Archiv der Kategorie: Interviews

Andreas Eschbach über die Erzählungen von James Tiptree jr. (Alice B. Sheldon)

Wanderungen entlang der Grenze des Wahnsinns
Von Andreas Eschbach

Falls Sie dieses Nachwort zum Erzählband „Houston! Houston!“ (Septime Verlag 2014) in der Hoffnung lesen, mehr über die Autorin [Alice B. Sheldon] zu erfahren, die unter dem Namen James Tiptree jr. zu Weltruhm gelangt ist, muss ich Sie enttäuschen: Das werden Sie hier nicht.

Was das anbelangt, muss ich Sie auf die Nachworte der übrigen Bände dieser Reihe verweisen, wo Berufenere, als ich es bin, sich dazu geäußert haben. In diesem Nachwort erfahren Sie lediglich etwas über den Autor Andreas Eschbach und darüber, welchen Einfluss die Storys von James Tiptree jr. auf diesen Autor gehabt haben. Was, zugegeben, nicht jeden interessieren mag; sollten auch Sie eher zu denen zählen, die angesichts dieser Perspektive mit den Schultern zucken und „Na und?“ denken, dann nutzen Sie Ihre Lebenszeit vermutlich besser, wenn Sie die Lektüre des vorliegenden Buches jetzt als abgeschlossen betrachten und sich anderen, interessanteren Dingen zuwenden.

Andreas Eschbach über die Erzählungen von James Tiptree jr. (Alice B. Sheldon) weiterlesen

Interview mit Jean-Louis Glineur

|Jean-Louis Glineur, Autor von [„Todesangst in der Nordeifel“, 3020 über sein Schreiben, seinen Einsatz für Tiere, Nord- und Südeifeler und warum Europa noch nicht genügend vereint ist|

_Buchwurm.info:_
Was machst du gerade? Bist du zu Hause? Fühlst du dich wohl in deinem Wohnort – wo ist das überhaupt?

_Glineur:_
Ich habe gerade eine Cabrio-Tour in meinem alten Alfa Spider hinter mir und genieße die Eifeler Sonne. Konkret die im kleinen Dorf Dedenborn nahe der belgischen Grenze.

_Buchwurm.info:_
Würdest du sagen, dass du dich als geborener Belgier inzwischen in der Nordeifel heimisch fühlst?

_Glineur:_
Absolut. Schließlich lebe ich hier seit meinem fünften Lebensjahr, da meine Mutter Deutsche ist. Aber Anfang der Siebziger gab es auch schon mal Anfeindungen gegen einen Belgier in der Eifel. Ein paar sonderbare Charaktere spielten zumindest verbal weiter „Krieg“. Aber das ist lange her, und da gab als Kind auch mal die eine oder andere Rauferei. Meine Wurzeln in Belgien liebe ich ebenso wie die Eifel.

_Buchwurm.info:_
Was macht den Nordeifeler Menschen aus? Was unterscheidet ihn vom Südeifeler? In deinem Roman „Todesangst in der Nordeifel“ beschreibst du ein paar Alteingesessene auf recht humorvolle Weise.

_Glineur:_
Die Nordeifel ist wesentlich moderner, hier gibt es eine stärkere Infrastruktur als in der Südeifel. Dort ist fast nur der Nürburgring ein Wirtschaftsmotor. Die Menschen beider Regionen unterscheiden sich nicht. Bestenfalls muss der Südeifeler bis zu 45 Minuten fahren, bis er eine Disco findet …

Ja, in meinem Roman sind auch Alteingegessene das Thema am Rande, Menschen, die sympathisch sind, die sich aber im Alltag nicht wirklich vom Hunsrücker oder Westerwälder unterscheiden. Der Roman spielt in der Nordeifel, weil ich hier lebe und die meisten Eifelkrimiautoren ihre Protagonisten im Süden der Eifel, auch Vulkaneifel genannt, ansiedelten. Carola Clasen und ich haben die Nordeifel wohl am intensivsten im literarischen Fokus.

_Buchwurm.info:_
Du hast in „Todesangst in der Nordeifel“ die Nordeifel quasi als „Euroland“ vorgestellt, wo es zwischen Belgien, Deutschland und Luxemburg nur die grüne Grenze gibt. Diese günstige Ausgangslage, die dem Bürger nützt, wird von den Verbrechern im Buch, gewieften Autoschiebern, schamlos ausgenutzt. Wolltest du vor der Offenheit der Grenzen warnen?

_Glineur:_
Nein, keinesfalls, ich schätze die offenen Grenzen und das Zusammenwachsen der Länder um mich herum. Ich denke aber, dass ich einen realistischen Wermutstropfen geschildert habe, dass ein Verbrechen mit oder ohne grüne Grenze geschieht, aber bei der Bekämpfung von Kriminalität noch Kooperationshemmnisse da sind, sicher zum Teil auch bedingt durch die verschiedenen Sprachen. Mein Detektiv Alwin Schreer durfte als „Private Investigator“ locker die Grenze überqueren, um einen Mörder und Vergewaltiger zu stellen, doch eine Polizeistreife hätte im Grenzort Mützenich an der belgischen Grenze halten und die belgischen Kollegen informieren müssen. Das kann’s nicht sein, jedenfalls nicht in einem vereinten Europa.

_Buchwurm.info:_
Befürchtest du, dass mit der Erweiterung der Europäischen Union und der Eurozone weitere solche Verbrecherorganisationen ihr Unwesen treiben? Du hast ja auch Gastarbeiterschmuggel thematisiert. Die nächste Stufe ist der allgemeine Menschenschmuggel.

_Glineur:_
Nein, das befürchte ich nicht. Auch ohne die Erweiterung der EU finden wir genug Straftäter aus dem Ausland. Wohlgemerkt, das ist keine Meinung gegen Ausländer, denn Schurken haben wir auch eigene genug. Ein Zusammenwachsen der EU sollte aber nicht nur wirtschaftlich funktionieren, sondern zu einem internationalen Netz gegen Kriminalität führen. Im Umkehrschluss sollte ein deutscher Verbrecher auch leichter durch Amtshilfe in z. B. Polen oder Belgien gefasst werden können.

_Buchwurm.info:_
Wie bist du zum Schreiben gekommen und zur Auswahl dieses Sujets?

_Glineur:_
Schreiben war schon immer meine Leidenschaft. Als Kind hatte ich eine blühende Fantasie, auch wenn ich eher Comics zeichnete, was manchen Deutschlehrer störte, aber ich denke, dass die Verbindung von Bild und Wort die Kreativität fördert. Hier kommt mein Ursprung aus dem Comicland Belgien wohl durch.

1984 war ich aktiv im regionalen Motorsport und bat eine Zeitung, ob ich über unsere Veranstaltungen berichten darf. Zwanzig Jahre später begann ich wieder mit dem Schreiben und Fotografieren für die Presse, und ich hatte eines Tages Lust, einen Krimi zu schreiben. Das Thema ist davon geprägt, dass ich vor rund 20 Jahren eine junge Frau kennen lernte, die beim Waldlauf vergewaltigt wurde. Das Thema habe ich aufgegriffen, um einen Roman zu schreiben.

_Buchwurm.info:_
Wer sind deine schriftstellerischen Vorbilder, denen du nacheiferst?

_Glineur:_
Jacques Berndorf als Eifelkrimi-Autor ist „schuld“, dass ich rund ein Jahr |nicht| an dem Manuskript weiterschrieb. Ich kannte seine Bücher noch nicht, las dann das erste und hatte Angst, ihn zu kopieren. Das ist nicht der Fall, aber es hat mich damals irritiert.

„Nacheifern“ ist der falsche Ausdruck – ich schätze und liebe vor allem die Eifeler Krimiautoren Carsten Sebastian Henn und Ralf Kramp, auch wenn wir uns vollkommen unterscheiden. Beide schreiben mit mehr Humor und skurrilen Protagonisten, ich bin da eher kühl und berechnend.

Es war zudem nichts Literarisches, was mich zu „Todesangst in der Nordeifel“ bewegte: Es war die TV-Serie „Ein Fall für zwei“ und da ganz speziell die Figur des Matula, gespielt von Claus-Theo Gärtner. So und nicht anders stelle ich mir meinen Alwin Schreer als Typ vor, auch optisch. Anne Catherine Vartan, als belgisches Pendant zu Alwin, erinnert mich in Bildern an eine belgische Freundin, die in der Tat auch Anne-Catherine, aber nicht Vartan, heißt. Bei Kommissar Welsch hatte ich indes immer „Schweinchen Dick“ mit schwarzem Sakko und Krawatte vor Augen. Ich denke, da spielt mir meine Leidenschaft Comics einen Streich, die mich dazu bringt, so visuell zu denken.

_Buchwurm.info:_
Ist der Privatdetektiv Alwin Schreer in dem Roman dein Alter Ego? Man merkt jedenfalls, dass du wie er über Fotografiekenntnisse verfügst. Würdest du dich selbst so wie er gegen Verbrecher einsetzen?

_Glineur:_
Eigene Eindrücke zu verarbeiten, ist auch Mittelpunkt meiner Schreiberei. Mir war wichtig, zwischen gutem und schlechtem Journalismus zu unterscheiden. Darum watscht der Detektiv Schreer auch einen Skandalreporter. Da ich selbst viel fotografiere, kam das vielleicht auch ins Kalkül.

_Buchwurm.info:_
Der Detektiv mag Tiere sehr. Trifft das auch für dich zu, und falls ja, wie setzt du das praktisch in deinem Leben um? Bist du in einer Tierhilfsorganisation?

_Glineur:_
Ja, Privatermittler Alwin Schreer ist ein Spiegelbild von mir, und da gibt es einige kleine autobiographische Züge. Ich bin ein absoluter Tiernarr, der sich auch schon als Falkner versucht hat und von einem Weißkopfseeadler nach Strich und Faden verprügelt wurde. Tiere sind für mich der Mittelpunkt meiner Emotionen. Frauen nerven mich eher, vielleicht bin ich auch beziehungsunfähig, aber bei Tieren geht mein Herz vollkommen auf. Bekannt bin ich für einen totalen Enten-Tick, habe diese Tiere auch schon mal ein Jahr lang für eine Fotoreise durch ihr Leben „verfolgt“ und darüber geschrieben. Kürzlich erhielt ich von der Redaktion der „Kölner Rundschau“ mit viel Humor den Hinweis, die nächsten zwanzig Service-Bilder sollten bitte vollkommen „federfrei“ sein. Wir haben viel darüber gelacht.

Mitglied bin ich im „Komitee gegen Vogelmord e. V.“ – übrigens von der Zeitschrift „Ökotest“ für sein Engagement ausgezeichnet. Und manchmal führe ich einfach einen Hund aus dem Tierheim aus.

_Buchwurm.info:_
Dein Romandebüt war recht erfolgreich. Trittst du bei Lesungen auf, machst du Lesereisen? Oder hast du andere Jobs, denen du mehr verpflichtest bist – kurzum: Kannst du mit dem Schreiben deine Brötchen verdienen?

_Glineur:_
Nein, damit kann ich meine Brötchen nicht verdienen. Schön wäre das, durchaus, aber es hat eher Hobbycharakter. Lesereisen gibt es nicht, da ich meinen Lebensunterhalt anderweitig verdienen muss, aber meine erste Lesung habe ich Anfang Mai. Da bin ich schon sehr aufgeregt, nicht nervös, sondern schlicht voller Erwartung, wie es für die Zuhörer und für mich sein wird.

_Buchwurm.info:_
Kommst du jetzt überhaupt noch zum Schreiben? Wir sind schon gespannt auf deinen nächsten Roman und fragen uns, wann wir mit seinem Erscheinen rechnen können.

_Glineur:_
Nein, ich schreibe seit ein paar Monaten nicht. Das neue Manuskript „Sabotage am Nürburgring“ ruht sich nach 90 Seiten auf meiner Festplatte aus. Da muss mich mal wieder die Muse küssen. Und die richtige Muße hat mir durch verschiedene Schulungen und persönliche (positive) Veränderungen gefehlt. Ich brauche vermutlich mal wieder eine schwere Grippe, um mich mit dem Laptop im Bett zu verkrümeln. Ich kenne mich ja: Wenn es wieder „klick“ macht, dann geht das Schreiben auch wieder wie mit Vollgas. Ich lebe nicht davon – also mache ich mir deswegen auch keinen Druck.

|Das Interview führte Michael Matzer.|

_Biografische Kurznotiz_

Jean-Louis Glineur wurde 1964 in Verviers/Belgien geboren, wuchs aber in Gemünd in der Eifel auf. Heute lebt er in Dedenborn, Nordeifel. Er arbeitete als Industriekaufmann und ist heute als freier Journalist tätig, unter anderem für die Kölnische Rundschau. Sein Hobby Fotografieren hat er zum Nebenberuf gemacht und mit seinen Fotos beliefert er Zeitungen in der Nordeifel und Aachen. In seinem Hauptberuf ist er Arbeitsvermittler.

2006 erschien sein Kriminalroman [„Todesangst in der Nordeifel“, 3020 zuerst als Hörbuch bei |Radioropa|.

