Noël, Alyson – Evermore – Der blaue Mond (Die Unsterblichen 2)

Nach hunderten von Jahren und vielen späteren Reinkarnationen von Evers sind sie und Damen endlich ein Paar und die Widersacherin von Ever, Damens Ex-Frau Drina, wurde von Ever im Sommerland getötet.

Damen und Ever sind schwer verliebt und genießen eine schöne Zeit, allerdings wird diese durch Evers Eifersucht getrübt, denn der hatte ja diverse Jahre ohne seine geliebte Ever verbracht. Ohne es wirklich zu wollen, wirkt Ever so auf Damen sehr distanziert, und wenn sie alleine sind, stößt sie ihn verunsichert häufig von sich.

Die Freunde Evers, Heaven und Miles sind manchmal schlicht genervt von dem verliebten Geturtel der beiden, und auch Evers Tante ist mit der Beziehung nicht ganz einverstanden. Sie befürchtet bei Ever eine Essstörung, da diese nur noch diesen merkwürdigen roten Saft trinkt, den Damen ihr gibt, und ansonsten kaum noch was zu sich nimmt.

Als der neue Mitschüler Roman auf den Plan tritt, wird alles anders. Heaven und Miles wenden sich plötzlich von Ever ab. Die verfeindeten Cliquen der Schule hängen unerwartet zusammen rum und haben wirklich Spaß miteinander, und das Schlimmste: Damen scheint sehr krank zu werden und wendet sich ebenfalls komplett von Ever ab. Er scheint sie nicht einmal mehr zu erkennen. Ever ist sehr verstört, unglücklich und verdächtigt Roman, seine Finger im Spiel zu haben. Um der Sache auf den Grund zu gehen, forscht Ever zusammen mit der Wahrsagerin Ava im Sommerland nach den Ursachen des seltsamen Verhaltens ihres Seelenpartners.

Kann Ever Damen retten und hat wirklich der neue Roman die Finger im Spiel?

_Kritik_

Mit „Evermore – Der blaue Mond“ hat Alyson Noël den gelungenen zweiten Teil ihrer auf sechs Teile ausgelegten Evermore-Saga veröffentlicht. Mit dieser Serie hat die Autorin eine unabhängige Saga geschaffen, die sich mit ihrer typischen Esoterik deutlich von der breiten Masse abhebt.

Die einzelnen Protagonisten reifen im Verlauf der Geschichte. Besonders dem Charakter Damens wird deutlich mehr Platz auf der Bühne eingeräumt als im ersten Teil, und eine Reise in seine Vergangenheit lässt ihn lebendiger und realer werden. Mit Ever kann der Leser praktisch mitfühlen; alles, was sie innerhalb kürzester Zeit erlebt – den Verrat, den Verlust und die große Liebe zu Damen – macht sie zu einer sehr gefühlvollen und letztendlich starken Person. Die weiteren Charaktere, die man größtenteils schon aus dem ersten Teil kennt, bleiben Nebendarsteller, aber immer noch ausreichend in der Geschichte vertreten.

Auch dieser Teil ist aus der Perspektive Evers erzählt, daher kann man sich als Leser sehr gut in diesen Hauptcharakter hineinversetzen und fühlt besonders ihre Verzweiflung mit, als sie Damen zu verlieren droht. Auch hat die Autorin diesen Teil wieder sehr fesselnd, lebendig und leicht geschrieben, so dass man perfekt in die Geschichte eintauchen kann. So rasant wie der erste Teil endete, so langsam beginnt der zweite, was der Geschichte aber keinesfalls die Spannung nimmt.

Störend ist nur der Umgang mit Evers Unsterblichkeit, soll sie doch geheim bleiben. Aber Ever isst in Gesellschaft anderer so gut wie nichts und trinkt lediglich den Unsterblichkeitssaft in aller Öffentlichkeit. So kommt zwar das recht aktuelle Thema Essstörung in diesem Roman vor; die Reaktionen von Evers Tante sowie ihren Freunden hinsichtlich dieses Verdachtes sind allerdings sehr oberflächlich, und mit fadenscheinigen Ausreden lassen sich alle bereitwillig abspeisen.

Das Buch endet dann mit einem wahnsinnig spannenden Cliffhanger, der das Warten auf den nächsten Teil zur Qual machen kann.

_Fazit_

„Evermore – Der blaue Mond“ von Alyson Noël konnte mich weitgehend überzeugen, der flüssige und lebendige Schreibstiel der Autorin zieht einen direkt in die Geschichte hinein und das nervenaufreibende Ende lässt hoffen das die Zeit bis zum Erscheinen des dritten Teiles im November 2010 schnell vergeht.

Jungen und jung gebliebenen Leserinnen der Romantic Fantasy und esoterischer Geschichten kann ich „Evermore – Der blaue Mond“ mit reinem Gewissen empfehlen. Ich freue mich schon auf „Evermore – Das Schattenland“, das im November 2010 erscheinen sollte und wegen des Erfolgs der Serie auf den August vorgezogen wurde.

_Die Autorin_

Alyson Noël arbeitete früher als Stewardess für eine große amerikanische Fluggesellschaft. Seit einiger Zeit lebt sie in Laguna Beach, Kalifornien und ist erfolgreiche Romanautorin. Mit „Evermore – Die Unsterblichen“ stürmte sie auf Anhieb die amerikanischen Bestsellerlisten und eroberte die Herzen einer überwiegend weiblichen Leserschaft. Die Übersetzungsrechte wurden bisher in 15 Länder verkauft und auch die Filmrechte sind vergeben. Auch der zweite Band landete in den USA gleich nach seinem Erscheinen auf Platz 1 der New-York-Times-Liste. Im Internet präsentiert sie sich auf ihrer englischsprachigen Homepage [www.alysonnoel.com.]http://www.alysonnoel.com

|Originaltitel: Blue Moon
Originalverlag: St. Martin’s
Aus dem Amerikanischen von Ariane Böckler
382 Seiten, Paperback mit Klappenbroschur
Erschienen bei Page & Turner, 03.05.2010
ISBN-13: 9783442203611|
http://www.evermore-unsterbliche.de
http://www.immortalsseries.com
http://www.pageundturner-verlag.de

_Nadine Warnke_

Cory Doctorow – Little Brother (Lesung)

Dieser Roman wird als Jugendroman deklariert und richtet sich damit durchaus an die perfekte Zielgruppe. Doch in Wahrheit sollten sich auch Erwachsene diese Geschichte anhören (oder lesen), denn das Thema betrifft alle Menschen in gleicher Stärke und durch die Ausrichtung auf Jugendliche darf Cory Doctorow eine Sprache und gleichzeitig Erklärstruktur benutzen, die es auch Erwachsenen erlaubt, in das ihnen oft sehr fremde Milieu der Internetkommunikation und des Informationsmissbrauchs hineinzudenken.

Marcus, der Ich-Erzähler des Romans, ist ein 17-jähriger Schüler in San Francisco und benutzt sein technisches Verständnis sowie seinen Einfallsreichtum dazu, die Software zur Gangarterkennung durch Steinchen in den Schuhen und Chipscanner durch Mikrowellen auszutricksen. Er steckt seine chipmarkierten Schulbücher in eine Mikrowelle und türmt dann mit seinem Freund Darryl von der Schule, um mit ihm und seinem Team ein Realitygame zu gewinnen, das seine Aufgaben teilweise im Internet, teilweise in der Wirklichkeit ansiedelt und sich unter den Nutzern größter Beliebtheit erfreut.

Während ihrer Jagd nach den Hinweisen explodieren plötzlich Bomben, eine Brücke stürzt ein, die Menschen geraten in Panik und strömen in die U-Bahn. Als sich die vier Jugendlichen um Marcus entgegen gesetzt bewegen, um einen anderen Fluchtweg aus der Terrorzone zu suchen, wird Darryl mit einem Messer verletzt. Marcus versucht verzweifelt, vorbei fahrende Autos anzuhalten und Hilfe zu organisieren, doch als endlich ein tarnfarbener Wagen hält, finden sich die vier unvermittelt mit Handschellen und Säcken über dem Kopf auf einem Truck wieder, unter dem Verdacht, für den Anschlag verantwortlich zu sein.

Marcus wird von seinen Freunden getrennt und erlebt brutale Verhörmethoden, die schon als Folter gelten können, ehe er nach mehreren Tagen laufen gelassen wird – und in einer völlig verwandelten Welt landet. Die Heimatschutzbehörde (DHS) hat die Kontrolle über die Stadt an sich gerissen, baut die Überwachungsmechanismen immer weiter aus und beraubt die Menschen ihrer Privatsphäre und persönlichen Freiheit. Da Marcus bei Androhung von lebenslanger Haft in diesem Verhörknast oder noch Schlimmerem verboten wurde, von seinen Verhören zu berichten, ersinnt er eine Lüge für seine Eltern. Während er über verschlüsselte Internetverbindungen und eine abhörsichere Version von Linux versucht, eine Art Widerstand gegen das DHS zu organisieren, nimmt dieses genau diese Versuche als Vorwand, die Kontrollen weiter zu verschärfen und die Bürger im Namen der Freiheit weiter zu drangsalieren. Und Marcus lebt in der ständigen Angst, erneut geschnappt und eingekerkert zu werden und – am Schlimmsten – sich erneut der Folter seiner eigenen Landsleute auszusetzen …

Cory Doctorow, von dem es heißt, er „lebe im Internet“, beschrieb in seinen zwei vorhergehenden Veröffentlichungen in Deutschland – „Backup“ 2007, „Upload“ 2008 – Situationen und Zustände, deren alles durchdringende Vernetzung nutzbar war und den Anwendern allerlei Möglichkeiten bietet. Natürlich waren auch in diesen Titeln Missbrauch und Fehlinformation ein Thema, doch die Grundstimmung ist positiv.

Dieses Mal schafft er von Anfang an eine düstere, gejagte Stimmung und belegt die Attribute der elektronischen Welt weitgehend negativ, wobei natürlich die Protagonisten stets Wege finden, diese Informationssysteme zu nutzen, ihre Schwächen zu finden und dadurch – zu überleben.

Man befindet sich in einem Überwachungssystem, das sich anfangs auf die Schule beschränkt und dort Kontrolle über die Bewegungen der Schüler schaffen soll. Auch ohne den deutlichen Hinweis im Titel fühlt man sich sofort in eine Welt versetzt, in der George Orwell seine Bestätigung gefunden hätte. Diesem allgegenwärtigen und offen kontrollierenden orwellschen System nähert sich Doctorow mit fortschreitender Geschichte, bleibt dabei aber subtiler und nutzt offensichtliche wie auch augenöffnende Extrapolationen von Zuständen und Techniken, die auch heute überall eingeführt werden.

Seien es Informationen über Personenbewegungen, festgestellt über elektronische Fahrkarten, Führerscheine, Mautstellen, EC-Karten; oder E-Mailverkehr, Telefongespräche, Einkaufsgewohnheiten, die Erfassung und Zuordnung von persönlichen Gangschemata – Doctorow entwirft ein beängstigend reales und auch erreichbares Bild, wozu die kleinsten Dinge unseres Lebens missbraucht werden könnten.

Aufhänger dieser Entwicklung ist ein Terroranschlag in San Francisco, wobei Doctorow sehr subtil die Befürchtung nährt, dass so ein Akt auch initiiert werden könnte, um der folgenden Entwicklung den Weg zu ebnen: Die Heimatschutzbehörde (DHS) erhält alle Vollmachten und Gelder, um die totale Überwachung einführen, Razzien durchführen und ständige Verhöre rechtfertigen zu können. Die Anstrengungen der freiheitsliebenden Gegenbewegung wird als Verrat und Subordination deklariert und rechtfertigen noch den Einsatz größerer Mittel und härterer Maßnahmen.

Die vor allem von jungen Menschen belebte Gegenbewegung dient vor allem als Träger und Transporter für die Geschichte und die technischen Erklärungen der Überwachungsmöglichkeiten. Es ist eine relativ typische Erzählung im Jugendromanstil, doch so verstörend, dass die Entwicklungen den Hörer fesseln und den Plot so realitätsnah und wirklich machen.

Aber auch für Hörer, die einfach gut und spannend unterhalten werden möchten, bietet Doctorow eine Geschichte, die alles bietet: Spannung, eine schöne Liebesgeschichte, Verschwörungstheorien und Organisationen mit Machtmissbrauch, Verhöre, auch Folter und Misshandlung …

Oliver Rohrbeck sorgt mit seiner jugendlichen Stimme für die passende Inszenierung. Durch die direkte Erzählung in Ich-Perspektive rückt das Geschehnis nahe an eine Erzählung in Realität, und Rohrbeck fängt den Charakter wunderbar ein. Es lohnt sich hier, die Lesung zumindest mit dem eigenen Lesen gleichzusetzen, denn es gibt keine schwer verständliche Überlegungen und Rumgephilosophiere des Autors, was es einem sonst manchmal schwer macht, einer Lesung zu folgen. Hier kann man sich von der Geschichte fangen lassen und nimmt hoffentlich etwas von dem Misstrauen gegen allgegenwärtige Informationspolitik mit, das sowohl durch Rohrbecks Intonation als auch vom Text selbst hervorgerufen wird.

Der Roman bietet ein Thema von aktuellster Brisanz, verstörend und nachdenklich stimmend, während es wunderbar unterhält.

6 CDs mit 450 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3839840030
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 – 15 Jahre

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (4 Stimmen, Durchschnitt: 3,25 von 5)

Fink, Torsten – Nomade (Der Sohn des Sehers 1)

_Der Sohn des Sehers:_
Band 1: _Nomade_
Band 2: Lichtträger (Juli 2010)
Band 3: Renegat (September 2010)

Awin hat es nicht leicht. Der Klan, bei dem er lebt, ist nicht der seine und sein Ziehvater Curru, der ihn zum Seher ausbilden soll, putzt ihn ständig herunter. Doch dann wird der Heolin gestohlen, der Lichtstein, das Zentrum der Hakul-Kultur. Sogleich brechen die Krieger des Klans auf, um den Dieb und Grabschänder zu verfolgen und den Stein zurück zu holen. Ein Unterfangen, das unter keinem guten Stern zu stehen scheint, und auf Awin will niemand hören, am allerwenigsten Curru …

_Obwohl er bereits_ sechzehn Jahre zählt, ist Awin ein ausgesprochen unsicherer junger Bursche. Das ist auch kein Wunder, denn Curru macht nicht nur ständig Awins Leistungen schlecht, er bringt ihm auch nicht wirklich etwas bei. Die Sprüche über Geier, Wölfe und Gras, die Awin lernen muss, klingen eher nach Bauernregeln als nach echtem Sehen. Und so kommt es, dass Awin seinen durchaus beachtlichen Fähigkeiten nicht so recht traut.

Dem objektiven Leser ist dagegen von Anfang an klar, dass Curru Awin bewusst manipuliert. Er fürchtet um seine eigene Stellung im Klan, denn er spürt, dass Awin ihm in Wahrheit weit überlegen ist. Im Rahmen seiner Fähigkeiten hat er stets das Beste für den Klan getan, die Größe, einem Jüngeren und Besseren Platz zu machen, besitzt er jedoch nicht, dafür ist er zu stolz und zu eitel.

Und dann ist da noch Eri, ein hitzköpfiger Gernegroß, der zwar hervorragend austeilen kann, einstecken aber kann er nicht, und die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen ist noch viel weniger sein Ding. Sein Vater, der Yaman des Klans, ist ein weiser und gemäßigter Mann mit Weitblick und ausgeprägtem Ehrgefühl. Doch seine Söhne sind seine Schwäche. Es gelingt ihm nicht, Eri zu disziplinieren, und der Verlust seiner beiden Ältesten lähmt ihn bis zur Handlungsunfähigkeit.

Und dann sind da noch die beiden Frauen aus dem Eisland, Senis und Merege. Beide verfügen offensichtlich über magische Kräfte, doch obwohl Senis eine freundliche und hilfsbereite Frau zu sein scheint, lässt sie sich nicht in die Karten schauen und Merege ist noch zugeknöpfter.

Bisher ist die Charakterzeichnung angenehm klischeefrei geraten. Vor allem Awins allmähliche Emanzipation von Curru ist gut gemacht. Curru scheint gegen Ende des Bandes so etwas wie Ehrgeiz zu entwickeln, was kein Fehler sein muss, so lange der Autor es nicht übertreibt und seine Figur dadurch zum Typus des machtgierigen Bösewichts verkommen lässt. Eri dagegen darf noch etwas mehr Eigenständigkeit entwickeln, er erinnerte mich stark an Numur aus dem Zyklus |Die Tochter des Magiers|.

Das allein wäre kein Weltuntergang, bei der Flut an Fantasy, die ständig neu erscheint, ist es nahezu unmöglich, jegliche Ähnlichkeiten mit bereits bekannten Figuren zu vermeiden. In diesem Fall jedoch störte es mich, weil |Der Sohn des Sehers| kein unabhängiger Zyklus ist, ganz im Gegenteil. „Nomade“ spielt zeitgleich zu „Die Diebin“. Der Dieb, den die Hakul verfolgen, ist kein anderer als der Gauner Tasil. Tasil taucht selbst allerdings nicht auf, im Gegensatz zu Numur.

Torsten Fink erzählt die Geschichte diesmal quasi aus der entgegengesetzten Sicht, aus Sicht der Hakul. Und er erzählt sie so geschickt, dass man die Trilogie um Maru nicht gelesen haben muss, um dem Geschehen folgen zu können. Der größte Teil der Handlung ist von der Handlung des ersten Zyklus‘ unabhängig. Die Hakul verfolgen Tasil, doch eine Menge Widrigkeiten verhindern zunächst, dass sie ihn einholen. So bleibt eine Menge Raum für die Hakul selbst und ihre Nomadenkultur sowie das Mysterium des Lichtsteins, mit dem es offenbar mehr auf sich hat als die Legenden der Hakul berichten.

Dennoch sind beide Zyklen durch Schlüsselszenen eng miteinander verknüpft, so zum Beispiel durch die Audienz, in der Tasil beinahe auffliegt, weil die Hakul bei dem Händler, der Maru an Tasil verkauft hat, den Dolch eines der ihren entdecken. Der Autor hat sie nahtlos in den Rest der Ereignisse eingeflochten, so dass sie zur Erzählsicht Awins passen.

