Archiv der Kategorie: Rezensionen

Hauff, Wilhelm – Wirtshaus im Spessart, Das (Europa-Originale 26)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Der Räuberhauptmann – Herbert A. E. Böhme
Der Jäger – Rudolf Oeser
Felix – Susanne Hartau
Die alte Wirtin – Heike Kintzel
Der Drechsler – Michel Stobbe
Der Student – Sven H. Mahler
Die Gräfin – Heike Kintzel
Ein herzoglicher Offizier – Hans Meinhardt
Und die Räuber

Regie: Claudius Brac

_Story_

Seit Jahren erzählt man sich unheimliche Dinge über den Spessart. Der finstere Wald wird bis weit über die Grenze gefürchtet und geächtet, denn dort sollen sich bereits einige grausame Vorfälle zugetragen haben. Als der junge Goldschmied Felix zusammen mit einem Drechsler in die Gegend kommt und völlig entkräftet im dort gelegenen Wirtshaus nächtigt, sollen sie alsbald zu spüren bekommen, welche Geheimnisse die Region verbirgt. Noch in derselben Nacht wird einer Kutsche eine Falle gestellt, damit die darin untergebrachte Gräfin ebenfalls in der Herberge eine Notunterkunft mieten muss. Doch dies ist noch nicht das Ende des Planes: Die Gräfin selber soll von der kompromisslosen Räuberbande entführt werden. Bevor es jedoch unter starkem Druck der Verbrecher zur Übergabe kommt, hat Felix eine Idee. Er selber schlüpft kostümiert in die Rolle der Edeldame und macht den verwirrten Ganoven auf diese Art und Weise den Garaus.

_Meine Meinung_

Eigentlich hatte sich meine Kritik an der Fehlbesetzung Susanne Hartaus’ nach der Rezension zu „Die Schatzinsel“ wieder beruhigt, denn schon dort war die Dame in der Rolle des jungen Jim Hawkins unangenehm und unglaubwürdig aus der Reihe getanzt. Doch anscheinend hat dies damals niemanden gestört, so dass die Sprecherin auch in „Das Wirtshaus im Spessart“ wieder eine männlich Rolle auferlegt bekam, die sie zwar etwas besser bearbeitet als noch in besagtem Piratenabenteuer, aber wirklich überzeugen kann sie in der Besetzung des jungen Knaben Felix letztendlich doch nicht. Dafür kommt ihre Weiblichkeit schlichtweg zu sehr durch.

Im Gegensatz dazu ist die Geschichte eine echte Wucht und dazu verdammt spannend inszeniert und erzählt. Schritt für Schritt entführt uns Regisseur Claudius Brac in den sagenumwobenen Spessart, tief hinein in eine zwielichtige Welt voller Gauner und Landstreicher, die jedoch auch in regelmäßigen Abständen vom Adelsgeschlecht des Landes heimgesucht wird. Der Mann hat sich dabei sehr strikt an die Originalvorlage von Wilhelm Hauff gehalten und von Kapitel zu Kapitel das Mysterium um das seltsame Wirtshaus weitergesponnen, bis es schließlich mittendrin zur Auflösung und einigen unvorhersehbaren Konsequenzen kommt.

Der Regisseur lässt sich nicht ein einziges Mal in die Karten schauen und übernimmt die eigenwilligen Wendungen der Vorlage absolut detailgetreu, agiert aufgrund der Kürze der Spielzeit aber noch ein ganzes Stück zielstrebiger und temporeicher, was gerade beim sehr direkten Einstieg schnell für Verwirrung sorgt. Man hat sich nämlich hier noch nicht einmal so richtig mit den Hauptfiguren vertraut gemacht, da ist man such schon mitten in einem geheimnisvollen, von langer Hand geplanten Komplott gefangen, welches der Story all ihren Nährstoff verleiht.

Dies beginnt allerdings erst einmal mit einigen Zufällen, denen der Goldschmied und der Drechsler bei ihrer Ankunft im Wirtshaus eher ungewollt auf die Spur kommen – doch ihnen bleibt keine andere Wahl, denn es ist nur zu offensichtlich, dass sich der hermetisch abgeriegelte Gasthof über Nacht in eine schutzlose Räuberhöhle verwandeln wird. Anschließend schmieden die beiden dann Pläne, das Attentat auf die Gräfin zu vermeiden; sie verbünden sich mit den Anhängern der edlen Dame und gehen gut vorbereitet in den Kampf mit den Räubern, allerdings wird ihnen hierbei schon klar, dass sie der elitären Räubermeute auch zu siebt (neben den beiden Hauptfiguren haben sich auch ein berüchtigter Jäger und ein Student mit Felix verbündet) unterlegen sind, so dass ihnen keine andere Wahl bleibt, als den Forderungen ihrer Gegner nachzukommen. Doch Felix reagiert mit einer unerwarteten List und hilft seinen Kumpanen dabei, die Gräfin in Sicherheit zu bringen. Aber nun ist er selber in großer Gefahr und muss die Rache der genarrten Räuber befürchten – und die machen selbst vor so einem jungen Knaben nicht Halt.

Brac und sein Team haben mit diesem deutschen Literaturklassiker ein echtes Schmuckstück für ihr Hörspiel adaptiert und es auch dem Wert entsprechend sehr spannend und auch ein wenig komplex gestaltet. Dem Hörer werden nach einem recht flotten Einstieg erst nach und nach die Zusammenhänge klar, doch sobald sich die Kutsche mit der Gräfin nähert und man eine Vorstellung davon bekommt, was genau die Räuber im Spessart treiben könnten, entwickelt sich die Hörspiel-Fassung aus dem Hause |Europa| zu einem spannenden Mix aus Abenteuer- und Kriminalgeschichte, der durch die humorvolle Darstellung noch zusätzlich aufgewertet wird. Lediglich die erneute Fehlbesetzung der weiblichen Männerrolle durch Susanne Hartau darf als Wermutstropfen gewertet werden; ansonsten ist „Das Wirtshaus im Spessart“ aber ein weiteres Highlight aus der bereits dritten Staffel der Reihe „Europa-Originale“ und als solches, vor allem eben wegen des tollen Spannungsaufbaus, uneingeschränkt zu empfehlen.

http://www.natuerlichvoneuropa.de/

Harris, Charlaine – Vampire bevorzugt

Band 1: [„Vorübergehend tot“ 788
Band 2: [„Untot in Dallas“ 939
Band 3: [„Club Dead“ 1238
Band 4: [„Der Vampir, der mich liebte“ 2033

„Vampire bevorzugt“ ist der fünfte Streich von Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. Und bevor irgendwelche falschen Vorstellungen aufkommen: Wie auch schon im Vorgängerband, ist der Titel unglücklich gewählt. Denn wenn Sookie in den vergangenen Bänden etwas gelernt hat, dann auf jeden Fall, dass Vampire nicht zu bevorzugen sind. Leider hat sich |dtv| nicht auf die Masche der Autorin eingelassen, in jedem Titel das Wort „dead“ vorkommen zu lassen. Das führt leider dazu, dass die deutschen Titel reichlich hölzern und unhandlich wirken. Doch sollte man sich davon nicht abhalten lassen (genauso wenig wie vom Glitter auf dem Cover) und „Vampire bevorzugt“ möglichst an einem freien Wochenende zu Hand nehmen. Denn eines kann Charlaine Harris garantieren: dass man ihre Bücher so schnell nicht aus der Hand legt!

Um auf die Vampire zurückzukommen: Da wäre zunächst Bill, der es sich mit Sookie verscherzte, als er mit seiner Meisterin in die Laken hüpfte. Und dann wäre da noch Eric, der nordische (und untote) Sexgott, der sich während seines Gedächtnisverlustes zwar zum perfekten Liebhaber entwickelte, aber nach der Aufhebung des Fluchs keinerlei Erinnerung mehr daran zu haben scheint, dass er zusammen mit Sookie sämtliche Stellungen des Kamasutra ausprobiert hat. Kurzum: Sookie hat die Nase voll. Sie will einfach nur in Ruhe gelassen werden, zur Arbeit gehen und sich vielleicht ein neues Auto kaufen.

Doch das wäre natürlich kein Stoff für einen Roman. Stattdessen stellt sich heraus, dass in Bon Temps, Sookies provinziellem Heimatort, ein Unbekannter auf Gestaltwandler schießt. Als es auch ihren Boss Sam erwischt (der sich gern mal in einen Collie mit samtweichem Fell verwandelt), muss Sookie nach Shreveport fahren und Eric um einen Ersatzbarkeeper bitten. Der stellt ihr Charles Twining zur Verfügung, einen charmanten Piraten mit Augenklappe, der nur deshalb keinen Papagei auf der Schulter trägt, weil das Halten von Tieren in einer Bar mit zu hohen Auflagen verbunden ist. Charles, charmant und ein echter Haudegen, ist natürlich eine fleischgewordene Anspielung auf einen gewissen Piratenfilm, der in den letzten Jahren mit ziemlichem finanziellen Erfolg gesegnet war. Unser Vampir hatte sogar mal die Gelegenheit, nach Tortuga zu segeln. Wenn das kein Glück ist …

Charles soll eigentlich in der Abstellkammer des „Merlotte’s“ schlafen, doch Sam überredet Sookie, den Vampir mit zu sich nach Hause zu nehmen. Das erweist sich durchaus als sinnvoll, denn gleich in derselben Nacht legt jemand Feuer an Sookies Haus. Charles kann den Brandstifter festsetzen, bricht ihm aber im Eifer des Gefechts das Genick. Sookie hat den Toten noch nie gesehen, warum sollte dieser also ihr Haus anstecken?

Es geht ähnlich rasant weiter: Alcide, Sookies Werwolf-Bekannter, versucht ständig, ihr Avancen zu machen und schleppt sie zu Veranstaltungen seiner Werwolf-Gemeinde, die sie lieber nie gesehen hätte. Eric versucht dauernd, sie zu überreden, ihm doch zu erzählen, was während der Zeit seines Gedächtnisverlusts zwischen ihnen passiert ist. Bill ist hauptsächlich deprimiert, aber trotzdem immer zur rechten Zeit am rechten Ort. Und schließlich wird auch noch Sookie selbst angeschossen, als sie ihre Bücher zur Bibliothek bringen will.

Man sieht, als Leser hat man – wie Sookie selbst auch – auf den 300 Seiten des Romans kaum Zeit, einmal durchzuatmen. Charlaine Harris scheint mit jedem Band mehr Freude daran zu finden, ihre Handlung flott voranzutreiben und damit ein hohes Tempo vorzulegen. Dabei entfernt sie sich immer mehr vom Schnulzencharakter des ersten Bandes und setzt stattdessen auf Action, Mystery und fesselnde Charaktere. Das soll natürlich nicht heißen, dass die Romantik ganz flöten ginge, im Gegenteil: So viele Männer wie in „Vampire bevorzugt“ hat Sookie wohl noch nie geküsst. Sämtliche männlichen Supras in ihrer näheren Umgebung scheinen magisch von ihr angezogen und Sookie kann sich all der Avancen kaum erwehren. Doch läuft die Buhlerei um ihre Gunst kaum auf eine heiße Affäre hinaus. Vielmehr hat man als Leser den Eindruck, dass sie Exposition für viele neue Probleme in zukünftigen Bänden ist. Man darf also gespannt sein!

Harris‘ Pool an Charakteren und übernatürlichen Gattungen erweitert sich ständig, und es ist eine wahre Freude, ihr bei der Entwicklung ihres Romankosmos zuzuschauen. Ihre Figuren werden dreidimensionaler und Sookie ist im fünften Band weit entfernt von der scheuen und sozial zurückgezogenen Kellnerin, die sie noch im ersten Band war. Ähnliches könnte man über einen Großteil von Harris‘ Charakteren sagen – ihre Welt wird mit jedem Roman kompletter, bunter, aber auch gefährlicher. Sookie gerät ins Schussfeld von immer mehr konkurrierenden Gruppierungen und damit erhöht sich selbstverständlich auch die Spannung für den Leser. Trotzdem verliert Harris nie den Sinn für Humor und Ironie. Sie schafft es sogar, ihre eigene Schreibe auf die Schippe zu nehmen; inwiefern, wird der Leser aber erst erfahren, wenn am Ende des Romans der Bösewicht enthüllt wird.

Bis dahin kann man nur wünschen: Gute Unterhaltung!

http://www.dtv.de

Werner, Wolfgang – Bayon

_Spielidee_

Die berühmte Tempelanlage in Kambodscha, Bayon, zieht Forscher und Abenteurer magisch an. Von hier aus ziehen die besten Teams los, um auf der gesamten Welt Expeditionen zu starten und wertvolle Fundstellen zu erforschen. Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Expeditionsleiters und sucht auf den verschiedenen Kontinenten nach den wertvollsten Schätzen. Doch nur einer kann der erfolgreichste und beste Expeditionsleiter sein.

_Spielmaterial_

„Bayon“ ist ein reines Kartenspiel, ohne anderweitige Spielmittel. Enthalten in der kleinen Schachtel sind:

• 17 Forscherkarten
• 30 Fundstellen, verteilt auf 5 Kontinente
• 18 Goldkarten
• 1 Spielanleitung

Das Kartenmaterial ist nicht nur sehr bunt, sondern auch ziemlich liebevoll illustriert. Zudem hat Spielautor Wolfgang Werner Humor bei der Verwendung der verschiedenen Forschernamen bewiesen. So ziehen die Spieler mit Forschern wie High Lander oder Mirco Soft ins Rennen. Die Atmosphäre wird von den Karten also schon mal passend unterlegt, doch gleichzeitig sind die Karten auch sehr strukturiert und äußerst zweckdienlich aufgebaut und lassen daher insgesamt auch keine Wünsche offen.

_Spielziel_

Jeder Spieler versucht in der Rolle des Expeditionsleiters mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Forscher, Fundorte zu erforschen und Schätze zu heben. Jeder Schatz entspricht einem bestimmten Goldwert, der nach erfolgreicher Expedition ausgezahlt wird. Abhängig von der Spielerzahl hat am Ende der Spieler gewonnen, der die erforderte Goldmenge erwirtschaftet hat.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie werden die Karten nach Forschern, Gold und Fundstellen sortiert. Anschließend werden die Forscher mit den Nummern 1-6 aussortiert, gemischt und danach jeweils einer an jeden Spieler ausgeteilt. Die übrigen Forscher – ebenfalls abhängig von der Spielerzahl – bilden einen Nachziehstapel, das Forschercamp, neben dem zwei Forscher offen ausgelegt werden. Die Fundstellen werden nach Kontinenten geordnet und verdeckt nebeneinander gelegt. Auf den Kontinent Australien legt man die Zollkarte. Nachdem dann die Goldkarten sortiert wurden, bekommt jeder ein Startkapital von 15 Goldstücken. Der älteste Spieler beginnt.

_Ein Spielzug_

In jedem Spielzug stehen den Spielern genau drei verschiedene Optionen zur Auswahl. Entweder zieht er fünf Goldstücke aus der Bank und beendet seinen Zug danach, oder aber er heuert einen weiteren Forscher an. Letzteres kann noch insofern variiert werden, dass man stattdessen eine Aktion durchführt oder sogar einen Forscher anheuert und eine Aktion tätigt.

Entscheidet sich ein Spieler dafür, einen Forscher anzuheuern, kann er zwischen den beiden offen ausliegenden Forschern und dem obersten vom Nachziehstapel auswählen. Für jeden muss er genau fünf Goldstücke bezahlen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einem Mitspieler einen Forscher aus dessen Auslage zu entwenden, es sei denn, dort befindet sich nur ein einziger Forscher. In diesem Fall muss man allerdings gleich zehn Goldstücke zahlen, und zwar an den Besitzer dieses Forschers. Pro Runde darf ein Spieler nur einen neuen Forscher anheuern, und insgesamt dürfen nur maximal vier Forscher offen vor einem Spieler ausliegen. Wird diese Zahl durch das Anheuern eines weiteren Forschers überschritten, muss man einen dieser Wissenschaftler zurück unter den Nachziehstapel legen.