Interview mit Jan-Erik Fjell zu seinem Thriller „Nachtjagd. Ein Fall für Kriminalkommissar Anton Brekke“

»Nachtjagd« spielt auf einem der Hurtigruten-Kreuzfahrtschiffe, die entlang der norwegischen Küste verkehren. Dort verliebt sich eine junge Frau in einen mysteriösen amerikanischen Fotografen, der die spektakulären Nordlichter ablichten möchte. Am Ufer eines Sees in Norwegen wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, ihr geschundener Körper ist mit Wunden übersät.

Kriminalkommissar Anton Brekke von der Polizei Oslo läuft es bei dem Anblick eiskalt den Rücken herunter. Wenn sich sein Verdacht bestätigt, dann hat der flüchtige Serienmörder Stig Hellum sein grausames Werk wiederaufgenommen – und bereits sein nächstes Opfer im Visier. Für Brekke beginnt ein Kampf gegen die Zeit und gegen unvorstellbar Böses. Zur gleichen Zeit treffen die Leser*innen einen Mann in der Todeszelle in Texas, der nur noch Stunden von seiner Hinrichtung entfernt ist.

Interview mit Jan-Erik Fjell zu seinem Thriller „Nachtjagd. Ein Fall für Kriminalkommissar Anton Brekke“ weiterlesen

Interview mit der Autorin Dagmar Petrick

BUCHWURM.info sprach mit Dagmar Petrick, einer Autorin und Dozentin aus Ludwigsburg.

Art is about making something, not about making ourselves something special.

Julia Cameron

Dagmar Petrick (c) Matthias Ritzmann

BUCHWURM: Hallo, Frau Petrick, was machen Sie gerade?

Petrick: Eben habe ich die Druckfahne für eine Anthologie mit Texten schreibender Schülerinnen und Schüler an den Verlag geschickt; die wird bald erscheinen und ist bereits der dritte Band, den ich als Redakteurin begleite. Noch ein bisschen früher war ich Gassi mit meinem Hund. Sodann schreibe ich am nächsten Buch. Aber genau jetzt lese ich natürlich Ihre Fragen und der Hund, der sich ausgetobt hat, aber auch schon ziemlich alt ist, döst dabei zu meinen Füßen. Das sind doch gute Voraussetzungen für ein Gespräch, nicht wahr?

Unbedingt. Sie leben jetzt mit Ihrer Familie in Ludwigsburg, wo in Sachen Kunst bekanntlich der Bär los ist. Wie hat es Sie von Ihrem Geburtsort dorthin verschlagen? Sie waren ja im Vereinigten Königreich und in USA.

Interview mit der Autorin Dagmar Petrick weiterlesen

Interview mit Andreas Eschbach zu seinen neuen Romanen und zur Verfilmung von „Eine Billion Dollar“

Andreas Eschbach ist ein sehr fleißiger Autor, und seine Werke erscheinen bei Lübbe, Arena, Fischer TOR und in den bekannten PERRY-RHODAN-Heften. Allerdings kommen die Rezensenten kaum noch mit diesem Ausstoß hinterher. Lassen wir doch den Autor einfach seine jüngsten Werke, die seit „Eines Menschen Flügel“ erschienen sind, selbst vorstellen.

BUCHWURM: Was ist denn der Clou beim Plot deines Jugendromans „Gliss“, der 2021 im Arena-Verlag erschienen ist?

Andreas Eschbach: Der Clou ist zweifellos das geheimnisvolle Material dieses Namens, das den weitaus größten Teil des Planeten Hope bedeckt und sich dadurch auszeichnet, dass es darauf keinerlei Reibung gibt: Was aufs Gliss gerät und eine Eigenbewegung hat, rutscht weiter und weiter und umrundet, wenn es nicht zufällig auf ein Hindernis stößt – und Hindernisse sind ausgesprochen rar – den ganzen Planeten.

Und worum kämpfen die darin auftretenden Jugendlichen?

Interview mit Andreas Eschbach zu seinen neuen Romanen und zur Verfilmung von „Eine Billion Dollar“ weiterlesen

Interview mit Norbert Sternmut zum unveröffentlichten Gedichtband „Abschied vom Feuer“

BUCHWURM: Der Titel Ihres neuen Gedichtbandes lautet „Abschied vom Feuer“. Das würden die Menschen in der Ukraine, denen es an Strom und Gas mangelt, die ihnen Wärme, Licht und Energie spenden, als eher negativ interpretieren. Was verstehen Sie also unter dem Begriff „Feuer“?

Norbert Sternmut

Sternmut: Zunächst ist „Feuer“ weder gut noch schlecht, und so wie jeder andere Begriff und jedes andere Element allein durch die menschliche Bestimmung und Definition eine Zuordnung in bestimmte Kategorien bekommt. Ebenso steht auch der Begriff „Abschied“ zunächst ohne Zuordnung, und allein durch die subjektive oder objeZektive Zuweisung einer Bedeutung kann der Begriff übersetzt und betrachtet und zum sprachlichen Austausch verwendet werden.

Wie in vielen vorangegangenen Büchern wie etwa „Sprachschatten“ (1989) oder „Schattenpalaver“ (2011) bleibt auch hier die Sprache an sich in ihrer Semantik, Verwendung und Verwendbarkeit ein grundlegender Teil der Auseinandersetzung in den Gedichten, auch wenn im Unterschied zu früheren Bänden die Metaphorik eher in den Hintergrund tritt und eher eine eindeutig verständliche Sprache als Transportmittel des Inhalts in den Vordergrund gerückt wird.

Interview mit Norbert Sternmut zum unveröffentlichten Gedichtband „Abschied vom Feuer“ weiterlesen

Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Löffler stellt sich selbst vor: „Hallo, mein Name ist Falko, ich bin 48 Jahre alt und meine Hobbys sind Lesen, Schreiben, Filme und Telespiele. Dummerweise habe ich die alle zu meinem Beruf gemacht, weswegen ich ohne finanzielle Interessen und rein zum Spaß nur noch durch den Wald schlurfen und es joggen nennen kann.“

Falko Löffler (c) Maria Manneck, 2019

Vita:
Jahrgang 1974, geboren in Lauterbach/Hessen, Studium der Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaft in Marburg, Abschluss mit einer Magistarbeit über narrative Strukturen in Computerspielen. Über ein Praktikum beim Spiele-Distributor Bomico in die Gamesbranche eingestiegen und von 1996 bis 1999 als studentischer Freiberufler im Marketing mitgearbeitet. Von 1999 bis 2003 Autor und Leveldesigner beim Spieleentwickler Neon Studios (heute keen games) in Frankfurt/Main. Freier Autor und Übersetzer seit 2003. Seit 2018 auch Podcaster.

Bislang hat Löffler eine ganze Reihe Bücher veröffentlicht und übersetzt:

Romane

Drachenwächter. Die Prophezeiung. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-939994-02-2 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-03-9)
Cademar. Günstling der Magie. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-939994-04-6 (auch als Hörbuch, gesprochen von Thomas Nero Wolff, ISBN 978-3-939994-05-3)
Drachenwächter. Die Jagd. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2009. ISBN 978-3-939994-38-1 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-39-8)
Im Funkloch. Roman, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. ISBN 978-3-423-78244-9
Tiefe Saat. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2017. ISBN 978-3-939994-40-4

Humoristische Sachbücher

Bin ich blöd und fahr in Urlaub? Zuhausebleiben ist der beste Trip. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15819-5
Ich kann da nicht nüchtern hin: Familienfeiern und wie man sie überlebt. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15843-0

Kurzgeschichtensammlung

Ausgewählt. Fantastische Geschichten. Kurzgeschichtensammlung, kindle direct publishing / Createspace, 2013. ISBN 978-1492133087

Übersetzungen

D.M. Pulley: Das verlassene Haus, amazon crossing, 2019
D.M. Pulley: Das vierzehnte Opfer, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Listige Brut, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Sieh, wie sie fliehen, amazon crossing, 2017
Jen Williams: Das Kupferversprechen, beBEYOND by Bastei, 2017
D.M. Pulley: Das begrabene Buch, amazon crossing, 2017
D.M. Pulley: Der tote Schlüssel, amazon crossing, 2016
Bryan James: LZR-1143: Kontamination, amazon crossing, 2014

Was machst du gerade, Falko?

Jetzt gerade im Frühsommer 2022 bin ich mit Story und Texten eines größeren Computerspiels beschäftigt. Es ist noch nicht offiziell angekündigt, daher kann ich nicht viel dazu sagen, zumal ich nur eine von vielen Personen bin, die da mitwirkt und nicht – anders als bei einem eigenen Buch – der alleinige Entscheider. Wegen dieses umfangreichen Jobs liegt mein nächstes Buch beim Stand von 2/3 fertig auf Eis. Ansonsten bin ich an einem Podcast beteiligt, für den vier Folgen pro Monat produziert werden wollen.

Jetzt GERADE sitze ich im Dahliengarten des Kunstvereins Fulda, wo meine Frau Mona an einer Gemeinschaftsausstellung beteiligt ist und gerade aufbaut, und schwitze.

Ich habe dich auf einer Jahrestagung der Inklings Gesellschaft kennengelernt. Auf deiner Visitenkarte stand „Schriftsteller“. Bist du das geworden und wenn ja, was hast du alles veröffentlicht?

Zu diesem Zeitpunkt – ist ja schon ein paar Jahre her – hatte ich gerade meine ersten paar Romane veröffentlicht. Ich habe diese schreckliche Angewohnheit, dass meine Visitenkarten möglichst meinen aktuellen Schwerpunkt widerspiegeln müssen, weswegen ich immer neue Karten drucken lasse und einen Stapel alter Karten wegschmeiße. Als ich meinen Magister-Abschluss in der Tasche hatte, musste sofort eine neue Karte her, auf der „M.A.“ hinter dem Namen stand. Ein Jahr später war mir das schon wieder zu prätentiös, also habe ich neue drucken lassen, auf denen schlicht „Autor“ stand. Und als die ersten Romane draußen waren … nun ja … die hast du.

Zuletzt hatte ich eine Visitenkarte, die extrem beliebt war, denn sie war gleichzeitig ein Bonusheft, auf dem ich Treffen mit den Leuten abgezeichnet habe, und wer mich fünf Mal getroffen hat, bekam von mir eine individuelle Kurzgeschichte. Das ist dann etwas ausgeufert, daher verteile ich die nicht weiter.

Meine aktuelle Visitenkarte zeigt dann auch meine derzeitige berufliche Gewichtung. Darauf steht als Jobtitel: „Autor, Übersetzer, Podcaster“.

Worum geht es meist in deinen Geschichten?

Eigentlich mache ich es strategisch völlig falsch. Die erfolgreichen Autor*innen da draußen haben ein klares Profil und eine eindeutige Nische, in der sie sich etablieren. Bei mir hat sich das noch nicht ergeben, aber ich veröffentliche ja erst seit 30 Jahren.

Meine eigene Arbeit spiegelt oft meinen Konsum wider, und der geht in allen Medien querbeet durch die Genres. Ich kann mich für alle Spielarten der Fantastik begeistern, für anarchischen Blödsinn, für kleine und menschliche Geschichten. In meinen eigenen sind die besten Geschichten diejenigen, die mehr als nur ein Flair bieten, die versuchen, einen neuen Blick auf etwas zu werfen. Aber sie sind dann uneindeutig, also schlecht zu platzieren und zu verkaufen.

Daher kann ich es bei mir gar nicht so klar quantifizieren, worum es in den meisten Geschichten geht. Objektiv sind die meisten meiner Bücher Fantasy, aber das heißt nicht, dass ich mich dort am ehesten selbst verorte.

Du hast geschrieben, dass du Computer-Games mit Texten versiehst. Was darf ich mir darunter vorstellen?

Die Textarbeit an Computerspielen ist teilweise deckungsgleich mit der Arbeit an Romanen oder Drehbüchern, manchmal völlig anders. Das Berufsbild „Autor*in von Computerspielen“ ist nicht klar umrissen, nicht mal bei der Begrifflichkeit, wo mal von „Game Writer“, mal von „Narrative Designer“, mal von „Game Designer“ gesprochen wird. Manchmal geht es wirklich um den Entwurf einer Welt oder Dramaturgie wie bei einem linearen Medium.

Aber in den meisten Fällen führt Interaktivität dazu, dass eine Menge Text für eine Menge Situationen und Umstände gebraucht wird. Spielefirmen haben oft versucht, bekannte Autor*innen für ihre Games anzuheuern, und das funktioniert in den wenigsten Fällen, denn nur, wenn diese Leute einen Bezug zum Medium haben. Wer nicht zockt, kann kein Game Writer werden, sondern nur den eigenen Namen vermieten.

Verdienst du daran besser als an Romanen und Geschichten?

Solange man keinen Bestseller schreibt, verdient man mit ALLEM besser als mit Romanen. Nur der kleinste Teil der Veröffentlichungen da draußen rechnet sich, sowohl im Hinblick auf die Gesamtbilanz, wie auch umgerechnet auf die Arbeitszeit, die ich als Autor in ein Buch stecken muss. Ein Roman ist ein Lottoschein mit etwas besseren Gewinnchancen als ein normaler Lottoschein.