Dadurch hat der Autor die Geschichte des ersten Bandes nicht nur um eine Kultur und ihre eigenen inneren Konflikte und politischen Zusammenhänge erweitert, sondern er hat beide miteinander verbunden und so in Abhängigkeit von einander gesetzt. Und so, wie die Verfolgung Tasils den weltlichen Teil der Handlung ausgeweitet hat, weiten die Anwesenheit Mereges und der Heolin den mythologischen Teil aus. Allmählich dämmert dem Leser, dass hier womöglich weit mehr im Gange ist als nur menschliche Kleingeistigkeit, Hab- und Machtgier. Hier geht es um die Götter und das Schicksal der Welt.

_Sieht so aus_, als hätte sich die epische Breite diesmal sozusagen durch die Hintertür eingeschlichen. Wieviel Raum sie letztlich tatsächlich beanspruchen wird, bleibt abzuwarten. Die Aussichten sind vorerst nicht schlecht: Awin muss zu seinem Klan zurückkehren, denn der ist in Gefahr, und das in nicht nur einer Hinsicht. Außerdem bleibt die Frage, was letzten Endes mit dem Heolin geschehen wird, auf den nicht nur die Hakul Anspruch erheben, sondern auch Merege. Und natürlich bin ich neugierig, ob Awin bei all dem womöglich zufällig Maru und Temu auf deren Suche nach Marus Vater begegnen wird. Wer weiß …?

_Torsten Fink war_ Journalist und Texter, unter anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. |Die Tochter des Magiers| war sein erster Mehrteiler, an den jetzt |Der Sohn des Sehers| anknüpft. Die beiden Folgebände von „Nomade“ erscheinen noch 2010 unter den Titeln „Lichtträger“ und „Renegat“.

|Taschenbuch: 461 Seiten
ISBN-13: 978-3442266913|

_Torsten Fink bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Diebin“ 5775
[„Die Gefährtin“ 5950
[„Die Erwählte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5951

Paul Hoffman – Die linke Hand Gottes

Thomas Cale ist Novize und lebt in der Ordensburg der „Erlösermönche“. Auch wenn sie Gott – dem „Erlöser“ – dienen, so ist die Botschaft, die sie überbringen, meistens nicht die des Friedens, denn sie sind eher Gesandte des Todes.

Das Leben für die vielen Jungen ist äußert unbarmherzig. Der Kriegerorden kennt so etwas wie Gnade und Erbarmen nicht. Ihre Ausbildung ist voller Enthaltsamkeit, dafür regiert die Gewalt hinter den Klostermauern. Schon von Kindesbeinen an wird ihr Willen systematisch gebrochen, um sie später als Kriegsmaschinen gegen die Antagonisten einzusetzen: Ketzer und Abtrünnige vom wahren und einzigen Glauben an den göttlichen „Erlöser“.

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Moor, Dieter – Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der arschlochfreien Zone

Ja, ich gestehe: Ich bin Brandenburgerin, hier geboren und aufgewachsen. Und eigentlich ist es auch ganz nett hier. Eigentlich, denn das wiedervereinigte Deutschland scheint für das märkische Land nur Spott und Kritik übrig zu haben, und so hat man uns in den vergangenen zwanzig Jahren eingeredet, in Brandenburg gäbe es nichts: keine Wirtschaft, keine Infrastruktur, keine netten Leute, weder Berge noch Meer. Kurzum – nichts, was das Land für einen Besucher auf irgendeine Weise interessant machen würde. Dass die Brandenburger selbst massenhaft die Flucht ergreifen, um in den goldenen Westen rüberzumachen, gibt dem Argument nur noch mehr Überzeugungskraft. Denn wenn es nicht mal die Ureinwohner hier aushalten, wer sollte es dann?

Offensichtlich gibt es da doch noch jemanden: Den Schweizer Fernsehmoderator Dieter Moor nämlich hat es genau in die brandenburgische Provinz verschlagen, in die sonst keiner will. Zusammen mit seiner Frau Sonja hat er sich einen Gutshof gekauft, hat in der Schweiz seine sieben Sachen (und die Pferde, Esel, Gänse, Katzen, Hunde) eingepackt und sich ins Abenteuer gestürzt. In seinem fiktionalisierten Erfahrungsbericht „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht“ hat er nun seine Erlebnisse aufgeschrieben – eine Liebeserklärung an eine vergessene Gegend und ihre Menschen.

Natürlich weiß auch Moor um die Vorurteile. Zu Beginn des Buches rekapituliert er sie noch einmal für den Leser: „Höchste Arbeitslosigkeit Deutschlands. Dumpfe Ossis. Alkoholiker und Neonazis. Die gesunde Bevölkerung flieht. Zurück bleiben die Loser, die Alten, die Gescheiterten, die Kaputten.“ Das klingt nicht so, als müsse man da unbedingt hin. Und tatsächlich, Moors Start in dem kleinen Kaff, das er Amerika nennt (und das tatsächlich Hirschfelde heißt) ist alles andere als vielversprechend. Die Straße ins Dorf ist gesperrt. Als er schließlich ankommt, sind die Vormieter noch nicht ausgezogen. Die erste Nacht im neuen Heim wird von feiernden Dorfbewohnern gestört, die unterm Schlafzimmerfenster singend vorbeiziehen. Die Gänse werden praktisch sofort vom Fuchs gefressen. Hinter den nächsten Bäumen befindet sich ein Flughafen und der Bauer von nebenan verpachtet sein Land für Techno-Partys. Das klingt, als hätte sich Amerika gegen die Zugezogenen verschworen und Familie Moor hadert mit ihrer Entscheidung. Am Ende wird jedoch trotzdem noch alles gut ausgehen – was in einem Buch über einen „Quasi-Wessi“, den es in den wilden Osten verschlagen hat nicht gerade eine Selbstverständlichkeit ist.

Sicher, Moor kann ein Dickkopf sein. So sieht er nicht wirklich ein, warum es im Dorfladen (Glückwunsch, wie viele brandenburgische Käffer haben so etwas noch?) keine Frischmilch gibt. Er bohrt und fragt, bis die blondierte Verkäuferin irgendwann nachgibt. Doch grundsätzlich ist seine Stärke (und damit die Stärke seines Buches) die Fähigkeit, sich auf Neues einzulassen und immer zu versuchen, aus den Gegebenheiten das Beste zu machen. Die preußische Geradlinigkeit hat es ihm angetan und den spröden Charme der Dorfbewohner entlarvt er als solchen, anstatt ihn als bloße Unfreundlichkeit hinzustellen. Der Brandenburger ist eben kein Südländer, er schließt nicht sofort Freundschaft. Statt dessen beobachtet er zunächst skeptisch, er fremdelt erst eine Weile bis er mit Neuem warm wird. Dieter Moor macht das nichts aus, er ist bereit zu warten und wird schließlich für seine Mühe belohnt. Er fügt sich ein ins Dorf, beweist, dass er von Landwirtschaft Ahnung hat und wird schlussendlich in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Und wenn er sich noch an seinem ersten Abend im neuen Dorf über den Lärm der Feiernden ärgerte, so endet das Buch versöhnlich. Denn nun ist er es selbst, der mit seinen neugewonnenen Freunden laut singend über den Dorfanger torkelt. Spätestens hier sollte dann auch dem letzten Leser klarwerden: Dieter Moor ist angekommen.

Moors Erfahrungsbericht ist unterhaltsam und lässt schmunzeln. Das Buch lebt vor allem von den Brandenburger Originalen, die er hier verewigt. Da wäre an vorderster Front Bauer Müsebeck zu nennen, ein Mann weniger Worte, der stattdessen anpackt und aushilft, wann immer es ihm möglich ist. Überhaupt ist Amerika ein Dorf voller tatkräftiger Menschen – ein schöner Gegensatz zu der weitverbreitenden Ansicht, der gemeine Ossi könne nur kuschen und stillhalten.

Vielleicht hilft Moors Buch, Brandenburg etwas beliebter zu machen und mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen. Für Leser aus der Mark ist die Lektüre zumindest ein erhellendes Erlebnis. Denn wie Bauer Müsebeck fragt man sich zwangsläufig: „Sie sind Österreicherin, Frau Moor, Ihr Mann Schweizer. Warum um Gottes willen verlassen Sie ihre wunderschönen Länder und kommen ausgerechnet hierher?“ Weil es eben doch schön hier ist. Und lebenswert auch. Manchmal braucht es halt den Blick eines Fremden, um einem die Augen für die Schönheit der Heimat zu öffnen. Und mal ehrlich, wer könnte sich dieser Schönheit verschließen, wenn der Rotmilan in einem azurblauen Himmel kreist, unter ihm die knallgelben, sich ewig hinziehenden Rapsfelder?

Wobei, eigentlich haben wir es insgeheim schon immer gewusst. Oder um es mit einer anderen Figur des Buches zu sagen: „Schon in Ordnung, dass de meine Heimat schön finden tust. Isse ja schließlich auch, wa?“ Dem gibt es nichts hinzuzufügen.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3499624759|

Henning Mankell – Der Feind im Schatten

Eine Ära geht zu Ende. Vermutlich ist kein Kriminalkommissar in der gesamten Literatur so bekannt wie Kurt Wallander – der alternde, teils zynische und manchmal schlecht gelaunte und grüblerische Kommissar aus dem schwedischen Ystad, den Henning Mankell vor zig Jahren ins Leben gerufen hat. Mit dem vorliegenden Buch nun endet die Ära Kurt Wallanders …

_Vermisst_

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Shulman, Polly – geheime Sammlung, Die

Für Fantasygeschichten ist man nie zu alt. Besonders, wenn es sich dabei um eine so fabelhafte Geschichte handelt wie die von Polly Shulman. Ihr Jugendbuch „Die geheime Sammlung“ spielt in einer New Yorker Bibliothek und lässt die Grimmschen Märchen lebendig werden …

_Elizabeth hat es_ nicht gerade einfach an ihrer neuen Schule. Die einzelnen Grüppchen wollen nichts mit ihr zu tun haben und stempeln sie schnell zur Außenseiterin ab. Ein Lichtblick ergibt sich, als ihr Gemeinschaftskundelehrer der Fünfzehnjährigen einen Aushilfsjob im Repositorium der Verleihbaren Schätze besorgt. Das Repositorium – eine Bibliothek, in der man weniger Bücher als vielmehr Gegenstände, wie zum Beispiel solche aus bestimmten Märchen, ausleihen kann – ist ein geradezu magischer Ort, an den die leicht sonderbare Elizabeth ziemlich gut passt.

Ihre Aufgabe als Page ist es, die Dinge, die die Besucher ausleihen wollen, zu holen. Dabei hat sie nicht von Anfang an Zutritt zu allen Sammlungen. Das so genannte Grimm-Sammelsurium, das verzauberte Gegenstände aus den Märchen der Gebrüder Grimm enthält, darf sie erst nach einer Probephase betreten. Währenddessen lernt sie nicht nur neue Freunde kennen, darunter den mürrischen Aaron und Marc, den Basketballstar ihrer Schule, sondern erfährt auch, dass seit einiger Zeit merkwürdige Dinge im Repositorium geschehen. Pagen verschwinden spurlos, ein großer Vogel verfolgt andere, Dinge aus dem Grimm-Sammelsurium verlieren ihre magischen Kräfte. Als auch noch Anjali, eine neue Freundin von Elizabeth, plötzlich nicht mehr da ist, macht sie sich gemeinsam mit Aaron und Marc auf die Suche. Zum Glück haben sie dabei Gegenstände wie fliegende Teppiche, sich selbst deckende Tische und jede Tür öffnende Spazierstöcke aus der Sammlung an ihrer Seite …

_Polly Shulman zieht_ ihre Leser bereits von der ersten Seite an in ihren Bann. Ihr Schreibstil, die liebenswerte Hauptfigur, die abwechslungsreiche, abenteuerliche Handlung – die Autorin ist eine wahre Geschichtenerzählerin! Alles an der Geschichte passt. Das beginnt mit dem Plot, der leichtfüßig von einem Ereignis zum anderen springt. Erzählt aus Elizabeths Perspektive konzentriert sich das Buch vor allem auf die geradlinige Haupthandlung und die Suche nach der verschwundenen Anjali. Die Autorin verzichtet dabei auf übertriebene Wendungen und Ereignisse. Vielmehr ist der Aufbau der Geschichte beinahe schon ein klassischer Abenteuerroman für Kinder mit ein paar magischen Elementen. Die drei treten gegen einen „bösen“ Erwachsenen an, den sie nur dadurch besiegen können, dass sie ihren Kopf anstrengen und zusammen arbeiten – was vor allem Aaron und Marc, die sich nicht besonders gut leiden können, schwer fällt. Anjalis kleine Schwester, Jaya, die ebenfalls an der Suche beteiligt ist, sorgt immer wieder für lustige Momente mit ihrer kindlichen Altklugheit.

Als Hintergrund für diese Geschichte dient zum einen die Stadt New York, die durch Shulmans lebendige und bildhafte Beschreibungen einen gewissen Zauber entwickelt, und das Repositorium. Selbst normale Bibliotheken haben von vornherein eine gewisse Anziehungskraft. Dicke Folianten aus allen Zeiten versprechen spannende Geschichten, doch was passiert, wenn die Sammelobjekte keine Bücher, sondern Gegenstände sind, die magische Kräfte haben und aus Märchen bekannt sind? Dieses Szenario stellt Shulman wunderbar zielgruppengerecht, humorvoll und vor allem erfindungsreich dar. Gerade am Anfang führt sie bestimmte Dinge ein, nur um ihre Funktionsweise zu zeigen und den Leser zu amüsieren. Unvergleichlich ist der Nachmittag, den Anjali, Elizabeth und Marc damit verbringen, einige der Objekte des Repositoriums zu reparieren. Dazu gehört auch das deutsche Tischlein-Deck-dich (es gibt auch noch eine französische Version), einem Tisch, der sich von selbst mit üppigstem Essen belädt, aber ab und zu einmal abgewischt werden muss.

Elizabeth hat große Füße, keine Freundinnen mehr, seit ihre beste Freundin nach Kalifornien gezogen ist, und liegt ständig im Clinch mit ihrer Stiefmutter. Sie ist nicht besonders hübsch und nicht besonders beliebt. Sie ist eine liebenswerte Antiheldin, die in ihrer eigenen Welt lebt. Der Leser folgt ihr gerne in diese, da sie sie charmant erklärt und ihr Humor einfach nur niedlich ist. Sie ist nicht sarkastisch, sondern ein sehr optimistischer, neugieriger Mensch. Die Arbeit im Repositorium sorgt dafür, dass sie selbstsicherer und aufgeschlossener wird. Man kann sich gut mit ihr identifizieren und folgt ihr gerne bei ihrem Abenteuer.

Einziger Kritikpunkt an der Geschichte sind Shulmans Zeitsprünge. Manchmal findet zwischen zwei Absätzen ohne Trennung durch eine Leerzeile ein Sprung in Zeit und Raum statt, der den Leser verwirrt. In einer Zeile befand sich Elizabeth noch zu Hause, in der nächsten steht sie zwei Tage später vor dem Raum, in dem ihr Vorstellungsgespräch statt findet. Dies hätte man anders lösen sollen. Ansonsten ist das Buch aber angenehm leicht geschrieben, so dass jeder es versteht. Ein gewisser Humor und Zauber wohnen Shulmans Worten inne, die sie ihrer Ich-Erzählerin in den Mund legt und die es einfach machen, das Buch so schnell nicht aus der Hand zu legen.

_“Die geheime Sammlung“_ von Polly Shulman ist ein märchenhaftes Buch für jeden, der gerne leichte, unterhaltsame Fantasy liest – egal, ob dieser jung oder alt ist!

|Gebunden: 344 Seiten
Originaltitel: The Grimm Legacy
Deutsch von Momo Evers und Falk Behr
ISBN-13: 978-3426283318|
http://www.pan-verlag.de

Brandon Sanderson – Herrscher des Lichts (Mistborn 3)

Mistborn

Band 1: „Kinder des Nebels“
Band 2: „Krieger des Feuers“

Nach der Schlacht um Luthadel versucht Elant Wager, inzwischen erneut König und Oberster Herrscher, sein Reich wieder zu einen und die Menschen in seiner Hauptstadt zu versammeln. Denn nur dort kommt noch genug Sonnenlicht zum Erdboden durch, um Pflanzen wachsen zu lassen. Vor allem aber braucht Elant den Zugang zu einer Höhle unter einem Ministeriumsgebäude in Fadrex. Vier Höhlen dieser Art haben sie bereits gefunden, und dort fanden sich vor allem Vorräte jeglicher Art, außerdem aber auch eine Metallplatte mit Hinweisen des ehemaligen Obersten Herrschers Raschek. Vin erhofft sich von der fünften Platte die Lösung des Rätsels, wie sie das Wesen bekämpfen kann, das sie unwissentlich an der Quelle der Erhebung frei gelassen hat und das offensichtlich ein gefährlicher Feind ist. Doch in Fadrex hat sich ein ehemaliger Obligator namens Yomen zum Herrscher aufgeschwungen und ist nicht bereit, mit Elant und Vin zusammenzuarbeiten.

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Cortés, Enrique – 26. Stock, Der

Der Debütroman des Spaniers Enrique Cortés, „Der 26. Stock“, spielt sich hauptsächlich in einem riesigen Hochhaus ab, in dem die Büros eines namenlosen mächtigen Konzerns untergebracht sind. Das Hochhaus wird die Geschichte nicht überleben – und ist damit quasi die literarische Vorlage für den Brand eines Madrider Büroturms im Jahr 2005. Allerdings dürfte der Windsor-Turm aus weit harmloseren Gründen abgebrannt sein, als der Turm in Cortés‘ Geschichte …

_Isabel Alvarado ist_ Personalverantwortliche in einem riesengroßen Konzern, der diverse Produkte herstellt. Welche das sind, weiß sie selbst nicht so genau. Ihre Aufgabe ist es, vielversprechende Bewerber einzuladen, Vorstellungsgespräche mit ihnen zu führen und sie anschließend zu bewerten. Die Arbeit mit den Menschen macht ihr Spaß, sie fühlt sich in ihrer Firma wohl.

