Verlag, Ludwigsburg erscheinen wird. |Die Lesung ist am 19. März in Leipzig.|

Des Weiteren arbeite ich am neuen Gedichtband, den wir als Veröffentlichung für das Jahr 2012 mit dem |Pop|-Verlag einplanen.

Für das Jahr 2011 ist mit dem |Wiesenburg|-Verlag das nächste Prosamanuskript unter dem Titel „Wildwechsel“ geplant, eine Art Tagebuch, in dem ich einmal die sogenannte fiktive Ebene verlasse und durchaus konkret über mein sogenanntes „wahres Dasein“ in Vergangenheit und Gegenwart berichte. Das ist für mich eine ganz neue Form, ganz ohne Metaphern und irgendwelche Verstellungen.

_Buchwurm.info:_
|Buchwurm.info| hat Sie bereits einmal [vorgestellt,]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=77 deshalb können wir diesen Part überspringen und gleich medias in res gehen. Inzwischen haben Sie zwei Gedichtbände und einen Roman vorgelegt. Ich würde mich freuen, wenn Sie „Seelenmaschine“, „Fadenwärme“ und „Norm@n“ jeweils kurz charakterisieren könnten; zum Beispiel, welche Bedeutung „Norm@n“ als Abschluss einer Trilogie zukommt.

_Norbert Sternmut:_
Insgesamt ist die Romantrilogie aus „Der Tote im Park“, „Marlies“ und „Norm@n“ für mich ein zentraler Bestandteil meines Werks. Ein Mittelstück und ein Hauptstück. Zumal ich kaum annehmen kann, noch mal eine entsprechende Trilogie zu schreiben, über die „Natur der Dinge“ hinaus.

Also bleibt für mich „Der Tote im Park“ ein zentrales Romanwerk, wie etwa „Sprachschatten“ im Bereich der Lyrik. Dass ich die Trilogie geschrieben habe, war für mich wichtig, auch wenn sie zunächst gar nicht als Trilogie geplant war.

Wichtig, ich muss meine Bücher schreiben, kann mich meinem Dasein nur schreibend nähern. Die geschriebenen Bücher bleiben dann alleine zurück, ungelesen meist, aber es kommt mir scheinbar auch nicht unbedingt darauf an, dass sie jetzt und hier gelesen werden. Ich denke, irgendwann werden sie gelesen, und da bin ich mir auch einigermaßen sicher, auch wenn jetzt noch nicht unbedingt ihre Zeit gekommen ist.

Weiterhin will ich meinen „Charakter“ eher nach vorne beschreiben. Die Trilogie, das sind drei Bücher, die ich entlassen habe, wie die anderen auch. Jetzt versuche ich mir neue Ziele zu setzen, neue Erkenntnisse und innere Wahrheiten zu finden. So überlebe ich, so lange es geht, verfolge durchaus hartnäckig einen Weg, den ich als meinen Weg sehe, versuche nicht vollständig „verrückt“ zu werden.

Aber meine Trilogie ist mir wichtig.

Wie auch „Seelenmaschine“ oder der Band „Fadenwürde“, der aus bestimmten Gründen nicht „Fadenwärme“ heißt. „Fadenwürde“ erinnert an den Band „Fadensonnen“ von Celan und wurde von einem Bob-Dylan-Song „Dignity“ inspiriert. Hier geht es um die „Würde des Menschen am Faden“, auch um meine eigene Seelenanalyse, wie oft in den letzten Büchern.

Dass ich aus dem psychoanalytischen Unbewussten schöpfe, wird gerade in „Fadenwürde“ deutlich. Auch, dass ich Themen aufgreife, die gerne verdrängt werden. Dass all diese Zusammenhänge in den Gedichten eher über das Gefühl als über den Verstand zu erschließen sind, wenn überhaupt, sage ich hier und dort.

_Buchwurm.info:_
„Seelenmaschine“ und „Fadenwürde“ greifen aktuelle Befindlichkeiten und sogar Ereignisse der öffentlichen Welt auf. Worauf ist dieses Interesse zurückzuführen?

_Norbert Sternmut:_
Ich bin Teil der „öffentlichen Welt“! Auch ich bin ein Mensch, der sich den Eindrücken der aktuellen Wirklichkeit unterworfen sieht. Und als Schriftsteller will auch ich durchaus Stellung zu aktuellen Fragen beziehen, auch wenn ich kein Kommentator einer Tagespolitik bin, auch kein regionaler Schreiber; dass ich kein Schriftsteller bin, der aus einer örtlichen Heimat schöpft, einer nationalen Zuordnung.