Natürlich kann ein Roman auch Abstrahleffekte haben, aber Lesungen, Verfilmungen, Übersetzungen in andere Sprachen – all das ist nur gefragt, wenn das Buch AN SICH schon erfolgreich ist. Der gleiche Fall mit den Vorschüssen. Die meisten Autor*innen können froh sein, wenn die reine Arbeitszeit auf Mindestlohnniveau bezahlt ist.

Bei den Computerspielen bin ich in einer anderen Rolle. Niemand klopft bei mir an, damit ich eine Story aus der Schublade zaubere, aus der ein Spiel gemacht wird. Nein, da bin ich ein Zahnrad im ganzen Team, und ich bin da eher Dienstleister als der kreative Oberhoschi. Entsprechend habe ich in den nun fast 20 Jahren als Freelancer in der Regel von Story- und Textarbeit an Spielen gelebt, und die Bücher kamen immer dann in den Mix, wenn ich entweder eine gute Verkaufschance oder einfach Bock darauf hatte.

Inzwischen bietest du auch Podcasts an. Was ist der Inhalt bzw. die Inhalte dieser Podcasts?

Jochen Gebauer und ich betreiben seit Sommer 2018 den Buchpodcast „Kapitel Eins“. Jochen ist erfahrener Journalist in der Gamesbranche und schon länger professionell im Podcast-Geschäft mit dem Gamespodcast „Auf ein Bier“, den er mit André Peschke betreibt.

Wir veröffentlichen meist alle 14 Tage eine Folge, in der wir ein neues oder altes Buch besprechen oder allgemeine Bücherthemen beackern. Wir führen seit 2020 auch ergänzend eine Crowdfunding-Kampagne durch. Leute, die uns fünf Euro im Monat geben, erhalten exklusiv zwei Bonusfolgen pro Monat – eine weitere Buchbesprechung und ein Interview, das ich führe. Aktuell tun das 300 Leute, und das erlaubt es uns auch, eine professionelle Aufnahme und Nachproduktion zu finanzieren. Unsere Domain ist www.buchpodcast.de

Für mich selbst ist das eine lustige Entwicklung, weil ich Zeit meines Lebens kein großes Interesse am Audio-Medium hatte. Mal eine Drei-Fragezeichen-Kassette als Kind, okay, aber Hörbücher waren nie meins und Radio brauchte ich nur für Musik. Glücklicherweise hatte ich gerade Zugang zum Medium Podcast gefunden, als Jochen bei mir angeklopft hat, sonst hätte ich wahrscheinlich lachend abgewunken.

Bestimmt das Medium den Inhalt bzw. dessen Form (Länge usw.)?

Ich habe für meine Bücher schon einige Radio-Interviews gegeben, und es war immer sehr anstrengend, in ein paar Minuten gepresst zu werden, kurz und prägnant sein zu müssen. Beim Podcast ist das Schöne, dass man höchstens sich selbst eine Längenvorgabe geben kann, aber nicht muss, und natürlich lässt sich in der Nachbearbeitung auch noch etwas ändern.

Podcasts werden in allen möglichen Alltagssituationen gehört, mal ganz intensiv, mal nebenbei. Aber daran denke ich während der Aufnahme nicht. Wir versuchen, eine grobe Struktur einzuhalten, aber erlauben uns auch, in unterschiedliche Richtungen zu galoppieren. Wir können mit Form und Länge auch experimentieren, und das finde ich toll.

Wie groß ist die mögliche Nachfrage im Netz bzw. auf den Smartphones?

Die Nachfrage auf unser Crowdfunding habe ich oben schon erwähnt. Was freie Folgen angeht: Eine öffentlich einsehbare Zahl ist beispielsweise in der populären App „Podcast Addict“ zu sehen, in der die Abo-Zahl jedes Kanals angezeigt wird. Allein dort haben wir im freien Kanal aktuell über 5000 Abonnent*innen.

Nimmt die Nachfrage zu?

Es fluktuiert immer etwas, scheint mir sogar saisonal abhängig zu sein, aber im Schnitt haben wir immer noch leichtes Wachstum. Natürlich haben wir es etwas schwerer, auf uns aufmerksam zu machen, als Kulturkanäle von Öffentliche-Rechtlichen Sendern oder rein kommerzielle Anbieter, die ein Marketingbudget haben.

Wie lässt sich damit Geld verdienen – durch Abos?

Ja, und da ist auch viel in Bewegung. Es gibt Crowdfunding-Seiten wie „Steady“ (dort sind wir mit unserem Buchpodcast), aber auch internationale Anbieter wie Patreon oder Ko-Fi, die sich in ihren konkreten Ausprägungen etwas unterscheiden, aber alle im Prinzip eine Paywall und ein Bezahlsystem als Infrastruktur bieten. Das zu nutzen, heißt natürlich auch, dass zwar einige Gebühren fällig werden, aber der Aufwand, diese Infrastruktur aufzubauen, hält sich für uns sehr in Grenzen.

Was hast du noch so für Pläne?

Wenn ich mit dem Schwitzen im Dahliengarten zu Fulda fertig bin, werde ich mich dem Spiel widmen, das mich weiter auf Trab hält. Dann werde ich ausschlafen. Dann den Roman fertigschreiben. Und der Podcast läuft sowieso.

Darüber hinaus: keine Ahnung. Ich sage schon seit langem, dass ich als Freiberufler nicht weit im voraus plane. Nur immer die nächsten drei Monate. Die sind verplant, also ist alles gut.

Wenn die Frage im ganz großen Bogen gemeint ist: Ich wäre glücklich, einfach weiter mein Zeug querbeet in den Medien zu machen. Um Buzz Lightyear halb zu zitieren: to Ruhestand and beyond!

Das schriftliche Interview führte Michael Matzer.

Interview mit Jutta Weber-Bock anlässlich der Veröffentlich ihres Romans „Das Mündel des Hofmedicus“

Die Stuttgarter Schriftstellerin Jutta Weber-Bock hat am 8. September 2020 im Hospitalhof Stuttgart ihren ersten historischen Roman „Das Mündel des Hofmedicus“ vorgestellt.

Kurz zum Inhalt:

Stuttgart 1804. In einem Stuttgarter Gasthof bringt eine adelige Dame heimlich das Mädchen Christiane zur Welt. Der Hofmedicus nimmt es seiner Mutter weg und unterwirft es einem Erziehungsexperiment. Die Spielkarten Herzsieben und Ecksteinsieben spielen dabei eine geheimnisvolle Rolle. Bis zu ihrem achten Lebensjahr wächst Christiane kindgerecht in einer Pfarrersfamilie auf, dann wird sie von der Schwester des Hofmedicus nach Stuttgart geholt. Diese gibt sich als Christianes wahre Mutter aus. Beim geringsten Vergehen züchtigt sie das Kind. Christiane lernt, sich zu wehren. Der Hofmedicus unterstützt das Mädchen heimlich. Christianes Versuch, mit der Mutter Frieden zu schließen, nutzt ihr nichts, ihre Zeit bei der Schwester des Hofmedicus endet dramatisch. Mit siebzehn Jahren tanzt Christiane auf einem Maskenball und verliebt sich unglücklich. Aus Verzweiflung isst sie eine ganze Schokoladentorte, doch diese ist vergiftet. Zufall oder Mordversuch?
Interview mit Jutta Weber-Bock anlässlich der Veröffentlich ihres Romans „Das Mündel des Hofmedicus“ weiterlesen

Interview mit der Stuttgarter Krimiautorin Sigrid Ramge

BUCHWURM.org: Hallo Sigrid, was machst du gerade? Schreibst du an einem neuen Krimi?

Sigrid Ramge: Ein neuer Roman? Da muss ich dich wie alle meine Fans enttäuschen. Die Corona-Pandemie hat nicht nur meine Schreibsucht, sondern auch meine öffentlichen Lesungen ausgebremst. Doch da es jetzt scheint, als ob hierzulande die Pandemie abflaut, hoffe ich, meine Ideen, die darauf warten, in Geschichten verwandelt zu werden, bald aus dem Corona-Schlaf befreien zu können.

Wie fühlst du dich? Bist du bedrückt durch die Folgen der Corona-Pandemie? Gibt es auch Grund zur Freude?

Wer fühlt sich in dieser Hinsicht nicht bedrückt? – Du fragst gleichzeitig, ob es auch Grund zur Freude gibt. Falls die Frage in Verbindung mit der Corona-Pandemie gemeint ist – dann freue ich mich, dass die Luft sauberer ist, weniger Autoverkehr herrscht und der Himmel nicht von Kondensstreifen zerstückelt wird. Grund zur Freude ist auch, dass der Umweltschutz ernster genommen wird als je zuvor.

Du schreibst ja schon viele Jahre. Wie kam es, dass du angefangen hast, auch oder nur noch Krimis zu schreiben? Aus Vorliebe oder wegen eines gewissen Interesses deiner Leser oder deines Verlags?

Bevor 2009 mein erster Krimi veröffentlicht wurde, waren von mir bereits mehrere Bücher anderer Genres in verschiedenen Verlagen erschienen (siehe unten).
Mein erstes Krimi-Manuskript hatte den Arbeitstitel „Endstation Sahara“, weil eine wichtige Nebenhandlung in Tunesien spielt.
Die Haupthandlung ist in und um Stuttgart angesiedelt. Da das Mordopfer mit vergiftetem Trollinger umgebracht wird, schlug der Silberburg-Verlag, der ausschließlich Regionales für Baden-Württemberg herausgibt, den Titel Tod im Trollinger vor. Damit war mein erster Weinkrimi geboren.

Jeder Titel deiner Krimis trägt, wenn ich das richtig deute, den Namen eines lokalen Weins. Wie kam es dazu? Und wie reagieren deine Leser darauf?

Der Krimi Tod im Trollinger war auf Anhieb so erfolgreich, dass die Leser und der Verlag eine Fortsetzung verlangten. In den folgenden zehn Jahren entstanden vier weitere Krimis mit Weinsorten aus der Region Baden-Württemberg im Titel: Cannstatter Zuckerle, Lemberger Leiche, Das Riesling-Ritual und Blutburgunder.

Meine Leser lieben die Weintitel und zusätzlich stieg mit jedem neuen Krimi die Beliebtheit des Ermittlerteams. Jeder, der einen Krimi aus der Serie kennengelernt hatten, wollte wissen, welchen Mordfall das Stuttgarter Ermittlerteam als nächsten zu lösen hat. Hauptkommissar Schmoll, ein gestandenes Mannsbild und hervorragender Weinkenner, die junge clevere Kommissarin Irma Eichhorn aus Itzehoe und der Urschwabe Kommissar Steffen Katz waren den Lesern schon beim ersten Krimi der Reihe ans Herz gewachsen. Die positive Reaktion der Leser zeigt sich an hohen Verkaufszahlen, begeisterter Fanpost und vollen Sälen bei Leseveranstaltungen.

Ist es dir wichtig, in deinen Kriminalgeschichten einen lokalen Bezug zu haben, und wenn ja, warum?

Ich denke, dass jedes Buch und jede Geschichte einen lokalen Bezug braucht, sei es ein fiktiver Ort oder wie in meinen Krimis, eine reale Region. Für den Haupthandlungsort in allen fünf Krimis habe ich Stuttgart gewählt, weil ich seit vielen Jahren in dieser Stadt lebe und mich auskenne. Es hat Spaß gemacht, altbekannte Orte durch die Augen meiner Romanpersonen neu zu entdecken.

Um dem Schwäbischen etwas Exotik beizumischen, spielen die Nebenhandlungen jeweils in einem anderen Land. In Gegenden, in denen ebenfalls Wein angebaut wird. Der Leser lernt nicht nur Stuttgart und besonders schöne Flecken in Baden-Württemberg kennen, sondern wird nach Tunesien, Ägypten, Mallorca, Sizilien und im fünften und vorläufig letzten Krimi in eine der geheimnisvollen Höhlenstädte Kappadokiens geführt. Für mich war es eine dankbare und spannende Möglichkeit, meine Reisetagebücher aufzuarbeiten oder neue Recherchereisen zu unternehmen.

Bist du mit dem Erfolg deiner Krimis zufrieden? Könntest du dir auch andersartige Bücher vorstellen? Und wenn ja welche?

Der Erfolg der Krimireihe ist für mich und auch für den der Verlag durchaus zufriedenstellend. Du fragst, ob ich mir vorstellen kann, andersartige Bücher zu schreiben.

Bevor 2009 Tod im Trollinger erschienen ist, waren von mir bereits mehrere Bücher in anderen Genres veröffentlicht. Zwei Bände mit Erzählungen Die Fäden der Träume und Das Lächeln der Steine.

Inspiriert durch Aufenthalte in Kenia entstand der Jugendroman Wanjiko und die schwarzen Störche. 2006 erschien der Roman Strahlenkinder, 20 Jahre nach Tschernobyl und im gleichen Jahr das Kinderbuch Die unsichtbare Wilhelmine. Diese Bücher mit sozialkritischem Unterton sind auch außerhalb Baden-Württembergs für Schullesungen begehrt.

Zwischen dem vierten und fünften Krimi habe ich mir endlich Zeit genommen für das Manuskript des Romans, der mir, seit ich zu schreiben angefangen habe, am Herzen liegt. Maifrost, eine deutsch-deutsche Familiensaga, erzählt von menschlichen Schicksalen, wie sie in Deutschland im letzten Jahrhundert unzählige Familien erleben und erleiden mussten. Das Buch erschien 2016.