Doch eines Tages verändert sich ihr Arbeitsalltag plötzlich. Ein neues Sicherheitssystem wird im Hochhaus installiert, Kollegen werden scheinbar grundlos befördert, ihr Vorgesetzter und seine Sekretärin verschwinden spurlos und ihr neuer Chef enthält ihr Informationen vor. Als sie sich mit ihrem Kollegen Carlos anfreundet, stellt sie fest, dass sie nicht die Einzige ist, die das Gefühl hat, dass da etwas nicht stimmt. Der Verdacht erhärtet sich, als Carlos eines Tages beinahe tot geprügelt wird und ihr daraufhin geheime Informationen von einem seiner Freunde zugesendet werden. Diese bestehen aus Personaldaten von Angestellten, die erst befördert wurden und dann verschwanden. Eines ist ihnen allen gemein: Sie sind alle in den 26. Stock des Firmenhochhauses, also in die Führungsetage, aufgestiegen. Um heraus zu finden, was hier vor sich geht, lässt sich Isabel in den 26. Stock versetzen …

_Mit über 600_ Seiten ist das Buch nicht gerade dünn. Die meisten Krimis und Thriller haben einen deutlich geringeren Umfang. Langweilig wird die Geschichte trotzdem nicht. Cortés schildert ausführlich und in nüchternem Tonfall die Ereignisse in dem Hochhaus. Dabei schreibt er so trocken, beinahe emotionslos, dass die Geschichte häufig wie ein Tatsachenbericht wirkt. Hinzu kommt, dass aus unterschiedlichen Perspektiven berichtet wird, so dass man einen guten Überblick über die Geschehnisse hat. Trotz der Länge und des eher unspannenden – deshalb aber nicht schlechten – Schreibstils ist das Buch unglaublich fesselnd. Der Autor schafft es, nach und nach Spannung aufzubauen. Besonders gegen Ende entwickelt die Handlung, die gut aufgebaut ist, eine ziemlich starke Sogwirkung. Sie ist geradezu nervenaufreibend. Nur bedingt gelungen ist allerdings der Übergang vom Psychothriller zum Horrorthriller. Er kommt sehr überraschend. Zuerst ist man unsicher, ob man das Gelesene glauben soll oder ob die Personen sich es nur einbilden. Gegen Ende verzettelt sich Cortés bei den Gruselelementen. Was durchaus authentisch begonnen hat, wird zu einer wilden Mischung aus übersinnlichen Wesen und Intrigen.

Die Personen sind hingegen sehr gut gelungen. Auch hier wahrt der Autor eine gewisse Distanz. Dafür beschreibt er die Charaktere umso genauer. Jede Person hat bestimmte Eigenschaften und eine eigene Geschichte, die sie von den anderen abhebt. Fast allen Figuren ist gemein, dass sie bestimmte Schicksalsschläge in ihrem Leben hatten, zum Beispiel den Tod der Eltern oder die Trennung von Ehefrau und Tochter. Isabelle, die auf weiten Strecken im Mittelpunkt steht, ist zum Beispiel Waise und muss darüber hinaus für ihren behinderten Bruder sorgen. Sie ist dadurch stark eingeschränkt und hat wenig Freunde. Umso mehr freut sie sich, als Carlos Interesse an ihr zeigt, auch wenn Enrique Cortés den beiden nur wenig romantische Gefühle einräumt. Die Figuren wachsen dem Leser ans Herz dadurch, dass er sie so gut kennen lernt und sie ihm stets Gründe für Mitgefühl liefern. Umso schlimmer (und nervenaufreibender) ist es da, dass Cortés dazu neigt, auch die freundlichsten Charaktere in scheinbar aussichtslose Situationen zu manövrieren oder in große Gefahr zu bringen.

_“Der 26. Stock“_ ist ein gut geschriebener Psychothriller mit einer fesselnden Handlung und Charakteren, die dem Leser ans Herz wachsen und um deren Wohlergehen man bis zum Ende bangen muss. Die überraschende Hinwendung zum Horrorgenre ist jedoch nur teilweise gelungen. Abgesehen davon, dass die ansonsten sauber konstruierte Handlung an dieser Stelle etwas wirr wird, ist es für viele, die das Buch als realistischen Thriller lesen, sicherlich zu weit her geholt. Besser wäre es gewesen, wenn das Buch in einem Genre geblieben wäre, anstatt plötzlich ein zweites zu bedienen.

|Broschiert: 608 Seiten
Originaltitel: La Torre
Deutsch von Luis Ruby
ISBN-13: 978-3423247610|
http://www.dtv.de

Markus Heitz – Collector

Die Handlung:

Im Jahr 3042 haben große Konzerne die Macht auf der Erde übernommen und unterhalten „Justifier“-Truppen. Das sind militante Einsatzgruppen, die für die Konzerne Aufträge erledigen. Ein solcher Trupp überfällt und entführt den Frachterpiloten Wiolant „Kris“ Schmidt-Kneen nebst Ladung, die aus einem seltenen Sprungtriebwerk für Raumschiffe besteht. Seine Entführer, die Bangash Industries, bieten Kris einen Job an und bilden ihn zum „Justifier“ aus.

Auch Faye Durrick, die in Haft sitzt, wird durch ihre Schwester Nuria Suede für die Bangash Industries verpflichtet und zum „Justifier“ ausgebildet. Suede ist ein „Codriver“, ein Mensch, in den ein Geistwesen gefahren ist und sie dadurch klüger macht und mit Paragaben ausstattet.

Beide treffen nach ihrer Ausbildung im Raumschiff |Cortés| aufeinander. Ihr Auftrag ist es, den Ursprung der „Collectors“ zu erforschen. Die „Collectors“ sind eine außerirdische Rasse, die unter der Vorgabe, die Menschen beschützen zu wollen, immer mehr Welten unter ihre Zwangsobhut nimmt. Viel mehr weiß man aber auch nicht über sie.

Nach einem Gefecht wird ein „Collector“ gefangen genommen und die Truppe macht sich auf die Suche nach Kris‘ Vater Anatol Lyssander, der die Gabe hat, mit den „Collectors“ zu kommunizieren. Lyssander wird tatsächlich gefunden, doch ist er offensichtlich wahnsinnig geworden, denn er hält sich selber für einen „Collector“. Er zeigt den Umstehenden durch eine Projektion, was die „Collectors“ planen. Sie errichten im Raum ein Schwarzes Loch, um dadurch in ein System mit 60 Milliarden Menschen zu gelangen. Dies wollen die „Vereinten Humanen Raumfahrtnationen“ verhindern und rüsten zum Angriff auf die „Collectors“.

Während der Kämpfe schlägt sich Joule, ein Mitglied des „Order of Technology“, auf die Seite der „VHR“. Der „2OT“ will den anfälligen menschlichen Körper abschaffen und durch Technik ersetzen. Joule erklärt, dass der „2OT“ die „Collectors“ schon Jahrhunderte lang kennt und von ihnen Großteile der eigenen Technologie übernommen hat. Im Gegenzug dafür bekamen die „Collectors“ menschliche Überreste als Nahrung. Außerdem kennt Joule den wahren Grund, warum die „Collectors“ die Welten besetzt haben. Sie züchten Menschen, weil sie von Menschenfleisch abhängig geworden sind.

Dann tauchen die „Keepers“ auf, die auch zu der Rasse der „Collectors“ gehören, aber vorgeben, die Menschen nicht fressen zu wollen, und helfen bei der Vernichtung der „Collectors“.

Im Anschluss entschuldigen sich die „Keepers“ für das Verhalten der „Collectors“ und nehmen die Planeten nun selbst in Zwangsobhut, weil die menschliche Rasse schützenswert sei.

Mein Hör-Eindruck:

Die ersten zwei Stunden verbrachte ich damit, ständig im sechsseitigen Booklet nachschlagen zu müssen, weil es Abkürzungen, Anglizismen und für das Buch erfundenen Eigennamen hagelt. Während dieser Zeit passiert aber auch nicht wirklich etwas, denn die Spannungskurve steigt sehr langsam an und erreicht schnell den Punkt, an dem ich ständig auf die Restzeitanzeige des CD-Players geschaut habe.

Weder erfährt der Hörer im gesamten Roman, was das überhaupt für ein Geistwesen ist, das in Nuria Suede wohnt, noch macht Heitz irgendwelche Angaben über die „Collectors“ oder die Raumfahrt-Technik, die auf der Erde gefunden wurde und um die sich alle streiten. Und da offenbar außer Lyssander und später auch Kris niemand mit den titelgebenden „Collectors“ kommunizieren kann, sollen sie wohl die großen Unbekannten bleiben. Das kam bei mir eher als Einfallslosigkeit denn als stilistisches Mittel an.

Wenn man die ganzen Abkürzungen und Eigennamen weg lässt, bekommt man einen C-Movie aus den 1950er Jahren, der im Schnellschuss aus einer Kurzgeschichte entstanden ist. Noch ein großes Pfund vulgärer Kraftausdrücke der Marke „Fuck“, „Ficken“ und „Vögeln“ dazu und schon ist die Story interessanter? Nicht wirklich, denn sie ist sehr einfach gestrickt, langweilig erzählt und auch die Auflösung entlockte mir nur ein sehr leises und unbeeindrucktes „Aha“.

Der Sprecher:

Für mich war es das erste Aufeinandertreffen mit Michael Hansonis, der bereits Bücher von Tess Gerritsen, Jack Kerouac und David Peace vorgelesen hat. Das tut er dann auch größtenteils gut. Allerdings stört, dass er öfters Sprechpausen einlegt wo eigentlich keine hingehören. Mitten im Satz, teilweise auch mitten in einem Wort. Offenbar war an diesen Stellen die Zeile im Skript zu Ende.

Zwar ist er bemüht, alle Charaktere durch verschiedene Stimmfarben unterschiedlich darzustellen, allerdings liest er oftmals in einem Zug über die wörtliche Rede hinaus und den nachfolgenden Text dann mit den gleichen Emotionen, was unfreiwillig komisch wirkt.

Fazit:

Spaß macht „Collector“ nicht, nicht mal in der gekürzten Fassung. Zu lange dauert es, bis der Hörer einigermaßen mit den ganzen Eigenbegriffen klarkommt, zu wenig Spannendes passiert und zu einfach ist die Story. Und die Auflösung entschädigt auch nicht wirklich nach gut 7,5 Stunden Hörzeit. Die ungekürzte Version ist über 18 Stunden lang und mutmaßlich auch nicht interessanter.

Das mir versprochene „atemberaubende Zukunftsabenteuer in Cinemascope“ habe ich nicht erlebt, aber als Direct-to-Video-Movie kann ich mir einen Film zum Buch absolut vorstellen.

6 CDs im Jewel-Case
451 Minuten Laufzeit (gekürzte Lesung)
Sprecher: Michael Hansonis
ISBN-13: 978-3837102901
www.randomhouse.de/randomhouseaudio

Der Autor vergibt: (1.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Okonnek, Evelyne – Flammen der Dunkelheit, Die

In einer Neumondnacht werden zwei Jungen geboren. Der eine ist Dallachar, der Sohn der Königin, der andere Gliceas, Sohn einer armen Magd. Beide werden die Welt verändern, so ist es prophezeit. Doch keiner der beiden Jungen weiß etwas davon. Und auch nicht davon, dass es einen Mann auf der Insel gibt, der alles tun wird, um die Erfüllung dieser Prophzeiung zu verhindern.

_Die Welt, die_ Evelyne Okonnek schildert, ist krank. Wobei Welt vielleicht schon zu viel gesagt ist, denn der Schauplatz des Geschehens ist eine Insel im Meer, offenbar völlig isoliert von allem, was es sonst noch so geben mag. Nur ein einziges Mal, vor langer Zeit, erreichten Siedler von außerhalb diesen abgelegenen Ort. Seither hat sich viel verändert. Eines Tages verschwand die Sonne und kehrte nicht zurück, warum, weiß niemand. Jetzt ist es ständig kalt, es regnet nahezu ununterbrochen, immer wieder toben wütende Stürme über die Insel, die so gefährlich sind, dass die Bewohner der Insel vor ihnen in die Keller flüchten. Die Lebensmittelversorgung ist schlecht, Getreide wächst längst keines mehr, die Menschen sind auf Grassamen und Meeresalgen ausgewichen.

Alle Hoffnungen der Bevölkerung auf Besserung ruhen auf dem jungen Prinzen. Aus irgendeinem Grund scheinen alle zu glauben, dass der Junge irgendwann ein Wunder vollbringen und alles wieder in die richtigen Bahnen lenken wird, und das, obwohl die Prophezeiung bei den Menschen unbekannt ist.

Dallachar seinerseits ist sich der Hoffnungen der Menschen wohl bewusst, hat aber keine Ahnung, warum sie so sehr an ihn glauben. Er selbst fühlt sich wie ein Gefangener im Kerker, eingeschränkt und einsam. Seine Amme beschützt ihn zwar – manchmal sogar viel zu sehr für seinen Geschmack -, hat aber keinerlei echte Wärme für ihn und er fürchtet den Erwählten des Jalluth, den obersten Priester, der de facto die Regierungsgeschäfte führt. Vor allem aber leidet er unter der Zurückweisung durch seine Mutter, für deren Zuneigung er beinahe alles täte, alles gäbe.

Seine Mutter Aurnia dagegen erträgt ihren Sohn nicht. Die etwas eitle und selbstbezogene Frau hat sich für ihre Ehe Liebe und Achtung erhofft und ist bitter enttäuscht worden. Dallachar ist für sie nur eine ständige Erinnerung an ihre größte Demütigung. Dass sie auch nach seiner Geburt noch auf das Wohlwollen des Erwählten, den sie so sehr verachtet wie sie ihn fürchtet, angewiesen ist, macht es für sie nicht leichter, zumal der Erwählte sich nicht darauf beschränkt, das Land zu regieren. Er mischt sich schlichtweg in alles ein, auch in Aurnias Privatleben. Doch Aurnia ist nicht so schwach, wie der Erwählte glaubt.

Der Erwählte ist ein kalter, unbarmherziger Mann, der sämtliche Macht im Land mit völliger Selbstverständlichkeit beansprucht. Gleichzeitig sind die Menschen ihm vollkommen gleichgültig. Denn nicht Machtgier treibt diesen Priester an, sondern etwas ganz anderes …

Und dann ist da noch Gliceas, genannt Glic. Der muntere, recht vorlaute Junge ist bei einer alten Frau im Wald aufgewachsen, und obwohl er dort frei herum streunen durfte, fühlt auch er sich eingesperrt. Die Alte hat einen magischen Schild um den Wald gelegt, um den Jungen am Fortlaufen zu hindern, was ihm gar nicht behagt, obwohl es nur seinem Schutz dient. Glic ist ein Dämonenmischling und außerhalb des Waldes drohen ihm Verfolgung und Tod. Als die Alte ihm auf ihrem Sterbelager aufträgt, in die Stadt zu einem Schreiber namens Ardal zu gehen, erfährt Glic nur zu bald, was das für ihn bedeutet.

Denn die Dämonen, eine alte, magisch begabte Rasse, werden von den Menschen zutiefst verabscheut und gefürchtet. Deshalb haben die Menschen vor einigen Jahrhunderten Krieg gegen die Dämonen geführt und sie alle ausgerottet. Doch es scheint, als hätte sich das Blut beider Rassen bereits zu oft miteinander verbunden, immer wieder tauchen Mischlinge auf, die zwar nicht über die volle Macht der Dämonen verfügen, aber viel stärker sind als reine Menschen. Die meisten von ihnen tragen Federn am Körper, um die tanzenden Funken der Magie in ihren Augen zu verbergen, und ein wenig Eisen, um ihre Stärke ein wenig zu dämpfen, damit sie sich nicht versehentlich durch ihre Kraft verraten. Denn Eisen schwächt die Magie der Dämonen und ist deshalb das einzige Mittel, sie zu besiegen.

_Hier zeigt sich_ deutlich, dass die Autorin ein wenig aus der gälischen Mythologie geschöpft hat. Das tut sie ganz offen und unverblümt, einige ihrer Figuren tragen Namen wie zum Beispiel Grian, Néal und Lasair, die irischen Worte für Sonne, Wolke und Flamme. Zum Glück jedoch hat sie sich nicht sklavisch an die gälischen Mythen geklammert, wie Cecilia Dart-Thornton es getan hat, sondern sie hat den einen Aspekt – die Wechselwirkung von Magie und Eisen – mit eigenen Ideen verknüpft und in eine neue Mythologie eingearbeitet, die zwar nicht allzu detailliert ausgearbeitet, aber dennoch interessant und neu ist.

Auch Prophezeiungen sind wahrhaftig nichts Neues in der Fantasy, angenehm empfand ich jedoch, dass die Autorin die kryptischen Verse nicht auf die Zukunft bezogen hat. Natürlich wird immer wieder mal über deren Bedeutung nachgedacht, vor allem von einem Mann, dessen Tagebucheinträge die einzelnen Kapitel einleitet. Mit fortschreitender Handlung wird jedoch deutlich, dass der Leser daraus keine Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung der Ereignisse ableiten kann, sondern dass sie einen Schlüssel zur Vergangenheit enthalten. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Aufdeckung von Geheimnissen zu tun – die einzigen Geheimnis des Buches sind die Identität des Erwählten und die der Dohle, und beide sind recht bald klar – sondern mit dem Verständnis, was zur aktuellen Situation der Insel geführt hat. Jalluth dagegen, offenbar der Gott der Menschen, ist vollkommen unwichtig und taucht nur als Namensgeber für die Priesterschaft auf.

Aus diesen Zutaten hat Evelyne Okonnek eine Handlung gestrickt, die sich trotz der „nur“ 350 Seiten des Buches über den recht langen Zeitraum von fast zwanzig Jahren erstreckt. Die Raffung weniger erreignisreicher Phasen hat sie dabei ohne Hänger oder Stolperer in den Fluss der Geschichte eingebaut. Aber auch die ausführlicher geschilderten Phasen sind ohne detailliertere Ausarbeitung erzählt. Ausschmückung und epische Breite fehlen völlig.

Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – ist es ihr gelungen, ein kompliziertes Netz zwischen den einzelnen Figuren ihrer Geschichte zu entwickeln, ein dünnes Gespinnst aus Ursache und Wirkung, aus Missverständnissen und Ignoranz, aus Egoismus, Neid und Rachsucht, in dem stets das eine das andere bedingt und alles irgendwie miteinander verkettet ist. Dass sie dabei auch sämtliche Charaktere über die Nachvollziehbarkeit hinaus lebendig und von ihrer Motivation her glaubwürdig gestaltet hat, ohne auch nur bei einem von ihnen in Klischees zu versinken, macht all diese inneren Abhängigkeiten noch intensiver. Ein Schwarz-Weiß-Effekt ist schlicht nicht vorhanden, was wiederum zur Folge hat, dass man den Schluss des Buches nicht als Happy End bezeichnen kann. Tatsächlich ist er nicht nur wenig spektakulär, sondern auch ziemlich desillusionierend und fügt sich damit auf eine Weise in die düstere Grundstimmung des Buches, die jeder als angenehm empfinden wird, dem die kitschigen „Und-alles-war-wieder-gut“-Finale zum Hals heraushängen.

