Meister, Derek – Rungholts Sünde

Im Mittelalter waren der Glaube an Gott und das Leben nach den Gesetzen Gottes den Menschen wichtiger und für ihren Alltag unmittelbarer, als es in unserer Zeit der Fall ist. Die Menschen fürchteten das Fegefeuer und die Verdammnis, und obwohl viele von ihnen wahrlich Sünder waren, so war es ihnen doch wichtig, sich ihrer Sünden zumindest durch Ablassbriefe, Pilgerfahrten und Beichten zu entledigen. Bei vielen war dies geradezu ein Kreislauf von Sünden und immerzu gewährter Gnade von Kirchenfürsten, natürlich nach Entrichtung eines entsprechenden Geldbetrages. Andere Zeitgenossen dagegen waren eher wahre Atheisten, aber das behielt man besser für sich, denn jegliches Leugnen Gottes wurde als Frevel, Sünde, gar als Ketzerei mit Folter und dem Tode durch das reinigende Feuer bestraft. Die Umgangsformen der Inquisition dürften ja jedem Leser ausreichend bekannt sein.

Die größtenteils ungebildeten und vom Leben gezeichneten Menschen hatte nur eine vage Hoffnung in ihrem Dasein, einen wirklichen Glauben an Erlösung und ein besseres Leben im Paradies, an den man sich verzweifelt klammerte. Nach dem Tode im friedvollen Paradies fernab von Krankheit, Krieg, Hunger und Tod leben zu können, klang vielversprechender, als das wirkliche Leben sich darstellte. Die Seele sollte in eine bessere Welt übergehen und dort alles das erhalten, was dem irdischen Menschen nicht möglich war.

Den räumlichen Sitz der Seele vermuteten nicht nur einfache Menschen im Herzen, auch Mediziner und Priester ihrer Zeit waren sich darin einig. Die Wissenschaft der Anatomie eines Menschen war selbst den Medizinern ziemlich unbekannt, und es war nicht verwunderlich, dass die Scharfrichter mehr über den körperlichen Aufbau eines Menschen wussten als der Medicus.

Derek Meister, bekanntgeworden als Drehbuchautor von erfolgreichen Fernsehfilmen und zugleich Autor des historischen Kriminalromans [„Rungholts Ehre“, 4460 der in der Hansestadt Lübeck spielt, lässt seinen jähzornigen, bärbeißigen Ermittler und Kaufmann wieder im späten Mittelalter auf Mördersuche gehen.

_Die Geschichte_

Lübeck, 1392. Bei Brunnenarbeiten entdecken die beiden Arbeiter und Brüder Allrich und Nantwig ein altes Kellergewölbe. Es sieht aus, als wären die Steine verbrannt, so schwarz und grau ist deren Oberfläche. Bei weiteren Grabungen finden die beiden Brunnenbauer die Leiche eines Mannes.

Der junge und auf Macht strebende Richteherr Kerking bittet Rungholt, sich den Toten einmal näher anzuschauen, denn dieser hat einen aufgerissenen oder aufgeschnittenen Brustkorb, und in diesem liegt ein faustgroßer Stein statt des Herzens. Wie kommt die Leiche des Mannes, der noch nicht lange tot ist, in das zugemauerte Kellergewölbe?

Richteherr Kerking bietet den Patrizier für seine Hilfe an, ihm den Vertrag über die Herstellung und den Verkauf von Weiß- und Rotbier in seiner eigenen Brauerei zu genehmigen. Im Grunde erklärt sich Rungholt nur widerwillig einverstanden, denn mit seiner Brauerei, die sich gerade im Aufbau befindet, hat er bereits alle Hände voll zu tun, und das Gewerbe funktioniert auch nicht so, wie er sich dies Anfangs vorstellte.

Aus Neugierde heraus und mit dem Wissen, dass sich der bürokratische Weg ein wenig einfacher gestalten lässt, folgt Rungholt dem jungen, karrieresüchtigen Richteherr, dem er nach dem Mordfall vor zwei Jahren noch immer nicht vertraut. Es hat sich viel verändert in den letzten zwei Jahren. Die Überlegung, eine Brauerei zu bauen, erweist sich fast schon als Geldgrab, sein Schwiegersohn Daniel ist erfolgreich in Europa unterwegs und vertritt Rungholt bei geschäftlichen Angelegenheiten und seine eigene Tochter Mirke erwartet ihr erstes Kind.

Die Leiche ist für den bärbeißigen „Bluthund“, wie ihn Freunde und Feinde nennen, ein Schreck. Bei genauerer Untersuchung entdeckt Rungholt in der aufgerissenen Brust des Toten ein Stück Stola! War der Tote ein Priester?

Gerade jetzt zur Passionszeit herrscht in diesen Tagen in Lübeck ohnehin eine große Anspannung und Unruhe, nicht nur wegen der Fastenzeit und der unerträglich hohen Temperaturen: Dem „Schlächter von Visby“, Conrad van der Hune, soll in Lübeck der Prozess gemacht werden. Eine Verurteilung unter Richteherr Kerkering würde diesem für die anstehende Wahl des Bürgermeisters gut zu Gesicht stehen.

Die Zeit drängt, und als ein weiterer Mord an einem Soldaten geschieht und die Leiche noch brutaler zugerichtet ist, setzt Rungholt alles daran, den Mörder zu finden. Unterstützt wird er von seinem Kapitän und Freund Marek, der frisch in Sinje verliebt ist, eine junge Heilerin, die sich in die Ermittlungen immer wieder einmischt. Rungholt ist von der frechen jungen Frau beeindruckt, auch von ihrem medizinischen Wissen.

Die junge Frau erkennt in den Morden ein Muster, und Rungholt dämmert es, dass die Morde nicht zufällig in diese Passionszeit fallen. Ein gottesfürchtiger Wahnsinniger sühnt die alten Sünden und wiegt diese mit dem Gewicht der entnommenen Herzen auf – und Rungholt selbst belasten seit zwanzig Jahren schwere Sünden, die er immer wieder verdrängt, da er nicht den Mut aufbringt, sich seiner Vergangenheit zu stellen …

_Kritik_

Derek Meister hat sich in seinem zweiten Roman mit dem charakterlichen schwerfälligen und jähzornigen Rungholt handwerklich steigern können. Gleich die ersten Kapitel zeigen dem Leser auf, dass es mehrere Handlungsstränge geben wird und die Protagonisten mehr von sich zeigen und abverlangenmüssen, allen voran Rungholt selbst.

Die Basis des Romans ist ganz sicherlich die Jagd nach dem Serienmörder, der seinen noch lebenden Opfern das Herz entnimmt, doch auch die Inhaftierung des Massenmörders Hune ist nicht weniger spannend und entwickelt sich überhaupt nicht so, wie man es doch vermuten mag. Kerking als Richteherr Lübecks muss hier über seinen Schatten springen und konsequent auftreten, was auch seiner Figur etwas von seiner anfänglichen Arroganz nimmt, ihn aber noch immer nicht sympathisch erscheinen lässt.

Schon im ersten Fall „Rungholts Ehre“ gerieten Kerking und Rungholt aneinander, und auch diesmal fehlt es nicht an Wort- und sogar Körpergefechten; die Fehde der beiden ist also ein weiterer Handlungsstrang, den es zu entwickeln gilt.

In „Rungholts Sünde“ wird der Serienmörder schon sehr früh vom Autor namentlich genannt und sein Motiv von ihm selbsterklärend detailreich geschildert. Die Offenlegung seiner Identität bricht den aufzubauenden Spannungsbogen jedoch überhaupt nicht auf. Rungholt und der Mörder wechseln sich in den einzelnen Passagen erzählerisch ab, und ein Showdown zwischen beiden muss zweifelsfrei irgendwann stattfinden.

Natürlich gibt es Figuren aus dem ersten Teil, die auch hier eine wesentliche und tragende Rolle zu spielen haben. Allen voran Marek Bolge, ein dänischer Kapitän, der für Rungholt Waren ein- und verkauft und damit die nordischen Häfen ansteuert. Dieser hilft seinem alten Freund und Patrizier gegen einen gewissen hanseatischen Betrag gerne. Seine Gefährtin Sinje dagegen ist neu dabei, tritt aber emanzipiert und resolut gegenüber unserem alten Haudegen auf, was dieser überhaupt nicht gewohnt ist.

Schon in „Rungholts Ehre“ wurde angedeutet, dass Rungholt selbst seit seinem Aufenthalt in Russland eine dunkle Vergangenheit mit sich herumträgt, die ihn tief bedrängt und nicht zur Ruhe kommen lässt. In diesem zweiten Teil wird das Rätsel um seine geliebte Irena und das Bild des roten Schnees aufgelöst. In mehreren, sehr ausführlichen Rückblenden wird geschildert, warum sie sterben musste und welche Sünde Rungholts damit einhergeht.

Winfried der Kahle, Rungholts ältester Freund und Mentor, ist natürlich auch mit von der Partie, ebenso Rungholts junge Tochter Mirke und seine Frau Alyhed, die aber in der gesamten Handlung nur wenig Platz beanspruchen. Als einen kleinen Schwachpunkt sehe ich die Figur des „Schlächters von Visby“, denn dieser Mörder ist historisch nicht belegt, eben nur fiktiv; vielleicht wäre hier ein realer Mörder der Hansestadt Lübeck, dem der Prozess gemacht wird, für das Interesse des Lesers eher von Vorteil gewesen.

„Rungholts Sünde“ ist nicht nur spannender aufgebaut als der erste Teil, sondern auch wesentlich blutiger und brutaler geschildert, ohne dies jedoch zu übermäßig ausufern zu lassen. Erneut sehr aufschluss- und lehrreich wird das späte Mittelalter geschildert, auch gerade, was die Begrifflichkeiten und Alltagsgegenstände angeht. Die Stadt Lübeck kommt ebenfalls wieder wunderbar und detailreich zur Geltung. Auch hier rundet der Autor das Gesamtbild als Anhang mit Erklärungen und einem kleinen Stadtbild von Lübeck ab.

_Fazit_

„Rungholts Sünde“ ist ein großartiger historischer Roman geworden, ein Krimi, der durch Spannung und seine Charaktere überzeugt. Mit diesem Roman hat Derek Meister anfängliche Lücken seines Erstlingswerks zur Zufriedenheit seiner Leserschaft erklären und abschließen können. Wie sich zeigt, kann der treue Leser sich im nun erschienen dritten Band „Knochenwald“ auf weitere Auseinandersetzungen zwischen Richteherr Kerking und dem Patrizier Rungholt freuen. Derek Meister verbindet in „Rungholts Sünde“ erneut den dunklen Zauber des Mittelalters als Grundlage für seinen Kriminalfall mit einem gut recherchierten historischen Umfeld.

_Derek Meister_ wurde 1973 in Hannover geboren. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen und den Film. So entstanden in den 1980er Jahren mit Freunden erste Spielfilme auf Super-8 im Wald hinter dem Haus.

Die frühen Versuche verschlugen ihn 1995 an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. Dort studierte er Film- und Fernsehdramaturgie. Schon während des Studiums wurden erste Drehbücher unter anderem vom |ZDF| realisiert. 2003 beendete Derek Meister sein Studium zum Film- und Fernsehdramaturgen mit Diplom.

Derek Meister schreibt für diverse Produktionsfirmen und Sender, darunter das |ZDF|, |RTL|, |Sat.1| und |Pro7|. Er entwickelte die Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ mit, die 2003 erfolgreich auf |Sat.1| lief, und wurde mit „Weg!“ für den FirstSteps-Preis nominiert. Außerdem gewann das Spiel „Wiggles“, für das er das Drehbuch verfasste, zahlreiche Branchenpreise.

