Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Schäfer, Rüdiger – Traum des Navigators, Der (Illochim-Trilogie 3)

Band 1: [„Das Relikt der Macht“ 4863
Band 2: [„Im Bann der Gatusain“ 4907

_Story_

Nach den grausamen Gefechten gegen die besessene Greta Gale begibt sich Atlan erneut auf die Suche nach der Herkunft der Illochim, muss hierzu allerdings ein äußerst unpässliches Zweckbündnis eingehen. Ausgerechnet Trilith Okt, die erbarmungslose Psi-Kämpferin, bietet ihre Dienste an, sofern Atlan ihr die beiden Gatusain-Sarkophage überlässt.

Wohl wissend, dass er mit ihr zusammenarbeiten muss, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, schließt er einen unsicheren Bund und reist an Bord der |Gahentepe| in die Heimat der Illochim, wo er Zeuge eines unglaublichen Geheimnisses wird: Seit Jahren und Generationen werden hier Völker verschiedenster Herkunft versklavt und zur Beschaffung eines seltsamen Erzes mit bislang unbekannten Mitteln manipuliert.

Geschockt versucht Atlan, die Historie des Planeten und der dortigen Sklaverei aufzuarbeiten, um die Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen. Doch nicht nur die übermenschliche Kraft seiner neuen Gegner schränkt ihn hierbei mächtig ein; auch die Begleitung durch Trilith Okt und die beiden Sujadin, die einst den Sarkophag bewohnten, macht dem Arkoniden gehörig zu schaffen …

_Persönlicher Eindruck_

Nachdem die „Illochim-Trilogie“ noch im zweiten Band einige recht unglaubwürdige Wendungen nahm und inhaltlich bereits mehrere Male ihr eigenes Todesurteil vorausschickte, konnte im Finale des Dreiteilers ja eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die Ausarbeitung der Story bis hierhin war nämlich schon in einem solchen Maße dürftig, dass das Interesse der Leser bereits vor der Veröffentlichung des letzten Kapitels radikal abgenommen haben sollte – zumindest wenn man das Potenzial des Geschriebenen vernunftmäßig bewertet hat.

Nun jedoch greift Autor Rüdiger Schäfer noch einmal richtig an: Mit neuen Charakteren, plötzlich generalüberholtem, eigentlich sogar unabhängigem Plot sorgt er für ein richtig spannendes Finale der Saga, welches lediglich einen elementaren Makel aufweist: Die rudimentären Zusammenhänge zu den vorangegangenen Kapiteln reichen kaum aus, um „Der Traum des Navigators“ zu einem inhaltlich zugehörigen Teil dieser Trilogie zu machen. Mit der Ergänzung von Trilith Okt als Hauptperson (die auf ihrer Suche nach dem eigenen Ich jedoch kaum in Erscheinung tritt), einem ziemlich ausgeprägten Flashback einer menschlichen Katastrophe in der Welt der Illochim sowie der Sklaverei auf eben jenem Planeten geraten reihenweise neue Elemente in die Story hinein, die einerseits einen großen Schwerpunkt zugesprochen bekommen, bis dato aber im Rahmen der Saga als völlig bedeutungslos betrachtet wurden. Man mag zwar argumentieren, dass das Rätsel um die Illochim bislang im Verborgenen bleiben musste, um den Mythos ein wenig aufrechtzuerhalten, allerdings sind solch radikale Umschwünge in der Handlung, wie sie im Übrigen auch schon zwischen dem ersten und dem zweiten Band vollzogen wurden, in letzter Instanz doch ein wenig übertrieben.

Die Schwierigkeit, einen fließenden Übergang zu erreichen, manifestiert sich zudem auch im letzten Kapitel selbst. Schäfer schreibt eine wirklich starke Geschichte, die das lasche, bisherige Vermächtnis der „Illochim-Trilogie“ locker in den Schatten stellt, agiert in seiner Erzählung aber dennoch ein wenig sprunghaft. So schmückt er die Vergangenheit von Adrian Deubtar, einem unfreiwilligen terranischen Kolonisten, recht breit aus, stellt aber nachher keine ebenso weit reichende Verknüpfung zwischen seinem Leben und dem seiner Nachfolger her, auf die Atlan später trifft. Die Sache wird am Ende einigermaßen rund, doch gerade bei einer solchen Schwerpunktverteilung scheint manche Priorität doch ein wenig überdimensioniert.

Letzter Kritikpunkt ist das schwammige Ende. Der Autor holt ziemlich weit aus und entwirft ein spannendes, in sich logisches, sogar recht glaubwürdiges Handlungskonstrukt, lässt es dann aber auf den letzten Seiten ziemlich heftig in sich zusammenfallen. Der Spannungsbogen erfährt keinen echten Höhepunkt, und bevor man sich versieht, ist die Trilogie auch schon zu Ende, ohne dabei einen befriedigenden Schlussteil vorzuweisen. Möglicherweise liegt das in der Natur der merkwürdigen Illochim-Saga, aber gerade in dieser abschließenden Ausgabe war doch einiges mehr herauszukitzeln.

Sei’s drum: „Der Traum des Navigators“ ist dennoch das beste Buch dieses Dreiteilers, allein schon wegen des starken Spannungsaufbaus und der feinen Erzählatmosphäre. Was hier noch drin gewesen wäre, wenn die einzelnen Abschnitte der Trilogie schlüssiger miteinander verknüpft worden wären, bleibt indes spekulativ. Doch nach all den biederen Entwicklungen in der Gesamtstory gelingt es Rüdiger Schäfer zumindest, ein versöhnliches Ende zu präsentieren. Und gerade im Abgleich mit der persönlichen Erwartungshaltung ist dies mehr, als man anfangs erhoffen konnte!

|319 Seiten
ISBN-13: 978-3-89064-176-8|
http://www.fanpro.com
http://www.perryrhodan.net

Lukianenko, Sergej – Weltenträumer

Kirill hat sich von seiner Funktion als Zöllner gelöst und ist nun, nachdem er das Hebammenfunktional Natalja ermordet und mehr über die verschiedenen Welten und die Funktionale erfahren hat, als er eigentlich dürfte, vor den arkanischen Soldaten auf der Flucht. Mit dem Zug schlägt er sich von Moskau nach Charkow durch, in der Hoffnung, das Zöllnerfunktional Wassilissa stünde ihm bei und hülfe ihm, den Arkanern zu entkommen. Mit ihrer Hilfe und einer weiteren Zollstelle schafft er es letztendlich, sich nach Veros durchzuschlagen, wo er dann von dem Kurator Kotja, seinem ehemaligen besten Freund, vor einer Horde Polizistenfunktionalen gerettet wird.

So haben die beiden endlich Zeit sich auszusprechen, und Kirill erfährt nicht nur, warum Kotja ihn zum Funktional gemacht und warum er ihn bei ihrem letzten Treffen beinahe getötet hätte, sondern auch, dass Kotja langsam aber sicher seine Macht als Kurator verliert. Gleichzeitig wird Kirill immer stärker, obwohl er kein Funktional mehr ist. Kotja befürchtet, dass Kirill seine Stelle als Kurator einnehmen soll, und so schmieden beide einen Plan, um die Erde der Macht der Arkaner zu entziehen, was sich leichter anhört, als es letztendlich umsetzbar ist.

Kotja schickt Kirill in eine Welt namens Feste, die zwar von religiösen Institutionen regiert wird, es aber geschafft hat, sich der Macht Arkans und der Funktionale zu entziehen. Dort soll Kirill um Hilfe bitten. Doch diese wird ihm verweigert, und als die Arkaner gewaltsam nach Feste vordringen, muss Kirill erneut fliehen und erschafft ein Tor, durch das er in eine für ihn völlig neue Welt gelangt. Dort hofft er, das Herz der Funktionale zu finden, welches es ihm nicht nur ermöglicht, die Macht der Arkaner zu brechen, sondern ihm auch die Antworten auf seine Fragen bringen soll: Wenn Arkan Erde-1 ist, bei welcher Welt handelt es sich dann um Erde-0? Und wieso werden seine Fähigkeiten als Funktional zeitweise stärker, wo er doch kein Funktional mehr ist?

Kirill sieht sich selbst schon kurz vor dem Ziel, doch letztendlich kommt alles ganz anders …

_Eindrücke:_

Die „Welten“-Reihe von Sergej Lukianenko ist eine Mischung aus Fantasy und Science-Fiction. Im ersten Teil der Reihe, „Weltengänger“, wird der Hauptcharakter Kirill Maximow aus seinem Leben herausgerissen und gerät bei Bekannten, Freunden und sogar der Familie in völlige Vergessenheit, bis sich niemand mehr an seine Existenz erinnert. Sogar sein Ausweis zerbröckelt und es existieren keine Daten mehr über ihn – als hätte er niemals existiert. Dies ist nötig, damit er zu einem Funktional werden kann, da bis auf ein paar Ausnahmen unter den Menschen niemand etwas von der Existenz der Funktionale erfahren darf. Von da ab beginnt sein Leben als Zöllner-Funktional, was bedeutet, dass er in einem Turm lebt, der den Übergang in insgesamt vier Parallelwelten darstellt.

Diese Welten unterscheiden sich mehr oder weniger stark voneinander. In der einen gibt es kein Öl, die andere ist in der Antike stehengeblieben und wieder in der nächsten besteht die Luft aus bewusstseinsverändernden Dämpfen, die bei den Bewohnern zu einem andauernden Vollrausch führen. Wieder andere Welten sind gar nicht von Menschen bevölkert oder nur von Tieren bewohnt. Bald schon beginnt Kirill, sich zu fragen, was es mit der Welt der Funktionale auf sich hat und kommt durch seine Recherchen und sein aufmüpfiges Verhalten hinter einige der Geheimnisse der Welt der Funktionale, was ihm nicht nur die furchtbare Wahrheit über die Funktionale zeigt, sondern auch in große Gefahr bringt. Denn von nun an wird er von den Soldaten aus Arkan, Erde-1, gejagt. Doch statt sich zu stellen, versucht Kirill umso mehr, hinter die Geheimnisse der Welten zu kommen und will gegen die Macht der Funktionale ankämpfen.

Damit schickt der Autor Sergej Lukianenko seine Hauptfigur Kirill im zweiten Teil der „Welten“-Reihe nicht nur erneut in völlig neue Welten – wie zum Beispiel Feste, in der die Religion die Macht hat und kleine Terrier als tödliche Kampfhunde gelten -, sondern auch wieder durch alle möglichen Abenteuer. Dennoch unterscheidet sich „Weltenträumer“ von seinem Vorgänger. Während Kirill im ersten Teil noch das Leben als Zöllnerfunktional erfahren durfte und sich das Geschehen im Buch die meiste Zeit in seinem Zöllnerturm oder den Nachbarwelten abspielte, wird er nun als ehemaliges Funktional gejagt und kommt mehr in den Welten herum als im ersten Teil.
Obwohl das Ende von „Weltengänger“ für den ein oder anderen etwas kompliziert verlaufen sein könnte, kommt man dennoch gut wieder in die Geschichte rein und kann gleich wieder mit Kirill mitfiebern.

Schon in „Weltengänger“ lässt Sergej Lukianenko an jedem Anfang eines neuen Kapitels nachdenkliche Ansätze einfließen, die mal gesellschaftskritisch, mal philosophisch oder psychologisch angehaucht sind und Sergej Lukianenko nicht nur als guten Menschenkenner und Beobachter auszeichnen, sondern auch die Geschichte perfekt ergänzen. Genauso ist es auch wieder in „Weltenträumer“. Er greift Geschehnisse aus dem Kapitel davor oder welche, die noch kommen werden, auf und schafft damit eine passende Einleitung in das Kapitel, was „Weltenträumer“ zu etwas mehr macht als pure Unterhaltungslektüre. Zudem verfügt Lukianenko offenbar auch ein recht großes Allgemeinwissen, das er ebenfalls immer wieder in seiner Geschichte durchschimmern lässt. Der Autor findet wirklich zu jeder Szene, die er beschreibt, ein passendes Thema, über das sich philosophieren lässt, und diese Vorgehensweise macht das Buch neben der tollen Story und den Charakteren zu etwas Besonderem.

Die Charaktere sowie die Parallelwelten und die Geschichte in „Weltenträumer“ sind nicht nur einzigartig, sondern wirken in der Erzählweise des Autors sehr realistisch. Bei den Charakteren hat man das Gefühl, dass es sich um wirklich existierende Personen handeln muss, über die Sergej Lukianenko schreibt. Schon in „Weltengänger“ haben mich die Charaktere beeindruckt, und in „Weltenträumer“ geht diese Entwicklung auch ebenso weiter. Jetzt bemerkt man als Leser auch zunehmend eine Weiterentwicklung bei den Charakteren, die zwar nicht ganz offensichtlich ist, aber dennoch bemerkbar. Man nimmt wahr, wie Kirill nicht nur durch seine Kräfte als Funktional stärker wird, sondern auch selbstbewusster. Gleichzeitig entwickelt er einen ganz eigenen Humor, welcher der Geschichte an einigen Stellen einen amüsanten Touch verleiht und sie noch interessanter und unterhaltsamer macht. Bei Kotja ist keine wirkliche Weiterentwicklung zu erkennen, allerdings werden seine Charaktereigenschaften noch verstärkt und vertieft. Das gelingt dem Autor so stimmig, dass man es kaum hätte besser machen können. Lukianenko zeigt ein Talent für die Charaktergestaltung in seinen Romanen auf, das seinesgleichen sucht.

Ein deutlicher Pluspunkt in „Weltenträumer“ ist die konstante Spannung, die den Leser an das Buch fesselt. Dabei ist es völlig egal, ob sich Kirill gerade in einem förmlichen Gespräch befindet, sich durch eine menschenleere Eiswüste schlagen oder wieder einmal vor den Arkanern fliehen muss – die Geschichte ist und bleibt die ganze Zeit spannend und lässt den Leser kaum noch los. Hat man einmal angefangen zu lesen, wird man komplett in die Welt hineingezogen und erlebt die Abenteuer von Kirill mit, als wäre man selbst dabei.

Der Schreibstil in „Weltenträumer“ ist fließend und in Ich-Form gehalten. Da Gedankengänge von Kirill besonders wichtig für Spannung und die Unterhaltung der Geschichte sind, ist diese Variante hier eindeutig passend gewählt. So kann der Leser noch intnesiver in die Geschichte abtauchen. Der Schreibstil ist recht wortgewandt und wechselt zwischen humorvollem, kritischem und spannendem Erzählstil.

Schon das Ende von „Weltengänger“ war großartig und absolut unvorhersehbar. Daher war die Messlatte, die ich für das Ende des zweiten Teils gesetzt hatte, natürlich recht hoch. Ich war zwar nicht durchgehend vom Finale enttäuscht, fand es aber doch etwas schade, dass es dann nicht ganz so stark ausgefallen ist wie erhofft. Das Ende ist ein recht einfaches und lässt viele Fragen offen im Raum stehen. Zwar könnte man das Ende von „Weltenträumer“ als ein abschließendes ansehen, doch aufgrund der vielen unbeantworteten Fragen (Was ist mit Erde-0? Und der Macht der Arkaner? Etc.) bleibt zu hoffen, dass es noch einen weiteren Teil geben wird, in dem diese Fragen beantwortet werden und die Geschichte von Kirill weitergeht.

_Fazit:_

Mit „Weltenträumer“ legt Sergej Lukianenko eine würdige Fortsetzung von „Weltengänger“ vor, die dem Vorgänger in beinahe nichts nachsteht. Die Charaktere und die Welten sind fantastisch und wirken realistisch, die Geschichte bleibt durchgehend spannend und durch das Allgemeinwissen und die vielen nachdenklichen Ansätze, die der Autor in seinen Roman eingebaut hat, wird das Buch zu etwas besonderem. Nur das Ende, von dem ich mir nach „Weltengänger“ etwas mehr erhofft hatte, ist bei „Weltenträumer“ nicht ganz so spektakulär ausgefallen wie bei seinem Vorgänger.

