Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Melzer, Brigitte – Jägerin, Die (Vampyr 2)

In Brigitte Melzers Roman [„Vampyr“ 5459 ließen wir die Protagonisten in einer reichlich prekären Situation zurück: Nach dem alles entscheidenden Kampf mit dem Fiesling war Daeron lebensgefährlich verwundet worden. Catherine, in Ermangelung einer Alternative, machte ihn daraufhin zum Vampir. Im Folgeband „Vampyr. Die Jägerin“ erfährt der geneigte Leser nun, wie es mit Catherine und Daeron weitergeht.

Catherine, schon immer empfindsam, konnte es offenbar nicht ertragen, dass sie Daeron ebenfalls zu einem Leben als Vampir verdammt hat – wenngleich ihre Absichten natürlich redlich waren. Davon überzeugt, dass Daeron sie nun verabscheut, verlässt sie ihn. Sie hofft, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, die Vampirwerdung praktisch ‚umzukehren‘, und sucht verzweifelt nach dieser Methode, da sie davon ausgeht, dass Daeron ihr nur verzeihen wird, wenn sie ihn vom Vampirismus heilen kann.

Daeron hat derweil lange nicht so viele Probleme mit seinem neuen Zustand, wie Catherine angenommen hat. Er beschließt, sich von Tierblut zu ernähren, und da diese Methode die meisten moralischen Probleme des Vampirimus beseitigt, erfreut er sich ansonsten seiner neu gewonnenen Kräfte. Er sucht verzweifelt nach Catherine, kann sich aber gleichzeitig nicht erklären, warum sie ihn verlassen hat. Als die beiden dann endlich in Edinburgh wieder aufeinandertreffen, ist Catherine mit ihren Nachforschungen schon weit vorangekommen: Um Daeron (und sich) vom Vampirismus zu befreien, muss sie den allerersten Vampir töten. Das gelingt aber nur mit einem bestimmten christlichen Artefakt, von dem allerdings niemand weiß, wo es sich befindet. Doch auch der erste Vampir weiß, dass ihm dieses Artefakt gefährlich werden kann – für ihn Grund genug, es in seinen Besitz zu bringen.

Damit nicht genug, taucht zeitgleich in Edinburgh eine Handvoll Vampirjäger auf, die es auf alles abgesehen haben, was spitze Zähne hat. Doch wäre es nicht eine gute Idee, wenn sich die Jäger mit Catherine und Daeron verbünden würden, um den Obervampir zu vernichten?

Im zweiten Teil von Brigitte Melzers Romanreihe treffen wir altbekannte Charaktere wieder, allen voran natürlich Catherine und Daeron. Allerdings tritt Melzer glücklicherweise nicht erzählerisch auf der Stelle, und so baut sie eine ganze Reihe neuer Charaktere in die Handlung ein, die sie darüber hinaus an einem neuen Schauplatz (Edinburgh) spielen lässt. Das macht „Die Jägerin“ im Ganzen spannender und abwechslungsreicher als den Vorgängerband.

Melzers neue Lieblingsprotagonistin ist offensichtlich die Vampirjägerin Alexandra. Deren Familie wurde vom Unendlichen niedergemetzelt, als sie noch ein junges Mädchen war. Damals schwor sie Rache, und seitdem ist sie mit drei Männern unterwegs, um Vampire zu vernichten. Alexandra ist eine taffe Heldin, ganz wie man sich eine Jägerin eben vorstellt. Dahinter verblasst Catherine zusehends. Anstatt stärker, hat sie der Vampirimus vielmehr schwächer gemacht. Für jeden Handgriff scheint sie Daerons Hilfe zu benötigen, und selbst auf die Idee, sich von Tierblut zu ernähren, kommt sie nicht allein. Da macht es deutlich mehr Spaß, Alexandras Entwicklung zu folgen, der Melzer natürlich – zwischen all der Kämpferei und dem Weltretten – auch noch eine Liebesgeschichte auf den Leib schreibt.

Auch die Beschreibungen der Handlungsorte, im ersten Roman noch ein Schwachpunkt, haben sich stark verbessert. Edinburgh kommt wirklich sehr plastisch daher, und für den Leser ist es einfach, das Setting vor dem inneren Auge erstehen zu lassen. Viel spielt sich in „Die Jägerin“ in einer Close ab, einer engen Gasse, die von der Royal Mile (der damaligen Hauptstraße) hinab zum Nor Loch (wo sich heute – ganz unromantisch – der Bahnhof der Stadt befindet) führte. Diese ganz bestimmte Gasse, nämlich die Mary King’s Close, existiert(e) tatsächlich. Sie wurde freigelegt und kann seit 2003 besichtigt werden (sehr empfehlenswert übrigens). Melzer gelingt es also, schottischen Charme zu versprühen. Die Handlungsorte sind düster und irgendwie unheimlich – was natürlich ein echtes Muss ist, wenn man einen Vampirroman schreibt, der noch dazu in Schottland spielt.

Einige Ungereimtheiten gibt es dennoch. Melzer scheint sich an die Vampirtheorie aus „Lost Boys“ zu halten, nachdem der Obervampir vernichtet werden muss, um alle anderen Vampire wieder zu Menschen werden zu lassen. Woher Catherine und Daeron allerdings das Wissen beziehen, dass es sich gerade bei dem einzigen anderen Vampir, den sie kennen, um den ersten Vampir handelt, das bleibt wohl Melzers Geheimnis. Auch erscheint es ein wenig ‚billig‘, das alte Thema des guten und bösen Zwillings aufzurollen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich Melzer hier eines Kunstgriffes bedient, dessen es nicht bedurft hätte.

Alles in allem ist „Vampyr. Die Jägerin“ jedoch ungleich besser gelungen als der Vorgängerroman. Die Handlung ist verschachtelter und bietet mehr Spannung. Es gibt mehr überraschende Wendungen und detektivischen Einsatz der Charaktere. Außerdem wurde eine ganze Reihe neuer Figuren hinzuerfunden, um die Story frisch zu halten und Raum für weitere Geschichten zu schaffen. Melzer ist ein kurzweiliger Roman gelungen, der zwar nicht mit Tiefgang daherkommt, dafür aber mit einer unterhaltsamen Geschichte.

|Empfohlen ab 14 Jahren
319 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-8000-5350-6|

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http://www.brigitte-melzer.de

Außerdem von Brigitte Melzer auf |Buchwurm.info|:
[„Elyria – Im Visier der Hexenjäger“ 4700

Richardson, Kat – Greywalker

_Die Privatdetektivin Harper Blaine_ ist gerade noch dabei, dem Leser zu erklären, dass ihr Beruf lange nicht so gefährlich und glamourös ist wie allgemein angenommen, da wird sie auch schon von einem Klienten so heftig zusammengeschlagen, dass sie prompt im Krankenhaus landet. Zwar wird sie bald wieder entlassen, doch plagen sie seitdem seltsame Visionen, die sie schier in den Wahnsinn zu treiben drohen. Schlussendlich stellt sich heraus, dass der Angriff ihres Klienten sie das Leben gekostet hat – zumindest kurzfristig, denn sie wurde wiederbelebt, als die Rettungskräfte eintrafen. Allerdings hat sie einen bleibenden Schaden davongetragen, denn sie ist nun eine „Grauwandlerin“. Sie ist sowohl in der Realität zu Hause als auch im Grau – einem Ort, wo Dämonen und Geister verweilen.

Harper ist von dieser Entwicklung alles andere als begeistert, das Grau tendiert nämlich dazu, ständig und überall in ihren Alltag einzudringen: Während sie spazierengeht, laufen ihr Geister über den Weg, und wenn sie nicht aufpasst, wird sie unangemeldet ins Grau gesogen und muss sich plötzlich gegen seltsame Biester zur Wehr setzen. Harper will einfach nur, dass das alles aufhört, doch stattdessen werden die Bewohner des Grau von ihrer Präsenz angezogen und wollen nur allzu gern ihre Dienste als Privatdetektivin in Anspruch nehmen. Und so sieht sie sich plötzlich genötigt, ein obskures Möbelstück für einen Geist zu suchen und PR-Arbeit für einen Vampir zu leisten.

_Kat Richardson weiß, wie man schreibt_ – sie hat mehrere Jahre als technische Redakteurin gearbeitet und verfasste Rollen- und Computerspiele. „Greywalker“, 2006 in den USA erstveröffentlicht, ist jedoch ihr erster Roman, der gleichzeitig der Auftakt zu ihrer Romanreihe um Harper Blaine ist. Schon nach den ersten paar Seiten des Romans wird klar, dass Richardson mit „Greywalker“ einen astreinen Pageturner geschrieben hat, der nicht nur spannend und originell ist, sondern auch interessante und sympatische Charaktere zu bieten hat.

Da wäre zunächst einmal ihre Ich-Erzählerin Harper Blaine. Nun ist es ja so, dass es – betrachtet man die Urban Fantasy oder die Supernatural Romance – geradezu eine Schwemme von Romanen gibt, in denen Autorinnen weibliche Ich-Erzähler zu Wort kommen lassen. Das wirkt auf Dauer schnell ermüdend, und man hat irgendwann den Eindruck, Bücher vom Fließband zu lesen, die sich nur noch marginal voneinander unterscheiden. Doch obwohl auch Kat Richardson sich für eine weibliche, taffe Heldin entscheidet und diese als Ich-Erzählerin agieren lässt, wirkt „Greywalker“ frisch und überhaupt nicht abgekupfert.

Das ist sicherlich der Meisterschaft und Unverbrauchtheit der Autorin zu verdanken, und so wirkt auch Harper Blaine überraschend erfrischend. Denn was Harper von vielen anderen Dämonenjäger/innen unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie zu Beginn des Romans ein ganz normaler Mensch ist. Ihre Fähigkeit ist ihr nicht angeboren und sie erfährt nur durch Zufall von der Existenz von Vampiren, Dämonen und Geistern. Damit erreicht Richardson zweierlei: Zum einen kann man sich als Leser wunderbar mit Blaine identifizieren – wie sie wagt man vorsichtig die ersten Schritte in das Grau hinein und ist gespannt darauf, was denn da nun kommen mag. Auf der anderen Seiten hat Richardson so eine hervorragende Möglichkeit gefunden, ihr eigenes Universum langsam und geradezu natürlich einzuführen. Schritt für Schritt erfährt man mehr über das Grau, diese parallele Realität, in der sich allerlei seltsame Wesen herumtreiben und die sich fast selbst wie ein Lebewesen verhält.

Doch nicht nur mit Harper freundet man sich schnell an. Richardson hält noch einen ganzen Apparat Nebencharaktere bereit, die jeweils genauso unterhaltsam, originell oder schräg sind. Da wären zum Beispiel die Danzigers, ein Pärchen, das mit seinem kleinen Sohn und seinem Hausgeist Albert in einem glühenden Haus wohnt (weil es auf einer magischen Ader steht) und sich mit allerlei Paranormalem auskennt. Mara Danziger ist Hexe und sich auch nicht zu schade, ihren Kuchen zu verzaubern, damit der Teig nicht anbrennt. Ben Danziger ist eher Theoretiker und wie alle Wissenschaftler überglücklich, wenn er jemandem seine Theorien auseinandersetzen kann. Gemeinsam nehmen sie Harper fortan an die Hand, um ihr zu erklären, wie sie sich am besten im Grau zurechtfindet.

Dann wäre da noch Quinton, eine Art MacGuyer für Alarmanlagen. Er baut innerhalb von Stunden aus drei Drähten und einem Kaugummi eine voll funktionstüchtige Alarmanlage und warnt Harper ganz trocken auch schon mal davor, sich nicht mit diesen Vampiren einzulassen. Quintons praktische und doch irgendwie skurrile Art könnte ihn in zukünftigen Bänden schnell zu Harpers bestem Freund werden lassen. Doch sollte er nicht Will in die Quere kommen, dem Love Interest – denn auch den muss es schließlich geben. Will ist Auktionator, groß gewachsen und ein Mann, wie er im Buche steht. Nur leider kommt Harpers neue Lebensphilosophie ihren Dates wiederholt in die Quere und die meisten Männer lassen sich nicht endlos versetzen …

Ebenso interessant wie Richardsons Charakterentwurf ist ihr Universum, das Grau. Bisher hat Harper nur erste Schritte in diese unbekannte Welt gewagt, und so kann man kaum vorhersagen, welche seltsamen Wesen Richardson noch aus dem Hut zaubern wird. Auf jeden Fall ist das Grau schon jetzt spannend und sicher in zukünftigen Romanen noch ausbaufähig.

Eigentlich gibt es nur einen Kritikpunkt, und auch der ist nicht völlig ernstzunehmen: Für einen Roman, der 2006 veröffentlicht wurde und offensichtlich im Hier und Jetzt spielt, ist es absolut anachronistisch, dass keiner der Charaktere ein Handy besitzt. Stattdessen laufen alle Figuren mit Piepern herum, die eigentlich schon seit zehn Jahren kein normaler Mensch mehr benutzt.

Doch das nur nebenbei… Denn ansonsten ist „Greywalker“ ein wunderbar runder Roman, den man mit Leichtigkeit in ein paar Tagen geradezu verschlingen kann.

_Kat Richardson_, geboren in Kalifornien, arbeitete nach einem Publizistikstudium in diversen Zeitschriftenverlagen in L.A., bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Derzeit lebt die Autorin, zu deren Hobbys Scheibenschießen und Motorradfahren zählen, mit ihrem Mann, zwei Frettchen und einer launischen alten Katze auf einem Segelboot vor Seattle. Ihr Mystery-Debüt „Greywalker“ war in den USA auf Anhieb ein Erfolg.

|Originaltitel: Greywalker
Übersetzt von Franziska Heel
512 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3-453-43310-6|

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Hinweis: Im Dezember 2008 erschien der Folgeband „Poltergeist“, im August 2009 folgt „Underground“.

Owens, Robin D. – Zauberin von Lladrana, Die (Lladrana 2)

_Eine grausame Kreatur_ der Finsternis hat Jaquars Eltern getötet. Und Jaquar kann nur noch an eines denken: Rache! Doch er selbst kann die Kreatur nicht erreichen. Nur jemand aus der Paralleldimension der Erde ist in der Lage dazu, den Schutzschild um den finsteren Schlupfwinkel zu durchdringen. Die Marschälle von Lladrana haben bereits zugestimmt, eine Beschwörung durchzuführen. Und wen immer sie beschwören, Jaquar wird diese Person für sich beanspruchen, und sie wird seiner Rache dienen!

Marian Harasta hat schon seit längerer Zeit grauenhafte Alpträume. Und da es ihr bisher nicht gelungen ist, die Ursache dafür zu finden, beschließt sie, dem Rat ihrer Freundin zu folgen und eine Beschwörung durchzuführen: mit unerwartetem, aber durchschlagendem Ergebnis!

_Da die Geschichte_ auf der Parallelwelt Amee im Land Lladrana spielt, stammen die meisten tragenden Charaktere logischerweise von dort. Die eigentliche Heldin jedoch stammt von der Erde:
Marian ist Studentin. Und ihr Arbeitseifer geht weit über das übliche Maß an Fleiß hinaus. Marian giert regelrecht nach Wissen, auch nach solchem, das nicht unbedingt wissenschaftlich belegbar ist, wie zum Beispiel New Age. Obwohl der Übertritt nach Lladrana zunächst mal ein Schock ist, stürzt sich Marian auch hier schon bald aufs Lernen und fühlt sich schnell heimisch. Aber nicht nur das fremdartige Wissen und die Magie des Landes faszinieren sie, auch der Zauberer Jaquar übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie aus. Wenn da nicht gleich bei ihrer Ankunft diese warnende Vision gewesen wäre, dass Jaquar Ärger bedeutet! Und wenn da nicht ihr MS-kranker Bruder Andrew wäre, den sie auf keinen Fall im Stich lassen kann! Je länger Marian in Lladrana weilt, desto zerrissener fühlt sie sich …

Ihrem Lehrmeister, dem Zauberer Bossgond, ist noch vor Marian klar, dass sie nicht in der Lage sein wird, sich zu entscheiden. Der alte Mann ist zwar ein besonders mürrisches Exemplar von einem Eigenbrötler, entwickelt aber dennoch rasch väterliche Zuneigung zu seinem jungen Lehrling und ist schnell bereit, ihr bei der Suche nach einem Heilmittel für Andrew zu helfen.

Jaquar entwickelt ebenfalls Zuneigung zu Marian, allerdings weniger die väterliche Sorte. Die rücksichtslose Anwandlung, Marian seiner eigenen Rache zu opfern, verliert sich recht schnell, denn im Grunde ist Jaquar gar kein so übler Kerl und war nur deshalb zu einem solchen Plan bereit, weil er den Verlust seiner Eltern noch nicht verwunden hat.

Und dann wäre da noch Marians Hamster Tuck, der in Lladrana – nicht ohne ein wenig magisches Zutun – ein eigenes Bewusstsein entwickelt und so vom Haustier zum Freund und Gefährten wird, ohne dabei jedoch seine Hamstereigenschaften zu verlieren.

Schade, dass es zu dem zweiten wichtigen Protagonisten, Jaquar, nicht viel mehr zu sagen gibt als zu Marians Hamster, der eigentlich nur ein nettes Detail am Rande darstellt. Nachdem Jaquar sich von seiner rachsüchtigen Anwandlung erholt hat, bleibt von ihm nicht viel mehr übrig als die Begriffe mächtig, sexy und verliebt. Für eine eigene Persönlichkeit fehlt es ganz entscheidend an Tiefe. Ähnliches gilt für Bossgond, der ein wenig zu sehr dem Klischee des brummigen, alten Lehrmeisters entspricht. Marian ist zwar etwas detaillierter gezeichnet, aber auch diese Figur kommt nicht über reine Nachvollziehbarkeit hinaus, erreicht lediglich den Verstand des Lesers, nicht seine Emotionen.

Das ist vor allem deshalb ein Manko, weil die Handlung selbst die Entwicklung der Beziehung zwischen Jaquar und Marian so sehr in den Vordergrund stellt. Immer wieder denkt Marian über Jaquar nach, selbst als sie noch Bossgonds Lehrling ist. Und Jaquar denkt sowieso an nichts anderes als an Marian. Das macht die ganze Angelegenheit ziemlich vorhersehbar.

Außer der sich anbahnenden Liebesgeschichte tut sich zunächst mal nicht viel anderes, denn Marian muss den Umgang mit der Magie ja erst lernen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass die Autorin ihre Protagonistin innerhalb von drei Wochen vom völligen Anfänger zur fertigen Zauberin höchster Stufe hat aufsteigen lassen: damit es nicht so lange dauert, bis es endlich zur Sache geht. Ihr Versuch, diese ungewöhnlich kurze Lehrzeit damit zu begründen, dass die Marschälle ja genau so jemanden beschworen hätten, greift nicht ganz, denn nur weil etwas Bestimmtes beschworen werden soll, heißt das ja noch lange nicht, dass es das auch gibt. Im Zweifelsfall bleibt das Pentagramm eben leer.

Auch die Bemühung, der Handlung etwas mehr Spannung zu verleihen, indem die Autorin andere Zauberer Jaquars ursprünglichen Plan weiterführen lässt, greift nicht wirklich. Nicht einmal, als Marian dem Bösen gegenübersteht, kommt so etwas wie Spannung auf; zu kurz ist die Begegnung, zu glatt und ohne Haken spult sich die Handlung ab. Erst gegen Ende des Buches, als Marian um das Leben ihres Bruders kämpft, bekam ich feuchte Hände, wohingegen das finale Duell wieder eher schlaff daherkommt. Vielleicht lag das auch an der Beschreibung des Gegners, die zwar einige unappetitliche äußere Details, aber keinerlei Persönlichkeit lieferte.

_Bleibt zu sagen_, dass Robin Owens zwar einige nette Ideen vorzuweisen hat, und manche sind auch durchaus gut beschrieben, zum Beispiel der Ritt auf dem Blitz. Insgesamt gesehen fehlt es dem Buch jedoch an Flair. Marians rasche, problemlose Ausbildung vermittelt den Eindruck eines Zeitraffers – flutsch und fertig. Die Mängel in der Charakterzeichnung lassen nicht nur die Liebesgeschichte fade und flach wirken, das Fehlen eines ernstzunehmenden Gegners hat auch Spannung gekostet.

