Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Garry Kilworth – Schatten. Zukunftsroman

Tabubrecher auf dem letzten Vulkan

Auf dem Gipfel des alten Vulkans haben nur zwei Familien überlebt. Das Ergebnis des notwendigen Inzests sind unausweichlich Krüppel und Behinderte unter den Neugeborenen. Doch das macht niemand viel Kopfzerbrechen. Wie einst in Sparta wirft man die „Unerwünschten“ und unnützen Esser kurzerhand in die Tiefe.

Schatten ist eines von diesen Kindern: zwergwüchsig und geschlechtslos – aber er ist ein Genie. Die Familien ahnen nicht, dass viele ihrer dem grausamen Schicksal überantworteten Nachkommen überlebt haben – und in einer Gemeinschaft ihresgleichen Aufnahme fanden, die auf Vergeltung sinnt und einen Rachefeldzug plant. (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Autor
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Clive Woodall – Vogelherz. Tier-Fantasyroman

Kampf ums Vogelland

Das Böse ist lautlos und kommt scheinbar aus dem Nichts. Es ist schwarz, verschlagen und schattengleich: Es sind Elstern, treue Diener ihres Führers Slyekin, der ganz Vogelland mit Tod und Verderben überziehen lässt. Die Singvögel sind fast vollständig ausgerottet, die Elstern beherrschen den Himmel über den Menschenstädten. Sie haben unter anderem dem Rotkehlchen Kirrick alles genommen, was es auf der Welt liebte. Doch es nimmt den aussichtslos erscheinenden Kampf auf, Vogelland vor dem völligen Untergang zu bewahren. (Verlagsinfo)

Hinweis
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Francis Marion Crawford – Das Lächeln des Toten (Gruselkabinett Folge 176)

Teuflisches Spiel mit der Liebe

England, 1911: Auf dem Totenbett verwehrt der alte Sir Hugh Ockram seinem Sohn Gabriel und seiner Nichte Evelyn den Segen für ihre Heiratsabsichten, verweigert aber mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen die Begründung. Gabriel befürchtet eine alte Erblast auf der Familie, die mit merkwürdigen Bestattungsriten und grinsenden Totenschädeln einhergeht. Eines Nachts schwebt eine blasse, seltsam lächelnde Frau vor dem Fenster, die Evelyn zum Verwechseln ähnlich sieht … (Verlagsinfo)

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Samuel R. Delany – Babel 17. SF-Roman

Classic SF: Sprache ist eine Waffe

Die ferne Zukunft. Rydra Wong, eine faszinierend schöne Frau, die als Dichterin interstellaren Ruhm erlangt hat, ist ein Sprachgenie. Aus diesem Grund wird sie vom Kommandanten der Streitkräfte der terranischen Allianz, die mitten im erbitterten Ringen mit interstellaren Invasoren stehen, aufgefordert, Babel 17 zu entschlüsseln, die für Menschen bisher unverständliche Sprache des Gegners.

Rydra Wong macht sich an die schwierige Aufgabe. Und je tiefer sie in die Materie eindringt, desto mehr erkennt sie, dass Babel 17 nicht nur eine Sprache ist, sondern auch ein Instrument, mit dem man Menschen manipulieren und programmieren kann. Babel 17 ist eine tödliche Waffe der Invasoren. (Verlagsinfo)

„Babel-17“ bekam den Nebula Award der US-amerikanischen SF-Kritiker und -Autoren. Meine besprechung würdigt die Moewig-Kurzfassung.
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Hermann Hesse – Siddharta (Lesung)

Heute hängen Millionen Menschen der Religion des Buddhismus an. Sie glauben an die Lehre des Buddha, des Erleuchteten. Doch den Menschen, den man den Buddha nennt, hat es einmal wirklich gegeben: den Brahmanensohn Siddharta. Dies ist seine fiktive Lebensgeschichte.

Das Buch

Siddharta“ entstand in den Jahren nach Hesses Indienreise 1911, die vier Monate dauerte, und erschien erstmals im „Ulysses“-Jahr 1922. Es hatte bis 2005 eine weltweite Auflage von 2,5 Mio. Exemplaren in 42 Sprachen erreicht – eines der erfolgreichsten deutschen Bücher überhaupt. Das Hörbuch gibt das Buch komplett, also ungekürzt wieder.