Derek Meister arbeitet seit 1999 als freier Autor in Berlin. Neben der „Rungholt“-Reihe schreibt Derek Meister zusammen mit seiner Frau die Reihe „Drachenhof Feuerfels“, die im |Loewe|-Verlag erschienen ist.

inhalt


http://www.rungholt-das-buch.de
http://www.blanvalet.de
[Unser Interview mit dem Autor]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=88

Mark Sienholz – Die Baumeister des Krimsutep

Bei der Konzeption zu „Die Baumeister des Krimsutep“ ist der Münchener |Krimsu|-Verlag im Jahre 2005 wieder ein Stück weit zurück zu den Wurzeln der eigenen Verlagshistorie gegangen. Acht Jahre zuvor hatte Autor Mark Sienholz mit „Beutelschneider“ sein erstes Kartenspiel publiziert und dabei seine Vorliebe für klassische Stichspiele geltend gemacht. Wenige Jahre später unternahm er schließlich den Versuch, ein solches Stichspiel mit weiteren Elementen zu verknüpfen: „Bad Hollywood“ machte den Anfang, „Die Baumeister des Krimsutep“ sollte kurz darauf die Vollendung dieser Idee sein.

Basierend auf den ägyptischen Grundprinzipien, die der Verlag im Laufe der letzten Jahre mehrfach in die Story der Titel integrierte, fügte Sienholz der Grundidee Elemente des Planungsspiels hinzu und erstellte somit ein Spiel, welches vom Aufbau her definitiv einzigartig ist.

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Interview mit Derek Meister

|Derek Meister wurde 1973 in Hannover geboren. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen und den Film. So entstanden in den 1980ern erste „Drehbücher“ und mit Freunden erste Spielfilme auf Super-8 im Wald hinterm Haus.

Die frühen Versuche verschlugen ihn 1995 an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. Dort studierte er Film- und Fernsehdramaturgie. Schon während des Studiums wurden erste Drehbücher unter anderem vom ZDF realisiert. 2003 beendete Derek Meister sein Studium zum Film- und Fernsehdramaturgen mit Diplom.

Er entwickelte die Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ mit, die 2003 erfolgreich auf |Sat.1| lief und wurde mit „Weg!“ für den FirstSteps-Preis nominiert. Außerdem gewann das Spiel „Wiggles“, für das er das Drehbuch verfasste, zahlreiche Branchenpreise.

Bekannteste Werke sind die historischen Kriminalromane um den Lübecker Kaufmann Rungholt. Der Band „Rungholts Ehre“ wurde für den Friedrich Glauser-Preis in der Sparte „Bestes Krimi-Debüt“ nominiert.

Derek Meister ist verheiratet und arbeitet seit 1999 als freier Autor in Berlin.|

_Michael Sterzik:_
Guten Tag, Herr Meister. Was machen Sie gerade? Sind Sie zu Hause? Fühlen Sie sich an ihrem derzeitigen Wohnort wohl? Wo ist dieser zurzeit überhaupt?

_Derek Meister:_
Vor kurzem sind meine Frau und ich von Berlin weggezogen aufs Land, nach Niedersachsen. Noch ist nicht alles an seinem Platz, aber ich genieße es sehr hier. Die Spaziergänge mit unserem Hund über die Felder bringen immer wieder frischen Wind in meine Gedanken.

_Michael Sterzik:_
Ich gratuliere zu den aktuellen Erfolgen!

_Derek Meister:_
Vielen Dank.

_Michael Sterzik:_
Schon „Rungholts Ehre“ lief ausgesprochen gut und auch der zweite Teil der Historischen Krimireihe, „Rungholts Sünde“, wurde begeistert von den Lesern aufgenommen. Was erwartet diese in „Knochenwald“? Wird der dritte Roman die Charaktere vertiefen und noch mehr von Rungholts Persönlichkeit preisgeben?

_Derek Meister:_
In „Knochenwald“ ist Rungholts Verhältnis zu Kirche, Glaube und Aberglaube Thema. Er kommt nach München, um sich endlich durch eine Absolution von seiner schweren Sünde zu befreien. Natürlich erfährt man auch hier etwas mehr über Rungholt, seine Denke, seine Welt. Wir lernen zum Beispiel seine erwachsene Tochter Margot kennen und erfahren, wie Rungholt über ihre Ehe mit einem armen Flößer denkt. Das Schöne an einer solchen Reihe ist ja gerade, dass man tiefer und tiefer in die Figuren gehen und sie von immer mehr Seiten beleuchten kann.

_Michael Sterzik:_
Was verbindet Sie mit Lübeck? Warum lassen Sie die Geschichte um den bärbeißigen Kaufmann Rungholt in dieser schönen und geschichtsreichen Hansestadt spielen?

_Derek Meister:_
Zuerst ergab sich Lübeck aus den Recherchen zum ersten Band als Haupthandlungsort – wer etwas zur Hansezeit spielen lassen möchte, kommt um die „Königin der Hanse“ kaum herum. Vor der Arbeit an Rungholt hatte ich Lübeck noch nicht besucht. Doch durch die Recherche-Reisen nach Lübeck ist mir die Stadt sehr ans Herz gewachsen. Und ich freue mich immer wieder, wenn ich sie besuchen kann.

_Michael Sterzik:_
Ist Rungholt charakterlich mit Ihnen verwandt?! Finden Sie sich in dieser Person wieder?

_Derek Meister:_
Nein. Meine Frau meint, dass Rungholts Schussligkeit, seine Brille immer zu verlegen, ebenso eine Macke von mir sei. Vielleicht hat sie Recht …

_Michael Sterzik:_
Wie sind Sie dazu gekommen, im historischen Genre eine Krimireihe zu schreiben? Gerade im historischen Bereich erfordert das ja eine Menge an Recherchearbeit, um authentisch zu erzählen.

_Derek Meister:_
Und genau darauf habe ich mich gefreut. Vor Rungholt habe ich hauptsächlich für das Fernsehen moderne Stoffe geschrieben, allerdings auch Krimis. Aber ich wollte endlich einmal in andere Welten als das Hier und Jetzt tauchen, recherchieren und fremde (historische) Sujets schaffen – und endlich einmal nicht aufs Budget achten müssen.

_Michael Sterzik:_
Wie viele Romane haben Sie mit Rungholt geplant und werden diese immer in Lübeck spielen?

_Derek Meister:_
Rungholt ist und bleibt ein Hanser. In „Knochenwald“ zieht er ja bereits in den Süden, und als Kaufmann könnte Rungholt viel herumkommen – aber er scheut ja das Wasser! Und Lübeck ist und bleibt seine Heimat. Gerade schreibe ich den vierten Band, der wieder in Lübeck spielt.

_Michael Sterzik:_
Warum haben Sie für den dritten Band nicht Hamburg oder eine andere Hansestadt an der Ostseeküste gewählt?

_Derek Meister:_
Ich wollte Rungholt bewusst in die Fremde schicken, einmal ohne seinen gewohnten Rückhalt agieren lassen. Dass er dann bis nach München reisen musste, ergab sich durch das Gadenjahr, das tatsächlich 1392 in München stattfand, und das ja ganz wunderbar zu seinem Wunsch nach Absolution passte.

_Michael Sterzik:_
Sie sind ein erfahrener und recht erfolgreichen Drehbuchautor. Planen Sie, die Rungholt-Reihe zu verfilmen?

_Derek Meister:_
Nein. Ursprünglich hat mich auch die „Unverfilmbarkeit“ gereizt, denn eine authentische und atmosphärische Ausstattung würde doch ein üppiges Budget erfordern. Wenn dies jedoch jemand bereit ist aufzubringen, lasse ich mit mir handeln. Keine Frage.

_Michael Sterzik:_
Sie hatten vor Kurzem eine Lesung in Lübeck, in der St.-Petri-Kirche. Und diese war ein voller Erfolg. Welches Gefühl hatten Sie dabei, vor ca. 600 Menschen „Rungholt“ vorzulesen, ein Heimspiel für Ihren Protagonisten?

_Derek Meister:_
Mir ist schon das Herz in die Hose gerutscht. Vor so vielen Leuten hatte ich noch nie gelesen. Aber ich bin froh, wenn die Lesung den Zuhörern Spaß gemacht hat. Die Atmosphäre in der schönen Hallenkirche war großartig und die Lübecker sind immer ein tolles Publikum.

_Michael Sterzik:_
Ihre Frau und Sie sie schreiben für Kinder die Reihe „Drachenhof Feuerfels“. War es Ihre eigene Idee oder hat Sie Ihre Frau in diese phantastische Welt geschubst?

_Derek Meister:_
Eine Welt zu haben, in der es keine Pferde gibt, dafür aber nur Drachen, war zuerst meine Idee, doch in langen Spaziergängen haben wir zusammen die konkrete Welt des Grinfjördtals und die Heldinnen entwickelt.

_Michael Sterzik:_
Wird es beispielsweise eine Zeichentrickserie von dieser Reihe geben?

_Derek Meister:_
Noch nicht. Nein. Denkbar wäre dies aber durchaus.

_Michael Sterzik:_
Die phantastische Kinder- und Jugendliteratur erlebt seit der Geburt von „Harry Potter“ einen wahren Aufschwung. Meinen Sie, dieser sich noch weiter entwickeln wird?

_Derek Meister:_
Das ist schwer zu sagen, auf jeden Fall verwischen seit Harry Potter mehr und mehr die Grenzen zwischen „Kinderbuch“ und „Erwachsenenliteratur“, was ich persönlich für eine gute Entwicklung halte. Ich selbst habe diese Unterscheidungen niemals wirklich gemacht. Wenn eine Geschichte spannend ist, sollte es Erwachsenen nicht peinlich sein müssen, sie zu lesen, nur weil „Kinderkram“ wie Hexen und Zauberer darin vorkommen.

_Michael Sterzik:_
Welche Drehbücher haben Sie in Planung? Werden das Kino- oder eher Fernsehfilme werden?

_Derek Meister:_
Momentan schreibe ich neben den Büchern für verschiedene Fernsehsender. Im Herbst 2008 wird voraussichtlich ein TV-Movie von mir bei |RTL| laufen: „Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen“.

_Michael Sterzik:_
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Schreiben Sie jeden Tag und dann gleichzeitig an mehreren Projekten?

_Derek Meister:_
Bis auf die Wochenenden habe ich jeden Tag ein Pensum von ca. 2000 Wörtern, das ich versuche einzuhalten. Neben den Büchern arbeite ich meistens parallel auch an einem Drehbuch. Aber ich blocke die Tage oder Wochen lieber, denn ständig in den Stoffen zu springen, ist nicht unbedingt meins.

_Michael Sterzik:_
Vielen Dank für das Interview, Herr Meister!

inhalt


http://www.rungholt-das-buch.de
http://www.feuerfels.com

Porträtfoto © Anke Jacob

_Derek Meister auf |Buchwurm.info|:_
[„Rungholts Ehre“ 4460
[„Rungholts Sünde“ 4767

Scott, Michael – unsterbliche Alchemyst, Der (Die Geheimnisse des Nicholas Flamel 1) (Lesung)

Spätestens seit [„Harry Potter und der Stein der Weisen“ 139 dürfte der Franzose Nicholas Flamel (ca. 1330? – 1418?) vielen ein Begriff sein. Der Ire Michael Scott baut nun eine ganze Buchreihe um den berühmten Alchemisten auf. Ab diesem Frühjahr bis zum Frühjahr 2013 sollen voraussichtlich sechs Bände um „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel“ veröffentlicht werden. Scott hat sich also einiges vorgenommen. Den Auftakt zur Reihe bildet „Der unsterbliche Alchemyst“, als Hörbuch gelesen von keinem Geringeren als Andreas Fröhlich – schon allein diese Tatsache ist Grund genug, einen genaueren Blick auf das Werk zu werfen …

Es ist der Sommer 2007 in San Francisco. Josh Newman und seine Zwillingsschwester Sophie wollen sich in den Sommerferien ihr Taschengeld aufbessern. Also arbeitet Josh im Buchladen von Nick Fleming, während Sophie im Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite aushilft. Es verspricht ein recht unspektakulärer Sommer zu werden, bis Sophie eines Tages vom Café aus die Ankunft höchst eigenartigen Besuches beobachtet, der kurz darauf die Buchhandlung betritt.