_Der Autor:_

Sergej Lukianenko wurde am 11. April 1968 in Qaratau, Kasachstan geboren und ist einer der erfolgreichsten Science-Fiction- und Fantasy-Autoren weltweit. Doch bevor der Schriftstellerruhm ihn ereilte, studierte er Medizin und arbeitete lange Zeit als Psychiater. Seine ersten Kurzgeschichten veröffentlichte er in den achtziger Jahren in dem Magazin „Sputnik Junior – Junior Quest“. Sein erstes Buch war „Wächter der Nacht“, der Auftakt der Wächter-Tetralogie, die als Grundlage für aufwändig produzierte Kinofilme dienen. Heute arbeitet er als freier Schriftsteller und lebt mit seiner Frau Sonja in Moskau.

|Die Welten-Reihe:|

Band 1: Weltengänger
Band 2: Weltenträumer

|Originaltitel: Chistovik (The Final Draft)
Übersetzt von Christiane Pöhlmann
Paperback, 496 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52460-6|
http://www.heyne.de

_Sergej Lukianenko auf |Buchwurm.info|:_

[„Wächter der Nacht“ 1766 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter der Nacht“ 1828 (Buchrezension von Dr. Michael Drewniok)
[„Wächter der Nacht“ 3028 (Hörbuchrezension von Meike Schulte-Meyer)
[„Wächter des Tages“ 2390 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter des Zwielichts“ 2910 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter der Ewigkeit“ 3594 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Das Schlangenschwert“ 3413 (Buchrezension von Birgit Lutz)

Parzzival, S. H. A. – Blutkriege (TITAN-Sternenabenteuer 30)

Während die Erdbevölkerung die Rückkehr der |Titan| und den Frieden mit den Cadschiden feiert, verfolgen Shalyn Shan und Wernher von Witzleben, genannt die Fledermaus, eine heiße Spur nach Managua. Dort hofft der ehemalige World-Police-Agent, eine Spur des geheimnisvollen dritten Drillings zu finden (siehe TITAN Band 25, [„Himbeertod“), 2661 der eventuell Aufschluss über Monjas Identität und die Hintermänner geben kann, die für den Anschlag auf Shalyn Shan verantwortlich sind. Doch die Frau wurde bei menschenverachtenden Killerspielen getötet, und so sieht Wernher von Witzleben nur noch eine Möglichkeit: Die Lösung des Falles liegt im Reich der Toten, und es gibt jemanden, der die Möglichkeit hat, dorthin vorzustoßen und Informationen aus dem Jenseits zu erhalten – Mick Bondye, der Voodoo-Vampir …

_Eindrücke:_

Nach dem enttäuschenden Band 29 geht es im vorliegenden Roman endlich gewohnt rasant und kurzweilig weiter. Leider gestaltet sich Anakes Dilemma (siehe Band 27, [„Krakentanz“) 3796 als nicht ganz so dramatisch wie angenommen, aber im weiteren Verlauf der Handlung wird der Leser ebenso wie die Besatzung der |Titan| mit beunruhigenden Offenbarungen konfrontiert, welche in düsteren Zukunftsvisionen gipfeln, die gar nicht so unrealistisch sein dürften. Gerade der Kalte Krieg zwischen dem Wirtschaftsimperium von Michael Moses und der Weltregierung ist ein Spiegel unserer heutigen Gesellschaft, in der immer mehr Unternehmen und Regierungsorgane privatisiert und in die Hände einiger weniger Menschen gelegt werden, die oftmals nur den Profit vor Augen haben.

Ein weiteres unserer heutigen Gesellschaftsphänomene wird im Roman aufs Korn genommen, als Shalyn Shan und Wernher von Witzleben nach Managua fliegen und dort im Umfeld einer aberwitzigen Reality-Spielshow recherchieren. Dort wird, wenn auch illegal, mit dem Leid anderer Menschen Unterhaltung und Geld produziert, bis hin zum Tod des Teilnehmers. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Genre-Bezeichnung „Dark-Fiction“ mehr als gerechtfertigt.

Insgesamt betrachtet, ist dieser Roman sehr viel düsterer und unheilschwangerer als die bisherigen Bände. Ein Highlight dieses Buches ist mit Sicherheit der Auftritt von Mick Bondye, dem Voodoo-Vampir. Eigentlich kreierte Parzzival diese Figur für „Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik“. Da Vampire aber unsterblich sind, können sie natürlich auch im Jahre 2109 noch existieren – ein interessanter Gedanke und eine originelle Idee, zwei Serien derart zu verknüpfen, wenn auch „Titan“ insgesamt betrachtet leichtere Kost darstellt und die beiden Welten nicht so recht zusammenpassen wollen. Doch die Figur des Mick Bondye wirkt keinesfalls störend, sondern ist eine schöne Bereicherung des Serien-Kosmos. Ob die altgedienten „Promet“-Fans davon begeistert sind, dass nun auch Vampire in ihrer geliebten Science-Fiction-Serie ihr Unwesen treiben, sei einmal dahingestellt.

Die ersten zwei Drittel des Romans sind jedenfalls eine sehr gute, teilweise auch zum Nachdenken anregende Unterhaltung. Im letzten Drittel gibt es einen kleinen Bruch in der Handlung, der sich durch das Erscheinen von Monja vollzieht, die bis dahin im Krankenhaus von ihren Verletzungen genas, welche sie in den japanischen Bergen davontrug. Die alberne Szene, in der Wernher von Witzleben nackt im Schlafzimmer von Shalyn Shan auf diese wartet und von ihr und Monja überrascht wird, hätte sich der Autor sparen können, zumal Monja wieder zum naiven Dummchen verkommt, dessen Image sie in Band 27 gerade abzustreifen begann, als sie verzückt auf das Geschlechtsteil des Agenten stiert. Shalyns Reaktion ist nicht minder nervtötend, denn es fällt ihr nichts Besseres ein als erst einmal fünfmal hintereinander „Monja“ zu rufen!

Doch zum Ende hin gewinnt die Geschichte wieder mehr an Tempo und Brisanz und endet mit einer echten Überraschung sowie dunklen Zukunftsaussichten. Die nächsten beiden Bände, in denen der Zyklus zu Ende gebracht werden soll, dürften spannend werden.

Als Extra gibt es dieses Mal endlich wieder das Lexikon, in dem das titelgebenden Raumschiff |Titan| ausführlich erklärt wird. Die Aufmachung ist insgesamt sehr ansprechend. Das Cover wirkt zwar eher, als ob es zur „Schattenchronik“ gehörte, aber in Anbetracht der Handlung ist es nicht unpassend. Gelungen sind auch die Grafiken im Roman, die erneut Andrä Martyna schuf und die viel besser zur Geltung kommen als die Illustration im vorangegangen Band.

_Fazit:_

Endlich findet der aktuelle Zyklus zu seiner gewohnten Form zurück und präsentiert mit „Blutkriege“ ein durchweg spannendes und temporeiches Dark-Fiction-Abenteuer, welches nur kleinere Schwächen aufweist in Hinsicht auf die übertrieben dargestellten Charaktere Wernher von Witzleben und Monja.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

David Gerrold – Die Bestie

Per Zeitmaschine reisen acht Männer und Frauen in die Kreidezeit. Sie wollen das ultimative Jagderlebnis und pirschen auf den Tyrannosaurus Rex. Interne Streitigkeiten, Desorganisation und Selbstüberschätzung lassen sie scheitern. Plötzlich jagt die gewaltige Bestie sie – und das mit tödlicher Unerbittlichkeit … – Die vom Plot simple Geschichte ist nicht nur ein spannendes Abenteuergarn, sondern erzählt auch vom Menschen einer technisch fortgeschrittenen Zukunft, der geistig der (unreife) Alte geblieben ist: ein vergessener aber lesenswerter SF-Roman.
David Gerrold – Die Bestie weiterlesen

Weis, Margaret / Weis, Lizz – Dunkler Engel

Über (Schutz-)Engel auf Erden sind bereits einige Filme gedreht worden. Völlig neu ist das Thema also nicht. Trotzdem greift die bekannte Fantasyautorin Margaret Weis (|Drachenlanze|, |Das verbotene Land|, |Der Stein der Könige|, |Die Vergessenen Reiche – Death Gate Cycle|) in Zusammenarbeit mit ihrer Tochter Lizz auf dieses Thema zurück, und ja, der Engel auf Erden verliebt sich in einen Menschen …

Derek de Molay ist ein ehemaliger Tempelritter, dem der Zugang in den Himmel vor allem aufgrund seiner eigenen Starrköpfigkeit verwehrt geblieben ist. Er glaubt nicht an Gott, da ihm bislang so viel Schlechtes widerfuhr, und als passionierter Krieger macht es ihm auch nicht wirklich etwas aus, im Fegefeuer Krieg gegen Luzifer und die Engel der Dunkelheit zu führen.

Doch eines Tages tritt der Erzengel Michael mit einem besonderen Auftrag an ihn heran. Die Engel haben das Gefühl, dass das Böse versucht, die Menschen auf der Erde auf seine Seite zu ziehen und die Welt in Chaos zu stürzen. Es scheint, als hätten sie sich dazu ein Opfer auserkoren, das sie für ihre Zwecke einspannen möchten: die junge, erfolgreiche Börsenmaklerin Rachel Duncan. Ihr Schutzengel ist seit geraumer Zeit verschwunden, weshalb Derek auf sie aufpassen soll – unauffällig natürlich. Er soll als Portier in ihrem Appartementblock arbeiten und beobachten, mit wem sie Kontakt hat.

Das ist gar nicht so einfach für einen Mann, der im vierzehnten Jahrhundert geboren ist. Er muss ihr die Tür aufhalten, Taxis für sie rufen und ihr stets zu Diensten sein. Natürlich funktioniert das nicht ohne Reibereien, besonders da Rachel manchmal nicht gerade umgänglich ist und sich zu Derek hingezogen fühlt. Aber zu einem Portier?! Da geht sie doch lieber mit einem ihrer Kunden, dem reichen Zanus, aus. Er schmeichelt ihr, macht ihr Geschenke, und doch hat sie das Gefühl, dass er sie nicht ernst nimmt. Derek dagegen glaubt, dass Zanus hinter etwas ganz anderem her ist. Sein Auftrag lautete eigentlich, die junge Frau zu beschatten, doch er als Ehrenmann kann es natürlich nicht unterlassen, sie auch zu beschützen …

Margaret Weis widmet sich zusammen mit Tochter Lizz zum ersten Mal dem Genre Urban Fantasy. Auch ohne Kenntnis ihrer vorherigen Werke lässt sich sagen, dass „Dunkler Engel“ nicht unbedingt etwas für die Allgemeinheit, sondern eher für bestimmte Zielgruppen geeignet ist, vornehmlich Frauen, denen romantisch-witzige Bücher mit einem Hauch des Paranormalem gefallen. Die Autorinnen konzentrieren sich sehr stark auf die Anziehung zwischen Derek und Rachel, so dass die Handlung häufig im Hintergrund steht. Sie kommt nicht richtig zum Tragen und ist rückblickend recht simpel gestrickt. Das ist schade, denn das Buch hat einige Ansätze, aus denen man mehr hätte machen können. Zum einen ist da das Zusammentreffen eines Ritters aus dem vierzehnten Jahrhundert mit dem modernen New York. Derek gewöhnt sich ausgesprochen schnell an die neuen Umstände, die denen seiner Zeit und auch des Fegefeuers sicherlich nicht entsprechen – zu schnell, um ehrlich zu sein. Auch die Feindschaft zwischen den guten und den bösen Engeln wird nur am Rande erwähnt, von Verschwörungstheorien oder spannenden Showdowns sehen die Autorinnen gänzlich ab.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht Rachel, ein einsamer Workaholic, die sich in einer Männerwelt durchzusetzen hat. Das macht sie auf der einen Seite zu einer taffen Frau, auf der anderen befindet sie sich in einem Zwiespalt, da sie nie so sein kann, wie sie wirklich ist, nämlich verletzlich. Neben ihrer Arbeit beschäftigt sie sich vor allem mit ihrer aufkeimenden, nicht immer reibungslosen Beziehung zum generösen, aber dennoch unnahbaren Zanus und mit dem neuen Portier, dessen Verhalten sehr merkwürdig ist und der unglaublich gut aussieht. Der Grundtenor des Buches entspricht dadurch weniger anderen Urban-Fantasy-Büchern, sondern eher Frauenromanen à la „Bridget Jones“, auch wenn Rachel lange nicht so witzig dargestellt wird. Ab und an schimmern ein wenig Biss und Ironie durch, aber letztendlich bleibt Rachel als Charakter eindimensional. Sie wirkt beinahe klischeehaft, ein Kritikpunkt, den man sicherlich auch bei den anderen Charakteren anbringen kann.

Diese brechen zu selten aus dem Rahmen aus, der ihnen zugedacht ist. Sie sind zwar gut gezeichnet und weisen keine Inkonsistenzen auf, aber wirklich interessant sind sie, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht. Diese Ausnahmen sind der Erzengel William, der Derek zur Seite steht und als Obdachloser verkleidet immer wieder ins Geschehen eingreift, und der Cherub Sampson, der Derek später als Partner an die Seite gestellt wird. Allerdings muss Sampson sich dazu in eine Katze verwandeln. Er zieht in Rachels Appartement ein und spioniert sie so direkt aus. Die Situation, dass er plötzlich in einem Katzenkörper lebt und Derek alles andere als ein Katzenliebhaber ist, führt immer wieder zu witzigen Momenten, und Sampsons Humor ist einer der Lichtblicke der Geschichte.

Obwohl das Buch von der Handlung und der Personenzeichnung her wie romantische Frauenliteratur wirkt, fehlen der Schwung und der Witz, die vielen solcher Romane zueigen sind. Margaret und Lizz Weis leisten sich keine Patzer in handwerklicher Hinsicht. Sie erzählen flüssig und lebendig – viel mehr aber auch nicht. Von einigen witzigen Stellen abgesehen, ist das Buch auf weiten Strecken eine reine Wiedergabe von Rachels Gefühlen und Gedanken, die nicht immer sonderlich tief gehen. Die Autorinnen finden die richtigen Worte dazu, schaffen es aber nicht, der Geschichte noch etwas mehr Kick zu verpassen.

„Dunkler Engel“ erreicht mit seinem romantischen Grundthema und dem paranormalen Touch sicherlich seine Zielgruppe. Der breiten Leserschaft wird der Urban-Fantasy-Versuch des Mutter-Tochter-Gespanns allerdings weniger gefallen. Dafür hat der Roman zu wenig abseits der Liebeswirrungen zu bieten – sowohl handlungstechnisch als auch in Bezug auf den Schreibstil.

|Originaltitel: Warrior Angel, 2007
Aus dem Englischen von Catrin Lucht
Taschenbuch, 351 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margaretweis.com

_Margaret Weis bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Vergessenen Reiche“ 13
[„Quell der Finsternis“ (Der Stein der Könige) 394
[„Drachenzwielicht I“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3499
[„Drachenzwielicht II“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3764

Horst Hoffmann – Sternenkind (Titan-Sternenabenteuer 29)

Handlung:

Vanessa Modesta und die Crew der Titan machen sich mit Dorlog, dem Lariod der Cadschiden, und mehreren Cadschiden-Raumern auf den Weg nach Wythan, der Heimatwelt der Gefühlstoten.