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Justin Somper – Vampiraten 1: Der Fluch des Ozeans

Fastfood-Piraten

Ein heftiges Unwetter bringt das Segelboot der Zwillinge Grace und Connor Tempest zum Kentern. Während Connor von waschechten Piraten aufgefischt wird, landet Grace hingegen an Bord der berüchtigten Vampiraten. Connor glaubt nicht an den Tod seiner Schwester und unternimmt alles, um sie wiederzufinden. Auch Grace bangt um den verlorenen Bruder – und zunehmend um das eigene Leben. Zwar verbürgt sich ihr Retter Lorcan Furey für ihre Sicherheit, doch kann er sie vor den anderen Vampiren schützen – und vor allem: vor dem Kapitän dieses schaurigen Schiffes?

Der Autor

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Mike Lupica – Robert B. Parker’s Fool’s Paradise (Jesse Stone Krimi 19)

Narren im Paradies

Die Leiche eines Mannes wird am See in Paradise gefunden. Polizeichef Jesse Stone erkennt ihn als einen weiteren Teilnehmer bei einem Treffen der Anonymen Alkoholiker (AA). Doch niemand kennt die Identität des Mannes. Selbst ein Taxifahrer weiß nur zu berichten, dass er ihn vor dem Haus einer der reichsten Familien abgesetzt hatte.

Unterdessen wird Jesse Stone unter Feuer genommen. Ist das eine persönliche Vendetta, fragt er sich. Als auch seine Mitarbeiter Luther Simpson und Molly Crane beschossen werden, wird ihm klar, dass jemand das gesamte Police Department im Visier hat…

Die Autoren
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E.A. Poe & Marc Gruppe – Der Rabe (Gruselkabinett Folge 139)

Poe-Klassiker: Feindliche Seelen-Übernahme

1843 am Rhein: Auf einer Reise lernt ein Engländer in einer alten Stadt am Rhein die äußerst faszinierende Dichterin Lady Ligeia kennen und lieben. Sie arbeitet gerade an einem Werk, welchem sie den Titel „Der Rabe“ gegeben hat… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren. Die Reihe wurde mit dem HörKules ausgezeichnet.

Der Autor

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A.C. Doyle & Marc Gruppe – Harry Price und der Fall Rosalie (Sherlock Holmes Folge 45)

Der Geisterjäger und der Detektiv

Der berühmte Geisterjäger Harry Price hat in seiner Karriere bereits unzählige Trance-Medien des Betrugs überführt. Als bei einer Séance in einer feudalen Stadt-Residenz der Geist eines Mädchens namens Rosalie beschworen wird, und Price keinerlei Merkmale einer Täuschung aufdecken kann, beschließt er, die Herren aus der Baker Street 221b um ihre Mitarbeit zu bitten. Der Meisterdetektiv soll herausfinden, ob Harry Price nicht vielleicht doch einem Betrug aufgesessen ist … (Verlagsinfo)

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Charles Dickens – Der Streckenwärter (Gruselkabinett 128)

Der Geist am Eingang des Tunnels

Das Leben eines Streckenwärters im viktorianischen England war hart, entbehrungsreich und einsam. Die Verantwortung, die diesen Männern übertragen wurde, war jedoch sehr groß. Aber erklärt das wirklich, warum sich der Streckenwärter dieser Geschichte von einer grauenhaften Erscheinung heimgesucht fühlt…? (Verlagsinfo)
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Robert Knott: Robert B. Parker’s Bull River (Ein Cole-&-Hitch-Western)

Parker-Western Nr. 6: Teuflische Rache unter Brüdern

Die Marshals Virgil Cole und Everett Hitch liefern den mexikanischen Banditen „Captain“ Alejandro in San Cristóbal ab, wo er mutmaßlich zwei Männer erschossen hat. Da dort gerade ein Bankraub stattgefunden hat, bittet der Sheriff sie, ihm zu helfen. Bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf zwei Brüder, die Alejandro aus alten Tagen kennt. Als sie herausstellt, dass der Bankräuber gar nicht der ist, für den er sich ausgab und seine angebliche „Frau“ verschwunden ist, müssen sich die beiden Marshals ausgerechnet mit Alejandro zusammentun, um das geld, den Räuber und die Frau zu finden – sie ist die Tochter des Millionärs, dem fast die ganze Stadt gehört, und dementsprechend wertvoll …

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Robert B. Parker – Resolution (Cole & Hitch 2)

Zwei Gesetzeshüter drehen den Spieß um

Nach der blutigen Auseinandersetzung in Appaloosa landet Everett Hitch in Resolution, einer neuen Stadt im mittleren Westen. So neu, dass es wedern ein Gesetz noch einen Sheriff gibt. Hitch nimmt einen Job in Amos Wolfson’s Saloon als Friedenswächter an. Schnell macht er sich einen Ruf als beschützer der Ladies, die im Hinterzimmer arbeiten, und als Mann, der furchtlos vor den Vollstreckern der O’Malley Mine ist.