_Mit anderen Worten_, ich fand dieses Buch sehr lesenswert, obwohl es weder besonders viel Spannung, Action, Romantik oder überbordenden Ideenreichtum in Bezug auf die Ausstattung bietet. Manches ging vielleicht ein bißchen glatt, wie zum Beispiel das Schicksal von Aurnias Zofe und ihrem Liebhaber, auch hätte manches vielleicht vermieden werden können, wenn die Betreffenden einfach miteinander geredet hätten, was vor allem für Aithreos versuchte Heilung für Brone gilt. Das sind jedoch Kleinigkeiten am Rande, die nicht wirklich stören. Die eigentliche Geschichte um das tragische Schicksal einer Welt, das mit ein wenig Verstand und Feingefühl womöglich zu vermeiden gewesen wäre, wird dadurch nicht beeinträchtigt.

_Evelyne Okonnek arbeitete_ nach einem Spanisch- und Germanistikstudium zunächst für eine Werbeagentur und schrieb in ihrer Freizeit Kurzgeschichten. Seit ihrem Debutroman „Tochter der Schlange“, für den sie den Wolfgang-Hohlbein-Preis erhielt, schreibt sie hauptberuflich. Nebenbei ist sie auch künstlerisch kreativ, als Malerin und Goldschmiedin.

|Broschiert: 352 Seiten
ISBN-13: 978-3-800-09509-4|
www.evanjo.de

_Evelyne Okonnek bei |Buchwurm.info|:_
[Die Tochter der Schlange]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2419
[Das Rätsel der Drachen]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3910

Herbert,Frank / Herbert, Brian / Anderson, Kevin J. – Träume vom Wüstenplaneten

_Ein geplündertes Grab oder mehr?_

„Träume vom Wüstenplaneten“ versammelt u. a. aus dem ersten Roman „Der Wüstenplanet“ herausgenommene Kapitel, aber noch vieles mehr: Den Anfang macht ein völlig anderer „“Dune““-Roman, den Brian Herbert und Kevin Anderson anhand von Frank Herberts Storyline schrieben – nur 230 Seiten, aber sehr interessant. Den Schluss bilden vier ihrer Kurzgeschichten aus dem „Dune“-Universum, von denen drei im „Legenden“-Zyklus spielen (siehe Werkverzeichnis).

_Die Autoren:_

1.) Frank Herbert (1920-1986) wuchs im Nordwesten der USA auf, arbeitete als Reporter und Wahlkampfhelfer, bevor und während er ab 1952 seine ersten SF-Storys veröffentlichte, denen 1956 der erste Roman „Dragon in the Sea“ folgte. 1963 -1965 wurden seine Storys um den Wüstenplaneten Arrakis in „Astounding“ publiziert, doch um seinen daraus aufgebauten Roman „Der Wüstenplanet“ unterzubringen, musste Herbert erst 20 Ablehnungen kassieren, bevor es ihm 1965 gelang, den Verlag Chilton Book Co. zu gewinnen, der mehr für seine Autoreparaturratgeber bekannt war. Die „“Dune““-Saga umfasste schließlich sechs Romane aus Frank Herberts Schreibfabrik, von denen die ersten drei verfilmt worden sind. Herbert schrieb neben 20 anderen SF-Romanen auch einen interessanten Non-SF-Roman namens „Soul Catcher“, der noch nicht übersetzt worden ist.

Die „Dune“-Saga:

1) Der Wüstenplanet (1965)
2) Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
3) Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
4) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
5) Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
6) Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)

2.) Brian Herbert, geboren 1947, ist der einzige Nachkomme Frank Herberts, der das Schriftstellergen geerbt hat. Mit seinem Vater schrieb Brian 1986 den SF-Roman „Mann zweier Welten“. Seine Biografie „Dreamer of „Dune““ (2003) ist sehr lesenswert und nicht nur wegen der Bibliografie seines Vaters ein Geheimtipp. Ergänzt wird sie durch die HUGO-nominierte Monografie von „The Notebooks of Frank Herbert’s „Dune““, die er 1988 herausgab. Brian Herbert hat einen Zyklus zu veröffentlichen begonnen, der mit dem Roman „Timeweb“ startet.

Er fragte Kevin J. Anderson, ob dieser an einer „“Dune““-Vorgeschichte mitarbeiten wollen. Anderson, selbst Autor von über 15 Millionen verkauften Büchern („Akte X“, „Star Wars“ u. v. a.), sagte geehrt und begeistert zu.

3.) Kevin J. Anderson, geboren 1962, veröffentlichte 1982 seine erste Kurzgeschichte. Bis 1992 hatte er über 100 Beiträge für Magazine geschrieben, denn Anderson kommt aus der Technik. Sein erster Roman „Resurrection Inc.“ erschien 1988 und enthielt Horrorelemente, danach folgte eine Trilogie um „Gamearth“ (1989/90). Danach folgten „Lifeline“ (1990) und „The Trinity Paradox“ (1991), beide zusammen mit Doug Beason. Anderson ist ein äußerst effizient arbeitender Autor. Das zeigt sich auch an seinem Ausstoß an „Star Wars“-Romanen für Jugendliche sowie an „Akte X“-Romanen (15 Mio. Exemplare gibt Heyne an). Zuletzt erschien ab 2002 sein neuer Zyklus „Die Saga der sieben Sonnen“, von dem die ersten Romane bei Heyne erschienen sind. Mehr Infos dazu finden Sie unter [www.wordfire.com]http://www.wordfire.com.

Das Ergebnis der Kooperation war zunächst die Trilogie der „Frühen Chroniken“ des Wüstenplaneten, die aus folgenden Bänden besteht:

1) Das Haus Atreides
2) Das Haus Harkonnen
3) Das Haus Corrino

Mittlerweile ist die zweite Trilogie „Der Wüstenplanet: Die Legende“ abgeschlossen. Sie besteht aus folgenden Bänden:

1) Butlers Djihad (The Butlerian Djihad)
2) Der Kreuzzug (The Machine Crusade)
3) Die Schlacht um Corrin (The Battle of Corrin)

Ein weiterer Band namens „Träume vom Wüstenplaneten“ ist 2005 erscheinen und wird hier besprochen. Er bildet ein Zwischenspiel, bevor Herbert & Anderson den zentralen „“Dune““-Zyklus fortführen, denn …

7) Die Jäger des Wüstenplaneten (2006, dt. 2007)
8) Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007, dt. 2008)

… schließen den ersten „Dune“-Zyklus so ab, wie Frank Herbert es vorsah, bevor ein unzeitiger Tod ihn am Weiterschreiben hinderte. Die Teile 7 und 8 bilden eine Art Doppelroman, der zusammengehört, aber aus Platzgründen gesplittet werden musste, denn ein Roman von 1300 Seiten ist absolut unverkäuflich (es sei denn, man hieße Tolkien).

Weitere Romane: „Paul Atreides“, „Lady Jessica“.

_Handlung von „Der Gewürzplanet – Der andere „Dune“-Roman“:_

Der Imperator Wuda befiehlt den Edelmann Jesse Linkam (= Herzog Leto Atreides) zu sich auf die Zentralwelt Renaissance, auf dass dort über das Anliegen der Adelshäuser entschieden werde, an dem einträglichen Abbau von und Handel mit dem Spice Melange teilzuhaben. Darauf nämlich hat das Haus Hoskanner unter seinem Lord Valdemar (= Vladimir Harkonnen) ein vom Kaiser verliehenes Monopol, wofür der Kaiser eine hohe Gebühr erhebt. Lord Valdemar bietet Jesse Linkam einen trügerischen Kompromiss an: Linkam darf für zwei Jahre das Spice abbauen, und wenn es ihm gelingt, binnen zwei Jahren die Spice-Produktion der Hoskanner zu übertreffen, darf er Arrakis behalten. Jesse ahnt zwar den Betrug, doch der Imperator zwingt ihn, sich auf das Angebot einzulassen.

Als Linkam mit seiner Konkubine und Managerin Dorothy Mapes (= Lady Jessica) und seinem achtjährigen Sohn Barri (= Paul Atreides) auf der Dünenwelt (= Arrakis) eintrifft, erweist sich schnell, dass die Hoskanner hier eine Todesfalle aufgebaut haben, in denen der Adlige und seine Leute umkommen sollen. Nicht nur sind die ausbedungenen Spice-Abbaugeräte praktisch schrottreif, es gibt auch eine Reihe Fallen und Saboteure. Noch ahnt Jesse nicht, dass sich auch ein Verräter in seiner Truppe befindet. Auch die lebenswichtigen Wettersatelliten fallen aus. Als deswegen Linkams Leute einen Coriolis-Sturm fast übersehen, kommen um ein Haar eine Menge Arbeiter um.

Doch der planetarische Ökologe Dr. Haynes (= Pardot oder Liet Kynes) hilft Linkam ebenso wie der Spice-Ingenieur William English. Mit diesen Vertrauten verbringen Linkam und Barri einen Tag auf einer Forschungsstation am fernen Äquator. Die Sandwürmer stellen eine ständige Gefahr dar. Dorothy, die keine Bene Gesserit ist, aber über eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe verfügt, macht sich Sorgen um ihren Geliebten, aber noch mehr um Barri, ihr einziges Kind.

Nachdem aufgrund von Sabotage der Flieger (ein „Ornijet“) Linkam in einem Sturm hat notlanden müssen, glaubt man den Edelmann und seine Begleiter in der tiefen Wüste verschollen. Dorothy macht sich Vorwürfe, denn alles scheint nun zu enden. Doch Linkam, Barri und English sind nicht tot, sondern machen sich auf den Weg zum nächsten Forschungsposten – mitten durch alle Gefahren, die die Dünenwelt zu bieten hat …

_Mein Eindruck:_

Dieser Roman mutet an wie eines der zweitklassigen Planetenabenteuer, wie sie Jack Vance in großer Fülle produziert hat. Er hat auch erstklassige SF-Romane geschrieben, aber von dieser Klasse ist „Spice Planet“ weit entfernt. Ich dachte zunächst eine Kurzgeschichte zu lesen, weil hierbei der Schwerpunkt auf der Action liegt und nicht auf dem Hintergrund und dem Schauplatz. In diesem Ton ging es auch weiter, und weiter, und weiter. Bis auf einmal ein Roman in zwei Teilen erzählt war, aber so rudimentär, dass es auch eine ausgewalzte Kurzgeschichte sein könnte. Das einzige Element, das „Gewürzplanet“ von anderen 08/15-Romanen der fünfziger und frühen sechziger Jahre unterscheidet, ist der ungewöhnliche Schauplatz: Dünenwelt.

Die Story verläuft völlig anders als im wohlbekannten Klassiker, doch es gibt auch Parallelen. Barri beispielsweise hat überhaupt keine Bedeutung (außer als bedrohte Geisel des Imperators), wohingegen Linkams Konkubine Dorothy eine recht zentrale Rolle spielt: Sie führt nicht nur Linkams Geschäfte, sondern spürt auch den Verräter in Linkams Haushalt auf. Mit dem Imperator und Linkams Konkurrenten Hoskanner treten zwei Oberschurken auf, die im zweiten Teil des Romans für einen spannungsreichen Höhepunkt sorgen. Das Schicksal des bekannten Universums hängt – in Gestalt des Gewürzplaneten – an einem seidenen Faden. Mehr sei nicht verraten. So wie Paul Atreides dem Imperator Shaddam IV. entgegentritt, so bietet Linkam dem obersten Herrscher Paroli. Wer das Gewürz kontrolliert, hat einen sehr langen Hebel …

Die wichtigste offensichtlichste Parallele besteht denn auch in dem Gewürzplaneten selbst. Nicht nur wird dort der wichtigste Rohstoff des Universums abgebaut, sondern es gibt dort auch eine in sich geschlossene und komplex gezeichnete Ökologie, die den Sandwurm und seine verschiedenen Formen ins Zentrum stellt. Unter den anderen Formen ist zunächst die Sandforelle zu verstehen, aber auch – und das ist neu und verblüffend – Gewürz-Pflanzen, die rasch in die Höhe wachsen, um aus dem unterirdischen Höhlensystem Gewürz-Sporen an die Oberfläche zu befördern, wo aus Sporen und verdorrten Pflanzenresten die begehrte Melange entsteht. Nun ja, das muss man nicht für wahrscheinlich oder plausibel halten, denn es ist ja fremdweltlerisch. Der planetare Ökologe Dr. Haynes jedenfalls ist gebührend fasziniert, als Jesse Linkam von seinem unfreiwilligen Ausflug in die Unterwelt des Gewürzplaneten berichtet.

Wer also keine großen Ansprüche an einen SF-Roman stellt, der wird von „Gewürzplanet“ gut unterhalten. Mich ärgert nur, dass das Buch größtenteils so schlecht geschrieben wurde. Der negative Eindruck wird ein wenig erträglicher, wenn man berücksichtigt, dass die Autoren keine Eulen nach Athen tragen wollten und auf das panoramamäßige Malen eines eh schon bekannten kulturellen Hintergrundes aus dem „Dune“-Universum vollständig verzichtet haben.

Ihre Grundlage war eine Storyline von Frank Herbert selbst, aber auch das mit dem Leser geteilte Wissen um dieses „Dune“-Universum. Sie erfanden keine Bene Gesserit, denn diese ergänzt der „Dune“-Fan automatisch, um sich selbst zu erklären, woher Dorothy (= Lady Jessica) ihre besonderen Fähigkeiten erhalten hat. Und General Tuek hat so viele Züge des Krieger-Mentaten Thufir Hawat (inklusive Spuren des Sapho-Saftes), dass es nicht schwer ist, die beiden miteinander zu identifizieren.

Das größte Manko liegt also im völligen Fehlen der Rolle eines Messias‘, wie Paul Atreides es wird. Einen Messias einzubauen, hätte den Roman „Gewürzplanet“ jedoch komplett auf den Kopf gestellt – und dann wäre „Der Wüstenplanet“ daraus geworden.

|Herberts Muse|

Alle Teile dieses Buches sind mit Einleitungen der beiden Autoren versehen, so dass man die Bedeutung der Abschnitte in das Werk des großen Meisters erfassen kann. Daraus geht hervor, dass Beverly Herbert zumindest geistig und intellektuell die Co-Autorin der Romane ihres Mannes war. Auf sie gehen die Bene Gesserit zurück und sie ist in Lady Jessica verewigt worden. Als sie ihre zweite Krebserkrankung hatte, schrieb Herbert den Seuchenroman „Die weiße Pest“. Mehr zu ihrem engen Verhältnis findet sich in „Dreamer of „Dune““ von Brian Herbert.

_“Der Weg zum Wüstenplaneten“:_

Der zweite Abschnitt des Buches führt den Leser mit verbindenden Anmerkungen durch die Entstehung des Romans „Der Wüstenplanet“. Die erste Phase fand bereits 1957 statt, als Frank Herbert einen Artikel mit dem Titel „Sie haben den Wandersand zum Stillstand gebracht“ über seinen Agenten unterbringen wollte. Allerdings hatte Lurton Blassingame eine Menge berechtigter Einwände, so dass von dem Projekt lediglich ein Brief und ein Angebot übrigblieben. Aber dies war für den Autor der Anstoß, sich noch weiter mit der Wüste, dem Islam und der arabischen Kultur zu befassen.

Dann konnte Blassingame eine „Dune“-Story nach der anderen beim wichtigsten Herausgeber eines SF-Magazins unterbringen: bei John W. Campbell jr, der selbst Schriftsteller war. Aus drei Erzählungen, die zwischen 1963 und 1965 in „Astounding“ erschienen, erstellte der Autor einen Roman, der mehr als doppelt so lang war wie das übliche SF-Buch zu jener Zeit: 200.000 Wörter. Es dauerte zwei Jahre, das Buch unterzubringen, bis schließlich ein anderer Schriftsteller, der als Lektor bei Chilton Books arbeitete, zuschlug: Sterling Lanier. Sein SF-Roman „Hieros Reise“ ist ein Klassiker.

Als „Der Wüstenplanet“ die zwei wichtigsten SF-Preise einheimste, arbeitete Herbert schon an der Fortsetzung. Doch „Dune Messiah“ („Der Herr des Wüstenplaneten“) wurde von Campbell vehement abgelehnt, weil es einen Antihelden als Hauptfigur hat. Dafür schlug nun „Galaxy“ zu, und die Buchausgaben waren bald ebenfalls unter Vertrag. „Children of Dune“ („Die Kinder des Wüstenplaneten“) sollte die Trilogie 1976 abrunden. Etwas ulkig fand ich, dass eine Reihe von Kritikern Herbert mit Edgar Rice Burroughs verglichen, der bei uns weniger für seine „Mars“-Romane als vielmehr für seine Figur Tarzan bekannt ist. Es hagelte auch negative Kritik.

Was ich an diesem Abschnitt am interessantesten fand, waren die Zitate, in denen der Autor über seine Inspirationen, seine Arbeitstechnik („Kameraperspektive“) und seine musikalische Kompositionstechnik erzählte. Kurios ist seine Methode, Figuren zu erfinden und sie in Beziehungen zu anderen zu setzen: Er erwähnt ein jungsches Mandala, wobei natürlich von Carl Gustav Jung die Rede ist. Und wenn es um Heldenfiguren geht, dürfte Herbert auch an Joseph Campbell klassische Studie „The hero of a thousand faces“ gedacht haben, erwähnt dies aber nicht.

Dieser Abschnitt ist nur für Fans und Literaturhistoriker interessant.

_Aus „Der Wüstenplanet“ und „Der Herr des Wüstenplaneten“ gestrichene Kapitel:_

Die aus „Der Wüstenplanet“ gestrichenen oder nie darin aufgenommenen Kapitel konzentrieren sich in auffälliger Weise auf den Beginn des Romans. Hier führt Paul Atreides eine Reihe von Gesprächen mit der Bene-Gesserit-Oberin Gaius Helen Mohiam. Die Kürzungen sind eine Reaktion auf die in den Briefen von Verlagslektoren gestellte Forderung, den Anfang des Romans nicht zu lange werden zu lassen. Interessant ist besonders ein langes „neues“ Kapitel, das Paul und Lady Jessica in einem Labor des planetaren Ökologen Liet Kynes zeigt. Hier wird nicht nur nach den Grundlagen der Spice Melange geforscht. Und wie es aussieht, gibt es in Kynes‘ Gruppe einen Spion der Harkonnen ….