Als Sophie daraufhin in die Buchhandlung eilt, um herauszufinden, was es mit dem mysteriösen Besucher auf sich hat, wird sie zusammen mit ihrem Bruder Josh Zeugin eines magischen Kampfes, der um ein uraltes Buch entbrannt zu sein scheint. Im Getümmel hat Josh sogar versehentlich zwei Seiten aus dem geheimnisvollen Buch herausgerissen.

Wie sich bald herausstellt, ist der mysteriöse Besucher Dr. John Dee, seinerzeit Lehrling des größten Alchemisten aller Zeiten, Nicholas Flamel – der sich hinter der Identität des unscheinbaren Buchhändlers Nick Fleming verbirgt und inzwischen schon fast 700 Jahre alt ist.

Sophie und Josh werden in eine Geschichte hineingezogen, die ihnen verständlicherweise absolut unfassbar erscheint. Sie kämpfen zusammen mit dem berühmten Nicholas Flamel gegen den großen [Dr. John Dee,]http://de.wikipedia.org/wiki/John__Dee der zum einen gerne die beiden fehlenden Seiten des „Codex“ ergänzen würde (schließlich enthält dieses wertvolle Buch die genauen Anweisungen zur Herstellung eines Elixiers, das ewiges Leben verheißt). Zum anderen hält Dee, quasi als Pfand für die beiden fehlenden Seiten, Nicholas‘ geliebte Frau Perenelle gefangen. Für die Zwillinge beginnt ein Abenteuer, dessen Ausmaß sie sich noch vorzustellen vermögen …

Was Michael Scott mit seinem Roman „Der unsterbliche Alchemyst“ abgeliefert hat, ist durchaus solide Fantasykost, an der vor allem die jüngere Generation ihre Freude haben dürfte. Mit Sophie und Josh setzt Scott auf zwei Protagonisten, mit denen sich viele jugendlichen Leser/Hörer sicherlich identifizieren können. Während Sophie gerne mit ihre Freundin am Telefon plauscht, gilt das Interesse von Josh vor allem seinem Notebook und seinem |iPod|.

Das klingt ein wenig nach abgedroschenen Rollenklischees, aber da beide Figuren ganz sympathisch und, soweit die Tiefe des Romans überhaupt eine solche Einschätzung zulässt, durchaus natürlich wirken, lebt es sich ganz gut damit. Sophie und Josh haben zumindest im vorliegenden ersten Teil der Geschichte eben noch nicht sonderlich viel Raum, um einen tieferen Eindruck beim Leser/Hörer zu hinterlassen. Dafür fährt Scott auch zu viele weitere Figuren und Gestalten auf.

Und so bleiben Sophie und Josh eben ziemlich blass. Einen Teil der Handlung verlegt Scott in das Schattenreich, knüpft aber in vielen Punkten auch immer wieder an das Hier und Jetzt an. Die Zwillinge schlittern etwas unbedarft in die ganze Geschichte hinein und wirken dadurch gerade zu Anfang noch ziemlich naiv. Doch ihre Rolle dürfte schon im nächsten Teil der Geschichte weiter ausgebaut werden, denn für die Handlung entpuppen die beiden sich als elementares Kernstück. Für den Fortgang der Geschichte kommt Scott damit sicherlich nicht umhin, ihnen etwas mehr Tiefe zu verleihen.

„Der unsterbliche Alchemyst“ ist ein Sammelsurium verschiedenster mythologischer Gestalten, die Scott geschickt zu einem stimmigen Plot zusammenfügt. Grundlegender Konflikt, der auch im Kampf zwischen John Dee und Nicholas Flamel einen wichtigen Faktor darstellt, ist die Rolle des „Älteren Geschlechts“. Dee kämpft auf der Seite der Älteren, welche die Erde wieder in Besitz nehmen und die Menschheit vernichten wollen, während Nicholas Flamel genau dies verhindern will. Doch ohne den „Codex“, den John Dee aus der Buchhandlung gestohlen hat, sieht Nicholas Flamel nicht nur sprichwörtlich alt aus. Flamel braucht den „Codex“ und das darin enthaltene Geheimnis des ewigen Lebens, um nicht innerhalb eines einzigen Mondzyklus rapide zu altern und schließlich zu sterben.

Jeder der beiden Kontrahenten hat mächtige Kampfgefährten an seiner Seite. Nicholas Flamel wird zum Beispiel unterstützt durch Scathach, die „Dämonenschlächterin“ oder „Königsmacherin“, die in den letzten ca. 2000 Jahren so ziemlich jeden legendären Krieger ausgebildet haben dürfte. Hier tritt die Scathach als die siebzehnjährige Scatty in Erscheinung, die mit den Zwillingen schnell Freundschaft schließt.

Auf der Seite von Dee stehen unter anderem die Katzengöttin Bastet und die Krähengöttin Morrigan. Scotts Roman offenbart sich als Streifzug durch die Mythologie, der den Leser/Hörer mit so vielen interessanten Geschöpfen von Golems bis zu Werebern bekanntmacht, dass man auf der Website zum Buch noch mal alle Namen und Kreaturen in einem Lexikon nachschlagen kann.

Was Scott ganz gut gelingt, ist, neben der farbenprächtigen Ausschmückung seines Plots, der Verlauf des Spannungsbogens. Er zieht gleich mit dem ersten Kampf in der Buchhandlung die Spannungsschraube kräftig an. Er würzt den Plot mit reichlich Magie und legt den unterschiedlichen Handlungssträngen von Perenelles Gefangenschaft und den Erlebnissen der Zwillinge mit Nicholas Flamel einen stetig spannender werdenden Verlauf zugrunde.

Was darum auch stört, ist, dass die Geschichte ganz offen endet. „Der unsterbliche Alchemyst“ ist nichts weiter als die Ausgangsbasis für den weiteren Verlauf der Reihe um Nicholas Flamel, und dementsprechend wird kaum ein Handlungsstrang wirklich abgeschlossen. Das ist vor allem deswegen etwas unbefriedigend, weil man nun bis Frühjahr 2009 warten muss, um zu erfahren, wie es weitergeht. In Anbetracht der Tatsache, dass die Handlung am Ende des ersten Teils wirklich mehr oder weniger mittendrin abbricht, stellt sich die Frage ob die Vorgehensweise, jeweils zwölf Monate bis zum Erscheinen des nächsten Bandes verstreichen zu lassen, vom Verlag so klug gewählt ist.

Ein wenig erinnert ein Teil der Geschichte (die Rolle des „Älteren Geschlechts“, die Bedeutung der Kinder für den Fortgang der Geschichte, etc.) an die Reihe „Die fünf Tore“ von Anthony Horowitz. Im direkten Vergleich hat Horowitz schon aufgrund der ausgefeilteren Figurenzeichnung die Nase vorn. „Die fünf Tore“ ist eben auch für Erwachsene sehr unterhaltsam und durchweg spannend. „Der unsterbliche Alchemyst“ ist dagegen stärker auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten.

Dennoch macht „Der unsterbliche Alchemyst“ als Hörbuch durchaus auch Erwachsenen Freude. Ein gewichtiger Grund dafür dürfte die wie üblich hervorragende Arbeit von Andreas Fröhlich sein. Wer [„Eragon“ 3228 als Hörbuch kennt, der weiß, zu welch unglaublichen Leistungen dieser Mann fähig ist. Fröhlich haucht einer Fantasy-Geschichte mehr Leben ein, als man von einem einzelnen Sprecher überhaupt erwarten kann, und so glänzt eben auch „Der unsterbliche Alchemyst“ besonders durch die herausragende Vielseitigkeit, mit der Andreas Fröhlich die verschiedenen Figuren der Geschichte vor dem Auge des Hörers agieren lässt.

Das, was die Geschichte hier und da an charakterlicher Tiefe vermissen lässt, vermag Andreas Fröhlich durch seine brillante Vortragsweise zu einem nicht unwesentlichen Teil zu kompensieren. Da verzeiht man so manche Schwäche der Geschichte – einfach, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, das Hörbuch zu genießen.

Bleibt unterm Strich also mit Blick auf die Geschichte ein solider Eindruck zurück. Man darf gespannt sein, was Scott aus den „Geheimnissen des Nicholas Flamel“ noch alles herauszukitzeln vermag. Da die Geschichte immerhin für sechs Bände ausgelegt ist, gibt es vor allem auch in Anbetracht der vielen Inspirationen aus Legenden und Mythen noch unzählige Möglichkeiten. Und so bleibt auch zu hoffen, dass die bis dato noch sehr schwache Charakterskizzierung von Josh und Sophie Newman an Tiefe gewinnt.

Als Hörbuch ist „Der unsterbliche Alchemyst“ schon aufgrund der Tatsache, dass Andreas Fröhlich die Geschichte liest (wobei der Begriff „Lesen“ hier gar nicht weit genug greift), eine Empfehlung wert.

Das lohnenswerte Verlagsspezial zur Buchreihe:
[www.nicholas-flamel.de]http://www.nicholas-flamel.de

Michael Marrak – Kinder der Sonne (Das Aion, Band 1)

Mit dem Romandreiteiler »Das Aion« hat Michael Marrak seine erste Geschichte für Jugendliche an den Verlag gebracht. Nun kann man eins vorwegnehmen: Das Buch ist gleichfalls für Erwachsene geeignet, sowohl was Stil als auch Wortwahl und Thema betrifft. Mit dem vorliegenden ersten Band »Kinder der Sonne« entwickelt Marrak nicht nur das Porträt einer zukünftigen Erde mit ihren von einer großen Naturkatastrophe übrig gebliebenen Menschen, sondern er haucht dieser Vision von Anfang an Leben und mysteriöse Facetten ein und gestaltet dadurch einen echten Pageturner.

Aufhängepunkt ist eine Naturkatastrophe, bei der Sonnenstürme nicht bekannten Ausmaßes die Magnetosphäre der Erde hinwegfegen und dadurch die Oberfläche der harten Strahlung aussetzen, so dass nahezu jedes Leben verbrennt und die Erde verwüstet wird. Aus dieser Situation entwickeln sich verschiedene Gruppen von Überlebenden, von denen der Leser zwei kennen lernt: Gut geschützt lebende Forscher und ein diesem Institut benachbartes Dorf mit Menschen, die sich wiederum in zwei Gruppen aufspalten: »Normale« Menschen (so genannte Alphas), welche die Katastrophe überlebten, und durch die Strahlung veränderte Kinder und Jugendliche (so genannte Betas) mit neuen Attributen. So sind sie zum Beispiel gegen die Sonnenstrahlintensität immun und haben noch einige Fähigkeiten, die sie von den Alphas unterscheiden.