Die Situation verschärft sich, als O’Malley die lockere Koalition der Viehzüchter bedroht und beginnt, die Unternehmen der Stadt aufzukaufen. Cole kommt in die Stadt und plötzlich finden sich die beiden Freunde mitten in einem Krieg zwischen O’Malley Männern und den Viehzüchtern wieder… (Verlagsinfo)

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C. L. Moore – Der Kuss des schwarzen Gottes. Phantastische Erzählungen

Lilith, Jirel und der Kuss des Schwarzen Gottes

In dieser Erzählsammlung sind zum ersten mal die besten zehn Novellen von C.L. Moore vereint, die meisten erstmals in deutscher Sprache. Herausgegeben wurde die Sammlung von dem bekannten SF-Autor und –Verleger Lester del Rey („DelRey Books“, das jetzt zu Randomhouse gehört) und von der Autorin mit einem Nachwort versehen. Johann Peterka versah das Buch mit interessanten Illustrationen. Der Band „Shambleau“ von 1990 ist identisch mit dem Band „Der Kuß des schwarzen Gottes“ von 1982.

Die Autorin
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Daniel Keyes – Kontakt radioaktiv

Tödliche Berührung

Atomunfälle scheinen schon seit Robert Heinleins Story „Blowups happen“ (1940) und Lester del Reys „Nerven“ (1940) stets ein aktuelles Thema zu bleiben. Diesmal wird der Unfall persönlich. „Wer hat Angst vor Barney Stark?“ hieß das Buch 1971, als es im Nymphenburger Verlag zuerst in Deutschland erschien.
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Asimov, Isaac (Hg.) – Die besten Stories von 1939 (Science Fiction)

Gemischte SF-Qualität: Klassiker neben Talmi

1939 war im Gegensatz zur „Welt da draußen“ ein großartiges Jahr für die amerikanische Science-Fiction. Beim Magazin „Astounding Stories“ war nämlich John W. Campbell sein erstes volles Jahr am Ruder, und er zog eine neue Generation von Autoren heran, die fortan Garanten für SF-Klassiker wurden: Heinlein, Asimov, van Vogt, Sturgeon und viele andere.

Sie wurden unter anderem deswegen zu Klassikern, die bis heute in hohen Auflagen verlegt werden (zumindest Heinlein und Asimov), weil sie der neuen Ideologie des Herausgeber genauestens folgten. Storys sollten eine nachvollziehbare (halbwegs) wissenschaftliche Grundlage besitzen und in einer spannenden Handlung die logischen Konsequenzen daraus aufzeigen. Außerdem durften die Aliens niemals siegen oder schlauer als wir sein, und es gab immer eine Lösung.

Der Fantasy wurde damit ebenso endgültig der Garaus gemacht wie dem Skeptizismus (der „Schwarzseherei“) von H. G. Wells. Doch die Ideologie hatte innerhalb der SF bis Anfang der fünfziger Jahre Bestand und wurde und wird innerhalb von „Astounding“ und seinem Nachfolger „Analog“ bis heute weiterverfolgt. Dass Campbell selbst auf Pseudowissenschaft wie Hubbards Scientology hereinfiel (wie auch van Vogt eine Zeit lang) tat seinem Ansehen keinen großen Abbruch.

Aber Autoren wie Philip K. Dick demontierten ab 1952 Campbells Maximen systematisch eine nach der anderen – und wurden auf diese Weise für uns Heutige weitaus einflussreicher als die erste Generation unter Campbell.
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Manfred Weinland / Simon X. Rost / Florian Fickel – Vampira: Die Blutbibel (Folge 6)

Vampira als Indy: Abenteuer in Nepals Tempeln

Vampira ist eine hübsche junge Halbvampirin, doch die Freunde ihrer verstorbenen Mutter, die Vampire, machen ihr das Leben schwer. Gut, dass Mutter ihr eine Allzweckwaffe mit auf den Lebensweg gegeben hat: ein intelligentes Kleid, das die Gegner fertigmacht.