Nun ist „Die Zauberin von Lladrana“ nicht der erste Band, wie ich leider erst nach der Lektüre feststellte. Der erste Band des Zyklus heißt [„Die Hüterin von Lladrana“ 5518 und erzählt von der Marschallin Aleyka, die ebenfalls von der Erde nach Amee beschworen wurde. Irgendwie klingt das ziemlich ähnlich … genau wie der Ausblick auf die weiteren Bände, die bisher nur auf Englisch erschienen sind. Wenn ich die Lektüre des ersten Bandes nachgeholt habe, werde ich es wissen.

Sollte sich dabei meine Befürchtung bestätigen: dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Robin Owens, anstatt für jeden Band ihres Zyklus eine neue Protagonistin zu entwerfen, sich auf eine einzige konzentriert und dafür etwas mehr Sorgfalt auf die Ausarbeitung verwandt hätte – dann werde ich den Lladrana-Zyklus wohl unvollendet zu den Akten legen.

_Robin D.Owens_ schreibt schon lange, der Durchbruch gelang ihr 2001 mit dem Buch „HeartMate“, eine Fantasy-Romanze, der inzwischen sechs weitere folgten. Aus ihrer Feder stammt auch die Anthologie „What Dreams May Come“ sowie der Lladrana-Zyklus, dessen fünfter Band diesen Monat auf Englisch erschienen ist. Außer ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin spielt Robin D. Owens auch Theater. Sie lebt mit ihren Katzen in Colorado.

|Originaltitel: Sorceress of Faith
Aus dem Amerikanischen von Justine Kapeller
540 Seiten, kartoninert
ISBN-13: 978-3-89941-477-6|
http://www.mirafantasyblog.de
MIRA Taschenbuch
http://www.robindowens.com

Owens, Robin – Hüterin von Lladrana, Die (Lladrana 1)

_Alexa Fitzwalter_ hatte keine einfache Kindheit. Umso mehr trifft sie der Verlust ihrer einzigen Freundin Sophie. Kein Wunder, dass sie diesem seltsamen Gefühl nachgibt und unter dem silbernen Bogen hindurchgeht.

Die fremde Welt, die sie damit betritt, und die Menschen dort faszinieren sie. Aber sie muß nur zu bald feststellen, daß ihre Hoffnung, dort neue Freunde zu finden, sich nicht so einfach erfüllen wird …

_Die tragenden Charaktere_ sind zu dritt:

Hauptprotagonistin ist natürlich Alexa. Die junge Frau war schon in ihrer eigenen Welt eine echte Kämpferin, wenn auch eher mit Worten als mit Schwertern. Nicht nur, dass sie sich gegen viele Widerstände bis zu ihrem Diplom durchbeißen musste. Jetzt ist sie Anwältin, also drauf und dran, sich für die Rechte anderer zu „schlagen“. Alexa will gebraucht werden. Und das nicht nur beruflich, sondern auch privat.

Reynardus, der oberste Anführer der Marschälle, die Alexa beschworen haben, hält überhaupt nichts von ihr. Ganz gleich, was sie tut und sagt, er hat nichts als Hohn und Spott für sie übrig, selbst als sie längst bewiesen hat, daß sie für die Aufgabe eines Marschalls wie gemacht ist. Denn zum einen ist Reynardus zu stolz, um Fehler zuzugeben, und zum anderen ist er zu herrschsüchtig, um jemanden akzeptieren zu können, der sich derart seiner Kontrolle entzieht, wie es die Fremde von der Erde tut.

Für Bastien, Reynardus‘ Sohn, dagegen wäre Alexa die perfekte Frau – wenn sie keine Marschallin wäre! Denn von den Marschällen hält Bastien schlicht überhaupt nichts. Der Draufgänger mit der wilden, unbeherrschten Magie rebelliert nicht nur gegen seinen Vater, sondern schlicht gegen alles, und entwickelt dabei einen ausgeprägten Sturkopf.

Außerdem wäre da noch Sinafin erwähnenswert, eine Feycoocu, was auch immer das sein mag. Sie ist in der Lage, jede beliebige Gestalt anzunehmen, und verfügt über mächtige Magie. Die Lladranier begegnen ihr mit Ehrfurcht. Offenbar ist Sinafins einziges Ziel, ihre Welt Amee zu retten. Und obwohl sie sich Alexa angeschlossen hat, um sie zu unterstützen, schreckt sie auch nicht davor zurück, sie gelegentlich ein wenig zu manipulieren …

Im Zyklusauftakt gibt die Charakterzeichnung wesentlich mehr her als im Folgeband [„Die Zauberin von Lladrana“. 5494 Reynardus ist ein wahrer Giftpilz, den der Leser so richtig schön hassen kann, auch wenn Reynardus eigentlich zu intelligent ist, um so unvernünftig zu handeln. Und Bastien wird durch seine entstehende Beziehung zu Alexa nicht auf seine Funktion als Liebhaber reduziert, sondern bleibt stets er selbst. Wirkliche Tiefe, wie man sie bei den Figuren von Anne Bishop oder Jenny-May Nuyen findet, sucht man allerdings noch vergeblich.

_Die Handlung_ lebt vor allem von Alexas Auseinandersetzung mit den Marschällen. Obwohl sie durchaus dazu bereit ist, sich für Lladranas Rettung einzusetzen, gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Marschällen schwierig. Denn niemand scheint es für nötig zu halten, ihr irgendetwas zu erklären, weder Bräuche noch Regeln, geschweige denn Gründe dafür, warum Alexa dies oder jenes tun soll. Alexa fühlt sich manipuliert, zu Recht. Denn selbst Sinafin, die durchaus damit beschäftigt ist, Alexa in eine Richtung zu lenken, die ihren Absichten dient, tut nichts gegen Alexas persönlichen Willen. Sinafin will überzeugen. Dafür glauben die Marschälle keine Zeit zu haben.

Obwohl es auch einige Kämpfe gibt, bleiben sie eher im Hintergrund. Der Antagonist ist noch nicht aufgetaucht, das Böse wird vorerst nur von den ekligen Monstern vertreten, die über die beschädigte Grenze drängen. Eine erste Steigerung bildet dabei der Sangvile, der auch im zweiten Band noch auftaucht, dort aber bereits als minder gefährlich eingestuft wird im Vergleich zu dem Meister, mit dem Marian sich auseinandersetzen muß. Hier zeichnet sich ein allmählicher Anstieg der Bedrohung ab, der mit der langsamen Annäherung an den Kern des Bösen, an den eigentlichen Verursacher, parallel laufen dürfte.

Ob es der Autorin letztlich gelingt, den Spannungsbogen tatsächlich von Band zu Band weiter zu straffen, betrachte ich dennoch mit einiger Skepsis, und zwar deshalb, weil der Sangvile zwar in der Hierarchie unter dem Meister stand, die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Meister aber ebenso glimpflich verlaufen ist wie die mit dem Sangvilen. Spannung fand sich in diesem ersten Band eigentlich nur unmittelbar vor dem Großangriff der Monster. Aber auch die verpuffte relativ rasch, was vor allem daran liegen dürfte, dass Alexa bei dieser Gelegenheit rein zufällig entdeckte, wie die Grenzpfosten repariert werden können, sodass der größte Teil der Armee einfach aus der Schlacht ausgesperrt wurde.

_Alles in allem_ fand ich „Die Hüterin von Lladrana“ etwas besser als [„Die Zauberin von Lladrana“. 5494 Die Charaktere sind nicht ganz so flach ausgefallen, und die Liebesgeschichte, die auch hier eingebaut ist, steht nicht so sehr im Vordergrund, wie es beim zweiten Band der Fall ist. Das ließ Raum für die Welt als solche, und tatsächlich erhält der Leser hier ein paar Informationen, die ich im zweiten Band vermisste. Auch stellte ich fest, dass bereits im ersten Band Personen vorgestellt wurden, die im Nachfolger eine größere Rolle spielten. Dadurch wird der bemühte Eindruck, den ich beim Lesen des Nachfolgers hatte, stark abgemildert, die Geschichte wirkt fließender. Das und die Tatsache, dass die Rettung Lladranas sich als roter Faden durch die Rahmenhandlung sämtlicher Bände zieht, spricht dafür, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Sofern man sie überhaupt lesen möchte. Denn wirklich fesselnd war auch dieser erste Band des Zyklus nicht. Alexas Reibereien mit den Marschällen sind ja nett zu lesen, aber als Hauptthematik etwas zu mager. Obwohl ständig von der Rettung Lladranas gesprochen wird, führt der Kampf gegen das Böse ein ziemliches Randdasein. Der Autorin gelingt es einfach nicht, die einzelnen Aspekte ihrer Handlung – den plötzlichen Eintritt in eine fremde Welt und die Anpassung an diese Situation, die jeweilige Romanze und die Bedrohung von Außen – zu einer nahtlosen Einheit zusammenzufügen. Die mangelnde Balance hat zur Folge, dass die Geschichte eindimensional wirkt. Die starke Gewichtung des Zwischenmenschlichen zulasten der Gegner nimmt dem Buch die Spannung. Gleichzeitig sorgt die Schwäche in der Charakterzeichnung dafür, dass auch das Zwischenmenschliche den Leser nicht wirklich berührt, geschweige denn gefangen nimmt.

Sprich: Ein netter Lückenfüller für abends im Bett, wenn man keine Lust mehr auf etwas Anspruchsvolleres oder Aufregendes hat. Mehr nicht.

_Robin D.Owens_ schreibt schon lange, der Durchbruch gelang ihr 2001 mit dem Buch „HeartMate“, eine Fantasy-Romanze, der inzwischen sechs weitere folgten. Aus ihrer Feder stammen auch die Anthologie „What Dreams May Come“ sowie der Lladrana-Zyklus, dessen fünfter Band diesen Monat auf Englisch erschienen ist. Außer ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin spielt Robin D. Owens auch Theater. Sie lebt mit ihren Katzen in Colorado.

|Aus dem Amerikanischen von Justine Kapeller
508 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-89941-361-8|
http://www.mirafantasyblog.de
MIRA Taschenbuch
http://www.robindowens.com

Parzzival, S. H. A. / Stern, Michelle / Martyna, Andrä – Lächeln der Angst, Das (TITAN-Sternenabenteuer 32)

_Story:_

Shalyn Shan wird nach etlichen Jahren mit der Gedächtnislücke konfrontiert, die auch ihre mysteriöse Beziehung zu Monja beinhalten soll. Mit Hilfe des Ebenenwandlers Mick Bondeye taucht sie in eines der düstersten Kapitel ihrer Sternenfahrer-Karriere ein und erfährt endlich die Wahrheit über sich, die Vergangenheit und ihre eigenartige Geliebte.

Derweil scheint Michiko endlich eine konkrete Spur zum Mörder ihres Bruders gefunden zu haben. In St. Anton stellt sie den raffinierten Akira – und erlebt eine bitterböse Überraschung.

Auch Wernher von Witzleben kommt nicht zur Ruhe: In seinem erbarmungslosen Feldzug gegen alle Gesetzlosen räumt er mit seiner World Police mächtig auf, um endlich seinen Erzfeind Thomas Chaivelli aufzuspüren – doch scheinbar vergeblich …

_Persönlicher Eindruck:_

Die 32. Ausgabe der „Titan-Sternenabenteuer“ ist im historischen Sinne eine wirklich denkwürdige Ausgabe, da sie einerseits den bislang längsten Zyklus innerhalb der Serie beendet, andererseits aber auch der letzte Softcover-Heftroman im Laufe der Science-Fiction-Reihe sein wird. Fortan werden die Herausgeber beim |BLITZ|-Verlag nämlich auf glänzende Hardcover umstellen und auch den Release-Plan auf zwei Exemplare jährlich straffen – im Hinblick auf die teils durchwachsene Qualität manch jüngerer Ausgabe der Serie vielleicht gar keine allzu schlechte Idee.

„Das Lächeln der Angst“ soll nun endlich Aufschluss darüber geben, wer und was sich tatsächlich hinter Monja Annjetta verbirgt bzw. welche Geheimnisse Protagonistin Shalyn Shan seit Beginn des Zyklus mit sich trägt. Und tatsächlich beginnt das neue Autorengespann hier recht vielversprechend und führt einige der wichtigsten Figuren auf den ersten Seiten zusammen. Da sammeln sich der gescheiterte World-Market-Boss Michael Moses, die berüchtigte Fledermaus von Witzleben, der mittlerweile undurchschaubare Amos Carter und natürlich Shalyn und Monja, um die es hier vorrangig geht.

Allerdings ist diese erste Zusammenkunft auch schon das einzig wirklich Erwähnenswerte zum Abschluss dieser Mini-Serie, denn inhaltlich begeben sich Knoke und Martyna fortan in träumerische Welten, die letzten Endes mehr verwirren als dass sie die Mysterien der vorliegenden Handlung lüften könnten. Knoke führt Shalyn Shan auf einen entlegenen Eisplaneten und dokumentiert hier das erste Aufeinandertreffen zwischen Monja und ihr, dies jedoch auf völlig abstrakte Art und Weise, ohne dabei auch nur im Geringsten den Spannungsbogen weiter zu spannen, der ja hier eigentlich am höchsten Punkt angelangt sein sollte. Stattdessen verliert er sich regelrecht in den Umschreibungen der seelischen Pein, welche die Suuranerin auf ihrem bis dato wohl verzweifeltesten Flug durch die Galaxis durchleben musste. Dabei geht der Fokus auf die eigentliche Story völlig verloren, zumal dieser Part der Geschichte sich auch noch unnötig in die Länge zieht und in den letzten Sequenzen folgerichtig auch enorm anstrengend ist. Gerade was die Auflösung der lange vorgeschobenen Verbindung der beiden Hauptdarstellerinnen betrifft, durfte man hier wirklich eine Menge mehr erwarten.

Genauso hektisch wird auch die Geschichte um Michiko und ihren Bruder vorangetrieben, unter anderem auch dadurch bedingt, dass ihr nicht mehr viel Raum zugestanden wird. Die philosophischen Inhalte dieser Geschichte gehen zwar noch in Ordnung, doch da man sich hier nicht mehr genügend Zeit genommen hat, das Ganze entsprechend auszuschmücken, kommt es auch in diesem Abschnitt zu einer herben Enttäuschung.

Schade eigentlich, denn auch wenn die „Titan-Sternenabenteuer“ schon zuvor zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt haben, ist es sicherlich nicht vermessen, einen spannenden, befriedigenden Abschluss einer Serie zu erwarten, die immerhin auf ein gutes Dutzend zugehöriger Ausgaben zurückblicken kann. Parzzival, Knoke und Martyna können diesem Anspruch aber in fast keiner Passage gerecht werden und haben die lange vorbereitete Kür – man muss es leider so drastisch sagen – gründlich versaut!

|156 Seiten
ISBN-13: 978-3-89840-132-6|
http://www.blitz-verlag.de

Michael A. Martin/Andy Mangels – Eine neue Ära (Star Trek – Titan)

Die Föderation schickt dem um seinen Bestand ringenden romulanischen Imperium das Raumschiff „Titan“ zur Hilfe. Aus der diplomatischen Mission wird im Hexenkessel brutaler Machtkämpfe und Verschwörungen schnell ein Kampfeinsatz, der katastrophal zu scheitern droht … – Die Abenteuer der „Titan“ erweisen sich als sorgfältig zubereitete Melange sattsam bekannter „ST“-Elemente, die zudem recht gemächlich präsentiert werden: solides Lesefutter für Trekker, doch auch für diese keine Offenbarung.
Michael A. Martin/Andy Mangels – Eine neue Ära (Star Trek – Titan) weiterlesen

Blazon, Nina – Faunblut

Nina Blazon ist eine erfreulich produktive Schriftstellerin. Alleine im Jahr 2008 sind vier neue Bücher von ihr erschienen. Die letzte Veröffentlichung des Jahres ist dabei „Faunblut“, ein Fantasyroman, der Blazon einmal von einer etwas anderen Seite zeigt.

Protagonistin ist die neunzehnjährige Jade, die in einer gefährlichen Welt lebt. Ihre Heimatstadt wird nicht nur durch Feindschaften am Königshof und die Tyrannei von Lady Mar, der Herrscherin, zerrissen, sondern zusätzlich gibt es Wesen, die sich Echos nennen. Sie sind den Menschen ähnlich, können aber nicht sprechen und werden verdächtigt, immer wieder Mitglieder von Lady Mars Gestade umzubringen. Als sich Jade eines Tages auf der Flucht vor den Jägern der Lady befindet, die mit Streunern wie ihr nicht zimperlich umspringen, begegnet sie einem Echo. Doch sie hat nicht das Gefühl, dass das Wesen gefährlich wäre – und rettet es vor den Jägern.

Dieses Erlebnis lässt sie so schnell nicht mehr los. Plötzlich ist sie sich nicht mehr so sicher, ob die Echos wirklich so böse sind, wie man immer sagt. Was, wenn sie eigentlich friedlich sind? Doch aktuelle Geschehnisse lenken sie schnell von ihren Gedanken ab. Zwei Fremde aus dem fernen und geheimnisvollen Nordland reisen in die Stadt und nisten sich im Hotel von Jades Vater ein. Mit sich führen sie eine seltsame Fracht: Tiere, die niemand sehen darf, in Kisten. Eine der Kisten ist riesig, und Jade merkt, dass in ihr etwas Besonderes sein muss, etwas, das sehr gefährlich ist.

Die Nordländer sind auf Geheiß der Lady in der Stadt, auch wenn niemand den genauen Grund für ihren Aufenthalt oder die merkwürdigen Wesen, die sie versteckt halten, kennt. Tam, der ältere der beiden, scheint der Anführer zu sein, während es die Aufgabe von Faun ist, über die riesige Kiste zu wachen. Faun ist jung und gutaussehend, aber Jade findet zuerst keinen Gefallen an ihm. Er ist arrogant, besserwisserisch und lässt keine Gelegenheit aus, um Jade verächtlich zu behandeln.

Eines Abends muss sie jedoch feststellen, dass dieses Verhalten nur eine Tarnung ist. Eigentlich ist Faun in Jade verliebt, doch er möchte es geheimhalten, weil er befürchtet, sie könnten sonst Ärger bekommen. Faun dient der Lady und Jade fühlt sich immer mehr zu den Rebellen in der Stadt hingezogen, die planen, die tyrannische Herrscherin zu stürzen. Ohne es laut auszusprechen, wissen die beiden, dass ihre Beziehung keine Zukunft hat, doch sie halten daran fest, bis es schließlich zu dem Moment kommt, vor dem Jade sich die ganze Zeit gefürchtet hat: Sie muss sich entscheiden, auf wessen Seite sie steht …

Nina Blazon folgt mit ihrem neuen Roman nicht den Spuren ihrer anderen Bücher. Ihre guten Qualitäten bleiben erhalten, aber sie fügt ihnen ein paar zusätzliche hinzu. Bereits nach den ersten Seiten fällt auf, dass „Faunblut“ wesentlich erwachsener ist als Blazons vorherige Werke und deutlich düsterer. Ihre alte Leichtigkeit bleibt im Großen und Ganzen erhalten, aber die Thematik des Buches ist wesentlich dramatischer und wird von zerrissenen Figuren getragen. Die Atmosphäre in der unterdrückten Stadt wird sehr eindrücklich geschildert, und es fällt nicht schwer, Sympathien für die Rebellen zu empfinden, auch wenn diese vielleicht manchmal etwas überenthusiastisch wirken.

Diese besondere Stimmung wird natürlich zum großen Teil über den sehr bildhaften, lebendigen Schreibstil getragen, aber Blazon ergänzt diesen mit einer fantasievollen Welt. Sie lässt Jade zwischen Ruinen und mysteriösen Gewässern leben und ergänzt dieses Ambiente mit Wesen wie den Echos, die, wie man das von der Autorin gewohnt ist, selbst erfunden sind und keinen Bezug zu anderen Lebewesen der Fantasyliteratur haben. Diese ätherischen, nicht greifbaren Geschöpfe geben der Geschichte einen ganz eigenen Anstrich, besonders aufgrund der Entwicklungen gegen Ende.