Sollte sich der Spieler zusätzlich oder auch nur einzig dafür entscheiden, einen Forscher eine Aktion durchführen zu lassen, kann er zwischen drei verschiedenen Aktionen auswählen. Jeder Forscher darf in dieser Phase aktiv werden!

|1. Kontinent bereisen und Informationen sammeln|

Sofern das Zollschild den Kontinent nicht blockiert, darf der Spieler einen Forscher aus seiner Auslage wählen und diesen Kontinent mit ihm bereisen. Um zu markieren, dass der Forscher eine Aktion durchgeführt hat, wird seine Karte ein wenig nach vorne geschoben, damit dies für alle ersichtlich ist. Der Spieler darf nun die oberste Karte des Kontinents anschauen und die Informationen sammeln. Entscheidet er sich in derselben Runde dafür, diesen Kontinent noch einmal zu bereisen, darf er nun die zweite Karte von oben anschauen, und so weiter. Die Reihenfolge der Karte darf indes nicht verändert werden.

|2. Expedition durchführen|

Der Spieler bestimmt einen Kontinent, auf dem er eine Expedition starten möchte. Dies darf auch ein Landstrich sein, der bereits zuvor von einem Forscher erkundet wurde. Auf der Rückseite der Fundstellen steht der Preis, den man für diese Expedition aufbringen muss. Ist das Finanzielle geregelt und die Expedition bezahlt, wird die Karte des Kontinents aufgedeckt. Nun stellt der Spieler ein Forscherteam aus denjenigen Forschern zusammen, die in dieser Runde noch nicht aktiv waren. Kann dieses Team die Bedingungen der Fundstellen erfüllen oder sogar die gefragten Werte übertreffen, gilt die Expedition als bestanden. Der Spieler nimmt die Fundstelle auf die Hand; der darauf abgebildete Goldwert zählt nun zu seinem Goldvorrat. Als Letztes muss er nun noch einen der an der Expedition beteiligten Forscher verdeckt unter den Nachziehstapel zurücklegen.

Schlägt die Expedition indes fehl, geht der Spieler leer aus. Auch in diesem Fall muss man sofort einen beteiligten Forscher abgeben. Außerdem ist sein Spielzug sofort danach beendet, ganz gleich, ob alle Forscher schon eine Aktion durchgeführt haben.

|3. Zollschild versetzen|

Der Spieler kann auch eine Forscheraktion opfern, um das Zollschild auf einen anderen Kontinent zu setzen. Hierzu nimmt er das Schild und bewegt es seinen Vorstellungen entsprechend weiter.

Ein Spielzug ist dementsprechend immer dann zu Ende, wenn ein Spieler fünf Goldstücke kassiert hat oder alle Forscher eine Aktion durchgeführt haben oder jemand auf ausstehende Aktionen verzichtet oder eine Expedition fehlgeschlagen ist.

_Spielende_

Das Ende des Spiels ist je nach Mitspielerzahl zu einem anderen Zeitpunkt erreicht. Bei zwei Spielern ist „Bayon“ zu Ende, wenn ein Spieler 250 Goldstücke oder mehr erreicht hat. Im Drei-Spieler-System reichen schon 225 Goldstücke aus, wohingegen man bei der maximalen Spielerzahl von vier Leuten bereits mit 200 Goldstücken siegreich ist. Man kann aber natürlich auch variieren, um so die Spieldauer zu strecken oder zu straffen.

_Meine Meinung_

Mit “Bayon“ hat der |Adlung|-Verlag einmal mehr ein richtig schönes Kartenspiel veröffentlicht. Das Spiel ist zum einen leicht zu erlernen und auch nicht sonderlich komplex, taktisch und strategisch aber unheimlich vielseitig und außerdem mit einer gehörigen Langzeitmotivation ausgestattet. In beinahe allen Partien, die ich diesem Spiel im vergangenen Monat gewidmet habe, waren die Entscheidungen immer recht knapp, auch im Spiel zu zweit, welches zwar nicht ganz so turbulent zugeht wie bei der Höchstspielerzahl, aber immer noch ein spannendes, packendes Duell garantiert.

Angenehm ist vor allem, dass der Faktor Glück nur eine untergeordnete Rolle spielt und sich lediglich darauf beschränkt, welche Karten man aufdeckt bzw. welche Forscher beim eigenen Spielzug gerade in der Auslage am Nachziehstapel ausliegen. Doch dies sind alles Dinge, die den Spielverlauf nur minimal beeinflussen, aber sicher nicht spielentscheidend sind. Das richtige taktische Vorgehen ist indes das A und O von „Bayon“. Man muss immer wieder abwägen, ob man besser Geld sammelt, auf bessere Forscher wartet und vor allem, wie und wo man seine Forscher einsetzt. Und das kann sich nach jedem Spielzug eines Gegners wieder maßgeblich ändert, weil dadurch auch immer wieder die Auslage wechselt und man oft ganz spontan seinen Zug planen muss.

Trotz vergleichbar simplem Aufbau ist „Bayon“ recht anspruchsvoll und bei der Suche nach einer perfekten Strategie kaum durchschaubar. Der Ehrgeiz, dennoch den richtigen und besten Weg zu finden, ist allerdings nicht zu bremsen und hält auch über einen langen Zeitraum an. Dabei ist nicht zu unterschätzen, dass „Bayon“ bei einer durchschnittlichen Spielzeit von 20 bis 30 Minuten recht schnell über mehrere Stunden den Spieltisch ausfüllt, weil das Spiel schlichtweg Spaß macht, Spannung verspricht und nie langweilig wird. Bevor ich mich wiederhole, möchte ich daher auch eine ganz klare Empfehlung aussprechen – für den erschwinglichen Preis von ca. sieben €uro kann man hier nichts verkehrt machen!

http://www.adlung-spiele.de/

Lanzelot – Ritter ohne Furcht und Tadel (Europa-Originale 23)

Story

Dulac, der Ritter vom See, lebt ein friedliches Leben an den Gewässern seiner Umgebung. Erst als der alte Gwendap nach langer Reise zurückkehrt, soll sich dies ändern, denn er hat beschlossen, dem Jüngling Dulac den letzten Feinschliff in der Ausbildung zum Ritter zu verpassen. Dulac ist wissbegierig und lernt schnell, so dass der Reise zu König Arthur und der Aufnahme in die Tafelrunde nichts mehr im Wege steht. Doch auf der Reise dorthin muss Dulac erst noch einige Abenteuer bestehen und entdeckt nach einem harten Kampf in einer Drachenhöhle auf einem Grabstein eine uralte Prophezeiung, der zufolge er der Königssohn Lanzelot ist, der eines Tages die edle Elaine ehelichen soll. Dulac alias Lanzelot ist von der Offenbarung verblüfft, macht sich jedoch daran, sie zu verwirklichen. Nachdem er am Königshof zum Ritter geschlagen wurde, begibt er sich auf die Suche nach Elaine, um sein Schicksal zu besiegeln.

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Ed McBain – Big Bad City

Trotz Sommerhitze und Überlastung versuchen die Polizisten des 87. Reviers, einige ebenso blutige wie bizarre Verbrechen aufzuklären, während sich ein Attentäter daranmacht, an einem der Beamten tödliche Rache zu üben … – Mit dem 49. Band führt Autor McBain seine legendäre Krimi-Serie problemlos ins 21. Jahrhundert. Klassisch setzt er diverse Stränge zu einer spannenden Geschichte zusammen, die wie immer auch Teil der Chronik des 87. Polizeireviers ist: wunderbar!
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Noll, Ingrid – Apothekerin, Die (SZ Kriminalbibliothek 45)

Die Apothekerin Hella Moorman liegt im Heidelberger Frauenkrankenhaus. Ihre Bettnachbarin ist die ältere Rosemarie Hirte, der sie nach und nach aus ihrem abenteuerlichen Leben erzählt. Hella erlebte eine schwere Kindheit, mit einem strengen Vater und einem Außenseiterdasein in der Schule. Ein katastrophaler Unfall sorgt endgültig für ein Trauma bei dem jungen Mädchen, das sich seitdem ganz zurückzieht und verbissen für gute Noten arbeitet.

Ihre Partner entpuppen sich gewöhnlich als labile Sorgenkinder, die mit Selbstmordgedanken spielen oder Drogen nehmen. Mit dreißig Jahren lernt sie den jüngeren Zahnmedizin-Studenten Levin kennen, mit dem sie erstmals an eine dauerhafte Zukunft mit Familie denkt. Levin jedoch ist ein sprunghafter, verschwenderisch lebender Jüngling mit deutlich weniger ernsten Absichten. Während Hella hofft, dass ihr Traum von Hochzeit und Kindern doch noch in Erfüllung geht, wartet Levin auf den Tod seines reichen Großvaters Hermann Graber, der an einer Herzkrankheit leidet. Der alte Herr, der wenig von Levin hält, lebt in einer feudalen Villa, gemeinsam mit der jungen, liederlichen Margot, die ihm den Haushalt führt. Levin steht unter Druck, seit Dieter, Margots Ehemann, aus dem Gefängnis entlassen wurde. Dieter ist sein alter Kumpel, der Rache sucht und Levin erpresst. Levin überredet Hella zur Beihilfe zum Giftmord an seinem Großvater, um rascher an das Erbe zu gelangen. Nach langem Zögern willigt Hella ein. Sie mag den alten Großvater zwar, aber die Angst um Levin ist größer.

Das Testament birgt eine Überraschung: Als Haupterbin ist Hella eingesetzt, unter der Voraussetzung, dass sie Levin innerhalb eines halben Jahres heiratet. Das frische Brautpaar zieht in die Villa ein, Levin gewährt dort außerdem seinem versöhnten Kumpel Dieter und seiner Frau Margot Unterschlupf. Mit Unbehagen bemerkt Hella, dass Levin sie hauptsächlich wegen des Geldes geheiratet hat und vermutet auch langsam ein Verhältnis mit Margot. Dafür nähert sie sich selber Dieter an, der viel mehr Verständnis aufzubringen scheint als Levin. Doch es dauert nicht lange, bis diese prekären Beziehungskonstellationen eskalieren. Levins Großvater wird nicht der letzte Tote in Hellas Leben sein …

_Morde im Stil der Borgias_

Mörderische Ladys sind Ingrid Nolls Spezialgebiet. Auch ihr dritter Roman überzeugt durch Spannung und viel schwarzen Humor, den ihre Fans so sehr an ihr lieben.

Mit Hella Moormann hat sie eine für sie sehr typische Frauenfigur geschaffen. Hella ist intelligent und strebsam, ein bisschen spröde, vernunftbetont und gut organisiert. Diese Eigenschaften zeichneten sich bereits in der Kindheit ab, die zu Beginn in kurzen Auszügen erzählt wird. Hella hängt an ihrem Vater, der es jedoch als strenger Vegetarier seiner Familie nicht leicht macht. Ein schlimmer Zwischenfall mit katastrophalen Folgen in der Schule zerrüttet das familiäre Verhältnis endgültig und Hellas Außenseiterleben bestätigt sich. Der Beruf als Apothekerin entspricht in mehrfacher Hinsicht ihrem Charakter. Sie hat einen guten Sinn für Details und Kleinigkeiten, sie arbeitet mit viel Sorgfalt und liebt es, Dinge zu sortieren und mit viel Feinsinn zu behandeln. Gleichzeitig besitzt sie ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Um die Leere in ihrem eigenen Leben auszufüllen, widmet sie sich mit Hingabe problembelasteten Männern; Selbstmordkandidaten, labile Persönlichkeiten und ehemalige Häftlinge finden bei ihr Zuspruch und ein warmes Bett. Da ist es kein Wunder, dass auch Levin in diese Sammlung hineinpasst. Levin gehört zum Typ der „großen Jungen“; er ist ein Wildfang mit viel Temperament, der sich zu Hellas Freude wie ein Kind für bestimmte Dinge begeistern kann. Andererseits gehört auch eine gehörige Portion Unreife zu seiner Person. Levin liebt den Luxus und die Verschwendung, Porschewagen sind seine große Leidenschaft und er besitzt keine Ambitionen, sein Studium zu beenden. Die kluge Hella erkennt zwar seine Unzulänglichkeiten und sie ahnt, dass Levin ihren Traum von einer kleinen Familie kaum teilen wird, doch sie hofft, mit dem nötigen Einfluss seinen Charakter zu festigen.

Fast alle Figuren im Roman vereinen mehrere Seiten in sich. Das gilt auch besonders für Dieter, den man vor seinem ersten Auftritt als gefährlichen Ex-Knacki beschrieben bekommt, ehe er sich dann zeitweise sogar sehr sensibel verhält und vorübergehend Levin aus Hellas Herz verdrängt. Hauptfigur Hella ist eine gelungene Mischung aus positivem und negativem Charakter. Sie ist wahrlich keine Heldin, beweist Unzulänglichkeiten, fällt auf die falschen Männer herein und nimmt es später mit der Treue selber nicht mehr so genau. Trotzdem fiebert man mit ihrem Schicksal mit, amüsiert sich über ihre ironisch-zynischen Schilderungen und ist gespannt, was in ihrem Leben als nächstes geschieht.

|Viel Spannung, viel Humor|

Die Spannung entspringt dabei vor allem zwei Gründen: Zum einen läuft bei Ingrid Noll fast jeder Charakter Gefahr, um die Ecke gebracht zu werden. Die Handlung nimmt immer neue überraschende Wendungen, sodass man nicht sicher sein kann, wer hier als nächstes gegen wen intrigiert und ob man jemanden nicht voreilig falsch eingeschätzt hat. Nicht nur der leichtlebige Levin, der zwielichtige Dieter und die ordinäre Margot sind unberechenbar, sondern auch Hella selbst. Das beste Beispiel dafür ist die Beihilfe zur Ermordung von Hermann Graber, die Hella schwerste Gewissensbisse einbringt. Auch das reiche Erbe ist kein Trost für sie, denn geldgierig ist sie nie gewesen. Doch der brennende Wunsch, mit Levin ein glückliches Familienleben führen zu können, ist so stark, dass sie dafür selbst kriminelle Methoden in Kauf nimmt. Zum anderen deutet Hella in ihren Gesprächen mit Rosemarie Hirte immer wieder bestimmte Ereignisse an, ohne zu viel vorwegzunehmen, sodass der Leser es kaum erwarten kann, bis er Genaueres erfährt. Nicht nur Frau Hirte wundert sich über manche Andeutungen und fragt sich, welche Wendungen auf den Hörer bzw Leser noch zukommen werden.

Auch in diesem Roman überzeugt die Autorin durch den unverwechselbaren Stil, in dem sie ihre Protagonistin erzählen lässt. Hella Moormann kommentiert ihr Leben in einer lakonischen Sprechart, hat keine Scheu vor Selbstironie und gewinnt so auch tragischen und dramatischen Ereignissen eine galgenhumorige Note ab. Auch wenn Hella ihre Fehler erkennt und vor Selbstkritik nicht zurückschreckt, wird es mit der Moral nicht gerade genau genommen. Empfindliche Leser, die mit schwarzem Humor nicht viel anfangen können, werden womöglich eher befremdet reagieren. Allen anderen dürfte dieser spezielle Krimispaß ein großes Lesevergnügen bereiten.

|Wiedersehen mit Frau Hirte|

Die Handlung spielt zwar in zwei Zeitrahmen, aber Gefahr, dabei durcheinanderzukommen, läuft man ganz sicher nicht. Der größte Teil der Erzählung besteht aus Rückblenden, in denen Hella aus der Zeit mit Levin erzählt. Die Kapitel werden dann oft mit Szenen aus der Gegenwart eingeleitet, in denen Hella im Krankenhaus liegt und sich mit Frau Hirte unterhält. Der besondere Clou in diesem Gegenwartsstrang liegt darin, dass Rosemarie Hirte für Noll-Leser keine Fremde ist, sondern die Hauptfigur in Nolls Debütroman „Der Hahn ist tot“ war. Während Hella Moorman die 58-jährige Dame neben sich für eine alte, etwas langweilige Jungfer hält, die sie mit ihren Mordgeschichten schockt, ahnt sie nicht, dass Rosi Hirte ihr vor nicht allzu langer Zeit in nichts nachstand, selber ein paar Leutchen auf dem Gewissen hat und nicht weniger schauerliche Geschichten zum Besten geben könnte.

|Kleine Mankos|

Nolls große Stärken sind zum einen das Erschaffen von emanzipierten Frauenfiguren, die sich trotz ihrer Durchschnittlichkeit und Sympathie zu Mörderinnen entwickeln, und zum anderen die humorvolle Darstellung von Rache- und Mordgeschichten. Die Schwäche liegt darin, dass sich dieses Schema beinahe in jedem Roman finden lässt und sich die Figuren wie auch die Motive ähneln. Fans kommen dabei jedes Mal aufs Neue auf ihre Kosten, andere Leser können sich, wenn sie schon eines oder mehrere Werke gelesen haben, allerdings langweilen. Alleine die Protagonistinnen aus den Romanen „Der Hahn ist tot“, „Die Apothekerin“ und „Die Häupter meiner Lieben“ weisen starke Parallelen auf. Kindheit, Jugend und frühe Erwachsenenzeit sind geprägt durch Konflikte, Außenseiterdasein und viele Enttäuschungen in zwischenmenschlicher Hinsicht, vor allem in Liebesdingen. Hella Moorman ist zwar jünger als Rosemarie Hirte, aber beide Frauen verbindet die vergebliche Suche nach einem passenden Partner, nach der großen Liebe, mit der sie traute Zweisamkeit und ein Familienleben verwirklichen können. Die Morde ergeben sich nicht aus Gier oder gar Grausamkeit heraus, sondern entstehen beinah ungewollt und als notwendige Übel. Ohne Zweifel ist es höchst amüsant, wie diese jungen und nicht mehr ganz so jungen Damen auf der Suche nach dem großen Glück zu unpopulären Mitteln greifen und in Mordangelegenheiten verwickelt werden, die nicht einmal sie selber sich jemals zugetraut hätten. Doch der Abnutzungseffekt kann nicht wegdiskutiert werden, und wer kein erklärter Fan von Ingrid Noll ist, wird dem Schema auf Dauer kritisch gegenüberstehen.