„Lilith starrt in die Augen der Wesen, Augen, die sie hypnotisieren. Die beiden Hybriden erheben sich in die Luft und stoßen dann auf sie herab. Sie kann nicht verhindern, dass eines der Mischwesen sich mit spitzen Krallen in sie bohrt …“ (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Autor
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Robert Knott – Robert B. Parker’s The Bridge. (Cole & Hitch 3)

Venus und der Marshall: eine mysteriöse Mordermittlung

Eine wichtige, teure Brücke wird gesprengt. Als der Sheriff von Appaloosa nachsehen will, verschwindet er zusammen mit zwei Deputys spurlos. Die Territory Marshals Virgil Cole und Everett Hitch ermitteln und stoßen auf eine skrupellose Bande Verbrecher. Doch wer hat etwas von einer eingestürzten Brücke? Auf der Suche nach den Hintermännern stoßen die Marshals auf einen Sumpf an Korruption.

Gleichzeitig weilt eine Varieté-Show in der Stadt, und deren mysteriöse Wahrsagerin Seraphine wickelt Everett um den kleinen Finger. Ist ihr Liebesspiel nur ein Trick?

Die Autoren

1) Robert Knott

Der Schauspieler, Produzent und Schriftsteller Robert Knott hat zusammen mit Parker das Drehbuch für die Verfilmung von „Appaloosa“, dem ersten Cole & Hitch-Western, geschrieben. Er war zusammen mit Schauspieler Ed Harris an der Produktion beteiligt. Knott schreibt für Bühne, Fernsehen und Film Drehbücher. Robert Knott – Robert B. Parker’s The Bridge. (Cole & Hitch 3) weiterlesen

Manfred Weinland / Simon X. Rost / Florian Fickel – Vampira: Niemandes Freund (Folge 5)

Nicht die Anna-Nicole-Smith-Gedächtnis-Episode!

Vampira ist eine hübsche junge Halbvampirin, doch die Freunde ihrer verstorbenen Mutter, die Vampire, machen ihr das Leben schwer. Gut, dass Mutter ihr eine Allzweckwaffe mit auf den Lebensweg gegeben hat: ein intelligentes Kleid, das die Gegner fertigmacht.

„Anne Smith liegt mit aufgerissenen Augen in einer verlassenen Seitengasse, als Landru ihre Adern öffnet. Er braucht sie nicht einmal zu berühren, um Zugriff auf ihren kostbaren Saft zu erlangen. Wie schon einmal, erschafft er mittels Magie das Replikat eines lilienförmigen Kelchs, in welchen Annes Blut pulst. Bis ihre Gefäße leer sind …“ (abgewandelte Verlagsinfo) Ob die Ähnlichkeit zum Namen von Anna Nicole Smith gewollt ist, sei jedem zur Spekulation überlassen. Immerhin heißt die Episode Nr. 5 nicht „Anna-Nicole-Smith-Gedächtnis-Episode“ …

Der Autor
Manfred Weinland / Simon X. Rost / Florian Fickel – Vampira: Niemandes Freund (Folge 5) weiterlesen

Robert B. Parker – Brimstone (Ein Cole & Hitch-Western 3)

Prediger im Wilden Westen: eine spannende Demontage

Virgil Cole und Everett Hitch sind auf der Jagd: Sie wollen jene Frau finden, an die Virgil in Appaloosa sein Herz verlor. Doch als sie Allie French endlich aufspüren, ist aus der unschuldigen Schönheit eine Prostituierte geworden. Also muss Allie gerettet werden. Nicht nur ihr Leib, sondern auch ihre Seele.

Gemeinsam machen sie sich in die kleine Stadt Brimstone auf, in der sie einen Neuanfang wagen wollen. Doch Allie gerät auf der Suche nach Erlösung unter den Einfluss eines religiösen Eiferers. Dieser will nicht nur Allie für sich gewinnen, sondern aus der Stadt Brimstone ein „neues Bethlehem“ machen – und sein Weg führt über Leichen… (korrigierte & gekürzte Verlagsinfo)

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Wolfsmehl – Königshaut (Hörspiel)

Das musikreiche Hörspiel „Königshaut“ ist ein Gegenstück zum „Jedermann“, in dem die Zeit, und nicht der Tod, die Hauptrolle spielt. Es ist aber auch eine phantastische Zeitreise in die umgekehrte Richtung – ein Märchen für Erwachsene.