Hinweis

Wer mehr über mich und meine Bücher wissen möchte, findet auf meiner Homepage www.sigrid-ramge.de eine kurze Vita und alle Buchveröffentlichungen mit Inhaltsangaben, Leseproben, Presseberichten und Fotos von Lesungen.

Eigene Lebensbeschreibung:

„Sigrid Ramge stammt aus Bad Köstritz, einer Kleinstadt in Thüringen, in der Schwarzbier gebraut wird und der Komponist Heinrich Schütz geboren ist.
19-jährig floh sie aus der DDR in die Freiheit und studierte Gartenarchitektur. In diesem Beruf arbeitete sie zwei Jahre lang in Zürich.
Zarte Bande führten nach Stuttgart und endeten in Ehe und Sesshaftigkeit.
Nach gelungener Brutpflege folgten beharrliche Schreibversuche und Weiterbildung in Sachen Literatur.
Reisen und Auslandsaufenthalte nach Ägypten, Kenia und Kanada lieferten Ideen für den ersten Erzählungsband.
2001: Der 1. Preis für Kinder- und Jugendliteratur finanzierte eine neue PC-Ausrüstung, aus der sogleich ein hochgelobter Jugendroman purzelte, der aber letztendlich, genau wie vier weitere Bücher, zwar zu Ehre, aber leider nicht zu Weltruhm führte.

Sigrid Ramge hat bisher (Stand 2019) mehr als 100 Lesungen in Buchhandlungen, in Bibliotheken, auf Buchwochen und in Schulen gehalten. Außer im süddeutschen Raum auch in Thüringen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und in Berlin.

Sie leitete zehn Jahre lang die Schreibwerkstatt an der Universität Stuttgart im Studium Generale und gab Schreibseminare in verschiedenen literarischen Institutionen. Sie ist Mitglied des Schriftstellerverbandes.“

Das schriftliche Interview führte Michael Matzer.

Interview mit Tade Thompson, nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2021

Interview mit Tade Thompson, der für den KLP 2021 nominiert ist

Der Autor

Tade Thompson ist in London geboren, in Nigeria aufgewachsen und wieder nach England zurückgekehrt, um dort Medizin und Sozialanthropologie zu studieren. Inzwischen lebt er als Arzt an der englischen Südküste, wo er gegen seine Bibliomanie ankämpft. Mehr Info im folgenden.
Tade Thompson (c) Golkonda und David Thomson

BUCHWURM: Hallo, Mr. Thompson, was machen Sie gerade?

Tade Thompson: Ich versuche mir gerade einen Plot für eine Story über Hexen auszudenken.

Wie fühlen Sie sich in diesen besonders erschöpfenden Zeiten?

Thompson: Ich kann nicht klagen. Ich bin ein Arzt im Krankenhaus, deshalb verfüge ich nicht über den Luxus, erschöpft zu sein.

Was bedeutet es für Sie, ein erfolgreicher Autor zu sein?

Interview mit Tade Thompson, nominiert für den Kurd-Laßwitz-Preis 2021 weiterlesen

Audible.de – Die neue Hörbuch-Download-Plattform

Junge Leute mit dem Köpfhörer im Ohr – man sieht sie heute überall, sie gehören zum Alltagsbild. Aber was hören sie eigentlich mit ihrem MP3-Player oder ihrem Handy? Vielleicht klingen ihnen die Ohren in Zukunft nicht nur vom neuesten R&B-Soul-Hit, sondern von einem aufregenden Hörspiel wie etwa „Otherland“. Eine neue Download-Plattform für Hörbücher macht’s möglich.

Hat der Weihnachtsmann den MP3-Player erfunden? Wohl nicht ganz, aber es war am Nikolaustag 2004, dass das deutsche Internet-Portal audible.de für den Download von Hörbüchern und Audiomagazinen seine Pforten öffnete. Die amerikanische |Audible Incorporated| hat sich mit zweien der größten Medienhäuser zusammengetan und ein Jointventure mit |Random House| (Bertelsmann) und |Holtzbrinck NetworXs AG| gegründet.

Was hat der Nutzer von Medien davon, fragt man sich unwillkürlich. Reicht es nicht, dass ein Musikportal nach dem anderen dem mehr oder weniger jungen Musik-Junkie das Geld aus der Tasche zieht? Müssen es auch noch Audiobooks sein, nach denen wir gieren sollen?

Diese Bedenken waren den Machern der Plattform wohl nicht ganz unbekannt, denn zunächst gab es etwas völlig kostenfrei: ein frei wählbares Hörbuch – bei einer Auswahl unter 1000 Stück; zeitweilig wurde die Aktion auch auf zwei frei wählbare Hörbücher ausgedehnt. Für das Jahresabo wurde man mit einem kostenlosen MP3-Player (iPod shuffle) belohnt. Entsprechend rege war das Interesse. Innerhalb der ersten Woche luden mehr als 2000 Nutzer über 5000 Hörbücher herunter.

Wen juckt’s?

Spricht daraus ein erhöhtes Interesse deutscher Verbraucher an hörbarer Literatur und gesprochenen Texten aus Zeitung, Zeitschrift und Reiseführer? Wie ich selbst immer wieder an mir und anderen festgestellt habe und beobachten kann, besteht in der Tat eine große Nachfrage nach solchen Angeboten – mit Einschränkungen. Arik Meyer, der deutsche Geschäftsführer von audible.de, erläutert: „Es geht vor allem um einen anderen Hörstil, etwa im Auto, unterwegs zur Arbeit (oder dem Studienort) oder beim Sport.“ Die einfache Verfügbarkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: „Einfach im Internet auswählen, herunterladen und sofort am MP3-Player oder PC hören“, das sei |audible|s Devise.

Zu hohe Preise? Kein Problem

Doch viele Hörbuch-Freunde werden immer noch von den überdurchschnittlich hohen Preisen der Anbieter abgeschreckt. Sie liegen – mit nur wenigen löblichen Ausnahmen – meist im Bereich für Hardcover-Bücher. Als ob man CDs einen Ehrenplatz im Bücherregal einräumen würde! Arik Meyer sieht sich im Vorteil: „Die Titel aus unserem englisch- oder deutschsprachigen Programm sind rund 30 Prozent günstiger als vergleichbare Hörbücher auf CD.“

Damit liegt audible.de etwa gleichauf mit den Hörbuchpreisen, die Amazon.de, der größte Online-Buchhändler, für preisgesenkte Hörbücher – die zudem portofrei verschickt werden – verlangt. Preisgünstiger sind nur noch Secondhand-Hörbücher, doch das Angebot ist bislang spärlich. Kaum wird ein Hörbuch als gebraucht angeboten, ist es schon wenige Tage später wieder weg. Das belegt einen hohen Bedarf. Will audible.de jedoch Amazon.de und Gebrauchthändler (besonders auf Ebay.de) dauerhaft unterbieten, muss es über kurz oder lang die Preise weiter senken – gut für die Käufer.

Abonnements

Dies gilt, wenn man sich die Titel quasi à la carte zusammensucht. Es gibt aber auch zwei Modelle für Abonnements: Classic und Premium. Beim „Classic“-Abo erhält der Kunde monatlich eine Zeitschrift und ein Audiobuch seiner Wahl für einen Monatsbeitrag von 9,95 Euro. Außer dem „Handelsblatt“ und „Die Zeit“ sind jedoch alle Zeitschriften in Englisch. Dadurch ist dieses Abo wenig reizvoll für deutschsprachige Leser.

Das Premium-Abo verpflichtet zur Abnahme von zwei Hörbücher pro Monat und kostet – ja, wie viel denn nun? Nach den Angaben des Audible-Geschäftsführers Arik Meyers handelt es sich um ein Sonderpreisangebot in Höhe von 14,95 Euro. Man spart also im Schnitt fünf Euro. Vorausgesetzt, es bleibt beim permanenten Sonderangebot. Wer ein Hörbuch als Geschenkidee toll findet, kann einen digitalen Geschenkgutschein verschicken.

Was gibt’s im Angebot?

Die Käufer bleiben jedoch ebenfalls weg, wenn sie merken, dass es nichts im Angebot gibt, das sie interessiert. Deshalb ist der im Neudeutschen so genannte Content ebenfalls von hoher Bedeutung. Die Titel werden von zurzeit 25 Vertragspartnern – nennen wir sie mal „Content-Provider“ – bereitgestellt. Am Anfang handelte es sich um rund 1000 Stunden deutschsprachiges Programm plus 5000 Stunden Belletristik- und Sachtitel in englischer Sprache. Kein Wunder, wenn der Betreiber aus den USA kommt. Dagegen nehmen sich die 400 deutschen Hörbücher doch recht bescheiden aus. Hinzu kommen rund 7600 englischsprachige Hörbücher. (Natürlich gibt es auch Audiozeitschriften und -Zeitungen.)

Daher ist das Gewinnen von weiteren Content-Providern so wichtig. In den USA verfügt Audible Inc. über 230 Vertragspartner (stand Mai 2005), die mehr als einer halben Million Kunden über 50.000 Stunden Audio-Inhalte anbieten. Dies ist die Marke, auf die das Unternehmen auch hierzulande hinarbeiten muss – wenn auch eine Nummer kleiner als im riesigen US-Markt. Doch bei einem genaueren Blick ins Angebot von Audible.de bekommt der Kunde zunächst vielleicht ein langes Gesicht. Bei einem Sortiment von 80 Klassikern, 28 Offerten im Kinder- und Jugendbuch, 32 Angeboten bei den Krimis und Thrillern, 30 „Märchen und Sagen“ sowie 86 Hörbüchern unter „Romane“ und „Allgemein“ fallen die deutschsprachigen Angebote noch eher spärlich aus. Dafür gibt es bereits 152 deutsche Sachbücher und Ratgebertitel. Diese Angaben spiegeln den Stand Anfang Mai 2005 wider – das Angebot wird sukzessive erweitert, um etwa 40 deutsche Titel pro Woche, sagte mir der Geschäftsführer Arik Meyer.

„Manche Autoren wie etwa Wolfgang Hohlbein oder Brian Lumley sucht man vergebens, Autoren wie Patricia Cornwell oder Dan Brown sind nur mit englischen Ausgaben vertreten. Gerade bei Harry Potter hätte ich mindestens eine deutsche Ausgabe erwartet“, berichtet Audible-Kunde Volker Wende.

Die Schwierigkeit beim Einstellen deutschsprachiger Angebote liegt laut Arik Meyer darin, dass für jeden Titel die Rechte geklärt und freigegeben werden müssen. Dieser Prozess erstreckt sich bis hin zum Autor, Produzenten, Sprecher, Übersetzer oder gar Musiker, der auf einem Hörbuch auftaucht. Audible.de wartet auf eine Urheberrechtsnovelle, die diesen Prozess beschleunigen soll.

Wie geht das?

Für das Einkaufen geht der Kunde wie bei Amazon.de vor: Konto anlegen, Modalitäten für Zahlung usw. erledigen, auswählen der Ware und Ablage in einem Warenkorb. Dieser heißt hier allerdings „Bibliothek“ und dient zugleich als Archiv: Man kann die dort gespeicherten Dateien beliebig oft herunterladen, was bei einem Verlust von Player oder CD recht willkommen ist. Eine Download-Seite ist natürlich für Downloads ausgelegt. Doch wie groß sind diese und wie lange? Wo werden die Dateien extern gespeichert?

Herunterladen

Jedes Hörbuch liegt in vier Qualitätsstufen bereit. Die geringste Stufe erzeugt die kleinste Datei, die höchste Stufe (128 KBit/s) generiert die größte Datei, liefert aber die beste Tonqualität. Das kennt man ja vom verlustbehafteten JPEG-Bildformat. Die minimale Qualität ist indiskutabel, findet Audible-Nutzer Volker Wende. Audible-Geschäftsführer Arik Meyer weist jedoch darauf hin, dass man eine gekaufte Audio-Datei mehr als einmal herunterladen darf, so natürlich auch in einem besseren Klangformat.

Die maximale Qualität führt zu Dateigrößen zwischen 80 und 120 Mbyte (105 MB = ca. 7,5 Stunden Hördauer). Da ein solcher Download mit einem 56K-Modem eine kleine Ewigkeit dauert, ist ein DSL-Anschluss sehr anzuraten. Dann dauert das Herunterladen nur wenige Minuten.

Die neue Datei wird vom |Audible|-eigenen AudioManager verwaltet, der zugleich als Archiv des Kunden dient. In diesem Manager ist ein eigener Player zum PC-basierten Abspielen der Dateien integriert. Man kann die Dateien aber auch mit dem Windows-Mediaplayer oder mit dem Realplayer nach Installation entsprechender Plugins wiedergeben.

Der AudioManager benötigt selbst rund 25 MB Speicherplatz und handhabt Downloads auf den Audible-kompatiblen MuVo-MP3-Player im Wert von rund 180 Euro, den |Audible.de| im Jahresabo anbietet, oder auf den |iPod shuffle|, der zur Zeit im Angebot ist. Der Player ist kostenlos, wenn man ein Jahresabo bestellt, das ja fast genau 180 Euro (14,95 x 12) für 24 Hörbücher kostet.