Zwei Hauptpersonen spielen in den gekürzten bzw. gestrichenen Kapiteln zu „Der Herr des Wüstenplaneten“ eine Hauptrolle: Alia und ihr Bruder, der Prophet-Imperator Paul Muad’Dib Atreides. Alia, die mit einem Klon (ghola) des Schwertmeisters Duncan Idaho verheiratet ist, überführt einen mächtigen Gildennavigator(!) des Verrats: Der Angriff, den er angestiftet hat, schlägt fehl. Sie vergilt ihm dies mit einer üblen Maßnahme: Sie entzieht ihm das Spice-Gas, das er zum Leben braucht. Auch die beiden Bene-Gesserit-Schwestern Prinzessin Irulan und Gaius Helen Mohiam kommen nicht gut weg: Die Nachricht vom Tod des Propheten Muad’Dib löst einen Fremen-Aufstand aus, der zum Lynchmord an den drei genannten Herrschaften führt.

Einer der ärgerlichen Fehler von „Der Herr des Wüstenplaneten“ ist die fehlende Szene, in der uns der Tod oder wenigstens das Verschwinden des Propheten Paul Muad’Dib Atreides geschildert wird. Endlich können wir diese Szene nachlesen, und zwar als alternativen Schluss zu „Der Herr des Wüstenplaneten“. Es ist ein sehr stimmungsvolles und schönes Kapitel, das ich gerne im veröffentlichten Roman gesehen hätte. Vielleicht werden wir es in „Paul Atreides“ nachlesen können, das nächstes Jahr bei Heyne erscheinen soll.

_Die Erzählungen:_

|1) „Das Flüstern der Meere Caladans” (1999)|

Man schreibt das Jahr 10.191 der Raumgilde. Der Angriff der Harkonnen auf Arrakeen, die Zitadelle der Atreiden, ist in vollem Gange. Der Verräter Wellington Yueh hat den schützenden Störschild deaktiviert, und die Festung ist dem Angriff der Harkonnen-Truppen, dem Kanonenbeschuss schutzlos preisgegeben. Gurney Halleck, der Schlachtenführer, hat die herzoglichen Soldaten in den Verteidigungskampf geführt.

Doch dabei ist eine kleine Gruppe, die Vorräte schützen und von der Flanke Deckung geben sollte, in einer Felshöhle des Schildwalls durch einen Steinschlag vom Rest der Verteidiger abgeschnitten worden. Nun sitzt hier etwa ein halbes Dutzend Soldaten fest. Mit Hoh Vitt haben sie einen Meistergeschichtenerzähler vom Planeten Jongleur in ihrer Mitte. Mit seinen Geschichten schafft er es immer wieder, dass die Soldaten nicht die Nerven oder den Mut verlieren. Denn leider trennen drei Meter solider Fels sie von der Außenwelt. Sie sind sicher – aber auch verloren. Und der junge verletzte Elto Vitt, der Neffe des Erzählers, erinnert sich voll Sehnsucht an das Flüstern der Meere von Caladan.

Man munkelt, dass manche der Jongleur-Erzähler auch über magische Kräfte verfügen, und als nun Hoh Vitt in der letzten Stunde, als den Menschen der Sauerstoff ausgeht, von Caladan erzählt, erweisen sich die Gerüchte als begründet. Später dringen Fremen-Plünderer in die Höhle ein und wundern sich über den Ausdruck der Freude auf den Gesichtern der Toten. Als sie auch die Lungen öffnen, um ihr Wasser zu nehmen, beschließen sie allerdings, die Höhle sofort wieder zu verschließen …

|Mein Eindruck dazu:|

Im Geschichtenerzähler ist leicht Frank Herbert selbst zu erkennen, und seine Macht, die in seinem Umgang mit Worten gründet, ist in der Tat groß. Die Pointe ist zugleich erschütternd und überraschend. Dies macht diese Erzählung über einen Nebenschauplatz nicht nur zu einem schön aufgebauten Stück Dichtung, sondern wirft ein Schlaglicht auf die Tatsache, dass alle Soldaten auch Menschen sind, mit einer Zukunft, einer Vergangenheit, einer Seele. Erst der letzte Satz, die Pointe, macht aus der Geschichte, obwohl sie auf einer fremden Welt spielt, schließlich doch ein Stück Phantastik.

Kein Wunder, dass 1999 die Magazinausgabe, in der diese Story abgedruckt, reißenden Absatz fand und ruckzuck vergriffen war. Denn die Story verweist auch auf die sechs Romane, die noch folgen sollten: die „Frühen Chroniken“ der drei wichtigsten Häuser (Atreides, Harkonnen, Corrino) und die „Legenden“ über Butlers Djihad.

|2) „Harkonnen-Hatz“ (2002)|

Dies ist eine Geschichte, die wenige Jahre vor dem Beginn von „Butlers Djihad“ spielt, so um das Jahr 220 V.G. (vor Gründung der Raumgilde). Im Mittelpunkt des Geschehens steht die Familie Harkonnen. Xavier Harkonnen spielt im Roman „Butlers Djihad“ eine zentrale Rolle, doch hier ist er noch ein junger Knabe aus Salusa Secundus, der von Pflegeeltern aufgenommen wird. Das ist Nebensache. Im Mittelpunkt steht das Schicksal seiner Eltern Ulf und Katarina sowie das seines Bruders Piers. Xavier glaubt, sie seien alle tot und er der einzige Überlebende seines Hauses. Dies ist nicht ganz zutreffend …

Auf dem Rückflug von seinen Diamantminen auf Hagal wird Ulf Harkonnens Yacht von einer Jägergruppe der Cymeks – menschlichen Gehirnen in mechanischen Körpern – überrascht und angegriffen. Der grausame Titan Agamemnon selbst führt die Gruppe. Die Yacht verteidigt sich, doch sie schafft es nicht zur nahen Wasserwelt Caladan. Piers‘ Eltern sterben in einer Explosion, während er selbst in einer Rettungskapsel entkommen kann und in den Bergen Caladans notlandet.

Vier Cymeks, die ihn verfolgen, landen bald danach an der Absturzstelle und verfolgen den flüchtenden und verwundeten Menschen. Doch sie haben nicht mit den Tricks der Bergbewohner gerechnet, Nachkommen der Zensunni-Wanderer, die sich unter dem Gletscher eine kleine Siedlung aufgebaut haben. Hier kommt es zu einem Showdown zwischen Piers und dem General Agamemnon …

|Mein Eindruck dazu:|

Die Zahl der Niederlagen, die Agamemnon, der Führer aller Cymeks, hat einstecken müssen, ist nicht gerade Legion, wenn man den Erzählungen in den drei „Legenden“-Romanen glauben darf. Das macht diese actionreiche Geschichte bemerkenswert. Zum anderen wird es möglicherweise später noch wichtig, dass Xavier seinen Bruder nicht ganz verloren hat. Wenn Piers Nachkommen hat, so könnten diese noch in späteren Romanen auftauchen. Menschlich interessant wird die Story nur durch die Figur des Piers Harkonnen, der ein harter Sklavenhalter werden soll, darin aber völlig versagt, weil er viel lieber ein Geschichtenerzähler wäre – und sich am Ende diesen Traum auch erfüllen kann. Wenn auch auf völlig andere Weise als erwartet.

|3) „Der Prügel-Mek“ (2003)|

Diese Story schlägt eine Brücke zwischen „Butlers Djihad“ und „Der Kreuzzug“, den Bänden 1 und 2 der „Legenden“-Trilogie. Im Mittelpunkt steht Vergyl Tantor, der 23-jährige Halbbruder von Xavier Harkonnen. Er lebt jetzt auf Giedi Primus, der späteren Heimatwelt der Harkonnens, die jetzt aber noch eine grüne Welt ist. Xavier ist Oberbefehlshaber der Djihad-Kriegsflotte, die gerade von ihrem Einsatz bei Peridot zurückkehrt. Die Schiffe sind zerschunden und beschädigt, denn sie haben eine Schlacht gegen die Denkmaschinen hinter sich, welche Peridot zu einer Synchronisierten Welt machen wollten.

Soldat Vergyl Tantor hört zwar von Xavier, was auf Peridot Schreckliches passiert ist, doch das schreckt ihn nicht etwa ab, sondern stachelt vielmehr seinen Hass gegen die Denkmaschinen weiter an. Er will unbedingt bald mal in einen richtigen Kampfeinsatz. Einen Vorgeschmack darauf erhält er, als er an Bord von Xaviers Flaggschiff den berühmten Ginaz-Söldner Zon Noret beim Schwerttraining gegen einen echten Kampfroboter erblickt. Er überredet Noret, ihn selbst auch einmal einen Waffengang probieren zu lassen. Doch er erlebt sein blaues Wunder.

|Mein Eindruck dazu:|

Diese Brückenstory hat eigentlich keine richtige Handlung mit Anfang, Mitte und Ende, sondern bildet so etwas wie ein Porträt für eine Nebenfigur in „Der Kreuzzug“. Immerhin kommt es zu etwas Action, als Vergyl sich im Kampf mit dem Trainingsroboter Chirox reichlich verausgabt. Chirox ist eine Figur, die dauernd im Zusammenhang mit den Ginaz-Söldnern auftaucht, einer ihrer wichtigsten Lehrer. Inhaltlich belanglos, weiß die Story doch halbwegs zu unterhalten. Sie ist aber nur für Leser einigermaßen verständlich, die den 1. Band gelesen haben, „Butlers Djihad“.

|4) „Gesichter einer Märtyrerin” (2004)|

Auch diese Erzählung ist ein Brückenstück. Es verbindet Band 2 und 3 der Legenden-Trilogie. Am Anfang von Band 3 „Die Schlacht von Corrin“ fragt sich der Leser erstaunt, woher all die Veränderungen kommen, mit denen er unvorbereitet konfrontiert wird. Diese Fragen werden in der Story beantwortet. Im Grunde geht es nur um zwei Hauptfiguren: Vorian Atreides und Rekur Van.

Man schreibt das Jahr 165 V.G. (vor der Gilde). Vorian Atreides ist nach dem Tod von Xavier Harkonnen der neue Oberbefehlshaber der Djihad-Streitkräfte. Er muss eine seltsame Geschichtsfälschung verkräften. Obwohl er weiß und mehrmals gesagt hat, dass Xavier die Machenschaften des Großen Patriarchen Iblis Ginjo mit den Tlulaxa aufdeckte und diesen Kriegsgewinnler daraufhin in Selbstaufopferung tötete, ist inzwischen der Bösewicht zum Märtyrer gemacht und Xavier zum Schurken gestempelt worden. Ginjos Witwe und ihr Polizeichef, eine sehr gefährlicher Mann, haben Iblis neben Serena und Manion Butler gestellt und eine Dreifaltigkeit von Märtyrern geschaffen. Vorian ist angeekelt, muss aber seine Meinung für sich behalten, will er nicht dem Djihad gegen seine geschworenen Feinde, die Maschinen, ernsten Schaden zufügen.

Serena Butlers Anhänger haben die Genzüchtungsfabriken der Tlulaxa zerstört. Was für eine Verschwendung, denkt der Genhändler Rekur Van verbittert. Die Tlulaxa fliehen in Scharen von ihren zerstörten Planeten und werden abgeschossen. Wohin kann er sich wenden? Indem er sich totstellt, kann er davonschleichen. Die einzige Partei, die an seinen Errungenschaften interessiert sein könnte, sind die Denkmaschinen.

Der unabhängige Roboter Erasmus stellt laufend grausame Experimente an, um mehr über das Wesen und die Schwächen des Gegners, der Menschen, herauszubekommen. Als Rekur Van ihm die Zellen von Serena Butler im Tausch für sein Leben offeriert, ist Erasmus einverstanden. Er will wieder heiße Debatten mit jener Frau führen, die vor 35 Jahren den Djihad ausgelöst hat. Doch das Ergebnis entspricht nicht ganz Erasmus‘ Erwartungen. Rekur muss für seinen Fehler bezahlen …. (Und so sehen wir ihn am Anfang von „Die Schlacht von Corrin“ wieder.)

|Mein Eindruck dazu:|

Dies ist keine Erzählung, sondern ein herausgeschnittenes Stück aus einem Roman, in den es nicht hineinpasste. Oder weil es entbehrlich war. Insofern teilt es die gleiche Kategorie mit jenen gekürzten Texten aus „Dune“ Teil 1 und 2. Die Vorgänge sind ohne die Lektüre des Romans „Der Kreuzzug“ kaum zu verstehen oder zuzuordnen.

Von den vier Erzählungen wusste mich nur die erste zu beeindrucken, die anderen kann man getrost vergessen. „Das Flüstern der Meere Caladans“ ist nicht nur erstklassige Short-Story-Kunst, sondern auch ein Loblied auf Frank Herbert und dessen Talent des Geschichtenerzählens. Die Figur eines magischen „Master-Storytellers“ wie Hoh Vitt finde ich faszinierend und vielversprechend. Diese Figur erfüllt eine wichtige und hier tragisch geschilderte Rolle für die menschliche Gesellschaft.

_Die Übersetzung:_

Obwohl der Übersetzer gewechselt hat, hält man sich weiterhin an die sattsam bekannte Nomenklatur zum Wüstenplanet-Universum, welches ja bislang ausschließlich bei Heyne betreut worden ist. Es gibt sogar eine ganze Enzyklopädie dazu. Deshalb stößt der eingefleischte „Dune“-Fan auf keine Ungereimtheiten. Es sei denn, sie sind wie im „Gewürzplanet“-Roman ausdrücklich beabsichtigt, da es sich ja um eine alternative Version zu „Dune“ handelt.

Begrüßenswert finde ich, dass man die ursprünglichen englischen Bezeichnungen eingedeutscht hat. So wird aus „“Duneworld“ beispielsweise „Dünenwelt“ und aus „Spice“ natürlich „Gewürz“. Auf diese Weise können auch ostdeutsche Leser, die eher Russisch als Englisch erlernten, sowie Neueinsteiger etwas mit diesen Texten anfangen.

_Unterm Strich:_

Das Gesamturteil kann nicht besonders begeistert ausfallen, wenn es sich hauptsächlich um Resteverwertung handelt, was die beiden Autoren hier treiben. Neben einem minderwertigen SF-Abenteuerroman stehen jede Menge Erzählungen, teils gekürzte Szenen, neue Kapitel und wiedergefundene Brückenstücke zwischen Romanen sind.

Einzige Ausnahme ist meines Erachtens „Das Flüstern der Meere Caladans“, das nicht nur eigenständig als Story bestehen kann, sondern auch eine bemerkenswerte Aussage innerhalb des ursprünglichen „Dune“-Universums mitbringt. Wertvoll fand ich auch die Briefe zu „Dune“ Teil 1 und 2, die uns sehr viel über die Entstehung des SF-Klassikers und die Arbeitsmethode seines Autors sagen.

„Das Geheimnis von ‚Der Wüstenplanet‘ wird gelüftet“, verspricht der Verlag marktschreierisch auf dem Cover-Aufkleber. Das lässt sich nur durch Herberts eigene Statements hinsichtlich der Entstehung seines Mega-Romans rechtfertigen. Und diese Rechtfertigung ist schon mehr, als so manches Marketingversprechen halten kann!

|Für wen sich das Buch eignet|

Sicher können die angeblich „Millionen von ‚Dune‘-Fans“ da draußen etwas mit Fund- und Bruchstücken aus den ersten beiden „Dune“-Romanen anfangen, aber wollen sie das überhaupt? Ich käme mir wie einer der Leichenfledderer in „Das Flüstern der Meere Caladas“ vor. Es sei denn, ich wäre ein Literaturwissenschaftler, der danach strebt, das ganze Werk, das „Dune“ Teil 1 und 2 bildet, inklusive aller „Deleted Scenes“ kennenzulernen. Dann würde ich auch die Briefe zu diesen beiden Romanen sehr interessant finden.

Den Löwenanteil an diesem Buch bestreitet ohne Zweifel der Roman „Der Gewürzplanet“. Ich habe mein Urteil oben bereits differenziert erläutert. Der Roman steht auf dem Niveau eines B-Movies aus den 1950er Jahren, wäre da nicht das einzigartige Setting des Wüstenplaneten. Aber da wir es schon ausgiebig aus Verfilmungen und den Romanen kennen, hält sich der Neuheitswert stark in Grenzen.

Kurz und gut: Ein paar Texte sind für bestimmte Lesergruppen von Interesse, aber die breite Masse, selbst wenn sie „Dune“ mögen, braucht das Buch nicht zu kennen. Und um die letzten drei Erzählungen zu verstehen, muss man sowieso bereits die Legenden-Trilogie gelesen haben.

Eins steht für mich fest: Im „Dune“-Universum lassen sich mindestens ebenso viele Geschichten ansiedeln wie in „Star Wars“ und „Star Trek“. Will heißen: Anderson und Herbert können noch bis an ihr Lebensende darüber schreiben und Geld damit verdienen.

|Taschenbuch: 590 Seiten
Originaltitel: The road to Dune (2005)
Aus dem US-Englischen von Jakob Schmidt
ISBVN-13: 978-3453523319|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Frank Herbert bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Wüstenplanet“ (Dune 1) 1662
[„Der Herr des Wüstenplaneten“ (Dune 2) 1637
[„Die Kinder des Wüstenplaneten“ (Dune 3) 1634
[„The Road to Dune“ 2805
[„Das Dosadi-Experiment“ 3937
[„Auge“ 3944
[„Das grüne Herz“ 4076
[DUNE 1: „Der Wüstenplanet“ Teil 1 von 2 (Hörbuch) 5259
[DUNE 1: „Der Wüstenplanet“ Teil 2 von 2 (Hörbuch) 5333
[DUNE 2: „Der Herr des Wüstenplaneten“ (Hörbuch) 5643
[DUNE 3: „Die Kinder des Wüstenplaneten“ (Hörbuch) 6182

Sebastian Fitzek – Der Augensammler

Die Handlung:

Der Unterhändler der Polizei, Alexander Zorbach, zerbricht an einem Fall, bei dem er eine Frau erschießt. Fortan ist er für die Presse tätig und befasst sich mit dem „Augensammler“. Der zerreißt Familien, in dem er die Mutter tötet, das Kind entführt und dem Vater eine Frist von 45 Stunden und sieben Minuten setzt, um es lebend zu finden. Falls er das nicht schafft, findet er das Kind tot und mit herausgetrenntem linken Auge.

Dann trifft Zorbach auf eine blinde Physiotherapeutin, die behauptet, die Vergangenheit von Menschen sehen zu können und wird von der Polizei verdächtigt, selber der „Augensammler“ zu sein, da seine Brieftasche an einem der Tatorte gefunden wurde …

Mein Eindruck:

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Connelly, Michael – So wahr uns Gott helfe

_Das geschieht:_

Vor vielen Jahren hatten sie sich in Los Angeles als Neulinge im Gericht kennengelernt. Michael Haller war damals Pflichtverteidiger, Jerry Vincent als Staatsanwalt sein Gegner. Doch als sich beide Juristen später selbstständig machten, arbeiteten sie immerhin so eng zusammen, dass sie sich gegenseitig in ihren Testamenten bedachten: Sollte dem einem etwas zustoßen, würde der andere dessen Praxis und Klienten ‚erben‘.