Der Autor

Wolfsmehl, geboren 1960, wuchs auf Schloss Fronberg im Oberpfälzischen auf und schrieb Lyrik, Romane, Satire und Theaterstücke. 2004 wurde ihm der Nordgaupreis des Oberpfälzer Kulturbundes für Dichtung zuerkannt. Zusammen mit Sabine Goller führte er auch Regie bei diesem Hörspiel.

Die Sprecher und ihre Rollen

Walter Schmidinger: König, Königshaut
Klaus Maria Brandauer: Die ZEIT
Isabella Grothe: die Königin
Konrad Halver: Erzähler
Rolf Jülich: Bauer, Vater von Allegra
Uli Krohm: Hauptmann
Miriam Maertens: Allegra
Helmut Markwort: Räuber
Dietmar Mues: Narr
Ursula Pages: Wahrsagerin
Jan Hendrik Richter: Prinz, Allegras & Königshauts Sohn

Hier sind also einige namhafte Schauspieler versammelt. Etwas erstaunlich ist der Auftritt von Helmut Markwort, einem Journalisten.

Musik und Lieder

Die Musik sowie die zahlreichen Songs komponierte Hans Kraus-Hübner. Sechs Musiker setzten sie um. Den Gesang zu dem Lied „Ein Stern“ steuerte Bhawani Moennsad bei.

Handlung

Die ZEIT tritt auf: „Im Osten bin ich losgegangen. Nach Westen treibt mich mein Verlagen. Norden und Süden durchquerte ich, verpasse der Welt ein zeitliches Gerüst. Und niemals bleib‘ ich dabei stehn, doch ist es hier und heut‘ geschehn.“

Die ZEIT besucht den jungen König, der sich zu einem Despoten entwickelt hat. Der ZEIT hält er Macht und Stärke entgegen, doch die ZEIT zeigt ihm, dass Alter und Gram Furcht erregende Gegner sein können. Ein Blick über die Mauer zeigt dem König lediglich Gräber. Um ihre Macht zu demonstrieren, belegt die ZEIT den König mit einem Bann. Worin dieser besteht, wird erst allmählich klar.

Seine Gattin, die noch ziemlich knackig sein muss, zeigt sich besorgt über den körperlichen Zustand ihres Mannes, der plötzlich zum Greis geworden ist, und will ihm die Ärzte schicken. Doch ihm steht der Sinn nach handfesteren Dingen: Er weiß, dass sie ihn mit dem Narren betrogen hat. Die Königin fürchtet um ihr Leben und das ihres Geliebten und verleumdet ihn bei seinen Männern. Diese verkennen den alt gewordenen König und verhaften den „Thronräuber“. Obwohl er beteuert, dass die Königin lüge, lassen sie ihn ans Kreuz schlagen. Dort hängt er neben seinem Nebenbuhler, dem Narren.

Die neue Herrscherin ruft zum Krieg auf. Sie hat ihre Rache dafür vollendet, dass er ihren Geliebten ans Kreuz hat schlagen lassen. Als Gnadenbezeigung lässt sie den Alten in die Gosse werfen, während sie ihren Geliebten zu heiraten gedenkt.

Die ZEIT mahnt den Alten, nicht aufzugeben. Auch eine Wahrsagerin prophezeit ihm eine Zukunft. „Nur Mut! Krieche weiter!“ Ein Räuber singt über das sprichwörtliche letzte Hemd und verflucht den Alten als erbärmlichen Bettler, der doch glatt die Frechheit besitzt zu behaupten, der König zu sein. Offenbar ist er auf einmal jünger geworden! Jahre vergehen, bis er in der Mitte des Lebens angelangt ist.

Hälfte des Lebens: Sonnenschein

Das Bauernmädchen Allegra singt von Liebessehnsucht, als ein Mann auftaucht und auf dem Hof ihres Vaters Arbeit als Knecht sucht. Er stellt sich mit einem ellenlangen Namen vor, den sich kein normaler Mensch merken kann, daher nennt ihn Allegra kurzerhand „Königshaut“. Er und Allegra werden zunächst Freunde, dann ein Liebespaar und sie schenkt ihm einen Knaben, den sie einfach „Prinz“ nennen. Man hört, wie ein Kleinkind eine Uhr aufzieht. Jahre vergehen, und die Familie ist glücklich, nachdem Königshaut den Hof geerbt hat.