Speichern und Nutzen

Die Bedienung eines MP3-Players brauche ich hier ja wohl kaum zu beschreiben. Sie ist kinderleicht, dennoch liegt sicherheitshalber eine Bedienungsanleitung bei. Der getestete MuVo-Player versah seinen Dienst anstandslos, allerdings suchte ich die Möglichkeit, quasi „zurückzuspulen“. Das wäre bei weniger leicht verständlichen Englischtexten eine sehr erwünschte Funktion. Die Funktion ist aber zu finden, wenn man im Handbuch nachschlägt. Der neue |iPod shuffle|, der zur Zeit im Angebot fürs Jahresabo ist, stand für Testzwecke nicht zur Verfügung. Er kostet im Laden 99 Euro.

Nun könnte der Eindruck entstehen, das heruntergeladene Format sei ein einfach zu handhabendes MP3-Format. Dem ist nicht so! Vielmehr handelt es sich um das .aa-Format, das der MuVo-Player versteht und das höhere Kompressionsraten als MP3 zulässt. Zweitens bietet es den viel größeren Vorteil, dass es nur eine zusammenhängende Datei zu verwalten und zu handhaben gibt statt Dutzende davon. Wenn man mitten in der Datei aufhört, den Text zu hören, kann man später an dieser Stelle fortsetzen, so als hätte man hier ein Lesezeichen gesetzt. Nach Meyers Angaben besteht auch die Möglichkeit, von Kapitel zu Kapitel beziehungsweise – in einer Audio-Zeitschrift – von Artikel zu Artikel zu springen.

Gerätekunde

Die folgenden mobilen Geräte werden unterstützt, auf die man die Dateien mit Hilfe dieses Managers übertragen kann: Creative MuVo MP3-Player, Apple iPod, Rio Forge, Rio Carbon, Samsung Napster / YH-920, alle Modelle der HP iPAQ-Serie, Windows Pocket PC anderer Hersteller, wie z. B. Hewlett-Packard (Jornada), Dell, Toshiba, Casio, Audiovox, ViewSonic, und NEC, PalmOne Handhelds wie der Zire 71 und die Tungsten C-, E- und T-Series und Palm One Treo 600 und 650 Smartphone. Man sollte sich auf der Audible-Webseite umsehen. Laut Arik Meyer plant Nokia für seine Smartphones, ebenfalls das .aa-Format zu unterstützen.

Brennen

Das .aa-Format lässt sich mit Hilfe eines MP3-Rippers ins MP3-Format konvertieren. Immerhin darf man laut Lizenz (s. u.) das Hörbuch jeweils einmal auf CD brennen. Dazu wird ein Plugin von Roxio automatisch in den Audible-Manager integriert. Auch passende Labels lassen sich einfach ausdrucken. Das Brennprogramm sollte von guter Qualität sein, damit der Brennvorgang erfolgreich verläuft. Für die nötige Konvertierung in MP3 gibt es Ripping-Shareware. Bei einer Qualitätsstufe von 128 KBit/sec entsteht ein Speicherbedarf von rund 400 MByte. Das sollte man beim Einsatz eines entsprechenden MP3-Players hinsichtlich seiner Kapazität (512 MB oder mehr; der MuVo hat 1 GB Speicher) berücksichtigen.

Auf bis zu drei MP3-Player darf man sein Hörbuch übertragen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es: „(Es ist erlaubt,) die Audioprogramme für den individuellen privaten Gebrauch einmalig auf CD zu brennen und auf jeweils maximal drei MP3-Spielern und/oder PCs nutzbar zu machen.“ Natürlich gilt es beim Brennen auf CD oder bei der Konvertierung in MP3 den Zeit- und Materialaufwand zu berücksichtigen, der gerade auf schwächeren Systemen beträchtlich sein kann. Zwei Stunden für sechs CDs sind bei meinem 1-GHz-PC mit DVD-Brenner keine Seltenheit. Zieht man diesen Aufwand in Betracht, wird ein Hörbuch-Preis von 10 Euro (oder 20 Euro bei neueren und umfangreicheren Titeln und ohne Abo) schon wesentlich weniger attraktiv. Berücksichtigt man noch, dass es gebrauchte Hörbücher für ähnliche Preise bei |Amazon| und |eBay| gibt, so relativiert sich der Audible-Preis noch einmal.

Andererseits kann man sich diesen ganzen Aufwand sparen, wenn man einen der 1-GB-Player nutzt. Der Download geht mit einer DSL-Leitung schnell, ebenso die Übertragung per USB2-Bus. Anschließend braucht man keine CDs herumzuschleppen und zu wechseln – bei sechs CDs für den neuen Grisham „Die Begnadigung“ kann das lästig werden. Zudem lässt sich leicht zwischen den Medien wechseln: vom Hörbuch zur Zeitschrift, von dort zum Reiseführer – je nach Gusto und Gelegenheit.

Empfehlungen

|Audible.de| sollte vielleicht von vornherein das MP3-Format oder das entsprechende .wma-Äquivalent von Microsoft, das ja ebenfalls stärker als MP3 komprimiert, anbieten. Allerdings hat .aa seine oben angeführten Vorteile. Um Missbrauch vorzubeugen, lassen sich die Dateien ja mit einem DRM-Stempel – quasi einem digitalen Wasserzeichen – versehen. DRM steht für Digital Rights Management und wird von Microsoft stark unterstützt. „Sollte nun eine copyrightgeschützte Datei auf Tauschbörsen oder dergleichen auftauchen, lässt sich der verantwortliche Verkäufer und Käufer rasch ermitteln“, erläutert Volker Wende. „Jeder Käufer hat also selbst ein großes Interesse daran, seine Hörbuchdateien gut zu verwahren und nicht weiterzugeben.“ Wer sein Abo kündigen will, wendet sich an: Audible GmbH, Bayerstraße 21, 80335 München; Fax-Nr.: 089-206077-42; E-Mail: info@audible.de.

Unterm Strich

Zurzeit erscheint es mir für deutsche Interessenten noch früh, aber nicht verfrüht, ein Abonnement mit |Audible.de| abzuschließen. Den Audio-Player braucht man zwar nicht zu kaufen (im Wert von 180 Euro bzw. 100 Euro beim |iPod shuffle|), aber man sollte damit umgehen können. Für À-la-Carte-Käufe finden sich momentan schon attraktive Angebote in einem breiten Spektrum von Reiseführern über Zeitschriften und Zeitungen bis hin zu Roman-Hörbüchern.

Dass die meisten deutschen Audiobooks von |Random House| (Bertelsmann) stammen, ist auf dessen Beteiligung am Jointventure zurückzuführen. Hier kann man nur hoffen, dass die Klärung der Rechte an diesen Werken möglichst beschleunigt werden kann und so sukzessive ein größerer Anteil an deutschsprachigen Werken verfügbar wird.

Wenn der Otto-Mair-Verlag einsteigen würde, so könnte man bald Reise- und Stadtführer in rauen Mengen (Baedeker, Marco Polo usw.) erstehen. Zur Leipziger Buchmesse gab es bereits einen Stadtrundgang, der auf dem Testgerät zu finden war. Eine interessante Technik jedenfalls. Oder wird man in Zukunft die Städte nicht mehr real besuchen, sondern nur noch virtuell – mit dem Kopfhörer im Ohr?

Interview mit Sprecherin Eva Mattes über Elena Ferrantes „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“

Seit mehr als vier Jahren ist Eva Mattes die deutsche Stimme und – bei öffentlichen Lesungen auf der Bühne auch das „Gesicht“ – von Elena Ferrante. 177.000 Mal haben sich ihre Interpretationen der Ferrante-Werke bisher verkauft. Intensive 91 Stunden können Hörerinnen und Hörer mit ihnen verbringen.

Nun kommen weitere 11 Stunden und 37 Minuten hinzu. Denn in diesen Tagen erscheint Elena Ferrantes aktueller Roman „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ als Hörbuch im Hörverlag parallel zur Buchausgabe bei Suhrkamp.
Anlässlich der Studioaufnahmen ließ sich Eva Mattes von Regisseur Roman Neumann zu ihrer persönlichen Verbindung zur Autorin und deren Werken befragen, zu ihrem Umgang mit den Figuren, ihrem Eintauchen in die Stoffe.

Schnell wird deutlich: Auch für eine erfahrene und renommierte Schauspielerin sind die Geschichten Elena Ferrantes etwas ganz Besonderes, setzen vielschichtige Gefühle, Gedanken und Assoziationen frei.
Interview mit Sprecherin Eva Mattes über Elena Ferrantes „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ weiterlesen

Interview mit Norbert Sternmut zu seinem Buch „Winterdienst“ (2020)

In einer Wohngruppe für schwer traumatisierte Kinder beginnt der Ich-Erzähler seinen Dienst als sozialpädagogischer Mitarbeiter im Winter auf einem abgelegenen Dorf. Trotz langer Erfahrung in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gelangt er schnell an seine Grenzen. Jeder neue Tag wird zur absoluten Herausforderung. Doch wie die Kinder in der Gruppe kann auch er nicht einfach fliehen, scheint gefangen in einer aussichtslosen Lage.Winterdienst

Der Ich-Erzähler beginnt ein Tagebuch, schreibt seine Eindrücke nieder, doch die Sätze zerfließen, fließen ineinander, lösen sich auf, treten aus ihrer gewohnten Struktur. Die üblichen Zeichen verlieren ihre Bedeutung, verschwinden, verlieren ihren Grund und Boden. Die Form verliert sich, die Sprache passt sich dem Inhalt an.

Doch im Prozess findet eine Entwicklung statt. Die Kinder und der Ich-Erzähler nähern sich an. Am Ende der Erzählung feiern sie Weihnachten zusammen, beginnt ein neues Jahr, auf dem Dorf, im Winter.
Interview mit Norbert Sternmut zu seinem Buch „Winterdienst“ (2020) weiterlesen

Interview mit Andreas Eschbach: das Corona-Update

Andreas Eschbach
Andreas Eschbach (c) Olivier Favre

Das Leben in den Zeiten von Corona…

… mit Andreas Eschbach

1.) Wie hat sich Ihr Alltag in der Bretagne in den letzten Wochen verändert?

Eigentlich nicht sehr. Sich hauptsächlich zu Hause aufzuhalten ist ja der alltägliche Lebensstil aller Schriftsteller. Wenn mal eine Epidemie ausbräche, die es erforderlich machte, sich den ganzen Tag in großen Gruppen im Freien aufzuhalten – das wäre hart!

2.) Wo schreiben Sie aktuell – Schreibtisch, Sofa, Küchentisch, Balkon, Garten?

Wie üblich an meinem Schreibtisch. Der ohnehin mein Lieblingsplatz ist.

3.) Wer leistet Ihnen zu Hause Gesellschaft?

Meine Frau.

Interview mit Andreas Eschbach: das Corona-Update weiterlesen

Anstiftung zum Selberdenken. Interview mit Ralf Isau

Ralf Isau (c) Isabelle Grubert
Ralf Isau (c) Isabelle Grubert

Buchwurm.info: Lieber Ralf, wie geht es Dir? Wo bist Du?

Ralf Isau: Danke, mir geht es gut. Ich bin gerade überall und nirgendwo. Kürzlich hat mich das „Haus der Technik“ in Essen zum Botschafter für den Deutschen Weiterbildungspreis ernannt. Mitte März ging es zur Buchmesse nach Leipzig. Und im Mai fliege ich nach Südkorea. Ich darf am Changwon International Children’s Literature Festival 2013 teilnehmen. An der Uni von Changwong halte ich eine Vorlesung zur deutschen Kinder- und Jugendliteratur im Allgemeinen sowie der Phantastik von Michael Ende und Ralf Isau im Besonderen. Anschließend geht es zum Goethe-Institut nach Seoul. Du siehst, ich bin ein Globetrotter in Sachen Literatur.

Manche Leser kennen Dich und Deine zahlreichen Werke noch nicht. Stell Dich doch bitte ein wenig selbst vor.

Ich bin Baujahr 1956, in Berlin geboren. Seit 30 Jahren lebe ich mit meiner Frau Karin in der Nähe von Stuttgart. (Eine ausführliche, mit Fotos dokumentierte Biografie findet sich unter der URL http://www.isau.de/vita.html.) Bücher der Phantastischen Literatur veröffentliche ich seit 1994. Alles begann mit dem „Drachen Gertrud“, einem Kinderbuch, das ich Michael Ende schenkte. Es hat ihm gefallen und er empfahl mich seinem Verlag. Seitdem sind fast 40 Bücher entstanden, fast alle im Genre der Phantastik. Viele davon wurden ins Ausland verkauft, in 14 verschiedene Länder. Mein neuer All-age-Roman „Die Masken des Morpheus“ erscheint am 18. März beim Verlag CBJ. (Mehr zum Roman ist unter http://www.isau.de/werk/masken.html nachzulesen.)

Anstiftung zum Selberdenken. Interview mit Ralf Isau weiterlesen

Keine Anthologien mehr! Interview mit dem Wurdack Verlag

_Buchwurm.info: Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?_

_Ernst Wurdack:_ Ich sitze wie jeden Morgen in meinem Büro, beantworte Emails, Anfragen oder Bestellungen, die direkt über unseren Verlagsshop eingegangen sind. Danach lese ich Manuskripte, setze einen Titel, der im Frühsommer erscheinen soll, telefoniere mit Buchhändlern und mit Verlegerkollegen. Ich kann mich über zu wenig Arbeit wirklich nicht beschweren und mir macht meine Arbeit Spaß.