Nicht nur an dieser Stelle weiß die Handlung zu überraschen. Im Mittelpunkt steht neben den sich zuspitzenden Ereignissen in der Stadt vor allem Jades Seelenleben. Beides beinhaltet genug Zündstoff, um bis ans Ende für Spannung zu sorgen. Die Romanze zwischen Jade und Faun nimmt dabei viel Raum ein, überspannt den Bogen aber nicht. Auch die Frage, wie es ist, den Feind zu lieben, wird angenehm klischeefrei und geradezu natürlich behandelt.

Ähnlich verhält es sich mit den schön gestalteten Figuren, deren innerliche Zerrissenheit immer wieder thematisiert wird. Auch sie wirken sehr natürlich, und auch wenn sie in einer ganz anderen Welt leben, kann man sich mit ihren Gedanken und Gefühlen identifizieren. Das ist besonders bei Jade der Fall, die sicherlich einige junge Mädchen ansprechen wird. Doch auch die Beweggründe der anderen Personen werden gut dargestellt und die Charaktere entwickeln sich während der knapp 480 Seiten starken Geschichte weiter. Der eine oder andere offenbart dabei unerwartete Wesenszüge und/oder Details aus seiner Vergangenheit, die zusätzlich zur Spannung beitragen.

In der Summe ist „Faunblut“ ein bemerkenswert gelungenes Jugendbuch mit einer wunderbaren Hauptperson und einer schön ausgearbeiteten, eigenständigen Welt. Nina Blazon beweist erneut ein gutes Händchen für spannende, konsistente Handlungen und mitreißende, lebendige Erzählungen – und sie zeigt, dass sie ohne Probleme auch Werke für ältere Leser schreiben kann.

|ISBN-13: 978-3-570-16009-1
479 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag|
http://www.ninablazon.de
http://www.cbt-jugendbuch.de

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_

[„Im Bann des Fluchträgers“ (Woran-Saga 1) 2350
[„Im Labyrinth der alten Könige“ (Woran-Saga 2) 2365
[„Im Reich des Glasvolks“ (Woran-Saga 3) 2369
[„Die Reise nach Yndalamor“ (Die Taverne am Rande der Welten 1) 3463
[„Im Land der Tajumeeren“ (Die Taverne am Rande der Welten 2 3980
[„Das Königreich der Kitsune“ (Die Taverne am Rande der Welten 3) 4725
[„Die Sturmrufer“ (Die Meerland-Chroniken 1) 4180
[„Der Bund der Wölfe“ 2380
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
[„Der Spiegel der Königin“ 3203
[„Der Maskenmörder von London“ 3983
[„Die Königsmalerin“ 5207

Abé, Shana – Erdmagie (Der träumende Diamant 2)

|Der träumende Diamant:|

Band 1: [Feuermagie 4845
Band 2: Erdmagie
Band 3: Drachenmagie (deutsch im März 2009)

Lia ist eine Drákon – halb Mensch, halb Drache. Allerdings besitzt sie keine der Gaben ihres Volkes: Sie kann sich weder in Rauch noch in einen Drachen verwandeln. Stattdessen sind ihre Träume erfüllt von Zukunftsvisionen, und schon seit ihrer Kindheit hört sie die Rufe von Draumr, einem verschollenen Diamanten, von dem eine Legende erzählt und dessen Macht so groß ist, dass man mit ihm das ganze Volk der Drákon unterwerfen könnte.

Das ist es, was Lia in ihren Träumen sieht. Sie sieht Zane, der buchstäblich der Mann ihrer Träume ist, wie er mit der Magie Draumrs das Volk der Drákon unterwirft. Um diese Gefahr abzuwenden und in der Hoffnung, die Zukunft noch verändern zu können, schließt sich Lia Zane an, der den Auftrag erhalten hat, nach Draumr zu suchen. Sie muss nicht nur verhindern, dass Zane Draumr zuerst findet, sondern auch, dass er um die wahre Macht des Diamanten erfährt. Denn sobald er um seine Macht weiß, würden Lias Zukunftsvisionen wahr werden und Zane den Diamanten dazu benutzen, die Drákon zu unterwerfen – und damit Lia auf ewig an sich zu binden.

_Eindrücke:_

„Erdmagie“ ist wie schon sein Vorgänger eine Fantasygeschichte mit einer Prise Erotik und spielt im 18. Jahrhundert. Während der Leser im ersten Band die Geschichte von dem stürmischen Drákon-Mädchen Rue und dem Alpha Christoff erzählt bekam, geht es nun mit Lia, der Tochter der beiden, und mit Zane, einem ehemaligen menschlichen Schützling von Rue, weiter. Seitdem Rue und Christoff ein Paar wurden, sind einige Jahre vergangen und in Darkfrith ist Ruhe eingekehrt. Dennoch gibt es noch eine alte Legende um einen Diamanten namens „Draumr“, den mächtigsten aller Diamanten, den die Drákon vor langer Zeit verloren und seitdem nicht wiedergefunden haben. Schließlich führen nicht nur Draumrs lockende Rufe, sondern auch die wachsende Gefahr, welche den Drákon droht, sollte der Diamant von jemand anders gefunden werden, dazu, dass sich Christoff und Rue dazu entscheiden, Zane auszusenden, um den Diamanten zu finden. Allerdings darf er den Grund dafür, warum Rue und Christoff nicht selbst gehen, nicht erfahren. Und das ist auch Lia mehr als bewusst, als sie sich Zane anschließt.

Im Allgemeinen ähneln sich die beiden Bücher sehr, in bestimmten Details liegen die Ähnlichkeiten allerdings auch wieder weit auseinander. Der Charakter von Zane ist dem von Christoff teilweise nämlich zum Verwechseln ähnlich. Schon Christoff war in „Feuermagie“ ein sehr dominanter männlicher Charakter, der Rue nicht unbedingt charmant, sondern eher besitzergreifend gegenübergetreten ist. Genauso ist auch Zane veranlagt. Statt Lia seine Liebe zu zeigen, ‚versteift‘ er sich vorerst auf seine körperlichen Bedürfnisse und geht mit Lia eher grob als liebevoll um. Erst gegen Ende des Buches ändert sich dieser Umstand wieder.

Lia hingegen ähnelt ihrer Mutter in keiner Weise. Während Rue stürmisch, selbstbewusst und dazu in der Lage ist, die Wandlung zu vollziehen, ist Lia eher still, eine Träumerin und besitzt kaum eine der Gaben ihres Volkes. Ihr gelingt es nicht einmal, die Wandlung in Rauch zu vollziehen. Stattdessen hört sie ständig Melodien, die außer ihr niemand wahrnimmt, und zudem hat sie Träume, die ihr die Zukunft voraussagen. Schon seit sie klein war, träumt sie dabei von Zane, wie er den träumenden Diamanten findet und das Volk der Drákon mit der Macht des Edelsteins unterwirft.

Beide Protagonisten wirken auf den Leser recht sympathisch, selbst Zane mit seiner rauen, teilweisen höhnischen Art, mit Lia umzugehen. Zwar konnte ich einige Reaktionen Lias nicht wirklich nachvollziehen, was aber nicht daran lag, dass sie unrealistisch sind, sondern weil ich eine andere Reaktion erwartet hätte. So wirken die Protagonisten eigentlich selten künstlich oder aufgesetzt, sondern laden den Lesen zum Mitfiebern ein.

Was mir an den Büchern von Shana Abé auch besonders gut gefällt, sind die Erotikszenen. Diese werden von ihr immer schön ausführlich und romantisch erzählt, kommen dafür aber nur selten vor, sodass sie nie zu sehr in den Vordergrund rücken, wie dies bei vielen anderen Fantasy-Romance-Büchern der Fall ist. Sie beschränkt die Situationen, in denen sie den Sex von Lia und Zane beschreibt, auf gerade einmal zwei Stellen, was dem Buch vordergründig nicht eine rein erotische Atmosphäre verleiht, sondern eher die einer romantischen Liebesgeschichte.

Am Anfang von „Erdmagie“ wird, wie auch in „Feuermagie“, noch mal in kurzen Worten einiges über die Drákon gesagt. Im Gegensatz zu „Feuermagie“ werden hier jedoch die geschichtlichen Verläufe der Drákon und die Legende von Draumr und der Prinzessin von einer bis zum Ende des Buches unbekannten Person aus der Ich-Form erzählt, und dies nicht nur am Anfang, sondern immer wieder verstreut über die ganze Geschichte. Das hat die Autorin allerdings nicht willkürlich so gemacht, sondern verfolgt damit einen konkreten Zweck: nämlich den Leser auf bestimmte Informationen, insbesondere der Legende, aufmerksam zu machen. Diese ähnelt der Geschichte von Lia und Zane nämlich, wie man später bemerkt, sehr stark.

Was mich an „Erdmagie“ gestört hat, sind einige Unstimmigkeiten in der Handlung. Zane hält sich bei Lia stark zurück, da eine Beziehung mit ihr aus gewissen Gründen unmöglich ist. Jedenfalls scheint dies während fast der ganzen Geschichte ein ernsthaftes Hindernis zu sein. Später allerdings, wenn Lia und Zane zueinander finden, scheint das Problem wie weggeblasen zu sein und bereitet keinem der beiden mehr Kopfzerbrechen. Erwähntes Hindernis spielt von einer Sekunde auf die Nächste einfach keine Rolle mehr, und das, obwohl dem Leser keine wirkliche Lösung des Problems angeboten wurde. Ein weiterer Aspekt, der dazu geführt hat, dass mir „Erdmagie“ nicht ganz so gut gefallen hat wie „Feuermagie“, sind einige Längen. In der Geschichte sind Zane und Lia die meiste Zeit unterwegs, um den Diamanten zu suchen, was irgendwann einfach etwas langweilig wird.

_Fazit:_

Alles in allem ist „Erdmagie“ ein schöner Zeitvertreib für zwischendurch, wenn mir der erste Teil letztendlich auch besser gefallen hat. Die Charaktere sind sympathisch und auch die Erotikszenen sind gut gelungen, dennoch stören einige Unstimmigkeiten und Längen.

_Die Autorin:_

Shana Abé lebt mit ihrem Mann und einem ganzen Zoo von Tieren in Südkalifornien, verrät uns der Verlag (die Website der Autorin spricht eher von fünf Kaninchen und einem Hund). Die |Wikipedia| verrät noch ein bisschen mehr: Sie wurde in Texas geboren, wuchs in Colorado auf, verbrachte einen Teil ihres Studiums in Mexiko sowie Los Angeles und arbeitete in Japan als Model. Abé erhielt den |Romantic Times Career Achievement Award| und war sechsmal für den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| nominiert, wovon sie zwei gewann.

|Originaltitel: Drákon 2. The Dream Thief
Aus dem Englischen von Marianne Schmidt
350 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-442-26554-1|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.shanaabe.com

Dmitry Glukhovsky – Metro 2033

Die Welt, wie wir sie heute kennen, gibt es nicht mehr in Dmitry Glukhovskys Roman „Metro 2033“, denn die Errungenschaften des letzten Jahrhunderts sind ganz in der Tradition der negativen Utopie nicht zur Verbesserung des menschlichen Lebens genutzt worden. Sie haben im Gegenteil zu Kriegen und der kompletten Vernichtung der Erde geführt. Wie im Laufe des Romans deutlich wird, hat ein Atomschlag alles bekannte Leben auf der Erde ausgelöscht. Zurückgeblieben sind zerstörte Geisterstädte, in denen sich in den vergangen Jahrzehnten Lebensformen entwickelt haben, die den vormaligen Herrscher über die Erde trotz nachlassender Strahlung in die U-Bahnnetze zwingen und selbst dort noch seine Existenz bedrohen.

Auch in der Moskauer Metro haben Menschen überlebt; unter ihnen der zwanzigjährige Artjom. Dieser wohnt mit seinem Ziehvater Suchoj in der Station WDNCh. Man hat sich in dem neuen Leben eingerichtet und es so organisiert, dass das Überleben gesichert ist und ein Mindestmaß an menschlicher Kultur bewahrt werden kann. Artjom ist zwischen seinen Freunden, alten Büchern, Schweinezucht und Pilztee aus dem Samowar behütet aufgewachsen. Abgesehen von einem verbotenen Ausflug an die Oberfläche nahe seiner Metrostation, hat er die WDNCh nie verlassen. An die Außenwelt hat er nur noch vage Erinnerungen, und auch die Dimensionen der Moskauer U-Bahn-Anlage haben sich ihm längst nicht erschlossen, obwohl über Reisende (vornehmlich Händler) Nachrichten aus anderen Stationen und deren Beschreibungen bis in die eher als abgelegen geltende Heimat des jungen Mannes gelangen.

Als jedoch eine ganze U-Bahn-Station von den so genannten Schwarzen massakriert wird und diese sich auch in der Nähe der WDNCh zeigen, wird schnell klar, dass nicht nur diese Station, sondern die gesamte Metro bedroht ist. Plötzlich ist es an Artjom, die Metro zu durchqueren und Hilfe zu holen. Aber neben der Tatsache, dass er die gesamte Strecke auf sich allein gestellt zu Fuß bewältigen muss, kommt erschwerend hinzu, dass sich die Menschen selbst nach der atomaren Katastrophe nicht zu einer Einheit zusammengeschlossen haben, sondern die Kriege unter der Erde fortgeführt wurden, bis sich verschiedene Macht- und Einflussgebiete herauskristallisierten, welche nun mit Hilfe von Abkommen, Kontrolle und notfalls auch nackter Gewalt gehalten werden. In den finsteren Tunneln zwischen den Stationen verschwinden oder sterben Menschen auf unerklärliche Weise. In den Stationen selbst regieren Angst, Hass und Grausamkeiten, die jedoch nicht weniger beängstigend wirken als die aufgesetzte Liebenswürdigkeit der Zeugen Jehovas, welche Artjom zu bekehren versuchen, oder das nur für einige Menschen Bildung verheißende Kastenwesen der Polis.

Auf knapp 800 Seiten beschreibt der russische Autor Dmitri Glukhovsky solchermaßen nicht nur Artjoms Weg durch die Tunnel und die verschiedenen Metrostationen, sondern auch Begegnungen mit Menschen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsformen sowie mit verschiedensten Lebensentwürfen. Die Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens werden überwiegend von Strömungen, die noch im 20. Jahrhundert existierten, abgeleitet: Kommunismus, Nationalsozialismus oder religionsbegründete Gemeinschaften. Außerdem hat man tief im Inneren der Metro die neue Religion um den „großen Wurm“ erschaffen.

Somit entwirft der Autor neben einer spannenden Handlung ein komplexes Bild der in Grüppchen zerfallenen Gesellschaft, welche sich nach der Katastrophe in den Stationen der Metro geformt hat. Ein solches räumlich abgeriegeltes System zur Darstellung einer möglichen zukünftigen Gesellschaft, in welcher Ursachen und Wirkungen vom Autor genau berechnet werden können, kennt die Literatur seit Thomas Morus‘ Insel [„Utopia“ 1841 (1516). Glukhovskys Metro-Universum funktioniert als ebensolche Insel, auf der sich das alte Leben zu erhalten versucht, während ringsum die Bedrohung durch Mutanten und neue Lebensformen verhindert, dass die Menschen aus ihrem selbst gewählten Exil ausbrechen können. Alle übergeordneten Energien werden dazu verwendet, dieses Universum zu schützen, während die Stations-„Kleinstaaten“ auch individuell gegen Eindringlinge und Veränderung vorgehen.

Erst zum Schluss wird offensichtlich, dass die alten Fehler der Menschheit wiederholt werden und in erneuter Vernichtung gipfeln. Es bleibt außen vor, ob eine Kooperation mit den auf noch wenig erklärliche Weise kommunizierenden neuen Lebewesen vielleicht hilfreicher als ihre Vernichtung gewesen wäre, denn immerhin ist es ihnen vergönnt, auf der Erdoberfläche existieren zu können. Doch mit dem Tod der weiterentwickelten Spezies wird es auch in dieser negativen Utopie keine Entwicklung geben können. Es besteht wenig Hoffnung auf Veränderung oder gar eine Verbesserung der Lebensumstände der Menschen, selbst wenn eine Figur namens Kahn dem Helden versichert, dass wer kühn und beharrlich genug sei, ein Leben lang in die Finsternis zu blicken, darin als Erster einen Silberstreif erkennen würde.

Den Menschen in Glukhovskys Metro-Universum steht Technik nur noch in Form von Relikten aus der Vergangenheit zur Verfügung; ausgehend vom weit entwickelten technischen Verständnis unserer Tage, sind sie damit auf die Stufe der Produktion von Nahrungsmitteln zurückgeworfen worden. Der kulturellen Entwicklung ist es nicht anders ergangen. Alte Bücher sind wertvolles Handelsgut, und selbst die erbärmlichste Schwarte wird gehegt und gepflegt, denn auch sie ist zum vergänglichen Bewahrer des Wissens der Menschheit und des Wissens um eine vormalige bessere Zeit geworden, welche in der Erinnerung bereits märchenhafte Züge annimmt. Sie sind ein Symbol der Errungenschaften des menschlichen Geistes, in denen sich die gegenwärtige menschliche Existenz der sich unter die Erde verkrochen habenden Würmer auf groteske Art spiegelt.

Die Klassiker bilden dabei den größten Schatz, denn sie tragen moralische Werte und nähren den Wunsch nach Veränderung. Sie können jedoch nur die Keime anlegen, welche in Menschen wie Artjom, Khan oder Melnik, den Artjom zur Hilfe holen soll, zur Entfaltung kommen. Es gibt nur wenige Menschen wie sie, die nicht ihren gesamten Antrieb und ihre Struktur aus einer der gesellschaftlichen Strömungen angepassten Lebensweise erhalten. Diese Menschen werden zu Helden, denn so verführerisch der Halt oder die Orientierung der angebotenen Lebensweisen auch erscheinen mögen, ist es ihnen vergönnt, darüber hinauszuwachsen. Dazu trägt die Tatsache maßgeblich bei, dass sie sich sowohl in der gesamten Metro als auch außerhalb bewegen. Die so gewonnenen Erfahrungen erlauben ihnen einen kritischen Außenblick auf das gesamte Metro-Universum. Kommen sie dabei der Frage nach der Wahrheit auch nicht wesentlich näher, so können sie dennoch erkennen, dass alles Dargebotene nicht der Wahrheit entsprechen kann.

Besonders interessant gestaltet Glukhovsky die unbekannte Kultur, welche sich in Nebentunneln der U-Bahn formiert hat. Dort haben die veränderten Lebensbedingungen der Menschen eine an die Situation unter der Erde angepasste Religion hervorgebracht. Diese basiert auf dem Mythos des „Großen Wurms“ als sich durch die Erde bohrendem Schöpfer. Er gilt als Vater, der alle Anhänger der Religion erschaffen haben soll. Diese fürchten ihren Gott und suchen durch seine Anbetung doch gleichzeitig seinen Schutz. In der archaischen Erscheinung des „Großen Wurms“ erkennt der Leser sofort, dass es sich um die ‚Personifizierung‘ eines U-Bahn-Zuges handeln muss. Die Erfinder hatten sicherlich noch lebhafte Erinnerungen an Züge, deren geöffnete Türen die Fahrgäste ausspeien. Diese zunächst lächerlich-zwanghaft anmutende Religion bildet traurigerweise die einzige Innovation unter Tage und wurde auch nur dazu erfunden, die geistig und körperlich degenerierten Menschenwesen, welche in einem von der Strahlung stark betroffen Bereich der Metro leben und sich fortpflanzen, unter Kontrolle zu halten und ihnen einen Lebenssinn zu geben, damit ihre charismatischen Anführer ihre Version einer besseren Menschheit verwirklichen können. Doch outet der von Artjoms Truppe gefangene Priester sich und seine Religion alsbald als vom Hass auf alle anderen überlebenden Menschen zerfressene und ebenso große Bedrohung für die restliche Metro wie die Schwarzen, die es jedoch zunächst zu bekämpfen gilt.