Doch eines Tages wird ein Spion der grausamen Königin auf die Familie aufmerksam. In einem Streit sterben sowohl der Spion als auch Allegra, und der Bauernhof geht verloren. Er muss mit Prinz auf die Straße und sich dort als Tagelöhner durchschlagen. Während Prinz abenteuerlustiger wird, empört sich Königshaut immer mehr über die Zustände in seinem früheren Königreich, das sie nun betreten haben. Prinz will das Reich der „Großen Spinne“ brennen sehen, sobald er die Wahrheit darüber erfahren hat, wie seine Mutter ermordet wurde. Diese Worte jedoch vernimmt ein weiterer Spion, der die beiden Männer verhaften und in den Kerker werfen lässt.

Ironischerweise trifft Königshaut hier seinen früheren und wirklich alt gewordenen Nebenbuhler wieder, den Narren. Er liegt in Ketten, genau wie seine neuen Gefährten, und beklagt, dass er zwar König geworden war, aber quasi nur für einen Tag. Denn er zeugte der Königin keinen Thronfolger, und so wandte sie sich nach ein paar Jahren einem Jüngeren zu. Sie ließ den Narren blenden und einsperren. Dass Königshaut der frühere König gewesen sei, kann er angesichts der jünglingshaften Stimme nicht glauben.

Da erscheint eines Tages die Königin zu Besuch im Kerker. Da das Volk aufrührerisch geworden sei, seit der sehr beliebte Narr fehle, wolle sie ihn zurückhaben. Dumme Sache: Der besagte Herr hat bereits den Löffel abgegeben. Na schön, kriegt er eben ein Staatsbegräbnis, was soll’s. Sie bietet Königshaut und Prinz die Freiheit, wenn er, Königshaut, bereit sei, die Rolle des Narren zu spielen, um das Volk zu beruhigen. Also macht sie ein „Angebot, das er nicht ablehnen kann“: Sie droht, Prinz zu kreuzigen. Okay, überredet.

Später bittet sie Königshaut, ihr Gemahl zu werden und bereitet die Krönung vor. Prinz, der Thronfolger werden soll, wünscht jedoch etwas ganz anderes: die Freiheit nämlich. Sein Vater zeigt ihm einen Geheimgang, durch den er entkommt. Danach zählt Königshaut die Stunden, bis die Königin ihn holen kommt, um ihn zu krönen. Wird er den Fluch von Hass und Verrat durchbrechen?

Da tritt die ZEIT wieder auf. Diesmal nennt sie sich anders: TOD.

Mein Eindruck

Bei diesem besonders musikorientierten Hörspiel möchte ich mich vor allem auf die Sprecher und die Musik konzentrieren. Deshalb wird dieser Abschnitt hier vergleichsweise kurz ausfallen.

Instant Karma

Der Aufbau der Handlung gleicht einem Kreis, ist aber in Wahrheit eine Spirale. Denn wenn der König wieder in seinen Palast, aus dem er verstoßen worden war, zurückkehrt, dann nicht in den Thronsaal, sondern in den Kerker. Und es handelt sich keineswegs um den gleichen König, was seine Weisheit anbelangt. Anfangs war er ein unwissender Despot, nun ist er ein weiser alter Mann in einem jungen Körper. Würde die ZEIT ihm einen weiteren Zyklus, ein weiteres Karma sozusagen, gönnen, so würde dabei wieder nur eine Spirale daraus. Doch all dies gehört zum „Rad der Zeit“, das des Öfteren beschworen wird.

Leben im Rückwärtsgang

Der Fluch der ZEIT, mit dem sie des Königs Schicksal aus sämtlichen Bahnen wirft, erweist sich nicht als so deprimierend, wie der Zuhörer anfangs befürchtet. Es sieht zwar lange so aus, als ob dieser zweite King Lear alsbald den Löffel abgeben würde, doch so wie der rückwärts in der Zeit lebende Zauberer Merlin (bei T. H. White) auch eine Geliebte (je nach Legende heißt sie Viviane oder Nimue) findet, so wird auch dem jung gewordenen Königshaut die Gnade der Liebe zuteil, in Gestalt der Allegra.