_Bitte erzählen Sie unseren Lesern, wer Sie sind und wie es dazu kam, dass Sie Ihren eigenen Verlag mit dieser speziellen Ausrichtung gegründet haben. War das nicht etwas risikoreich?_

Meine Welt waren immer schon die Bilder (siehe Biografie) und sie sind es immer noch. Neben der Arbeit für meinen Verlag erstelle ich auch Covergrafiken und Layouts für andere Verlage. Der Verlag selbst ist aus der Story-Olympiade hervorgegangen, einem Kurzgeschichtenwettbewerb, den ich 1999 mit aus der Taufe gehoben habe. Um die Bücher der Story-Olympiade in den Handel zu bringen, habe ich schließlich 2004 den Verlag gegründet.

Die Ausrichtung des Programms hat sich stetig entwickelt und immer wieder verändert. Inzwischen konzentrieren wir uns nur noch auf unsere Stärken – SF und phantastische Literatur -, alle anderen Sparten wie Jugendbuch, Fantasy, Comic und Krimi sind eingestellt.

Einen Verlag zu führen, ist natürlich immer risikoreich, aber man kann versuchen, durch Spezialisierung dieses Risiko überschaubar zu halten. Etwas, das ich im Laufe der Jahre lernen musste, ist, dass sich intensive Programmarbeit auszahlt. Die Leser honorieren diese Bemühungen. Wer glaubt, einen Verlag mit Kraut- und Rüben-Anthologien sowie Feld-, Wald- und Wiesenthemen betreiben zu müssen und zu können, wird scheitern. Das habe ich in den vergangenen Jahren schon so oft erlebt.

_Welche Rolle spielen Armin Rößler und Heidrun Jänchen für Ihren Verlag?_

Beide bilden zusammen mit Dieter Schmitt die SF-Redaktion. Sie gestalten das Programm, wählen aus, wer oder was in der SF-Reihe erscheint, lektorieren und wickeln die Korrespondenz mit den Autoren ab. Ohne Armin Rößler, Heidrun Jänchen und Dieter Schmitt, die über ein enormes Hintergrundwissen in Sachen SF verfügen, gäbe es in meinem Verlag keine SF. Sie haben völlig freie Hand und sie leisten wirklich gute Arbeit.

_Welche Highlights weist Ihr Verlagsprogramm auf? Befinden sich Titel darunter, die schon Auszeichnungen erhielten?_

Viele unserer Titel wurden in den vergangenen Jahren für den Deutschen Phantastik Preis, den Kurd Laßwitz Preis und den Deutschen Science Fiction Preis nominiert und waren stets auch ganz oben mit dabei, was uns einen guten Ruf in der SF-Gemeinde eingebracht hat. Das Highlight schlechthin waren Karsten Kruschels Romane |VILM 1| und |VILM 2|, die beide 2010 den Deutschen Science Fiction Preis gewinnen konnten. Das hat uns einen gewaltigen Schub und viele neue Leser beschert
.
Eine weiteres Highlight ist sicher die Neuauflage der |Mark Brandis Reihe|, die immer noch unglaublich viele Fans hat und die weitaus besser läuft, als ich es ursprünglich angenommen hatte.

_Spielen Ihre Anthologien eine besondere Rolle in Ihrem Programm, und falls ja, mit welchem Zweck?_

Nicht mehr. Da Micro-Verlage derzeit immer noch wie Pilze aus dem Boden schießen und mit BoD-Anthologien den Markt überschwemmen und Anthologien so in Verruf bringen, dass sie nicht einmal mehr in Kleinverlagsauflagen abzusetzen sind, habe ich mich dazu entschlossen, bis auf einen SF-Kurzgeschichtenband pro Jahr keine Anthologien mehr zu verlegen. Mit dem Aufkommen von eBooks bieten sich den Autoren doch so viele Möglichkeiten, Kurzgeschichten selbst direkt an den Leser zu bringen, da braucht es die Hilfe von Verlagen und Anthologien nicht mehr.

_Ihre nächste SF-Anthologie mit dem Titel „Willkommen auf Aurora“ soll evtl. im Februar erscheinen. Mit welchen Highlights können die Freunde phantastischer Literatur rechnen?_

|Willkommen auf Aurora| ist keine Anthologie, sondern eine Sammlung mit kürzeren Erzählungen von Heidrun Jänchen. Folgen wird im ersten Halbjahr noch eine weitere Sammlung mit Geschichten von Michael K. Iwoleit, dem bereits drei Mal der Deutsche Science Fiction Preis verliehen wurde, sowie zwei Romane: |RAGE| von Steve Gerlach, einem australischen Autor, und |Whitby Vampyrrhic| von Simon Clark.

_Wagen wir einen Ausblick. Woran arbeiten Sie gerade? Wird es auch mal ein eigenes Buch von Ihnen, Herr Wurdack, geben?_

Momentan bereiten wir gerade das Herbstprogramm vor, aber es ist noch viel zu früh, um schon sicher sagen zu können, was dieses Jahr noch erscheinen wird und was erst im Frühjahr 2013. Sicher ist, dass ich die Anzahl der Titel pro Jahr ab 2014 deutlich verringern werde, um mehr Zeit für die einzelnen Buchtitel, die Arbeit mit meinen Stammautoren und Marketing und PR zu haben.

2011 waren es 20 Titel, 2014 werden es wohl nur noch acht sein. Weniger Titel pro Jahr mit deutlich höheren Auflagen ist mein Ziel.

Ein Buch von mir wird es definitiv nicht geben. Ich bin Verleger und kein Autor. Und ich habe auch gar keine Ambitionen, Autor zu werden.

_Was wünschen Sie sich am meisten?_

Dass ich noch lange schöne und interessante Bücher machen kann.

_Biografie Ernst Wurdack_

Geboren 1959, verheiratet, zwei Kinder und drei Enkelkinder, lebt und arbeitet in Nittendorf, unweit von Regensburg (Bayern).

BWL-Studium, dann viele Jahre bei KODAK-Fotoservices – im Labor, im Außendienst, als Seminarleiter und Berater für Portraitfotografen, zuletzt als Vertriebsleiter. Danach selbständig als Fotograf und Grafiker sowie als Verleger.

Classic Shop

(Das Interview führte Michael Matzer.)

Die Grenzgängerin. Interview mit Andreas Eschbach zu AQUAMARIN

Michael Matzer unterhielt sich auf der Frankfurter Buchmesse 2015 mit Andreas Eschbach über dessen jüngsten Roman AQUAMARIN.

Frage: Von der Wüste an den Ozean, und rund 140 Jahre in der Zukunft. Heißt das nun: Die Zukunft der Menschheit liegt im Meer?

Eschbach: Auf jeden Fall ist das Meer ein noch ziemlich unerschlossener, unbekannter Raum. Darauf hat uns ja vor einiger Zeit auch Frank Schätzing sehr prägnant aufmerksam gemacht. Und ehe man so Projekte angeht wie „Wir besiedeln den Mars“, wäre es vielleicht sinnvoll, sich mal zu überlegen, ob es nicht gescheiter wäre, erst einmal ein paar Städte auf dem Meeresgrund zu bauen. Ist nicht so weit weg und auch nicht so strapaziös, was den Transport und die Umweltbedingungen anbelangt. Und selbst die Antarktis zu besiedeln wäre weniger aufwendig als den Mars.

Die Grenzgängerin. Interview mit Andreas Eschbach zu AQUAMARIN weiterlesen

Interview mit Renate Grubert, cbj-Verlag

_Buchwurm.info:_
Ich wünsche Ihnen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr, Frau Grubert! Wie geht es Ihnen?

_Renate Grubert:_
Ausgezeichnet, lieber Herr Matzer!

_Buchwurm.info:_
Unsere Leser kennen Sie ja meist noch nicht. Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen, zum Beispiel Ihren beruflichen Werdegang bis zur Position bei [|cbj|?]http://www.cbj-verlag.de

_Renate Grubert:_
Sehr gern. Ich bin eine Art Quereinsteiger – sowohl in Sachen Jugendbuch wie auch Pressearbeit. Denn ich habe zuerst ein Geografie-Studium mit Diplom abgeschlossen, dann als Kartografin promoviert und zuletzt ein weiteres Studium „Kinder- und Jugendliteratur“ an der Studien- und Beratungsstelle, Wien, mit Zertifikat beendet (übrigens mit einer Arbeit über Sciencefiction in der Kinder- und Jugendliteratur!). Nach kurzen Jahren in einer kartografischen Redaktion machte ich mich als Fachjournalistin für Kinder- und Jugendliteratur selbstständig und wechselte im Jahr 2000 als Presseleitung in den |Arena|-Verlag. Seit 2002 leite ich nun die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kinder- und Jugendbuchverlage |cbj| und |cbt| in der |Random House|-Gruppe.

_Buchwurm.info:_
Haben Sie Kinder, und wenn ja, wie viele? Ich finde diese Frage für die Leiterin eines Kinderbuchprogramms relevant. Ich nehme aber nicht an, dass Ihre Kinder das Programm mitgestalten …

_Renate Grubert:_
Meine drei schon erwachsenen Kinder lesen nach wie vor gern Kinder- und Jugendbücher! Sie sind zu echten All-Age-Lesern herangewachsen und sparen nicht mit Kommentaren, wenn es um unsere Bücher geht.

_Buchwurm.info:_
Womit beschäftigen Sie selbst sich in Ihrer Freizeit?

_Renate Grubert:_
Zeit mit der Familie und mit Freunden verbringen, Musik hören, Filme schauen und, wie könnte es anders sein: lesen!

_Buchwurm.info:_
Wann wurde denn das Kinder- und Jugendbuchprogramm von |Bertelsmann|/|Random House| aus der Taufe gehoben? Das dürfte schon fast zehn Jahre her sein, oder?

_Renate Grubert:_
Ihre Fragestellung ist unabsichtlich ein bisschen komplex. Kinder- und Jugendbücher gibt es nämlich bei Bertelsmann seit Verlagsgründung im Jahr 1835. In der wechselvollen Geschichte gilt als nächste Etappe das Jahr 1968, die Gründung des C. Bertelsmann Kinder- und Jugendbuchverlags. Dann ist 2001 wichtig: das Dach von |Random House|, unter dem wir seither firmieren. |cbj| gibt es in der jetzigen Form seit 2004, |cbt| seit 2008. Sie sehen, wir haben viele und tiefe Wurzeln!

_Buchwurm.info:_
Zu den größten Erfolgen zählt vermutlich die [|Eragon|-Trilogie.]http://www.eragon.de Können Sie eine Zwischenbilanz ziehen?

_Renate Grubert:_
Ja, |Eragon| ist ein prachtvolles Beispiel für Erfolg im Jugendbuchbereich. Wir sind stolz darauf, diese tolle Fantasy-Reihe bei |cbj| anbieten zu können. Ich weiß noch, was für ein Gefühl das war, als wir die erste und zweite Auflage von |Eragon 3|, „Die Weisheit des Feuers“, bereits über den Vorverkauf, also die im Buchhandel bestellten Exemplare, abgesetzt hatten. Und dann kam der 25. Oktober 2008, der Erstverkaufstag, an dem auf einen Schlag 133.274 Exemplare an unsere Leserinnen und Leser verkauft wurden – genial! Bestsellerplatzierung!

Zusammen mit Band 1 und Band 2 liegen die Verkäufe von |Eragon| bei etwa 2,5 Millionen deutschsprachigen Exemplaren.

_Buchwurm.info:_
Was ist zurzeit am meisten gefragt? Haben Sie Zahlen?

_Renate Grubert:_
Lassen Sie mich bei |cbj| und |cbt| bleiben. Im Jugendbereich laufen spitzenwertig: Thriller (Monika Feth „Teufelsengel“, Jay Asher „Tote Mädchen lügen nicht“) und Fantasy (Jenny-Mai Nuyen „Feenlicht“, Chiara Strazzulla „Dardamen“, auch der Frühjahrstitel von Alison Goodman „Eona“ ist schon bestens in Startposition), dazu weitere All-Age- und familiengängige Titel wie das „Dangerous Book for Boys“ (G. Iggulden), das „Secret Book for Girls“ (M.Pescowitz) und Lucy & Stephen Hawkings „Die unglaubliche Reise ins Universum“. Im Kinderbereich sind zu nennen: „Der kleine Drache Kokosnuss“ (Ingo Siegner) und vor allem unsere Sachbuch-Reihe „Frag doch mal die Maus“.

_Buchwurm.info:_
Wir sind besonders an phantastischer Literatur interessiert, also Fantasy, Unheimliches, Übernatürliches usw. Was halten Sie vom aktuellen Vampir-Hype?

_Renate Grubert:_
Hm. Vampire sind „in“, so viel ist sicher. Auch bei |cbt|, unserem Jugendbuchverlag, tummeln sich die Blutsauger (Smith, Wallner, Schweikert, um nur einige zu nennen). „Hype“ bedeutet immer, dass es einen Auslöser (hier: Stephenie Meyer) gab, der absolut faszinierend gewirkt hat, sodass große Nachfrage nach neuem Lesefutter besteht. Der Markt trägt der Nachfrage Rechnung – so ist der Ablauf.