Stärke und Schwäche liegen auch in den Insideranspielungen nah beieinander. Wer Nolls Debütroman „Der Hahn ist tot“ noch gut in Erinnerung hat, wird über das Wiedersehen mit Rosemarie Hirte begeistert sein. Die Anspielungen auf Rosi Hirtes Leben sind recht dezent gehalten, sodass die Kenntnis des anderen Romans nicht zwingend notwendig ist. Aber der Spaßfaktor liegt doch beträchtlich höher, wenn man um die Umstände aus „Der Hahn ist tot“ weiß. Zudem besteht die Gefahr, dass einem der Lesespaß bei „Der Hahn ist tot“ durch manche Details aus der „Apothekerin“ verdorben wird, denn Rosi Hirte gibt ein paar Einzelheiten preis, die recht bedeutsam für den Handlungsverlauf ihrer Geschichte sind – im letzten Drittel wird sogar ein Teil des Ausgangs dieser Geschichte verraten. Auch wenn die Bücher grundsätzlich voneinander unabhängig zu lesen sind, ist es deswegen dringend anzuraten, sich erst „Der Hahn ist tot“ zu widmen und anschließend zur Lebensbeichte von Hella Moormann zu greifen.

Irritierend ist außerdem Hellas Reaktion auf einen positiven Schwangerschaftstest, den sie erst vom Arzt überprüfen lassen will. Dass ein Test fälschlich negativ ausfällt, kommt schon mal vor, entweder weil man zu früh getestet hat oder sich das Schwangerschaftshormon erst später in ausreichender Menge bildet. Dass umgekehrt das Hormon vorhanden ist, obwohl man nicht schwanger ist, ist praktisch nicht möglich, außer bei seltenen Tumoren, die das Hormon ebenfalls produzieren, oder bei einer unbemerkten Fehlgeburt im frühen Stadium. So wie die Protagonistin hier spricht, klingt es, als sei es gar nicht mal selten, dass falsch positive Teste vorkommen, was so nicht stimmt. Gerade weil Hella Moormann selber Apothekerin ist, also das nötige Fachwissen besitzt, stört diese Ungenauigkeit.

_Unterm Strich_ hat man es hier mit einem vergnüglich-spannenden Krimi zu tun, der vor allem weibliche Leser mit Spaß an schwarzem Humor begeistern wird. Kleine Parallelen zu Nolls anderen Romanen schwächen den Gesamteindruck zwar ein klein wenig, der aber trotzdem insgesamt sehr überzeugend ist.

_Die Autorin_ Ingrid Noll wurde 1935 als Tochter eines Arztes in Shanghai geboren. Mit 14 Jahren siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland über, wo sie in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren begann. Erst im Alter von 55 Jahren veröffentlichte sie mit „Der Hahn ist tot“ ihren ersten Roman, der sofort die Bestsellerlisten stürmte. Es folgten weitere Werke, allesamt humorvolle Krimis, die sich meist um mordende Alltagsfrauen drehen, u. a.: „Die Häupter meiner Lieben“, „Selige Witwen“, „Röslein rot“. Mehrere ihrer Bücher wurden bereits verfilmt.

Zatz, André / Halaban, Sergio – Hart an der Grenze

Neben den beiden Branchenprimussen [„Die Säulen der Erde“ 3072 und „Kampf um Rom“ hatte es „Hart an der Grenze“ auf der Liste der Neuveröffentlichungen vom |Kosmos|-Spieleverlag in diesem Jahr ziemlich schwer und wurde vor allem auf der Messe in Essen kaum beachtet. Dabei hätte das kurzweilige Spiel aus der Feder von André Zatz und Sergio Halaban definitiv etwas mehr Aufmerksamkeit verdient, denn auch wenn hier (im Gegensatz zu den genannten Titeln) keine Materialschlacht ausgetragen wird, so überzeugt „Hart an der Grenze“ immer noch durch eine gelungene, wenn auch auf ähnliche Art und Weise bereits bewährte Spielidee, die besonders in der größeren Gruppe ein echter Garant für langen Spielspaß ist.

_Spielidee_

Im mexikanischen Grenzgebiet kann man so manche illegale Ware erstehen. Seien es nun goldene Statuen, zollpflichtige Zigarren oder eben doch hochprozentiger Tequila – die Bandbreite der verbotenen Güter, die man zwischen Krügen, Maracas und Sombreros über die Grenze schmuggeln kann, ist recht groß und lädt geradezu dazu ein, den Zöllner zu betrügen, schließlich winkt jenseits der Grenze ein satter Erlös. Aber wehe, man wird vom Sheriff erwischt! Dann nämlich werden die Waren beschlagnahmt und der Schmuggel mit einer empfindlichen Geldstrafe belegt. Es sei denn, der Sheriff lässt sich mit Hilfe von ein wenig Kleingeld vom Gegenteil überzeugen …

_Spielmaterial_

• 100 Geldscheine in den Werten von 1-100 Dollar
• 139 Warenkarten
• 1 Übersichtskarte
• 6 Spielsteine Beschlagnahme
• 6 Spielsteine Zusatzkontrolle
• 6 verschiedene Reisekoffer
• 1 Sheriff-Stern

Bei den Spielmaterialien haben sich die Entwickler nicht lumpen lassen, wobei natürlich zunächst die schmucken Blechdosen (Reisekoffer) ins Auge stechen, auf denen neben verschiedenen Mustern auch eine Catan-Hommage abgebildet ist. Dem entgegen ist das Spielgeld eher mäßig aufgemacht und erinnert qualitativ leider an das schnell abgenutzte Zahlungsmittel von „Monopoly“. Auch der Sheriff-Stern, der an einer Wäscheklammer haftet, ist eher mäßig verarbeitet und wird mit Sicherheit auf lange Sicht kein ständiger Begleiter sein. Spielsteine und Karten sind indes qualitativer |Kosmos|-Standard, weshalb es diesbezüglich auch nichts zu meckern gibt.

_Spielziel_

Das Ziel des Spiels ist ganz einfach definiert; es gilt, so viele Waren wie möglich legal oder illegal über die Grenze zu bringen und sich an den entsprechenden Zahltagen dafür entlohnen zu lassen. Wer nach insgesamt drei Runden die meisten Dollars verdient hat, gewinnt das Spiel.

_Vorbereitungen_

Die Warenkarten werden gründlich gemischt und verdeckt auf den Tisch gelegt. Jeder Spieler zieht nun fünf Karten, die anschließend sein Handkontingent bilden. Weiterhin bekommt jeder 30 Dollar, einen Reisekoffer sowie einen roten Spielstein „Beschlagnahme“. Sollten fünf oder sechs Spieler an der Partie beteiligt sein, wird außerdem noch an jeden Spieler jeweils ein weißer Spielstein „Zusatzkontrolle“ ausgegeben. In die Mitte des Tisches wird nun noch die Übersichtstafel für alle Spieler klar sichtbar ausgelegt. Anschließend wird der ehrlichste Spieler bestimmt, der dann den Sheriff-Stern erhält und somit zum Startspieler erklärt wird.

_Die Warenkarten_

Die Warenkarten sind das wichtigste aktive Spielmittel in „Hart an der Grenze“ und werden unterteilt in legale und illegale Waren. Ihr Status ist entscheidend für den Fall, dass man beim Schmuggeln erwischt wird, denn wenn man falsch bezichtigt wird, erhält man für den legalen Transport der zuvor angesagten Warenkarten eine finanzielle Entschädigung. Andererseits fällt die Strafe für fälschlich angesagte legale Waren nicht ganz so empfindlich aus. Wird man indes beim Schmuggel von Zigarren, Tequila oder einer Status erwischt, ist die Strafe richtig saftig.

Genau umgekehrt sieht es natürlich mit dem Wert aus; illegale Waren machen sich bei den Abrechnungen zum Schluss einer Runde viel besser und bringen einen weitaus höheren Erlös. Sombreros, Maracas und Krüge hingegen sind nicht so gefragt und werden dementsprechend schlechter bezahlt.

Auf den Karten sowie auf der Übersichtstafel steht noch einmal genau aufgelistet, welche Strafen/Entschädigungen fällig sind, wenn der Sheriff den Schmuggler durchsucht.

_Der Spielverlauf_

Der Verlauf eines Spiels ist abhängig von der Spielerzahl. „Hart an der Grenze“ kann von drei bis sechs Spielern gespielt werden, wobei eine wachsende Spielerzahl auch die Spielzeit verlängert, weil nämlich jedwede Variante über genau drei Runden geht und jeder Spieler pro Runde einmal die Rolle des Sheriffs übernommen haben muss.

Eine Runde ist dabei so aufgebaut, dass von Spielzug zu Spielzug der Sheriff-Stern an den linken Nachbarn weitergegeben wird, bis ihn schließlich jeder einmal getragen hat. Sobald der Stern einmal reihum durchgelaufen ist, folgt eine Wertung, in der jeder Spieler nun seine geschmuggelten Gegenstände verkaufen kann. Er hat jedoch die Möglichkeit, pro Runde bis zu drei Gegenstände zurückzuhalten, die er eventuell zum Ende für den doppelten Wert verkaufen kann. Allerdings muss er hierbei (mit einem Blick auf die Übersichtstafel in seinem Reisekoffer) beachten, dass am Schluss nur eine vorgeschriebene Gesamtzahl der verschiedenen Waren zum doppelten Preis abgesetzt werden kann und man eventuell auf seinen Waren sitzen bleibt.

_Ein Spielzug_

Vor jedem Zug füllen die Spieler ihr Handkartenkontingent wieder auf den Anfangswert von fünf Karten auf. Der Sheriff-Spieler steckt sich den Stern an die Brust und legt seine Handkarten verdeckt ab, weil er sie in diesem Zug nicht mehr brauchen wird. Dann wählen die anderen Spieler eine bis fünf Karten aus ihrer Hand aus und legen sie geheim in ihren Koffer, der daraufhin wieder verschlossen wird. Beginnend beim Spieler links neben dem Sheriff sagt nun jeder an, wie viele Warenkarten er in den Koffer gelegt hat, ganz unabhängig davon, ob dies auch der Wahrheit entspricht. Weiterhin darf er nur eine Warenart (und dazu natürlich eine legale) ansagen. Befinden sich zum Beispiel zwei Krüge und zwei Maracas in seinem Koffer, sagt er lediglich die beiden Krüge oder eben die Maracas an.

Sobald alle Spieler ihre Waren angesagt haben, muss sich der Sheriff für einen von ihnen entscheiden und ihm den Befehl erteilen, seinen Koffer zu öffnen. Natürlich wählt er dabei den Spieler mit der unglaubwürdigsten Ansage aus. Dieser muss nun alle Karten aus seinem Koffer nehmen und sie dem Sheriff zur Kontrolle reichen. Allerdings kann er dem auch vorbeugen, indem er mit dem Sheriff über ein Bestechungsgeld verhandelt, welches ihn eventuell vor Schlimmerem bewahrt. Dies ist auch die einzige Möglichkeit für den Sheriff, in dieser Runde zu Geld zu kommen. Lässt sich der Sheriff darauf ein, wird der vereinbarte Betrag gezahlt und der Zug beendet. Kommt es hingegen tatsächlich zur Kontrolle, wird der Wahrheitsgehalt der Ansage überprüft und danach entweder Straf- oder Entschädigungsgeld gezahlt. Bei einer Übereinstimmung mit der Ansage darf der Spieler alle transferierten Waren behalten und hinter seinen Koffer legen. Sollte er betrogen haben, muss er die falsch angesagten Wagen auf den Ablagestapel legen. Alle Gegenstände, die jedoch mit der Ansage übereinstimmten, dürfen ebenfalls hinter den Koffer gelegt und behalten werden. Wenn der Sheriff sich allerdings nicht sicher sein sollte, ob überhaupt jemand gesetzeswidrig gehandelt hat, kann er auch ganz auf die Kontrolle verzichten.

Der Sheriff hat zudem noch eine einmalige Zusatzoption. Glaubt er, dass ein Mitspieler extrem viele Waren bei der Ansage verschwiegen hat, kann er seinen „Beschlagnahme“-Spielstein einsetzen, die im Koffer abgelegten Karten des Spielers durchsehen und alle falsch angesagten Waren zu den bereits gesammelten Waren hinter seinen Koffer legen. Die Karten, die mit der Ansage des Gegners übereinstimmten, bleiben auch in dessen Besitz. Beim Spiel zu fünft oder sechst darf der Sheriff außerdem einmalig eine Zusatzkontrolle durchführen und bei dringendem Tatverdacht eine zweite Kontrolle bei einem anderen Spieler durchführen.

Nach beiden Aktionen wandern die Spielsteine im Anschluss in die Spielschachtel zurück und können in der laufenden Partie nicht mehr verwendet werden.

_Das Ende einer Runde_

Sobald jeder Spieler einmal den Posten des Sheriffs bekleidet hat, ist eine Runde zu Ende. Die Spieler entscheiden nun, ob sie alle Waren sofort verkaufen möchten oder doch lieber noch den einen oder anderen Gegenstand für später bewahren wollen, weil er eventuell noch zum doppelten Preis verkauft werden könnte. Sollte er einen solchen Entschluss fassen, werden diese Karten – maximal drei pro Runde – bis zum Spielende unter dem Reisekoffer aufbewahrt. Die restlichen Waren werden anschließend gegen Bargeld umgetauscht und auf den Ablagestapel gelegt.

Dann wird die nächste Runde eingeläutet, und zwar vom ärmsten Spieler, der nun entscheiden darf, wer in der nächsten Runde als Erster den Sheriff mimen darf. Letzterer steckt seinen Stern an, die übrigen füllen ihre Handkarten auf, und das Procedere wiederholt sich.

_Spielende_

Nach genau drei Runden, in denen jeder jeweils einmal (im Spiel zu dritt jeweils zweimal) Sheriff gewesen ist, endet das Spiel sofort. Die anschließende Wertung ist ein wenig umfassender, weil jetzt nicht nur wie gehabt die neuen Schmugglerwaren in Bargeld umgesetzt werden, sondern auch noch entschieden wird, wer seine zurückgelegten Waren zum doppelten Preis verkaufen darf. Je nach Spielerzahl ist dies genau festgelegt. Beginnend mit jeweils demjenigen, der von einer Warenart die meisten Anteile besitzt, wird nun der Verkauf betrieben. Wird die Maximalmenge von ihm bereits erreicht, darf kein anderer mehr die betreffenden Waren verkaufen. Ansonsten geht es reihum weiter, bis die zulässigen Höchstwerte erreicht werden.

Als Letztes wird nun der Gesamtbetrag des erwirtschafteten Geldes gezählt und der Sieger – natürlich der mit dem besten Kontostand – ermittelt.

_Meine Meinung_

„Hart an der Grenze“ ist vom Prinzip her ein sehr schlichtes Spiel, in dem es nicht nur darum geht, den Sheriff durch cooles Bluffen in die Irre zu führen, sondern dabei auch noch möglichst viele Waren unangekündigt über die Grenze zu schmuggeln, wobei der Schwierigkeitsgrad je nach Spielmodus doch weit auseinanderklafft. Bei maximaler Spielerzahl ist es zum Beispiel recht einfach, des Öfteren auch illegale Waren in seinen Koffer zu packen, wohingegen die Drei-Spieler-Variante wegen der 50:50-Chance des Sheriffs schon gewieftes Taktieren voraussetzt, weil man natürlich statistisch öfter kontrolliert wird.

Dies ist aber auch der Grund, warum „Hart an der Grenze“ bei der Mindestspielerzahl nicht ganz so viel Spaß macht wie bei fünf oder sechs Mitwirkenden, wo außerdem noch weitere Optionen wie etwa der Spielstein „Zusatzkontrolle“ genutzt werden darf. Es ist nämlich in diesem Spiel auch so, dass man nicht nur die Reaktion des Sheriffs berücksichtigen, sondern sich auch intuitiv in die übrigen Gegenspieler hineinversetzen muss, um so abzuschätzen, welcher Bluff im nächsten Spielzug angebracht ist – und das macht die Sache bei jedem weiteren Spieler noch interessanter, aber eben auch schwieriger.