Gnade der Liebe

Sie ist keineswegs eine „Buhle“ wie im „Jedermann“, sondern eine reine Seele, die sich gerne mit Königshaut zusammentut. Allerdings wird nicht thematisiert, wenn ich mich recht entsinne, dass sie sich über seine fortschreitende Verjüngung wundert. Immerhin sind sie ein paar Jährchen zusammen, bis der junge „Prinz“ groß genug ist, um mit seinem Vater auf Wanderschaft zu gehen. Auch der Tod Allegras wird viel zu kurz zur Sprache gebracht, finde ich, gerade so, als ob eine lästige Wendung der Handlung schnell bewältigt werden müsse. Dabei hatte Allegra doch mit ihrem hoffnungsvollen Stern-Lied sämtliche Sympathien des Hörers auf sich ziehen können. Ein ziemlich schnödes Abservieren seitens des Autors.

Die Rache des Narren

Sehr ironisch ist dann jedoch wieder die Begegnung mit seinem Nebenbuhler, dem Narren. Dieser abgelegte Lover der Queen fristet nun im Kerker seine letzten Tage, und da er von ihr buchstäblich und metaphorisch geblendet wurde, kann er auch nicht erkennen, wen ihm nun das Schicksal wieder in seine Zelle geworfen hat: seinen einstigen Rivalen nämlich. Sie haben einander einiges zu sagen über die Gunst von Königinnen und die Vergänglichkeit der Liebe.

Geradezu zynisch wird die Angelegenheit, als der einstige Lover im Interesse der Macht noch einmal wiederauferstehen soll, um das Volk zu beruhigen, das unter den Kriegen der Königin Hunger leidet. Das erinnert an das Finale von „El Cid“, als die Spanier dessen Leiche aufs Pferd binden, damit er die Truppen gegen die Mauren anführe. Allerdings macht der Narr eben keine heroische Figur dabei, sondern eben eine närrische – wie könnte es anders sein. Aber dazu kommt es ja nicht, denn der Narr hat seine Schuldigkeit getan und gibt den Löffel vorzeitig ab, sicher zum Verdruss der Königin – seine letzte posthume Rache sozusagen für die Behandlung, die sie ihm zuteil werden ließ. Es gibt also poetische Gerechtigkeit.

|Märchen oder Fantasy?|

Warum wird eigentlich nicht die Königin eines Besseren belehrt? Nun ja, das wäre doch etwas abgedroschen gewesen. Schließlich haben das ja schon die alten Griechen zur Genüge besorgt. Arachne wurde in eine Spinne verwandelt, Niobe wurde mitsamt ihren Kindern gestraft und viele weitere Frauen bekamen von diversen Göttinen (meistens von Jupiters Göttergattin Hera/Juno) eins aufs Haupt. Diese Variante wäre also gezwungen, eine der alten Sagen zu wiederholen, was doch etwas witzlos wäre.

Stattdessen bekommen wir mit „Königshaut“ die Story von Shakespeares King Lear und T. H. Whites Merlin im Doppelpack, angereichert mit einem ganz eigenen Schluss. Dies ist übrigens keine Fantasy, denn in der Fantasy – jedenfalls nach Tolkien – treten keine Allegorien auf: Verkörperungen abstrakter Begriffe wie Zeit. Eine Ausnahme bildet jedoch TOD. Er hat eine wichtige und nicht mehr wegzudenkende Hauptrolle in vielen der parodistischen Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett – und spricht stets in GROSSBUCHSTABEN. Außer Pratchett traut sich niemand, Allegorien auftreten zu lassen. Das macht „Königshaut“ zu einem modernen Kunstmärchen.

Die Sprecher & die Inszenierung

Ich muss zugeben, dass ich große Probleme hatte, Walter Schmidingers tiefe, alte, raue Stimme zunächst mit einem jungen König zu verbinden. Das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht und ich musste diese Passage noch einmal hören, um schlau daraus zu werden. Aber auch die Königin ist keine junge Hüpferin, sondern klingt schon etwas reifer, sagen wir mal, um die vierzig. Das haut aber ebenfalls nicht hin, denn vom Konzept her ist ihre Figur zwischen 20 und 25 Jahren alt. Das passt auch besser zum Rest der Entwicklung ihrer Figur.

Die ZEIT wird von Klaus Maria Brandauer gewohnt ironisch gesprochen und fand bei mir sehr viel Anklang, selbst dann, wenn Brandauer mal singt. Dann wieder tiefste Verwirrung, als Helmut Markwort, der ehemalige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins FOCUS, anfängt, ein Lied zu schmettern und ich ihn deshalb für einen Bänkelsänger halte. Ist er aber mitnichten, sondern er stellt einen Räuber dar.