Leider wirken alle Geschehnisse ab der Bekanntschaft mit dem „Großen Wurm“ auf eine Fortsetzung ausgelegt, denn zu vieles wird nur noch angedeutet. Die Reise durch die Metro erscheint plötzlich als eine lange Einführung in die „neue Welt“. Werden sich die Menschen weiterhin gegenseitig aufreiben? Gibt es den „Großen Wurm“ vielleicht tatsächlich? Existiert er als etwas völlig anderes in der Metro – zum Beispiel als großer Bohrer, der dazu benutzt wird, neuen Lebensraum anzulegen? Da man nicht weiß, was alles möglich sein könnte, ist nichts unmöglich – selbst ein riesiges Tier oder ein noch fahrtüchtiger Metro-Zug.

Die Vernichtung der Schwarzen wirkt im doppelten Sinne unbefriedigend. Abgesehen von der moralischen Komponente (alles Fremde wird wie immer ausgelöscht), hat Artjom seine „Auserwähltheit“ als Vermittler zu spät begriffen. Doch ebenso gut könnte die Auslöschung der Fremden nur auf der Erdoberfläche erfolgt sein. Da man von den Wesen so gut wie nichts erfährt, können sie durchaus in einem Zusammenhang mit den Bohr- oder Zuggeräuschen stehen, welche Artjom in einem der Nebentunnel gehört haben will. Außerdem hat sich ein aus einer wabernden Masse bestehendes Wesen im Kreml eingenistet, das die Menschen hypnotisch anzieht und verschlingt.

Und nicht zuletzt heißt es auf der letzten Seite vor einem umfassenden Anhang mit Begriffserklärungen: |“Die Reise geht weiter“|. Hoffen wir es, und hoffen wir auch, dass die mögliche Fortsetzung ebenso fesselnd und originell wird wie „Metro 2033“. Der Roman hat jedenfalls so stark eingeschlagen, dass ein auf ihn basierendes Computerspiel in Planung ist, und denkt man an die „Wächter“-Trilogie des auf dem Umschlag des recht robusten |Heyne|-Paperbacks zitierten Sergej Lukianenko, dann kann man eine Verfilmung wohl ebenso wenig ausschließen.

|Originaltitel: Metro 2033
Aus dem Russischen von M. David Drevs
783 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-53298-4|
http://www.metro2033.org
http://www.heyne.de

Bray, Libba – Kartiks Schicksal (Der geheime Zirkel 3)

|Der geheime Zirkel:|

Band 1: [„Gemmas Visionen“ 4101
Band 2: [„Circes Rückkehr“ 4602
Hörbuch zu Band 2: [„Circes Rückkehr“ 5090
Band 3: „Kartiks Schicksal“

Seitdem Gemma die Magie des Magischen Reichs an sich gebunden und Circe getötet hat, beginnt sich einiges an der Spence, der Akademie für junge Damen, zu ändern: Der Ostflügel, der vor Jahren zusammen mit der damaligen Schulleiterin von Spence bei einem tragischen Unfall abbrannte und seitdem gemieden wird, soll wieder aufgebaut werden. Und das ist noch nicht alles. Obwohl Gemma die Magie an sich gebunden hat, gelingt es ihr und ihren Freundinnen nicht mehr, das Tor aus Licht, das sie ins Magische Reich führt, zu öffnen. Und Gemma wird den Verdacht nicht los, Circe könnte noch am Leben sein.

Als es Gemma an einer Stelle im neuen Ostflügel gelingt, das Tor aus Licht erscheinen zu lassen und in das Magische Reich zurückzukehren, sieht sie ihre Vermutung bestätigt: Circe ist zwar in einem Brunnen gefangen, aber dennoch am Leben. Das und die Tatsache, dass sich von nun an der Orden, die Rakschana und sämtliche andere Parteien um Gemmas Magie streiten, bringt Gemma zu dem Entschluss, dass der Bund, den sie dem Waldvolk einst gegen ihre Hilfe versprochen hat, endlich geschlossen werden muss.

Aber auf der anderen Seite sind Gemmas Freundinnen, die in der realen Welt ihre Hilfe benötigen: Ann ist dazu verdammt, bei ihren Verwandten als Gouvernante zu arbeiten, obwohl sie gerne Sängerin werden möchte, und Felicity soll den schrecklichen Horace heiraten, wenn sie ihr Erbe und damit ihre Freiheit haben möchte. Und hinzu kommen noch Gemmas Visionen von einer Frau namens Wilhelmina Wyatt, die ihr seltsame Rätsel auf einer Schiefertafel stellt und einen mysteriösen Baum, den Baum Aller Seelen, zeigt. Je mehr Gemma versucht, die Rätsel zu lösen, desto verschwommener wird die Wahrheit – bis es Gemma nicht mehr gelingt zu unterscheiden, wem sie trauen kann und wem nicht. Auch Kartik lässt sich nicht mehr bei ihr blicken, und die verborgene Gefahr, die nicht nur dem Magischen Reich droht, kommt mit großen Schritten näher …

_Eindrücke:_

„Kartiks Schicksal“ bildet somit den Abschluss der Trilogie des geheimen Zirkels. Die Geschichte schließt nahtlos an das Geschehen im Vorgänger „Circes Rückkehr“ an. Gemma, Felicity und Ann sind wieder zurück in der realen Welt und es kehrt der normale Alltag für die Mädchen ein. Doch schon bald ist Gemma über die Tatsache, dass sie das Magische Reich nicht mehr betreten kann, obwohl sie die Magie an sich gebunden hat, beunruhigt. Sie hegt den Verdacht, Circe könnte noch am Leben sein, und sie weiß, dass sie Circe und der Winterwelt im Zweifelsfall nur durch das versprochene Bündnis mit den anderen Bewohnern des Magischen Reichs das Handwerk legen kann.

Mit dieser Ausgangssituation beginnt der Abschluss der Trilogie erst einmal im Kleinen und beschränkt sich vorerst auf die Geschehnisse in der realen Welt. Denn auch dort ist einiges im Wandel: Der Ostflügel wird neu aufgebaut, und Gemma und ihre Freundinnen müssen sich auf ihr baldiges Debüt im Sommer vorbereiten. Es geht erst einmal heiter mit dem typischen Alltag in Spence weiter, was nach einem langweiligen Einstieg in den Roman klingen mag, aber den Leser letztendlich auf seine ganz eigene Art unterhält.

Was mich schon in den ersten beiden Bänden faszinierte, waren die Charaktere, um genauer zu sein, Gemma und ihre Freundinnen. Die drei (bzw. mit Pippa vier) könnten unterschiedlicher nicht sein. Felicity ist die Freche und Mutige, die sehr an ihrer Freundin Pippa hängt und sie um jeden Preis wieder in die reale Welt zurückbringen möchte. Ann ist das genaue Gegenteil von Felicity. Sie ist schüchtern und besitzt kein Selbstbewusstsein, träumt allerdings von einer Karriere als Sängerin. Pippa, die nun seit dem zweiten Band der Trilogie im Magischen Reich gefangen ist, ist das schöne, verwöhnte Püppchen, das sich ein eigenes Leben im Magischen Reich aufzubauen versucht, um über den Verlust ihres Lebens in der realen Welt hinwegzukommen. Und Gemma ist eine Mischung aus allem. Sie fühlt eine große Verantwortung wegen des Magischen Reichs auf sich lasten und ist deswegen ständig in Gefahr. Man merkt vor allem an ihr, wie sie sich im Laufe des dritten Bandes weiterentwickelt, erst an Selbstbewusstsein gewinnt und später von ihrer Verantwortung beinahe erdrückt wird.

Und die drei Mädchen haben nicht nur in Sachen Magie mit einigen Problemen zu kämpfen, auch in der realen Welt steht für Gemma, Felicity und Ann nicht alles zum Besten. Gemma sehnt sich nach Kartik, sorgt sich um ihren opiumsüchtigen Vater und wird wie immer von Visionen geplagt, Felicitys Debüt und damit ihre Freiheit stehen wegen ihres schlechten Rufes auf dem Spiel und Ann scheint ihrem Schicksal, als Gouvernante auf die schrecklichen Kinder ihrer Verwandten aufzupassen, nicht entfliehen zu können. Diese Probleme lassen sich nur bewältigen, wenn es Gemma gelingt, das Magische Reich wieder betreten und damit ihre Magie benutzen zu können. Durch dieses Hin und Her in der Gefühlswelt lernt der Leser die Protagonisten noch ein bisschen besser kennen, und es gelingt zunehmend, sich mit den einzelnen Mädchen zu identifizieren und mitzufiebern, vor allem da sich selbst noch im letzten Teil der Trilogie Geheimnisse um die einzelnen Protagonistinnen auftun.

Der finale Band ist wieder auf eine ähnliche Art und Weise aufgebaut wie die vorherigen: In den ersten beiden Dritteln des Romans passiert, bis auf vereinzelte Vorfälle und die Suche nach der Lösung des Rätsels, verhältnismäßig wenig. Die drei Freundinnen versuchen, mit ihren eigenen Problemen fertigzuwerden, besuchen Pippa, sobald sie den Zugang ins Magische Reich wieder gefunden haben, und beginnen bald schon damit, Gemmas geheimnisvolle Visionen zu enträtseln: Wer ist die Frau, die Gemma in ihren Visionen sieht? Kann man ihr trauen? Was ist der Baum Aller Seelen, und existiert er wirklich?

Erst ungefähr im letzten Drittel des Romans bemerkt man eine klare Weiterentwicklung. Die Verantwortung über die Magie und das Schicksal des Magischen Reichs überfordern Gemma, bringt sie, ihre Freundinnen und die Bewohner des Magischen Reichs in Gefahr und treibt sie beinahe in den Wahnsinn. Sie weiß nicht mehr, wem sie trauen kann, wird durch Illusionen in die Irre geführt und fühlt sich der Situation nicht mehr gewachsen. Die Atmosphäre gewinnt dadurch immer mehr an Bedrohlichkeit, was durch die Tatsache verstärkt wird, dass man bis zum Schluss einfach nicht weiß, wo die Gefahr lauert, wem Gemma trauen kann und was die Rätsel aus ihren Visionen bedeuten.

Und selbst diese Situation schafft Libba Bray noch zu toppen. Die letzten 150 Seiten sind dermaßen spannend, dass man sich als Leser ohne Unterbrechung auf Lauerposition befindet und das Buch nur schwer aus den Händen legen kann. Libba Bray sammelt im dritten Teil ihrer Trilogie sämtliche Ideen mit Gruselgehalt und macht den Abschluss der Trilogie somit auch zu dem spannendsten und unheimlichsten Teil von allen dreien, der sicherlich nichts für schwache Nerven ist. Sie versteht es, ihre Leser zu packen und eine Atmosphäre aufzubauen, die dem Leser einen Schauder über den Rücken jagt, als befände er sich selbst mitten in der Geschichte und müsste all das am eigenen Leib miterleben. Schon in den beiden Bänden zuvor war die Geschichte recht düster, und dies kommt am Ende des letzten Teils eindeutig zu einem Höhepunkt.

Auch das Finale des Buches ist noch spannend, allerdings handelt es sich um ein eher trauriges Ende. Gerade die Leser, die sich mit den Protagonisten des Buches angefreundet haben, werden darüber ein wenig traurig sein. Dennoch handelt es sich um einen würdigen Abschluss des Buches, und nachfolgend lässt die Autorin ihre Geschichte ruhig ausklingen, indem der Leser noch erfährt, was die einzelnen Charaktere nach der Geschichte zu tun gedenken.

Das Buch ist in der Ich-Form aus Gemmas Sicht und in der Gegenwart geschrieben, was meiner Meinung nach auch gut passt. So kann man am besten mit der Hauptperson mitfühlen, und dadurch, dass sich der Schreibstil Libba Brays immer ein wenig an Gemmas Zustand anpasst, erschafft er in jeder Situation eine passende Atmosphäre.

_Fazit:_

Alles in allem ist „Kartiks Schicksal“ ein mehr als würdiger Abschluss der Trilogie. In meinen Augen ist er nicht nur der unheimlichste und aufregendste Band, sondern auch der beste.

_Die Autorin:_

Libba Bray wuchs in Texas auf. Vorerst war sie die Autorin einiger Theaterstücke und Kurzgeschichten. Mit [„Der geheime Zirkel – Gemmas Visionen“ 4101 lieferte sie ihren ersten Roman ab, der es auf Anhieb in die Bestseller-Liste der |New York Times| schaffte. Auch die Fortsetzung, „Circes Rückkehr“, ist in den USA von Erfolg gekrönt. Mit „Kartiks Schicksal“ liefert sie nun den Abschluss ihrer Trilogie. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Brooklyn, New York.

Die [Lesung]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3833721995/powermetalde-21 zum Buch erscheint wieder bei |JUMBO Neue Medien / GoyaLiT|.

|Originaltitel: The Sweet Far Thing
Aus dem Amerikanischen von Ingrid Weichselbaumer
Empfohlen ab 14 Jahren
862 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-423-71327-6|
http://www.libba-bray.de
http://www.dtv.de
http://www.jumboverlag.de

Paolini, Christopher – Eragon – Die Weisheit des Feuers

Band 1: [„Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter“ 1247
[„Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter“ 3228 (Hörbuch)
[„Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter“]http://www.powermetal.de/video/review-977.html (Kinofilm-Besprechung)
Band 2: [„Eragon – Der Auftrag des Ältesten“ 1975

Lange haben nicht nur jugendliche Leser auf den dritten Teil des jungen Drachenreiters Eragon gewartet. Im Oktober dieses Jahres war es dann endlich soweit für das dritte Abenteuer des Reiters mit seinem blauen Drachen Saphira.

Schon recht schnell wurde durch eine offizielle Stellungnahme des Autors und der Verlage klar, dass dies nicht wie anfangs gedacht eine Trilogie sein wird, die Geschichte also nicht mit „Die Weisheit des Feuers“ endet, sondern ihren Abschluss in Band vier finden wird, dessen Titel natürlich noch nicht bekannt ist.

In den ersten beiden Teilen von Eragon – „Das Vermächtnis der Drachenreiter“ und „Der Auftrag des Ältesten“ – waren Ähnlichkeiten zu anderen Werken der Phantastik allzu offensichtlich. Der Autor Christopher Paolini musste so manche herbe Kritik deswegen einstecken, doch im Grunde wird auch er selbst inzwischen kopiert.

Die bisherige Trilogie um Eragon richtet sich in erster Linie an jugendliche Leser; entsprechend locker sind die Handlungen der Romane verfasst, und auch Eragon geht wie jeder Jugendliche einen Weg der Entwicklung mit all seinen Höhen und Tiefen, mit denen sich so mancher heranwachsender junger Leser identifizieren kann.

_Inhalt_

Nach der Schlacht in den brennenden Steppen sind die Probleme und die Bedrohung durch Galbatorix nicht weniger geworden. Im Gegenteil nehmen sie mit dem Auftauchen von Murtaugh nur zu – Morzans Sohn, der Eragon mit der schmerzlichen Wahrheit konfrontierte, sein Bruder zu sein, sowie der Erkenntnis, dass Murtaugh selbst durch das Drachen-Geschenk des Galbatorix zu einer noch größeren Gefahr für die Varden geworden ist. Hinzu kommt noch die Schmach, von Murtaugh und dessen Drachen Dorn besiegt worden zu sein, und auch der Verlust seines Schwertes macht Eragon noch mehr bewusst, wie wichtig es ist, seine Ausbildung bei den Elfen abzuschließen.

Doch als Erstes muss Eragon zusammen mit Saphira und Roran Katrina aus der Gefangenschaft der Ra’zac befreien. Sie töten die Ra’zac und ihre Eltern, und wieder wird Eragon mit einem Fluch von den sterbenden Kreaturen belegt, den er nicht zum ersten Mal hört.

Die Wege des Trios trennen sich und Eragon, nun auf sich alleine gestellt, findet in der Nähe der Ra’zacs Katrinas Vater Sloan. Verbittert, aggressiv und ohne Reue wegen seines Verrats, überlegt Eragon, Sloan auf der Stelle zu töten, doch er bringt es nicht über sich und bestraft Sloan auf andere Art und Weise, die diesem die Möglichkeit gibt, Besserung und Einsicht zu zeigen.

Währenddessen hat auch Nasuda, die junge und wenig erfahrene Anführerin, ganz eigene Probleme, um ihre Position bei den Varden festigen zu können. Zu viele Völker kämpfen nun zusammen gegen das Imperium von Galbatorix, da bleiben Neid und Mißtrauen nicht aus. Die Situation spitzt sich weiter zu und Nasuada sieht sich gezwungen, bei einem Ritual ihre Stellung zu verteidigen. Mit Hilfe von Elva, die durch das Wirken eines Zaubers Eragons dazu verflucht ist, die Schmerzen und die Angst anderer Menschen zu spüren, besteht Nasuada diese Prüfung.

Als Saphira, Roran und Katrina in relativer Sicherheit zu den Varden zurückgekehrt sind, macht sich Arya auf den Weg zu Eragon, um dafür zu sorgen, dass er sicher zurückkehren kann. Alle Hoffnung der rebellischen Varden ruht auf dem letzten freien Drachenreiter; eine Verantwortung, die manches Mal schwer auf den Schultern des Jungen lastet.

Arya findet Eragon, und zusammen setzen sie die Reise zu den Varden fort. In vielen Gesprächen kommen die beiden sich näher und Eragon erfährt viel über die Vergangenheit der so viel älteren Elfe, deren Volk quasi unsterblich ist. In den Unterhaltungen erkennt Eragon viel Schmerz und Leid, das sie ertragen musste, und sieht für sich selbst keine Möglichkeit, das Herz und die Liebe Aryas erreichen zu können.

Zurück bei den Varden, versucht er, seinen missglückten Zauberspruch, der eigentlich ein Segen und weniger ein Fluch für Elva sein sollte, zu korrigieren, doch auch hier kommt es mal wieder anders als gewollt, den Elva hat selbstbewusst ganze andere Ansichten. Die Vorbereitungen für Roran und Katrinas Hochzeiten laufen derweil auf Hochtouren, und Eragon denkt darüber nach, ob sein Handeln in Bezug auf Katrinas Vater Sloan falsch war. Erzählt hat er den frisch Verliebten nichts von Sloan und seiner Strafe.

Als Schiffe voller Soldaten auftauchen und sich zeitgleich Murtagh und Dorn am Himmel zeigen, entbrennt eine wilde und erbarmungslose Schlacht, in der zwar die Varden gewinnen, aber unter großen Verlusten zu leiden haben. Die feindlichen Soldaten sind durch einen Zauber Galbatorix‘ schmerzunempfindlich geworden und kämpfen mit einer ungeahnten Brutalität. Und auch Eragon und Saphira bekämpfen Murtagh und Dorn nicht nur mit Magie und Waffen, sondern versuchen auch, Murtaugh zur Umkehr und Einsicht zu bewegen, doch der Bahn Galbatorix‘ ist zu stark und der feindliche Drachenreiter wendet sich ab.

Kurze Zeit später erhält Eragon den Auftrag, von Nasuada zu den Zwergen zu reisen, um die Wahl des neuen Königs zu beobachten, der die Varden in ihrem Kampf als Bündnispartner unterstützen soll. Saphira bleibt zurück, um den Eindruck zu erwecken, dass die Varden noch immer einen Drachenreiter in ihrer Mitte haben.

Roran wird unterdessen ebenfalls offiziell bei den Varden aufgenommen und auf eine Mission geschickt, um seine Loyalität und seine Führungsqualitäten zu beweisen. Die ersten Gefechte übersteht er heldenhaft und gewinnt schnell das Vertrauen und die Hochachtung seiner Gefährten. In einer weiteren Konfrontation rettet er auf Kosten seines Gehorsams viele Leben, doch nach seiner Rückkehr wird er wegen Befehlsverweigerung grausam bestraft.

Auch Eragon hat sich die Königswahl bei den Zwergen anders vorgestellt, zumal ein Mordanschlag auf ihn verübt wird, dem er nur mit knapper Mühe entrinnen kann. Nach der Wahl bricht er zu den Elfen auf, um dort bei seinem Meister die Ausbildung abzuschließen und vielleicht ein neues Schwert zu erhalten. Was er dort jedoch findet, wird sein Leben auf immer verändern …

_Kritik_

Die Erwartungshaltung war hoch, lang hat man den dritten Teil entgegengefiebert und verwundert festgestellt, dass es noch einen weiteren Band geben wird. Es würde mich nicht wundern, wenn in wenigen Jahren die Pressemeldung käme, ein fünfter Teil schließe sich dem vorliegenden an, da die Handlung mittlerweile weitaus komplizierter und umfangreicher wird, als es ihr junger Autor Christopher Paolini konzipierte hatte.