Nun ist dieser Fall eingetreten, denn Vincent wurde erschossen, als er nach einem langen Tag im Büro in seinen Wagen gestiegen war. Haller freut sich vor allem über den Fall des Filmproduzenten Walter Elliot, der beschuldigt wird, seine Gattin und deren Geliebten umgebracht zu haben. Als Klient ist Elliot gut bei Kasse aber anspruchsvoll. Vor allem ist er so fest vom Freispruch in seinem anstehenden Prozess überzeugt, dass Haller Korruption zu wittern beginnt. Basierte Jerry Vincents Taktik auf Bestechung – und fiel er einer unerwarteten Planänderung zum Opfer?

Trifft dies zu, steckt womöglich auch Haller in Gefahr. Dies hat der für den Mordfall Vincent zuständige Beamte nicht nur angedeutet. Detective Hieronymus „Harry“ Bosch vom Los Angeles Police Department ist ein fähiger Ermittler, und Haller fasst so viel Vertrauen zu ihm, wie dies einem Anwalt möglich ist, obwohl ihn Bosch durch Druck und Tricks zum Plaudern bringen will.

Der eigentliche Kampf um Recht oder wenigstens Wahrheit bricht dort los, wo Haller sich am wohlsten fühlt: Vor Gericht beginnt er mit List und Tücke dem gegnerischen Staatsanwalt das Wasser abzugraben. Vom Erfolg geblendet, erkennt Haller zu spät, dass man ihn nicht nur benutzt, sondern wie den unglücklichen Vincent aus einem Spiel zu nehmen gedenkt, das gänzlich anders läuft als vermutet …

_Der „Lincoln Lawyer“ ist zurück_

Fast drei Jahre machte er sich seit „Der Mandant“ rar. Wer Michael Haller in diesem Roman kennen gelernt hatte, fragte sich gespannt, was der rührige Winkeladvokat in dieser Zeit an den Gerichten seiner Heimatstadt Los Angeles getrickst und getrieben haben mochte. Tatsächlich beginnt Connelly wieder bei Null, denn nachdem Haller sich in „Der Mandant“ eine Kugel eingefangen hatte, geriet er zunächst an unfähige Ärzte und schließlich in die Abhängigkeit von Schmerzmitteln. Zwei Jahre hat er auf diese Weise verdämmert, bis er von der Sucht loskam. Jetzt können wir ihn bei seinen ersten neuen Schritten auf jener Bühne beobachten, die ihm alles bedeutet.

Wie es für Michael Connelly typisch ist, kehrt Haller nicht durch die Hintertür, sondern mit einem Donnerschlag zurück, um sogleich auf frontalem Konfrontationskurs mit der Justiz, der Polizei und diversen Dunkelmännern zu gehen, die Connelly zunächst in Reserve für das übliche Finale voll offensiver Gewalt hält, das hier vergleichsweise moderat ausfällt. Bis sich gleich mehrere Plot-Knoten raffiniert schürzen, sehen wir Haller glücklicherweise vor allem bei jenem seltsamen Tun, das in den USA als Rechtsprechung gilt.

|Wäre Justitia nicht bereits blind …|

|“Alle lügen. Polizisten lügen. Anwälte lügen. Zeugen lügen. Die Opfer lügen. Ein Prozess ist ein wahrer Lügenwettstreit. Und jeder im Gerichtssaal weiß das. Der Richter weiß es. Sogar die Geschworenen wissen es. Sie betreten das Gericht in der sicheren Erwartung, getäuscht zu werden.“| (S. 9)

Mit diesen prägnanten und provokativen Worten wird der Leser harmonisch auf die folgende Geschichte eingestimmt. Sogleich beginnt Connelly, diesen Worten (geschriebene) Taten folgen zu lassen. Haller hat einen dicken Fisch am Haken, der ihm viel Geld zahlen und Publicity einbringen wird. Dass dieser Walter Elliot sehr wahrscheinlich ein Doppelmörder ist, interessiert seinen Anwalt nicht, der höflich aber bestimmt ignoriert, dass sein Klient für unschuldig gehalten werden möchte.

Haller gliedert Elliots Geschichte in prozessrelevante Module. Er greift sich heraus, was ihm hilft, den großen Auftritt vor Gericht vorzubereiten, wo es nicht um die Feststellung von Tatsachen geht, sondern darum, die Gegenseite so kräftig wie möglich in die Pfanne zu hauen. Für Haller besteht die Herausforderung darin, argumentative Schwachstellen des Anklägers zu finden und darauf aufbauend Zweifel bei den Geschworenen zu säen.

|Die lästige Realität mischt sich ein|

In seiner abgeschotteten Welt blendet Haller das Wissen um die unerquicklichen Aspekte seiner Arbeit aus. Allerdings funktioniert dieser Selbstschutz-Mechanismus nicht mehr, seit ihn eine Kugel in den Bauch traf. Diese buchstäblich einschneidende Erfahrung machte ihm bewusst, dass er sich nicht hinter Schriftsätzen und Vorschriften verschanzen kann. Die Wirklichkeit kann und wird diese Barriere durchbrechen. Deshalb kennt der ’neue‘ Haller nicht nur Skrupel, sondern ist auch zur vorsichtigen Kooperation mit der Polizei bereit; ein Zugeständnis, das Connelly, der die tiefe Kluft zwischen der Justiz und der Polizei anschaulich beschreibt, als kleine Sensation präsentiert.

Anwälte wie Haller sind den Cops ein Dorn im Auge: Haben sie einen Strolch mühsam und oft unter Lebensgefahr festgesetzt, kommt dieser nicht selten durch die Finten seines Anwalts wieder frei. Folglich reagiert Detective Bosch auf die von Haller signalisierte Hilfsbereitschaft sehr misstrauisch: Er kann einfach nicht glauben, dass dieses Entgegenkommen keinen Preis hat, und er liegt richtig.

|Die Evolution des Connellyversums|

|“Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein“|, lautet der finale Sinnspruch im Filmklassiker „Metropolis“. Was dort als schale Phrase abzulehnen ist, ergibt hier eher Sinn. Nicht ohne Grund kommen sich Michael Haller und Hieronymus Bosch, der Winkeladvokat und der Cop, trotz aller Querelen näher. Wieder knüpft Connelly die Fäden seines Roman-Universums enger. Schon oft und im Laufe seiner Schriftstellerjahre immer intensiver stellt er heraus, dass die Figuren seiner verschiedenen Krimi-Serien eine gemeinsame Welt teilen. FBI-Agentin Rachel Walling, Kriminalreporter Jack McEvoy, die Diebin Cassie Black sowie Harry Bosch und Michael Haller: Sie laufen einander über den Weg, arbeiten mit- oder auch gegeneinander, und manchmal sterben sie sogar wie der herzkranke Ex-Cop Terry McCaleb.

Einen echten Sinn gibt es für diese Crossover-Auftritte nicht. Connelly hat vermutlich selbst das größte Vergnügen daran. In „So wahr uns Gott helfe“ deckt er familiäre Beziehungen zwischen Bosch und Haller auf. Das ist interessant, verdeckt aber nicht ein gravierendes Problem: Bosch und Haller passen nicht gut zusammen. Treten sie solo auf, konzentriert sich Connelly auf die Stärken und Schwächen jeder Figur. In „So wahr uns Gott helfe“ liegt der Fokus auf Haller. Bosch kommt nicht wirklich zum Zug. Für den Hintergrund ist er jedoch nicht geschaffen. Eigentlich müsste Bosch Haller überrollen, ignorieren und ausmanövrieren. Dies würde der Haller-Figur schaden. Deshalb muss Bosch sich zurückhalten, was nicht zu dem Harry Bosch passt, den wir in 13 Romanen kennen gelernt haben.

Auch Haller hat sich gewandelt. In „Der Mandant“ war er ein windiger Advokat, der sich in den Grauzonen seines Berufes besonders wohl fühlte, für lukrative Klienten-Tipps Schmiergelder zahlte und auch deshalb seine Büroarbeit in einem fahrenden Auto erledigte, weil ihn dort wütende Polizisten, zornige Richter und andere Verfolger schlecht zu fassen bekamen. Haller ist reifer geworden – und langweiliger, wenn er jetzt süchtige Ex-Surfer rettet oder vor seinem Töchterlein als Gutmensch glänzen will.

|Drama vor und hinter Gerichtsschranken|

Immerhin erwacht Haller zum Leben, sobald die Verhandlung – das Herzstück der Handlung – beginnt. Connelly nimmt sich Zeit, seine Leser mit dem Prozedere des US-amerikanischen Schwurgerichts vertraut zu machen. Er beschreibt dies spannend und ohne damit die Spannung aus der Handlung zu nehmen. Schon die simple Auswahl der Geschworenen wird zum erbitterten Gefecht zwischen Anklage und Verteidigung. Was normalerweise nur für Eingeweihte sichtbar ist, bringt Connelly an die Oberfläche; zumindest der deutsche Leser kommt bei diesen Passagen aus dem Kopfschütteln nicht heraus.

Die Verhandlung wird zur Film- oder besser Zirkusvorstellung. Jetzt lässt sich Haller nicht mehr von seinem Klienten bremsen. Dies ist seine Show, und für die zieht er sämtliche Register. Obwohl auf den Gerichtshof fixiert, kann es die Handlung an Spannung und Tempo mit jeder Verfolgungsjagd aufnehmen. Wer das Genre kennt, wird natürlich typische „Einspruch, Euer Ehren!“-Plot-Routinen erkennen. Connelly poliert sie nicht nur auf, sondern verleiht ihnen eine Dramatik, die sogar Leser in ihren Bann zieht, die für Gerichtsdramen wenig übrig haben – kein Wunder, wenn der Autor Haller seinen Job so definieren lässt: |“Für einen Strafverteidiger besteht die Aufgabe vor allem darin, Geduld zu haben. Zu warten. Aber nicht auf irgendeine beliebige Lüge. Sondern auf eine, die man packen und wie ein glühendes Eisen zu einer scharfen Klinge schmieden kann. Und mit dieser Klinge schlitzt man dann den Fall auf und lässt seine Innereien herausquellen.“| (S. 9)

Aber auch diese Klientel wird bedient, um im Jargon zu bleiben. Außerhalb des Gerichts zieht Harry Bosch seine Bahnen. Wenn Waffen gezückt werden, ist er zur Stelle, während Haller wenigstens kurzfristig ins zweite Glied zurücktritt. Das Finale ist Connolly im Vergleich zum „Mandanten“ besser gelungen: Blieben dort die Versuche gleich mehrerer finaler Twist-Überraschungen bemüht, eilt die Handlung dieses Mal überzeugend von einer unerwarteten Lösung zur nächsten.

Wie es weitergeht mit Michael Haller, lässt Connelly offen. Der „Lincoln Lawyer“ hat abgedankt, aber dass er plötzlich brav geworden ist oder den Gerichtssaal dauerhaft aufgeben kann, mag der Leser nicht recht glauben. Dass es mit Haller weitergeht, steht fest: In „The Reversal“ erlebt er – wieder begleitet, unterstützt und ausgetrickst von Harry Bosch – neue Abenteuer im (faulen) Zauberreich der US-Jurisprudenz. (Und sicherlich wird man für die deutsche Übersetzung wiederum einen ähnlich dämlichen Phrasen-Titel wie „So wahr uns Gott helfe“ finden …)

_Autor:_

Michael Connelly wurde 1956 in Philadelphia geboren. Den Büchern von Raymond Chandler verdankte der Journalismus-Student der University of Florida den Entschluss, sich selbst als Schriftsteller zu versuchen. Zunächst arbeitete Connelly nach seinem Abschluss 1980 für diverse Zeitungen in Florida. Er profilierte sich als Polizeireporter. Seine Arbeit gefiel und fiel auf. Nach einigen Jahren heuerte die „Los Angeles Times“, eine der größten Blätter des Landes, Connelly an.

Nach drei Jahren in Los Angeles verfasste Connelly „The Black Echo“ (dt. „Schwarzes Echo“), den ersten Harry-Bosch-Roman, der teilweise auf Fakten beruht. Der Neuling gewann den „Edgar Award“ der „Mystery Writers of America“ und hatte es geschafft.

Michael Connelly arbeitet auch für das Fernsehen, hier u. a. als Mitschöpfer, Drehbuchautor und Berater der kurzlebigen Cybercrime-Serie „Level 9“ (2000). Mit seiner Familie lebt der Schriftsteller in Florida. Über das Connellyversum informiert stets aktuell [die zugehörige Website]http://www.michaelconnelly.com.

Die Michael-Haller-Serie erscheint gebunden bzw. als Taschenbuch im Wilhelm Heyne Verlag:

1. Der Mandant („The Lincoln Lawyer”, 2005)
2. So wahr uns Gott helfe („The Brass Verdict”, 2008)*
3. The Reversal (2010; noch kein dt. Titel)*

* Crossover mit Harry-Bosch-Serie

|Gebunden: 512 Seiten
Originaltitel: The Brass Verdict (New York : Little, Brown, and Company 2008/London : Orion Books 2008)
Übersetzung: Sepp Leeb
Deutsche Erstausgabe (geb.): Februar 2010 (Wilhelm Heyne Verlag)
ISBN-13: 978-3-453-26636-0|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Michael Connelly bei |Buchwurm.info| (in Veröffentlichungsreihenfolge):_

|Harry Bosch:|

[„Schwarzes Echo“ 958
[„Schwarzes Eis“ 2572
[„Die Frau im Beton“ 3950
[„Das Comeback“ 2637
[„Schwarze Engel“ 1192
[„Dunkler als die Nacht“ 4086
[„Kein Engel so rein“ 334
[„Die Rückkehr des Poeten“ 1703
[„Vergessene Stimmen“ 2897
[„Kalter Tod“ 5282 (Buchausgabe)
[„Kalter Tod“ 5362 (Hörbuch)
[„Echo Park“ 3917

[„Das zweite Herz“ 5290
[„Der Poet“ 2642
[„Im Schatten des Mondes“ 1448
[„Unbekannt verzogen“ 803
[„Der Mandant“ 4068
[„L.A. Crime Report“ 4418

Josh Bazell – Schneller als der Tod (Lesung)

Mit seinem Romandebüt mischt sich Josh Bazell in den überquellenden Markt der Mafia-Thriller ein. Was langweilig klingt, da man meint, zu diesem Thema schon jegliche Nuance gehört zu haben, entpuppt sich als ein Roman nach dem Humor eines Quentin Tarantino, böse und zugleich aufs Äußerste komisch. Dabei vergleicht Bazell den Profikiller mit einem Klinikarzt und es fällt schwer, Sympathie für einen der beiden Berufe zu entwickeln. Bazells Protagonist jedoch, der Ich-Erzähler Peter Brown alias Piedro Brnwa, vereint beide Aspekte der Brutalität in sich und wird dadurch zu einem perfekten Sympathieträger …

Ein Arbeitstag für den Arzt Peter Brown beginnt mit einer brutalen Konfrontation mit seiner Vergangenheit: Ein armseliger Penner bedroht ihn mit einer billigen Pistole. Brown erledigt ihn medizinisch exakt und als perfekt ausgebildeter Profikiller, wobei er (wie er in seiner trockenen Erzählweise mitteilt) seinen tödlichen Hieb im letzten Moment von der Kehle weg zur Nase richtet und den Angreifer so nur K. o. schlägt.

In seinem vom Drogenentzug verwirrten Zustand nimmt er die Waffe an sich und sucht dann im Krankenhaus fieberhaft nach einem Versteck, das so schnell niemand außer ihm finden soll. Im Aufzug trifft er eine junge, unerfahrene Vertreterin pharmazeutischer Produkte, die sich treu nach dem Motto richtet: Sex sells! Von ihr bekommt er einen kleinen Schub der richtigen Drogen, ehe er sich reichlich unkonzentriert, aber trotzdem offenbar mit gehörigem Sachverstand, ins unerbittliche Tagesgeschäft der Ärzte wirft.

Seine Vergangenheit holt ihn endgültig ein, als ihn ein todkranker Patient erkennt und als „Bärentatze“ anspricht, ein Kosename seiner alten Verbindung in der Mafia, aus der er sich über ein Zeugenschutzprogramm freigekauft hat. Und während Brown noch mit der krankenhausinternen Bürokratie kämpft, informiert der schmierige Mafiosi die Bande über den Aufenthaltsort des Ehemaligen …

Christoph Maria Herbst liest und erzählt diese Geschichte mit einer typisch rauen Gangster-Stimme, die ähnlich eindrucksvoll ist wie Robert de Niros deutscher Synchronisator Christian Brückner. An manchen Stellen stöhnt er sich durch einen Absatz, um dann wieder trocken und leidenschaftslos über die medizinischen Aspekte des Tötens zu sprechen. Übrigens ist dies eine interessante und lehrreiche Verbindung, der Killer und der Arzt. Man lernt einiges über den menschlichen Körper, auch wenn es schließlich im Showdown etwas zu weit führt, aber dazu weiter unten.

Die Geschichte spielt sich auf zwei Ebenen ab. Peter Brown erzählt neben seinem Bericht über seinen erneuten Mafiakontakt im Krankenhaus (den er dem Stil seiner Erzählung nach in einer Anhörung wieder gibt), wie er überhaupt zur Mafia kam und was er dort erlebte, was ihn schließlich umkrempelte und zu einem ackernden Arbeitstier im Zeugenschutzprogramm machte. Das sind gleich zwei spannende Geschichten parallel, die jede für sich spannend und echt fesselnd erzählt werden. Zwischen ihnen gibt es eigentlich lange keine weiteren Berührungspunkte, bis sich die persönlichen Reibereien der Vergangenheit explosiv entladen und zu einem gewissenlosen Mordanschlag führen, der in letzter Konsequenz für Piedros endgültigen Wandel ausschlaggebend ist. Hier schlägt Bazell dann die Brücke in die erzählte Gegenwart, wo sich die Kontrahenten unter anderen Vorzeichen erneut begegnen und ihren Zwist zu einem Ende bringen.