Alle anderen Darsteller passen gut zu den jeweiligen Figuren, sei es nun die junge Allegra, der junge Prinz oder der alte Bauer Sepp, Allegras Vater. Gewöhnungsbedürftig dann wieder die Figur des Narren: Wenn er (am Anfang) jung ist und neben dem König am Kreuz hängt, hat er dieselbe Stimme wie im Kerker, an seinem Lebensende nach etlichen Jahren. Natürlich wäre es etwas schwierig gewesen, seinen Sprecher Dietmar Mues mal ruckzuck auszutauschen, denn das hätte den Hörer vielleicht noch mehr verwirrt.

Musik und Songs

Sehr gut fand ich hingegen, dass zumindest eine Figur eine Erkennungsmelodie vorweisen kann: Das ist die Königin. Stets verblüffte mich das Tempo ihrer Erkennungsmelodie, die mindestens aus Achtel- und Sechzehntelnoten besteht und ganz schön flott daherkommt.

Der Großteil der Songs beschäftigt sich auf nachdenkliche oder auch ironische Weise mit aktuellen Themen, wie etwa den verschiedenen Aspekten der Zeit. Bei den Songs handelt es sich nicht um Moritaten, denn diese würden jeweils eine moralisch lehrreiche Erzählung beinhalten. Doch hier sind es einfach sehr schön komponierte Lieder, deren Herkunft man eher aus der Ecke Brecht/Weill („Dreigroschenoper“) vermuten würde.

Einzige Ausnahme davon ist die sehnsüchtige Liebesballade der Allegra. Sie singt von „einem Stern“, dem all ihre Träume und Wünsche gelten. Diese Ballade würde in jedes Musical passen.

Apropos Musical: Für ein modernes Musical fehlt „Königshaut“ erstens die richtige Thematik und zweitens der Glamour. Zeit / Lebenszeit – das ist eine wohl zu abstrakte Materie, um sie in ein Musical zu packen. Und der Glamour stellt sich schon deswegen nicht ein, weil Story und Musik dem entgegenstehen. Brecht/Weill haben ja auch kein Liebeslied für Mäckie Messer geschrieben, sondern stattdessen von einem „Haifisch“ erzählt. Dennoch fehlt am Schluss auch der obligatorische Rausschmeißer nicht, ein fetziger Song für das gesamte Ensemble, bei dem jeder Zuhörer mitsingen darf.

Will also „Königshaut“ unterhalten oder belehren? Es will beides: unterhaltende Belehrung – oder zumindest Erkenntnis. Schließlich handelt es sich um ein Märchen, und der Zweck von Märchen ist, so unterhaltsam sie auch daherkommen mögen, stets auch etwas belehrend. Mal warnen sie, mal loben sie Tugenden. Und Königshaut zeigt, was passieren könnte, wenn …

Unterm Strich

Die Vorlage für das Hörspiel ist eine durchdachte Kombination verschiedener Vorbilder, die eine große Wirkung auf den Leser/Hörer auszuüben vermag. Die Umsetzung im Hörspiel jedoch weist mehrere Ecken und Kanten auf, die das Stück nicht einfach aufzunehmen machen. In erster Linie sind dafür die Stimmen der Sprecher verantwortlich. Ich finde, hier hätte man subtiler und verständnisorientiert besetzen müssen.

Die Songs haben mir gut gefallen, obwohl sie zur Handlung nichts beitragen, sondern lediglich eine Metaebene des Verständnisses bilden: Was eben die Figuren über das Thema Zeit usw. denken und empfinden. Es gibt mehrere Motive wie die Erkennungsmelodie der Königin, und Songs wie den von Allegra, die mir sehr gut gefallen haben. Die meisten Lieder stehen in der Tradition von Brecht/Weill und vielleicht Georg Kreisler („Gehma Tauben vergiften im Park“). Auf einer Bühne dürften sie ihre volle Wirkung entfalten.

„Königshaut“ ist ein Märchen für Erwachsene. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kinder und Jugendliche mit den harten Realitäten, die hier verhandelt werden (Ehebruch, Krieg, Kreuzigung, Raub und Mord) etwas anfangen können. Spaß bereitet das Zuhören wohl erst nach mehrmaligem Anhören.

|84 Minuten auf 2 CDs
Hörbuch Hamburg|