Umgekehrt ist der Sheriff natürlich auch immer wieder in der Bredouille. Bei maximal fünf Gegenspielern hat er zahlreiche Möglichkeiten und gerät dabei auch unter Druck, bloß keinen falschen Verdacht zu äußern, weil es sicherlich in jeder Runde Mitspieler gibt, die bei ihren Ansagen der Wahrheit fernbleiben. Dies ist bei drei Spielern wiederum nicht so schlimm, denn wie bereits erwähnt, die Chancen stehen hier 50:50, es sei denn, keiner der Gegner hat sich dazu entschlossen, illegal zu handeln.

Aber mal abgesehen von der Spielerzahl macht „Hart an der Grenze“ auf jeden Fall richtig Spaß und zeichnet sich abgesehen von der witzigen graphischen Gestaltung der Spielmaterialien vor allem durch ein hohes Maß an Kommunikationsaktivität aus. Richtig schön wird dies, wenn der erwischte Schmuggler den Sheriff mit Bestechungsgeld schmieren möchte, woraufhin meist eine hitzige, von Humor geprägte Diskussion entbrennt, die dem Spiel das nötige Feuer verleiht. Zwar ist die Spieltiefe recht begrenzt, weil der Ablauf sich von Partie zu Partie immer recht stark ähneln wird, und dennoch gilt es immer wieder von neuem, seine Gegner zu analysieren und ihnen einige Zweifel zu entlocken, die sie beim Falschspiel entlarven.

Dass „Hart an der Grenze“ nicht so groß angepriesen wurde wie meinetwegen „Die Säulen der Erde“, ist aufgrund des teils bekannten Spielablaufs natürlich verständlich, doch verstecken muss sich dieses lustige, unterhaltsame Spiel sicher nicht. Zum entspannenden Abschluss oder zur Auflockerung eines monumentalen Spieleabends ist dieses Spiel wegen seines simplen, leicht verständlichen Prinzips jedenfalls fabelhaft geeignet.

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Twain, Mark / Brac, Claudius – Tom Sawyer und Huckleberry Finn – Folge 2 (Europa-Originale 18)

_Besetzung_

Erzähler – Hns Paetsch
Becky – Regine Lamster
Tom Sawyer – Florian Kühne
Huckleberry Finn – Wolf Schenke
Indianer-Joe – Horst Fleck
Der Alte – Heinz Fabian
Walliser – Walter Petersen
Mrs. Douglas – Heike Kintzel
Volksmenge, Jungen und Mädchen

_Story_

Nachdem Indianer-Joe als Mörder entlarvt wurde, jedoch noch vor Gericht die Flucht angetreten hat, lebt Tom Sawyer in steter Angst, wohl wissend, dass der Verbrecher Tom wegen seiner Aussage noch belangen möchte. Unterdessen suchen Huckleberry Finn und Tom nach einem geheimnisvollen Schatz, den auch der berüchtigte Indianer entdeckt hat. Auch Becky hat sich den beiden Jungs angeschlossen und befindet sich gemeinsam mit Tom mitten im Schatz-Labyrinth, als Indianer-Joe und sein Helfershelfer den Schatz bergen wollen. Als den beiden Ganoven die frischen Spuren im Versteck auffallen, werden sie misstrauisch und wissen nun, dass sie nicht die Einzigen sind, die von dem Schatz wissen. Von nun an ist Tom gleicht doppelt in der Klemme: Zum einen hat Indianer-Joe seine Rachepläne noch nicht vergessen, und zum anderen ist Tom dem Schurken in der Enge des Labyrinths schutzlos ausgeliefert. Nun liegt es an Huckleberry, der außerhalb des Eingangs Wache schiebt, Tom aus seiner misslichen Lage zu befreien und Indianer-Joe ein für allemal das Handwerk zu legen.

_Meine Meinung_

Im zweiten Teil der Geschichte befinden sich die beiden Jugendlichen mit einem Mal in großer Gefahr. Keiner von ihnen hätte gedacht, dass Indianer-Joe sich dem Richterspruch entziehen könnte, und somit bereut vor allem der junge Sawyer, sich öffentlich gegen den offenkundigen Mörder gestellt zu haben. Es ist an ihm, aus der Stadt zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen, doch seine Liebe zu Becky lässt ihn nicht weiter über diesen Plan nachdenken.
So werfen sich Tom und Huck direkt ins nächste Abenteuer und entdecken dabei einen wertvollen Schatz.

Doch sie sind erneut nicht allein, denn wiederum kommt ihnen der fiese Indianer-Joe in die Quere und offenbart in ihrem verborgenen Beisein die Rachepläne an Tom und der Douglas-Witwe. Erschrocken von der kompromisslosen Art des Verbrechers, überlegt Sawyer weiter, ob es nicht besser wäre, vor dem ausstehenden Anschlag zu fliehen, doch wiederum ist es Becky, die ihn unbewusst zurückhält. Ihre Anwesenheit ermutigt ihn, sich der Konfrontation zu stellen und selbst unliebsame Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Die junge Miss Thatcher, die Tochter des Richters, weiß aber noch nicht, auf welch gefährliches Spiel sie sich einlässt, als sie Tom erneut in das finstere Labyrinth folgt, und gerät unschuldig in eine Falle, bei der nichts sicherer als der Tod zu sein scheint – schließlich macht der gemeine Joe keine halben Sachen.

Tatsächlich ist die zweite Episode des 1967 eingespielten Hörspiels von „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ (mit dem Untertitel „… auf gefährlicher Entdeckungsfahrt“) noch einmal eine Steigerung zur bereits durchweg überzeugenden ersten Folge. Prinzipiell sind die Unterschiede dabei nur minimal und konzentrieren sich vorwiegend auf den erhöhten Spannungsanteil, der in diesem Fall von der erheblich gefährlicheren Ausgangslage herrührt. Nun nämlich weiß Indianer-Joe von den beiden herumstreunenden Jungen und ist bereit, Tom Sawyer trotz seiner Jugend ohne jegliche Gewissensbisse auszulöschen. Und da weiß er noch nicht, dass der Knabe auch dieses Mal wieder in seinen Plänen herumpfuscht. So entwickelt sich nach und nach ein spannendes Abenteuerdrama mit einigen überraschenden Wendepunkten, einer prima inszenierten Handlung und gut aufgelegten Sprechern, bei denen vor allem die Rollen der beiden Jungen gut besetzt sind.

Schön ist auch der stringente Aufbau. Das Erzähltempo wurde noch einmal gehörig gesteigert, und dennoch bleibt genügend Raum für mehrere parallel laufende Handlungsstränge, die wiederum für ein Mehr an Spannung bürgen. Letztendlich ist Claudius Brac mit diesem kurzweiligen Hörspiel eine sehr schöne Adaption von Mark Twains weltberühmter Romanvorlage geglückt, die meines Erachtens ebenfalls zu den Highlights der „Europa-Originale“-Reihe zu zählen ist.

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James, Peter – Stirb schön

Mit „Stirb schön“ veröffentlicht Peter James den zweiten Roman rund um Roy Grace, der bereits in „Stirb ewig“ einen grausigen Fall zu lösen hatte. Peter James ist von Haus aus eigentlich Filmproduzent und versteht es vielleicht auch deshalb besonders gut, seine Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln, ohne sein Publikum zu Atem kommen zu lassen.

Das vorliegende Buch beginnt mit einem Paukenschlag; gleich im ersten Satz lernen wir Janie Stretton kennen, eine wunderschöne und intelligente Jurastudentin, die nebenbei für einen Begleitservice gearbeitet hat. Noch im ersten Absatz teilt James uns mit, dass Janie nicht mehr lange zu leben hat, denn wir begegnen ihr am letzten Tag ihres Lebens. Gleich von Beginn an ist die Zielrichtung also klar. Bevor allerdings Janie ihrem Mörder begegnet, lernen wir auch Tom Bryce kennen, der ein eigenes Unternehmen leitet, das finanziell in der Krise steckt. Doch das ist nicht die einzige Sorge, die Tom quält, denn der Umzug in ein teures neues Heim und die eBay-Sucht seiner geliebten Frau Kellie treiben Tom noch weiter in den Ruin. Hinzu kommen die nervige Pendelei im überfüllten Zug und der fette Mann, der ihm dieses Mal gegenüber sitzt und ganz besonders lautstark telefoniert. Als der dicke Mann aussteigt, bemerkt Tom, dass dieser eine CD-ROM vergessen hat. Tom nimmt diese an sich, ahnt allerdings noch nicht, dass er sich damit viel Ärger eingehandelt hat …

Als Tom Bryce abends besagte CD-ROM in seinen Laptop einlegt und startet, wird er live Zeuge, wie Janie Stretton von ihrem Mörder brutal abgeschlachtet wird. Tom ist schockiert, glaubt jedoch zunächst, einen besonders realistischen Filmtrailer gesehen zu haben. Kurze Zeit später wird ein menschlicher Torso gefunden, der Kopf bleibt jedoch verschwunden. Detective Superintendent Roy Grace beginnt seine Ermittlungen und findet bald heraus, dass es sich bei der ermordeten jungen Frau um Janie Stretton handelt. Nach und nach taucht er in den Fall ein und kommt langsam, aber sicher den Mördern näher, die ihre grausige Tat live ins Internet übertragen haben.

Schneller, als ihm lieb ist, muss Tom Bryce erkennen, dass er nicht nur einen Filmtrailer, sondern einen realen Mord gesehen hat, denn er bekommt Drohmails, die anschließend seine Festplatte löschen. Als er seiner Frau Kellie von diesen erschreckenden Ereignissen erzählt, rät sie ihm, entgegen der Forderung des unbekannten Mailabsenders doch zur Polizei zu gehen. So gibt Bryce sich bei der Polizei schließlich als Mordzeuge zu erkennen, wird diesen Schritt allerdings noch bitter bereuen …

Peter James hat mit „Stirb schön“ einen rasanten und spannenden Thriller vorgelegt, der seine Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln weiß. Von Anfang an legt James ein Tempo vor, dem der Leser sich nicht entziehen kann. Dabei macht er verschiedene Handlungsebenen auf, auf denen sich später die Ereignisse abspielen werden. Ein Schauplatz rankt sich um Tom Bryce und seine Familie sowie seine familiären Probleme. Obwohl er seine Frau über alles liebt, erkennt Bryce doch auch auftauchende Schwierigkeiten, die insbesondere finanzieller Art sind, da seine Frau ihm zuletzt einen mehrere tausend Dollar teuren Grill ersteigert hat.

Eine weitere Erzählebene widmet sich dem Ermittler Roy Grace, dessen Frau Sandy vor einigen Jahren spurlos verschwunden ist. Seitdem sucht Grace verzweifelt nach Spuren, die ihn zu seiner Frau führen könnten. Sobald ein bekanntes Medium die Stadt bereist, besucht er die Aufführung und versucht dort ebenfalls, die Gründe für das Verschwinden seiner Frau zu ergründen. Doch nun hat Grace sich neu verliebt und lässt sich auf Anraten seines Kollegen neu einkleiden, um die angebetete Cleo zu beeindrucken. Und tatsächlich wird das erste Date ein voller Erfolg, nur leider muss Grace später erfahren, dass er offensichtlich nicht der einzige Mann in Cleos Leben ist. Im Laufe der Geschichte kann Roy Grace beim Leser jede Menge Sympathiepunkte sammeln und wird so zu einer hoffentlich festen Größe in Peter James‘ Spannungsromanen.

Aber auch die Ermittlungen selbst nehmen natürlich einen großen Raum im Buch ein. Ein wichtiger Punkt ist hierbei Tom Bryces Laptop, auf dem Spuren nach den unbekannten Betreibern der Snuff-Homepage gesucht werden. Die Polizei lässt ihre besten Computerspezialisten ans Werk gehen, doch auch diese stehen dem Laptop ziemlich ratlos gegenüber. Auch Janie Strettons bewegtes Leben wird genau unter die Lupe genommen, wobei die Polizei recht bald auf einen Freier stößt, mit dem Janie in der Zeit vor ihrem Tod mehrere Verabredungen hatte und der dadurch zu einem der Verdächtigen wird. Ein großes Rätsel stellt auch der tote Skarabäus dar, der in der Leiche gefunden wird. Was will der Mörder damit sagen?

Während die Polizei lange Zeit im Dunkeln tappt, nähern die Verbrecher sich mit rasenden Schritten Tom Bryce und seiner Familie, die immer wieder bedroht werden und ganz offenbar im Zielkreuz stehen. Am Ende ist die Polizei so verzweifelt, dass sie sogar ein Medium zurate ziehen, das per Auspendeln bei der Auflösung des Mordfalles helfen soll.

Peter James eröffnet zahlreiche Handlungsstränge, zwischen denen er in rasantem Tempo hin- und herschaltet, um die Spannung immer weiter zu steigern. Zwischendurch kann man allerdings leicht den Überblick über alle ermittelnden Polizeibeamten verlieren, die größtenteils mit familiärem Anhang vorgestellt werden, sodass ich mir nur einen Bruchteil der Figuren überhaupt merken konnte. In Anbetracht des eher geringen Buchumfangs hätte Peter James sich durchaus auf einige wenige Ermittler beschränken und diese umso besser vorstellen können. Aufgrund der Fülle der auftauchenden Figuren erhalten nur die wichtigsten ein eigenes Profil, auf die anderen Charaktere hätte man daher größtenteils auch gut verzichten können.

Insgesamt bleibt aber definitiv ein positiver Gesamteindruck zurück, da Peter James es ausgesprochen gut versteht, seine Leser ans Buch zu fesseln und gekonnt zu unterhalten. „Stirb schön“ reicht sicherlich nicht an großartige Thriller wie „Das Schweigen der Lämmer“ und Co. heran, dennoch habe ich das Buch sehr gerne gelesen und werde mit Sicherheit wieder zu einem Buch von Peter James greifen. „Stirb schön“ ist genau das Richtige für dunkle, verregnete und ungemütliche Winterabende, bei denen man es sich mit einem spannenden Buch auf dem Sofa gemütlich machen möchte.

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McKiernan, Dennis L. – Elfenkrieger (Dragonstone 2)

Band 1: [„Elfenzauber“ 3100

_Story_

Nachdem die Gefährten – Arin, Egil, Aiko und der Trunkenbold Alos – die Festung von Königin Gudrun in Jütland schadenfrei verlassen und zudem den Liebessklaven der Königin, Delon, befreien konnten, machen sie sich mit ihrer Schaluppe durch den Westonischen Ozean und auf den Weg, die nächsten Puzzleteile der Prophezeiung in Dara Arins Vision zusammenzusetzen.

Ihr Weg führt sie nach Pendwr, wo bereits in den nächsten Tagen mehrere Piraten und Verbrecher hingerichtet werden sollen. Ein Hinweis auf ein Frettchen, dass sich ihnen anschließen soll, führt sie in den Gefängnistrakt und geradewegs zu Ferai, der Königin der Diebe, die von Arin und ihren Gefolgsleuten befreit und vor der Hinrichtung bewahrt wird. Tatsächlich ist sie das Frettchen aus der Prophezeiung und als solches bereit, sich den Gefährten anzuschließen.

Zur Erfüllung der Vorsehung fehlt nun lediglich noch der Bewahrer des Glaubens im Labyrinth, den die mittlerweile aus sechs Kämpfern bestehende Schar in der Nähe von Sarain sucht. Ferai hatte eine Eingebung, die sie dort hinführte, und tatsächlich soll sich auch in diesem Falle bewahrheiten, dass man dort den letzten Gefährten, Burel, trifft, mit dem man nun an dämonischen Gefahren vorbei Richtung Kistan segelt, um dort in Erfahrung zu bringen, wo sich der gesuchte Drachenstein befindet.

Allerdings stellt sich die Reise zur grausamen Insel des Zauberers Ordrune als echte Zerreißprobe heraus. Erschöpft und ausgelaugt erreichen sie dennoch die Festung des Magiers, werden von diesem aber überrumpelt. Gerade noch gelingt es ihnen, die wichtigsten Informationen in den versteckten Schriftrollen zu entdecken, als Ordrune die Eindringlinge entdeckt und sie gefangen nimmt. Infolge einer List schaffen die sieben es trotzdem wieder, die Flucht anzutreten, ahnen zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht, dass der Magier genau dies beabsichtigt hat, damit die Gefährten ihm den Weg zum Drachenhorst und damit auch zum wertvollen Drachenstein weisen …

_Meine Meinung_

Nach den spannenden Ereignissen, mit denen das vorangegangene Buch schloss, durfte man für Band zwei so einiges erwarten. Und tatsächlich steigt Dennis L. McKiernan äußerst rasant in die Geschichte ein und setzt auch direkt dort wieder an, wo die Reise der bis hierhin fünf Gefährten in „Elfenzauber“ geendet hatte.