Für dieses Dorf kommt es erneut zur Katastrophe: Eine KI-Fabrik gerät außer Kontrolle und wuchert mit unbekanntem Plan unter der Wüste, bis sie künstliche Wesen erschafft, die das Dorf heimsuchen. Eine biologische Macht, die sich selbst »Aion« nennt, rettet die Dorfbewohner vor dem Ende und sucht in der Beta Mira eine menschliche Partnerin im Kampf gegen die »Wucherung« der KI, in der sie eine Bedrohung für die ganze Welt sieht. Mira soll die mysteriöse fliegende Stadt Darabar aufsuchen und eine Frucht des Weltenbaumes ernten, mit der das Aion hofft, der Gefahr, die scheinbar über die maschinelle Bedrohung hinausgeht, Herr zu werden. Der Haken: Für Mira bedeutet das einen Weg ohne Wiederkehr …

Marraks letzte Romane zeichneten sich durch steigende Verworrenheit und abgefahrene psychedelische Aspekte aus, und so gibt es auch in dieser Geschichte krude Personen, mysteriöse Geschehnisse und Verwirrung für Protagonist und Leser. Aber sie ist deutlich geradliniger und der Zielgruppe entsprechend wenig blutrünstig und zeigt, dass sich Marraks Fantasie auch in lichteren Bereichen zu bewegen und entfalten vermag.

Der Prolog ist orakelhaft und wenig »SF-mäßig«, so dass man von der folgenden Entwicklung leicht überrascht wird. Roboter, Leviatoren, künstliche Intelligenzen, übermenschliche Entitäten – alles Bausteine normaler Sciencefiction (aber was ist da schon normal?), von Marrak wirklich unterhaltsam sortiert, verfeinert, individualisiert und neu gepfeffert. Fragen werfen sich auf nach Hintergründen und Handlungsmotivation für beide Drahtzieher in dem Konflikt.

Das Buch endet zwar nicht in einem Cliffhanger, aber es verlangt dringend nach der Fortsetzung. Das Geheimnis der Entstehung der Betas ist bereits gelüftet, aber welche Fähigkeiten genau sie entwickeln, ist eines der Rätsel, die noch dringend gelöst werden wollen, ebenso die Frage nach den »Barrieren«, die den bisherigen Handlungsschauplatz vom Rest der untergegangenen Welt abgrenzen und so verbergen, was hinter ihnen geschieht. Es ist wie eine große Brutstätte für Betas, die bis zu ihrer Vollendung separiert existieren – Zufall oder Überlegung, dass die neue »Wiege der Menschheit« wieder in den afrikanischen Wüsten liegt? Warum kann eigentlich die fliegende Stadt Darabar die Barrieren durchdringen – und warum und wie fliegt sie überhaupt? Ist das überhaupt handlungsrelevant? Was sind denn Ambodrusen für Geschöpfe – vielleicht nur Ausdruck der höllischen Fantasie Marraks, die sich doch nicht gänzlich vom Prädikat »Jugendroman« einschüchtern ließ? Und natürlich gibt es Katakomben, in denen man sich herrlich verirren kann.

Insgesamt lässt sich der Roman als solides Grundwerk der Trilogie bezeichnen, unterhaltsam und spannend, schnell und eindringlich zu lesen, es verflicht sprühende neue Ideen mit alten Konzepten des Genres zur Einführung in eine bedrohliche Zukunft, die den Leser nicht überfordert, sondern begierig auf die Fortsetzung warten lässt. Hier glimmt das Potenzial einer fulminanten Geschichte.

Ein kurzes Wort zur Aufmachung: Schönes Hardcover, aber wo ist das integrierte Lesezeichen? Der Faden, der es ermöglicht, ein edles Buch vor Eselsohren zu bewahren?

http://www.michaelmarrak.de/

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (4 Stimmen, Durchschnitt: 4,75 von 5)

Als Orientierung für die Bewertung gilt:
– 1 Stern: Gefällt mir überhaupt nicht
– 2 Sterne: Gefällt mir eher nicht
– 3 Sterne: Unentschieden/Durchschnitt
– 4 Sterne: Gefällt mir eher gut
– 5 Sterne: Gefällt mir sehr gut

Popoff, Martin – Rainbow. Zwischen Genie und Wahnsinn

|“… einmal habe ich dabei zugehört, wie jemand Roger Glover interviewte, und ich saß dabei. Und er erzählte eine Geschichte darüber, was passiert ist, und ich saß dabei und rief: ‚Das ist nie geschehen und das auch nicht, und das war ganz anders!‘ Dann dachte ich mir, dass es schon seltsam ist, wie wir alle unsere Geschichten abändern, ohne es zu wollen. (…) Ich habe wahrscheinlich selbst Anekdoten erzählt und jemand anderer hat dazu gesagt: ‚Moment mal, so ist das aber nicht geschehen.‘ Es ist schon erstaunlich, wie man eine Geschichte verdreht, wenn man über etwas spricht, das 20 Jahre zurückliegt, und wie man sich an die Dinge erinnert.“|

Mit diesen Worten zitiert der Musikjournalist Martin Popoff in seiner neuesten Bandbiographie „Rainbow. Zwischen Genie und Wahnsinn“ (S. 169/171) Ritchie Blackmore, den Gründer und Kopf von RAINBOW. Dieses Zitat hätte er seinem Buch als Motto voranstellen können.

In seiner langjährigen Tätigkeit hat Popoff etliche Interviews mit Bandmitgliedern aus den verschiedenen Phasen der Gruppe geführt und damit eine breite und wertvolle Datenquelle geschaffen, aber sein Buch besteht in weiten Teilen nur aus einer unkritischen Zusammenstellung von Interviewzitaten. Weitere Quellen waren für den Autor offenkundig nur einige Fremdinterviews und die Covertexte der veröffentlichten Tonträger. Sein Buch hätte den Untertitel „RAINBOW in Selbstzeugnissen“ bekommen sollen. Was man als Leser aus dieser weitgehend unreflektierten und unkommentierten Aussagensammlung gewinnen kann, ist vor allem die Erkenntnis, wie sehr die Erinnerungen der Menschen von Eitelkeit, Kameradschaft, Interessantmacherei oder einfach einem schlechten Gedächtnis getrübt werden und das eingangs wiedergegebene Zitat Blackmores bestätigt wird. Wenn der Autor von verschiedenen Beteiligten allerdings gleichlautende Aussagen bekommt, dann gelingen ihm wichtige Erkenntnisse aus erster Hand. Insbesondere einige der vielen Umbesetzungen des autokratischen Bandleaders Blackmore (bei RAINBOW erschienen nie zwei Studioalben in der gleichen Besetzung) dürften hier endgültig geklärt sein und das Buch zur unverzichtbaren Quelle für alle weiteren Arbeiten über diese Band machen.

Ansonsten muss man als Leser zwischen den Zeilen lesen, besonders wenn die Musiker übereinander reden. Die Floskel „Aber er war ein netter Kerl“ scheint die gleiche Qualität zu haben wie „Der Trainer hat unser Vertrauen“ in Fußballerkreisen. Häufig interviewte Bandmitglieder werden – unabhängig vom Aussagewert – hinter ihren Äußerungen ein wenig als Menschen greifbar. So erkennt man einen launischen Blackmore, der heute seinen Begleitern kreative Freiräume gewährt und junge Talente fördert und sie morgen ohne ehrliche Aussprache feuert oder plötzlich Zugaben verweigert, wenn das Konzertpublikum sie nicht „verdient“ habe. Und einen eitlen Joe Lynn Turner (Sänger 1980 bis 1984), der gleich mehrfach betont, wie gut er doch beim weiblichen Publikum ankam, und mitteilt, dass seine Fans einer Umfrage zufolge intelligenter und wohlhabender seien als diejenigen seines Vorgängers Ronnie James Dio (trotzdem ist Dio natürlich ein netter Kerl).

Als Rockfan wird man auch den traurigen Eindruck nie ganz los, dass RAINBOW ein ungeliebtes Kind war. 1975 verlässt Ritchie Blackmore DEEP PURPLE, weil er fürchtet, dass die Soul-, Funk- und Blueseinflüsse, welche die Neumitglieder David Coverdale und Glenn Hughes mitgebracht haben, den reinen Rock auf barocker und klassischer Grundlage verwässern. Menschliche und hierarchische Reibereien dürften ebenfalls eine große Rolle gespielt haben. So entbeint Blackmore kurzerhand die PURPLE-Vorband ELF um ihren Gitarristen und spielt mit dem Rest als RAINBOW noch im selben Jahr das Debütalbum „Ritchie Blackmore’s Rainbow“ ein. Der erste gemeinsam aufgenommene Titel, der schlagerhafte Oldie ‚Black Sheep Of The Family‘ aus den 60ern, den die DEEP-PURPLE-Mitglieder zurückgewiesen haben, wirkt wie ein Fremdkörper auf dem Album und hinterlässt den Eindruck, dass es hier nur jemand den alten Kollegen ganz schnell zeigen wollte. Kaum ist die Platte draußen, entlässt Blackmore die ELF-Leute außer dem Sänger Ronnie James Dio. Die personellen und musikalischen Änderungen halten an. Im Rückblick ist Blackmore mit keinem Album restlos zufrieden, und als sich 1984 die Gelegenheit zur einer lukrativen PURPLE-Reunion bietet, löst er die eigene Band, in der er doch der Chef ist, wieder auf.

Martin Popoff lässt die Originalzitate aus den Interviews unverändert. Wenn ein Musiker mitten im Satz den Faden verliert und eine neue Formulierung beginnt, ist das genau so abgedruckt. Das zeigt einerseits den Respekt des Autors vor den Quellen, erschwert allerdings den Lesefluss, ohne zu einem Erkenntnisgewinn zu führen. Dass er, wie erwähnt, diese Zitate häufig auch ohne Überleitung und Kommentierung stehen lässt, führt dazu, dass neben Banalitäten der Sorte „Ich mochte diese Unterkunft, nicht aber jenes Studio“ echte Knaller fast untergehen. Wenn hier immer die Wahrheit gesagt wird, dann sind auf dem Erfolgsalbum „Love At First Sting“ der SCORPIONS ehemalige RAINBOW-Mitglieder und nicht etwa (nur) die eigene Rhythmusgruppe an Bass und Schlagzeug zu hören. Und dann wollte Ritchie Blackmore das 95er Album „Stranger In Us All“ gar nicht unter RAINBOW herausbringen, sondern wurde von den Kaufleuten beim Label zu diesem zugkräftigen Namen genötigt, was den Eindruck eines ungeliebten Kindes bestätigen würde.

Musik in Worten wiederzugeben, ist grundsätzlich schwierig. Aber der Autor geht in seiner nach Alben gegliederten Bandbiographie auf jeden veröffentlichten Titel ein, indem er O-Töne der Beteiligten zitiert oder eigene kurze Beschreibungen abgibt, wobei persönliche Meinungsäußerungen als solche kenntlich sind. Diese Konzentration auf die Musik als das Wesentliche ist eine Stärke des Buches. Aus den Aussagen mehrerer Bandmitglieder geht hervor, dass die Lieder in der Entwicklung der Gruppe von 1975 bis 1983/84 immer kommerzieller wurden und auch werden sollten. Nun bedeutet „kommerziell erfolgreich“ zunächst einmal nur, dass sich etwas besser verkauft, ein geringerer künstlerischer Wert ist damit nicht zwangsläufig gemeint. Ob RAINBOW vor oder nach Dios Weggang besser waren, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Aber hier wäre eine Analyse oder Kommentierung des Autors gefragt, festzustellen, dass RAINBOW nach 1979 nie mehr echte Markenzeichen wie ‚Catch The Rainbow‘, ‚Gates Of Babylon‘ und vor allem ‚Stargazer‘ hervorgebracht haben, die man sich so bei keiner anderen Gruppe vorstellen könnte. Vergleiche mit anderen Bands wie JOURNEY seit dem Einstieg Steve Perrys hätten auch etwas über die damalige Zeit aussagen können.