Eragon ist wie zuvor noch ein Jugendlicher, der zwar manches Mal schier über sich hinaus wächst, doch im Grunde seines Handelns immer selbstkritisch und unsicher wirkt, was seinem Alter und seiner Lebenserfahrung geschuldet ist. Ein Drachenreiter ist eben doch nur ein Mensch. Und als solcher sieht er sich als Held wider Willen mit einer enormen Verantwortung konfrontiert, die das Schicksal vieler seiner Gefährten bestimmen wird. Seine Gewissensbisse, Sloan töten zu müssen, aber dann doch Gnade vor Recht zu zeigen, werden von den Elfen nicht verstanden, und sicherlich wird sich der junge Leser selbst fragen, wie er in solcher Situation gehandelt hätte. Dies ist nur eine von vielen Situationen, in denen Eragon sein Handeln reflektiert, und nicht zuletzt ist sein Drache Saphira dabei oftmals ein Ratgeber. Doch das wirkte manchmal nicht überzeugend und nicht zu Ende gedacht.

Es gibt nicht viel Neues in „Die Weisheit des Feuers“, vieles wiederholt sich. Erneut spielen die Zwerge eine Schlüsselrolle im Vardenbund, diesmal mit der Wahl eines neuen Königs, und noch einmal müssen Eragon und Saphira zu den Elfen reisen, um dort die Ausbildung abschließen zu können und ein paar offene Fragen beantwortet zu kommen, aber auch, um sich neuen stellen zu müssen. Auch die Schlachten sind im vertrauten Stil schnell erzählt, und die Konfrontation mit Murtagh und seinem Drachen Dorn ist zwar spannend, bringt die Geschichte jedoch insgesamt nicht weiter.

Leider bleiben auch im dritten Teil die Charaktere alle eindimensional und berechenbar; einzig Murtagh scheint hin- und hergerissen zwischen Gut und Böse, doch leider fällt sein Part so gering aus, dass es der Geschichte insgesamt an Format fehlt. Roran, heldenhaft und aufopfernd, wirkt wie eine Figur aus einer gänzlich anderen Erzählung. Warum gerade er einen solch konzentriert hohen Anteil an Handlung einnimmt, bleibt mir verborgen. Die Guten hingegen treten fast schon inflationär auf. Roran ist der typische Held, der wahrlich jedes Klischee erfüllt, und Nasuada mit ihren Machtkämpfen muss sich auch immer wieder aufs Neue profilieren, dies aber für die Story um Eragon völlig überzeichnet. Die persönlichen Opfer von Eragon oder Saphira sucht man vergebens. Keine Schicksalsschläge oder Verluste lassen die Charaktere an ihre Grenzen gehen.

Was der bisherigen Trilogie wirklich fehlt, ist ein charismatischer Bösewicht, jemand, der wirklich eine Bedrohung darstellt, dessen Motivation man erkennt und ansatzweise interpretieren kann. Sicherlich wird Galbatorix namentlich genannt, aber bisher bleibt er mysteriös im Dunkeln, eine schattenhafte Randfigur ohne wirklichen persönlichen Eingriff in die Geschichte. Die Fronten des Krieges sind zahlreich, die Nebenfiguren an Zahl fast nicht mehr zählbar, und trotzdem vermisst man manches Mal die Spannung.

Zu oft wechseln die Charaktere und ihre räumlichen Zwischenstationen; mal ist Eragon im Grenzland des Imperium, dann bei den Varden, dann folgt ein Kurzbesuch bei den Zwergen, ein lehrreicher Aufenthalt bei seinem elfischen Lehrmeister und dann geht es zuletzt in eine befestigte Stadt, die es zu erobern gilt, deren Sinn ich jedoch nicht verstanden habe und sich meiner Logik voll und ganz entzieht. Keine Handlung baut auf die andere auf, kein Rad greift ins andere, nur autarke Schauplätze gibt es, die ohne sichtlichen Zusammenhang mit Leben gefüllt werden.

Die Dialoge sind ähnlich wie ihre Protagonisten – einfach leer und ausnahmslos fade. Elva, das Mädchen, das durch Eragons Segen eher verflucht wurde, wirkt zusammen mit Murtagh interessant, aber nach wenigen Seiten ist auch hier leider der Zenit erreicht und man liest nichts mehr von ihr. Und wenn Saphira gedanklich zu sich selbst spricht, so schüttelt man nur grausig den Kopf und fragt sich, ob der Drache noch in seinem Ei vor sich hin brütet.

Offene Fragen gibt es viel zu viele, auch wenn man am Ende des Romans weiß, woher Galbatorix seine Macht und sein Wissen um Magie bekommt, und auch Eragons Vergangenheit eine völlig neue Perspektive erhält. Christopher Paolini hat sich wie in den letzten beiden Romanen wieder viel bei Ideen und Handlungen anderer bedient. Zwar nicht so sehr wie im ersten Teil, doch Leser, die viel im Genre der Phantastik unterwegs sind, können bereits nach dem ersten Drittel Parallelen feststellen, und das sehr leicht. Sicherlich ist der Autor noch sehr jung und sicherlich greift jeder Autor gern zu erprobten Elementen, aber muss das gleich so ausufern?

_Fazit_

„Die Weisheit des Feuers“ ist solide Fantasy für jugendliche Leser. Vielleicht ist dieser Teil nur wirklich das Bindeglied in einer Saga, die im letzten und vierten Teil endlich ihren Abschluss finden wird. Der Unterhaltungswert ist befriedigend, aber auch nicht mehr, und so sehr man sich auf diesen Teil doch gefreut hat, so enttäuscht wird man diesen ins Regal stellen, in der Hoffnung, dass der vierte eine explosive, durchdachte Erzählung bieten wird. Es gibt viele Ansätze, die darauf hindeuten, wenn sie denn sinnvoll aufgegriffen werden: Was passiert mit Elva, wie wird sich Murtagh entscheiden, und taucht Galbatorix endlich auf, um sich der Bedrohung seines Imperiums selbst zu stellen?

„Die Weisheit des Feuers“ ist der schwächste Band der bisherigen Eragon-Reihe, aber bedingt trotz aller Kritik zu empfehlen, wenn man wissen möchte, wie die Saga weitergeht. Dennoch hoffe ich mittlerweile, dass nach dem vierten Teil diese Geschichte ein Ende nimmt.

|Originaltitel: The Inheritance Trilogy Vol. III – Brisingr
Aus dem Amerikanischen von Joannis Stefanidis
Empfohlen ab 12 Jahren
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 864 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-12805-3|
http://www.eragon.de
http://www.cbj-verlag.de
http://www.eragon-derfilm.de

Martin, George R. R. – Fiebertraum

Wir schreiben das Jahr 1857. Abner Marsh ist Dampfschiffer auf dem Mississippi und hat seine eigene Packet Company. Doch leider war ihm das Glück nicht hold – der letzte Winter war so kalt, dass der Fluss zufror. Das Eis zerstörte seine Schiffe; bis auf die kleine |Eli Reynolds|, ein altes, ziemlich unauffälliges Schiff, mit dem es schwerfallen wird, wieder zu Geld zu kommen.

Eigentlich ist Marsh also finanziell ruiniert, doch taucht unvermittelt ein neuer Geschäftspartner mit scheinbar uneingeschränkten Geldmitteln auf. Joshua York gibt vor, ins Dampfschiffgeschäft einsteigen zu wollen. Er will das Geld zur Verfügung stellen, um das größte, schnellste und imposanteste Dampfschiff bauen zu lassen, das je auf dem Mississippi unterwegs war. Als Gegenleistung dürfen er und seine Bekannten jederzeit kostenfrei auf dem Schiff fahren. Marsh ist skeptisch, schließlich vermutet er, dass York ihm nicht alle seine Motive offenlegt. Doch die Aussicht auf das schnellste Dampfschiff lässt ihn einschlagen: Ist es doch sein Traum, die |Eclipse| in einem Rennen zu schlagen.

Natürlich tut Marsh gut daran, York nicht uneingeschränkt zu vertrauen, denn gleich die erste Fahrt der neu gebauten |Fevre Dream| gerät zur Katastrophe: York, der eigentlich ein Vampir ist, verfolgt den Plan, alle seine Artgenossen am Flusslauf auszumachen und ihnen seine eigene Erfindung, nämlich eine Art künstliches Blut, anzubieten. Nicht alle sind von dieser Neuerung begeistert. Besonders der uralte Dämon Julian will nichts davon wissen, dass er in Zukunft nicht mehr an Frauenhälsen knabbern soll. Ein Kampf zwischen York und Julian entbrennt, und Marsh findet sich und sein Schiff plötzlich in der Schusslinie. Und dann macht sich Julian auch noch mit Marshs heiß geliebter |Fevre Dream| aus dem Staub.

George R. R. Martin, Jahrgang 1948, ist den meisten sicherlich durch seinen breit angelegten Fantasyzyklus [„Das Lied von Eis und Feuer“ 3637 ein Begriff, doch der Amerikaner hat noch einiges mehr zu bieten, unter anderem eben „Fiebertraum“ aus dem Jahr 1982. Martin verwebt hier zahlreiche Themen und Motive, sodass man nicht immer sicher sein kann, was für eine Art Roman man vor sich hat – aber dies macht in dem Fall einen Großteil des Lesevergnügens aus.

Ist „Fiebertraum“ vielleicht ein Vampirroman? Sicherlich, schließlich dreht sich die Handlung um die beiden antagonistischen Charaktere Joshua York und Dämon Julian. Wir erfahren viel über York, einen sensiblen, vergeistigten, gebildeten Mann, der es leid ist, dass Menschen und Vampire in Feindschaft leben müssen. Sein Traum ist es, mithilfe seines Wundertranks beide Rassen zu Freunden machen zu können. Julian dagegen ist ein geborenes Raubtier. Für ihn sind Menschen nichts weiter als Vieh, er bedient sich ihrer, um seinen eigenen Hunger zu stillen. Er kennt keine Moral und keine Gewissensbisse, denn für ihn ist ein Mensch kein gleichberechtigtes Wesen. Und so treffen zwei völlig gegensätzliche Weltanschauungen aufeinander, und beide Vampire kämpfen mit aller Macht um die geistige Vorherrschaft.

Dieses Gegenüberstellen von Menschenfreund und Raubtier hat es auch schon in anderen Romanen gegeben, als Beispiel seien nur Louis und Lestat aus [„Interview mit einem Vampir“ 68 genannt. War es in Anne Rices Roman von 1976 noch eine Schlüsselszene, dass der Vampir Louis sich in schierer Verzweiflung über die Abwesenheit Gottes auf einen Priester stürzt, so ist die gleiche Szene sechs Jahre später bei Martin kaum mehr als eine Fußnote: Dass Religion York nicht helfen kann, stellt er in wenigen Stunden fest. Der Priester, der mit ihm betete, überlebt die Begegnung nicht, und der Vampir wendet sich ohne Reue anderen Heilsbringern zu (in diesem Fall der Wissenschaft). Und obwohl der Konflikt zwischen „gutem“ und „bösem“ Vampir ein uralter ist, gewinnt ihm Martin doch immer wieder faszinierende Seiten ab. Während York kultiviert und freundlich daherkommt und man seinen Ausführungen mit Interesse und Zustimmung lauscht, ist Dämon Julian grausam bis zum kompletten Wahnsinn, scheint er doch nicht einmal sein eigenes Leben wertzuschätzen.

Und doch ist „Fiebertraum“ nicht nur ein Vampirroman. Martin eröffnet dem Leser gleichzeitig ein historisches Panorama von einer selten dagewesenen Pracht und Fülle. Er entführt ihn in diese fremde und vergangene Welt der riesigen Mississippi-Dampfer und zeigt den Luxus und die Dekadenz dieser Zeit. Da gibt es endlose Reihen von Spiegeln, Silberverzierungen, flauschige Teppiche, großformatige Gemälde und barock eingerichtete Kabinen. Und es wird gegessen! Marsh, ein 150-Kilo-Mann, isst ständig. Schon zum Frühstück verputzt er Brathuhn und Speck in rauen Mengen. Martin lässt sich keine Gelegenheit entgegen, seinen Dampferkapitän beim Essen zu zeigen, und natürlich sind diese Szenen nicht nur Selbstzweck. Sie beschreiben Marsh als einen Lebemann – gerade im Gegensatz zum asketischen York – während dem Leser bei der Beschreibung all dieser Leckereien unweigerlich das Wasser im Mund zusammenläuft.

„Fiebertraum“ ist genau das – ein Leseerlebnis, das unwirklich wie die Nebelbank auf einem Fluss erscheint. Der Roman ist spannend und fesselnd, die Charaktere packen den Leser und lassen ihn nicht mehr los. Doch darunter, unter dieser Oberfläche, da versteckt sich eine unterschwellige Melancholie, eine Art Trauer um die Vergänglichkeit der Zeit. So wie Martins New Orleans eine Stadt des versteckten Verfalls ist, so lässt er den Leser nie vergessen, dass hinter der Realität der Tod und das Vergessen lauern. Allein der Vampir lebt ewig, und genau das ist sein Fluch.

|Originaltitel: Fevre Dream
Übersetzung: Michael Kubiak
überarbeitete Neuausgabe 2008
ISBN-13: 978-3-453-53285-4|
http://www.heyne.de
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Melzer, Brigitte – Vampyr

Catherine war vor Jahren aus ihrem Heimatdorf Asgaidh, einem kleinen Kaff im schottischen Hinterland, geflohen, weil sie mit angehört hatte, wie ihr Vater einen Verrat am dortigen Earl plante. Doch nun ist sie zurück, und als erste Amtshandlung rettet sie Martáinn, dem Sohn des damaligen Earls, das Leben, als auf diesen ein Mordanschlag verübt wird. Eigentlich möchte sie unerkannt bleiben, schließlich haftet noch immer der Verrat ihres Vaters an ihr, doch der Hauptmann der Burg Dun Brònach überredet sie, verkleidet als sein Knappe mit ihm zu kommen, um den Attentäter zu identifizieren.

An diesem Punkt verlässt Catherine das Glück: Es stellt sich heraus, dass tatsächlich jemand nach Martáinns Leben trachtet, dass ihr totgeglaubter Vater noch unter den Lebenden weilt (irgendwie jedenfalls) und dass sie in den walisischen Söldner Daeron verliebt ist. Zwischen all diesen Erkenntnissen wird sie von einem Vampir gebissen, verwandelt sich in eine Untote und es wird viel hin- und hergerannt (oder -geritten), um den allgemeinen Übeltäter zu finden. Dazwischen wird immer mal wieder der Geist einer vor zweihundert Jahren verbrannten Hexe, der Ushana, beschworen – offensichtlich einfach, weil ein bisschen Hexenglaube einem Vampirroman, der in den schottischen Highlands spielt, noch den letzten Schliff verleiht.

Brigitte Melzer, ihres Zeichens Fantasy-, Horror- und Historienautorin, hat ein begrenztes erzählerisches Talent, aber sie macht durchaus das Beste daraus. Sie führt solide und verlässlich durch die Handlung, auch wenn ihre Sprache von Zeit zu Zeit ins Blumige abdriftet, was dem Text keineswegs gut tut. In „Vampyr“ hat sie sich vorgenommen, zwei Konzepte zusammenzubringen, die für sich allein in der heutigen Unterhaltungsliteratur echte Renner sind: Da wäre zum einen der Vampirroman, der nie wirklich weg vom Fenster war, aber im Moment durch die Romane von Stephenie Meyer ungemeinen Auftrieb erfährt. Und da wäre zum anderen der in Schottland spielende historische Roman (bekannteste Vertreterin ist sicherlich Diana Gabaldon), der sich solcher Beliebtheit erfreut, dass er mittlerweile eigentlich eine eigene Genrebezeichnung verdient hätte. Eigentlich also sollte „Vampyr“ sowohl die Fans des einen als auch des anderen Genres begeistern, doch irgendwie will der Funke bei der Lektüre nicht überspringen. Woran liegt es?

Da wäre zum einen die Tatsache, dass Melzer ihr schottisches Setting kaum nutzt, und das, obwohl sie offensichtlich ein Fan der Highlands ist und Schottland mehrmals besucht hat. Zwar wirft sie mit unaussprechlichen gälischen Namen um sich und fügt ein Pseudoglossar an, um dem geneigten Leser zu erklären, was ein Kilt ist, aber darin erschöpft sich eigentlich auch schon die Verortung des Romans. Ja, es gibt ein Schloss mit vielen Geheimgängen und zugigen Fluren. Ja, es gibt eine verlassene Burg, in der geheime Rituale abgehalten werden. Und ja, am Rande der Handlung scheinen sich ein paar raue Berge zu befinden, aber all diese Beschreibungen wirken unoriginell und wenig plastisch. Es findet sich nichts Eigenes; nichts, was man so noch nie gelesen hätte – und das ist das Grundproblem des Romans.

Ein wirkliches Interesse am Schicksal der Charaktere will nicht aufkommen. Catherine, die Protagonistin, ist eine Frauenfigur, wie man sie schon in viel zu vielen Romanen gesehen hat. Sie kommt vermeintlich stark daher – immerhin traut sie sich, aktiv ins Geschehen einzugreifen, und tritt für ihre Überzeugungen ein. Doch dahinter verbirgt sich das altbekannte schwache Weibchen – ständig wird sie angegriffen und fällt in Ohnmacht, mit Vorliebe in die starken Arme eines der anwesenden Männer, die ihr selbstverständlich alle zu Füßen liegen. Zwar ist sie anfangs reichlich überrascht, als Daeron ihr seine Liebe gesteht (schließlich hatte er sie in der Vergangenheit ständig an den Zöpfen gezogen und sie geärgert), aber als sie diese Überraschung erst einmal überwunden hat, fällt es ihr natürlich leicht, ebenfalls in unsterblicher Liebe zu ihm zu entbrennen. Von da an wird die Liebesgeschichte vorhersehbar und kitschig, vor allem, als Daeron der frisch vampirisierten Catherine sein Blut als Nahrung anbietet. Die Szene ist ohnehin eher die kaum verhüllte Beschreibung einer Defloration, komplett mit der sich anfangs wehrenden Jungfer, die von ihrem starken Liebhaber zum Glück gezwungen werden muss (immerhin wurde das Konzept kess verdreht, da Catherine den „penetrierenden“ Part übernimmt, also diejenige ist, die ihre Beißerchen ins willige Opfer schlagen darf).

Gerade in solchen Szenen fragt man sich, mit welcher Art Roman man es bei „Vampyr“ nun eigentlich zu tun hat. Auf den ersten Blick scheint es sich um ein Jugendbuch zu handeln – dafür spricht die junge weibliche Heldin, mit der sich gleichaltrige Leserinnen sicherlich identifizieren können (vor allem in den Szenen, die vor Schmelz und unsterblichen Gefühlen nur so überfließen). Allerdings wird Melzer durchaus deutlich, wenn es um die Liebesgeschichte zwischen Catherine und Daeron geht. Die beiden verzehren sich mit solcher Leidenschaft nach einander, dass Daeron auch kein Problem damit hat, in heißer Erregung zu entflammen, als er eigentlich schon ziemlich verblutet und praktisch tot ist. Diese Szenen gehören natürlich eher in einen „erwachsenen“ Roman, doch schafft es Melzer nicht, sich dorthin zu schreiben. Ihre Handlung, ihre Beschreibungen und ihre Charaktere bleiben zu simpel gestrickt, um ältere Leser wirklich fesseln zu können.