Dort treffen die Terraner und ihre neuen Verbündeten auf mutierte Wythaner, die sofort zum Angriff übergehen. Mit knapper Not entkommen die Gefährten den Mutanten. Der Cadschide Arlog entdeckt dabei das Sternenkind, ein Wesen, in welchem Dorlog dasjenige erkennt, welches den Cadschiden die Gefühle wiedergeben kann. Denn vor langer Zeit wurden die Wythaner bzw. die Cadschiden ihrer Gefühle beraubt, die sich als Kollektiv zu einer unsichtbaren Entität zusammengefügt haben. Sternenkind ist die Einzige, welche diese Gefühlswolke aufspüren kann. Der Weg der |Titan| und ihrer Begleitschiffe führt zu einem geheimnisvollen Kristallplaneten, der ein grauenhaftes und tödliches Geheimnis birgt …

Horst Hoffmann – Sternenkind (Titan-Sternenabenteuer 29) weiterlesen

Cassandra Clare – City of Bones (Chroniken der Unterwelt 1)

Als die fünfzehnjährige Clary einen Abend mit ihrem besten Freund in einer Disco verbringt, wird sie Zeugin davon, wie drei Jugendliche einen Mord begehen. Was Clary aber neben dieser Tatsache weitaus mehr beunruhigt: Es scheint, als könnte außer ihr die drei Jugendlichen niemand sehen! Nach der Tat verschwinden die Jugendlichen spurlos. Erst später soll Clary erfahren, dass es sich bei ihnen um Dämonenjäger handelt, die dazu ausgebildet sind, Dämonen zu finden und zu töten.

Cassandra Clare – City of Bones (Chroniken der Unterwelt 1) weiterlesen

Morgan, Richard – Skorpion

_Ein Leben nach Takeshi Kovacs._

Nach „Das Unsterblichkeitsprogramm“, „Gefallene Engel“ und „Heiliger Zorn“ hat sich Richard Morgan abermals dafür entschieden, aus dem Universum auszubrechen, das er für seinen Helden Takeshi Kovacs geschaffen hat. Stattdessen schickt Morgan mit „Skorpion“ einen genetisch modifizierten Supersoldaten auf die Jagd nach Seinesgleichen und verteilt Seitenhiebe an jegliche Form von Bigotterie und Scheinheiligkeit.

_Vom Ende allen Skrupels._

„Dreizehner“ schimpfen sie ihn, eine genetische Abnormität, gezüchtet für den Krieg, völlig ohne Skrupel, aufgeputscht mit sämtlicher Biotechnik und fast unbesiegbar. Eigentlich hätte Carl Marsalis froh über diese Unbesiegbarkeit sein können, wäre nicht die Politik auf die Idee gekommen, sich ihrer gezüchteten Werkzeuge zu entledigen, indem sie sie unter Registrierungszwang stellte. Fortan ist jeder Mensch der „Variante Dreizehn“ meldepflichtig und wird aufs schärfste bewacht. Marsalis darf sich etwas größerer Freiräume erfreuen, allerdings zu dem Preis, dass er abtrünnige Vertreter seiner „Gattung“ aufspüren und an seine Regierung verraten muss. Nach einem dieser Schlachtfeste allerdings landet Marsalis im Gefängnis und die Regierung will nichts mehr von einer Zusammenarbeit mit diesem Dreizehner wissen …

Sevgi Ertekin bekommt es derweil mit einem anderen Fall zu tun: Ein Raumschiff vom Mars verliert die Kontrolle und kracht ins Meer, sämtliche Besatzungsmitglieder sind aufs Scheußlichste verstümmelt – aufgefressen, wie es scheint – und einer der Passagiere ist verlorengegangen; ausgerechnet ein Vertreter der Variante Dreizehn. Es wird zur obersten Priorität für Ertekin, nach dem Entflohenen zu suchen, besonders, da dieser damit anfängt, scheinbar wahllos Morde zu begehen. Und was wäre besser geeignet, um einen Dreizehner zu fangen, als ein Exemplar seinesgleichen, das gerade nach einem Blutbad im Gefängnis gelandet ist und bereits sämtliche Hoffnung auf Freiheit aufgegeben hat?

Scott Osborne indes fühlt sich in seiner aktuellen Situation nicht recht wohl. Er ist aus Jesusland abgehauen, einem strikt abgetrennten Mikrostaat, der seinem Namen alle Ehre macht und Bigotterie in Reinkultur ausübt. Scott hat illegal in einer Biotech-Anlage angeheuert und spürt, wie ihn der Werteverfall mitnimmt, stärker, als er das befürchtet hätte: Er fängt an zu fluchen, beginnt andere Frauen zu begehren und sehnt sich mit der Zeit fast nach der religiösen Klarheit von Jesusland. Diese Klarheit wird ihm allerdings geboten, als ein Verrückter in die Anlage eindringt und dort ein Blutbad anrichtet. Scott bleibt am Leben, mit ihm eine Kollegin. Er sei auserwählt worden, vertraut sie ihm an, er soll den Fremden auf seiner Mission unterstützen. Denn dieser Fremde ist niemand anderer als der auferstandene Jesus Christus, mit dem Knüppel in der Hand, um das jüngste Gericht einzuberufen und die Welt von der Sünde zu befreien.

_Schleichfahrt durch den Faktendschungel._

Richard Morgan hat in „Skorpion“ ein Universum erschaffen, das einen mit Details geradezu erschlägt. Die Regierungslandschaft wird dem Leser vorgestellt, die Tatsache, dass sich die Nationen aufgespalten haben, dass es eine Menge von Instanzen gibt, die sich gegenseitig um Zuständigkeiten prügeln, und dass überall in diesem Universum Konfliktherde brodeln. Die eigentliche Hauptfigur des Romans, Carl Marsalis, bekommt diese Konflikte sehr deutlich zu spüren, ist er doch ein Spielball der politischen Mächte, der irgendwann fallengelassen wird. Aber auch Sevgi Ertekin, die Polizistin, hat unter diesen Konflikten zu leiden, hat sogar ein schweres Trauma davongetragen, das sie im Laufe des Romans vor schwere Prüfungen stellen wird. Ähnlich ergeht es Scott Osborne, dem abtrünnigen Jesusländer, der sich plötzlich mit einer rachsüchtigen Reinkarnation von Jesus Christus konfrontiert sieht und seinen alten Glauben in sich erwachen spürt.

Die Wege dieser drei Parteien kreuzen sich natürlich, ist doch das, was sie verbindet, der Kern dieses Romans und das entscheidende Geheimnis, das es herauszufinden gilt. Schade nur, dass sich die komplexe Story viel zu oft in den Details verliert. Morgan hatte schon immer eine Vorliebe für ausgefeilte Arrangements, aber in „Skorpion“ überspannt er den Bogen deutlich. Natürlich werden Figuren lebendiger, je tiefer man sie zeichnet, je genauer man ihre Vergangenheit kennt, aber auch hier geht Morgan mit einer Detailversessenheit vor, die dem Leser viel Geduld abverlangt. Sevgi Ertekin etwa stammt aus der Türkei, ist Muslimin und hat viele Konflikte mit ihrem Vater ausgetragen. Der Glaube war einer der vielen Zankäpfel, und so erfährt der Leser, wie der muslimische Glaube in dieser Zukunft beschaffen ist, welche Hauptrichtungen es gibt, welche Randströmungen, sogar, wie die Hauptvertreter jener Splittergruppen heißen und gegebenenfalls wo, wann und wie sie in Erscheinung getreten sind.

Natürlich trägt das zur Tiefe des Universums bei, aber Morgan verliert dabei den eigentlichen Handlungsstrang aus den Augen – und der Leser gleich mit. Irgendwann verliert man den Überblick und muss sich den roten Faden in dem Dauerbeschuss aus Fakten selbst herausarbeiten. Es gibt Nebenhandlungen, in diesen Nebenhandlungen gibt es nochmals Nebenhandlungen, und auch wenn manches davon für die Auflösung des Romans wichtig ist, muss der Leser immer mehr Informationsballast schleppen, der die 827 Seiten zu einer echten Durststrecke werden lässt.

Trotzdem schreibt Morgan noch so drastisch wie eh und je; er lässt Blut spritzen, Knochen brechen, Schädel zerplatzen und beschränkt sich in der Darstellung sexueller Zweisamkeit nicht auf verklemmte Betbuben-Metaphorik. Auch hat er sein Händchen für Bildsprache nicht verloren und scheint sich originelle Metaphern geradezu aus dem Ärmel zu schütteln.

Dennoch kommt „Skorpion“ nicht in Fahrt. Die Story, die Figuren und das Universum sind einfach so mit Fakten angefüllt, dass die Story kaum vorankommt. „Skorpion“ ist komplex, aber auch anstrengend, anspruchsvoll, aber auch träge. Das wäre alles zu verkraften, wenn die tatsächliche Handlung etwas hermachen würde, aber stattdessen verkommt der anfangs so spannende Kriminalfall um den Raumschiffkannibalen zu einer oft ermüdenden Reise in die Vergangenheit der Figuren; die anfängliche Faktentiefe entpuppt sich zu einer Wüste voller staubtrockener Informationen, aber ohne Spannung. Dieser Info-Overkill geht so weit, dass die Auflösung des Romans einen Bremsweg von über zweihundert Seiten hinlegt, und wenn dann endlich alle Fäden entwirrt vor einem liegen, brummt einem erst mal ordentlich der Schädel und man ist froh, dass man das Buch zuschlagen kann.

Nein, leider kann ich keine Empfehlung für „Skorpion“ aussprechen, zu zerfasert ist die Story und zu ermüdend die Odyssee bis zur letzten Seite. Gesellschaftskritisch gibt es nichts Neues zu bestaunen, und auch sonst bietet „Skorpion“ nur wenige Lichtblicke, die dem Science-Fiction-Fan ein Glänzen in die Augen zaubern. Nun gut, aber auch ein Richard Morgan darf sich ein paar schwächere Momente gönnen, und so müssen wir Fans einfach darauf warten, dass er wieder zu seiner alten Stärke zurückkehrt.

|Originaltitel: Black Man
Übersetzt von Alfons Winkelmann
Taschenbuch, 832 Seiten|
http://www.heyne.de
http://www.RichardKMorgan.com

_Richard Morgan auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Unsterblichkeitsprogramm“ 464
[„Gefallene Engel“ 1509
[„Heiliger Zorn“ 2127
[„Profit“ 1661

Scalzi, John – letzte Kolonie, Die

John Perry, Jane Sagan und ihrer Adoptivtochter Zoe ist kein ruhiger Lebensabend auf der Kolonie Huckleberry vergönnt. Als lokale Autoritäten genießen sie Ansehen und Respekt, aber beide finden das Leben in der Kolonie eintönig, verglichen mit ihren bisherigen Erlebnissen. General Rybicki macht den beiden ein verlockendes Angebot: Sie sollen die neue Kolonie Roanoke leiten und aufbauen. Roanoke ist ein Novum, denn die Siedler stammen nicht von der Erde, sondern von bereits existierenden Kolonialwelten, die gegenüber der Kolonialen Union ihre Ansprüche auf freie Kolonisation durchsetzen wollen.

Perry ahnt nicht, welches Schicksal der Kolonie zugedacht ist. Roanoke dient der Kolonialen Union als Bauernopfer. Die Verteidigung ist bewusst unzureichend gestaltet. Eine der Menschheit feindselig gesinnte Allianz von Alien-Völkern, das Konklave, hat unmissverständlich klargemacht, dass in diesem Bereich der Galaxis keine weitere Kolonisation durch die Menschheit oder andere Rassen geduldet wird. Die KU spekuliert auf eine Auslöschung Roanokes, die ihren Status als einzige Sicherheit und Erfolg garantierende Instanz zementieren soll. Gleichzeitig will man so eine Rekrutierung nicht nur auf der Erde, sondern direkt von den Kolonien durchsetzen. Denn die rücksichtslose Expansionspolitik der KU hat ihr nicht nur das mächtige Konklave zum Feind gemacht, andere Rassen erkennen die verzweifelte Lage der Menschheit und zögern nicht, diese auszunutzen.

Während Perry gegen die Koloniale Union und das Konklave für das Überleben Roanokes kämpft, steht weit mehr auf dem Spiel: Das Schicksal der gesamten Menschheit liegt in den Händen des Konklave. Dessen militärischer Oberbefehlshaber, General Gau, ist durchaus an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Doch auch in seinen Reihen gibt es Kriegstreiber. Perry erhält Hilfe von General Szilard und seiner Spezialeinheit, auch die Obin eilen Perry zu Hilfe, denn seine Adoptivtochter Zoe ist als Kind des „Verräters“ Charles Boutin für sie eine Art Heilige und der einzige Grund, warum die Obin einen wackeligen Frieden mit der Kolonialen Union aufrechterhalten.

_Der Autor_

John Scalzi (* 10.05.1969, Kalifornien) begann seine Karriere in der Blogger-Szene. „Krieg der Klone“ (im Original: „Old Man’s War“) erschien bereits 2002 in Fortsetzungen im Blog seiner Website, bis Patrick Nielsen Hayden, Senior Editor von |Tor Books|, auf ihn aufmerksam wurde. Womit dieser ein ausgezeichnetes Gespür bewiesen hat: Scalzis Debüt war gleichzeitig auch sein Durchbruch, das Buch verkaufte sich in den USA ausgezeichnet und kam bei den Lesern gut an. Als Sahnehäubchen wurde es 2006 mit dem |John W. Campbell Award| ausgezeichnet und für den |Hugo Award| nominiert. Scalzis „Krieg der Klone“ musste gegen Werke etablierter Autoren wie George R. R. Martin, Charles Stross und Ken MacLeod antreten und sich nur dem überragenden [„Spin“ 2703 von Robert Charles Wilson geschlagen geben.

Die Abenteuer von „Krieg der Klone“ waren nur der Anfang, die Fortsetzung [„Geisterbrigaden“ 4467 gab Einblick in die Denkweise der gezüchteten Spezialeinheiten und der Kolonialen Union, deren ambivalente Rolle als selbsternannter Beschützer der Menschheit und gleichzeitige Ursache vieler Animositäten mit außerirdischen Rassen in dem abschließenden Band „Die letzte Kolonie“ kulminiert. So verspricht es der Autor, allerdings greift er in dem noch nicht übersetzten „Zoe’s Tale“ die Geschichte der letzten Kolonie aus der Sicht Zoes auf. Mit Perry und Sagan hat er nach eigener Aussage aber abgeschlossen, mit seinem von postmodernen Ideen geprägten Koloniale-Union-Universum scheinbar noch nicht. Als Bonusmaterial bietet „Die letzte Kolonie“ die Kurzgeschichte „Sagans Tagebuch“, die Jane Sagans Leben im Anschluss an „Geisterbrigaden“ bis zu ihren Abschied von der Spezialeinheit und dem Neuanfang mit John Perry auf Huckleberry beschreibt.

[„Krieg der Klone“ 3677
[„Geisterbrigaden“ 4467

_Der Feind in den eigenen Reihen_

Scalzi führt mit „Die letzte Kolonie“ logisch seine in den Vorgängern entwickelten Gedankengänge zu Ende. Der Bösewicht ist die Koloniale Union, welche die Menschheit bevormundet und sich mit ihrer aggressiven Kolonisationspolitik zahlreiche Feinde geschaffen hat. Dass Roanoke, benannt nach der gleichnamigen ersten englischen Kolonie in der Neuen Welt, die unter bis heute ungeklärten Umständen völlig ausgelöscht wurde, für politische Interessen geopfert werden soll, ist Scalzis Wink mit dem Zaunpfahl, was die Menschheit von der Kolonialen Union zu erwarten hat.