Wie ich in „Seelenmaschine“ beschrieb, komme ich alleine auf die Sprache als Heimat zurück, schöpfe weniger aus Wurzeln, eher aus Entwurzelungen und fehlenden Haltbarkeiten.

Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auch ich das Wort „Klima“ in den Mund nehme. Ob es etwas hilft, ist eine andere Frage. Immerhin arbeite ich in meinen Projekten mit Jugendlichen und Arbeitslosen künstlerisch und sozialarbeiterisch in der Jetztzeit, befinde mich nicht in einem „Elfenbeinturm“.

Und das Interesse daran? Ich bin Sozialpädagoge! Und Schriftsteller! Künstler und Maler! Alles aus der Zeit heraus, aber nicht alleine daraus. Gerade auch aus dem Verlust der Zeit heraus, die seit meiner Krebserkrankung in der Jugend in meinem Bewusstsein liegt. Also lebe ich heute, weil ich nicht anders kann, weil ich also in diese Formel „geworfen“ wurde, bin ich mir dessen bewusst, so weit wie möglich, dass es womöglich nichts bedeutet, bei allem Interesse.

Also starte ich dieses und jenes Projekt und bin sozialarbeiterisch tätig, weil ich mir aus philosophischen Gründen keine Kugel durch den Kopf schießen will. Also versuche ich mich anderweitig zu beschäftigen.

_Buchwurm.info:_
Sie haben die Literaturgruppe „Sternmut-Literatur-Bunt“ (SMLB) gegründet, die mit anderen Literaturgruppen zusammenarbeitet. Was tun die Teilnehmer dieser Gruppe, wer sind diese und wie sieht die Kooperation mit anderen Gruppen aus?

_Norbert Sternmut:_
Nein, ich arbeite hier nicht grundsätzlich mit anderen Literaturgruppen zusammen! Wir sind eine nette Gruppe und ich lade mir interessante Menschen ein, und es finden bewegende Diskussionen statt, aber es ist „mein Ding“. Es ist mir auch durchaus wichtig, dass ich die Entscheidungen trage und entscheide, wen ich einlade, wichtig, dass es mir Freude macht, in der Hoffnung, dass sich die Freude auf andere bei SMLB überträgt.

Ich will Menschen einladen, die etwas anderes als das sagen, was üblich ist und von außen konditioniert ist. Marionettentheater soll es bei SMLB eher nicht geben. Das haben wir bereits an jeder Ecke.

Es hat sich schon eine kleine, eingeschworene Gemeinde gefunden, die sich mit der Gruppe identifiziert. Es ist bereits eine durchaus dynamische Gruppe entstanden. Junge Künstler kommen, Rapper, Drogenselbsthilfegruppen, Bildhauer. Wir sind bis ins Jahr 2011 mit Veranstaltungen ausgebucht. Es gibt keinen Mangel an Menschen, die sich präsentieren wollen. Also bedient SMLB ein öffentliches Bedürfnis. Es bietet eine Auftrittsmöglichkeit für interessante Menschen, Künstler, Gruppen. Und daher funktioniert SMLB sehr gut.

_Buchwurm.info:_
Sie nahmen an einem österreichischen Lyrikwettbewerb teil. Waren Sie zufrieden mit Ihrem Abschneiden und der Organisation dieses Wettbewerbs?

_Norbert Sternmut:_
Ja, ich war zufrieden mit meinem Abschneiden, zumal ich den Lyrikwettbewerb gewonnen habe. Und als Sieger hatte ich auch an der Organisation keine Einwände, zumal sie, nach meinem Verständnis, zum richtigen Ergebnis gekommen ist.

Insgesamt habe ich keine rechte Beziehung zu Schreibwettbewerben und Preislisten. Ich will „mein Werk“ schreiben und neben dem anderen bleibt im Allgemeinen keine Zeit mehr zur Bewerbung für irgendwelche Preise. Ich denke auch, dass ich ein gespaltenes Verhältnis dazu habe. Ich habe bisher nicht viele Preise bekommen, was verständlich ist, ich denke manchmal, irgendwie könnten es mehr sein, aber ich bewege mich selbst nicht dahin, bewerbe mich nicht. Also kann ich auch nicht erwarten, dass ich Preise für mein Werk bekomme, weil fast jeder Preis es verlangt, dass der Autor bzw. der Verlag des Autors sich selbst bewirbt.