Was lässt sich über die Charaktere sagen: Der Ich-Erzähler ist Piedro Brnwa, der eigentlich über seine Zeit als Peter Brown berichtet. Man erfährt über den engen Kontakt zu ihm (und wahrscheinlich gelingt das im Hörbuch noch besser als im Roman, da man scheinbar ihm direkt zuhört und seine Regungen in der Stimme erfährt), wie er denkt und fühlt und wie er sich zu dem entwickelte, was er zu seiner Zeit als Killer war. Dabei rückt er seine Motive in ein zwiespältiges Licht von Moralität, da er sich nie ohne eingehende Information über seine Opfer zu einem Mord kaufen ließ, sondern immer erst von ihrer Schuld überzeugt sein wollte. Außerdem zeigt der intensive Tag, den man mit Brown im Krankenhaus erlebt, wie er nach seiner Zeit als Killer zu einem Arzt wurde, der zwischen den Mühlsteinen der Bürokratie versucht, Menschenleben zu retten, Leiden zu lindern und sich zum Teil von seiner Schuld als Mörder frei zu arbeiten. Dabei klingt sowohl in Herbsts Stimme als auch durch den Text selbst immer die Müdigkeit des täglichen Kampfes, die Resignation und der Wille, sich gegen die tumbe Geistlosigkeit der Mitmenschen und des Systems durch zu setzen, an und gibt dem Menschen Brnwa/Brown weitaus mehr Rückgrat und Sympathie, als es ein bloßer Profikiller der einschlägigen Literatur sonst erreichen kann.

Durch den Blickwinkel bleiben die anderen Figuren fremder, doch die Ereignisse und Browns Erzählung entwickeln zumindest seinen Jugendfreund und späteren unerbittlichen, geistlosen und brutalen Gegner Skinflick auf glaubhafte Art, wenn sie auch nicht sehr kreativ ist: Unfähiger Sohn eines erfolgreichen Mafiosos hängt sich an einen gleichaltrigen Freund des Vaters, der der perfekte Sohn sein könnte, um Zugang zu den Kreisen des Vaters und dessen Respekt zu ergattern. Schließlich wird er enttäuscht und gedemütigt und startet einen Rachefeldzug, an dessen Ende es höchstens einen Überlebenden geben kann.

Die Sprecherleistung ist weitgehend überzeugend, mehr noch, fesselnd, denn Herbst versetzt sich hervorragend in Brnwa hinein und intoniert auch die anderen männlichen Protagonisten gekonnt. Schwachpunkt sind nur die Frauen. Hier zeigt sich, dass wirklich nicht jeder Mann die hohen Stimmen von Frauen nachahmen kann. Dadurch verliert Brnwas einzige Liebe, der Herbst zwar mit besten Möglichkeiten versucht, eine angenehme Stimme zu verleihen, die überzeugende Darstellung als eben diese einzigartige Frau, die sie dem Text nach ist.

Wie oben gesagt, entwickelt sich die Geschichte auf faszinierende Weise realistisch und trotz aller Brutalität sympathisch, bis Skinflick und Brown sich zu ihrem finalen Zweikampf treffen. Die Inszenierung ist sehr gut gemacht, und wieder überzeugt Brown mit fundiertem medizinischen Wissen, doch der Knackpunkt, die Selbstverstümmlung, ist der einzige Schwachpunkt der Geschichte. Hier wird ein absoluter Höhepunkt angestrebt, der dieser Geschichte gerecht wird, und damit schießt Bazell übers Ziel hinaus.

Insgesamt ist das Hörbuch uneingeschränkt empfehlenswert. Ein Romandebüt der Extraklasse, von dem sich einige etablierte Autoren getrost eine Scheibe Überzeugungskraft abschneiden können.

6 Audio CDs
Originaltitel:
Beat the Reaper
Gelesen von Christoph Maria Herbst
Deutsch von Malte Krutzsch
ISBN-13: 978-3867175401

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Magnason, Andri Snaer – LoveStar

_Bissige Satire: Love & Death Incorporated_

Der internationale Konzern LoveStar hat in Island den größten Freizeitpark errichtet, den es je gab. LoveStar ist es gelungen, die Träume der Menschen zu entschlüsseln, die sich vor allem um die Liebe und den Tod drehen. Doch nicht alle lassen sich bei der Beglückung gleichschalten – ein junges Paar schafft es, seine ganz individuelle Liebe zu retten.

Bis ein größenwahnsinniger Mitarbeiter des Konzerns eine noch nie dagewesene Begräbniszeremonie organisiert, das „Millionensternefestival“, bei dem eine Million Tote ins All geschossen werden – um dann gleichzeitig weltweit als Sternschnuppen vom Himmel zu fallen. Allerdings geht dieser Plan nicht so ganz auf wie vorgesehen … (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Andri Snær Magnason, geboren 1973 in Reykjavík, studierte Physik an der Isländischen Universität mit dem Abschluss Bachelor 1997.

Sein erstes veröffentlichtes Werk war der Gedichtband „Ljóðasmygl og skáldarán“ 1995. Es folgten der Gedichtband „Bónusljóð“ und der Kurzgeschichtenband „Engar smá sögur“. Sein bekanntestes Werk sind wohl seine Kinderbücher so wie „Blái hnötturinn“ oder „Sagan af bláa hnettinum“, deutsch: „Die Geschichte vom blauen Planeten“. Dieses wurde in zwölf Sprachen übersetzt und die isländische Band |múm| komponierte dazu 2001 einen Soundtrack. Sein Roman „LoveStar“ wurde im Jahr 2002 veröffentlicht und gewann zahlreiche Auszeichnungen.

Im März 2006 gab Andri Snær Magnason das Buch „Draumalandið – sjálfshjálparbók handa hræddri þjóð“ heraus, auf Englisch „Dreamland: A Self-Help Manual for a Frightened Nation“. Dafür erhielt er 2006 den Isländischen Literaturpreis. Im Februar 2010 erhielt er nach anderen Ehrungen den hoch dotierten Kairos-Preis. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Er bekämpft die Zerstörung des isländischen Hochlands durch das Eindämmen der Flüsse, das zur Aluminiumverhüttung vorangetrieben wird.

_Handlung_

Örvar Arnason ist ein Mann mit einer Vision. Der isländische Vogelforscher hat die sonderbaren Wellen von Vögeln und Schmetterlingen studiert und dabei ein neuartige elektronische Methode zur Markierung von Einzelwesen entwickelt. Das entsprechende Gerät ist winzig und kann sowohl senden als auch empfangen. Diese Entsprechung eines Handys lässt sich auch beim Menschen einsetzen, entdeckt er zu seiner Freude. Und ohne Handy hätten die Menschen endlich wieder beide Hände frei, um andere, sinnvollere Dinge zu tun, als ständig mit einem Hörer am Kopf herumzulaufen.

Nachdem er das Patent erhalten hat, nennt sich Örvar LOVE-STAR und gründet die gleichnamige Firma zwecks Vermarktung von Geschäftsmodellen, die auf diesem Gerät basieren. Weil die Vogelwellen die Satellitenübertragungen stören, ist seinem „Digitalfunk“ Erfolg beschieden. Natürlich nutzt er zunächst sein Heimatland als Versuchsfeld, bevor er den Rest der Welt beglückt. Schon bald stutzen die Isländer über neuartige Phänomene.

|Marketing für Handfreie|

Da gibt es beispielsweise die KRÄHER. Sie sind die neuzeitliche Entsprechung zum Marktschreier. Allerdings geben sie nur Werbesprüche von sich, die ihnen die LoveStar-Zentrale, an die sie ihr Sprachzentrum vermietet haben, auch eingegeben hat – wandelnde Litfasssäulen also. Und es gibt die GEHEIMWIRTE. Sie streuen im Sinne des viralen Marketings Werbeparolen, empfehlen selbst schlechteste Filme in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, betreiben also bezahlte Mundpropaganda – gegen Cash versteht sich. Beide, Kräher und Geheimwirte, erwerben sowohl Geld als auch Bewertungspunkte im System von LoveStar, so dass sie sich ihren Aufstieg im aufstrebenden Konzern verdienen können. Demokratisch und gerecht, oder nicht?

|LoveDeath|

Eine weitere Idee, welche Örvar Arnason gekommen ist, vermarktet er jetzt als LoveDeath: Er schießt Verstorbene mit Billigraketen in die Umlaufbahn und lässt sie wieder abstürzen. Bei Wiedereintritt in die Atmosphäre verglüht die Rakete und schickt als aufflammendes Feuerwerk einen letzten Gruß an die auf der Erde andächtig zuschauenden Hinterbliebenen. Nach fünf Jahren braucht LoveStar ganze Flotten von Frachtern aus aller Herren Länder, um die vielen Toten, die seinem Konzern anvertraut werden, transportieren und in den Himmel zu schießen zu können. Die weltweite Markteinführung LoveDeaths steht kurz bevor.

Die Konzernzentrale ist in einen Berg hineingebaut worden. Jeder, der sie mit dem Touristenbus in der isländischen Heide besucht, staunt Bauklötze über die himmelhohe Eingangshalle, die in die Bergflanke eingelassen ist, die Aussegnungsräume und über die zahlreichen Abschussrampen für die Verblichenen. Es vergeht keine isländische Nacht mehr ohne Feuerwerk. Und die Telefonseelsorge REUE sorgt dafür, dass sich immer mehr Isländer vor dem Tod fürchten. Sie beginnen, diejenigen zu beneiden, die den „Absprung“ geschafft haben.

|LoveStar|

Örvar will seinem Land etwas zurückgeben. Zu diesem Zweck hat er LoveStar eigentlich gegründet, sagt er: zur wissenschaftlich fundierten Anbahnung der Liebe. Das Verlieben ist von nun an wegen der ausgeklügelten Computerauswahlverfahren keine Lotterie mehr, keine Iteration aus Verlieben und Entlieben, bis der oder die Nächste kommt, sondern eine verlässliche Zuweisung von WAHREN PARTNERN. Immer mehr Isländer vertrauen darauf, ganz ehrlich, da kannst du jeder Kräher und jeden Geheimwirt fragen.

Und so kommt es, dass auch das Liebespaar Indridi und Sigrídur nach fast genau fünf Jahren und sieben Monaten erfährt, dass es für Sigrídur den WAHREN PARTNER gibt: Per Möller. Indridi, seines Zeichen ein Gärtner auf einer Pflanzenfarm von LoveStar, ist wie vor den Kopf geschlagen. Aber genauso wenig wie die Altenpflegerin Sigrídur will er von seiner Liebe lassen. Zusammen, denken sie, sind sie stärker als der Konzern LoveStar.

|Liebesproben|

Doch der Konzern verfügt über modernste Mittel und Wege. Schon bald macht er den beiden unvernünftigen, UNWISSENSCHAFTLICHEN Turteltauben das Leben erheblich schwererer. Als auch der Einsatz eines Geheimwirts nicht fruchtet, sieht Indridi alsbald in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und wird kurzerhand als Kräher rekrutiert. Wenn ein Kerl seiner einzig wahren Liebe ständig ins Ohr trällert, wie TOLL er ihr SCHICKES Kleid findet, wo es doch von ihrer Oma stammen könnte, stellt das auch seine beste Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe.

Aber das ist erst der Anfang …

_Mein Eindruck_

Auf der einen Seite erscheint das Utopia, das LoveStar alias Örvar Arnason errichtet, zunehmend finsterer in seinen Folgen, auf der anderen Seite erscheint uns die Liebe zwischen Indridi und Sigrídur zunehmend in Gefahr zu sein – eben durch die LoveStar-Utopie. Spätestens nach zwei Dritteln des Buches ist klar, wo unsere Sympathien liegen sollten – bei den beiden Liebenden.

Doch so einfach macht es uns der Autor nicht: LoveStar ist ein Visionär, der ein wertvolles Geschenk erhalten hat, ein Samenkorn mit einem ganz besonderen, nahezu magischen Ursprung. Und Sigrídur scheint sich endgültig in die Arme von inLOVE begeben zu haben, um den ihr zugemessenen Mann kennenzulernen. Kann all dies zu einem guten Ende gelangen? Wahrscheinlich nur im Märchen. Und so kommt es auch.

|Fabel-haft|

Aber dies ist nicht irgendein ein Märchen von den Brüdern Grimm, o nein. Vielmehr haben die Isländer ganz spezielle Märchen, Sagen, Legenden, Fabeln und natürlich epische Sagas – ein ungeheurer Reichtum an Geschichten, den schon Professor Tolkien auszuschlachten wusste, um sein Privatuniversum aufzubauen (er war Spezialist für Altisländisch und Altenglisch). Deshalb sind unsere Liebenden zwar füreinander bestimmt, doch die Liebe muss zuerst über den Teufel und den Tod triumphieren. Darunter läuft gar nichts.

|Die Zauberlehrlinge|

Teufel gibt es genügend in LoveStars Imperium der Liebe. Hier ist alles von der Wissenschaft der Gentechnik, der Fernkommunikation und des verhaltensgestützten Marketings durchdrungen. Die fleißigen Zauberlehrlinge LoveStars haben das Geheimnis der Liebe ebenso ergründet, wie sie den Tod durchorganisiert haben. Nun öffnet sich ihrem suchenden Blick auf das allerletzte Geheimnis: Wohin sich die Gebete aller Menschen richten – es ist ein ganz bestimmter Ort irgendwo in Ostafrika. Mit anderen Worten: Dort wohnt Gott, was alle praktischen Zwecke angeht. Stracks verfügt sich LoveStar dorthin. Nur um auf ein noch größeres Geheimnis zu stoßen – und ein Samenkorn.

|Der Widersacher und das Ende der Welt|

Doch er hat einen Teufel geschaffen, der ihm an Einfallsreichtum ebenbürtig ist: Ragnar. Indem er dessen Ideenreichtum erst von inLOVE, der Vermarktung der Liebe, abgezogen und auf LoveDeath abgeschoben hat, schuf er eine unheilvolle Allianz aus Genialität und Morbidität. Das Ergebnis ist – tadaaa! – das „Millionensternefestival“. Dabei sollen eine Million Tote gleichzeitig erst auf eine Kreisbahn um die Erde gebracht werden – dabei entsteht eine Art Saturnring – und diese dann alle auf ein Kommando hin in die Atmosphäre der Erde abgeschossen werden. Theoretisch sollen sie alle darin wie Meteore verglühen, sozusagen als das ultimative Feuerwerk. Doch leider ist bei der Berechnung der Brenndauer etwas schiefgegangen.

Werden unsere Liebenden, Verkörperungen der Unschuld und Zuneigung, diesen Weltuntergang überdauern oder wie fast der gesamte Rest der Welt unter den Überresten der nicht verglühten Toten begraben werden? Das soll hier nicht verraten werden. Nur eines: Sie haben einen mächtigen und nicht gerade alltäglichen Beistand.

Ein satirisches Märchen also zwischen Utopie und Apokalypse – ist dies die Essenz des Buches? Wäre dies alles, was der Leser mitnehmen könnte, dann würde die Geschichte auf nicht mehr als ein hübsche Idee hinauslaufen. In Wahrheit handelt es sich jedoch aufgrund der Kraft der Satire um einen bissigen, wenn auch charmant vorgetragenen Angriff auf zahlreiche Werte, die die heutige Welt bestimmen.

|Der Teufel in der Maschine|

Der Erfindungsreichtum LoveStars, der die Menschen von Handys, Liebesirrtümern, elenden Siechtum usw. befreien soll, läuft auf eine Entmündigung hinaus, im Falle von Indridis und Sigrídurs Schicksal gar auf kriminelle Machenschaften. Doch die Firmenleiter haben im Geist der Maschine einen Teufel geschaffen, der sich nur zu bereitwillig gegen die Ziele der Wohlmeinenden und zur Verfolgung egoistischer Ziele einsetzen lässt. Der Computermanipulation ist, wie jeder weiß, stets Tür und Tor geöffnet. Der Autor verteufelt nicht die Rechenknechte, sondern ihre fahrlässigen Bediener und Verwalter.

|Tödliches Marketing |

Ein weiteres Angriffsziel, das der Autor aufs Korn nimmt, ist das Marketing. Hier kennt er sich offenbar bestens und womöglich aus eigener Anschauung aus. Die Mechanismen, die die Marketingabteilung LoveStars anwendet, sind heute alle bereits im Einsatz. Doch aufgrund der (mehr oder weniger freiwillig gewährten) Übernahme des Sprachzentrums von Mitarbeitern lassen sich den Werbebotschaften weitaus glaubwürdigere Übermittler zugesellen: Der Mensch ist das Medium! Marshall McLuhan, der Künder des Slogans „Das Medium ist die Botschaft!“, würde sich im Grabe umdrehen. Aber der Autor folgt lediglich der Logik der Entwicklung zur letzten Konsequenz.

|Liebe und Tod GmbH|

Ein drittes Ziel ist die profitorientierte Bewirtschaftung der letzten tabuisierten Lebensbereiche: Tod und Liebe. Da karren die Isländer Mütterchen und Väterchen zur Festung von LoveStar, um sie abschießen zu lassen und als Feuerwerk zu genießen – eine Wachstumsbranche. Von inLOVE werden die Liebenden neu berechnet, um den wahren Geliebten zu finden. Dieser Schuss geht allerdings nach hinten los: Wunschlos glücklichen Menschen kann man einfach nichts mehr verkaufen, mit dem sie ihre Unzufriedenheit besänftigen könnten, beispielsweise ein dickeres Auto oder eine schickere Waschmaschine (oder ein Apple iPad). Dumm gelaufen, LoveStar. Tatsächlich erinnert sein Imperium stark an das von Kultfirmen wie Apple, Virgin (Richard Branson) oder Microsoft.

|Mickey der Fleischfresser|

Es gibt noch zahlreiche weitere Einfälle, die Seitenhiebe auf liebgewordene Kulturikonen austeilen. In einer grotesken Szene stellen uns LoveStars Zauberlehrlinge das neueste, gentechnisch produzierte (und patentierte) Haustierchen vor: Mickey Mouse! Diese echten Riesenmäuse ähneln Walt Disneys gezeichnetem Vorbild bis aufs runde Näschen und die süüüßen großen Öhrchen. Doch unter dem Fell, das gestreichelt werden will, verbirgt sich ein Raubtier, das am liebsten Kinder anfällt! Daran müssen die Gentechniker noch ein wenig schrauben. Zu dumm, dass einzelne Länder in Fernost bereits Chargen des fehlerhaften Maskottchens erhalten und in Umlauf gebracht haben. Die Zeitungen berichten von ersten Zwischenfällen …

|Eine Schwäche?|

Eine der Schwächen, die ich dem Roman vorwerfen könnte, ist seine Unausgewogenheit. Die Story selbst reicht gerade mal für hundert Seiten, also eine Novelle. Doch der Autor hat sie durch Beschreibungen zahlreicher Nebenfiguren und vor allem durch Meditationen seiner Hauptfigur LoveStar so aufgeblasen, dass die Story eine weltumspannende Bedeutung annimmt und zur Besichtigung eines Zeitalters – verzerrt durch den Spiegel eines warnenden Narren – gerät.