Damit einher geht jedoch auch ein Bühnenwechsel. Nicht mehr nur die Wahrnehmung von Perry, Sagan oder Dirac wie in den vorherigen Bänden treibt die Handlung voran, Scalzi spannt sie jetzt stärker denn je in einen weit größeren politischen Rahmen ein. Dies hat leider einige negative Konsequenzen; so wirken die Problematiken der Besiedlung einer neuen Welt, Streitigkeiten unter den Kolonisten und eine gehörige Medienschelte Scalzis, demonstriert an einem stereotypen Klatsch-Reporter, sehr nebensächlich und aufgesetzt. Der Roman ist eine Aufforderung, sich nur vermeintlich wohlmeinenden Autoritäten zu widersetzen, Freiheit und Demokratie müssen erkämpft werden. Dabei bleibt leider Scalzis Humor ziemlich auf der Strecke, denn er ist eher ein Charakterdarsteller; dieser große Rahmen ist ihm unvertraut, hier kann er nicht so begeistern wie in seinen vorherigen Werken. Etwas störend wirkt mittlerweile sein stark an realen Charakteren orientierter Schreibstil. Die Figuren General Rybicki, Jane Sagan und Zoe sind von einem Bekannten beziehungsweise seiner Frau und Tochter inspiriert. Ich bin nicht wirklich erbaut von dem Gedanken, noch mehr Zoe-Lobhudelei in „Zoe’s Tale“ zu erleben – mir war bereits die bisherige Dosis unangenehm.

Mit dem Verlust der Leichtigkeit und einer eher unbeholfenen Zuwendung zu ernsteren Themen tut sich Scalzi keinen Gefallen. Zwar ist „Die letzte Kolonie“ immer noch eine sehr unterhaltsam und kurzweilig erzählte Geschichte, die persönlichere, charakterbezogene Note der ersten beiden Scalzi-Romane fehlt mir jedoch sehr. Die Handlung ist in Gegensatz zu diesen recht vorhersehbar und politisch (in-)korrekt, es fehlt ein wenig an Überraschungen. Leider ist dieser Roman nur ein relativ unspektakulärer Abschluss der von Scalzi in den Vorgängern entwickelten Andeutungen über die Koloniale Union.

_Bonus: Sagans Tagebuch_

Zeitlich zwischen „Geisterbrigaden“ und „Die letzte Kolonie“ angesiedelt, schreibt Scalzi ein Tagebuch Jane Sagans, in Form von Auszügen gespeicherter Daten ihres BrainPals, das uns unmittelbar an ihren persönlichen Gedanken teilhaben lässt. Die Kurzgeschichte (ca. 60 Seiten) erhielt ein verhaltenes Echo, sie wurde sowohl kostenfrei im Internet als auch als Vollpreis-Hardcover auf dem amerikanischen Markt angeboten. Dass |Heyne| sie als Bonusmaterial liefert, ist zu begrüßen, als eigenständiges Produkt oder als Teil einer Kurzgeschichtensammlung hätte sie wohl keinen Platz auf dem deutschen Markt gefunden.

Leider ist die Geschichte selbst nicht überzeugend. Thematisch hat Scalzi die Problematik der fehlenden Jugend der gezüchteten Spezialeinheit-Soldaten bereits mit Jared Dirac in „Geisterbrigaden“ wesentlich differenzierter dargestellt, zumal der Charakter Jane Sagan hier ganz anders als in „Geisterbrigaden“ erscheint. Ich sehe ihre plötzliche extreme Emotionalität eher als Widerspruch denn als Bereicherung des Charakters Jane Sagan, den Scalzi in meinen Augen so eher demontiert und verwässert.

_Fazit:_

Bei aller Kritik, Scalzi ist immer noch ein hervorragender Schriftsteller, der zu unterhalten versteht. Leider hat er seine bisherige Façon bekömmlicher und zeitgemäß angepasster Heinleinesker Science-Fiction diesmal zugunsten einer politisierenderen, globaleren Sicht der Dinge aufgegeben. Schade, denn so kommen seine Stärken, die in Charakterisierung und Humor liegen, leider nicht zum Tragen. Thematisch hat wohl auch Scalzi erkannt, dass sein simples Credo der Beschränktheit des Wissens auf die eigene Perspektive, während verborgene Mächte im Hintergrund agieren und Autoritäten meistens nur das eigene Wohl im Blick haben, mittlerweile ausgelutscht ist. So ist „Die letzte Kolonie“ ein runder Abschluss für Scalzis Abenteuer mit Perry und Sagan, der sich gegen Heinleinschen Imperialismus und Kolonialismus wendet. Allerdings ist das nicht überraschend, denn Scalzi hat das bereits getan, nur auf humorvollere Weise. Ein konsequentes Finale, gelungen, dennoch leider ein wenig fade.

|Originaltitel: The Last Colony
Übersetzt von Bernhard Kempen
Taschenbuch, 476 Seiten|
http://www.scalzi.com/
http://www.heyne.de

Berg, Carol – Tor der Erneuerung (Rai-Kirah-Saga 3)

Band 1: [„Tor der Verwandlung“ 3948
Band 2: [„Tor der Offenbarung“ 4705

_Im Verlauf des letzten Bandes_ hat Seyonne eine Menge schwieriger Entscheidungen getroffen, immer in der Hoffnung, damit die Welt zum Guten zu verändern. Inzwischen aber scheint es, als hätte er so ziemlich alles vermasselt! Er hat furchtbare Alpträume, die immer wiederkehren, und der schlimmste von ihnen hat nichts mit all den Gräueln zu tun, die er in seinem Leben gesehen hat, sondern vielmehr mit einer Zukunft, die er mehr als alles andere fürchtet. Außerdem verliert er auch tagsüber immer wieder die Kontrolle über sich selbst, sodass die Pflegemutter seines Sohnes es kaum noch wagt, ihn in die Nähe des Jungen zu lassen.

Als wäre das alles noch nicht schlimm genug, schickt ihm die Heged der Hamrashi einen Meuchelmörder auf den Hals, und Seyonne muss schon bald erkennen, dass die Hamrashi es nicht allein auf ihn abgesehen haben. Ihr Angriff gilt vor allem Aleksander. Hin- und hergerissen zwischen seinem Bedürfnis, Aleksander zu schützen, und dem Drang, die Ursache seines Alptraumes zu bekämpfen, verzettelt sich Seyonne mehr und mehr.

_Wurde der Leser im Vorgängerband_ regelrecht mit neuen Charakteren überflutet, so begegnet er diesmal lediglich zweien, die wirklich von Bedeutung sind:

Die Lady in Grün taucht zunächst nur gelegentlich auf, und offenbar will sie etwas von Seyonne. Aber erst gegen Ende, als Seyonne die letzte Entscheidung treffen muss, gelingt es ihr, mit ihm zu reden und ihm einige ausgesprochen wichtige Dinge zu offenbaren – was es für Seyonne aber nicht unbedingt leichter macht.

Nyel ist ein alter Mann mit graumeliertem Haar und tiefgründigen blauschwarzen Augen, von einnehmendem Äußeren, sehr zivilisiertem Benehmen und ausgesprochen ausgeprägter Anteilnahme an Seyonne. Er verhält sich ihm gegenüber nicht nur höflich, sondern ausgesprochen freundlich, ja, er scheint sogar echte Zuneigung für ihn zu empfinden und bietet ihm an, ihn im Gebrauch neuer Magie zu unterweisen. Das soll der gefürchtete, rachsüchtige, blutrünstige Gott sein, der vor tausenden von Jahren eingesperrt wurde, um die Welt vor endgültiger Vernichtung zu bewahren?

Tatsächlich hat die Autorin mit Nyel einen faszinierenden Charakter geschaffen – intelligent, vielschichtig und unergründlich, und trotz der Tragik, die ihn umgibt, niemals kitschig oder schmalzig. Das ist ausgesprochen gut gelungen. Die Lady ist nicht ganz so intensiv ausgearbeitet; weit wichtiger als ihre Person sind die Informationen, die Seyonne von ihr erhält.

Auch Seyonne macht in diesem Band eine erstaunliche Wandlung durch, allerdings nicht ganz von allein. Grob gesagt besteht das Buch aus dem Duell zwischen Seyonne und Nyel, sogar bereits zu einem Zeitpunkt, als noch keiner der Beteiligten, weder Charaktere noch Leser, dies überhaupt realisieren. Ganz allmählich baut die Autorin diesen Kampf auf, während es noch so scheint, als läge das Hauptaugenmerk im Augenblick noch auf Aleksanders Bemühungen, seinen Thron zurückzugewinnen. Erst als Seyonne Aleksander verlässt, um nach Kir’Navarrin zu gehen, wendet sich die Aufmerksamkeit der eigentlichen Thematik zu, aber selbst jetzt gelingt es der Autorin noch, die Verstärkung des Konflikts unter der Decke zu halten. Was die Falle so subtil macht, ist die Tatsache, dass Nyel Seyonne offenbar überhaupt nicht bekämpfen will. So kommt es, dass Seyonne das subtil geknüpfte Netz erst bemerkt, als der Leser schon längst ausgesprochen misstrauisch geworden ist!

Überraschend ist auch, wie die Autorin den Konflikt letztlich auflöst, unerwartet und gleichzeitig ohne irgendeiner der Figuren ihre Menschlichkeit zu nehmen.

_Spannung im herkömmlichen Sinne_ ist in diesem letzten Band des Zyklus mit Abstand am wenigsten zu spüren. Die gelegentlichen Scharmützel, die Aleksander auf seiner Suche nach Verbündeten ausficht, sind recht schnell abgehandelt, und die Verfolger, die der Thronräuber ihnen hinterherschickt, werden meist ohne größere Probleme ausgetrickst. Was nicht heißen soll, dass Aleksanders Flucht keine Opfer fordern würde. Aber das Hauptgewicht der Geschichte liegt auf Seyonnes Kampf mit seinen eigenen Ängsten und Befürchtungen und natürlich seinem Widersacher in Kir’Navarrin. Da es sich dabei um keinen bewaffneten Kampf handelt oder auch nur um ein offenes Duell Willen gegen Willen, bleibt die Gefahr sehr unterschwellig. Selbst der Leser, der schon recht bald misstrauisch wird angesichts von Seyonnes ungewöhnlichem Verhalten, ist sich nicht wirklich sicher, welche Maßnahmen Nyel letztlich ergreifen wird, um sein Ziel zu erreichen, bis es eigentlich schon zu spät ist.

Trotzdem fand ich das Buch nicht langweilig. Seyonnes Entwicklung, die faszinierende Persönlichkeit Nyels und die klischeefreie Auflösung der Geschichte machen das Buch allemal lesenswert. Seyonne ist zwar auch diesmal wieder mehr verwirrt als bei klarem Verstand, was erneut die besondere Stimmung zwischen ihm und Aleksander aus Band eins stark einschränkt. Trotzdem kann der Abschluss der Trilogie, wenn schon nicht mit ihrem Auftakt, so doch zumindest mit ihrem Mittelteil problemlos mithalten.

_Carol Berg_ schreibt ihre Bücher nebenbei. Hauptberuflich ist die studierte Mathematikerin und Computerwissenschaftlerin als Software-Entwicklerin bei |Hewlett Packard| tätig. „Tor der Verwandlung“ ist der erste Band der Trilogie |Rai-Kirah| und ihr erstes Buch überhaupt. Seither hat sie den vierbändigen Zyklus |The Bridge of D’Arnath| geschrieben sowie einen Zweiteiler und die Romane „Song of the Beast“ und „Unmasking“, der im November neu auf den Markt kommt. Nahezu alle ihre Bücher haben irgendeinen Preis gewonnen. Eine beachtliche Leistung für eine Hobby-Autorin.

|Originaltitel: The Rai-Kirah-Saga 3: Restoration
Ins Deutsche übertragen von Simone Heller
733 Seiten
ISBN-13: 978-3-442-24363|
http://www.blanvalet-verlag.de/
http://www.sff.net/people/carolberg/

Pierre Bottero – Das achte Tor (Der Andere, Band 1)

Die Kinder- und Jugendliteratur ist seit dem Auftauchen Harry Potters wahrlich auferstanden, und nicht nur junge Menschen lesen sie gerne – auch der eine oder andere junggebliebene Erwachsene greift gerne zu dieser Literaturgattung, um ein Stück weit in die Welt der Fantasy einzutauchen.

Die Protagonisten sind meistens Kinder oder Jugendliche, die in einer Extremsituation über sich hinauswachsen und zauberhafte, teils unmenschliche Kräfte entwickeln, natürlich nur, um diese erwartungsgemäß für das Gute einzusetzen – so auch in dem phantastischen Jugendroman „Das achte Tor“ von Pierre Bottero.

Inhalt

Pierre Bottero – Das achte Tor (Der Andere, Band 1) weiterlesen

Cory Doctorow – Upload

Das Internet bevölkern vor allem Menschen aller Länder auf der Suche nach Kommunikation mit Gleichgesinnten. Oder auf Konfrontationskurs in der Anonymität des Netzes, versteckt hinter ihren Konsolen. In »Upload« bilden sich auf diesem Wege Gemeinschaften heraus, so genannte Stämme, deren Zustand sich nach der Zeitzone (und damit der Zeit der größten Aktivität des Stammes) der meisten Angehörigen definiert. Dadurch kommt der Schlaf-Wachrhythmus der nicht in diesen Zeitzonen lebenden Stammesangehörigen gehörig durcheinander, da sie sich in ihrem wirklichen Leben nach den Gewohnheiten ihres Umfeldes richten müssen und womöglich ihre Schlafzeit zur Kommunikation mit dem Stamm auf der anderen Seite der Erde nutzen.

Art ist ein »Agent« seines Stammes. Er ist in London für eine Kommunikationsfirma tätig, nutzt aber seine Position, um gute Ideen an seinen Stamm weiterzuleiten und gleichzeitig in der Firma schlechte oder bremsende Ideen an den Mann zu bringen. Art ist ein genialer Kopf, und so stößt er eines Tages auf eine geniale Lösung des Musikdownloadproblems in PKW. Sein Kollege und Stammesgenosse hintergeht ihn und macht sich mit dieser Idee selbstständig, dazu entschärft er Art auf die beste Weise: Er lässt ihn einweisen.

So findet Art Ruhe in der Anstalt, Zeit zum Überlegen, und er erkennt die Zusammenhänge und seine Möglichkeiten …

Schon Doctorows Erstling »Backup« war ein Roman, wie er kreativer und unterhaltsamer kaum sein kann. Und dabei bedient sich Doctorow am heutigen Stand der Informationsgesellschaft und den Möglichkeiten des Internets und interpoliert glaubwürdig eine nahe Zukunft. War in »Backup« noch das Hochladen von Bewusstseinsinhalten und Seelen utopisches Wunschdenken, so greift »Upload« aktuelle Entwicklungen (wie das Filesharing) sehr realitätsnah auf.

Der Charakter des Art, Protagonist und Ich-Erzähler des Romans, begreift sein Schicksal voller Selbstironie und gibt Doctorow damit die Berechtigung für eine locker-humorvolle und sarkastische Stilistik. Über Art greift der Autor einige aktuelle Schattenzonen in der internet-ischen Rechtssituation an – ein Thema, dem eigentlich jeder Nutzer begegnen sollte und hinter dem sich vor allem Lizenzstreitigkeiten und Copyright-Bestimmungen verbergen.

Der Verlag schreibt über den Autor, er lebe im Internet. Damit ist Doctorow wohl einer der fortschrittlichsten Architekten der Zukunft und befindet sich offenbar selber in der Problematik der »Stämme«, die er in diesem Roman thematisiert. Es sind die Grundprobleme der aktiven Internetgeneration, mit denen er sich beschäftigt. Also zukunftsträchtige Themen, mit deren fiktiven Lösungsansätzen er vielleicht den Grundstein für spätere Entwicklungstendenzen legt. Richtig bearbeitet, ist dies sicherlich das erfolgversprechendste Gebiet für orakelige Offenbarungen.