Alos, Arin, Egil, Aiko und der neu hinzu gestoßene Delon sind noch schwer gezeichnet von ihrer Flucht aus Jütland, sind sich aber auch darüber im Klaren, dass die Zeit zur Erfüllung der Prophezeiung drängt und ihnen kaum Aufschub gewährt wird. Jedoch ist ihnen noch nicht wirklich klar, wo sie die nächste Person der Vorhersehung treffen werden, so dass die Mannschaft der Breeze eher zufällig Richtung Pendwyr segelt, bis Delon dann eine Eingebung hat, dank derer sie schließlich auf Ferai stoßen. Nach einem heftigen Tumult bei der Befreiung der Gefangenen ist es nun an der ehemaligen Entfesslungskünstlerin und Diebin, den weiteren Weg zu weisen, doch die junge Dame bringt mit der Umschreibung „Bewahrer des Glaubens im Labyrinth“ nichts in Verbindung und ist lange Zeit nicht fähig, die Route vorzugeben. Dann jedoch kommen auch ihr einige hilfreiche Gedanken, die sie direkt in die Arme eines strengt religiösen Ordens führen, wo sich unter zahlreichen Priesterinnen auch der kräftige Burel befindet, den die Gefährten schließlich als den gesuchten Bewahrer des Glaubens ausmachen und auf ihre Reise mitnehmen. Von da an geht es schließlich hart auf hart; die Gefolgschaft ist sich dessen bewusst, dass ihr Weg zum Drachenstein nur über Kistan und den Zauberer Ordrune sowie später das Drachenhorst führen wird. Es sollen Begegnungen folgen, die besonders Egil und Alos schwer zusetzen, weil sie speziell in Kistan wieder mit ihrer düsteren Vergangenheit konfrontiert werden. Doch es bleibt ihnen keine andere Wahl, denn sollte der Stein nicht möglichst rasch gefunden und in die Feste am Schwarzen Berg zurückgeführt werden, wird sich Arins Vision möglicherweise bewahrheiten und die Welt von Mithgar dem Untergang geweiht sein.

Anscheinend hat er Autor aus seinen Fehlern im vorherigen Buch gelernt, denn der prozentuale Anteil der in der Geschichte auftauchenden Längen hat sich auf ein sehr gut erträgliches Mindestmaß reduziert und tendiert besonders gegen Anfang und Ende gen null. Zwar hat McKiernan sich speziell beim Aufenthalt in besagtem Labyrinth mal wieder eine kurze kreative Auszeit genommen, die den Fluss ein wenig ins Stocken bringt, doch im Großen und Ganzen treibt er die Story stringent und flott voran und bringt sie zu meiner eigenen Überraschung auch in diesem Buch noch (vorläufig) zu Ende. Der Epilog lässt jedenfalls darauf schließen, dass wir die Helden aus „Elfenkrieger“ so schnell nicht wieder treffen werden. In dieser Hinsicht ist lediglich schade, dass es manchmal sehr offensichtlich ist, dass der Autor die Handlung derart steuert, dass sie auch auf der letzten Seite ein Ende findet, andererseits aber auch wieder einige Chancen vertut, sich in den zu sehr ausgeschmückten Teilen kürzer zu fassen. So zum Beispiel ist die Entdeckung Ferais als die Person aus Arins Prophezeiung eher ein Zufallsprodukt und verschenkt damit einen Teil des sich hier bietenden Potenzials; an anderer Stelle hingegen wird die Suche etwas zu breit geschildert und sorgt so für den einzigen, langatmigem Moment in der Story.

Dafür wird der Leser jedoch am Ende mit einem temporeichen Finale entschädigt, in dem die Gefährten nicht nur ihre wohl härteste Prüfung bestehen, sondern auch ihrem Schicksal tief in die Augen blicken müssen. Jeder Beteiligte hat in seiner Vergangenheit Unschönes erlebt (McKiernan erzählt auch bei den ’neuen‘ Charakteren etwas über ihr bisheriges Leben) und wird nun erneut damit konfrontiert; so zum Beispiel Egil, der erneut dem finsteren Magier Ordrune gegenübertreten muss und ihm zum wiederholten Male unterliegt. Das letzte Gefecht am Drachenhorst ist auch seine letzte Chance für eine endgültige Rehabilitation, auch weil ihm ansonsten der Tod winkt.

Dennis McKiernan hat es in „Elfenkrieger“ weitaus besser hinbekommen, die Geschichte in Fluss zu bringen und auch neue Situationen und Charaktere zu integrieren. Bei Delon und Ferai hat man zum Beispiel sofort den Eindruck, als hätten sie die Reise von Beginn an begleitet, weil man einfach auch sofort mit ihnen vertraut ist. Und bei Burel funktioniert dies nur deshalb nicht, weil er erst zu einem ziemlich späten Zeitpunkt zum Trupp hinzustößt. Davon abgesehen lässt der Autor keine Gelegenheit aus, alle sich bietenden Möglichkeiten auszuschöpfen; er durchleuchtet jeden Charakter und dessen finsteres Geheimnis, führt einige Gefährten in eine (letzte Endes unvermeidliche) Partnerschaft, erprobt Liebe und die Macht des Schicksals und trägt die Handlung dennoch mit großen Schritten vorwärts und dem besagten Finale zu. Genau so sollte ein kurzweiliger, nicht zu üppiger Fantasy-Roman aufgebaut sein. Es bleibt zwar nicht verborgen, dass auch McKiernan nicht unfehlbar ist, doch insgesamt hat der Mann hier eine richtig schöne, packende Story verfasst, die eigentlich sogar noch Potenzial für weitere Abenteuer der Helden gehabt hätte. Mit „Elfenschiffe“ wird es auch eine Fortsetzung geben; da im Epilog jedoch schon der Weg der hier auftretenden Akteure vorgezeichnet wird, ist es wahrscheinlich, dass im Nachfolgebuch ein gänzlich neues Szenario mit komplett neuen Charakteren vorherrschen wird. Falls der Autor dies aber ebenso gelungen in Szene setzt wie in „Elfenkrieger“, dann kann man auch hier ruhigen Gewissens zugreifen.

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Verne, Jules – geheimnisvolle Insel, Die (Europa-Originale 24)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Mr. Penncroff, Seemann – Rainer Brönneke
Mr. Smith, Ingenieur – Gerd Martienzen
Mr. Spilett, Reporter – Gernot Endemann
Nab – Joachim Grützner
Harbert – Michael Borgmann
Kapitän Nemo – Horst Frank

_Story_

Fünf Nordstaatler fliehen mit einem Ballon aus der Kriegsgefangenschaft in Richmond und schaffen es tatsächlich, den hartnäckigen Wächtern zu entkommen. Nach einer beschwerlichen Reise über den Ozean landen sie auf einer Insel in der Südsee, jedoch ohne ihren Ingenieur Mr. Smith, der schon vor dem Absturz des Ballons verschwunden ist. Nach drei Tagen entdecken sie ihn und seinen Hund schließlich und suchen nun gemeinsam nach Möglichkeiten, ihr Überleben auf der Insel zu sichern. Doch von Stunde zu Stunde häufen sich die Merkwürdigkeiten, die das Quintett durchlebt. So entdecken sie auf offenem Meer eine Kiste mit nützlichen Gegenstände und finden in einem erlegten Tier eine Schrotkugel – und dies, obwohl niemand die Insel zu bewohnen scheint. Als schließlich aus heiterem Himmel ein Piratenschiff auftaucht und angreift und anscheinend durch Fremdeinwirkung auch wieder versenkt wird, sind sich die fünf sicher, dass sich eine geheime Macht auf der Insel verbirgt. Und tatsächlich begegnen sie eines Tages einem Mann, der trotz großartiger Errungenschaften schon beinahe in Vergessenheit geraten wäre …

_Meine Meinung_

Vielleicht bin ich nun ein Literaturbanause, doch mir war die Geschichte um „Die geheimnisvolle Insel“ von Jules Verne selbst als wiederholtem Leser von „20.000 Meilen unter den Meeren“ bislang nicht bekannt – und dabei handelt es sich hierbei gewissermaßen um eine inoffizielle Fortsetzung samt einem tragenden Charakter des weltberühmten Stücks. Damit habe ich nun auch schon gewisse inhaltliche Eckpunkte vorweggenommen, die jedoch auch schon aus der Besetzungsliste hervorgehen sollten. Um es kurz zu fassen: In „Die geheimnisvolle Insel“ begegnet man erneut dem eigensinnigen Kapitän Nemo, allerdings in recht hohem Alter und kurz vor dem Tode. Er ist mit seinem Unterseeboot im Vulkankrater der Insel eingeschlossen und seit ewigen Jahren nicht mehr in der Lage, die Insel zu verlassen. Immer wieder hat er Mitglieder seiner Besatzung verloren, bis er schließlich zum einzig Verbliebenen wurde.

Dies ist in gewissem Sinne – je nachdem, wie man es nimmt – nur die Rahmenhandlung von „Die geheimnisvolle Insel“. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen nämlich eigentlich die fünf Nordstaatler, die mit recht unkonventionellen Mitteln aus der Gefangenschaft fliehen und auf der unbewohnten Insel eine bis dahin schon lange nicht mehr erlebte Freiheit genießen. Unter ihnen sind neben dem Jüngling Harbert auch einige seltsame Gestalten wie etwa der erfahrene Mr. Penncroff oder der stets rationell denkende Mr. Smith, aber auch der Handlanger des Ingenieurs, Nab, der seinem Meister treu ergeben ist und ihn nach seiner Vermisstenmeldung als Einziger noch nicht aufgibt. Dieser erlesene Haufen ist nun zwar frei, aber komplett auf sich alleine gestellt. Es ist nicht der Traum von der Südseeinel, der sie beflügelt, sondern die Hoffnung, über diese Zwischenstation einen Ort zu finden, an dem sie wieder glücklich und in Frieden leben können. Sie suchen quasi nach einem Ort der Geborgenheit, der im Gegensatz zu Nemos damaligen Bestrebungen nicht in der Abgeschiedenheit des Ozeans zu suchen ist.

Erst mit dem Aufeinandertreffen mit Nemo fügen sich die beiden Geschichten zusammen und stellen eine bis dato niemals vermutete Verbindung auf, die der Story eine ganz andere Tragweite verleiht. Aus der Abenteuerhandlung, die zunächst durch die Suche nach Nahrung und die Verteidigung gegen die Piratengegner geprägt war, wird mit einem Mal ein bewegendes, menschliches Drama, in dem selbst der einst so abscheulich erscheinende Kapitän Nemo das Herz des Lesers bzw. in diesem Fall des Hörers gewinnt.

Die Adaption von Vernes Geschichte aus dem Jahre 1977 ist dabei ein echtes Highlight der Label-Historie und (auch wenn ich dies schon öfter geschrieben habe) eine der besten Erzählungen im Zuge der neu aufgelegten Klassiker von |Europa|. Das Hörspiel ist äußert lebhaft inszeniert und bietet die vielleicht sogar größte Spannung aller „Originale“. Dies ist zum einen sicherlich auf die mir bislang unbekannte Handlung zurückzuführen, definitiv aber auch auf die tolle Bearbeitung samt den stark agierenden Sprecher (unter ihnen auch einmal mehr Hans Paetsch als Erzähler). Selbst die Tragödie um den vom Schicksal geplagten Nemo ist prima aufgefangen worden und frei von jeglichen typischen Klischees. So macht ein Hörspiel wirklich Spaß!

Deshalb gibt es dieser Kritik auch nicht mehr hinzuzufügen außer dem Fakt, dass das Hörspiel mich echt begeistert hat. „Die geheimnisvolle Insel“ wird der alleine schon durch den Autor hervorgerufenen Erwartungshaltung in jeglicher Beziehung gerecht und ist wegen des hohen Maßes an Spannung absolut zu empfehlen.

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Huston, Charlie – Ein gefährlicher Mann

Anfangs war der sympathische Verlierertyp Hank Thompson noch [„Der Prügelknabe“. 1469 Durch Zufall und weil er ein so netter Kerl ist, der nichts Böses ahnt, gerät er in einer Auseinandersetzung unter Gangstern zwischen die Fronten. Doch Hank hat eine gehörige Portion Glück und so gelingt ihm die Flucht – im Gepäck viereinhalb Millionen Dollar, die nicht wirklich ihm gehören.

Und so wird aus dem Prügelknaben [„Der Gejagte“. 1518 Hank setzt sich nach Mexiko ab und lebt ein gemütliches Leben zwischen Bungalow und Strandbar. Das geht aber nur so lange gut, bis in Hanks geliebter Strandbar ein Typ mit russischem Akzent auftaucht. Hanks geheimes Leben in Mexiko droht aufzufliegen und so tritt er erneut die Flucht nach vorn an. Zurück in den USA, zieht Hank schon bald wieder eine Spur der Verwüstung hinter sich her, doch so sehr Hank auch zu entkommen versucht, am Ende hat David Dolokhov, ein russischer Gangsterboss, Hank in der Hand. Und Hank hat nicht einmal mehr die viereinhalb Millionen Dollar parat, um sich freizukaufen.

Hank hat keine andere Wahl als in den Dienst von David zu treten, und so wird er „Ein gefährlicher Mann“. Mit David ist vereinbart, dass Hank für ihn als Schläger und Killer arbeitet und David im Gegenzug das Leben von Hanks Eltern verschont. Hank macht, was von ihm verlangt wird, aber er selbst geht dabei vor die Hunde. Er verliert jeglichen Lebensmut und übersteht die meisten Tage nur zugedröhnt mit Tabletten.

David bleibt die schlechte Verfassung seines geheimen Schützlings nicht verborgen, und so setzt er Hank bald auf einen neuen Auftrag an, der etwas weniger düster ist: Hank soll den aufstrebenden Baseballstar Miguel Arenas als Bodyguard beschützen. Arenas hat aufgrund seiner Spielsucht einen riesigen Berg Schulden bei David. Davids Plan ist es, Miguel von sich abhängig zu machen. Unter Hanks Aufsicht soll Miguel weiter Schulden aufhäufen, damit er als Profibaseballer manipulierbar wird.

Doch nebenbei hat Hank noch andere Sorgen. Davids Schwägerin Anna (deren Sohn Mickey in Mexiko von Hank umgebracht wurde) schwört Rache und will Hank aufspüren und notfalls mit Hilfe ihrer beiden skrupellosen, russischen Neffen ermorden. Es kommt zum Showdown in New York, wo sich schon bald die Ereignisse überschlagen …

Bereits mit den ersten beiden Teilen seiner Trilogie um den sympathischen Verlierertypen Hank Thompson hat Charlie Huston, von Haus aus Drehbuchautor, bewiesen, dass er sein Handwerk versteht. Ein Buch der schnellen Schnitte – hart, lakonisch und temporeich erzählt. Die Geschichte ist für eine Verfilmung prädestiniert und so verwundert es nicht, dass die Filmrechte bereits nach Hollywood verkauft wurden. Für „Der Gejagte“ wurde Charlie Huston obendrein mit dem Edgar Award, dem wichtigsten amerikanischen Krimipreis, belohnt.

Huston versteht es, einen actiongeladenen Plot mit rabenschwarzem Humor zu verquicken und hat mit Hank Thompson eine Hauptfigur erschaffen, der man viele Sympathien entgegenbringen kann. Hank schliddert im ersten Band der Reihe so unverhofft in die Geschichte, wie es jeden Menschen treffen könnte. Seine Hilfsbereitschaft wird damit belohnt, dass er zwischen die Fronten einer Auseinandersetzung unter Gangstern gerät. Für Hank geht es dabei ums nackte Überleben, und um mit heiler Haut aus der Sache rauszukommen, muss er schon bald Gewalt anwenden.

Dadurch verliert er im Laufe der Reihe natürlich ein paar Sympathiepunkte. Hanks Weg durch die Geschichte ist gepflastert mit Leichen, dennoch bleibt er durchaus sympathisch. Hank versucht mit allem, was er tut, das Leben seiner Eltern zu schützen, das der Gangsterboss David Dolokhov quasi als Pfand für Hanks Loyalität missbraucht. Die eingebüßten Sympathiepunkte erobert Hank Thompson sich dabei zum Ende der Geschichte wieder zurück. Huston beendet die Geschichte so, dass Hank einem wieder so sympathisch ist wie ganz am Anfang – und das durchaus glaubwürdig.