Manchmal denke ich, ich sollte mich mehr für literarische Preise bewerben, doch dann schreibe ich wieder an irgendwelchen Gedichten, für die es wissentlich keinen Markt gibt, für die ich keinen Preis bekommen werde. Immerhin, denke ich mir, schau an, was du machst, kann sich auch nicht jeder leisten. Nein, zu dieser Preisvergabegeschichte habe ich sicherlich ein gespaltenes Verhältnis.

_Buchwurm.info:_
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft, so etwa in Lyrik, Prosa Buchmessen, Zeitschriften, Wettbewerben oder privat?

_Norbert Sternmut:_
Im März 2010 bin ich auf der Buchmesse Leipzig, um mein neues Buch „Nachtlichter“ zu präsentieren. „Sternmut-Literatur-Bunt“ läuft erfolgreich und ist für einige Jahre geplant. Im Jahr 2011 wird ein neuer Prosaband im |Wiesenburg|-Verlag unter dem Titel „Wildwechsel“ erscheinen. Für 2012 ist der neue Lyrikband „Spiegelschrift“ im |Pop|-Verlag geplant.

|Das schriftliche Interview führte Michael Matzer im Februar 2010.|

Der Autor

Norbert Sternmut
Norbert Sternmut

Norbert Sternmut (= Norbert Schmid), geboren 1958, lebt in Ludwigsburg und arbeitet als Sozialpädagoge. Der Theaterautor, Rezensent, Maler, Lyriker und Romanschreiber erhielt Stipendien vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Gerlingen. Er veröffentlichte zwanzig Einzeltitel seit 1980 und ist in über 50 Anthologien vertreten. Als Maler trat er mit 75 Ausstellungen an die Öffentlichkeit. Der gelernte Werkzeugmacher wurde nach einem Studium zwischen 1982 und 87 Sozialpädagoge und ist seit 1993 in der Bildungsarbeit im Bildungszentrum Stuttgart tätig. Mehr Infos gibt’s auf seiner Website www.sternmut.de.

Seit 1980 hat Sternmut eine ganze Reihe von Lyrikbänden veröffentlicht, darunter die von mir vorgestellten Bücher „Photofinish“, „Triebwerk“ und „Absolut, du“. In dem Band „88 Rätsel zur Unendlichkeit“ arbeitete er mit dem Grafiker Volker Funke zusammen: Die Rebus-artigen Rätselgrafiken harmonierten mit den frei assoziierenden Gedichttexten Sternmuts. Eine Webseite ergänzte das multimediale Werk auf der Zeit angemessene Weise.

Auf der Prosaseite ist seine Romantrilogie hervorzuheben, zu der „Der Tote im Park“ (1999), „Marlies“ (2003) und sein Roman mit dem Titel „Norm@n“ gehören. Eine Reihe von z.T. phantastischen Erzählungen erschienen in dem Band „Das Zeitmesser“ (Rainar Nitzsche Verlag, Kaiserslautern, 1997).

_Norbert Sternmut auf |Buchwurm.info|:_

[„Triebwerk. Gedichte“ 3752
[„Marlies“ 1935
[„Der Tote im Park“ 3751

Deutsche Lokalkrimis alle auf einer Google Map

Krimis mit regionalen Ermittlerteams erfreuen sich großer Beliebtheit – egal ob im TV oder in Buchform. Diese Begeisterung für Lokalkrimis greift BücherTreff.de  seit Kurzem auf und stellt für Krimileser eine Deutschlandkarte des Verbrechens vor.

 

Lokalkrimis lt. buerchertreff.de

 

In akribischer Kleinarbeit trug das BücherTreff-Team, unterstützt vom Schwarmwissen der Community über 3.400 Lokalkrimis aus über 200 Regionen zusammen und verortete die Einsatzorte der über 640 Ermittler(-teams) auf einer interaktiven Deutschlandkarte.

Neben der Kartografie wertete das Team die Fälle für eine literarische Kriminalstatistik aus: So führt NRW die Liste der gefährlichsten Bundesländer an. Die Städte Hamburg, gefolgt von München und Berlin belegen die ersten Plätze unter den Krimi- bzw. Verbrecherhochburgen. Am friedlichsten geht es im Saarland zu und die aktivste Ermittlerin kommt aus Dortmund.

Herr Kreuzer, wie kamen Sie auf die Idee, eine Google-Karte zu Lokalkrimis zu erstellen?

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