Das Ganze ist verpackt in erfrischend schlanken Erzählungen ohne hunderte Seiten umfassende Beschreibungen. Sie lesen sich flüssig schnell und übertragen Merkmale der Kurzgeschichte auf den Roman; zum Beispiel durch die Entwicklung des Verständnis für komplexe Hintergründe aus dem Kontext und dem Anker in unserer Zeit lässt das Buch sich leicht auf ausschweifende Erklärungen verzichten.

Entscheidet man sich in der Buchhandlung vor dem Bücherregal mit ziegelsteindicken Schinken für diesen unzeitgemäß dünnen Roman auffallend futuristischer |Heyne|-Aufmachung, wird man positiv von hoher Qualität, hohem Unterhaltungswert und erzählerischer Dichte überrascht.

Doctorow ist ein neuer Autor in der Science-Fiction-Landschaft, den es sich lohnt zu beachten, da er neben Charles Stross einer der kreativsten und innovativsten Schriftsteller ist, die sich mit einer vorstellbaren Entwicklung unserer Informations- und Kommunikationszivilisation beschäftigen. Das Leben im Internet – heute schon Realität für viele Söhne und Töchter darunter leidender Mütter.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Singh, Nalini – Leopardenblut (Gestaltenwandler 1)

Im Jahre 2079: Sascha Duncan ist eine Mediale und gehört damit einer menschenähnlichen Rasse an, die durch ein Programm namens |Silentium| dazu erzogen wurde, keine Emotionen zu besitzen. Deshalb ist Sascha davon überzeugt, dass mit ihr etwas nicht stimmt: Es gelingt ihr immer weniger, die in ihr aufgestauten Emotionen zurückzuhalten. Da die Entdeckung ihres Defekts für sie schlimme Folgen haben könnte, versucht sie jedoch, ihren Makel geheimzuhalten.

Als sie zum ersten Mal selbstständig Geschäfte aushandeln darf, gerät sie ausgerechnet an Gestaltenwandler: an das Rudel der DarkRiver-Leoparden. Die Gestaltenwandler sind das genaue Gegenteil der Medialen: wild und voller Emotionen.

In den Verhandlungen geht es offiziell darum, neue Wohngebiete für Gestaltenwandler einzurichten – doch im Grunde hat Lucas Hunter, das Alphatier der DarkRiver-Leoparden, etwas ganz anderes im Sinn: Seit Monaten verschwinden immer mehr Gestaltenwandlerfrauen und werden nach sieben Tagen gefoltert und tot wieder aufgefunden. Durch die Zusammenarbeit mit Sascha erhofft er sich, mehr über die Geheimnisse der Medialen zu erfahren und herauszufinden, wer der Mörder ist, der von ihnen gedeckt wird.

Schon früh bemerkt Lucas bei der Zusammenarbeit mit Sascha, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Während er versucht, Saschas für Mediale untypischem Verhalten auf die Schliche zu kommen, entwickelt er immer mehr Gefühle für sie. Und auch Sascha kann die Zuneigung, welche sie für Lucas empfindet, bald nicht mehr zurückhalten. Mit Lucas‘ Hilfe lernt sie die schönen Seiten der Liebe kennen und möchte bald nicht mehr zu den Medialen zurückkehren.

Als eine weitere Gestaltenwandlerfrau aus einem anderen Rudel verschwindet, spitzt sich die Lage immer mehr zu. Die Gestaltenwandler und die Medialen stehen kurz vor einem Krieg, und für Sascha, die bei Lucas bleiben möchte, gibt es kein Entkommen aus der Welt der Medialen: Entscheidet sie sich für Lucas, muss sie sich von dem für Mediale lebenswichtigen Medialnet trennen und damit ihr Leben lassen …

_Eindrücke:_

Was mich an „Leopardenblut“ sofort ansprach, war nicht nur die Tatsache, dass es sich um einen Fantasy-Romance-Roman handelt, sondern vor allem die Idee der Story. Die Geschichte spielt in der Zukunft und hat daher nicht nur einige Fantasy-, sondern auch diverse Science-Fiction-Elemente parat. Auf der Erde gibt es – neben gewöhnlichen Tieren – die Menschen, die Gestaltenwandler und die Medialen. Die Gestaltenwandler sind halb Tier, halb Mensch und können sich in jenes Tier verwandeln, welches in ihrer Persönlichkeit steckt (so können sich die DarkRiver-Leoparden natürlich in Leoparden verwandeln).

Die Medialen sind da schon ein bisschen komplizierter zu beschreiben. Sie ähneln den Menschen, sind aber seit ihrer Geburt durch das Programm „Silentium“ darauf ausgerichtet, keine Emotionen zu besitzen und lediglich zu funktionieren. Mediale verfügen über telepathische und telekinetische Kräfte und sind durch das so genannte Medialnet auf eine Weise verbunden, die man mit dem Internet vergleichen kann. Über das Medialnet können sich die Medialen unterhalten und sich gegenseitig überwachen. Deshalb ist es wichtig, irgendwelche „Defekte“, die man hat, zu verstecken, denn ansonsten muss man sich einer Rehabilitationsmaßnahme unterziehen, welche für Mediale den Anfang vom Ende bedeutet. Das Medialnet ist nicht nur von überall aus erreichbar, wo sich die Medialen gerade befinden, sondern von dort beziehen sie auch ihre ganze Lebenskraft. Wendet sich ein Medialer von dem Medialnet ab, stirbt er schon nach kurzer Zeit. Die Welt der Medialen wird von der Autorin Stück für Stück gut erklärt, sodass man keine Probleme damit haben dürfte, die Bedeutung der Medialen zu verstehen.

Die Mischung aus Sci-Fi, Fantasy und Liebesgeschichte hat mich von Anfang an angesprochen. Sie bietet, anders als bei den üblichen Fantasy-Romance-Romanen, wirklich mal etwas Neues und macht neugierig. Der Ansatz der Geschichte ist recht gut und man hätte einiges aus dieser Idee herausholen können. Dennoch wurde der Ansatz leider nicht wirklich gut umgesetzt.

Das geht los mit den Charakteren. Im Großen und Ganzen fällt keiner der Charaktere grundsätzlich negativ auf, aber trotzdem sind die meisten von ihnen eher oberflächlich gehalten und sehr blass. Keine Figur kann wirklich überzeugen und schafft es, tiefgründig und real zu wirken, was der Grund dafür ist, dass es dem Leser schwerfallen dürfte, sich in die Charaktere hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen. Sascha wirkt mit ihrer Zerbrechlichkeit beinahe ein bisschen zu schwächlich und naiv, Lucas dagegen zu stark und besitzergreifend. Zwar sind das unter anderem Eigenschaften, die man zuhauf in Romanen aus dem Bereich der Fantasy Romance finden kann, doch man nimmt sie den Charakteren in diesem Fall einfach nicht richtig ab. Von wahren Emotionen fehlt jede Spur, und es fällt zunehmend schwer, wirklichen Gefallen an der Lektüre zu finden, da es mit den Emotionen, je weiter die Geschichte voranschreitet, so übertrieben wird, dass sie irgendwann nur noch auf die Nerven gehen statt den Leser wirklich zu berühren.

Nicht nur die Charaktere, sondern auch die Geschichte selbst rutscht dabei immer mehr in Richtung Kitsch ab. Die Liebe zwischen Lucas und Sascha stellt sich so schnell ein und wird als dermaßen intensiv beschrieben, dass sie völlig unglaubwürdig und kitschig wirkt. Es wird ständig beschrieben, wie innig ihre Liebe ist und wie sehr die beiden sich gegenseitig lieben. Zum Ende hin dreht sich die ganze Geschichte nur noch darum und die restliche Handlung tritt in den Hintergrund, sodass es scheint, als wäre die eigentliche Geschichte nun unwichtig. Das ganze letzte Viertel des Buches dreht sich beinahe ausschließlich um die Liebe zwischen den beiden, und auf jeder Seite wird aufs Neue erklärt, wie sehr sich die beiden zugetan sind.

Was ich in „Leopardenblut“ auch vermisst habe, ist die Spannung. Am Anfang macht man sich als Leser noch Hoffnungen, dass die Geschichte noch richtig interessant wird, doch diese Hoffnung wird mit jeder weiteren Seite zunichte gemacht, und sobald man die Lektüre beendet hat, bleibt man verdutzt zurück und fragt sich enttäuscht: War das alles? Zwar erwartet den Leser bei „Leopardenblut“ keine gähnende Langeweile, doch die wirklichen Highlights und Spannungsmomente bleiben einfach aus. Die Geschichte plätschert stetig im selben Tempo und ohne wirkliche Höhen und Tiefen vor sich hin, und auch wenn das Buch nie wirklich langweilt, fesselt es auch nicht.

Das Schlimmste ist allerdings immer noch die Vorhersehbarkeit der Handlung. Die Auflösung und das Ende sind so simpel gestrickt, dass man einfach nur enttäuscht sein kann. Das Ende fällt genau so aus, wie man es sich bereits von Anfang an denken kann. Das Buch hält geradezu null Überraschungen und Wendungen bereit, die der Leser nicht schon mit ein bisschen Fantasie selbst erahnen konnte. Am stärksten zeigt sich das am Ende, bei dem man sich über die Durchsichtigkeit und Fantasielosigkeit einfach nur noch wundern kann.

Der Schreibstil ist nicht völlig missraten, weist aber auch einige Mankos auf. Teilweise werden Erklärungen und Beschreibungen für die Welt der Medialen und der Gestaltenwandler eingeschoben, wo sie gar nicht wirklich zu der momentanen Situation passen oder mehr wie eine in den Text eingefügte Fußnote wirken. Ab und zu kommen auch Wiederholungen in der Formulierung vor oder der Erzählstil wirkt an einigen Stellen unsicher und umgangssprachlich.

_Fazit:_

Ich hätte mir von „Leopardenblut“ eindeutig mehr erwartet. Die Geschichte ist vorhersehbar und kitschig und die Charaktere sind blass. Die Grundidee des Buches hat mir gefallen, aber letztendlich war „Leopardenblut“ eher eine Enttäuschung.

_Die Autorin:_

Nalini Singh wurde auf den Fidschi-Inseln geboren und ist später in Neuseeland aufgewachsen. Vorerst war sie als Rechtsanwältin und Englischlehrerin tätig, begann aber im Jahre 2003 mit ihrer Karriere als Autorin von Liebesromanen. Der erste Teil der „Gestaltenwandler“-Serie ist ihr erster Roman im Bereich Fantasy Romance.

Die |Gestaltenwandler|-Reihe:

Band 1: Leopardenblut
Band 2: Jäger in der Nacht (August 2008)

|Originaltitel: The Psy-Changeling series vol. 1: Slave to Sensation
Originalverlag: Berkley Publishing Group
384 Seiten Klappbroschur
ISBN-13: 978-3-8025-8152-6
http://www.egmont-lyx.com

Liu, Marjorie M. – Shadow Touch

Marjorie M. Liu ist Autorin aus Überzeugung. Obwohl sie neben dem Studium der osteuropäischen Sprachen und Kultur zusätzlich ein Jurastudium absolviert hat, hat sie sich für eine Karriere als Autorin entschied, weil sie nach eigenen Angaben keine Anwältin sein wollte. Ihre Rechnung scheint aufzugehen. In den USA erfreut sich ihre „Dirk and Steele“-Reihe großer Beliebtheit und umfasst bald sieben Bände. Nun soll der Virus auch in Deutschland übergreifen: |Blanvalet| veröffentlicht nach „Tiger Eye“, dem ersten Band, nun auch „Shadow Touch“.

Dieses lässt sich unabhängig vom ersten Band lesen, da völlig andere Protagonisten im Vordergrund stehen. Dies wäre zum einen die junge Elena Baxter, die eine kleine Farm betreibt und ein Geheimnis hat: Durch die Kraft ihrer Gedanken kann sie Menschen heilen und tut dies immer wieder bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Krankenhaus. Sie glaubt, diese Fähigkeit verstecken zu müssen, und fühlt sich von anderen Menschen isoliert, weil sie anders ist. Bei Artur, einem ehemaligen russischen Mafiakiller, ist die Situation eine andere. Er hat seine Gabe, in die Seele anderer Menschen blicken zu können, zu seinem Beruf gemacht und ist bei der Detektivagentur |Dirk and Steele| angestellt. Diese beschäftigt ausschließlich Personen mit paranormalen Kräften, die diese dazu benutzen, um Kriminalfälle zu lösen.

Elena und Arthur, die sich nicht kennen, sind einer Gruppierung, die sich |Konsortium| nennt, aufgefallen. Wie man sich denken kann, handelt es sich dabei nicht unbedingt um besonders freundliche Zeitgenossen. Im Gegenteil strebt die Anführerin des Konsortiums eine Verbindung mit den russischen Mafiabossen an, um ihr Imperium zu vergrößern. Da auch sie mit paranormalen Kräften arbeitet, kommen ihr Artur und Elena nur recht. Sie lässt die beiden entführen und in ein geheimes Laboratorium in Russland bringen. Dort begegnen sich die beiden zum ersten Mal. Als Artur zusammenbricht, weil die Dinge, die er in anderer Menschen Seelen gesehen hat, einen „Kurzschluss“ in seinem Gehirn verursachen, rettet Elena ihm mit ihren Kräften das Leben. Doch das bleibt nicht ohne Folgen. Von nun an können die beiden ohne Berührung eine Verbindung zueinander aufbauen, eine noch tiefere Verbindung als Liebe. Gemeinsam mit zwei Gestaltwandlern, die ebenfalls gefangen gehalten werden, begeben sie sich auf eine überstürzte Flucht, als sich ihnen die Gelegenheit bietet. Sie ahnen nicht, dass dies der Anfang zu einem großen Abenteuer ist …

Marjorie M. Liu macht möglich, was man nicht für möglich hält: Sie verbindet Action mit einem guten Schuss Romantik, ohne pathetisch oder eindimensional zu werden. Was ruhig und unspektakulär beginnt, entwickelt sich schnell zu einem rasanten Abenteuer. Die Zutaten der Geschichte sind dabei nicht immer neu, aber gut zusammengesetzt. Sie erhalten durch die ausgefallene Figurenzeichnung eine besondere Note und wirken nicht klischeehaft. Die Verfolgungsjagden und Kämpfe sowie die Enthüllungen von Geheimnissen folgen flott aufeinander und lassen kaum Wünsche offen. Obwohl nicht als Thriller deklariert, können sich einige Bücher dieses Genres eine Scheibe an „Shadow Touch“ abschneiden.

Dabei kommt die leichtfüßige Romantik nicht zu kurz. Auch hier macht die Autorin alles richtig, denn sie wird nie schwülstig oder übertreibt es mit expliziten Szenen, sondern entwickelt eine zarte, authentische und berührende Liebesgeschichte. Diese nimmt nicht zu viel Raum ein, sondern ist eher eine Nebensächlichkeit, ohne ihren Zauber zu verlieren. Das ist insofern vorteilhaft, als dieses Buch nicht nur ausgemachte Romantiker, sondern auch „normale“ Fans von Romanen mit paranormalem Einschlag begeistern wird.