Auch ganz grundsätzlich betrachtet, ist „Ein gefährlicher Mann“ ein stimmiger Schlusspunkt der Trilogie. Huston führt die Geschichte gelungen und glaubwürdig zu Ende und rundet die Geschichte damit auf gelungene Weise ab. Zwar wirkt der letzte Teil nicht mehr ganz so spritzig und humorvoll, wie es gerade beim zweiten Teil „Der Gejagte“ der Fall ist, dennoch führt Huston die Geschichte auf stimmige Weise fort. Der Humor konzentriert sich in diesem Band vor allem auf den Starkult, den die „Fans“ von Hank Thompson um den meistgesuchten Mann Amerikas in Internet zelebrieren. Letztendlich fällt der letzte Teil gerade anfangs um einiges düsterer aus. Hank ist drauf und dran, den Lebensmut völlig zu verlieren. Ohne Tabletten läuft eigentlich nichts mehr und sein Dasein ist dermaßen trostlos, dass die humorvolle Note des Vorgängerbandes zwangsläufig weniger ausgeprägt ist.

Seinem Stil bleibt sich Huston ansonsten treu. Schnelle Schnitte, wie in einem Actionfilm, harte, ungeschönte Beschreibungen, die auch mit Brutalität nicht geizen, und Dialoge mit vielen F-Wörtern. Charlie Huston lässt sich innerhalb des Krimigenres eben eher der Hard-Boiled-Ecke zuordnen.

Für Quereinsteiger ist „Ein gefährlicher Mann“ übrigens absolut ungeeignet. Wer nicht weiß, was vorher alles schon passiert ist, der wird kaum folgen können. Da sich die Bücher von Charlie Huston aber ohnehin in Rekordzeit durchlesen lassen, da sie äußerst locker und flott geschrieben sind, kann das eigentlich niemanden stören.

Bleibt unterm Strich festzuhalten, dass Charlie Huston mit „Ein gefährlicher Mann“ einen stimmigen Schlusspunkt für seine Hank-Thompson-Trilogie geschaffen hat. Wer schon die Vorgängerbände mochte, der wird auch an diesem Band seine wahre Freude haben. Hank Thompson bleibt ein Sympathieträger in einem temporeichen und mitunter ziemlich blutigen Plot. Actionreiches, rasantes und mitunter schwarzhumoriges Kopfkino, das über alle drei Teile der Reihe zu überzeugen weiß. Das gelungene Finale rundet die Reihe stimmig ab und unterstreicht den guten Eindruck, den Charlie Huston mit den ersten beiden Bänden hinterlassen hat.

http://www.heyne.de

Mudrian, Albert – Choosing Death – Die unglaubliche Geschichte von Death Metal & Grindcore

Als die damals ständig zerstrittenen Mitglieder von NAPALM DEATH vor ungefähr zwei Dekaden den Begriff Grindcore einführten und damit die wohl extremste musikalische Ausdrucksform nach den britischen Punk- und Hardcore-Jahren etablierten, wussten die noch sehr jungen Mitglieder noch gar nicht, was ihnen da gerade Besonderes widerfahren ist. Die hasserfüllte Ausstrahlung ihrer Vorbilder und Inspirationen wurde hier mit metallischen Elementen angereichert und mit erhöhtem Tempo auf die Spitze getrieben. 20 Jahre später hat sich am Grad des Extremen nichts geändert, wohl aber ist Grindcore – zumindest in der Metalszene – ein salonfähiger Begriff geworden, in dem viele immer noch die Vertonung des puren Geschwindigkeitsrausch sehen.

Doch zurück ins Jahr 1985 in eine Stadt, die bereits ein Jahrzehnt zuvor eine der wichtigsten Rockbands aller Zeiten hervorgebracht hatte, nämlich BLACK SABBATH. Wir befinden uns in Birmingham, wo gerade eine Splittergruppe der Punkszene nach neuen Sounds sucht und unter dem Namen NAPALM DEATH die gesamte Region unsicher macht. Nach und nach entwächst sie dem Underground, prägt dabei den allgemeinen Stilbegriff sowie den Blastbeat. Durch gute Kontakte zur Tape-Trading-Szene stößt die Band auf einige Kontakte in Amerika, wo sich Bands wie REPULSION und DEATH gerade ebenfalls daranmachen, mit ihren Instrumenten neue Grenzen auszuloten und dabei so brutal zu Werke gehen wie bislang noch keine Band vor ihnen. Endlich ist der Death Metal geboren, und mit ihm verschiedene Szene-Stützpunkte wie beispielsweise Florida, von wo aus das Todesblei-Fieber bis nach Europa überschwappt, mit großem Erfolg Skandinavien erreicht und sich zwischenzeitlich dank solcher Bands wie OBITUARY und MORBID ANGEL beinahe Richtung Massenkompatibilität entwickelt.

Bereits wenige Jahre später ist der Death Metal an der Spitze der weltweiten Metal-Bewegung angelangt; die ersten Bands werden mit einem Major-Deal gelockt und urplötzlich hat die brutale Musik den klassischen Stil komplett abgelöst. Doch statt langfristigen Erfolges brach die Szene wieder ein und verabschiedete sich für eine bestimmte Zeit aus dem kompletten Geschehen. Erst zur Jahrtausendwende ist Death Metal dank all derjenigen Bands, die der Musik auch in schlechten Zeiten die Stange gehalten haben, wieder aus dem Nichts aufgetaucht. Erweckt dank einzelner moderner Gruppen, die sich auf den mittlerweile auch als traditionell bezeichneten Stil beziehen, hat die Szene einen neuen Start vollzogen und dabei auch die alten, zwischenzeitlich vergessenen Helden wieder zu neuem Leben erweckt.

Wie es dazu kam, welche rasante Achterbahnfahrt der Death Metal seit der Frühphase Mitte der Achtziger durchlaufen hat, und wer im Vorder- und Hintergrund die Fäden gezogen hat, das beschreibt Albert Mudrian in seinem Buch „Choosing Death“, welches nun endlich auch für den deutschen Markt zugänglich gemacht wurde. Zunächst nur in englischer Sprache erschienen, hat man der hohen Nachfrage nachgegeben, Rock-Hard-Redakteur Mike Borrink als Übersetzer arrangiert und eine der interessantesten Szene-Analysen, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind, für das hiesige Publikum zugänglich gemacht.

Mudrian überlässt in seiner chronologischen Auflistung der Ereignisse auch nichts dem Zufall. Von Beginn an lässt er zwischen seinen eigenen Aufarbeitungen immer wieder Zeitzeugen zu Wort kommen, welche die ohnehin schon spannende Schilderung der Death-Metal- und Grindcore-Historie noch zusätzlich mit einigen Anekdoten auffrischen. Gottlob handelt es sich hierbei jedoch nicht um nostalgische Schwelgereien, sondern meist um sachliche, umgangssprachliche Erzählungen, in denen sowohl die Szene und ihre Bands als solche reflektiert werden, als auch Strukturen und Figuren, die den rasanten Aufstieg zu Beginn der Neunziger erst ermöglicht haben. Phil Anselmo hat es mit seiner Äußerung über dieses Buch auf den Punkt gebracht, als er sagte, dass es sich bei „Choosing Death“ um einen umfassenden „Wer hat wann was gemacht“-Schmöker handelt. Tatsächlich, hier werden keine Details ausgelassen und jede halbwegs wichtige Figur mit einem kurzen Artikel oder sei es nur in einem knappen Statement erwähnt und gewürdigt.

Wer hätte zum Beispiel gewusst, dass der musikalisch absolut intelligente Musiker Chuck Schuldliner seine ersten Texte regelmäßig unbewusst mit Rechtschreibfehlern versah oder der kürzlich verstorbene Jesse Pintado quasi von der Straße in die Szene rutschte und sein Instrument erst noch erlernen musste – hätte dies jemand bei den Fähigkeiten dieser Leute geglaubt? Nun, wir sprechen hier nur über zwei Fakten unter tausenden, die selbst der Insider nicht wissen muss und kann, und genau das macht „Choosing Death“ letztendlich so hochwertig. Mudrian hat ein Komplettwerk abgeliefert, in dem die Szene nicht bloß mit Lob, sondern ab und zu auch mit Kritik bedacht wird. Hier wird nichts verherrlicht, was dessen nicht würdig ist, und insofern darf man dieses Metal-Geschichtsbuch auch nicht als Hymne auf die geliebte brutale Musik verstehen. Es ist, ganz nüchtern betrachtet, ein übersichtlicher, üppig bestückter und zudem gut recherchierter Schmöker, der sich zum einen durch seine authentische Betrachtung und die Einbeziehung vieler Protagonisten auszeichnet, zum anderen aber auch durch seine schlichtweg grandiose Aufmachung (unheimlich viele Fotos, darunter auch viele Bilder von Konzertankündigungen und dergleichen) einen sehr positiven Gesamteindruck hinterlässt. Das i-Tüpfelchen dieser rundum gelungenen Dokumentation setzt schließlich die Einleitung von Radio-Legende und Grindcore-Fan John Peel (R.I.P.), der dieser Musik damals zum ersten Mal ein größeres Forum gab.

Ein Fazit möchte ich mir nach dieser inoffiziellen Lobesrede auf „Choosing Death“ sparen. Ich sehe die Szene nach all diesen Informationen in einem ganz anderen Licht und bin schlichtweg begeistert vom umfangreichen Infomaterial, das hier zur Schau gestellt wird. Wer sich mit dieser Musik identifiziert und sich für die Hintergründe ihrer Entwicklung interessiert, muss dieses Buch auf jeden Fall gelesen haben!

http://www.ironpages.de/

May, Karl – Unter Geiern (Europa-Originale 12)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Bob – Jürgen Strube
Hobble-Frank – Immo Kronenberg
Bloody Fox – Christian Rohde
Helmers – Herbert A. E. Böhme
Tobias Preisegott Burton – Siegmar Schneider
1. ‚Llano-Geier‘ – Joachim Rake
2. ‚Llano-Geier‘ – Rudolf H. Herget
Jemmy – Horst Beck
Davy – Malte Petzel
Eisenherz – Gunther Beth
Old Shatterhand – Karl-Heinz Heß
Sanna – Marga Maasberg
Auswanderer – Herbert Tiede

_Story_

Im Tal des Llano Estacado herrscht der Legende nach ein Geist, dem in den letzten Jahren schon einige Menschen zum Opfer gefallen sind. Als erneut ein Auswanderertreck dort eingezogen ist, werden die Männer auf Helmers Home skeptisch; Old Shatterhand, Bloody Fox und Hobble-Frank befürchten, dass die berüchtigten Llano-Geier einmal mehr einen solchen Treck irreführen wollen, und gehen der Sache auf den Grund.

Etwa zur gleichen Zeit taucht der Mormonenprediger Tobias Burton auf und wird von den Anwesenden auf Helmers Home auch sofort sehr skeptisch beäugt. Irgendetwas stimmt nicht mit dem nach außen hin so sympathischen Mann. Bloody Fox, der bereits seit einer Ewigkeit den Mörder seiner Eltern sucht, taucht in Llano Estacado auf und begibt sich auf der Suche nach der Wahrheit in größte Gefahr.

_Meine Meinung_

Mit „Unter Geiern“ wird ein weiterer Klassiker von Karl May im Rahmen der „Europa-Originale“ als Hörspiel neu aufgelegt. Zwar hat das Stück nicht den Beliebtheitsgrad der „Winnetou“-Saga, aber es gehört zweifelsohne zu Mays besten Werken. Im Hörspiel werden diese Unterschiede jedoch sehr deutlich bemerkbar, denn irgendwie will hier nie so recht Spannung aufkommen. Der Inhalt wird zwar recht detailgetreu wiedergegeben, aber irgendwie läuft Hörspielregisseurin Dagmar von Kurmin der Handlung ein wenig hinterher. Ständig hat man den Eindruck, dass hier einige Punkte vergessen wurden, die dann doch noch plötzlich einbezogen werden, jedoch zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Geschichte wieder längst einen Schritt vorwärts bewegt hat. Bisweilen wird der Inhalt daher auch etwas konfus erzählt, zwar lückenlos, aber irgendwie etwas verworren, so dass man nach einiger Zeit den Überblick verloren hat, wer nun welche Rolle im intriganten Spiel der Llano-Geier betreibt – und das ist bezogen auf den Plot sicher nicht beabsichtigt.

Dazu kommt erschwerend, dass diverse Dinge recht seltsam wirken; so wird ein dunkelhäutiger Charakter beispielsweise in sächsischer Sprache wiedergegeben, was dann doch seltsam und auch eher unfreiwillig komisch wirkt. Ob das nun wirklich so sein musste?

Ansonsten sind die Leistungen der Sprecher der einzige echte Glanzpunkt von „Unter Geiern“, jedoch besteht auch hier das Problem, dass die Stimmen manchmal schwer einzuordnen sind und man in einigen Situationen nicht genau sagen kann, welcher Charakter nun gerade in die Handlung eingreift. Aber dies mag sicherlich auch am Datum der grundsätzlich ganz ordentlichen Aufnahmen liegen. Die Geschichte hingegen hätte etwas besser strukturiert werden müssen, wobei die mal wieder recht kurze Vinyl-Spielzeit von ca. 40 Minuten sicherlich ein Hindernis bei der Umsetzung war. Aber das kann aufgrund der starken Konkurrenz aus eigenen Reihen (sprich dem Gros der übrigen Hörspiele dieser Serie) nicht als Entschuldigung gelten. Mir persönlich hat diese Fassung von „Unter Geiern“ nur bedingt gut gefallen. Ein etwas spannungsarmer, nicht wirklich harmonischer Aufbau, dazu eine letztendlich zu stark gestraffte Version des Originals und die zuletzt häufiger aufkeimende Langeweile trüben den Spaß am Hören ungemein und machen „Unter Geiern“ zu einer der schwächeren Episoden der „Europa-Originale“. In diesem Fall würde ich das Buch letztlich vorziehen.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Gordon, David George – Vogelspinne in 3D

„Vogelspinne in 3D“ ist eine Mischung aus Bilderbuch und Modell. Im Zentrum des 16-seitigen, ca. 30 x 26 cm messenden Werkes gibt es eine handtellergroße Aussparung. Kein Flachmann mit schwarzgebranntem Schnaps ist hier verborgen, stattdessen lauert eine dicke, haarige Spinne, die sich erfreulicherweise bei näherer Betrachtung als aus Plastik gefertigt entpuppt. Nach dem Vorbild einer Vogelspinne – einer mexikanischen Feuerknie-Vogelspinne, um genau zu sein – wurde dieses Modell gefertigt, das aus insgesamt acht Schichten besteht, die Stück für Stück den Blick in den Körper des Untiers ermöglichen.

Der Buchteil gliedert sich in Kapitel, die jeweils über Teile des Spinnenkörpers informieren, die man sich im Modell näher anschauen kann. Es beginnt mit einer Einleitung, die über den Körperbau der Spinne und Spinnen im Allgemeinen informiert. Interessant und sicherlich nicht unbedingt bekannt ist die Erklärung, dass und wieso Spinnen keine Insekten sind.

Dann wird die erste Schicht der Spinne – ihr Haarkleid – gelüftet, das „Exoskelett“ sichtbar: Unsere Vogelspinne besitzt keine Knochen, sondern trägt ihr Skelett außen am Körper. Es besteht aus Chitin, einer robusten, plastikähnlichen Substanz, und ist mit einer Wachsschicht bedeckt, welche die Spinne „wasserfest“ macht. Von Zeit zu Zeit fährt die Spinne buchstäblich aus der Haut, weil dieser Chitinpanzer nicht mitwachsen kann, sondern „am Stück“ erneuert wird.

„Beißklauen und Gift“ machen die Spinne zum gefährlichen Raubtier. Ein ausgeklügeltes System verwandelt die ohnehin mörderischen Klauen in kleine Injektionsspritzen, mit deren Hilfe Beutetiere gelähmt oder getötet werden. Natürlich kann sich die Spinne auf diese Weise auch verteidigen, doch wie wir lernen, ist ihr Biss keineswegs so gefährlich, wie uns Film & Fernsehen gern weismachen. (Allerdings sehen wir eine Galerie finster wirkender Witwenspinnen, von denen sich auch der Mensch lieber nicht beißen lassen sollte.) Wenn sie es für erforderlich hält, kann uns die Vogelspinne auch gut gezielt mit Brennhaaren bombardieren, was wesentlich unangenehmer als ihr Biss schmerzen soll.

„Das Kreislaufsystem“ einer Vogelspinne zeigt die Fremdartigkeit dieses Tiers. Es besitzt ein schlauchförmiges Herz, das kupferhaltiges und daher blaues Blut durch den Körper pumpt, aber keine Lungen: Die Spinne atmet nicht, sondern lässt Luft durch Öffnungen im Panzer in ihren Körper strömen, wo der Sauerstoff vom Blut „übernommen“ und dorthin transportiert wird, wo er benötigt wird. Bizarr wirkt auch das „Verdauungssystem“. Spinnen sondern über ihrer Beute ein Verdauungssekret ab, das deren Fleisch in eine Art Brühe verwandelt, die mit dem Saugmagen aufgenommen wird. Davon können die Tiere Monate, notfalls sogar Jahre leben, ohne neue Beute machen zu müssen.