_Buchwurm.info:_
Ich habe gehört, dass es dieses Jahr einen Einbruch im Bereich Fantasy geben soll – können Sie das bestätigen?

_Renate Grubert:_
Einbruch im Bereich der Fantasy? Nur wer Fantasy eng definiert, kann ein Zurückschrumpfen auf „normalen Produktionsumfang“ feststellen. Wer das fantastische Genre insgesamt anschaut, stellt eine Verlagerung fest: weg von den losgelösten Welten hin zu unseren real verankerten Erfahrungsgebieten. Auch das Thema „Vampire“ gehört da ein Stück weit mit hinein (sofern man es nicht gesamthaft dem Horror-Genre zuschlägt). Und natürlich auch die neue, kommende Welle, die „Mystery“ heißt. Wer so definiert, wird keinen Einbruch bei der Fantasy verzeichnen können.

_Buchwurm.info:_
Der Jugendbuchmarkt ist bekanntermaßen hart umkämpft. Um Ihrem Programm im Vergleich zu den Programmen anderer Verlage mehr Profil zu verleihen, haben Sie Kinder- und Jugendbuchreihen deutlich im Aussehen und im Händlerprospekt unterschiedlich gestaltet und positioniert. Nach welchen Gesichtspunkten erfolgt diese Profilierung und mit welchen Zielen?

_Renate Grubert:_
Der Jugendbuchmarkt stellt sich nach wie vor als Wachstumssegment dar. Profilierung ist das A und O, denn sowohl der Buchhändler wie der Käufer will doch wissen, wo er was finden kann und wie das für ihn passende Novitäten-Angebot aussieht. Wir bemühen uns in jedem Programm neu, treffsicher klar zu machen, welches Buch, welches Produkt, für wen wichtig, ja unverzichtbar, ist. Darum auch der neuerliche Umbau unserer Kinder- und Jugendbuchverlage. |cbj| steht heute eindeutig fürs klassische Kinder- und Jugendbuch, und zwar im HC- (= Hardcover) und TB-Bereich (TB = Taschenbuch).

Mit |cbt| haben wir einen innovativen Jugendbuchverlag geschaffen, der in Richtung All Age geht (ebenfalls HC- und TB-Angebot). Und mit |cbj AVANTI| bauen wir in diesem Frühjahr 2010 einen Lesefutter-Verlag an, der unsere Reihen strukturiert und Viellesern ein eindeutiges Signal gibt.

_Buchwurm.info:_
In der aktuellen Händleraussendung für das Frühjahrs- und Sommerprogramm 2010 habe ich eine neue Reihe mit Romanen über Mädchen und Pferde gesehen („Bella Sara“). Kommen Hanni und Nanni wieder zurück?

_Renate Grubert:_
Hanni und Nanni hatten und haben begeisterte LeserInnen. Zu Recht, denn die Welt, die hier beschrieben wird, ist in einem bestimmten Alter prägend: Kinder lernen da fürs Leben. Mit „Bella Sara“, entwickelt von der dänischen Sozialpädagogin Gitte Odder Braendgaard, verhält es sich ähnlich. Hier lesen Mädchen Geschichten, die für sie wichtig sind, die Themen und Inhalte anbieten, die sie mögen, wie z. B. Freundschaft, Abenteuer mit Pferden, Zauberwelten, den Kampf Gut gegen Böse. Hier können sich Mädchen einerseits „wegträumen“, andrerseits werden Rollen angeboten, die sehr ausdifferenziert sind und gerade Mädchen vielerlei Anregung geben.

_Buchwurm.info:_
Sie haben auch Ihr Programm mit Wissensbüchern gut ausgebaut, so etwa mit Bänden über Dinosaurier und Astronomie. Diese Bücher sind sehr schön gestaltet, aber dennoch preisgünstig. Wie kommt diese preiswerte Leistung zustande, und nach welchen Aspekten wird die Reihe gestaltet?

_Renate Grubert:_
Ganz allgemein: Kindersachbücher dürfen einen gewissen Preis nicht übersteigen, wenn sie gut verkäuflich sein wollen. Der Markt funktioniert anders als beim Sachbuch für erwachsene Leser. Im Kinderbuch werden auch heute noch die meisten Titel als internationale Lizenzen eingekauft – entsprechend austauschbar sind die Bücher.

Dagegen hat |cbj| die Reihe [„Frag doch mal die Maus“]http://www.cbj-verlag.de/diemaus gesetzt, wo unverwechselbare Titel entwickelt werden. Wichtig sind der Charakter der Maus und das Prinzip der einfachen Maus-Fragen und –Antworten. Das kennt der Leser, dem vertraut er. Die Reihe ist außerordentlich beliebt und gut verkäuflich. Darum können wir – obwohl die Maus-Reihe eine kostspielige Eigenentwicklung ist – die Bücher tatsächlich günstig abgeben. Das Buchkonzept wurde übrigens in enger Zusammenarbeit mit dem WDR entwickelt, mit dem wir auch jeden einzelnen Titel abstimmen.

_Buchwurm.info:_
Jeder achte Deutsche (12 %) wird im Jahr 2014 noch Computer-Analphabet sein, besagt eine Befragung von IDC bei 1000 europäischen Personalentscheidern vom November 2009. Wider Erwarten ist besonders auch die junge Generation davon betroffen. Hat |cbj| Pläne, etwas dagegen zu unternehmen?

_Renate Grubert:_
Wir wissen um die sich öffnende Schere von Mediennutzern und solchen, die keine Medien nutzen. Als Verlag bieten wir immer die Hand und unterstützen die Kulturtechnik des Lesenlernens – vor allem durch entsprechende Programme und Bücher.

|Random House| gehört zudem zu den größten und aktivsten Leseförderern in Deutschland: Der Welttag des Buches wird seit zwölf Jahren vom Verschenkbuch „Ich schenk dir eine Geschichte“ geprägt, das bei |cbj| herausgegeben wird und das im letzten Jahr an 1,1 Millionen Kinder verschenkt wurde.

_Buchwurm.info:_
Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Zusammenarbeit mit der Presse im deutschsprachigen Raum gemacht?

_Renate Grubert:_
Über die Jahre habe ich im D–A–CH-Raum fast durchgehend gute Erfahrungen gemacht. Das Kinder- und Jugendbuch ist beliebt, man schätzt die Szenarien, die hier entwickelt werden. Allerdings verändern sich die Möglichkeiten der Präsentation von Büchern ganz allgemein. Schrumpfende Flächen im Printbereich, dafür attraktive Angebote im Internet.

_Buchwurm.info:_
Wagen wir einen Ausblick. Wo steht das Programm von |cbj| in 24 Monaten? Vielleicht gibt es ja schon Highlights, die Sie unseren Lesern ankündigen können.

_Renate Grubert:_
In 24 Monaten haben wir Januar 2012. Da blicken wir gerade auf Christopher Paolinis Abschluss der Eragon-Saga zurück, die wir für den Herbst 2011 erwarten …

http://www.cbj-verlag.de
http://www.randomhouse.de

Interview mit Michael de Larrabeiti

Michael de Larrabeiti ist Autor von drei Romanen über die Borribles, individualistische Jungs und Mädchen, deren größte Furcht es ist, dass sie, sobald man ihnen die spitzen Ohren stutzt, zu Erwachsenen aufwachsen werden. Im Herbst 2007 hat |Klett-Cotta| die Trilogie komplett in einem Band [neu aufgelegt.]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3608937870/powermetalde-21

Das Interview führte Michael Matzer.

_Buchwurm.info:_
Wann kam Ihnen zum ersten Mal die Idee zu den Borribles als Figuren in einer Geschichte?

_Michael de Larrabeiti:_
Das war, als ich meinen Kindern etwas vorlas. Damals hatte ich nur ein einziges Buch, einen Western, veröffentlicht, obwohl ich versucht hatte, fünf oder sechs Jahre lang auch anderes zu publizieren. Na ja, ich hatte andere Jobs, mit denen ich meine Familie ernähren konnte, so etwa als Techniker beim Film oder, in den siebziger Jahren, als Reiseführer in Frankreich – das hielt mich vom Schreiben ab.

Aber dann fragte ich mich, wie ich wohl ein Buch für Kinder schreiben würde. Die meisten Kinderbücher sind auf die Mittelschicht abgestellt, alle sind lieb, sie erleben Abenteuer, als ob sie in den Ferien wären … Und in Reaktion auf diese kuscheligen, gemütlichen Storys meinte ich, dass es doch nett wäre, wenn es eine Geschichte gäbe, die Kinder zeigt, wie sie wirklich sind: als kleine Leute; sie sind streitsüchtig, balgen sich, haben manchmal eine Freundschaft, die entsteht, und sonst mit all den Problemen, die andere Menschen auch haben.

Und es schien mir besser, dass ich eine solche Geschichte vor einem Hintergrund spielen lassen sollte, den ich kannte. Und das war eben die Zeit direkt vor und während des Krieges, als ich in London aufwuchs.

_Buchwurm.info:_
In Battersea?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, Süd-London. Heute ist es eine etwas bessere Gegend, wegen der Preise und allem, aber es gibt dort noch Bereiche, die recht rau sind. Und in den Dreißigern und Vierzigern war in der Nähe der Eisenbahnlinien alles ziemlich zerbombt. Ich war in London während der Luftangriffe und mochte das, es war wunderbar. Weil er so aufregend war, liebten die Kinder den Krieg, die Erwachsenen waren dauernd außer Haus, die Kinder also sich selbst überlassen. Nach den Angriffen pflegte ich rauszugehen und Bombensplitter zu sammeln. Ich war immer vorsichtig, dass so ein Splitter nicht zu heiß war. Es war toll.

_Buchwurm.info:_
Wie alt waren Sie da?

_Michael de Larrabeiti:_
Geboren wurde ich 1934, war also bei Kriegsbeginn sechs. Ich wuchs im Krieg auf.

_Buchwurm.info:_
Sie wuchsen in einem ausgebombten London auf?

_Michael de Larrabeiti:_
Ein paar Mal wurde ich aufs Land geschickt, aber ich hasste es, außerhalb Londons zu sein, weil dort eben der ganze Spaß war, all die Flugzeuge und so.

_Buchwurm.info:_
Gab es da irgendwo Borribles?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, denn, schau, wir waren alle Borribles. Weil wir auf der Straße lebten, sobald wir aus der Schule heimkamen. Das taten die meisten Kinder aus der Arbeiterschicht. Wir hatten viele Abenteuer, beispielsweise in Luftschutzkellern. Das waren unsere Häuser, auch nach dem Krieg. – Wenn man also darauf aufbaute, hatte man einen ganzen Borrible-Stamm.

_Buchwurm.info:_
Was mir bei der Lektüre der drei Bände besonders auffiel, war, dass die Borribles niemals erwachsen werden. Sie werden zwölf Jahre alt, und das war’s. Sie sind gegen Erwachsene, die ihnen die Ohren stutzen, so dass sie ebenfalls erwachsen werden. Was war der Grund dafür, die Borribles so zu gestalten? War das Ihr kritischer Kommentar zu Erwachsenen und der modernen Gesellschaft?

_Michael de Larrabeiti:_
Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass die Gesellschaft besonders modern ist. Mir scheint, dass die besten Geschichten von und über Kinder immer solche sind, in denen eine Art Krieg zwischen Kindern und Erwachsenen geführt wird, ganz bestimmt aber leben sie darin getrennte Leben, und sei es nur im Kopf. Wenn Sie an Huckleberry Finn denken: Sein Abenteuer findet nur zwischen ihm und dem Negersklaven Jim statt. Die Erwachsenen sind der Feind, weil sie Huck einfangen und zurück auf die Schule schicken wollen und den Sklaven zurück in die Sklaverei. In solchen Büchern bedeutet dieser Krieg auch eine Gefahr. Das ist mir viel zu ernst, wirklich, ich dachte nur an das Buch.

_Buchwurm.info:_
Also war Ihr Buch mehr zur Unterhaltung gedacht?

_Michael de Larrabeiti:_
Na, das ist doch natürlich.

_Buchwurm.info:_
Interessieren Sie sich sehr für Namen und die Geschichten zu ihnen?

_Michael de Larrabeiti:_
Ja, das ist sehr wichtig. Ich brauch‘ eine Ewigkeit, um einen Namen auszuwählen.

_Buchwurm.info:_
Die Borribles haben zum Beispiel diese besondere Anrede füreinander: „Du hast einen sehr schönen Namen. Ich bin sicher, es gibt eine tolle Geschichte, die daran hängt.“

_Michael de Larrabeiti:_
Ich spinne die Sache einfach weiter. Dinge, die ich als Kind erlebte, zum Beispiel. Für Kinder war es sehr wichtig, einen Spitznamen zu haben, der einem schmeichelte, nicht einen wie „Schielauge“ oder so. Man wollte einen Namen, der einen Sinn ergab und einen stolz machte. Gewöhnlich bekam man einen Spitznamen, weil man etwas getan hatte, wie etwa, eine Frucht von einem Marktstand zu stehlen.