Im Vordergrund stehen dabei immer die beiden Hauptfiguren, deren Persönlichkeiten sich wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen. Anders als man es vielleicht erwartet, hat man es in „Shadow Touch“ nicht mit seichten, oberflächlichen Charakteren zu tun, denen es an Substanz mangelt. Auch wenn die eine Ecke oder Kante zusätzlich nicht geschadet hätte, werden Artur und Elena sehr eigenständig dargestellt. Arturs Vorgeschichte als Straßenjunge und Mafiakiller ist zwar nicht unbedingt innovativ, wird aber auch nicht ausgeschlachtet. Die eigentliche Überraschung ist Elena, da sie anders als ähnlich geartete Figuren gezeichnet wird. Das zeigt sich vor allem in ihrer Schlagfertigkeit und ihrem erdigen Humor. Sie ist emanzipiert, und trotz ihrer tiefen Liebe zu Artur wirkt sie nie blass oder heimchenhaft, aber auch nie wie eine Witzfigur aus einem Frauenroman.

Das Einzige, woran Liu stellenweise noch arbeiten sollte, ist ihr Schreibstil, wobei nicht ersichtlich ist, was ihre und was die Schuld der deutschen Übersetzung ist. Die ersten Seiten des Buchs sind hart. Die häufigen Wiederholungen einzelner Worte in Sätzen wirken gekünstelt und zu bemüht erhaben. Die Geschichte läuft nicht so ganz rund und mutet stellenweise kitschig an. Diese Startschwierigkeiten werden möglicherweise bei Lesern mit wenig Geduld eher zum Zuschlagen des Buches führen. Hat man sich jedoch erstmal in Lius Stil eingelesen, merkt man schnell, dass sie ihre Sache eigentlich gar nicht so schlecht macht. Manchmal klingt sie ein wenig naiv und der oft komische Humor wird nicht richtig herausgearbeitet. Auf der Haben-Seite stehen allerdings die ungewöhnlichen Metaphern und Vergleiche, mit denen sie die Geschichte immer wieder auflockert, auch wenn nicht jedes dieser Stilmittel als gelungen bezeichnet werden kann.

Der Verlag sagt über die Autorin, sie sei „eine außergewöhnlich optimistische junge Frau, die fest daran glaubt, allem im Leben mit einem Lächeln begegnen zu können.“ Bei der Lektüre von „Shadow Touch“ hat man genau dieses Gefühl. Fast ein bisschen naiv wirkt das Buch auf den ersten Seiten, entwickelt sich aber zu einem unerwartet spannenden und stellenweise düsteren Thriller mit einem romantischen Einschlag. Während der Schreibstil erst in Schwung kommen muss, gibt es an der Personenzeichnung und an der Handlung nicht viel zu bekritteln. Marjorie M. Liu gelingt es, ein Buch zu schreiben, das gerne in die Romantikecke gestellt wird, aber nicht so kitschig ist, dass es nicht auch Nichtromantikern gefallen dürfte.

|Originaltitel: Shadow Touch
Originalverlag: Dorchester Publishing, New York 2006
Aus dem Englischen von Wolfgang Thon
406 Seiten, Taschenbuch|

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Schwartz, Susan (Zietsch, Uschi) / Vlcek, Ernst – SunQuest 1: Fathomless

_Inhalt:_

Shanija Rans Ankunft auf der bizarren Welt „Less“ und der Beginn ihrer Quest mit einer vagen, sehr vagen Hoffnung, ihre Mission doch noch erfüllen zu können, als sie von dem »Schlüssel« erfährt.

Wir schreiben das Jahr 3218 christlicher Zeitrechnung. Die Menschheit stößt auf ein Fremdvolk im Sternbild Schwan – die Quinternen, die die Erde samt Mond und somit die Menschheit zerstören wollen.

Colonel Shanija Ran, Kommandantin der Marine-Eliteeinheit „Wild Rams“, ist mit ihrem Raumjäger unterwegs zur Erde, um das zu verhindern. Denn die Existenz der Menschheit steht auf dem Spiel, der galaktische Krieg gegen die rätselhaften Quinternen scheint verloren – bis jetzt, denn Shanija Ran ist im Besitz von Plänen, die eine entscheidende Wende herbeiführen werden.

Verfolgt von den Quinternen, muss Shanija Ran ein waghalsiges Manöver riskieren – und wird durch eine Anomalie in einem fremden System ausgespuckt, dessen gewaltige Kräfte sich sofort auswirken und sie zur Landung auf einem erdähnlichen Mond zwingen, bei der ihr Schiff völlig zerstört wird. Shanija Ran findet sich in einem unmöglich erscheinenden System wieder – eine Welt mit drei Sonnen.

_“Escensio“_, Teil 1 des Auftaktbandes, bestreitet Uschi Zietsch unter dem Pseudonym Susan Schwartz, ihres Zeichens Autorin und Verlegerin.

Als Shanija auf „Less“ zu sich kommt, muss sie feststellen, dass ihr Jäger, nachdem sie ihn durch die Blaue Sonne steuern ließ, in seine Einzelteile zerlegt wurde und somit eine Rückkehr für Shanija unmöglich ist. Schnell stellt sie fest, dass auf Less keine Technik funktioniert und einiges nicht mehr so ist wie zuvor. So hat sich zum Beispiel „Pong“, ihr hochentwickeltes Computermodul, in einen humorig putzigen Schmuckdrachen entwickelt, der mal unter einem Drachentattoo auf ihrer Brust ruht, dann wieder aus Shanija herauskommt und rülpsend und keck mit seinen gelegentlichen Auftritten die Handlung bereichert und zu eigenständigem Leben erwacht.

Der erste Teil gewährt Einblicke in Shanijas Kindheit, ihre Familie: Vater Barn, Mutter Raje und Bruder Aaron; und der Leser erfährt, dass Shanija eine geborene Tovan ist, sie aber ihren Namen abgelegt hat.

Doch was widerfährt Shanija auf Less? Zuerst trifft sie auf einen wandernden Müllhaufen mit organischem „Innenleben”, wie Rattenwesen und Ameisen, um nur zwei „Gattungen” zu nennen. Er ist somit eine in sich geschlossene Ökologie. Shanija wird von zwei langen Tentakeln, die aus dem Müllhaufen – einer alles fressenden, alles vernichtenden Maschine – erwachsen, an diesen gerissen und gefesselt. Und trifft dort auf das erste menschliche Wesen, das ebenfalls in den Fesseln des wandelnden Schrottberges hängt: As’mala, blond, blauäugig, eine Diebin und Nachfahrin der Besatzung der „Sunquest“.

Den beiden Frauen gelingt es, sich zu befreien und die Flucht und Shanija erfährt, dass auf Less jedes Lebewesen die Gabe der Psimagie besitzt. Shanija fragt sich daraufhin, welche wohl in ihr schlummert und erwachen wird. Sie gelangen in die Stadt Baroma Castata, die wie eine burgähnliche Festung ist. Dort landen Shanija und As’mala in einem Verlies, wohl auch weil As’mala aus dem Baron Castata bei ihrem letzten Besuch der Stadt einen Baron CastRata gemacht hat. Der Baron ist eine zwielichtige Gestalt, die Handel mit Juwelen und Sklaven treibt. Aber auch hier können sich die beiden Frauen befreien – und begegnen sonderbaren Kapuzenwesen, die in Shanija eine starke psimagische Kraft sehen und sie „Die Trägerin der Sonnenkraft” nennen.

Ernst Vlcek bestritt mit _“Terra Incognita“_ den zweiten Part des Bandes

Ranija und As’mala landen nach ihrer Flucht aus dem Verlies der Stadt Castata durch Teleportation im „Niemandsland” und treffen auf den Rebellen Borschkoj, der sich als echter Macho gibt und Ranija sofort suspekt ist, auf den As’mala jedoch, die ohnehin eine stark sexuelle Ausrichtung hat, augenscheinlich anspricht. Gemeinsam machen sie sich auf in ein mystisches Monolithen-Reich, nach „Mandiranei”, ein Königreich und Stadtstaat inmitten eines Monolithen, der in einem See liegt, in welchem es vor Ungeheuern nur so wimmelt. In Mandiranei herrschen der altersschwache König Leeon und seine Gattin Randa, deren Tochter Seiya auf den Thron soll – vor dem eigentlichen Thronerben, ihrem Bruder Tainon.

Ab diesem Teil zwei erhält der Band eine eindeutig phantastische Note. Die drei begegnen auf ihrem Weg Drachenfliegern, Okkuren – auf zwei Beinen aufrecht gehende Eber-Söldner – und werden von Prinzessin Seiya schlussendlich wie Gäste aufgenommen. An ihrer Seite ist ständig Corelius, ein Gnom und Schattenspieler, präsent.

As’mala macht sich jedoch schon bald auf in die Stadt und auf die Suche nach Borschkoj, der sich von den beiden Frauen getrennt und zu den Rebellen, die Prinz Tainon um sich geschart hat, geschlagen hatte. Ihr wird das Mannweib Vosinna als Schutz an die Seite gestellt. Doch As’mala schüttelt diese durch eine List ab und begibt sich in die Unterwelt, in der sie von Yoscan, einem skelettartigen Echsenwesen, zu Borschkoj gebracht wird. Von ihm wird As’mala, die Borschkojs Reizen erliegt, dazu angehalten, eine bestimmte Pforte des Palastes zu öffnen, damit Tainon mit seinen Rebellen den Palast stürmen und die Krönungszeremonie seiner Schwester stören kann, der er nach dem Leben trachtet.

Wieder zurück im Palast, berichtet As’mala der Prinzessin von dem mörderischen Vorhaben ihres Bruders. Die will das jedoch zuerst nicht glauben – doch schließlich gelingt es Tainon tatsächlich, in den Palast einzudringen und seine Eltern und Schwester in die Gewalt zu bringen. Aber Rhanija, As’mala und Seiya gelingt die Flucht und sie kämpfen sich an Borschkojs und Vosinnas Seite durch das felsige Niemandsland, geraten dabei unter anderem in „Strudelfallen”, werden von Säure, die von der Felsdecke tropft, bedroht, erleben, wie eine mörderische Chamäleonzunge plötzlich aus einer scheinbar massiven Wand schießt, und es regnet sogar alle möglichen Skelette. Die drei Frauen stehen zum „guten” Schluss vor einem Abgrund, über den spröde und brüchige Rippenbögen führen. Und am anderen Ende des Abgrunds zeigt sich ihnen ein völlig überraschender Auslöser für all die Gefahren, die ihnen begegnet sind.

_Meine Meinung:_

Phantastischer und rasanter geht es nicht. Somit liegt mit Band eins ein optimaler Einstieg in die Serie vor, der durch ein Glossar im Anschluss an den Romantext erleichtert wird. Auch die Stile der beiden Autoren fügen sich gut ineinander, bedeuten keinen atmosphärischen Bruch, was den Lesefluss wunderbar stützt. „Fathomless“ endet mit einem Cliffhanger, der Appetit auf Band zwei macht. Man möchte einfach mehr über Rhanija und ihre beiden Begleiterinnen lesen, möchte mehr bekommen von der phantastischen Frauenpower, die sich durch den Band zieht.

Bliebe noch die Aufmachung des Romans zu erwähnen, die tadellos ist. Das Papier ist erstklassig, der Satz und das Lektorat sind korrekt und auch die Tatsache, dass es Innenillustrationen gibt, erfreut das Leserherz, wenngleich mir persönlich der Stil, der eher an einen Cartoon erinnert, nicht sonderlich gefällt und nicht so recht zu dem Duktus der Texte zu passen scheint. Doch das bleibt dem Geschmack eines jeden Lesers überlassen und trübt keineswegs den Gesamteindruck des Bandes. Dafür gefällt mir die Idee, dass sowohl die Buchrücken der ersten sechs Bände als auch die Cover – legt man sie nebeneinander – ein Gesamtmotiv ergeben. Auch das Format erfreut. Es ist zwar nicht völlig gängiges Taschenbuchformat, sondern etwas höher, aber – den Höllen sei es getrommelt und gepfiffen – nicht das großformatige Kleinverlagsformat. Dadurch überzeugt auch die Aufmachung der Serie voll und ganz!

_Fazit:_ „Fathomless“ ist ein flott erzählter und optisch sehr ansprechender Auftaktroman zweier Routiniers, der Lust auf mehr diese Serie macht! Sehr empfehlenswert!

|ISBN-13: 9783927071179|
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Handeland, Lori – Wolfskuss (Geschöpfe der Nacht 1)

Die junge Polizistin Jessie McQuade sorgt in der verschlafenen Kleinstadt Miniwa für Recht und Ordnung. Als sie eines Nachts an einen Unfallort gerufen wird, bei dem eine junge Frau namens Karen Larson einen Wolf angefahren hat, ahnt Jessie noch nicht, was ihr bevorsteht: Als Karen Larson am nächsten Tag wieder zur Arbeit geht, erleidet sie einen Tollwut-Anfall und muss erschossen werden. Doch wie kommt es, dass die Frau schon so früh der Tollwut verfallen ist, obwohl diese normalerweise erst nach Monaten auftritt? Und was hat das indianische Wolfstotem am Unfallort zu bedeuten?

Um all den Rätseln auf den Grund zu gehen, beschließt Jessie, einem indianischen Professor namens William Cadotte einen Besuch abzustatten, der sich das Totem genauer ansehen soll. Während die beiden versuchen, die Bedeutung des Totems zu ergründen und sich dabei näherkommen, kommt es in Miniwa zu weiteren Vorfällen: Nicht nur, dass weitere Opfer dieser speziellen Art von Tollwut verfallen und die Leichen sich auf merkwürdige Art und Weise verformen, irgendjemand scheint es auf das Totem abgesehen zu haben. Zusammen mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, einem alten Mann, der sich auf die Jagd von Wölfen spezialisiert hat, kommt Jessie hinter ein lange gehütetes, furchtbares Geheimnis – und bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann …

Bücher aus dem Bereich „Fantasy Romance“ sind in letzter Zeit immer angesagter. Dabei wird oftmals nicht nur Fantasy mit Liebesgeschichten vermischt, sondern es gibt auch noch eine gute Grundlage für weitere, bisher noch wenig verbreitete Genremischungen. Auch „Wolfskuss“ gehört in diese Sparte. So findet man hier auch einige Aspekte, die stark an das Krimigenre erinnern, zugleich sind auch einige indianische Mythen darin zu finden. „Wolfskuss“ bietet also eine große Anzahl verschiedener Genre-Richtungen, was schon im Voraus vermuten lässt, dass es sich hierbei um keine altbekannte Geschichte handelt.

Das muss man der Geschichte auf jeden Fall lassen: Sie ist ohne Zweifel etwas Neues und kann auch mit vielen ungewohnten und guten Ideen überzeugen. Auch die Auflösung und die Erklärung für das Wolfs-Problem wird innovativ und interessant präsentiert. Dennoch benötigt die Geschichte eine Weile, bis sie wirklich spannend wird. Zwar ist sie auch am Anfang nicht gerade langweilig, doch dem Buch fehlt noch das gewisse Etwas, das den Leser dazu bringt, es beinahe gar nicht mehr aus der Hand legen zu können. Später wird das spürbar besser, auch wenn es dem Buch nicht gelungen ist, mich ganz und gar zu überzeugen.

Was mich allerdings gestört hat, war der Großteil der Charaktere. Vor allem die Nebencharaktere in „Wolfskuss“ sind überladen mit Klischees, was nicht wirklich dazu beiträgt, dass die Charaktere real oder sympathisch wirken. So ist der Sheriff von Miniwa beispielsweise ein Wildwest-Gesetzeshüter, wie er mit Kugelbauch, Kautabak und einer rauen Umgangsart typischer nicht sein könnte. Genauso ist es mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, der mit seinem Alter einen hervorragenden Schatz an Erfahrungen besitzt und überdies gelegentlich an einen kühlen Rambo erinnert, der die Situation stets im Griff hat. Genau so sieht es auch mit den meisten anderen Nebenfiguren aus. Allesamt erscheinen sie wie pure Klischeeträger und entwickeln dabei keinen wirklich eigenen Charakter. Das wäre ja weiter nicht schlimm, wenn einige von ihnen am Schluss hin nicht noch eine größere Rolle zu spielen hätten. So wirken einige der Personen die meiste Zeit über wie aufgestellte Pappkameraden am Wegesrand, aber wenn das Buch auf die Zielgerade geht, dann sollen sie auf einmal als reale, wichtige Person in den Mittelpunkt der Geschichte treten. Dass das nicht einwandfrei funktioniert, ist wohl offenkundig.