„Die Sinnesorgane“ der Spinne wirken ebenfalls leicht außerirdisch. Nicht durch zwei, sondern durch acht Augen mustert sie die Welt. Dafür hat sie keine Ohren. Die werden von Tasthaaren ersetzt, die so empfindlich sind, dass sie Bewegungen durch Beutetiere, Feinde oder andere Spinnen noch über Meter wahrnehmen. Darüber hinaus sind viele Tasthaare mit Geruchszellen versehen.

„Ein kompliziertes Sexualleben“ lautet die Überschrift des Kapitels „Fortpflanzung“. Vogelspinnenmännchen lassen Sperma in ein spezielles Netz tropfen, saugen es dann in eine Art „Tank“ am Ende ihrer Tasterbeine und geben es an ein Weibchen weiter, das es speichern und damit nacheinander 1000 Eier befruchten kann. Wer hätte übrigens gedacht, dass es Vogelspinnenarten gibt, die ein halbes Jahrhundert alt werden?

„Spinnenseide“ ist ein ganz besonderer Stoff – elastisch und stark gleichzeitig sowie ein spinnenkörpereigenes Produkt, das in zwei Drüsen am Körperende hergestellt wird. Vogelspinnen bauen zwar keine Fangnetze, doch sie bauen Kokons für ihre Eier und kleiden ihre Höhlen mit Seide aus, die auf diese Weise temperatur- und feuchtigkeitsbeständiger wird. Manche Arten legen zudem „Stolperseile“ aus, welche die Ankunft von Beute oder Feinden signalisieren.

„Der Bewegungsapparat“ eines Tiers mit acht Beinen ist verständlicherweise recht komplex. Spinnenbeine besitzen sieben Gelenken und über dreißig Muskeln, die zum Teil durch hydraulische Systeme unterstützt werden. Falls mal eines verlorengeht, wächst es bei der nächsten Häutung nach.

„Vogelspinne in 3D“ schließt mit einem kurzen aber flammenden Appell, den zwar gruselig anzuschauenden, doch eigentlich harmlosen und sogar nützlichen Achtbeinern nicht umgehend das Lebenslicht auszublasen, wenn sie sich blicken lassen. Leben und leben lassen – dies sollte die Devise sein. Der Blick hinter die Kulissen des Spinnenalltags sollte diese Toleranz bewirken. Da sich „Vogelspinne in 3D“ primär an Kinder wendet, könnte es klappen, da diese in ihren Vorlieben und Abneigungen noch flexibler sind als Erwachsene, in denen sich die „Arachnophobie“ – so lautet das Fachwort für diese Angst vor Spinnen – meist schon fest eingenistet hat. Ob dieser Aufruf pro Spinne freilich noch greift, wenn diese auf 30 cm klafternden Beinen dem Leser entgegentappt, scheint zumindest dem Rezensenten fraglich …

Dennoch bietet die Kombination von gedruckter Info und be-greifbarem Modell einen guten Einstieg in das Thema. Nicht nur Kinder werden der „Vogelspinne in 3D“ mehr als einen flüchtigen Blick widmen. Natürlich zahlt man dafür seinen Preis, doch dürfte dieses Werk in der Herstellung nicht ganz billig sein (obwohl es in China entstand). Das Spinnenmodell ist recht detailliert ausgeführt und gleichzeitig robust genug, auch forschenden Kinderfingern standzuhalten. Die Pappseiten des Buchteils sind stabil, wasserfest und abwisch- oder waschbar. (Dennoch warnt ein Aufdruck davor, die „Vogelspinne in 3D“ Kindern unter 3 Jahren in die Hände zu drücken, da diese Kleinteile abbrechen und verschlucken könnten.)

Das Layout ist schlicht und übersichtlich und damit sehr überzeugend. Geschickt wird mit Farben, Formen und Schriften gearbeitet. Es gibt jeweils einen Haupttext, der von zusätzlichen Infoboxen begleitet wird. Deren Inhalte beschränken sich nicht auf das Thema Vogelspinne, sondern informieren darüber hinaus, wenn eine solche Vertiefung sinnvoll ist.

Die zahlreichen Abbildungen wurden fast vollständig mit der Hand gezeichnet und gemalt. Dies ermöglicht eine Beschränkung auf das Wesentliche, die dem begrenzten Raum – 16 Seiten – Rechnung trägt. Einige wenige Fotos zeigen Teile des Spinnenkörpers unter dem Mikroskop; hier legte der Verfasser ausdrücklich Wert auf Details, die von der Komplexität des exotischen Wesens Spinne kündet, das eben nicht nur ein haariger Ball voller Giftschleim & Teufelsdreck, sondern ein bemerkenswerter, von der Evolution geschliffener Organismus ist, der seine Funktionstüchtigkeit seit 330 Millionen Jahren unter Beweis stellt.

Die Mischform Buch/Modell scheint Anklang zu finden. „Vogelspinne in 3D“ ist bereits der fünfte Band, den der |Heel|-Verlag in dieser Reihe veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es den „Menschen in 3D“, den „Tyrannosaurus Rex in 3D“, den „Weißen Hai in 3D“ sowie den „Rennwagen in 3D“. Für das Frühjahr 2007 ist ein „Frosch in 3D“ angekündigt.

David George Gordon ist ein Biologe, der sich eine solide Karriere als „Infotainer“ aufgebaut hat, die er nutzt, seinen ebenso faszinierten wie angeekelten Lesern, Zuschauern und Zuhörern die weniger beliebten Vertreter der Tierwelt – Spinnen, Schnecken, Würmer oder Kakerlaken – näher zu bringen. Mehr als zehn Bücher hat Gordon geschrieben, aber bekannt wurde er vor allem durch seine Lifeshows, in denen er das, worüber er schreibt, kocht, brät oder anderweitig zubereitet und denjenigen serviert, die wagemutig genug sind, solche Kost zu probieren, die Gordon nicht müde wird als gesunde, ökologisch perfekte Alternativnahrung anzupreisen.

Auch sonst gehört Gordons Liebe den obskuren Seiten der Naturwissenschaft, die er in diversen Zeitschriften und Internet-Kolumnen, in Fernsehen und Radio präsentiert. Was er jeweils treibt, teilt er seinen Anhängern auf seiner Website http://www.davidgeorgegordon.com mit.

http://www.heel-verlag.de/

Märchen aus 1001 Nacht – Ali Baba und die vierzig Räuber & Aladin und die Wunderlampe (Europa-Originale 27)

Besetzung

Erzähler – Hans Paetsch
Ali Baba – Benno Gellenbeck
Kasim – Gottfried Lackmann
Räuberhauptmann – Jürgen Pooch
Morgiane – Karin Heine
Kundschafter – Michael Stobbe
Baba Mustafa – Gottfried Lackmann
3. Räuber – Sven H. Mahler

Inhalt

„Ali Baba und die vierzig Räuber“

Märchen aus 1001 Nacht – Ali Baba und die vierzig Räuber & Aladin und die Wunderlampe (Europa-Originale 27) weiterlesen

Stephen King – Puls

King Puls TB 2007 kleinDer „Puls“, ein mysteriöses Signal, das per Handy verbreitet wird, lässt den Großteil der Menschheit mörderisch mutieren. Drei Überlebende verlassen die Großstadt Boston auf der Suche nach einem sicheren Ort … – Ein weiteres Weltuntergangsdrama, dieses Mal entfesselt von Bestsellerautor Stephen King, der sehr routiniert und unterhaltsam aber ohne Innovationen sein Garn spinnt: keiner von des Meisters guten Romanen.
Stephen King – Puls weiterlesen

Arakawa, Hiromu – Fullmetal Alchemist 2

[Band 1 2885

_Story_

Auf der Suche nach Informationen über biologische Transmutation stoßen Edward und Alphonse auf einen weiteren Staatsalchemisten namens Shou Tucker. Tatsächlich scheint dieser Mann durch seine Experimente zu einem enormen Wissen gekommen zu sein. Doch wie die beiden Elric-Brüder schon kurze Zeit später feststellen, missbraucht er seine Erkenntnisse für moralisch nicht mehr vertretbare Versuche an anderen Menschen, was Edward beinahe dazu führt, den Kollegen umzubringen. Wenige Stunden später wird Tucker tot aufgefunden; ein geheimnisvoller Mann mit einer Narbe an der Stirn hat ihn und sein Versuchsobjekt kaltblütig umgebracht und beruft sich auf seinen Glauben. Scar, so der Name des Killers, ist jedoch schon berüchtigt, weil er in den letzten Tagen gleich mehrere Staatsalchemisten ermordet hat. Edward und Alphonse stellen sich dem Mann in einem knallharten Gefecht, in dem Ed trotz massiver Unterstützung weiterer Alchemisten seinen linken Arm verliert. Mit einem Mal ist das Bestreben der beiden Brüder nun nicht mehr bloß darauf angelegt, ihre Mutter wiederzubeleben, sondern auch dem Fullmetal Alchemist Edward in einem Ersatzteillager einen neuen Arm zu verschaffen. Und dies stellt sich als schwieriger heraus, als die beiden Jungen vermuten …

_Meine Meinung_

Auch die Fortsetzung zum Auftakt von „Fullmetal Alchemist“ bietet eine ungeheuer actionreiche Handlung, die gerade in der Mitte von zahlreichen, detailliert illustrierten Kampfdarstellungen gezeichnet ist. Überhaupt werden die Fähigkeiten der beiden Elrics hier zum ersten Mal so richtig auf die Probe gestellt, denn Alphonse und Edward müssen sich gleich mehrfach im Kampf behaupten, wobei ihre Auseinandersetzung mit dem bislang stärksten, schier übermächtigen Kontrahenten Scar für beide nicht glücklich ausgeht. Während Al schon vorab die Segel streichen muss, wird Ed schwer verwundet und muss die Suche noch weiteren Informationen zu ihrer Mission erst einmal hintanstellen. So viel zum groben Überblick der etwas komplexeren Geschichte im zweiten Band von „Fullmetal Alchemist“.

Im Mittelpunkt der Nr. 2 steht aber nicht nur die Action. Immer wieder blitzt der Humor von Autor/Zeichner Hiromu Arakawa auf, indem er zum Beispiel einige spaßige Auseinandersetzungen zwischen den beiden Brüdern entwirft, Ed das eine oder andere Mal total überreagieren lässt oder eben den Fullmetal Alchemist höchstpersönlich durch einige flotte Sprüche in Szene setzt. Dies sorgt natürlich stets für gesunde Abwechslung und eine leichte Entspannung der vergleichsweise überraschend harten Handlung. Arakawa hat sich selber keine Limits gesetzt, dennoch aber auf übertriebene Effekte verzichtet. Gut, zugegeben, die beiden Hauptdarsteller, vor allem Edward, werden manchmal etwas überdreht dargestellt, doch man kauft den beiden ihre Rollen trotzdem ab, soll heißen, es ist einfach nur ein natürlicher Teil ihres Charakters. Jedenfalls bekommt man nie den Eindruck, als müsste der Autor durch überzogen alberne Witze wieder die Aufmerksamkeit auf die Geschichte lenken, dies geschieht schon ganz alleine durch die erneut vorzeigbare Spannung.

Was mir am zweiten Teil der Serie auch noch gut gefällt, ist die Einbindung der vielen neuen Personen. Nach der Einleitung im ersten Teil sind einem die Wesenszüge der Hauptfiguren nun vertraut, so dass Arakawa genügend Freiräume hat, um viele neue Einflüsse in die Handlung einzubeziehen. Und die nutzt er auch, sei es nun durch die Einführung von Leuten wie Scar oder Dr. Marcoh oder aber mit der Zunahme von komplexen Erzählanteilen, die sich zum Beispiel durch die raschen Wechsel zwischen der aktuellen Situation der Elrics und den fiesen Plänen der düsteren Lady Lust ergeben. Komplex bedeutet in dem Sinne aber dennoch nachvollziehbar und plausibel durchstrukturiert. Die Geschichte gewinnt quantitativ an neuen Nebenplots, qualitativ indes wegen des sich daraus ergebenen Zuwachses an Spannung.

Daraus resultiert letztendlich, dass der inhaltliche Rahmen um ein ganzes Stück erweitert wurde. Die einzelnen Bände sind zwar grob betrachtet und bis zu einem gewissen Punkt ins sich geschlossen, doch durch kleine Cliffhanger (bzw. einen größeren am Ende des Buchs) werden durchgehend schlüssige Überleitungen zu nachfolgenden Bänden geschaffen und somit das nach wie vor leicht überschaubare Grundgerüst erhalten.

Leicht verdaulich, gehaltvoll, spannend und witzig – „Fullmetal Alchemist 2“ beinhaltet die besten Attribute, die ein derartiger Comic haben kann. Zu Recht gehen hier beide Daumen wiederholt nach oben!

http://www.paninicomics.de

Meyer, Kai – Buch von Eden, Das

Aelvin ist ein junger Novize und für seinen Stand ziemlich unternehmungslustig. Das sollte allerdings nicht heißen, dass er sich eine Reise in den Orient gewünscht hätte. Doch genau in eine solche Reise schlittert er hinein, als eines Tages ein Mann und ein Mädchen in seinem Kloster auftauchen. Der Mann ist der berühmte Albertus Magnus, das Mädchen eine junge Novizin namens Favola. Sie haben eine geheimnisvolle Pflanze bei sich, die Lumina. Sie soll aus dem Garten Eden stammen und die letzte ihrer Art sein. Albertus ist davon überzeugt: Sollte es gelingen, die Lumina an ihrem ursprünglichen Heimatort wieder einzupflanzen, würde das Paradies wieder neu erstehen und die Welt zu einem besseren Ort machen. Leider ist es so, dass der machtgierige Erzbischof von Köln das neu erstandene Paradies lieber in seinem Küchengarten hätte! Und schon wird aus der Reise in den Orient eine halsbrecherischen Flucht …

Sinaida ist eine Prinzessin. Ihre Schwester Doquz ist die Frau Hulagu Khans, des Bruders des Mongolenherrschers. Mit einem Heer von dreihunderttausend Mann belagern die Mongolen Alamut, die Burg der Nizari. Gegen diese Übermacht haben die Nizari, trotz ihrer ungewöhnlichen Fähigkeiten im Töten, keine Chance. Das wissen die Mongolen und auch die Nizari. Um sein Volk zu retten, bietet der Alte vom Berge dem Khan der Mongolen an, sich zu unterwerfen und die Mongolen die Kampftechniken der Nizari zu lehren. Eine politische Heirat zwischen dem Herrn der Assassinen und Sinaida soll den Pakt besiegeln.

Auf ihrem langen Weg von den mongolischen Steppen bis in die Elburzberge hat Sinaida genug Tod und Blutvergießen gesehen, und eine politische Heirat steht ihr ohnehin bevor. Also stimmt Sinaida zu, den Alten vom Berge zu heiraten. Zu ihrer eigenen Überraschung verlieben sich die beiden sogar in einander, und alles wäre in bester Ordnung. Gäbe es nicht Neid und Ehrgeiz und Verrat …

|Charakter-Reigen|

Es ist klar, dass es zwischen diesen beiden Handlungssträngen irgendwann einen Berührungspunkt geben muss. Doch Kai Meyer lässt sich Zeit damit. Erst im letzten Viertel des Buches treffen die Personen aus beiden Teilen aufeinander.

Die Gruppe, die aus den Eifelbergen Richtung Osten flieht, ist ziemlich seltsam zusammengesetzt:
ein alter Mönch, ein blinder Ritter, eine Taube, eine Wildkatze und ein Held, der davon nichts weiß. In Bagdad kommt noch eine Rachegöttin dazu.
Die Zusammensetzung als solche zieht ihre Absonderlichkeit hauptsächlich aus der Tatsache, dass ausgerechnet der Ritter blind ist, und ausgerechnet der Mönch der Anführer. Wobei man es vielleicht auch schon als Besonderheit ansehen kann, dass Albertus Magnus keinem der beiden sonst gern bemühten Klischees des mittelalterlichen Mönchs entspricht: er ist weder der fanatische Eiferer noch der väterliche Weise.

Abgesehen davon bleiben an Außergewöhnlichem hauptsächlich die Gaben der beiden Mädchen. Libuse kann das Erdlicht beschwören, eine magisches Licht aus Kraft und Wärme, das der Erde und den Bäume innewohnt. Favola hat – außer einer ungewöhnlichen Bindung zur Lumina – einen besonderen Sinn, der ihr bei Berührung anderer deren Tod zeigt. Zumindest glaubt sie das, aber davon später mehr. Im Übrigen zeichnen sich die Protagonisten eher durch Charakterschemata aus, die man bereits kennt und die durch die oben verwendete Typisierung bereits ausreichend beschrieben sind.