Der Anhang des Buches enthält eine ausführliche Liste der offiziellen und halboffiziellen Alben. Das Bildmaterial reicht von gelungen (Bandfotos, Tourplakate, Magazincover mit einem humorvollen und selbstironischen Ritchie Blackmore) bis überflüssig (ganze Porträtstrecken von Ronnie James Dio, Roger Glover, Candice Night), wobei die fehlenden Bildunterschriften den RAINBOW-Neuling eher hilflos zurücklassen dürften. Seine Leser wir das Buch vermutlich überwiegend unter den beinharten RAINBOW-Fans finden.

http://www.ritchieblackmore.com (offizielle Seite zu RAINBOW und BLACKMORE’S NIGHT)
http://www.martinpopoff.com
http://www.ip-verlag.de

Heiko Gill (Hrsg.) – Niemandsland: Grabenkrieg & Heimatfront (Cthulhu-RPG)

_Allgemein_

„Niemandsland: Grabenkrieg & Heimatfront“ ist das neue Quellenbuch, um das „Cthulhu-Rollenspiel“ in der Zeit des Ersten Weltkrieges 1914-1918 zu spielen. Enthalten sind neben einem historischen Teil auch ein langer Abschnitt zur Charaktererschaffung sowie drei Szenarien/Abenteuer in dieser Epoche.

Der Umfang ist mit über 250 Seiten sehr ausführlich und die Aufmachung präsentiert sich in gewohnt exzellenter Qualität.
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Shocker, Dan – Nebelhexe, Die (Larry Brent, Band 40)

_Super-Virus aus der Hölle_

Eine Wahrsagerin verkündet mehreren Menschen eine sehr düstere Zukunft, die aber unmittelbar mit ein und demselben Ereignis zu tun hat, wie sich später herausstellt. Der Wissenschaftler Jeremy Tanner stirbt tatsächlich bei einem Autounfall, doch damit beginnt das Grauen erst.

Tanner hat für die Regierung in seiner Villa mit tödlichen Viren experimentiert: Ohne Wissen seiner Auftraggeber, doch mit der Hilfe böser Mächte hat er eine Art Super-Virus erschaffen. Seine Experimente konnten jedoch nicht abgeschlossen werden, also übernimmt sein Geist den Körper von Fletcher Garner, welcher Tanner nach seinem Unfall zu Hilfe eilen wollte. Garner beendet das grauenvolle Schaffen in Tanners privatem Labor und lässt eine Hundertschaft gigantischer Viren auf die Menschheit los.

Larry Brent, Iwan Kunaritschew und Morna Ulbrandson kommen dem unheimlichen Treiben auf die Schliche und werden dabei selbst fast Opfer der gefährlichen Viren. Am Ende stehen die PSA-Agenten einer Apokalypse gegenüber, die sich anscheinend nicht mehr aufhalten lässt …

|Eindrücke|

Da haben wir wieder mal einen wahnsinnigen Wissenschaftler, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die gesamte Menschheit vom Erdball zu putzen. Etwas mäßig gelingt die Erklärung, dass sich in seinem Haus das Böse manifestiert haben soll bzw. dass die Hölle ihre vielgepriesene Apokalypse mit der Hilfe von Jeremy Tanner lostreten möchte.

Die Endszenerie ist wirklich sehr actionreich und aufreibend, Endzeitstimmung und Trash wie in den alten Godzilla-Filmen. Entsprechend zieht sich am Anfang die Handlung etwas und kommt nicht so richtig in Fahrt. Zu ausgiebig wird auf dem Thema herumgeritten, warum und wie der selige Tanner diese Viren ins Leben rufen wollte und weshalb er es gemeistert hat, seinen Geist auf einen anderen Menschen zu übertragen. Auch die Erklärung mit den Psi-Kräften war mir etwas zu abgedreht, auch wenn diese Methode mal wieder etwas Neues im Larry-Universum darstellt. Die monströsen Viren hätten ruhig schon früher zum Einsatz kommen können, dann wäre diese etwas gehetzt wirkende Szenerie am Ende nicht so ganz ins Gewicht gefallen, wobei diese Art von Action schließlich auch Geschmacksache ist …

_In den Krallen der Nebelhexe_

Cindy Calhoon, eine ältere Dame, lebt seit dem Tod ihrer Schwester in deren einsamen Haus direkt an der Küste im Norden Kaliforniens. Eines Abends wird sie von einem geisterhaften Wesen angegriffen, welches aus dem Nebel zu bestehen scheint, der die Gegend um das Haus seit vielen Jahren umgibt. Cindy bleibt seitdem spurlos verschwunden. Diese Umstände kommen der ehemaligen Schauspielerin Rose Margonny sehr gelegen, denn sie kennt das Anwesen seit ihren Kindertagen und sehnt sich danach, dort ihren Lebensabend zu verbringen.

Auf einer Party des Produzenten Murphy Cullers lernt Rose die junge Nachwuchsschauspielerin Miriam Brent kennen und erzählt ihr von dem Haus ihrer Träume sowie dem Vorhaben, dieses Anwesen wieder aufzusuchen. Die Festlichkeiten werden jedoch von dem unheimlichen Mord an dem Gastgeber überschattet. Ein sichtlich verwirrtes Filmsternchen namens Loretta Queen wird als Mörderin verhaftet, obwohl sie ihre Unschuld beteuert. Auch Miriam wird das ungute Gefühl nicht los, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, insbesondere dann, als sie am selben Abend durch den Einfluss einer seltsamen Macht ihr Bewusstsein verliert und erst Tage später im Krankenhaus wieder zu sich kommt.

Währenddessen scheinen einige weitere Ereignisse ihren Ursprung in dem Haus an der Küste zu haben. Ein gewisser Joe Akers leidet an schrecklichen Alpträumen, die letztendlich darauf schließen lassen, dass er mindestens schon einmal gelebt hat. Etwas Furchtbares muss in seinem früheren Dasein geschehen sein, und ein Zwang lockt ihn nach Petrolia zu dem seltsamen Haus.

Gleichzeitig hat es Larry Brent dorthin verschlagen, um das Verschwinden von Cindy Calhoon aufzuklären. Der PSA-Agent kann noch gar nicht richtig in die Geschichte einsteigen, als er schon in seinem Hotelzimmer beinahe einem tödlichen Anschlag zum Opfer fällt. Irgendjemand möchte mit aller Macht verhindern, dass er sein Ziel erreicht.

Dennoch findet Larry heraus, dass auf der einen Seite eine kriminelle Organisation das Verschwinden der Hausbewohner zu ihrem Vorteil nutzt, andererseits trägt jemand eine alte Rache aus und macht dabei auch vor Unschuldigen nicht Halt. Hierbei stößt Larry auf einen Begriff, welcher die Quelle all dieser Geschehnisse zu sein scheint – die Nebelhexe …

|Eindrücke|

Und wieder einmal wird ein typischer Kriminalfall mit einer Spukgeschichte verbunden, nur dass anders als in den ersten Larry-Fällen hier auch das Paranormale seinen großen Auftritt hat. Die titelgebende Nebelhexe ist ein klassisches Geisterwesen, welches von DS unheimlich und passende beschrieben wird. Ihr stummes Auftreten und die unbändige Mordlust machen sie zu einer wirklich interessanten Figur. Dazu gesellt sich noch als passendes Motiv eine Rachegeschichte aus der Vergangenheit, die einen wirklich brutalen Ausgang nimmt.

Jedoch ist bei dieser Story etwas der Wurm drin. Die Szenerie ist zwar atmosphärisch dicht und ansprechend gewählt, die Handlung in sich einigermaßen stimmig und auch das Finale stellenweise auch wirklich schaurig – mit einer lebende Wasserleiche und dem finalen wirklich krassen Mord der Nebelhexe – doch der Spannungsbogen will nicht so wirklich nach oben rutschen. Die Handlungsstränge tröpfeln größtenteils gleichbleibend auf einer Stufe vor sich hin. Es wird viel erzählt, aber die nötigen Knalleffekte zünden relativ leise.

Zusätzlich hat mich das Auftreten dieser seltsamen Organisation „The World’s Family“, welche das Morden der Nebelhexe für ihre Interessen missbraucht, etwas gestört. Im Nachhinein war diese Passage nicht wirklich nötig gewesen.

Nimmt man alles zusammen, zählt dieses Larry-Abenteuer zu den etwas schwächeren seiner Gattung.

_Insgesamt_

Diesmal wird uns Larry Brent erneut in seinen unterschiedlichsten Facetten serviert. Lautstark im klassischen Trash-Stil mit einer vielmehr pseudowissenschaftlichen Note geht es in der ersten Hälfte zur Sache. Die Katastrophenstimmung mit viel Action und einer monströsen Bedrohung werden durch die zweite Geschichte von einer verhältnismäßig leisen Spukgeschichte in einem einsamen Geisterhaus am Meer abgelöst.

Nach dem aufreibenden Kampf gegen die gigantischen Viren kann man fast schon verschnaufen, um sich letztendlich von der unheimlichen Aura der Nebelhexe einfangen zu lassen und das gespenstische Treiben in bester Gruselmanier genießen. Somit ist hier für jeden Geschmack etwas dabei – und für den Larry-Liebhaber sowieso …

http://www.BLITZ-Verlag.de

Adrian, Lara – Geliebte der Nacht (Midnight Breed 1)

_Eigentlich_ wollte die erfolgreiche Fotografin Gabrielle Maxwell nur einen schönen Abend mit ihren Freunden verbringen, um ihren Erfolg bei einer ihrer Ausstellungen zu feiern. Doch als sie vor einem Nachtclub Zeugin davon wird, wie eine Horde wilder Vampire einen Mann blutleer saugt, verändert sich Gabrielles ganzes Leben. Nur durch den Blitz ihres Handys, den sie beim Fotografieren der Bestien auslöst und der die Vampire zu blenden scheint, gelingt ihr die Flucht. Ihr erster Weg führt sie zur Polizei, um den grausamen Mord an dem jungen Mann zu melden, doch die Beamten schenkt ihr keinen Glauben, da sie weder auf Gabrielles geschossenen Fotos Genaueres erkennen können, noch irgendwer vor dem Nachtclub etwas davon mitbekommen hat. Nur der gutaussehende Lucan Throne, der ein paar Tage später mit dem Vorwand bei ihr zu Hause auftaucht, zu ihrem Schutz von der Polizei geschickt worden zu sein, glaubt ihr. Doch was Gabrielle nicht weiß: Lucan Throne ist ebenfalls ein Vampir …

Bald schon verdreht Lucan Gabrielle gehörig den Kopf, und auch Lucan fühlt sich stark zu Gabrielle hingezogen. Dennoch bleibt Lucan nichts anderes übrig, als Gabrielle zu vergessen. Sie ist eine Stammesgefährtin, eine der Frauen, mit denen sich die Vampire für alle Ewigkeit verbinden können. Denn trotz seiner starken Gefühle für Gabrielle ist Lucan nicht bereit, seine Verpflichtung gegenüber seinen Vampirgefährten zu vernachlässigen. Lucan ist ein Vampirkrieger, der in den über Jahrhunderte währenden Krieg zwischen den Vampiren und den Rogues – Vampiren, die der Blutgier verfallen sind, wie jene, welche Gabrielle vor dem Nachtclub gesehen hat – verwickelt ist. Obwohl Lucan Gabrielle vor den Rogues beschützen muss, scheint für Gabrielle kein Platz an Lucans Seite zu sein …

_Man könnte meinen_, Bücher mit einer Basisstory wie in „Geliebte der Nacht“ gäbe es heutzutage wie Sand in der Wüste: eine menschliche Frau, die sich in einen Mann verliebt, von dem sie erst später erfährt, dass es sich bei ihm um einen Vampir handelt. Dennoch ist „Geliebte der Nacht“ noch lange kein Abklatsch von anderen, ähnlichen Vampirromanen. Die Geschichte in „Geliebte der Nacht“ wurde mit vielen neuen Ideen ausgeschmückt, welche die Erzählung zu etwas Eigenständigem machen und dazu führen, dass der Roman seinen ganz eigenen Charme entwickelt. So liegt der Schwerpunkt der Story nicht auf der Liebesgeschichte und den Erotikszenen zwischen Lucan und Gabrielle, sondern dieser Teil hält sich gut die Waage mit der restlichen Story, sodass diese nicht den Eindruck erweckt, sie wäre bloß vorhanden, um möglichst viel Erotikanteil darin einzubauen. Im Grunde spielt die Erotik in „Geliebte der Nacht“ sogar eher eine kleine Rolle, wenn man den Roman mit anderen Vampir-Erotik-Büchern vergleicht.