Ebenso bedauerlich ist, dass der Charakter von Cadotte in der Geschichte ziemlich untergeht. Man hat kaum die Gelegenheit, ihn wirklich kennen zu lernen, wodurch er für den Leser zu blass bleibt. Gelegentlich habe ich mich gefragt, was er in der Geschichte eigentlich zu suchen hat. Es scheint so, als wäre er nur für die Liebesgeschichte mit Jessie im Spiel, denn wirklich eine wichtige und tragende Rolle spielt er nicht. Es fällt sehr schwer, Cadotte einzuschätzen, vor allem seine Beweggründe blieben mir die meiste Zeit schleierhaft. Zwar trägt das insofern zu der Geschichte bei, als Jessie bald nicht mehr weiß, ob sie ihm trauen kann oder nicht, aber leider werden die ganzen Umstände später, wenn sich alles geklärt hat, auch nicht wirklich durchsichtiger. Man weiß immer noch nicht wirklich, was er an Jessie findet, und auch nicht, warum er die meiste Zeit nackt durch die Gegend läuft.

Die einzige wirklich gelungene Person ist Jessie. Sie macht sich als Protagonistin sehr gut, ist nicht mit Klischees überladen und wirkt auch nicht zu blass. Mit ihrer lustigen, aber auch verletzlichen Art wirkt sie auf den Leser sofort sympathisch. Ihr ganzes Leben hat sie der Verbrecherjagd in Miniwa verschrieben und daher mit Männern nicht viel am Hut. Sie wird nicht allzu perfekt dargestellt, und das ist genau das, was sie als Protagonistin so faszinierend macht. Obwohl sie als nicht besonders schön und auch nicht attraktiv beschrieben wird, wirkt sie mit ihrem Charakter einfach sympathisch, und die Tatsache, dass sie bei den typischen Protagonistinnen solcher Genrebücher aus der Reihe tanzt, macht sie in gewisser Weise auch zu etwas Besonderem.

Das Ende war leider auch nicht so gelungen, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar sind die Ideen, die Lori Handeland in ihren Roman eingebaut hat, wirklich gut, doch diese hat sie nicht völlig ausgeschöpft und auch mit einigen anderen Ideen, die nicht ganz so gut zur Geschichte gepasst haben, wieder ein wenig abgeschwächt. Und natürlich ist das Ende, wie man es leider bei vielen Büchern aus der Fantasy Romance immer wieder vorfindet, ein wenig zu kitschig. Jedes Problem löst sich ins Nichts auf, und dann ist alles wieder perfekt.

Was dagegen zu gefallen weiß, ist der Schreibstil. Die Geschichte wird in der Ich-Form aus Jessies Sicht erzählt, was sehr gut passt. Jessies Art zu erzählen ist sehr lebendig und unterhaltsam und kann für den Gesamteindruck einige Mängel wieder wettmachen.

_Fazit:_

Alles in allem hat Lori Handeland mit „Wolfskuss“ ein gutes Werk aus der Fantasy Romance vorgelegt. Zwar gibt es das ein oder andere zu bemängeln, aber letztendlich hat mir der Auftaktband gefallen. Lori Handeland hat viele gute Ideen eingebaut und die Protagonistin kommt sympathisch rüber.

_Lori Handeland:_

Die Autorin Lori Handeland wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Southern Wisconsin und schreibt seit 1993 historische und zeitgenössische Liebesromane. Ihr neuster Roman „Wolfskuss“, der Auftakt der „Night Creatures“-Serie, wurde in den USA mit großer Begeisterung aufgenommen und gewann 2005 den |RITA Award| der |Romance Writers of America|. 2007 folgte der |RITA| für „The Mommy Quest“. „A Soldier’s Quest“ gewann 2005 den |Romantic Times Reviewers‘ Choice Award|.

http://www.lorihandeland.com

|Night-Creatures|:

Band 1: Wolfskuss
Band 2: Wolfsgesang (August 2008)

|Originaltitel: Night Creatures vol 1: Blue Moon
Originalverlag: St. Martin’s Press, New York, 2005
368 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Hoffmann, Horst – Dorlog (Titan-Sternenabenteuer 28)

Die Emotionsrebellen der Cadschiden – kurz Emorebs – unter der Führung Dorlogs sind unbemerkt mit einer Invasionsflotte auf der Erde gelandet und warten auf den Befehl zum Angriff. Doch Dorlog ist der einzige Überlebende seines havarierten Schiffes und wird schwerverletzt von einer gottesfürchtigen Farmerfamilie aufgefunden, die zusammen mit ein paar anderen Familien völlig autark in einer einsamen Gegend wohnt. Für Dorlog steht fest, dass er bald zu seiner Flotte zurückkehren muss, doch die Fürsorge der Farmerfrau weckt ungeahnte Gefühle in dem Cadschiden …

Zur selben Zeit landet die |Titan| unter dem Kommando von Vanessa Modesta auf dem Heimatplaneten der Invasoren. Die Besatzung des havarierten Space-Police-Raumers kann nur noch tot geborgen werden. Zwischen den Emorebs und den „Gefühlstoten“, wie die normalen, nicht empfindungsfähigen Cadschiden genannt werden, tobt ein mörderischer Krieg, in dem die Besatzungen der |Titan| und der |Wallenstein| zwischen die Fronten geraten …

Mit „Dorlog“ gibt der bekannte deutsche Science-Fiction-Autor Horst Hoffmann seinen Einstand, der bereits in der Serie „Perry Rhodan“ einschlägige Erfahrungen in dem Genre sammeln konnte und mit [„Die galaktische Rallye“ 2378 bereits einen Science-Fiction-Roman im |BLITZ|-Verlag veröffentlichte. Dies kommt dem vorliegenden Buch sehr zugute, das sich flüssig lesen lässt und hervorragend in die laufende Thematik einfügt, auch wenn die Handlung sich zunächst einem komplett neuen Schauplatz zuwendet und den Leser in Sachen „Shalyn Shan“ und „Anake Takagawa“ im Ungewissen lässt. Das ist vielleicht auch gut so, denn so kann sich der Autor in Ruhe mit dem „Titan“-Universum vertraut machen, bevor er sich an die Hauptakteure heranwagt. Die Kultur und Entwicklung der Cadschiden, allen voran der titelgebende Dorlog, sind dem Autor jedenfalls bestens gelungen und vertiefen die Eindrücke, welche S.H.A. Parzzival in seinen Büchern vorlegte.

Während die Geschehnisse auf Terra sich viel mit der emotionalen Reifung Dorlogs beschäftigen, geht es auf Cadschid richtig zu Sache. Die Crew der |Titan| muss mit den Leuten der |Wallenstein| um ihr Überleben und das der ganzen Menschheit kämpfen. Dass es dabei nicht nur um das simple Gut-und-Böse-Schema geht, beweist, dass die Serie anspruchsvolle und vielschichtige Science-Fiction zu bieten hat. Das ist gleichzeitig auch einer der Knackpunkte des Bandes, denn der wird als Dark-Fiction-Thriller angepriesen und verkauft. Doch dunkel ist allenfalls der Weltraum, nicht aber die Handlung, auch wenn es zu einigen Todesfällen kommt. Einigen Lesern wird der Bruch innerhalb der laufenden Thematik sicherlich ein Dorn im Auge sein, sollte aber nicht allzu sehr überbewertet werden.

Auch diesmal sind die Innenillustrationen von Andrä Martyna hervorragende Computergrafiken, welche den Cadschiden erstmals ein Gesicht geben.

_Fazit:_ Der Einstieg von Horst Hoffmann erweist sich als gelungener Schachzug und präsentiert dem Leser ein anspruchsvolles und temporeiches Stück Science-Fiction-Literatur.

http://www.blitz-verlag.de

_Florian Hilleberg_

Arthur C. Clarke – Rendezvous mit Rama

Das geschieht:

Im Jahre 2131 ist die Menschheit zwar vereint aber keineswegs einig. Im Rat der „United Planets“ sitzen Vertreter der Erde, des Mondes, der Planeten Merkur und Mars sowie der Monde Ganymed, Titan und Triton: Das Sonnensystem ist bis zur Umlaufbahn des Uranus‘ besiedelt.

Die sieben Mitglieder der UP stellen auch das „Rama-Komitee“, das seine Arbeit aufnimmt, nachdem ein gigantischer, offensichtlich künstlicher Himmelskörper gesichtet wird: Objekt 31/439, später benannt nach der Hindu-Göttin Rama, ist eine Raumarche von zylindrischer Form, misst stolze 50 km in der Länge und weist einen Durchmesser von 8 km auf. Seit Jahrmillionen ist dieses Schiff unterwegs, dessen Kurs direkt auf die Sonne zielt. Arthur C. Clarke – Rendezvous mit Rama weiterlesen

Croggon, Alison – Gabe, Die (Die Pellinor-Saga 1)

Fantasy-Liebhaber sind heutzutage schwer gebeutelt: J. R. R. Tolkien ist längst verstorben, sodass leider keine weiteren großartigen Werke mehr aus seiner Feder zu erwarten sind, doch immer mehr teils nicht einmal sonderlich talentierte Schreiberlinge reihen sich in die Tradition Tolkiens ein, um ein Stückchen seiner Erfolgstorte abzubekommen. Was den Fantasy-Markt flutet, ist mitunter allerdings schwer verdaulich. Wenn jemand daherkommt wie Alison Croggon, deren |Pellinor-Saga| für zwei begehrte Fantasypreise nominiert wurde und die ihre Saga ähnlich umfangreich anlegt wie Tolkien, horchen üblicherweise alle Fantasy-Fans auf, doch regt sich auch eine gewisse Skepsis …

_Von der Sklavin zur Bardin_

Maerad fristet in Gilmans Feste ein trostloses Dasein als Sklavin. Eine Flucht erscheint ihr praktisch unmöglich. Langsam fühlt Maerad, wie sie innerlich verwelkt und ihre Hoffnung auf eine Flucht immer kleiner wird. Doch eines Tages, als sie in den Kuhstall zum Melken geschickt wird, bäumt sich die Kuh auf, weil sie einen geheimnisvollen Fremden spürt, den von den „Normalsterblichen“ allerdings niemand wahrnehmen kann, da der Barde Cadvan sich unsichtbar gemacht hat. Zu dessen eigener Überraschung kann Maerad ihn allerdings sehen – denn sie trägt selbst die Gabe in sich. Da Cadvan große Kräfte in Maerad entdeckt, bietet er ihr an, ihn auf seiner eigenen gefährlichen Reise zu begleiten. Maerad kann ihr Glück kaum fassen und muss nicht lange nachdenken, denn nichts scheint ihr trostloser und auswegloser als das Leben in Gilmans Feste. So belegt Cadvan die beiden mit einem Bann, sodass sie fortan von den Blicken anderer Menschen verschont bleiben.

Ihre Flucht ist schnell bemerkt, doch weiß Cadvan die verfolgenden Hunde zu besänftigen, denn Barden können auch mit Tieren kommunizieren – eine Gabe, die Maerad bei sich selbst erst recht spät in diesem Buch entdeckt. Noch weitere Gefahren begleiten die beiden auf ihrem Weg; so will Cadvans Widersacher einen ganzen Berg über den beiden Flüchtenden zusammenstürzen lassen, und erst, als die beiden Barden ihre Kräfte zusammentun, können sie ihren Weg fortsetzen. Auch böse Werwesen greifen Maerad und Cadvan an. Doch je mehr Gefahren die beiden bedrohen, umso mehr Kräfte entdeckt Maerad an sich, was sich auch im weiteren Verlauf der Geschichte fortsetzen wird.

Frieden kehrt für die beiden Weggefährten erst ein, als sie Inneil erreichen. Dort finden sie bei Silvia und Malgorn Unterschlupf, die die ausgezehrte Maerad erst einmal aufpeppeln und mit schicken Gewändern umhüllen. In Silvia findet Maerad so etwas wie einen Mutterersatz, sodass es ihr schwerfällt, Inneil wieder zu verlassen. Doch die gefährliche Reise geht für die beiden noch weiter, denn Cadvan will seinen ehemaligen Lehrer finden, außerdem soll Maerad als Bardin eingeführt werden, und die hohe Sprache muss noch in ihr erwachen. Vieles steht den beiden also noch bevor, aber natürlich wird nicht alles so einfach vonstatten gehen …

_Dieser Weg wird kein leichter sein_

Alison Croggon erzählt die Geschichte von der verlorenen Zivilisation von Edil-Amarandh und vom Rätsel des Baumlieds. Denn darum wird sich in den folgenden Bänden wohl alles drehen. Cadvan ist nämlich auf der Suche danach, um sein Land vom Bösen zu befreien, denn der Namenlose bedroht die ganze Zivilisation. Natürlich gibt es auch eine Offenbarung, in der von einer Auserwählten die Rede ist. Cadvan identifiziert Maerad schnell als die Auserwählte, doch erst, wenn sie als Bardin eingeführt wird und ihren wahren Namen erhält, wird man sehen, ob sie wirklich den richtigen Namen tragen wird und somit als Auserwählte das Böse besiegen kann.

Es sind die üblichen Zutaten, die Alison Croggon in ihrer |Pellinor-Saga| vermischt: Das Böse bedroht die Welt und nur eine kleine Ansammlung von Menschen versucht, das Böse abzuwenden, steht aber auf recht verlorenem Posten da. Doch verspricht eine Offenbarung Rettung durch eine bislang unbekannte Auserwählte, die so große Kräfte und Fähigkeiten besitzt, dass sie das Land retten kann. Und hier kommt dann auch Maerad ins Spiel, die zunächst noch nicht ahnt, welch gewichtige Rolle sie spielen soll. Cadvan ist ihr Retter, der sie zunächst allerdings in weitere Gefahren bringt. Diese lassen sich jedoch nicht vermeiden, zumal Maerad sie als angenehmer empfindet als ihre Gefangenschaft in Gilmans Feste. Cadvan mutiert zum Lehrer für die junge Magierin, die nur langsam ihre Fähigkeiten entdeckt, diese aber noch nicht gezielt einzusetzen weiß. Auch ein kostbares Instrument trägt sie bei sich, das ähnlich wie Frodos Kettenhemd aus dem „Herr der Ringe“ wertvoller ist als alles andere in dieser Welt Bekannte.

Natürlich dürfen die Bösen in dieser Saga nicht fehlen, und auch hier entdecken wir Parallelen zum „Herr der Ringe“, denn ähnlich wie dort die Orks zum Bösen mutierte Elben darstellen, treffen wir hier auf Dunkle Barden, die sich ebenfalls vom Guten abgewandt haben. Noch weitere Parallelen zum „Herr der Ringe“ tun sich auf, nämlich ausschweifende Landschaftsbeschreibungen, wie Tolkien sie geliebt hat. Doch im Gegensatz zu Tolkiens poetischen Beschreibungen, die eine märchenhafte Schönheit zu vermitteln wissen, langweilen Croggons Ausführungen immer mehr, denn was ihrem Buch fehlt, ist leider der rote Faden. Bevor sie überhaupt Spannung aufbaut und dem Leser mitteilt, worum es gehen soll, wo(durch) die Gefahr droht und wie man Abhilfe schaffen kann, begeben Cadvan und Maerad sich auf eine ewig lange Reise.