Weniger exotisch fallen die Gegner der Protagonisten aus:

Der eine ist ein Mann auf der Suche nach dem Garten Allahs. Außer dieser Suche scheint es in seinem Leben keine Leidenschaften zu geben. Aber für diese eine Sache ist er bereit, alles zu tun. Wobei man sagen muss, dass er sogar mehr tat als nötig. Zum Beispiel war es für die Erreichung seines Ziels völlig überflüssig, die Bibliothek in Bagdad zu zerstören. Von einem Mann, der gegen alles andere als seine große Leidenschaft so gleichgültig war wie dieser, hätte ich so viel Beachtung einer belanglosen Sache gar nicht erwartet.

Der nächste ist Gabriel, ein typischer Söldner. Sein einziger Ehrgeiz ist es offenbar, die Aufträge seines Herrn auszuführen und sich dessen Wohlwollen zu erhalten. Um sein Ziel zu erreichen, setzt er vor allem brutale Gewalt ein, um sich die Menschen gefügig zu machen. Und so ist es kein Wunder, dass er ausgerechnet denjenigen Mann am meisten fürchtet, dem er nicht mit Gewalt kommen kann: Oberon, den Nigromanten des Erzbischofs. Auch hierzu später mehr.

Außerdem gibt es am Rande noch einen Dritten. Aus Corax‘ Erzählung ist vor allem zu entnehmen, dass er einer von den Machtgierigen ist, zu hinterhältigen Methoden wie Erpressung und Bestechung neigend, und außerdem ein Lüstling. Sein Zusammentreffen mit Sinaida macht darüber hinaus eine ausgeprägte Eitelkeit deutlich, die sich in diesem Fall nicht auf Äußerlichkeiten bezieht, sondern auf Stellung und Ruf. Sinaidas Eindringen in den Palast bedeutet für ihn eine Blamage, deshalb lässt er die junge Frau im Haarem verschwinden und verschweigt ihre Warnung. Das hätte ihn selbst dann den Kopf gekostet, wenn er nicht so dumm gewesen wäre zu übersehen, dass seine größte Rivalin um die Macht, die Mutter des Kalifen, die Herrin über den Haarem ist! Denn die Mongolen hätten ihn in jedem Fall einen Kopf kürzer gemacht!

Diese Personenkonstellation zeigt schon ziemlich deutlich, dass hier keine allzu große Vielschichtigkeit gegeben ist. Von Anfang an ist klar, wer die Guten und die Bösen sind, und dabei bleibt es auch.

|Handlungsebenen|

Am meisten Bewegung bietet naturgemäß der Handlungsstrang um die Lumina, allein durch die Tatsache bedingt, dass Favola und ihre Gefährten unterwegs nach Osten sind. Die stetige Verfolgung durch die Schergen des Erzbischofs sowie die Bedrohung durch Räuberbanden sorgen dafür, dass die Reise turbulent bleibt. Die Erzählsicht wechselt unauffällig immer wieder mal, hauptsächlich zwischen Libuse und Aelwin, gelegentlich auch zu Favola. So werden die Gefühle aller Beteiligten sichtbar und plausibel, und die Entwicklung der Beziehungen zwischen den einzelnen Personen innerhalb der Gruppe bleibt objektiv.

Im zweiten Handlungsstrang um Sinaida geht es ruhiger zu, was auch daran liegt, dass der Gegner hier kein Wolf ist, sondern eine Spinne. Allerdings wechselt hier die Erzählsicht nicht. Von den Motiven und Absichten des Verräters erfährt man also nur aus Sinaidas Sicht. Das macht die Verfolgung des Komplotts einerseits ziemlich hautnah, man wird von der Entwicklung ähnlich überrascht wie die Protagonistin. Andererseits hinterlässt diese Vorgehensweise auch Lücken. So fragte ich mich zum Beispiel, wie der Verräter Hulagu davon überzeugen konnte, es seien Attentate auf ihn geplant gewesen, wenn er keinen Attentäter präsentieren konnte. Und wenn er einen präsentieren konnte, wo hat er ihn hergenommen? Wer von den Nizaris war wohl so verrückt, nach der Heirat ihres Herrschers mit der Mongolenprinzessin noch ein Attentat auf den Khan zu versuchen? Vielleicht hat der Autor diese Dinge bewusst im Dunkeln gelassen.

Was der Geschichte einen gewissen Pfiff verleiht, ist der Hauch von Fantasy, der sich gerade in Romanen über das Mittelalter sehr gut unterbringen lässt. Der Glaube der Menschen, der in vielen Dingen eher an Aberglaube grenzt als an Religiosität, bietet dafür die beste Grundlage.
Eine Legende über die Lumina habe ich bei meiner zugegebenermaßen kurzen Suche nicht gefunden. Dennoch bietet sie genau die Art Stoff, um die sich zu jener Zeit Wunder- und Aberglaube gerankt hätten!

Etwas weniger handfest als die Lumina ist die Schlange ausgefallen, die sich in Gabriel eingenistet hatte. Eine kurze Sequenz ziemlich weit hinten, als der Mann schon fast Bagdad erreicht hat, bietet einen ziemlich deutlichen Hinweis darauf, dass da jemand buchstäblich den Teufel im Leib hat, und zwar bereits in Regensburg. Oder ist der Kerl doch einfach nur wahnsinnig geworden? Denn wieso hätte die Schlange nach Gabriels Tod einfach verschwinden sollen? Das passt nicht ganz zu dem, was beim Kampf gegen die serbischen Räuber geschehen ist, wo es heißt, dass die Schlange ihre volle Präsenz nach Oberons Tod voll auf Gabriel übertragen hat. Wieso hat sie das nicht auch in Bagdad versucht? Fehlte ihr dafür ein Nigromant, wie Oberon einer war? Aber für ihren Wechsel von Oberon zu Gabriel hatte sie auch keinen, denn Oberon starb schließlich gerade! – Hier sind die Grenzen fließend und verwischt, und es bleibt dem Leser selbst überlassen, was er davon halten will.

Auch Favolas Todsicht, wie sie es nennt, bietet nichts, was man präzise benennen oder feststellen könnte. Das Problem mit dem Voraussehen der Zukunft und dem Eintritt der Voraussagen allein deshalb, weil sie bekannt waren, ist ein altbekanntes, vor dem auch Favola steht. Eine Antwort entzieht sich dadurch, dass das, was Favola über Aelvins Tod sieht, nicht eindeutig ist. Hat sie selbst sich durch ihre letzte Tat ihren Visionen entzogen, waren sie also doch nicht zwangsläufig? Oder war ihre Sicht von Aelvin einfach keine Todsicht, sondern etwas anderes? Aber warum etwas anderes, wenn es bei allen anderen eindeutig der Tod war, den sie gesehen hat?

Dieses Ausweichen in das Uneindeutige macht die Geschichte interessant. Hier geht es nicht um Fantasy, wo die Magie einen festen Bestandteil der Welt bildet und mehr oder weniger detailliert ausgebaut und plausibel erklärt wird. Hier geht es um Historie, und da wären Beweise und Plausibilität im Hinblick auf Magie eher ein Stilbruch. Insofern hat Kai Meyer genau die richtige Prise an Wundern erwischt, die der Geschichte zuträglich war und sie vor dem Austrocknen bewahrte, ohne sie damit zu überladen, wie [„Baudolino“ 776 damit überladen wurde.

Die sprachliche Gestaltung unterstützt diesen Hauch von Magie sehr gekonnt. Die Wortwahl ist nicht übermäßig poetisch, bringt aber – hauptsächlich in den ruhigeren Passagen – ein deutliches Bild mit viel Stimmung zustande.

|Unterm Strich| muss ich sagen, das Buch hat durchaus seine Momente. Die Spannung konnte sich trotz aller Turbulenzen allerdings nicht immer halten. Da die beiden so unterschiedlichen Handlungsstränge so lange getrennt bleiben, fragt sich der Leser irgendwann, was die beiden überhaupt miteinander zu tun haben. Es zieht sich ziemlich … Die Charaktere bleiben zwar menschlich – so hat Libuse trotz allen Zorns und aller Rachegelüste immer noch eine Heidenangst vor Gabriel, selbst als er gefesselt ist -, durch die starke Polarisation Gut-Böse verlieren sie jedoch an Tiefe und Echtheit. Und auch das Ende empfand ich als seltsam und etwas enttäuschend. Oder vielleicht sollte ich besser sagen: Albertus wäre enttäuscht! Denn obwohl ihm Libuse und Aelvin berichteten, die Lumina sei gepflanzt und habe Blüten getrieben, ist das Paradies bis heute nicht wiedererstanden. Zumindest ist die Welt nicht besser geworden, wie Albertus es gehofft hat. Vielleicht wäre es im Hinblick darauf doch passender gewesen, die Lumina wäre nicht neu erblüht.

|Kai Meyer| hat mit vierundzwanzig Jahren seinen ersten Roman geschrieben. Seither hat er sowohl im Jugendbuchbereich als auch für Erwachsene zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter anderem „Die fließende Königin“, die Wellenläufer-Trilogie und die Merle-Trilogie. Für [„Frostfeuer“ 2111 erhielt er den internationalen Buchpreis Corine. Sein neuestes Buch „Seide und Schwert“ ist der Auftakt zu einer neuen Trilogie, deren zweiter Band unter dem Titel „Lanze und Licht“ im Januar nächsten Jahres erscheinen soll. Zur Entstehung des „Buches von Eden“ hat der Autor eine Art Tagebuch geführt, das er auf seiner Homepage veröffentlicht hat.

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|Siehe ergänzend dazu auch unsere [Rezension 890 zur Hörbuchfassung.|

Wagner, Matt – Batman und die Monster-Männer (100 % DC 5)

_Story_

Sal Maroni, ein berüchtigter und kompromissloser Mafioso, kontrolliert die Unterwelt von Gotham City und presst aus den prominentesten Figuren der Stadt in regelmäßigen Abständen Schutzgeld heraus. Auch Norman Madison, einst erfolgreicher Geschäftsmann, ist ins Visier des Bandenbosses geraten, als er sich zur Bewältigung seines Schuldenbergs einen Kredit bei Maroni erfragte. Nun steht er tief in seiner Schuld und ist den Bedingungen des Fieslings schutzlos ausgeliefert. Der nämlich droht damit, Madisons Tochter Julie aufzusuchen, wenn Norman nicht seinen Forderungen nachkommt.

Julie indes ahnt nichts von den Machenschaften ihres Vaters; sie ist gerade erst neu verliebt, nämlich in den als Playboy verschrienen Bruce Wayne. Der wiederum ist momentan in seiner zweiten Rolle als Batman schwer beschäftigt und lässt seine neue Partnerin mehr als einmal ratlos zurück. Eine grässliche Mordserie erschüttert nämlich gerade die Stadt und hat gerade erst wieder ein weiteres, in Stücke zerrissenes Opfer hervorgebracht. Batman geht der Sache auf der Spur und stößt dabei auf den Wissenschaftler Hugo Strange. Und schon das erste Aufeinandertreffen der beiden wird für den maskierten Rächer zum Alptraum, denn in Stranges Laboratorien verbergen sich einige grässliche, übermenschlich große Monster, die nur allzu gerne auch die Fledermaus in Stücke reißen würden. Batman steckt in der Falle, entkommt aber gerade noch einmal. Als er dann aber noch Verbindungen zwischen Strange, Maroni und dem Vater seiner neuen Traumfrau entdeckt, ist er am Zuge und muss Schlimmeres verhindern, bevor die grässlichen Monster ein weiteres Mal zuschlagen.

_Meine Meinung:_

Matt Wagner ist ein ergebener Verfechter des sogenannten Golden Age und hat vor allem am auch hier verwendeten Superhelden Batman einen Narren gefressen. „Batman und die Monster-Männer“ ist daher auch als eine Hommage an diese Zeit zu verstehen, denn sowohl stilistisch als auch inhaltlich zitiert der Autor und Zeichner im fünften Band von „100 % DC“ eine legendäre Geschichte des maskierten Rächers, die erstmals in „US-Batman 1“ (1940) zu bestaunen war. Es handelt sich hierbei um den zweiten Auftritt des völlig durchgedrehten Wissenschaftlers Hugo Strange, dessen wilde Monster wohl zu den hartnäckigsten Gegnern gehören, denen Batman je gegenübergetreten ist.

Wagner hat die Story in ein etwas zeitgemäßeres Gewand gepackt, sie mit einer moderneren Sprache ausgestattet und die Zeichnungen auch recht deutlich an die Charakteristika der heutigen Batman-Comics angegliedert. Allerdings spielt die Erzählung in der Batman-Zeitleiste natürlich ganz zu Beginn und markiert zum Beispiel mit dem ersten Einsatz des berühmten Batmobils einen Schlüsselpunkt in der langen Historie des beliebten Helden. In Gotham City wird die unbekannte Fledermaus immer noch sehr zwiespältig aufgenommen, weil sich die Bewohner nicht sicher sind, ob der Mann mit seinen harten Methoden und der eiskalten Ausstrahlung nun auf der Seite des Guten oder des Bösen steht. Selbst einst rechtschaffene Leute wie Norman Madison haben ihre Bedenken und sehen in Batman eher einen hinterlistigen Ganoven als den Gesetzeshüter, den Kommissar Gordon längst in ihm erkannt hat. Dies unterstreicht natürlich die Brisanz der gesamten Rahmenhandlung. Batman hat es hier noch weitaus schwerer, weil ihm noch die Akzeptanz fehlt. Er muss stets verdeckt auftreten und hat neben seinem Butler Alfred nur noch Gordon als Verbündeten, der wiederum im Präsidium mit starkem Gegenwind kämpfen muss, weil er anscheinend eine dienstliche Partnerschaft mit dem mysteriösen Unbekannten eingegangen ist.

Genau jene Tatsache lässt die plötzlichen Auftritte Batmans aber noch eleganter erscheinen; die Momente, in denen er Strange oder Maroni aus dem Nichts auftauchend überrascht und verblüfft, gehören zu den Hghlights dieses Comics, unterstreichen aber auch noch mal die Aura, die Batman ausstrahlt – so undurchdringlich und gefühlsneutral wie wahrscheinlich kein anderer Comic-Held des DC-Universums. Dies darzustellen, ist Wagner in „Batman und die Monster-Männer“ auch prima geglückt. Hinzu kommt noch, dass der Zeichner Batmans nach wie vor hasserfülltes Erscheinungsbild prima auffängt; er hat seine Vergangenheit zu diesem Zeitpunkt noch nicht überwunden, und obwohl er bereit ist, eine richtige Liebschaft einzugehen, ist er immer noch verbittert und nachdenklich. Und das kann man eben nicht nur den Texten, sondern vor allem auch den superben Illustrationen entnehmen.

Zur Geschichte wurde bis hierhin noch kaum etwas gesagt, dabei ist sie ja eigentlich das Hauptanliegen dieser Kritik. Aber wie erwartet, ist auch sie ein echter Kracher, angefangen bei den seltsamen, unklaren Verstrickungen zwischen Gangstern, Wissenschaftlern und Geschäftsleuten, über die toll inszenierten Kampfszenen bis hin zum fabelhaften Spannungsaufbau, der eigentlich erst auf den letzten beiden Seiten, nach Auflösung der Angelegenheit, wieder langsam herabgefahren wird. Die Bösewichte werden außerdem glaubhaft dargestellt, sowohl der gnadenlose Maroni als auch der vollkommen besessene Strange, beide vom Gedanken übermannt, die Stadt zu unterjochen und die Macht an sich zu reißen, nur eben, dass sich ihre Mittel eklatant voneinander unterscheiden. Während der eine mit Erpressungen erfolgreich seinen Ruf festigt, manipuliert der andere die menschlichen Gene und missbraucht sie schließlich auf fürchterliche Art und Weise. Das ist der Stoff, aus dem wahre Fieslinge gemacht sind. Und das ist auch der Stoff, den der eingeschworene Batman-Fan, ganz unabhängig davon, welche Periode des Helden er nun favorisiert, lesen möchte.

„Batman und die Monster-Männer“ ist auf jeden Fall einer der besten Batman-Plots, die je geschrieben wurden, sowohl damals als auch in der nachträglichen Hommage Wagners. Der Autor hat schon versprochen, bei entsprechender Nachfrage weitere Adaptionen älterer Comic-Klassiker nachzureichen. In Planung ist derzeit „Batman & The Mad Monk“, eine Geschichte, die in den Staaten schon angelaufen ist. Nun, wenn es nach mir ginge, sollte man dem Mann freie Hand lassen. Derartige Klasse (gerade was die Spannung betrifft) ist immer gerne gesehen. Alleine schon die Tatsache, dass „Batman und die Monster-Männer“ der mit Abstand beste Teil der „100 % DC“-Reihe ist, sollte diesbezüglich Bände sprechen.

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