Kein Wunder also, dass die meiste Action im ersten und im letzten Drittel zu finden ist. Zunächst muss der Konflikt herbeigeführt und zuletzt aufgelöst werden – mit den bekannt fatalen Verwicklungen. Gerade das Finale hat mich umgehauen. Hier wartet der Autor mit zwei oder drei netten Ideen auf, die man so noch nirgends gelesen hat. Und so schloss ich das Buch mit einem recht zufriedenen Gefühl und dem Appetit, es noch einmal zu lesen, diesmal in aller Ruhe.

|Die Übersetzung|

Die Übersetzung aus dem Isländischen ist fehlerlos gelungen und es finden sich kaum nennenswerte Druckfehler. Auch der deutsche Stil lässt keine Wünsche offen, es sei denn, man wünscht sich eine etwas flapsigere Ausdrucksweise. Diese beherrschen aber nur sehr wenige Übersetzer sicher, so etwa Bernhard Kempen. Und so wirkt der deutsche Stil zwar korrekt, aber auch ein wenig blass und kraftlos. Manchmal kann man eben nicht beides bekommen.

_Unterm Strich_

Die Satire nutzt sowohl die Mittel der Sciencefiction als auch der reichen Erzählkultur Islands. Im ersten und letzten Drittel überzeugt die Geschichte daher mit einem straffen, ziemlich unvorhersehbaren Plot, der sich zu einem grandiosen Finale aufschwingt. Im Mittelteil kommen der Satiriker und der Werbefachmann zur Geltung, was mitunter zu seitenlangen Rückblenden, Meditationen usw. führt.

Überhaupt bleibt der Mensch Örvar Arnason seltsam blass: Er hat die beste aller Welten gewollt, seine Familie auf dem Altar dieses Ziels geopfert und sich zu Gott aufgeschwungen, aber dennoch einen Teufel und die Hölle auf Erden geschaffen. Dass alles „gut gemeint“ gewesen sei, hilft ihm jetzt auch nicht mehr: Er ist der einsamste Mensch des Planeten, als er den Löffel abgibt. Nicht er schreibt das letzte Kapitel, sondern die Überlebenden. Ob die Liebenden dazugehören werden, soll hier nicht verraten werden.

„LoveStar“ ist keine Thriller- oder SF-Massenware, sondern erfordert schon ein wenig Offenheit und Mitdenken vom Leser, um all die ungewöhnlichen Ideen zu durchdenken. Besonders der Mittelteil kann so zu einer gewissen Durststrecke werden. Doch dafür wird man durch ein fulminantes Finale belohnt. Der Autor wurde dafür nicht ohne Grund mit Preisen ausgezeichnet.

|Originaltitel: LoveStar, 2002
Aus dem Isländischen von Tina Flecken
299 Seiten
ISBN-13: 9783785760284|
http://www.luebbe.de

Andri Magnason

DiClaudio, Dennis – kleine Erotiker, Der

_Inhalt_

Halten Sie stets den Blick zu Boden gesenkt, aber nicht aus Schüchternheit, sondern wegen Ihres besonderen Faibles für Füße? Betrachten Sie Kuscheltiere nun wirklich mit ganz anderen Augen als Ihre Mitmenschen? Ist Natursekt der einzig wahre Sekt für Sie? Erwärmen sich bei Ihnen Herz und Lenden nur bei Comicfiguren? Beneiden Sie Säuglinge um ihre Art der Nahrungsaufnahme?

Oder trifft vielleicht nichts davon auf Sie zu, Sie wüssten aber gern mehr über Fetische jeglicher Couleur? Dann kann „Der kleine Erotiker“ Ihnen weiterhelfen.

Zweiundvierzig verschiedene Spielarten der speziellen Vorlieben hat Dennis DiClaudio zu einer Art humoristischen Lexikon zusammengefasst, mit praktischen Tipps, einem kleinen Einblick in die psychologischen Wurzel des jeweiligen Fetischs und einem Gutteil gutmütigen Humors.

_Kritik_

DiClaudio hegt keinen Absolutheitsanspruch – seine Auswahl an Fetischen ist nur ein Bruchteil dessen, was es da draußen so gibt. Er gibt auch nicht alle Fakten wieder. Das macht aber nichts, da sein Lexikon sowieso nicht komplett ernst gemeint ist. Die Lektüre ist ein harmloses Vergnügen, immer mal wieder unterbrochen von gelindem Entsetzen, während sich im Kopf das alte „Ärzte“-Lied abspielt: „Das sind Dinge, von denen ich gar nichts wissen will …“

Der Stil ist dem zwanglosen Inhalt angemessen: Leger, unernst, sprachlich korrekt, aber flapsig. Alles in allem handelt es sich um ein kleines Buch, über dessen Existenznotwendigkeit man sich zwar streiten könnte, das aber durchaus zwei, drei vergnügliche Stunden bereiten kann.

_Fazit_

Wollen Sie wirklich etwas über die medizinischen Grundlagen lernen, dann ist „Der kleine Erotiker“ sicherlich nicht die Quelle, die Sie suchen. Möchten Sie dagegen einen groben Überblick über die Auswüchse und Abgründe der menschlichen Lust, respektlos, ein wenig albern und durchwegs kurzweilig dargeboten? Dann sind Sie mit der Lektüre hingegen gut beraten.

|Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
Originaltitel: The Deviant’s Pocket Guide to the Outlandish Sexual Desires Barely
Contained in Your Subconscious
Aus dem Amerikanischen von Anne Uhlmann
ISBN-13: 9783421044105|
[www.randomhouse.de/dva]http://www.randomhouse.de/dva/

Colin Forbes – Kalte Wut [Tweed 12]

Britische Geheimagenten jagen einen superreichen, völlig wahnsinnigen Milliardär, der nach der Weltherrschaft strebt, kreuz und quer durch ‚Europa‘ … – Die ohnehin ausgelaugte Kolportage-Story wird plump, spannungslos und logikfrei erzählt, die Figuren-‚Zeichnung‘ verlässt nie die 1. Dimension, die Schauplätze werden im Stil britischer Trash-Thriller der 1960er Jahre präsentiert. Auch stilistisch ist Schmalhans Küchenmeister: ein fürchterliches Machwerk!
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Harry Carmichael – Notausstieg

Als bei einem Flugzeugabsturz der hoch versicherte Pilot stirbt, soll John Piper im Auftrag der Versicherung feststellen, ob bei diesem ‚Unfall‘ alles mit rechten Dingen zuging. Die Ermittlungen enthüllen einen Betrugsversuch, der allerdings gänzlich anders ablief, als Piper zunächst annimmt … – Wenig spektakulärer aber sauber geplotteter Thriller, dessen Flughafen-Hintergrund einen (dringend erforderlichen) Zusatzreiz auf den Leser ausübt: Krimi aus einem erzarmen Seitenarm der Genre-Minen.
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Abbott, Jeff – Run! Es geht um dein Leben

_Das geschieht:_

Seit seine Gattin vor zwei Jahren einem Mordanschlag zum Opfer fiel, vergräbt sich Ben Forsberg in Arbeit. Er berät private Sicherheitsfirmen, die von der US-Regierung angeheuert werden, um in Krisengebieten das Militär zu entlasten – ein einträgliches Geschäft, bis Forsbergs Visitenkarte in der Tasche eines berüchtigten Auftragskillers gefunden wird. Dieser hatte gerade einen US-Agenten erschossen, bevor ihn selbst die tödliche Kugel des Pilgrims, eines Attentäters im Dienst des „Kellers“ – einer streng geheimen und illegalen, weil außerhalb jedes Gesetzes agierenden Gruppe innerhalb der CIA -, traf.

Nach dem 11. September 2001 wurden die Menschenrechte in den USA stark eingeschränkt. Wer im Verdacht steht, einer terroristischen Organisation anzugehören, darf vom Heimatschutz festgenommen und verhört werden, wobei die Grenzen zur Folter fließend sind. Forsberg gilt als schuldig, seinen Unschuldsbeteuerungen schenkt man weder Gehör noch Glauben. Ausgerechnet vom Pilgrim wird Forsberg gewaltsam befreit. Der Killer musste feststellen, dass man ihn ausschalten will. Die Annahme eines Komplotts liegt nahe. Pilgrims Nachforschungen ließen ihn auf Ben Forsberg stoßen, der ebenfalls als Sündenbock missbraucht wird.

Gemeinsam sollte es einfacher sein, die Intrige aufzudecken, denkt sich Pilgrim. Freilich hat er die Rechnung ohne den entsetzten Forsberg gemacht, der trotz seiner Abneigung gegen den übereifrigen Heimatschutz nicht gedenkt, mit einem Killer gemeinsame Sache zu machen. Die Realität belehrt ihn rasch eines Besseren: Sowohl die US-Behörden als auch gedungene Killer sind hinter ihm und Pilgrim her. So tun die beiden Männer sich zusammen. Während sie vor den allgegenwärtigen Verfolgern flüchten, suchen sie den Drahtzieher, der sie unbedingt tot sehen will …

_Das Leben schlägt (Leber-) Haken_

Ein einfacher Durchschnittsmensch lebt sein gewöhnliches Leben, bis ihn der Zufall in eine Krisensituation wirft, der er eigentlich nicht gewachsen ist. In der Not entdeckt unser profilarmer Zeitgenosse plötzlich den Tiger in sich; er flüchtet nicht mehr, sondern stellt sich den Gegnern, die nun ihr blaues Wunder erleben bzw. tief ins Gras beißen müssen: Diese Konstellation taugt für alle Unterhaltungs-Genres. Besonders gern wird sie im Thriller aufgegriffen, der aufgrund seiner Struktur, die in der Regel weniger auf komplexe Plots als auf Geschwindigkeit und Sachbeschädigung setzt, den Wechsel vom Alltag zum Chaos schnell und reibungslos bewerkstelligen kann.

Jeff Abbott geht auf Nummer Sicher und vergesellschaftet besagten Durchschnittsmann mit einem Berufsmörder. Damit dies die Mehrheit der Leser nicht abschreckt, sondern fesselt, mutiert der Pilgrim zum „guten Mörder“, der nur Strolche austilgt, die ihr Ende weidlich verdient haben. Auf diese Weise entlastet, kann er während regelmäßig in die Handlung eingebauter Verfolgungsjagden beinhart durchgreifen, die Funktionsweise immer neuer Waffen und Kampftechniken demonstrieren sowie bizarre Schlupfwinkel aufsuchen, die Geheimagenten anscheinend ebenso eifrig anlegen wie Eichhörnchen Verstecke für ihre Wintervorräte.

Was den Plot angeht, bildet „Run!“ eine Ausnahme vom reinen Highspeed-Thriller. Die Story ist so verwirrend wie die Realität des 21. Jahrhunderts. Das klingt wie eine Phrase und passt daher gut, da die Auflösung von Fronten typisch für das Genre ist. Nach dem Untergang des Ostblocks sind die politischen Verhältnisse ständig undurchsichtiger geworden. Thriller-Autoren bietet sich die Welt als Schlaraffenland potenzieller Schurken dar. Sie können sogar die ursprünglich ordnenden Kräfte einbeziehen, wie Jeff Abbott es im Vertrauen auf multimedial misstrauisch gestimmte Leser praktiziert: Politik, Geheimdienste und Militär sorgen zuverlässig für Skandale, die in erster Linie zu belegen scheinen, dass sich „Gut“ und „Böse“ in ihren Methoden so stark angenähert haben, bis eine Unterscheidung unmöglich wird.

|Im Gewirr moderner Gewalttäter|

Die genannten Gruppen wurden nicht durch Abbott erstmals in die Rollen von Bösewichten gesteckt. Ihm gelingt eine kleine aber immerhin neue Ergänzung: Das Outsourcing hat längst auch die US-Behörden, die Geheimdienste und das Militär erreicht. In den „Krieg gegen den Terror“ ziehen verstärkt private „Berater“ und „Sicherheitskräfte“. Sie werden von Firmen angestellt und betreut, die sich ihre Dienste fürstlich bezahlen lassen. Dies schont zwar weder das Staats- noch das Militärbudget, aber es schönt die Bilanzen: Kosten und Verluste tauchen nicht in jenen Statistiken auf, die von der lästigen Opposition und den Medien scharf beobachtet und kritisiert werden.

Privatwirtschaft und Krieg fanden erst in den letzten Jahrzehnten so harmonisch zusammen, wie sie heute und (hoffentlich) bei Abbott überspitzt auftreten. Der Pilgrim legt dar, was daran falsch ist: Kriege und der Kampf gegen den Terror sollten idealistisch unterfütterte Maßnahmen sein und ausschließlich geführt werden, um Gewalt zu beenden. Stattdessen hat sich ein Geschäft daraus und darum entwickelt, wobei es im Interesse der privaten Nutznießer liegt, dass die Welt nie wirklich friedlich wird. Der Pilgrim, ein desillusionierter Veteran, bekennt sich hier zu einer altmodisch wirkenden Ethik.

Abbott geht einen Schritt weiter: Die Geister, die sich die Regierung rief, wird sie nicht mehr los. Die böse Sicherheitsfirma infiltriert den US-Geheimdienst, um auf diese Weise sicherzustellen, dass sie zukünftig bei der Vergabe von Aufträgen berücksichtigt wird. Hier ist des Lesers Aufmerksamkeit gefragt, denn Abbott beginnt einen Hexenkessel getarnter, doppelt oder dreifach umgedrehter Agenten zu konstruieren, in dem die Übersicht nicht nur den Romanfiguren schnell verlorengeht.

|Ohne Burnusträger geht es nicht|

Geheime Gruppen innerhalb des Geheimdienstes, die von „außen“ ferngesteuert werden: Abbott treibt das Verwirrspiel auf die Spitze. Gleichzeitig mag er auf bewährte Schurken nicht verzichten. Die kommen in bzw. für die USA bevorzugt aus dem Nahen Osten. Sie werden von fundamentalistischen Mordbrennern, die dort an jeder Straßenecke konspirative Treffen abhalten, zu Attentätern ausgebildet, die anschließend rudelweise in die USA einsickern, um dort im Idealfall weitere Hochhaustürme zum Kippen zu bringen.

Abbott scheint den Drang zu verspüren, dieses Bild zu relativieren. Dabei begeht er eine verständliche aber dennoch unerfreuliche Sünde: Als Autor, der einen Unterhaltungsroman schreibt, beginnt er zu predigen. Jene eingeschobenen Kapitel, in denen der libanesische Ich-Erzähler Khaled seine Geschichte erzählt, sind für die Handlung absolut überflüssig. Khaled wurde vom jugendlichen Lebemann zum Agenten, nachdem seine Brüder bei einem Bombenanschlag umkamen. Dafür waren allerdings fanatische Landsleute verantwortlich, weshalb sich Khaled von der CIA (!) anwerben lässt: „Gute“ Araber kämpfen nicht gegen die USA, sondern treten in deren Dienste, um die wahren Strolche zu züchtigen. Hier kann Abbott offenbar nicht aus seiner US-amerikanischen Autoren-Haut.

|Tempo & Spannung mit einigen Tupfen|

Dabei ist dieses plumpe Bemühen um Völkerverständigung unnötig. „Run!“ ist vor allem und nichts anderes als eine spannende Geschichte. Abbott hat ein Gespür für Tempo und Timing, das er effektvoll für einen zwar überkomplizierten Plot aber eine rasante Handlung einsetzt. Geschickt orientiert er sich für seine Pilgrim-Figur am derzeit aktuellen Jason-Bourne-Vorbild, während er Ben Forsberg auf der Suche nach Gerechtigkeit nicht zum Amateur-Hulk ausarten lässt. Wenn die ungleichen Partner von Erinnerungen an vergangene Tragödien gebeutelt werden, übertreibt es der Verfasser nicht mit entsprechenden Klagegesängen, sondern schafft es in der Regel tatsächlich, ein paar tragische Zwischentöne ins Geschehen zu mischen.

Pläne gehen den Guten wie den Bösen schief, Fehler können korrigiert oder wenigstens überlebt werden. Zwar ahnt der Leser nicht nur, wie die Geschichte ausgehen wird, aber Abbott sorgt dafür, dass ihr Verlauf spannend ungewiss bleibt. Das Finale ist dramatisch sowie tragisch; beidem angemessen findet es in den Ruinen der 2005 durch den Hurrikan „Katrina“ verheerten Stadt New Orleans statt. Abbott hat hier ein Sinnbild für eine in Aufruhr und außer Kontrolle geratene Ordnung gefunden.

Ohne Zuckerstückchen für allzu aus dem seelischen Gleichgewicht gebrachte Leser kommt Abbott freilich nicht aus. Am Ende wird alles gut. Die Bösen sind tot oder werden zur Rechenschaft gezogen, die faulen Stellen innerhalb des Geheimdienstes sind ausgebrannt, die Agenten spitzeln nur mehr offiziell und unter Einhaltung gewisser Regeln den Feinden der Demokratie hinterher. Dafür, dass damit ein nicht gerade realistischer Zustand erreicht ist, versöhnen mehr als 350 Zuvor-Seiten mit spannender Unterhaltung.

_Autor:_

Jeff Abbott wurde 1963 im US-Staat Texas geboren. An der Rice University in Houston studierte er Geschichte und Englisch. Nach seinem Abschluss ging er in die Werbung und arbeitete in einer Agentur.

1994 erschien „Do Unto Others“, Abbotts Romandebüt. Dieser erste Band einer vierbändigen Serie um den Privatdetektiv Jordan Poteet war ein klassischer Krimi. Dies traf ebenso auf die zwischen 2001 und 2003 veröffentlichte Whit-Mosley-Trilogie zu.

Mit „Total Panic“ wechselte 2005 Abbott ins Thriller-Genre. Er spezialisierte sich hier und in den folgenden Romanen auf Durchschnittsmenschen, die unter Druck geraten und in der Krise unerwartete Widerstandskräfte entwickeln.

Mit seiner Familie lebt und arbeitet Jeff Abbott in Austin, Texas. Über sein Werk informiert er auf dieser Website: [Autorenhomepage]http://jeffabbott.com

|Taschenbuch: 480 Seiten
Originaltitel: Collision (New York : Dutton/The Pinguin Group USA 2008)/Run (London : Sphere Books 2008)
Übersetzung: Bea Reiter
Deutsche Erstausgabe: September 2009 (Wilhelm Heyne Verlag/TB Nr. 43440)
ISBN-13: 978-3-453-43440-0
eBook: Oktober 2009 (Wilhelm Heyne Verlag)
ISBN-13: 978-3-641-02792-6|
[www.heyne-verlag.de]http://www.heyne-verlag.de