Dieses passende Verhältnis zwischen Erotik und der actionreichen Hintergrundstory in „Geliebte der Nacht“ hat mir sehr gut gefallen. Gabrielles und Lucans Verhältnis zueinander steht zwar schon im Mittelpunkt der Story, wird aber nie zu sehr in den Vordergrund gestellt. Es gibt zwar einige erotische Szenen, in denen es dann auch schon mal zur Sache geht, aber diese lassen sich im Laufe des Buches letztendlich an einer Hand abzählen und sind auch währenddessen nie so sehr in die Länge gestreckt, dass es irgendwann stören würde. Im Gegenteil, die Autorin hat die Szenen meist schön und genau, aber relativ knapp beschrieben, sodass die eigentliche Geschichte in „Geliebte der Nacht“ nie zu lange aus den Augen gelassen wird.

Die Charaktere in „Geliebte der Nacht“ haben mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen. Zwar sind die Nebencharaktere, wie beispielsweise Gabrielles Freunde, eher blass gehalten und auch die meisten anderen Charaktere zeugen nicht unbedingt von besonders viel Tiefe, doch das fällt der Leserin kaum auf und ändert nichts an der Qualität des Buches. Die Protagonisten Gabrielle und Lucan wirken sehr sympathisch, da beide ihre Stärken und Schwächen besitzen und nicht, wie sonst oft üblich, der Vampir durch und durch der starke Beschützer ist und die Frau zu schwach, um sich auch mal selbst zu wehren.

„Geliebte der Nacht“ ist sehr spannend und besitzt einen gehörigen Anteil an Action in der Story. Gleich am Anfang schon wird die Geschichte interessant, wenn im Prolog beschrieben wird, was mit Gabrielles Mutter geschieht, als sie zum ersten Mal auf einen Rogue trifft, und auch nach dem Prolog geht es aufregend und actionreich weiter. Gabrielle trifft vor dem Nachtclub auf wilde Rogues und kann nur mit viel Glück fliehen. Von diesem Zeitpunkt an wird sie von den Rogues, ihren menschlichen, seelenlosen Lakaien und insbesondere dem anonymen Vampirmeister, der die Rogues gegen Lucans Vampirstamm in den Krieg führt, verfolgt und scheint nirgendwo mehr sicher zu sein. Nur bei Lucan und dem Stamm scheint sie vorerst geborgen zu sein, was allerdings nach einiger Zeit ebenfalls zweifelhaft ist. Lucan, der älteste Vampir des Stammes, ist nicht nur der stärkste unter ihnen, sondern auch anfälliger für die Blutgier, welche die Vampire zu willenlosen Rogues macht. Lange Zeit konnte sich Lucan gegen diese Blutgier, die ihm immer mehr zum Verhängnis wird, wehren, was ihm aber immer schwerer fällt. Dadurch sorgt die Autorin für eine ständig anhaltende Ungewissheit, die sich vom Anfang bis zum Ende hin durch den ganzen Roman zieht.

Die Art und Weise, wie in „Geliebte der Nacht“ die Vampire dargestellt werden, ist zwar nicht revolutionär, allerdings auch mal etwas ganz anderes und für den ein oder anderen Leser wohl auch etwas gewöhnungsbedürftig. Die ersten Vampire waren nämlich Aliens, die auf der Suche nach Nahrung auf die Erde kamen und sich dort weiter fortpflanzten. Diese Vampire (übrigens nur männliche, da es in „Geliebte der Nacht“ keine weiblichen Vampire gibt), die dabei entstanden sind, sind die Gen-Eins-Vampire, denen auch Lucan angehört. Diese sind besonders stark und in der Vampirgesellschaft hoch angesehen, verfallen aber der Blutgier leichter als andere Vampirgenerationen und sind auch gegenüber der Sonne wesentlich empfindlicher. Da es keine weiblichen Vampire gibt, existieren zum Ausgleich die so genannten Stammesgefährtinnen. Das sind menschliche Frauen, die sich dazu eignen, sich mit einem Vampir zu verbinden und männliche Vampire zu gebären. Durch das Blut, das sie von ihren Gefährten trinken, erhalten auch sie ewiges Leben.

Das Einzige, was mich an dem Buch letztendlich wirklich gestört hat, waren der Schreibstil und seine ständigen Wortwiederholungen. Beständig werden Sätze mit „Gott …“, „Bei Gott …“ oder „Gott im Himmel …“ eingeleitet. Daran stört nicht nur, dass dieser Satzanfang beinahe auf jeder einzelnen Seite des Buches zu finden ist, sondern auch, dass dieser Anfang meist gar nicht richtig zum restlichen Satz passt, sondern diesen eher noch viel zu sehr dramatisiert. So hat es oft den übertriebenen Anschein, als wäre jede Kleinigkeit in Wirklichkeit gar keine solche, sondern eine riesige Katastrophe. Doch das ist leider nicht die einzige Wortwiederholung, die immer wieder auftaucht. So war mir die Bezeichnung „meine Süße“ für Gabrielle, sei es nun von ihren Freunden aus, von einem Polizeibeamten oder von Lucan, auch recht schnell ein Dorn im Auge. Würden diese Wiederholungen nicht auftauchen, wäre der Schreibstil vollkommen in Ordnung, denn die Art und Weise, wie die Autorin sich ausdrückt, hat mir eigentlich ganz gut gefallen.

Was auch ein wenig unglücklich ist, aber nicht allzu sehr gestört hat, sind die kurzen Dialoge zwischen Lucan und Gabrielle während des Sexes. Diese werden teilweise so übertrieben dargestellt, dass die Szene im Leser kaum einen erotischen Eindruck hinterlässt, sondern lediglich ein belustigtes Schmunzeln hervorruft.

_Fazit:_ Letztendlich hat mir „Geliebte der Nacht“ wirklich gut gefallen, trotz einiger Schwächen. Zwar nerven die Wortwiederholungen teilweise sehr, doch letztendlich haben mir die actionreiche Story und die Protagonisten sehr gut gefallen, sodass ich für „Geliebte der Nacht“ gerne eine Empfehlung ausspreche.

_Die Autorin:_ Zusammen mit ihrem Mann lebt Lara Adrian an der Küste Neuenglands, die von uralten Friedhöfen und dem Atlantik umgeben ist. Schon in ihrer Kindheit entwickelte sie ein Faible für Vampirromane und verschlang Bücher von Bram Stoker und Anne Rice. „Geliebte der Nacht“ ist ihr erster eigener Vampirroman.

|Originaltitel: Kiss of Midnight
Originalverlag: Bantam Dell
Softcover, 464 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Die |Midnight Breed|-Reihe:

Band 1: Geliebte der Nacht
Band 2: Gefangene des Blutes
Band 3: Geschöpf der Finsternis

Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen

blackwood feuer cover kleinInhalt:

Ein Kurzroman, zwei längere und zwei kurze Geschichten von Algernon Blackwood, Großmeister der klassischen Phantastik:

Rächendes Feuer (The Nemesis of Fire, 1908), S. 7-77: In einem englischen Landhaus treibt ein feuriger Elementargeist sein Unwesen. Als die Bewohner den Terror nicht mehr ertragen, holen sie Dr. John Silence, einen Spezialisten für das Übernatürliche, der den wahren und sehr exotischen Ursprung des Grauens offen legt.

Suspekte Schenkung (A Suspicious Gift, 1906), S. 78-89: Dem armen Schreiberling wird eine gewaltige Geldsumme in Aussicht gestellt, doch die scheinbare Bedingungslosigkeit dieser Gabe erweist sich als Teil eines geschickt eingefädelten, grausamen Plans. Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen weiterlesen

Ange / Varanda / Paty – Legende der Drachenritter, Die – Band 5: Schlossgärten

[„Band 1: Jaina“ 3349
[„Band 2: Akanah“ 3585
[„Band 3: Das leblose Land“ 3826
[„Band 4: Brisken“ 4153

_Story_

Die Lage in Faiza ist ziemlich brisant. In der Zeit des Drachens verlor die Stadt ihren Ruhm und ihren Glanz und avancierte über die Jahre zur Ruine. Selbst die einst so ehrwürdige Schule ist nur noch ein Schatten ihrer selbst und beherbergt heuer die Letzte der noch nicht entflohenen Drachenritter, die stolze Ralena. Sie war es, die damals bei der Belagerung des Drachen als Einzige überlebte und das Monstrum zur Strecke brachte. Doch niemand konnte die Tat bezeugen, so dass ihr bislang nie der Ruhm zuteil wurde, der ihr rechtmäßig zustand.

Eine Offerte aus der letzten prunkvollen Stadt Alexira, dem Exil von Faiza, soll Ralena jedoch die Gelegenheit geben, sich erneut zu profilieren. Der künftige Monarch soll gekrönt werden, besteht dabei allerdings darauf, bei der Zeremonie mit dem königlichen Medaillon geschmückt zu werden. Dieses befindet sich aber in den Trümmern des prunkvollen Schlosses vergangener Tage und erfordert somit den Einsatz der Drachenritter, um es dort zu bergen.

Als Relena jedoch zwei weitere Vertreterinnen des Ordens zur Seite gestellt bekommt, steigen in ihr erneut Zweifel auf, zumal der Trupp verschiedener nicht sein könnte. Die junge Novizin Jo scheint nämlich im Grunde genommen nur in ihre Rolle hineingedrängt worden zu sein und verbirgt dabei ein finsteres Geheimnis: Sie ist keine Jungfrau mehr. Ritterin Snejana indes eilt der Ruf der erfahrenen Heldin voraus. Und da sie es ist, die in der Mission das Zepter übernimmt, realisiert Ralena von Stunde zu Stunde mehr, dass man ihr erneut den rechtmäßigen Ruhm stehlen will. Dennoch stellt sie sich ihrer Herausforderung voller Verbitterung und Argwohn – und erlebt in ihrem Abenteuer mehr als nur eine Überraschung …

_Persönlicher Eindruck_

Ging es im vergangenen Kapitel der „Legende der Drachenritter“ noch äußerst actionreich und turbulent zu, konzentriert sich das Autorengespann Ange im fünften Band der Serie wieder etwas intensiver auf Charakterentwicklungen und ein zumindest vorerst ruhigeres Setting. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen unterdessen drei völlig verschiedene Figuren, die in einem merkwürdigen Abenteuer Seite an Seite kämpfen müssen, sich im Grunde genommen aber überhaupt nicht grün sind. Den Anfang macht hierbei die naive Jo, die auf Geheiß ihrer Eltern in den Orden eingetreten ist, sich in dieser Position aber absolut nicht wohlfühlt. Dennoch stellt sie sich ihrer Aufgabe, wird aber von den erfahrenen Kolleginnen alsbald ausgenutzt und kaum mehr ernst genommen. In den entscheidenden Situationen ist sie jedoch zur Stelle und beweist Qualitäten, die durchaus eines Ritters würdig sind.