„Vampyr“ ist nicht wirklich schlecht: Melzer hat einen grundsoliden Roman geschrieben, der sich aufgrund seiner leicht verständlichen Prosa flüssig lesen lässt. Und doch lässt den Leser die Geschichte um Catherine seltsam kalt: kein Buch zum Wiederlesen.

|271 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 14 Jahren
ISBN-13: 978-3-8000-5268-4|

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Außerdem von Brigitte Melzer auf |Buchwurm.info|:
[„Elyria – Im Visier der Hexenjäger“ 4700

Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Abendrot (Bella und Edward 3)

|Bella und Edward:|

Band 1: [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600
Band 2: [„Bis(s) zur Mittagsstunde“ 4647
Band 3: „Bis(s) zum Abendrot“

_Leben oder Ewigkeit?_

Edward ist zurück und die Gefahr durch die Volturi vorerst gebannt. Doch immer steht eines zwischen Bella und Edward: Er möchte nicht, dass sie ihre Sterblichkeit aufgibt und zur Vampirin wird. Durch einen geschickten Schachzug aber hat Bella sich den Rückhalt der Cullens gesichert und Carlisle das Versprechen abgerungen, dass er sie nach ihrem Schulabschluss zur Vampirin machen wird. Edward ist nach wie vor dagegen, bietet dann aber doch an, diesen ‚Job‘ selbst zu übernehmen – unter einer Bedingung, und zwar, dass sie ihn vorher heiratet! Komischerweise trifft er dabei einen Nerv bei seiner menschlichen Freundin, denn das Ja-Wort will sie ihm nicht geben, viel lieber möchte sie noch als Mensch mit ihm schlafen. Und so tragen die beiden ganz menschliche Teenagerkonflikte miteinander aus …

Die Freundschaft zwischen Bella und Jacob ist derweil abgekühlt. Edward erlaubt nicht, dass sie sich dem jungen Werwolf nähert, denn er fürchtet, dass Jacob Bella ungewollt etwas antun könnte. Auch kann Alice Bellas Zukunft nicht mehr sehen, sobald ein Werwolf in ihrer Nähe ist – und das macht allen Vampiren Angst. Jacob dagegen sehnt sich weiter nach Bella und wähnt sich am Ziel seiner Träume, als Bella beginnt, seine Gefühle zu erwidern. So muss sich Bella also zwischen ihren beiden übermenschlichen Verehrern entscheiden: zwischen Jacob, der ihr ein Leben als Mensch ermöglichen würde und mir ihr zusammen alt werden und sterben könnte, und Edward, der ewig jung bleiben wird und für den Bella ihre Sterblichkeit aufgeben müsste.

Doch dieser Konflikt rückt in den Hintergrund, als merkwürdige Dinge in Forks geschehen: Schon seit langem ist Seattle durch eine mysteriöse Mordserie in die Schlagzeilen gerückt. Was die Menschen aber nicht wissen: Es sind junge Vampire, die dort ihr Unwesen treiben, weil sie sich noch nicht im Griff haben. Bald darauf fehlen Bella einige Dinge aus ihrem Zimmer, und Edward riecht, dass ein fremder Vampir dort gewesen sein muss. Allerdings war es nicht Victoria, die ja immer noch nach Bellas Leben trachtet. Wer hat es hier auf Bella abgesehen? Es dauert nicht lange, bis es eine wild gewordene Meute junger Vampire nach Forks verschlägt, um Bella zu stellen und den Cullens einen vernichtenden Schlag beizubringen …

_Liebe mit Hindernissen_

Nach der langen Durststrecke im zweiten Band besinnt sich Stephenie Meyer im vorliegenden dritten Teil ihrer Edward-und-Bella-Reihe auf die bekannten Erfolgsfaktoren: ihre beiden Hauptcharaktere Edward und Bella und natürlich die aufkeimende Liebe zwischen den beiden. Darüber hinaus spickt sie die Geschichte mit einem Nebenbuhler, der immer stärker wird, nämlich Jacob Black. Während Jacob im zweiten Teil ’nur‘ ein sehr guter Freund war (wenngleich er zu der Zeit schon unsterblich in Bella verliebt war), so entdeckt Bella nun, dass er doch mehr ist als ein Freund und sie ohne ihn auch nicht leben kann. Nur wen liebt sie mehr? Und welches Leben möchte sie leben? Eines als Vampirin an Edwards Seite oder eines als Mensch mit Jacob? Für Jacob müsste sie ihre Familie und Freunde nicht aufgeben, für Edward schon. Und so zweifelt sie immer mehr, obwohl sie sich ihrer Liebe zu Edward bislang so sicher gewesen ist.

In Anbetracht der Tatsache, dass Bella gerade einmal 19 ist und mit Edward – immerhin einem Vampir, der sie locker töten könnte, wenn er sich nicht mehr im Griff hat – ihre erste große Liebe erlebt, erschien es mir ausgesprochen stimmig, dass Bella nun auch Zweifel spürt. Seltsam wäre es gewesen, wenn sie sich weiter so sicher wie zuvor gewesen wäre. Immerhin könnte Jacob ihr sogar mehr bieten als Edward – nämlich ihre Menschlichkeit. So schwankt sie nun hin und her und ist sich plötzlich auch gar nicht mehr so sicher, ob sie wirklich schnellstmöglich zur Vampirin werden möchte. Ganz im Gegenteil. Je näher dieser Termin rückt, umso größer werden die Zweifel und umso mehr Angst empfindet Bella. Kann sie ihre Eltern wirklich aufgeben?

Zuvor möchte sie auf jeden Fall mit Edward schlafen – es wäre ihr erstes Mal. Doch ausgerechnet diesen Wunsch möchte er ihr nicht erfüllen, aus Angst, dass er sich dann nicht mehr im Griff hätte und seiner Liebsten etwas antun könnte. Die Liebe zwischen den beiden wird somit immer problematischer, was ja auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass sie in ihrem jungen Alter bereits die Hochzeit und die gemeinsame Ewigkeit planen. So erscheint es ganz natürlich, dass bei Bella nun die Torschlusspanik anklopft. Dennoch sammelt sie beim Leser dadurch Minuspunkte, denn die Lesersympathien sind weiterhin klar verteilt: Stephenie Meyer gibt Jacob zwar einige positive Seiten mit, doch Edwards Vorsprung war einfach uneinholbar groß, sodass man beim Lesen nur ihm sein Happyend mit Bella wünscht. Im Übrigen besitzt Jacob, der Bella wie ein treudoofes Schoßhündchen hinterherläuft, durchaus ein ziemliches ‚Nervpotenzial‘.

Insgesamt gefiel es mir aber sehr gut, dass Bella erwachsener geworden ist. Zwar kann man ihren Stimmungs- und Gefühlsschwankungen als Leser nicht immer folgen, doch so ist das nun einmal in Zeiten der ersten großen Liebe.

_Schlacht der Vampire_

Neben der Liebesgeschichte eröffnet Stephenie Meyer wieder ihren Handlungsstrang rund um Victoria. Diese hat immer noch eine Rechnung mit Edward offen, da dieser Victorias große Liebe besiegt und getötet hat. Und so hat Victoria längst beschlossen, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, indem sie Bella tötet. Im zweiten Teil ist ihr dies nicht gelungen, doch nun hat sie sich praktisch eine Armee junger, blutrünstiger Vampire herangezogen. Und gegen diese müssen nun die Cullens antreten. Unerwartete Hilfe erhalten sie von den Werwölfen, denn auch Jacob möchte natürlich seine Angebetete vor den Vampiren schützen. Angeführt wird die Meute aus Vampiren und Werwölfen von Jasper, der sich bestens auskennt mit jungen Vampiren.

Der Spannungsaufbau in dieser Handlungsebene gefiel mir zunächst sehr gut. Während die Bedrohung in Seattle zunächst völlig im Hintergrund bleibt und nichts mit der eigentlichen Geschichte in Forks zu tun hat, wächst die Bedrohung bald an, als Bella und die Cullens erkennen müssen, dass die Vampire in Seattle sich auf die Schlacht in Forks vorbereiten. So fiebert der Leser der großen und alles entscheidenden Schlacht entgegen, in der die Cullens zahlenmäßig zunächst unterlegen sind – bis Jacob seine Meute mit in die Schlacht schickt.

Bella hält derweil Edward von der Schlacht fern, da sie sich nicht von ihm trennen möchte. Aber natürlich hat Victoria dies vorhergesehen, sodass sie ihre Vampire Edward auf die Pelle rücken lässt, um über ihn auch an Bella zu geraten. Und dann geht alles ganz schnell; bevor man weiß, wie einem geschieht, ist die Schlacht geschlagen. An dieser Stelle erscheint mir Stephenie Meyers Erzählung doch etwas lieblos, denn hier hätte sie noch weitere Spannung aufbauen können, stattdessen verpufft diese schlagartig – schade!

_Dreiecksliebe_

Nach dem schwachen zweiten Band hat sich Stephenie Meyer wieder in mein Herz geschrieben. Sie besinnt sich auf ihre Stärken und auch auf diejenigen ihrer Geschichte. Auf Edward müssen wir hier nirgends verzichten, allerdings wankt die ehemals ach so große Liebe zwischen Bella und Edward, da sie sich nun ausmalt, wie ihre Zukunft mit Jacob aussehen könnte. Dadurch gewinnt die Geschichte an Brisanz, auch wenn der Leser natürlich weiterhin nur mit Edward mitfiebert. Wie jeder normale Teenager kämpft auch Bella mit ihren widerstreitenden Gefühlen und ihrem Wunsch, ihr erstes Mal zu erleben. Hier entführt uns Stephenie Meyer wieder einmal in unsere eigene Jugend und ruft Erinnerungen hervor, die zum Träumen verleiten.

Das vorliegende Buch zeigt wieder deutlich mehr Tempo als der Vorgänger, da Edward von Beginn an dabei ist und sich die große Schlacht der Vampire abzeichnet, und natürlich haben am Ende auch die Volturi noch ein Wörtchen mitzureden, welche die Cullens nur unter der Bedingung aus ihren Fängen entlassen haben, dass Edward aus Bella eine Vampirin macht. Ob es wirklich dazu kommen wird, verrät uns Stephenie Meyer allerdings höchstens im Abschlussband ihrer Tetralogie, den ich mir schnellstmöglich zu Gemüte führen werde, um endlich zu erfahren, wie die Geschichte um Bella und Edward nun ausgeht.

|Originaltitel: Eclipse
619 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 14 Jahren
ISBN-13: 978-3-551-58166-2|

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Außerdem von Stephenie Meyer auf |Buchwurm.info|:
[„Seelen“ 5363

Harris, Charlaine – Vampire schlafen fest

„Eine Serie, die süchtig macht“, steht passend auf dem Umschlag von Charlaine Harris‘ neuestem Band aus der Sookie-Stackhouse-Reihe. „Vampire schlafen fest“ heißt er und ist mittlerweile der siebte Band der Reihe. Bisher zeigt Harris kaum Ermüdungserscheinungen; sie scheint sich immer noch mit der gleichen Begeisterung in dem von ihr geschaffenen Universum zu tummeln wie vor sieben Jahren, als sie den ersten Band der Serie, „Vorübergehend tot“, zu Papier brachte. Geradezu verspielt fügt sie immer wieder neue Details hinzu und denkt sich neue Verstrickungen für die Kellnerin Sookie Stackhouse aus, die im südamerikanischen Bon Temps lebt, Gedanken lesen kann und gelegentlich mit übernatürlichen Wesen ins Bett geht.

Sookie hat zugesagt, die Königin von Louisiana auf eine Vampirkonferenz zu begleiten. Sie braucht das Geld – zwar nicht so dringend wie noch vor einigen Bänden, doch scheint die Königin eine ebenso königliche Summe zu zahlen, denn Sookie will auf die Moneten keineswegs verzichten. Das Geld sollte ihr zumindest die Tatsache versüßen, dass ihr Ex Bill mit von der Partie sein wird. Sie hat sich vorgenommen, ihn nach Gestaltwandlerart zu ignorieren, und spricht von ihm nur noch als dem „Mann, dessen Name nicht genannt wird“. Auch Eric, mit dem sie zwischendurch mal in die Kissen gesunken ist, wird mit dabei sein. Und Quinn, ihr Aktueller, ist ebenfalls geschäftlich auf der Konferenz, da er als Eventmanager diverse Hochzeiten, Gerichtsverfahren und Abendveranstaltungen auszurichten hat. Sookie wird also ausgiebig damit beschäftigt sein, sich die eine Sorte Männer vom Hals (buchstäblich) zu halten und die andere in ihr Bett zu ziehen.

Darüber hinaus geschehen in dem Hotel, in dem die Konferenz stattfindet, seltsame Dinge. Herrenlose Koffer finden sich an, eine Bombe in einer Dr.-Pepper-Dose liegt einfach in einem Blumenkübel und draußen demonstrieren die fanatischen Vampirhasser. Im Verlauf der Handlung wird es immer wahrscheinlicher, dass irgendjemand einen Anschlag auf die Konferenz plant. Nur wer? Und wann? Und mit welchen Mitteln?

Der Vorgängerband „Ball der Vampire“ schwächelte etwas; gerade der Anfang des Romans trieb etwas richtungslos dahin und man konnte sich der Befürchtung nicht erwehren, dass Harris Probleme hat, sich Handlungsstränge auszudenken, die einen 300-Seiten-Roman tragen können. „Vampire schlafen fest“ beginnt wieder beschaulich, doch nimmt Harris ihren Plot diesmal an die Kandarre. Das Häusliche, Normale, ja geradezu Spießige (diesmal in Form einer Junggesellinnenparty und einer kurzfristigen Hochzeit) wird recht kurz abgehandelt, sodass Sookie bald mit einem Tross aus Vampiren und Dämonen zur besagten Konferenz aufbrechen kann.

Außerdem beschenkt Harris ihre Hauptheldin mit einer Mitbewohnerin: Die Hexe Amelia, die im letzten Band eingeführt wurde, hat sich in Sookies Haus wohnlich eingerichtet. Die beiden sind zu Mitbewohnerinnen und Freundinnen geworden – etwas, das der Serie bisher gefehlt hat. Sookie hatte zwar schon immer weibliche Bekannte, meistens Kolleginnen oder ehemalige Schulfreundinnen. Doch bisher hatte sie nie eine beste Freundin, eine echte Kumpeline, eine weibliche Bezugsperson, mit der sie wirklich offen reden kann. Es scheint, als wäre Amelia auf dem besten Weg dazu, diese beste Freundin zu werden.

Das beschauliche Heim in Bon Temps und die neue Freundin sind allerdings schnell vergessen, als Sookie auf der Konferenz eintrifft. Wo so viele Vampire aufeinandertreffen, da müssen zwangsläufig Köpfe rollen, und so dauert es kaum ein paar Stunden, bis es die ersten Leichen gibt. Von da an wird eigentlich alles nur noch schlimmer, da es Hinweise darauf gibt, dass jemand die Konferenz stören oder zumindest einige der Teilnehmer ausschalten will. Wie immer ist es an Sookie, den Plan zuerst zu durchschauen und dann zu vereiteln, wobei man aber anmerken muss, dass Harris diesmal auf den Krimiplot kaum Wert gelegt hat. Sie hinterlässt Hinweise in blinkender Leuchtschrift und selbst völlig unbedarfte Leser werden kein Problem haben, die Verstrickungen weit vor der Protagonistin zu entwirren. Immerhin, man muss Harris Respekt zollen, dass sie den Mut hatte, die Handlung derartig aufzulösen, dass man sich unweigerlich an 9/11 und die darauffolgende Terrorpanik erinnert fühlt. Derartiges in einen Unterhaltungsroman zu packen, verlangt dem Autor und dem Leser einiges ab. Die Serie verliert damit einen Teil ihrer spritzigen Leichtigkeit, bekommt dafür aber mehr Ecken und Kanten – und damit auch Tiefe. Leider wird vieles davon in der letzten Szene des Romans revidiert, als Harris das Postulat des Kleinbürgertums wiederherstellt, dem eine Hochzeit wichtiger ist als die großen politischen Ereignisse.

Abschließend muss natürlich auch noch etwas zu Sookies Männergeschichten gesagt werden: Mittlerweile hat sie eine ziemliche Anzahl an Typen angesammelt: Bill, Eric, Alcide und jetzt Quinn. Wobei Quinn – groß, stark, glatzköpfig und ein Wertiger – irgendwie zu fröhlich und nett ist, um die geneigte Leserin bei Laune zu halten. Ja, er ist ein guter Liebhaber. Ja, Sookie hat endlich das Gefühl. mit jemandem auch etwas gemein zu haben. Und ja, Quinn kann sogar kochen. Und trotzdem, irgendwie ist Quinn langweilig, auch wenn Harris darauf hinarbeitet, ihn zu einem richtig harten Typen zu machen (so erfährt Sookie auf Umwegen, dass Quinn mehrere Jahre als eine Art übernatürlicher Gladiator Kämpfe bis auf den Tod ausgefochten hat). Immerhin nimmt Harris die Liebeswirren, die sie Sookie durchstehen lässt, selbst nicht bierernst. An einer Stelle lässt sie einen frustrierten Bill fragen, ob sich Sookie eigentlich in jeden Mann verliebt, den sie trifft. Und mal ehrlich, es gibt wohl kaum eine Leserin, die das nicht auch mal – wenigstens heimlich – gedacht hat!

„Vampire schlafen fest“ liest sich flotter als der Vorgänger. Es gibt Action, sogar richtig viel davon, wir treffen viele alte Bekannte wieder und werfen erste Blicke auf bisher unbekannte Wesen. Offensichtlich hat Harris noch lange nicht genug von ihrer paranormalen Kellnerin. Und auch die geneigte Leserin fühlt sich wieder bestens unterhalten. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass „True Blood“, die HBO-Serie, die auf den Sookie-Büchern basiert, endlich auch nach Deutschland kommt!

|Originaltitel: All Together Dead
Deutsch von Britta Mümmler
398 Seiten
ISBN-13: 978-3-423-21068-3|
http://www.dtv.de

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_Charlaine Harris auf |Buchwurm.info|:_

|Sookie Stackhouse|

1. „Dead Until Dark“ ([„Vorübergehend tot“, 788 2006, ISBN 978-3-937255-14-9
2. „Living Dead in Dallas“ ([„Untot in Dallas“, 939 2006, ISBN 978-3-937255-15-6)
3. „Club Dead“ ([„Club Dead“, 1238 2005, ISBN 978-3-937255-16-3)
4. Dead to the World ([„Der Vampir, der mich liebte“, 2033 2005, ISBN 978-3-423-24474-9)
5. „Dead as a Doornail“ ([„Vampire bevorzugt“, 3157 2006, ISBN 978-3-423-24545-6)
6. „Definitely Dead“ ([„Ball der Vampire“, 4870 2007, ISBN 978-3-423-20987-8)
7. „All Together Dead“ („Vampire schlafen fest“, 2008)
8. „From Dead to Worse“ („Ein Vampir für alle Fälle“, Juli 2009, ISBN 978-3-423-21148-2)

|Harper Connelly|

1. „Grave Sight“ ([„Grabesstimmen“, 4704 2008, ISBN 978-3-423-21051-5)
2. „Grave Surprise“
3. „An Ice Cold Grave“

Meyer, Stephenie – Bis(s) zur Mittagsstunde (Bella und Edward 2)

|Bella und Edward|:
Band 1: [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600
Band 2: „Bis(s) zur Mittagsstunde“
Band 3: „Bis(s) zum Abendrot“

Schon im ersten Band der Bis(s)-Reihe von Stephenie Meyer habe ich mich regelrecht festgebissen. Die Autorin hat es geschafft, ihre Leserinnen (und vielleicht auch einige Leser), zurück in die Jugend und in die Zeit der ersten großen Liebe zu versetzen. Vermutlich ist es diese „Zeitreise“, diese Träumerei, die den Erfolg des Buches bzw. der ganzen Reihe ausmacht. Jedenfalls musste nun auch schleunigst die Fortsetzung her, denn allzu lange wollte ich Edward und Bella nicht alleine lassen. Darüber hinaus war ich einfach gespannt darauf, ob Edward Bellas Wunsch, sie zur Vampirin zu machen, nachgibt oder nicht.