Hier geizt die australische Autorin nicht mit ellenlangen Beschreibungen – ein willkürliches Beispiel: |“Die nächsten beiden Tage ritten sie weiter durch das Moor, dem Verlauf des Flusses folgend, und hielten sich dabei so dicht wie möglich an den Bäumen. Sie sahen keinerlei Tiere und hörten nur Grillen und Frösche oder den durchdringenden Schrei eines Adlers hoch über ihnen. Da zahlreiche kleine Rücken und Rinnen das Gelände zerfurchten, kamen sie nur langsam voran. Häufig stießen sie auf seltsame Gruben, als wäre die Erde dort irgendwann gewaltsam aufgebrochen worden. Der Boden war übersät mit Quarz- und Granitbrocken, die eine fortwährende Bedrohung für die Hufe der Pferde darstellten. Das Wetter blieb kalt und grau. Immer wieder setzten frostige Regen- oder Schneeregenschauer ein, die ebenso jäh endeten, wie sie begannen. Der Wind hingegen wehte ständig: ein bitterkalter Luftstrom, der ohne Unterlass über die Anhöhen und Felsen pfiff. Die endlosen braun- und Grautöne versetzten Maerad nach und nach in eine gelangweilte Benommenheit. […]“|

Die Beschreibung geht noch einige Zeit so weiter und hat auch mich in gelangweilte Benommenheit versetzt. Croggons Schreibmuster ist sehr eintönig: Cadvan und Maerad betreten eine neue Landschaft, die ausschweifend beschrieben wird. Maerad ist erschöpft, hat allerdings eine düstere Vorahnung, die sie ihrem Begleiter nicht mitteilen möchte. Die beiden ruhen sich aus und werden von einer Gefahr bedroht, die in einem Kampf abgewendet wird. Die beiden freuen sich über den Sieg, ziehen weiter und betreten die nächste Landschaft, womit sich der Kreis schließt.

_Zwei gegen den Rest der Welt_

Im Mittelpunkt des gesamten Buches stehen Maerad und Cadvan, die sich allmählich immer besser kennen- und schätzen lernen. In einem Seelenblick entdeckt Cadvan viel Elend, das Maerad verdrängt hat. Er erfährt, wer ihre Mutter und was mit ihrer Familie geschehen ist. Später wird Cadvan allerdings eine düstere Seite offenbaren, die Maerad so viel Angst einjagt, dass ihr Vertrauen in ihn schwer erschüttert wird. Doch dieser Zwist ist schnell ausgeräumt; in einem innigen Gespräch kann Cadvan die Gewitterwolken weiterschieben, sodass ihrer weiteren Freundschaft nichts mehr im Wege steht.

Alison Croggon legt viel Wert auf ihre Charakterzeichnung, sodass wir beide Hauptprotagonisten im Laufe der Geschichte sehr gut kennenlernen. Leider jongliert die Autorin allerdings mit vielen Klischees, die man in zu vielen anderen Büchern bereits gelesen hat. Auch wirken die Charaktere reichlich weichgespült; Ecken und Kanten sind erst zu entdecken, als Cadvan von seiner eigenen Vergangenheit berichtet und einige Fehler offenbaren muss. Und auch diese wirken reichlich aufgesetzt. Insgesamt bin ich mit den beiden nicht recht warm geworden. Obwohl Maerad mich in Ansätzen an Sonea aus Trudi Canavans [„Gilde der schwarzen Magier“ 4746 erinnert hat, konnte ich mich in Maerad doch nie hineinversetzen und habe auch nicht mit ihr fühlen können.

Auch sprachlich stolpert man immer wieder über Kleinigkeiten, über Druckfehler und merkwürdige Satzkonstruktionen, bei denen ich nicht weiß, ob das Original bereits Schwächen hatte oder ob der Übersetzer diese Stolpersteine eingebaut hat. Ein Beispiel: |“Cadvan blieb auf der Hut, und Maerad unterstützte ihn trotz ihrer Müdigkeit dabei.“| Wie man jemanden dabei unterstützen kann, auf der Hut zu sein, ist mir allerdings ein Rätsel …

_Spannung, wo bist du?_

Am meisten fehlt dem Buch ein erkennbarer Spannungsbogen. Ich wusste lange Zeit nicht, worauf Alison Croggon hinauswill, und musste mich durch ellenlange Landschaftsbeschreibungen kämpfen. Erst kurz vor Schluss hatte ich das Gefühl, nun weiterlesen zu müssen, um zu erfahren, wie es weitergeht. Doch endet der erste Band der |Pellinor-Saga| genau in dem Moment, als die Geschichte ein wenig ins Rollen gekommen ist. Eine knapp 500-seitige Einleitung in ihre Tetralogie halte ich für arg übertrieben. Deutlich mehr Kürze hätte dem Buch sehr gut getan, denn in einem Wust an ausschweifenden Beschreibungen geht die eigentliche Erzählung völlig unter.

Alison Croggon schafft es leider nicht, eine Welt aufzubauen, in die man versinken kann und in der man sich wohlfühlt. Gemeinsam mit ihren beiden Hauptfiguren hetzen wir durch die Gegend, trotzen Gefahren und schauen in trostlose Landschaften. Potenzial ist erkennbar, aber was unter dem Strich herausgekommen ist, ist leider nur krampfhaft konstruiertes Mittelmaß – schade!

Writing and books


http://www.bastei-luebbe.de

Roberson, Jennifer – Tochter des Löwen (Cheysuli 3)

Band 1: [„Dämonenkind“ 4409
Band 2: [„Wolfssohn“ 4868

Unter dem Titel „Tochter des Löwen“ sind nun auch Band fünf und sechs des |Cheysuli|-Zyklus erschienen:

Niall ist im Gegensatz zu seinen Vorgängern reichlich mit Söhnen gesegnet. Manchmal allerdings fragt er sich, ob das wirklich ein Segen ist. Denn Hart und Corin sind alles andere als verantwortungsbewusst, und Brennan lässt sich immer wieder mit in ihren Unfug hineinziehen, in der Regel, um Schlimmeres zu verhindern, was ihm aber selten gelingt.

Eines Tages treiben sie es endgültig zu bunt, und Niall entschließt sich zu drastischen Maßnahmen: Er schickt Hart und Corin nach Solinde und Atvia, in die Königreiche, die sie nach seinem Tod als Könige regieren sollen. Und auch Brennan wird dazu verdonnert, sich mit der Regierung seines künftigen Königreiches zu beschäftigen. Aber natürlich sind die Ihlini in all dieser Zeit nicht untätig, und schon bald geraten die jungen Prinzen einer nach dem anderen ins Stolpern …

Auch Keely, Nialls Tochter, neigt dazu, über die Stränge zu schlagen, wenn auch auf andere Weise als ihre Brüder. Zum Beispiel gelingt es ihr immer wieder, jemanden dazu zu bringen, sie im Gebrauch von Waffen zu unterrichten, was ihr Vater gar nicht gern sieht. Und mit ihren Ansichten über das Verhältnis zwischen Männern und Frauen stößt sie oft genug sowohl ihre Schwester als auch ihre Schwägerin vor den Kopf. Der Einzige, der sich an ihren Eskapaden nicht zu stören scheint, ist der rotbärtige Wegelagerer aus Erinn, dem sie auf der Flucht vor Strauchdieben zufällig begegnet. Doch ehe Keely mit sich selbst ins Reine kommen kann, mischen sich auch hier die Ihlini ein …

_Die nächste Generation_ wartet mit einer Vielzahl an neuen Charakteren auf, und das nicht nur, weil Niall so viele Kinder hat. Brennan ist der Erstgeborene und damit Prinz von Homana. Und er ist ganz Cheysuli, sowohl von seinem Aussehen als auch von seinem Verantwortungsbewusstsein her. Er ist klug, ehrenhaft und nimmt seine Pflicht vor allem seinem Land und der Prophezeiung gegenüber sehr ernst. Stellenweise erinnerte er mich an Duncan, auch wenn er nicht annähernd so viel Einfluss auf seine Brüder hat wie Duncan auf Finn.

Hart dagegen liebt Verantwortung ganz und gar nicht. Er ist spielsüchtig, leichtsinnig bis zur Fahrlässigkeit und mit der unseligen Gabe gesegnet, die Folgen seines Leichtsinns nach dem ersten Schock mit einem Achselzucken beiseite zu schieben. Von allen Brüdern hatte ich für ihn am wenigsten Verständnis, wahrscheinlich habe ich mich deshalb über ihn auch am meisten geärgert.

Corin ist der Verletztlichste der drei, sich selbst am wenigsten sicher. Seine Eskapaden dienen vor allem dazu, Aufmerksamkeit zu erregen, er fühlt sich zurückgesetzt und wenig geliebt. Vor allem beneidet er Brennan, und das nicht nur, weil der Nialls Lieblingssohn ist. Corin will Homana nicht verlassen. Er fürchtet sich vor Atvia, wo sich nicht nur Lillith, sondern auch seine wahnsinnige Mutter Gisella aufhalten, und würde Atvias Thron nur zu gern gegen den Löwenthron Homanas eintauschen.

Keely dagegen ist intelligent, temperamentvoll und selbstbewusst bis zur Widerborstigkeit. Aber sie denkt nicht nach, bevor sie etwas sagt oder tut. Das führt auf der einen Seite zu einer geradezu rücksichtslosen Ehrlichkeit, auf der anderen Seite bringt ihre impulsive, unüberlegte Art sie in größte Gefahr. Keely ist von allen Kindern Nialls am leichtesten einzuschätzen. Und am leichtesten zu manipulieren.

Die neue Generation in der Zuflucht wird von Tiernan vertreten, Ceinns Sohn. Ceinn hat Niall schon Schwierigkeiten gemacht, als Niall seinen Lir noch gar nicht hatte. Jetzt macht Ceinns Sohn noch größere Schwierigkeiten. Nicht nur, dass er unbedingt den Thron von Homana für sich will – er will auch der Prophezeiung nicht dienen! Geradezu eine Ungeheuerlichkeit für einen Cheysuli. Und das ist noch nicht alles: Tiernan ist nicht nur maßlos in seinen Zielen, sondern auch in seinen Mitteln.

Und als wäre das noch nicht genug, ist mit dem Kind, das Lillith einst Ian abgezwungen hat, auch bei den Ihlini eine weitere Generation herangewachsen, mit dem einzigen Ziel, die Prophezeiung aufzuhalten.

Die Charakterzeichnung der Nebenfiguren wie zum Beispiel Tiernan ist diesmal etwas knapp ausgefallen, wahrscheinlich, weil es in Teil eins des Doppelbandes gleich um drei Hauptfiguren geht. Die sind dafür aber wirklich gut getroffen. Das Gleiche gilt für Keely, auch ihre Zweifel und Ängste sind sehr gut herausgearbeitet.

_Die Handlung_ konzentriert sich voll und ganz auf die Fallen, die den diversen Protagonisten gestellt werden. Das nimmt – aus genannten Gründen – vor allem im ersten Teil so viel Raum ein, dass für etwas anderes nicht mehr viel übrig blieb. So verschwand die Verbindung zu den Lirs ziemlich in den Hintergrund, auch im zweiten Teil, da Keely als Frau keinen Lir hat. Auch die Magie als solche ist ziemlich selten geworden. Abgesehen davon, dass Keely zwei oder drei Mal die Gestalt wandelt, taucht Magie nur in der direkten Konfrontation mit den Ihlini auf, und bis dahin dauert es ein wenig. Das nimmt dem Buch viel von seinem Flair.

Die Fallen selbst reichen von wirklich subtil – wie in Brennans Fall – über verwirrend bis allzu offensichtlich. Letzteres gilt vor allem für die Falle, die Keely gestellt wurde. Aber ebenso offensichtlich muss die junge Frau trotzdem in die Falle hineintappen, unausweichlich. Denn sonst wäre sie nicht Keely.

_Der Gesamteindruck_, der zurückbleibt, ist eher durchwachsen. Das lag zum einen daran, dass der Leser vorher bereits weiß, dass Strahans Pläne zunächst einmal Erfolg haben werden. Wirkliche Spannung kommt deshalb erst auf, als Nialls Kinder Strahan tatsächlich gegenüber stehen. Ein weiterer Grund liegt in der massiven Gewichtung der Prophezeiung, die unbedingt die Mischung sämtlicher Blutlinien verlangt. Zwar versucht die Autorin, durch wechselnde Details eine Auflockerung zu erreichen, letztlich bleibt aber der überwältigende Eindruck eines riesigen Eheanbahnungskarussells mit allen dazugehörigen Komplikationen und den daraus resultierenden Gewissenskonflikten. Nicht, dass der Umgang der verschiedenen Personen mit ihrer Zwangslage mich nicht interessiert hätte. Es ist nur so, dass nach der dritten Generation allmählich der Punkt erreicht ist, wo der Leser gern mal wieder etwas anderes vorgesetzt bekommen möchte.

So wie zum Beispiel Tiernans Kampf gegen die Prophezeiung. Dieser Aspekt hätte meinetwegen ruhig etwas weiter ausgebaut werden dürfen. Tiernan ist ein sehr undurchsichtiger Charakter, der es glänzend versteht, neben seinen offensichtlichen Ambitionen auch andere Eindrücke zu vermitteln, wie er bei seinem Versuch, Keely zu überzeugen, beweist. Abgesehen davon ähnelt seine Argumentation im Hinblick auf die Prophezeiung so auffallend derjenigen Strahans, dass ich selbst dann misstrauisch geworden wäre, wenn ich die Prophezeiung nicht sowieso für eine Repressalie halten würde. Und auch der Lir-Bund erscheint mir zunehmend eine eher unglückliche Angelegenheit. Ist ja schön, wenn Menschen dadurch die Fähigkeit erhalten, sich in Tiere zu verwandeln. Die Einschränkungen, denen diese Verwandlung obliegt, sind allerdings so vielfältig, und die Ihlini haben die tierischen Lirs schon so oft mit Erfolg gegen die menschlichen Krieger benutzt, dass ich mich frage, ob die Götter den Cheysuli wirklich einen Gefallen getan haben, als sie den Zugriff der Cheysuli auf die Magie an ein solches Bruderwesen gebunden haben!

_Kurz und gut:_ Ich hoffe sehr, dass im nächsten Band die Heiratspolitik und ihre Details zugunsten der Magie und der Lirs ein gutes Stück eingeschränkt werden. Und ich hätte auch nichts dagegen, wenn die Ihlini sich anstelle der vielen Fallen, die wir in den letzten drei Buchteilen hatten, eine neue Vorgehensweise überlegen würden, um die Erfüllung der Prophezeiung zu verhindern. Außerdem dürfte sich die Frage, was aus den Ihlini und den Cheysuli nach Erfüllung der Prophezeiung wird, ruhig allmählich einer Art Antwort nähern. Bleibt abzuwarten, ob der nächste Band diese Hoffnungen erfüllt. Im Oktober dieses Jahres soll er unter dem Titel „Kind des Raben“ in die Buchläden kommen.

_Jennifer Roberson_ studierte englische Geschichte und war zunächst als Journalistin tätig, ehe sie Bücher zu schreiben begann. Der |Cheysuli|-Zyklus war ihr erstes Werk, seither hat sie eine ganze Reihe von Zyklen, Einzelromanen und Kurzgeschichten geschrieben, darunter die |Schwerttänzer|-Saga sowie die Historienromane „Lady of the Forest“ („Herrin der Wälder“, dt. 1996) und „Lady of Sherwood“ („Die Herrin von Sherwood“, dt. 2002). Die Autorin lebt mit einem Rudel Hunde und Katzen in Flagstaff/Arizona.

|Originaltitel: Daughter of the Lion
Übersetzt von Karin König
896 Seiten|
http://www.cheysuli.com
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