Snejana mimt indes den kompletten Gegenpart; sie ist dominant, hochnäsig und ziemlich strikt in ihrer Vorgehensweise, duldet daher auch keine Nebenbuhlerinnen. Dies kann die dritte im Bunde, Ralena, kaum ertragen. Sie wähnt in der Suche nach dem Medaillon endlich das ersuchte Erfolgserlebnis und die entsprechende Würde vor dem Thron, die ihr eigentlich schon seit Jahren zusteht. Und ausgerechnet die hochnäsige Snejana soll ihr nun einen Strich durch die Rechnung machen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie die Ankunft Jos eher als hinderlich denn als wahre Unterstützung empfindet …

Die Geschichte hat in diesem Fall besonders auf emotionaler Basis ihre Qualitäten und distanziert sich ein wenig von der ewig während Bedrohung durch den/die Drachen. Zwar suchen die beiden Autoren immer wieder lose Verknüpfungen zu den Ereignissen der anderen Bände, diese jedoch sollen sich im Gesamtkontext nicht als elementare Inhalte herausstellen. Vielmehr dient der Drachenritter-Kontext in diesem Zusammenhang als Aufhänger für die Tragödie um die einzelnen Charaktere, die sich erst auf den letzten Seiten so richtig manifestiert und dort auch mit einer hochkarätigen Steigerung im Vergleich zum drögen Story-Beginn punktet. Letzterer ist aber eben gerade deshalb beschwerlich, weil die Einführung der Persönlichkeiten ein wenig schleppend vonstatten geht. Man findet zum richtigen Hintergrund der Erzählung erst Zugang, wenn schon ein Drittel der Geschichte erzählt ist, und so entwickeln sich manche Dinge in den letzten Passagen bisweilen hektisch und sprunghaft. Der zeichnerische und inhaltliche Detailreichtum, der hier an den Begrüßungszeremonien der drei Heldinnen abgeladen wird, kommt aber ein klein wenig zu kurz, auch wenn man mit dem Schlussszenario letzten Endes absolut zufrieden sein kann. Und dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass manche Phase des Plots noch eine Spur weiter ausgereift hätte sein können.

Nichtsdestotrotz ist auch das fünfte Kapitel aus „Die Legende der Drachenritter“ ein ziemlich lohnenswertes. Die Story bringt strukturell einige Neuerungen, klammert sich aber an den entscheidenden Stellen an die bisherigen Vorgaben und wird schließlich nur im Bereich der Action ein wenig ausgebremst. Dies kompensiert man aber gleich wieder mit tollen Charakterentwicklungen, klugen Dialogen und erneut fantastischen Zeichnungen. Insofern ist „Schlossgärten“ als eine der besten bisherigen Episoden für Liebhaber der Serie erneut verpflichtend!

http://www.splitter-verlag.de/

Minninger, André – Die drei ??? – Nacht in Angst (Folge 86)

_Besetzung:_

Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Morton: A. von der Meden
Mr. Peacock: H. Ahner
Alpha: A. Schülke
Erzähler: M. Fuchs

_Inhalt:_

Nachdem Justus, Peter und Bob vergeblich versucht haben, Karten für den neuen Star-Wars-Film zu ergattern, lassen sie sich von Morton abholen. Morton erhält auf der Fahrt einen Anruf von Mr. Peacock, dem Direktor des Steadmans-Museums, der ebenfalls sein Kunde ist und zum Museum gebracht werden will. Der nette, aber etwas schusselige Mr. Peacock hat seinen Cheftimer mit allen wichtigen Daten im Museumsbüro vergessen. Als Entschädigung für den kleinen Umweg bietet er den drei Detektiven eine kurze nächtliche Museumsführung an.

Da morgen eine interessante Ausstellung beginnt, bei welcher der wertvollste Diamant der Welt gezeigt werden wird, nehmen die Jungs die Einladung erfreut an. Während Justus und Morton den Aufzug nehmen, gehen die anderen zu Fuß in den dritten Stock. Doch kurz darauf erlöscht plötzlich das Licht. Zunächst glauben sie noch an einen Stromausfall, aber alles deutet auf einen Einbruch hin. Mr. Peacock und Bob eilen rauf ins Büro, um die Leitungen zu überprüfen, während Peter den Diamanten in Sicherheit bringen soll. Justus und Morton stecken derweil im Aufzug fest.

Bob und Mr. Peacock werden jedoch von der Diebesbande gefangen genommen und eingesperrt. Sie halten den flüchtigen Peter für einen weiteren Dieb und Bob und Mr. Peacock für Komplizen. Nach einer langen Verfolgungsjagd wird auch Peter gefangen – doch den Stein hat er nicht mehr bei sich. Ein weiterer Dieb, der sich als Nachtwächter ausgab, hat ihn ihm abgenommen. Während der Anführer der Diebesbande immer unberechenbarer wird und seine Komplizen das Museum durchsuchen, hoffen Peter und Bob entkommen zu können …

_Bewertung:_

„Nacht in Angst“ ist eine sehr gelungene Folge der drei Fragezeichen, die allen Erwartungen standhält.

|Spannende Echtzeit-Handlung|

Das Besondere an dieser Folge ist ihr Tempo, denn anders als gewöhnlich wird sie quasi in Echtzeit erzählt. Der Hörer erlebt hautnah mit, wie Justus, Peter, Bob, Morton und Mr. Peacock von den Verbrechern gefangen gehalten werden. Das ist eine angenehme Abwechslung zu den sonstigen Fällen, die sich meist über Tage oder Wochen hinziehen. Weiterhin gelungen ist die Abweichung vom üblichen Schema, indem die drei die meiste Zeit über getrennt voneinander agieren. Justus steckt mit Morton im Fahrstuhl fest und kann nur per Sprechanlage mithören, was im Museum geschieht, aber lange Zeit nicht eingreifen. Bob wird gemeinsam mit Mr. Peacock festgehalten, während Peter zunächst durch das Museum irrt, verfolgt von den Gangstern, die ihn ebenfalls für einen Dieb halten. Jeder der drei Detektive trägt auf seine Weise etwas zur Lösung bei, und auch wenn Justus am Ende mal wieder derjenige ist, der die Zusammenhänge am besten durchschaut, haben seine beiden Kollegen zuvor schon ganze Arbeit geleistet.

Spektakulär ist die Folge auch wegen der Gefahr, in welcher die Freunde schweben. Der Anführer der Diebesbande richtet eine Pistole auf sie, Mr. Peacock wird niedergeschlagen und es besteht kaum eine Chance zu entkommen. Zeitweise wissen weder die drei Detektive noch die Gangster, wie viele Leute sich eigentlich zurzeit im Museum bewegen. Der unbekannte Auftraggeber sorgt trickreich dafür, dass sich die Verbrecher gegenseitig nicht mehr trauen, indem er sie gegeneinander ausspielt, und die Handlung hält mehrere überraschende Wendungen bereit. Nie kommt Langeweile auf, da sich die Jungs entweder auf der Flucht oder in Gefahr befinden oder neue Informationen erhalten.

|Amüsante Szenen|

Humorvolle Auflockerungen gibt es auch in dieser spannungsgeladenen Folge. Dass Justus lieber den Aufzug statt der Treppe nimmt, bietet Peter mal wieder Grund zur Häme, denn auf diese Art wird der Erste Detektiv seine überflüssigen Pfunde nie los. Das ist zwar eine recht gemeine Bemerkung, aber da Justus andererseits gerne mal besserwisserisch auftritt und ein gesundes Selbstbewusstsein besitzt, durchaus legitim. Unfreiwillig komisch ist der wütende Alpha, der Anführer der Diebesbande, als er entdeckt, dass sich nicht nur Peter und Bob, sondern anscheinend auch noch ein Nachtwächter im Museum befinden, und er seine Leute anbrüllt, warum hier zig Leute im Gebäude herumrennen, von denen sie keine Ahnung haben. Eine witzige Kabbelei gibt es zwischen Peter und Bob, als Peter zögert, in den Wasserkasten der Toilette zu greifen, und Bob ihn tadelt: „Eklig wird’s erst weiter unten.“ Die größten Lacher auf seiner Seite hat aber Justus, der beim großen Finale völlig unverhofft auftaucht und das obligatorische Überreichen der Visitenkarte diesmal äußerst originell gestaltet.

|Sehr gute Sprecher|

Die Darsteller der Nebenfiguren sind keine Unbekannten und liefern eine sehr gute Leistung ab. Helmut Ahner kennt man auch als Stimme des Butlers Johann in „Duck Tales“, als unfreundlicher Nachbar in „Benjamin Blümchen als Gärtner“, als distinguierte Bulldogge Francis im |Disney|-Film „Oliver und Co“ und bei den |Drei Fragezeichen| beispielsweise als Kapitän Joy in „Der rote Pirat“ und als Slater in „Der Super-Wal“. Auch Achim Schülke hatte bereits Auftritte bei den |Drei Fragezeichen|, beispielsweise in „Das Gold der Wikinger“. Regelmäßig spricht er in der Serie „Bob der Baumeister“ und bei den „Teenage Mutant Hero Turtles“ und als Titus Jonas in der Ablegerserie „Die drei Fragezeichen-Kids“. Gut wie immer ist auch Andreas von der Meden als vornehmer Morton, der ähnlich umständlich auch als Kastellan in der Hörspielserie „Hui Buh“ auftritt. Populär auch seine Rolle als zerstreuter Onkel Quentin bei den „Fünf Freunden“.

|Kaum Schwächen|

So gut gelungen, wie die Folge ist, kann von echten Schwächen nicht die Rede sein. Es ist nur ein kleines bisschen störend, wie ausführlich Justus seine Freunde auf deren Flucht informiert und ihnen wichtige Informationen zukommen lässt. Anstatt kurz und knapp den entscheidenden Namen zu sagen, verliert er mehrere Sätze, als hätten sie alle Zeit der Welt, und umschreibt umständlich die Person, was angesichts der Eile unrealistisch ist. Weiterhin kommt Justus bei der Entlarvung des Täters ein kleiner Zufall zu Hilfe. Zwar gelingt ihm die Identifizierung anhand von logischen Schlussfolgerungen, doch beweisen kann er seine Theorie erst durch einen Zufall, der seine Vermutung bestätigt. Aber beide Punkte sind insgesamt kaum der Rede wert.

_Als Fazit_ bleibt eine sehr empfehlenswerte Folge, sicherlich eines der Highlights unter den neueren Produktionen. Die Episode überzeugt durch Spannung, überraschende Wendungen, eine temporeiche Handlung in Echtzeit und sehr gute Sprecher. Die winzigen Mängel sind kaum der Rede wert.

http://www.natuerlichvoneuropa.de/

Shocker, Dan – Atoll, Das (Larry Brent, Band 36)

_Ruine der Kopflosen_

Die Black Walls sind die Überreste einer ehemaligen Burg aus dem Mittelalter auf einem einsamen Plateau in den Highlands. Der Deutsche Rolf Weber und sein Brieffreund Burt Taylor campen bei einer Radtour vor diesen faszinierenden Ruinen. Mitten in der Nacht werden sie Zeugen eines unheimlichen Geschehens: Es scheint, als sei die Vergangenheit zurückgekehrt, die Burg ersteht in ihrer kompletten Pracht vor den jungen Campern und unter dem Torbogen kämpfen zwei Männer in altertümlicher Montur mit ihren Degen, bis der Ältere von dem Jüngeren enthauptet wird. Zum Entsetzen der Beobachter führt der Torso den erbitterten Kampf weiter. Rolf und Burt versuchen das Geheimnis dieser Geistererscheinung zu lüften, doch einer der beiden muss diese Neugier ebenfalls mit seinem Kopf bezahlen.