_Ein neuer Mond_

Nachdem Bella – wenn auch mit einigen Blessuren und ausgesprochen knapp – den Angriff eines wildgewordenen Vampirs im ersten Band überlebt hat, leben Edward und Bella in scheinbarem Frieden ihre Liebe aus. Doch dann steht Bellas Geburtstag vor der Tür, der alles ändern soll. Bella ist es natürlich überhaupt nicht recht, dass sie mit diesem Geburtstag nun zumindest auf dem Papier älter werden wird, als Edward es jemals sein wird. 18 klingt für sie schrecklich alt, und Albträume plagen sie, in denen sie sich im Greisinnenalter sieht, während Edward nach wie vor in der Blüte seiner Jugend steht.

All dies verleidet ihr den Wunsch nach einer Geburtstagsfeier und Geschenken, doch Alice und Edward zuliebe lässt sie sich darauf ein, mit den Cullens zusammen ihren Ehrentag zu feiern. Geschenke wünscht sie sich nicht, aber dennoch kann sie nicht verhindern, dass sie einige Päckchen erhält. Als sie eines öffnen will, unterläuft ihr ein kleiner, aber alles entscheidender Fehler: Sie schneidet sich an dem Papier und beginnt zu bluten. Jasper ist nicht mehr zu bändigen und will Bella sofort aussaugen, doch Edward und Carlisle können dies verhindern. Edward aber verdeutlicht diese Szene, wie gefährlich seine Beziehung zu Bella ist. Und so kommt es, wie es kommen muss: Schweren Herzens trennt er sich von ihr und zieht mit seiner Familie fort.

Bella ist am Boden zerstört. Monate vergehen, bevor sie überhaupt wieder einigermaßen am Leben teilnehmen kann. In dieser Situation wird Jacob Black zu ihrer wichtigsten Stütze. Gleichzeitig sehnt sie sich nach Abenteuern und der Gefahr, denn sie merkt, dass in diesen Situationen Edwards Stimme zu ihr spricht. So beginnt sie mit dem Motorradfahren und springt von Klippen, nur damit sie Edward bzw. seiner Stimme nah sein kann. Täglich trifft sie sich mit Jacob, der zu ihrem Rettungsanker wird. Doch dabei merkt Bella nicht, dass in ihrem besten Freund eine Veränderung vorgeht. Nach einem Kinobesuch ist er plötzlich wie vom Erdboden verschwunden, er meldet sich nicht mehr bei Bella und reagiert nicht auf ihre Anrufe. Auch besuchen darf sie ihn nicht mehr. Sie ist völlig vor den Kopf gestoßen, bis Jacob ihr schließlich die entscheidenden Hinweise gibt und Bella daraufhin errät, dass er zu einem Werwolf geworden ist.

Nun steht Bella also zwischen zwei Männern – einem Vampir und einem Werwolf. Die Werwölfe beschützen die Menschen vor den Vampiren, die nahe Forks in den Wäldern auf die Jagd gehen. Ein Vampir hat es dabei besonders auf Bella abgesehen, denn nach den Ereignissen im ersten Band ist da noch eine Rechnung offen. Bald überschlagen sich die Ereignisse: Eine blutrünstige Vampirin jagt Bella; die springt von einer Klippe, was wiederum Alice durch ihre besondere Gabe „sieht“. Als Edward daher glauben muss, dass Bella sich das Leben genommen hat, sucht ihn die Todessehnsucht heim – er reist nach Italien, um dort eine mächtige Vampirsfamilie gegen sich aufzubringen, damit diese ihn tötet …

_Unüberwindbare Hürden?_

Während im ersten Band noch Friede, Freude, Eierkuchen herrschte, zerbricht Edwards und Bellas Beziehung in diesem zweiten Buch praktisch an einer Kleinigkeit. Nur eine Kante scharfen Papiers und ein winziger Blutstropfen sind es, die Edward mehr als deutlich machen, dass diese Beziehung für Bella zu gefährlich ist. Daraufhin verschwinden die Cullens holterdipolter aus Forks und aus Bellas Leben, und damit beginnt die literarische Durststrecke. Ich habe den ersten Teil so gerne gelesen, weil es die aufkeimende Liebe zwischen den beiden Hauptprotagonisten gab, weil diese Liebe von einigen Schwierigkeiten begleitet wurde, aber weil sie eben auch am Ende alle Hindernisse überwinden konnte. Doch nun ist Edward und damit die faszinierendste Gestalt der Reihe einfach verschwunden. Gleichzeitig hat Jacob seinen großen Auftritt – aber ganz ehrlich, er bleibt einfach verglichen mit Edward sehr blass (und das will verglichen mit einem Vampir schon etwas heißen!). Nach wie vor hofft er, dass Bella eines Tages seine Gefühle erwidern wird, und verbringt daher immer mehr Zeit mit Bella. Gleichzeitig geschehen merkwürdige Dinge in La Push, denn Jacobs Freunde verändern sich und grenzen ihn aus. Am Ende versteht er aber warum, denn sie sind lediglich vor ihm zum Werwolf geworden.

Hier driftet das Buch dann ziemlich ins Klischeereich ab, denn neben den Vampiren mussten nun zwangsläufig die Werwölfe auftauchen. Diese ‚entstehen‘ bei Stephenie Meyer automatisch, wenn Vampire in der Nähe sind und die Menschen bedrohen. Und da eine blutrünstige Vampirin hinter Bella her ist und in den Wäldern jagen geht, werden die Werwölfe gebraucht, um die Vampire in Schach zu halten. Bevor Jacob sich verwandelt, muss er einen gewaltigen Wachstumsschub überstehen. Obwohl er zwei Jahre jünger ist als Bella, überragt er sie um einiges, und auch seine Gesichtszüge verändern sich. Was sich aber natürlich nicht verändert, ist seine stete Liebe zu Bella.

Wie schon die Vampire, so leben auch die Werwölfe voll integriert in der Gesellschaft. Der Wolfsanführer lebt sogar in einer festen Partnerschaft, nur hat er seine Gefühle nicht immer unter Kontrolle, sodass er seine Verlobte einmal schwer verletzt hat. Und so fürchtet auch Jacob, dass er Bella unbeabsichtigt etwas antun könnte. Abgesehen davon unterscheidet die Werwölfe aber nichts von den normalen Menschen, und im Gegensatz zu den Vampiren brauchen sie auch ihren Schlaf, zumal die Vampirjagd sie ganz schön schlaucht.

Bella macht in diesem Buch eine ziemliche Wandlung durch – ausgelöst durch den Schicksalsschlag der Trennung von Edward. Sie ist am Boden zerstört und völlig verzweifelt. Mehrere Monate vergehen, ohne dass sie aus ihrer eigenen Welt auftaucht. Erst als sie merkt, dass Edwards Stimme zu ihr spricht, wenn ihr Gefahr droht, lebt sie ein wenig auf. Der Nervenkitzel wird zur Droge für sie, allerdings fand ich diese Wendung ziemlich unlogisch. Warum Bella in diesen Situationen Edwards Stimme gehört hat, habe ich bis zum Ende des Buches nicht verstanden (er wusste davon nichts …) und es war definitiv nicht die Todessehnsucht, die Bella gepackt hatte, denn weiterleben wollte sie schon. Warum es aber die Gefahr war, welche die eingebildete Stimme hervorgerufen hat, wunderte mich dann doch.

_Wo ist Edward?_

Schwachpunkt des Buches ist offenkundig das Fehlen der Hauptfigur. Edward war derjenige, der für eine gewisse Faszination gesorgt hat, und die Beziehung zu Bella war es, die dem Ganzen etwas Magisches gegeben hat. Doch ohne Edward schwächelte die Geschichte arg. Stephenie Meyer schafft es kaum, Spannung aufzubauen, und sie verleiht Jacob auch nicht die Wesenszüge, die erforderlich wären, um Edward adäquat zu ersetzen. Er bleibt bis zum Ende ziemlich blass und weckte keinerlei Sympathie in mir. Auch als Alice und Edward wieder ins Zentrum des Geschehens rückten, besserte sich die Lage nur marginal. Ein dummer Zufall war es, der Edward die Gewissheit gebracht hat, dass Bella tot sein muss. Und so beschließt er, dass er auch nicht weiterleben möchte. Ein Vampir bringt sich aber nicht so einfach um. Das sollen die Volturi in Volterra für ihn erledigen. Und so verlagert sich der Fokus der Geschichte nach Italien.

Alice und Bella eilen Edward hinterher und versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Unterwegs bemüht Alice immer wieder ihre besondere Gabe, um zu prüfen, wie es derweil um Edward steht. Der hat nämlich einigen Vorsprung, sodass die Zeit knapp wird. Natürlich scheitert sein ursprünglicher Plan, die Volturi gegen sich aufzubringen, sodass er beschließt, auf einem belebten Platz mit freiem Oberkörper ins helle Sonnenlicht zu treten. Wie wir bereits aus dem ersten Teil wissen, glitzern Vampire dann wie ein Haufen Edelsteine, was natürlich recht auffällig wäre, da die Italiener nichts von der Existenz der Vampire ahnen. Da eine solche Aktion des mittags aber am wirkungsvollsten ist, bleibt Alice und Bella noch etwas Zeit, um Edward abzufangen. Aber ganz so einfach geht das natürlich nicht …

Die Spannung, die Stephenie Meyer hier erzeugt, erschien mir einfach allzu bemüht. Offensichtlich hat sie auch gemerkt, dass ihre Leser zuvor eine lange Durststrecke durchstehen mussten. Und so überschlagen sich nun die Ereignisse, die ziemlich überdramatisiert werden. Natürlich treffen schlussendlich auch Edward und Jacob aufeinander, die nicht nur von ihrer Natur Feinde sind, sondern die auch noch beide um die gleiche Frau buhlen. Das war mir an dieser Stelle einfach zu viel.

_Blutleer_

Dieser zweite Band der Edward-und Bella-Reihe schwächelt über weite Strecken. Stephenie Meyer macht meiner Meinung nach den Fehler und konzentriert sich zu lange allein auf Bella, die nun auch noch die Bekanntschaft von Werwölfen macht. Offensichtlich funktioniert die Geschichte aber nicht ohne Edward und ohne das Prickeln zwischen den beiden. Auch personell schwächelt das Buch dadurch, dass Meyer versucht, Edward durch Jacob zu ersetzen, der aber längst nicht so viele Sympathiepunkte sammeln kann wie sein vampirischer Konkurrent. Zwar liest sich das Buch dank Stephenie Meyers eingängiger Sprache wieder gut runter, aber der Unterhaltungswert hebt sich leider nicht übers Mittelmaß hinaus, sodass ich stark hoffe, dass Meyer im dritten Band wieder aufdreht.

|Originaltitel: New Moon
557 Seiten
ISBN-13: 978-3-551-58161-7
Empfohlen ab 14 Jahren|

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Außerdem von Stephenie Meyer auf |Buchwurm.info|:
[„Seelen“ 5363

Marzi, Christoph – Somnia (Die Uralte Metropole, Band 4)

Es geschehen seltsame Dinge in New York. Scarlet Hawthorne erwacht in einer eisigen Winternacht im Battery Park und erinnert sich an gar nichts mehr – weder daran, wie sie dorthin gelangt ist, noch wer sie überhaupt ist. Und noch bevor sie herausfinden kann, was mit ihr geschehen ist, wird sie von Wendigo gejagt, boshafte Wolfskreaturen aus Schnee und Eis. Nur mit der Hilfe Anthea Atwoods, einer liebenswürdigen alten Dame, die ihr unverhofft zu Hilfe eilt, gelingt Scarlet die Flucht vor den Wendigo.

Atwood nimmt Scarlet mit zu sich nach Hause, in eine verzauberte Mühle mitten in New York, wo Scarlet erfährt, dass Anthea sie nicht zufällig vor den Wendigo gerettet hat: Scarlet ist in dunkle Machenschaften verstrickt, welche die ganze Uralte Metropole, die Stadt unter der Stadt, in Atem halten. In der Stadt wimmelt es von Eistoten, seit einiger Zeit verschwinden Kinder spurlos und es ist die Rede von einer Dame namens Lady Solitaire, die Scarlet zu suchen scheint. Wer ist sie und was spielt sie für eine Rolle für Scarlet und ihren Vater, den sie nie kennenlernen durfte?

Ohne zu wissen, was sie mit alldem zu tun hat, möchte Scarlet ihre Erinnerung wiederfinden und der Sache zusammen mit Anthea Atwood, dem Biker Jake Sawyer und dem Streifenschwanzmungo Buster Mandrake auf den Grund gehen – und schon bald müssen die vier erkennen, dass die Rätsel um Lady Solitaire und die verschwundenen Kinder bis weit in die düstere Vergangenheit New Yorks reichen …

_Eindrücke:_

„Somnia“ ist nun der Folgeband zu den ersten drei Büchern um die Uralte Metropole, der allerdings einige Änderungen mit sich bringt. So sind nicht mehr Emily Laing, das rothaarige Waisenmädchen mit dem Mondsteinauge, und der mürrische Alchimist Mortimer Wittgenstein die Protagonisten der Geschichte, sondern komplett neue Charaktere. Wir treffen auf eine junge Frau namens Scarlet Hawthorne, die vielleicht der eine oder andere Marzi-Fan schon aus seiner Anthologie „Nimmermehr“ kennen dürfte. Schon dort konnte man in der Geschichte „Scarlet“ einen kurzen Blick in das Leben unserer neuen Protagonistin werfen, das sich lange vor den Ereignissen in „Somnia“ abspielte, und man erfuhr, dass sie die Tochter von Mortimer Wittgenstein ist, von der er aber nichts weiß.

Und nun treffen wir auf Scarlet Hawthorne im Battery Park in New York, völlig verängstigt und zudem noch ohne Gedächtnis. Alles, was sie bei sich hat, sind ein eigenartiger Flickenmantel und ein Amulett, von dem sie ahnt, dass es eine große Bedeutung besitzt. Alles andere hat sie vergessen; es ist wie aus ihrem Gedächtnis ausgelöscht. Sie ist verwirrt, weiß nicht, wohin sie gehen soll, und hat große Angst, da sie aus irgendeinem Grund weiß, dass die Kreaturen, deren Heulen ganz aus der Nähe an ihre Ohren dringt, nach ihr jagen.

Sofort versetzt man sich als Leser in Scarlet hinein und fiebert mit. Und obwohl ich anfangs wirklich große Bedenken dabei hatte, ob eine völlig neue Protagonistin und neue Nebencharaktere dem Buch so gut tun würden und ob es dann noch mit den vorigen Bänden würde mithalten können, war ich letztendlich positiv überrascht. Während mir Scarlet in der Kurzgeschichte in „Nimmermehr“ nicht besonders sympathisch erschien, mochte ich sie in „Somnia“ von Anfang an, und die Magie der Geschichte, die den Leser an das Buch bindet, sowie die düster-magische Atmosphäre, die in den Büchern um die Uralte Metropole so typisch ist, gehen durch sie in keiner Weise verloren.

Ein weiterer, wichtiger neuer Aspekt in „Somnia“ ist die veränderte Erzählperspektive. Nun mimt nicht mehr der mürrische Alchimist Mortimer Wittgenstein den Erzähler, sondern Anthea Atwood, eine lebhafte und liebenswürdige alte Dame, die Scarlet bei der Wiederfindung ihrer Erinnerungen und der Aufdeckung der rätselhaften Ereignisse in New York hilft. Als ich entdeckte, dass nun jemand Neues der Erzähler ist und nicht mehr Mortimer Wittgenstein, hatte ich auch in diesem Punkt zunächst meine Zweifel – die sich allerdings ebenfalls als unbegründet herausstellten. Anthea Atwood ist charakteristisch gesehen das vollkommene Gegenteil von Wittgenstein, aber deshalb ist sie keine weniger gute oder stimmige Erzählerin. Sie passt sogar mit ihrer lebhaften und etwas verrückten Art sehr gut in die Geschichte und lenkt diese in eine narrativ etwas andere Richtung als die vorherigen Bände.

Auch die anderen neuen Charaktere sind einzigartig und dem Leser sofort sympathisch. So lernen wir zum Beispiel noch Jake Sawyer kennen, ein junger Biker, der Scarlet ebenfalls zur Seite steht, während die beiden sich auch schon bald ein wenig näher kommen. Der Streifenschwanzmungo Buster Mandrake scheint hingegen so etwas wie ein ‚Ersatz‘ für die Ratten zu sein, was zwar nicht vollkommen gelingt, aber dennoch ist er ein ganz lustiges Kerlchen und passt gut als Begleiter Anthea Atwoods.

Doch obwohl die Protagonisten und die meisten Charaktere völlig neu sind, trifft man in „Somnia“ auch ab und zu noch auf alte Bekannte. Wie Christoph Marzi in seinen Journaleinträgen auf seiner Homepage bereits prophezeite, spielt Emilie Laing zwar keine große Rolle mehr, aber dennoch gibt es mit ihr und Tristan ein Wiedersehen. Auch Mr. Fox und Mr. Wolf durften in dem Buch natürlich nicht fehlen, ebenso wie der Lichtlord und Lilith. Und zu guter Letzt kommt auch noch Mortimer Wittgenstein vor, der ebenfalls in die Rätsel um Lady Solitaire und Lord Somnia verstrickt ist (ob Scarlet und Mortimer sich jedoch auch treffen, wird nicht verraten!).

Die meisten Wiedersehen mit alten Bekannten aus den vorigen Bänden verliefen gut und fügten sich stimmig zur restlichen Geschichte. Nur eines hat mich ziemlich gestört: das Wiedersehen mit Emily und Tristan. Leider haben die beiden überhaupt nicht mehr zu „Somnia“ gepasst, und ich hab die beiden Charaktere, mit denen ich in den vorigen Bänden mitgefiebert habe, nicht wirklich wiedererkannt. Beide haben sich im Gegensatz zu den anderen Bänden stark verändert und wirken nun irgendwie falsch und einfach fehl am Platz.

Etwas, das schon die Vorbände und jetzt auch „Somnia“ zu etwas Besonderem macht, sind die tollen Ideen, welche Christoph Marzi in seine Geschichte einbaut. Zwar muss man dazu sagen, dass bei weitem nicht jede Idee seine eigene ist, aber das, was er aus den vielen Ideen erschafft, ist einfach fabelhaft. Die Ideen mit der Uralten Metropole, den sprechenden Ratten und Mr. Fox und Mr. Wolf stammen hauptsächlich von Neil Gaimans „Neverwhere“, doch das, was Christoph Marzi aus diesen teilweise durchaus ‚entliehenen‘ Ideen macht, ist einfach absolut perfekt. Es gibt ein Labyrinth, das aus einem großen Drachen besteht, Wendigo, wölfische Kreaturen aus Schnee und Eis und eine Hölle, die ein Eispalast ist, in dem seelenlose Kinder mit Spiegelscherbenaugen herumlaufen. Christoph Marzi scheint es an passenden Ideen nie zu fehlen.

Was Christoph Marzi in seine Geschichte auch ganz bewusst einbaut, sind Mythen, Legenden und alte Geschichten. So trifft man während der Lektüre nicht nur auf die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln oder Peter Pans Krokodil, welches einen tickenden Wecker verschluckt hat, sondern auch auf den Zauberer von Oz. Alle möglichen Geschichten sind in „Somnia“ eingearbeitet, was eine weitere Besonderheit des Buches darstellt.

Der Verlauf der Geschichte in „Somnia“ war zu keiner Zeit vorhersehbar. Als Leser stapft man sozusagen mit einer Taschenlampe im Dunkeln, sodass man immer nur einzelne Bruchteile des Ganzen sehen kann. Erst nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzleteile zusammen. Dabei schafft es Christoph Marzi, seine Geschichte so zu gestalten, dass man als Leser nie weiß, was auf der nächsten Seite passieren wird. Erst am Ende, wenn alle Bruchstücke zueinander gefunden haben, kann der Leser schließlich einen Blick auf das Ganze werfen.

Etwas, das an den Büchern der Uralten Metropole generell einzigartig und besonders ist, ist der Schreibstil. Zunächst eben die außergewöhnliche Erzählperspektive, welche weder allwissend noch in Ich-Form aus der Sicht der Protagonistin gewählt wurde, sondern in Ich-Form aus der Sicht eines anderen Nebencharakters. Dann kommt noch hinzu, dass der Aufbau mit den Erzählzeiten ein wenig anders und komplexer ist als in ähnlich gelagerten Büchern. Der Schreibstil ist wunderschön, da Christoph Marzi mal poetisch, mal spannend und mal lustig schreibt und durch verschiedene sprachliche Mittel einen einzigartigen Schreibstil erschafft, den man sofort wiedererkennt.