_Buchwurm.info:_
Die Geschichte darüber wurde dann Teil der Identität.

_Michael de Larrabeiti:_
Der Identität des Kindes, ja. Das ist vielleicht der Grund, warum die Bücher so beliebt sind. Ich bekomme haufenweise Briefe von Kindern: „Oh, das ist genau richtig, ja – wir haben gerade Borrible-Abenteuer gehabt.“ Jedes Kind mag einen eigenen Namen, Abenteuer, das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

_Buchwurm.info:_
In Ihren Borrible-Büchern kombinieren Sie Ihre eigenen Erlebnisse also mit Fantasyfiguren, den Rumbels, Wendels usw.

_Michael de Larrabeiti:_
Das ist nur eine Weiterentwicklung dessen, was man als Kind tut. Wenn du beispielsweise die Straße runtergehst, trittst du nicht auf die Linien zwischen den Gehsteigplatten, denn wenn du auf die Linie trittst, kommt ein Wolf raus und holt dich. Jede Stadt ist unerforscht, wenn man keine Karte davon hat, wohin du also auch kommst, gibt es ein neues Abenteuer. Und eine Stadt zu durchqueren, beispielsweise zum Elephant & Castle (eine Londoner U-Bahn-Station), ist eine Expedition.

Ein Kind lebt in dieser Welt der Phantasie/Fantasy, befindet sich dauernd in ihr und außerhalb. „Geh runter zum Laden und kauf einen Laib Brot, hier ist das Geld!“ – das ist sehr realistisch, du musst runter zum Laden. Aber auf dem Weg dorthin entscheidest du dich vielleicht doch für den anderen Weg und dafür, auf all die Linien zwischen den Gehwegplatten zu treten, nur um zu sehen, ob es da tatsächlich Wölfe gibt.

Und in diesem Abenteuer lebt das Kind. Das ist auch, worin sich mein Buch bewegt. Das Buch ist realistisch und zugleich „fantasy“ und bewegt sich vom einen zum anderen. Ich schreibe und lese keine Fantasy, es ist alles real und wahr.

_Buchwurm.info:_
Betrachten Sie die häufige Gewalt in Ihren Romanen nicht manchmal mit einem kritischen Auge? Wenn wir beispielsweise an die Beschreibung des Kampfes mit Eisenkopf denken …

_Michael de Larrabeiti:_
Flinthead. Toller Name. „Eisenkopf“ ist die Übersetzung?

_Buchwurm.info:_
Ja. Sein Kopf wird mit einem Spaten abgeschlagen, überall spritzt das Blut, die zwei kämpfen da unten im Schlamm usw. Verabscheuen Kinder so was denn nicht?

_Michael de Larrabeiti:_
Sie mögen es!

_Buchwurm.info:_
Erscheint es in ihrer Vorstellungskraft natürlich oder ist es aufregend …?

_Michael de Larrabeiti:_
Also, schau mal, Kinder nicht so blöd, wie die Erwachsenen meinen, und sie kennen den Unterschied zwischen einer Geschichte und dem wirklichen Leben, und sie wissen, dass sie nicht einen Spaten nehmen werden, auf die Straße rausgehen und jemanden, den sie nicht ausstehen können, mit diesem Spaten erschlagen werden. – Und außerdem gibt es in jeder guten Abenteuergeschichte Gewalt. Man lese nur mal „Die Schatzinsel“, „Der Junker von Ballantrae“ (beide von Robert Louis Stevenson) und so weiter.

_Buchwurm.info:_ Märchen …

_Michael de Larrabeiti:_
Das muss man nicht erst sagen. Als ich in der Schule war, haben sie mir „Macbeth“ zu lesen gegeben; jemals gelesen? Abgeschlagene Köpfe, erstochene Leute, das Blut, wenn Macbeth Duncan tötet, aber es war okay, weil es ja Shakespeare war und damit große Kunst! Es ist genau dasselbe.

_Buchwurm.info:_
Lassen Sie uns über die Zukunft reden. Wird es ein viertes Borrible-Buch geben?

_Michael de Larrabeiti:_
Ich glaube nicht. Das heißt, wenn nicht diese Amerikaner, die die Filmrechte gekauft haben, zu mir kommen und sagen: „Wie fänden Sie eine Viertelmillion Pfund? Wir brauchen ein viertes Buch.“ Dann wäre ich schon in Versuchung. Ich habe das Skript für die Fernsehfassung des ersten Bandes geschrieben. Die Filmproduktionsfirma |Working Title| (sie machte u. a . „Mein wunderbarer Waschsalon“ sowie „Sammy & Rosie tun es“) wollten das fürs britische Fernsehen produzieren.

Aber ich will eigentlich andere Sachen machen. Mein nächstes Buch wird ein realistischer Roman über ein Kind sein. An meiner provencalischen Geschichtensammlung „Das Zaubergärtlein“ arbeitete ich etwa zwei Jahre. (Sie erschien 1989, ebenfalls bei |Klett-Cotta|.)

_Buchwurm.info:_
Ich bedanke mich herzlich für dieses Gespräch.

_Michael de Larrabeiti:_
Es war mir ein Vergnügen. Hat mir Spaß gemacht, über mich selbst zu reden.

_Biografie von Michael de Larrabeiti_

Michael de Larrabeiti wurde 1934 in London geboren und wuchs im Stadtteil Battersea auf, genau in der Gegend also, wo die Borribles leben.

Er arbeitete als Englischlehrer in Casablanca, als Fremdenführer in Frankreich, als Kameramann in Asien, als Schafhirte in der Provence und studierte zwischendurch in Paris, Oxford und Dublin. Er ist Autor mehrerer Romane und Erzählbände. Mehr Info: http://en.wikipedia.org/wiki/Michael__de__Larrabeiti.

Mit den Borribles erlangte er Ruhm bei jungen und erwachsenen Lesern.

Mehr Info: http://en.wikipedia.org/wiki/The__Borrible__Trilogy und http://de.wikipedia.org/wiki/Borribles.

Die Borribles-Trilogie besteht aus den drei Romanen:

1) »Auf zur großen Rumbeljagd«,
2) »Im Labyrinth der Wendels«,
3) »Die Schleppnetzfahndung«.

|Normale Kinder werden ganz langsam zu Borribles, beinahe ohne es zu bemerken. Aber eines Tages wachen sie auf und es ist geschehen. Es ist gleichgültig, wo sie herkommen, wenn sie nur das haben, was man »schlechte Voraussetzungen« nennt. Ein Kind verschwindet aus der Schule, und es spricht sich herum, dass es einfach unbelehrbar war. Oder es gibt Geschrei im Supermarkt, und ein Kind, auf frischer Tat als Ladendieb ertappt, wird vom Hausdetektiv abgeschleppt. Solch ein Kind wird vielleicht ein Borrible; es versteckt dann seine spitzen Borribleohren unter einer Mütze und lässt sich nie mehr erwischen. Denn erwischt zu werden, ist das Ende für einen Borrible. Borribles sind Ausgestoßene, die in verlassenen Häusern und Fabriken Unterschlupf finden. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Ausgestoßenen genießen sie ihr Leben und würden mit niemandem anderen tauschen.| (Verlagsinfo)

Werke:

* The Borribles (1976, dt. Auf zur Großen Rumbeljagd!)
* The Borribles Go for Broke (1981, dt. Im Labyrinth der Wendels)
* The Borribles: Across the Dark Metropolis (1986, dt. Die Schleppnetzfahndung)
* The Redwater Raid (1972)
* A Rose Beyond the Thames (1978)
* The Bunce (1980)
* Full Marks (1981)
* Jeeno, Heloise and Igamor, the Long, Long Horse (1983)
* The Hollywood Takes (1983)
* Journal of a Sad Hermaphrodite (1992)
* Foxes‘ Oven (2002)
* PRINCESS DIANA’S REVENGE (2006)

Seine offizielle Homepage: http://www.michaeldelarrabeiti.com.

http://www.hobbitpresse.de

Interview mit Nina Wolfframm

|Buchwurm.info-Mitarbeiter Michael Matzer führte ein Interview mit Nina Wolfframm, ihres Zeichens Marketing-Mitarbeiterin des Gmeiner-Verlags, der seinen Sitz in Messkirch bei Sigmaringen/Donau hat.|

_Buchwurm.info:_
Trifft es zu, dass Ihr Verlagsprogramm vor allem aus Krimis besteht? War dies von Anfang das Ziel des Verlegers?

_Nina Wolfframm:_
Seit der Gründung des Verlags im Jahre 1986 hatte das Programm immer eine regionalspezifische Ausrichtung. Um den landes- und regionalgeschichtlichen Sachbuchbereich durch einen entsprechenden belletristischen Bereich zu ergänzen, entschlossen wir uns, eine Krimireihe zu etablieren, die ausschließlich Originalausgaben deutschsprachiger Autoren umfasst, die an realen Handlungsorten im deutschsprachigen Raum spielen. Der große Erfolg dieser Reihe führte dazu, dass sich der Gmeiner-Verlag heute ganz klar als Krimiverlag positioniert. Zeitgenössische und historische Kriminalromane machen 90 Prozent unseres Verlagsprogramms aus.

_Buchwurm.info:_
Trifft es zu, dass die Mehrzahl dieser Krimis eine starke lokale Berücksichtigung eines kleinen begrenzten Schauplatzes hat – im Sinne von Lokalkolorit?

_Nina Wolfframm:_
Der Gmeiner-Verlag hat sich auf Themenkrimis mit Lokalkolorit (alle Romane spielen an realen Handlungsorten) spezialisiert. Dabei sollte der Krimi aber auch ein Thema aufgreifen, das eine ausreichend große Zielgruppe anspricht, sich auch überregional gut vermarkten lässt und möglichst aktuelle Bezüge hat.

_Buchwurm.info:_
Versprechen Sie sich davon mehr Erfolg beim Krimipublikum? Ist dieser Erfolg bereits eingetreten, geplant oder zufällig?

_Nina Wolfframm:_
Unsere Absatzzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, auch die Anzahl der Neuerscheinungen steigt stetig an. 2004 erschienen lediglich 15 neue Kriminalromane, inzwischen werden jährlich etwa 60 neue Taschenbuch-Krimis veröffentlicht.

_Buchwurm.info:_
Worauf führen Sie den Erfolg dieses Lokalkoloritprinzips zurück? Gibt es dafür mehrere Faktoren?

_Nina Wolfframm:_
Leser können sich mit Orten, die sie gut kennen, und Themen, über die sie in ihrer Tageszeitung lesen oder auf der Straße sprechen, wunderbar identifizieren. In unseren Krimis kommt genau das zum Tragen: Das lokale bzw. regionale Milieu wird in den Büchern sehr realistisch beschrieben. Dazu gehören die kulturellen Besonderheiten wie die Mentalität der Menschen, ihre Sprache, Bräuche, Traditionen und Eigenheiten, und natürlich auch die realen, genau nachvollziehbaren Schauplätze. Dieser authentisch anmutende Regionalbezug in Verbindung mit einer unterhaltsam-spannenden Geschichte aus der scheinbar heilen Provinz, in die nach erfolgreicher kriminalistischer Aufklärung natürlich wieder die gewohnte Ruhe und Ordnung einkehrt, spricht Einheimische, aber auch Gäste der Region an und ist sicher das Erfolgsgeheimnis unserer Krimis.

_Buchwurm.info:_
Gibt es Interesse seitens TV- oder Kinoproduzenten, solche Krimis verstärkt zu verfilmen? Ähnlich wie „Bulle von Tölz“ oder „Rosenheim-Cops“?

_Nina Wolfframm:_
Für mehrere unserer Titel interessieren sich Filmproduzenten, es wurden bereits Verfilmungsoptionen vergeben. Es gibt auch Hörspiele zu einigen unserer Krimis, zum Beispiel ein Mundart-Hörspiel von Manfred Bomms „Schattennetz“.

_Buchwurm.info:_
Wie entwickeln Sie Ihr Verlagsprogramm weiter?

_Nina Wolfframm:_
Unsere Autorinnen und Autoren sind ausgesprochene „Serientäter“. Die meisten bringen jährlich einen neuen Kriminalroman heraus, manche sogar halbjährlich. Und wir sind immer auf der Suche nach neuen viel versprechenden Autoren.
Unsere im Herbst 2007 gestartete Reihe historischer Kriminalromane kommt bei den Lesern sehr gut an und soll weiter ausgebaut werden.

_Buchwurm.info:_
Können Sie Highlights nennen, auf die sich unsere Leser freuen dürfen, beispielsweise zu Weihnachten?

_Nina Wolfframm:_
Ein Highlight der 27 Neuerscheinungen in diesem Herbst ist sicher der neue Krimi von Erich Schütz: „Judengold“ ist ein fesselnde Geschichte, die bereits im Dritten Reich begann. Jüdisches Kapital wurde damals in die Schweiz verschoben und soll heute gewaschen zurück nach Deutschland gebracht werden.

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist unser Überraschungserfolg im Herbst, der Kriminalroman „Alpendöner“ unseres Debütautors Willibald Spatz. Ein frecher, witziger Allgäu-Krimi jenseits romantisch verklärter Alpenidylle.

http://www.gmeiner-verlag.de