Das Einzige, was ich noch ein wenig zu bemängeln habe, ist das etwas kurz geratene und geraffte Ende. Zum Schluss kommt alles auf einmal zusammen, und den Details wird somit kaum noch richtige Beachtung geschenkt, sodass diese etwas schnell abgehandelt werden. Da aber laut des Nachworts Christoph Marzis die Hoffnung auf weitere Fortsetzungen besteht, sehe ich dies als nicht weiter schlimm an.

_Fazit:_

„Somnia“ ist ein absolut würdiger Folgeband zu den Büchern der Uralten Metropole und gehört wie die Vorbände zu meinen Lieblingsbüchern. Die Geschichte, die Charaktere und der Schreibstil sind absolut perfekt und die vielen Neuheiten, die Christoph Marzi in „Somnia“ eingebaut hat, schaden dem Buch in keiner Weise.

_Der Autor:_

Christoph Marzi ist ein neuer deutscher Schriftsteller. Er wuchs 1970 in Obermending nahe der Eifel auf. Danach studierte er Wirtschaftspädagogik in Mainz, heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im Saarland und arbeitet dort hauptberuflich als Lehrer an einem Gymnasium. Außerdem schreibt er phantastische Literatur, in der man seine Lieblingsschriftsteller von Boyle über Dickens bis Gaiman wiederfindet. Mit „Lycidas“ hat er seinen ersten Roman bei |Heyne| veröffentlicht, dicht gefolgt von „Lilith“. Mit „Lycidas“ gewann er den Deutschen Phantastik-Preis und wurde über Nacht zum Shootingstar der deutschen Phantastik.

http://www.christophmarzi.de

|Die Uralte Metropole:|

Band 1: [Lycidas 1081
Band 2: [Lilith 2070
Band 3: [Lumen 3036
Band 4: Somnia

Weitere Bände sind in Planung.

Mehr von Christoph Marzi auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Christoph Marzi]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=90
[Fabula 4503
[Malfuria 3398
[Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine 4167

Buckingham, Royce – Dämliche Dämonen

_Handlung:_

Nathan Grimlock wohnt allein in einem Haus voller Dämonen, als deren Hüter er ausersehen ist. Sein Mentor und Pflegevater starb unvermutet und hinterlässt Nathan einen ganzen Sack voller Probleme. Gerade erst hat er ein Mädchen kennengelernt, als das Desaster hereinbricht: „Das Tier“, eine grauenvolle Bestie mit Appetit auf Menschenfleisch, ist aus seinem Gefängnis im Keller des Hauses entkommen und hat es vor allem auf Waisenkinder und Ausreißer abgesehen.

Nathans Helfer, kleine eifrige Dämonen, wollen es sich nicht nehmen lassen, ihren Meister bei seiner Aufgabe zu unterstützen. Doch da gibt es noch den bösartigen dürren Mann, der seinen Anspruch auf das Haus und die Dämonen erhebt und ebenfalls von mächtigen Dämonen unterstützt wird. Ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt im Haus des Dämonenhüters …

_Meine Meinung:_

„Dämliche Dämonen“ ist ein wunderschön aufgemachtes Hardcover des amerikanischen Autors Royce Buckingham, der mit diesem Werk sein Debüt gibt. Die Filmrechte sind bereits verkauft und der Autor schreibt eifrig an seinem zweiten Roman.

„Dämliche Dämonen“ offenbart sich als Teenager-Fantasy-Satire, angefüllt mit schrägem Humor und einer guten Portion Spannung und Dramatik. Der 222 Seiten umfassende Roman besitzt einen äußerst gefälligen Satzspiegel und der Text wurde von Buckingham in flüssiger, leicht verständlicher Sprache niedergeschrieben, so dass das Buch in wenigen Stunden gelesen werden kann und dabei nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene angenehm unterhält. Der deutsche Titel „Dämliche Dämonen“ ist leider etwas unglücklich gewählt worden, denn die Dämonen an Nathans Seite spielen lediglich eine, wenngleich nicht unbedeutende, Nebenrolle und stellen sich nicht ganz so dämlich an, wie man anhand des Titels vermuten mag. Dabei wurden die kleinen gemeinen Wesen sehr liebevoll und kauzig dargestellt, so dass man sie sofort ins Herz schließt. Natürlich werden in dem Buch auch lebenspraktische Themen wie die erste Liebe, Freundschaft und Verantwortung thematisiert. Die Pädagogiker dürfen sich also beruhigt zurücklehnen. Allerdings kommen auch einige Menschen auf recht unangenehme Weise ums Leben, so dass ein Mindestalter von zirka zwölf Jahren gerechtfertigt ist.

Die Aufmachung des Romans ist dem jungen |Penhaligon|-Verlag aus der |Random House|-Gruppe hervorragend gelungen. Das edle Hardcover zieren ein Schutzumschlag und die gelungene Illustration eines Dämons. Für den Innenteil hat sich der Verlag etwas sehr Witziges einfallen lassen, denn in der rechten unteren Seitenecke gibt es auf jeder zweiten Seite eine kleine Monsterillustration, die sich beim raschen Durchblättern als Daumenkino entpuppt. Das Papier ist von hoher Stabilität und Qualität, der Satzspiegel, wie oben bereits erwähnt, sehr angenehm.

_Fazit:_

„Dämliche Dämonen“ ist ein witziges und spannendes Fantasyabenteuer für Jung und Alt – innovativ, unterhaltsam und kurzweilig. Darüber hinaus sind knapp 15 €uro für dieses wunderschön und einfallsreich aufgemachte Hardcover ein angemessener Preis.

|Originaltitel: Demonkeeper, USA 2007
Aus dem Amerikanischen von Joannis Stefanidis
Titelillustration von Michael van den Bosch
Innenillustrationen von Carolin Nagler
222 Seiten Hardcover mit Schutzumschlag und Daumenkino
ISBN-13: 978-3-7645-3006-8|

_Florian Hilleberg_

Iain Banks – Die Sphären

Nach seinem letzten großartigen Roman »Der Algebraist«, der ein neues Universum mit Leben füllt, widmet sich Iain Banks mit dem vorliegenden Buch wieder seinem KULTUR-Universum. Der Heyne-Verlag preist diese Erzählung als »Opus Magnum« des Autors an und bietet mit dem Trade-Paperback eine schöne Plattform zwischen Taschenbuch und Hardcover. Die Titelbildgestaltung bedient sich eines Motivs aus dem Prolog des Romans und veranschaulicht wunderbar die Arbeit einer wichtigen Person des Geschehens.

Das war’s dann auch schon an Pluspunkten für den Verlag. Man schlägt das Buch auf und sieht große, angenehm lesbare Schrift auf dickem Papier, dem ein breiter unbedruckter Rand gelassen wird. Schon allein ohne diesen Rand bleibt die Größe eines Taschenbuchs, was sich natürlich im Preis widerspiegeln würde, denn mit 16 Euro ist er doch sehr hoch gesteckt.

Wie man bei der Lektüre feststellen wird, trifft der Klappentext in seinen wichtigen Aussagen daneben. Der Roman ist kein Trip durch die Galaxis in diesem Sinne. Wichtigste Bühne ist die Welt Sursamen. Die KULTUR, zu der auch die Menschen und ihre Modifikationen gehören, besteht keineswegs nur aus Menschen und widerlegt so die Behauptung, die Menschheit wäre bei ihrem Aufbruch ins All auf die Schalenwelten gestoßen. Und die Schalenwelten sind nach dem Tenor des Romans keinesfalls eine gigantische Falle für die menschliche Zivilisation.

Vielmehr handelt es sich um eine königliche Familiengeschichte voller Intrigen, Flucht und Suche nach Hilfe, in deren Begleitung eine äonenalte Gefahr für die ganze Welt befreit wird und bekämpft werden muss. Dabei entwickelt Banks neue interessante Facetten der Gesellschaftsform der KULTUR und der galaktischen Gemeinschaft und wirft neue Fragen auf, die nicht alle in dieser Geschichte beantwortet werden.

Trotz Banks‘ unbestreitbaren Hangs zu wortreichen Beschreibungen gibt es in Bezug auf technische Details keine unnötig pseudowissenschaftlichen Abhandlungen. Es wird nicht die Funktion beschrieben, sondern der Effekt, so dass von dieser Seite der Erzählfluss nicht verzögert wird. Anders ist es mit anderen Beschreibungen: Vor allem die Örtlichkeiten werden so detailliert und weitschweifig geschildert, dass man sich zeitweise gebremst fühlt und versucht ist, den Absatz zu überspringen. So wandern die Protagonisten mal durch einen endlosen Gang und verlieren sich in Gedanken über die Vergangenheit (teilweise wichtig zur Charakterisierung der Figur) oder komplett zusammenhangslosen Überlegungen. Hier hätte man sich einen rotstiftverliebteren Redakteur gewünscht.

An Sprache, Vokabular, Kreativität, Individualität und bewundernswerter Fantasie gibt es nichts zu kritteln. Es ist eine typisch Bankssche frische Erzählung von hohem Unterhaltungswert und mit diesem Adrenalin ausschüttenden Sog, der keine Müdigkeit zulässt.

Betrachtet man den Erzählungsverlauf, fällt Folgendes auf: Es läuft alles ganz zielgerichtet und flüssig und dreht sich auf zwei Ebenen um den Versuch der zwei Parteien, sich zu treffen. Hintergrund ist der Mord am König und Vater der beiden Personen. Der Weg dieser beiden Gruppen ist natürlich mit Problemen gepflastert. Ab dem Moment ihres Treffens strebt alles plötzlich dem Finale entgegen und wandelt sich in das kosmisch umfangreiche Thema, das nicht nur diese Familienkrise betrifft, sondern die ganze Galaxis. Es taucht ein unbemerkt eingeführter Gegner auf und fordert komplexen hochtechnischen Einsatz. Durch gnadenlose Vernichtung von Menschen löst sich der familiäre Konflikt auf und wandelt sich auf diesem letzten Abschnitt in den verzweifelten Versuch, diesen Gegner auszuschalten. Damit wird ein Großteil der erzählerischen Vorarbeit und Entwicklung des Romans in einem Schlag beiseite gewischt. Natürlich erhält das Ende durch seine kosmische Gültigkeit das wahre Flair der Science-Fiction-Erzählung gegenüber einem banalen Aufeinandertreffen von Mörder und Rächer. Aber der Weg dorthin liegt etwas zu sehr versteckt hinter dieser oberflächlichen persönlichen Geschichte.

Auf den Epilog kann man verzichten. Er dient nur als Rechtfertigung für die emotionale Entscheidung der Protagonistin im Prolog und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dem Ende selbst fügt er keine spannende oder zu mehr Befriedigung führende Facette hinzu.

Insgesamt bietet der Roman ein sehr schönes, spannendes und befriedigendes Leseerlebnis in der grandiosen Welt von Iain Banks‘ KULTUR.

Originaltitel: Matter
Übersetzt von Andreas Brandhorst
Paperback, Broschur, 800 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52500-9

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Pevel, Pierre – Drachenklingen

Über die legendären Musketiere der Literatur, drei an der Zahl – Athos, Porthos, Aramis und dem vierten Neuankömmling D’Artagnan -, die alle der Feder Alexandre Dumas dem Älteren entsprangen, existieren drei Romane und noch viel mehr Verfilmungen und Nebengeschichten, in denen einer der vier eine Rolle spielt. Ebenso oft spielt Kardinal Richelieu als Marionettenspieler eine zentrale Rolle und lässt die vier Helden zum vorgeblichen Wohle des Königreichs Frankreichs leiden und bluten. Die vier Musketiere sind zwar Romanfiguren, doch es gab tatsächlich historische Vorbilder, deren Namen auch ähnlich lauteten. Richelieu hingegen war tatsächlich der Lenker und Denker Frankreichs, nicht unumstritten, aber gefürchtet, geachtet von Freund und Feind und ein großer Staatsmann seiner Zeit.

Die Musketiere waren elitäre Fußsoldaten, aber auch Kavalleristen, deren primäre Waffe allerdings die schwere Muskete war, und nicht der elegante Degen. Diese eindrucksvollen und gut ausgebildeten Soldaten waren nur dem König und dem Land verpflichtet und diesen gegenüber sehr loyal. Viele verdingten sich nach ihrer Dienstzeit als Söldner und standen im Dienste der Garde des scharlachgewandeten Kirchenfürsten Richelieu.

Seine Gardekämpfer waren oftmals Auftragsmörder oder gingen der Spionage nach. Ihre Befehle bekamen sie direkt vom Kardinal, und dieser regelte seine Staatsgeschäfte oftmals ohne die offizielle Zustimmung des Königs. Im Jahre 1633 waren Europa und seine Königreiche, Grafschaften, Baronessen und Herzogtümer zwar eine einzige große Verwandschaft, doch mehr noch waren sie zerstritten und wechselten beständig die Herrscher. Religionskriege dienten als Deckmantel für Machtspiele und zahllose Verbrechen, und Frankreich hatte mehr als nur einen Feind: Ihm entgegen standen die benachbarten Königreiche England und Spanien, und auch das Heilige Römische Reich war alles andere als ruhig und friedlich.

Mantel-und-Degen-Geschichten um die Musketiere faszinieren seit jeher zahllose Leser. Der französische Autor Piere Pevel lässt seinen Roman „Drachenklingen“ in genau diesem Genre spielen und debütiert damit auf dem deutschen Buchmarkt. Allerdings verbindet er seinen historischen Roman mit einigen fantastischen Elementen – in diesem Fall sind es geheimnisvolle Drachen.

_Inhalt_

Frankreich, 1633. Louis XIII. ist zwar König dieses Landes, die Staatsgeschäfte und das politische Spielfeld überlässt er jedoch seinem Berater Kardinal Richelieu, der im unruhigen Europa seiner Zeit Ränke schmiedet, um Frankreich zu stärken. Sorgen bereiten Richelieu die Anzeichen, dass eine mysteriöse Loge, die „Schwarze Kralle“, zurückgekehrt und stärker denn je ist. Ihr konspiratives Netz durchdringt inzwischen ganz Europa, und ihr Ziel ist es, einzelne Länder beherrschen zu wollen. Allein Frankreich trotz den Intrigen und der Gefahr, die nicht von Menschen kommen. Die Mitglieder der „Schwarzen Kralle“ sind Nachkommen eines uralten Drachengeschlechtes, welche die äußere Form von Menschen angenommen haben und ihre Magie bedroht ganze Regierungen und Königshäuser ins Chaos zu stürzen.

Richelieu plant einen Kontrakt mit Spanien, um wenigstens im Rücken des Landes etwas Ruhe zu bekommen, doch die Verhandlungen gehen nur langsam voran und Spanien bitte um Hilfe: Ein sehr junger Adeliger aus dem Königreich Spanien ist in der französischen Hauptstadt untergetaucht und soll gefunden und wieder zurückgebracht werden. Richelieu sieht zur Erfüllung dieses Wunsches nur die Möglichkeit, eine nur ihm unterstellte Spezialtruppe einzusetzen: Die Klingen des Kardinals werden noch einmal zusammengerufen, um diesen Auftrag auszuführen.

Seit fünf Jahren sind die alten Kämpfer nicht mehr zusammengekommen. Einige dienen in der Garde der Musketiere, andere hingegen arbeiten als Fechtlehrer in Paris oder leben in den Tag hinein. Doch von ihrer alten Kampfkraft und ihrer Loyalität haben sie nichts verloren, und so sind sie bereit, für Frankreich wieder zum Degen zu greifen. Doch die „Schwarze Kralle“ ist ein brutaler und einfallsreicher Gegner, bei dem selbst die Veteranen der „Klingen“ nicht nur mit Stahl und Feuer, sondern auch mit List und Verstand kämpfen müssen …

_Kritik_

Pierre Pevel erweckt die Geschichte um Ehre, Verrat und Leidenschaft wieder zum Leben. „Drachenklingen“ ist so geschliffen wie die Spitze eines Degens und spannend so actionreich, wie der Titel es schon vermuten lässt. Neben packenden Duellen, düsteren Verfolgungsjagden in den Straßen von Paris und vielen rasanten Kämpfen gibt es eine spannende Geschichte zu erzählen, in der die verschiedenen Protagonisten abwechselnd agieren.

Ähnlichkeiten mit den drei bzw. vier Musketieren sind indes nicht zu überlesen, ganze charakterliche Merkmale und Eigenschaften wurden kopiert, zum Beispiel diejenigen des rauflustigen, etwas heißspornigen Gascogners. Neben Richelieu, bei dem wie gewohnt alle Fäden zusammenlaufen, trifft der Leser auf alte Bekannte wie zum Beispiel Rochefort oder Treville, den Hauptmann der Musketiere und sogar Athos taucht kurz auf, spielt aber in diesem Teil keine tragende Rolle. Obwohl man sich dabei ziemlich schnell die Frage stellt, warum die Protagonisten nicht gleich die vier Musketiere darstellen.

Es gibt nicht viele Nebenhandlungen, und das tut dem Roman recht gut, denn so konzentriert sich das Drama auf den Kreis der Klingen des Kardinals und ihre Gegner, die Loge der „Schwarzen Kralle“. Diese Bezeichnung ist allerdings symbolisch zu sehen, denn hier kämpfen keine Menschen mit dem Degen oder dem Schwert in der Hand gegen krallenbewehrte, feuerspeiende Drachen, sondern nur gegen die Magie dieser Wesen.

Die Protagonisten werden schnell ins Spiel gebracht, und über ihre Vergangenheit und Laufbahn erfährt man in den darauffolgenden Seiten recht viel, obwohl noch viele Details in den nächsten Romanen geklärt werden könnten. Obgleich nicht viele Nebengeschichten abzweigen, so ist die Anzahl der handlungsrelevanten Personen recht groß gewählt, und diese wechseln ihre Schauplätze und Perspektiven mannigfaltig. Doch die Spannung bleibt erhalten, nicht zuletzt wegen der vielen sehr detailreich geschilderten und actionreichen Kämpfe, denen viel Raum gegeben wurde. Die Fantasy dagegen ist wohlweislich gut portioniert und wirkt ausreichend phantastisch, ohne dabei überzogen oder irrwitzig zu erscheinen. Die Figur des undurchschaubaren Richelieu drückt „Drachenklingen“ auch ihren Stempel auf, denn es gibt Intrigen, Verrat und einige Überraschungen, die interessant und einfallsreich inszeniert sind.

Viel an historischen Elementen weist „Drachenklingen“ allerdings nicht auf, und auch die damalige politische Ebene bleibt bis auf wenige Ausnahmen im Schatten. Von dieser Erwartungshaltung, das weiß man nach wenigen gelesenen Seiten, verabschiedet man sich recht schnell.

_Fazit_

Was bleibt? Eine spannende und actionreiche Geschichte, die wohl den Auftakt einer unterhaltsamen Reihe bilden wird. Es hat Spaß gemacht, „Drachenklingen“ zu lesen; besonders, wer gerne Alexandre Dumas und seine Abenteuer rund um die Musketiere gelesen hat, wird von dem Werk begeistert sein.

Das Tempo des Romans ist schnell, und manchmal kann es passieren, dass man den Überblick verliert, aber noch rechtzeitig gelingt es dem Autor, sich zu mäßigen, so dass man der Geschichte gut folgen kann. Ich bin gespannt auf die nächsten Teile, denn das Ende ist eines, das ich so überhaupt nicht vermutet hätte, so dass man, wenn die Lektüre dem Leser gefallen hat, sofort zum zweiten Teil greifen wird.

_Der Autor_

Pierre Pevel, geboren 1968, ist einer der bekanntesten Fantasy-Autoren Frankreichs. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet – unter anderem mit den renommierten Grand Prix de l’Imaginaire. Mit „Drachenklingen“ hat er bisher seinen größten Erfolg gelandet.

|Originaltitel: Les Lames du Cardinal
Aus dem Französischen von Carolin Müller
429 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-52485-9|
http://www.heyne.de
http://www.artagnan.de
[Wikipedia]http://de.wikipedia.org/wiki/Die__drei__Musketiere