Wie es der Zufall will, hält sich auch Larry Brent in Ballater (schottische Highlands) auf, da sich die örtliche Polizei in jüngster Zeit mit dem Auftauchen einiger kopfloser Mordopfer auseinandersetzen muss. Somit erfährt Larry auch von den Ereignissen an den Black Walls und startet umgehend seine Nachforschungen bei der Spukruine. Und tatsächlich beobachtet auch der PSA-Agent in der folgenden Nacht die schaurige Szenerie, nur dass sich diesmal nicht nur die beiden Kämpfer zeigen, sondern auch der enthauptete Camper. Larry wird von den schaurigen Wesen angegriffen und lässt trotz Einsatz seiner Laserwaffe beinahe sein Leben.
Weitere Köpfe rollen in Ballater – der Ingenieur John Coverey sowie der diensthabende Sergeant O’Hara tauchen ebenfalls als Enthauptete wieder auf.

Larry findet nach seiner aufreibenden Auseinandersetzung mit den Geisterwesen auf der Ruine eine neue Spur. Sie führt ihn zu einem gewissen Professor Milford und letztendlich zu den mysteriösen Ereignissen in der Geschichte der Black Walls. Er stößt auf das Geheimnis eines bösartigen Druiden namens Slyug und auf einige gewissenlose Menschen, die sich dessen Macht zu Eigen machen wollen …

|Eindrücke|

Die schottischen Highlands eignen sich fabelhaft für eine Spukgeschichte, und DS sucht sich zusätzlich noch eine entsprechende Ruine als passenden Schauplatz aus – somit kann die nächtliche Szenerie mit den Geisterwesen und den Enthaupteten vor dieser Kulisse nur bestens gelingen.

Auch die weiteren Ereignisse in dem Ort Ballater, das Verschwinden und Wiederauftauchen von John Coverey, das schaurige Verhalten seines Leidensgenossen Morris O’Hara – wie er als Geköpfter über die dunkle Landstrasse fährt, um sich schließlich im eigenen Kartoffelkeller zur Ruhe zu legen – machen tatsächlich Laune.

Dazu kommen Larrys Unternehmungen plus seine knallharte Auseinandersetzung mit den Torsi von Burt Taylor und dem mittelalterlichen Jonathan William Moreenshere. Einige tiefer gehende Recherchen in der düsteren Geschichte, um letztendlich das Rätsel der Spukruine zu lösen, komplettieren das Bild. Alles in allem ist dies eine unterhaltsame und kurzweilige Schauergeschichte, nur eben die finale Auflösung krankt nach meinem Geschmack etwas und kommt leicht plump und einfallslos daher. Vor allem die eigentlichen Bösewichte, die sich die Macht dieses ominösen Druiden – der mir eben auch nicht so ganz in den Kram passen will – zunutze machen wollen, ecken mit ihrem Motiv ein wenig an. Dieser Abschnitt war dann doch etwas enttäuschend, nachdem die Szenerie in der Ruine doch so wunderbar ihren Anfang genommen hatte …

_Atoll des Schreckens_

Auf der kleinen Pazifik-Insel Tureia südlich von Tahiti sind auf unerklärliche Weise insgesamt sieben Touristinnen verschwunden. Die Mädchen hatten eine auffällige Gemeinsamkeit: Sie waren allesamt hochgewachsen und blond.

Doch ist dies nicht das einzige seltsame Phänomen in jener exotischen Gegend, denn seit über fünf Jahren gilt das Forschungsteam des Atom-U-Bootes |Discovery| als verschollen, nachdem es zuletzt zu einer Expedition vor den Tuamotu-Inseln aufgebrochen war.

Als schließlich auch noch der Atomphysiker Professor Gilbert Maron von einem menschenähnlichen Wesen aus Seetang entführt wird, kommt einige Bewegung in das verschlafene Örtchen auf der exotischen Insel.

Larry Brent ist nach Tureia geschickt worden, um Morna Ulbrandson als Köder für die unbekannten Entführer einzusetzen. Dabei findet er heraus, dass die Bewohner sich vor irgendwelchen Urwesen aus dem Meer fürchten – eben diese Wesen, welche auch den Professor gekidnappt haben. Um in der Gunst dieser Monster nicht zu sinken, verschleppen die Insulaner blonde Touristinnen auf ein namenloses Atoll, wo die ausgesuchten Opfer von den grünen Gestalten in die Tiefen des Ozeans gezerrt werden. Wie zu erwarten, landet auch Morna auf dem verfluchten Atoll und schließlich im Reich der Tangwesen.

Larry muss im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe gehen, um dieses Abenteuer zu seinen Gunsten zu entscheiden und seine Kollegin vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Auf dem Grund des Ozeans entdeckt er nicht nur die verschollene |Discovery|, sondern kommt hinter das gut gehütete Geheimnis eines 20 Jahre alten Beziehungsdramas, die Rachepläne eines Größenwahnsinnigen und die grausigen Konsequenzen eines vertuschten Atom-Experiments …

|Eindrücke|

Einsatz in der Karibik: weiße Strände, rauschende Wellen, die strahlende Sonne am azurblauen Himmel über dem Ozean – eigentlich nicht wirklich der Ort für eine düstere Gruselgeschichte, doch DS platziert in dieses Urlaubsparadies wieder mal ein hervorragendes und gleichzeitig recht außergewöhnliches Abenteuer für unseren PSA-Agenten.

Entsprechend der Kulisse bringt er die exotischen Elemente unverkennbar zum Einsatz, wobei das unvermeidliche Klischee diesmal eher amüsant als anstößig daherkommt: Der braungebrannte abergläubische Insulaner mit Windelhose steht der blonden selbstbewussten Grazie im knappen Bikini als krasser Gegensatz gegenüber.

Die ungewöhnlichen Ereignisse wurzeln in der damaligen Urangst – den Spätfolgen einer Atomexplosion, wobei hier wieder ein paar sehr trashige Auswüchse aufgetischt werden. Shocker glänzt erneut mit Innovation und seinem bemerkenswerten Ideenreichtum. Er belässt es nicht bei der Bedrohung durch eine radioaktive Mutation, sondern integriert noch eine dramatische Beziehungsgeschichte in das Geschehen. Abschließend fühlt man sich bei dem fantastischen Finale in dem U-Boot angenehm an die guten alten Bond-Filme erinnert.

Nach Lektüre der letzten Zeilen kann man trotz des unnötigen Auftritts eines französischen Kommissars a. D. und einiger verwirrender Mauscheleien mit den Vornamen der Kontrahenten eigentlich nur Lob für diese Story aussprechen …

|Insgesamt|

Von einer schottischen Spukruine in Nacht und Nebel reisen wir zu einer karibischen Insel im strahlenden Sonnenschein. Nach den kopflosen Geisterwesen aus dem Mittelalter werden wir mit einigen widerlichen Mutationen aus dem Meer konfrontiert. Die Vielfalt der Abenteuer unseres PSA-Agenten Larry Brent alias X-RAY-3 wird hier bestens wiedergegeben. Auch wenn beide Male einige skrupellose Mitmenschen die Fäden im Hintergrund dieser wirklich außergewöhnlichen Abenteuer ziehen, steht die Abwechslung deutlich im Vordergrund.

Pat Hachfeld hat sich diesmal das Basisthema „Kopf“ für seine Illustrationen ausgesucht: zuerst den gruselig anzuschauenden Schädel des enthaupteten Jonathan William Moreenshere und danach die Fratze der bedauernswerten Reporterin Doreen Haskins in ihren letzten Minuten. Verpackt mit dem klassischen Lonati-Bild zum „Atoll des Schreckens“ auf dem Cover – die nahezu komplett entblößte Morna im megaknappen Bikini und mit obligatorischem Busenblitzer -, kommt hier nicht nur der wahre Larry-Brent-Fan auf seine Kosten.

http://www.BLITZ-Verlag.de

Loeb, Jeph / Bianchi, Simone – Wolverine 50

_Inhalt_

|“Evolution – Kapitel 5: Weckt die Toten & Kapitel 6: Quod Sum Eris“|

Sowohl Sabretooth als auch Wolverine drohen langsam aber sicher, sich ihren tierischen Instinkten hinzugeben. Bei der Analyse der Waffe X kommt es schließlich zum Debakel: Sabretooth läuft Amok, verletzt einige seiner einstigen Gefährten und tötet dabei die zarte Feral. Für Wolverine ist dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: In Absprache mit Scott Summers nimmt er die Murasma-Klinge an sich, um sich Sabretooth ein weiteres Mal zu stellen und ihn mit schweren Anklagen zu konfrontieren.

Nach dem öffentlichen Eklat reift in Wolverine jedoch die Erkenntnis, dass das jüngste Grauen eine ganz andere Ursache haben muss. Seine Spur führt zu einem weiteren glatzköpfigen Professor, der noch mehr Geheimnisse vor Wolverine verbirgt: Romulus.

_Persönlicher Eindruck_

Mit der Jubiläumsausgabe zum 50. Release der neuen „Wolverine“-Serie schließt Stammschreiber Jeph Loeb seine „Evolution“-Saga vorerst ab, hinterlässt dabei jedoch zahlreiche Ungereimtheiten auf logischer Ebene, die den vorläufigen Abschluss zu einem eher fragwürdigen Ereignis machen.

Dabei nimmt der Autor das Tempo der vorherigen Abschnitte sofort wieder auf, bewegt sich teils sogar schon mit übertrieben hoher Geschwindigkeit vorwärts und vergisst dabei gelegentlich den diskreten Blick fürs Detail. Bis Wolverine und Sabretooth dann mal in Wakanda angekommen sind, hat es schon so manchen Schlagabtausch gegeben, der für den Fortschritt der Serie nur bedingt wichtig ist. Dann jedoch stellt der Autor das Gleichgewicht wieder her und verpasst der Handlung zudem einige inhaltlich schier unglaubliche Abschnitte, die zumindest für einen kürzeren Zeitraum einen Einfluss für die Weiterentwicklung des |Marvel|-Universums haben werden. Wenigstens das Ende der Fehde zwischen Sabretooth und Wolverine dürfte an dieser Stelle für manchen überraschend kommen.

Allerdings ist dieser gravierende Einschnitt in seiner hiesigen Darstellung nicht sonderlich überzeugend umgesetzt. Der Plot konzentriert sich in erster Linie darauf, den übermächtigen Bösewicht Romulus als neuen, ernsthaften Feind für die X-Men zu etablieren, was angesichts des Todes einer der mitunter wichtigsten |Marvel|-Gestalten aber auch kaum funktionieren kann. So hangelt sich die Story bis zu ihrem vorläufigen Ende von Priorität zu Priorität, ohne dabei den Fokus spezifisch einzugrenzen. Und diese Unentschlossenheit ist letztendlich auch das Dilemma des Plots.

Komischerweise hat auch das bewährte Nachwort des Comics keine positiven Statements für Loebs Mini-Serie übrig. Hier wird noch einmal ganz klar aufgedeckt, dass die Story zahlreiche Diskrepanzen mit anderen Superstar-Reihen aus dem Hause |Marvel| aufweist, die wiederum in einigen Logikfehlern resultieren, die sich ein vermeintlicher Hochkaräter wie Jeph Loeb in dieser Vehemenz nicht gerade leisten kann. Dementsprechend ist die 50. Ausgabe der „Wolverine“-Comics eines Jubiläumsbandes auch nicht wirklich würdig. Die Ideen, die Loeb integriert, mögen interessant sein, die Aufarbeitung ist jedoch ein wenig unmotiviert. Da ist das brillante „Wolverine vs. Sabretooth“-Poster in der Mitte des Heftes fast schon spektakulärer.

http://www.paninicomics.de/wolverine-s10107.html

Remin, Nicolas – Gondeln aus Glas

Aller guten Dinge sind drei? Das bleibt zu überprüfen. Feststeht, dass Commissario Tron in „Gondeln aus Glas“ seinen dritten Fall löst – und wir dürfen live dabei sein. Nicolas Remin hat sich mit seiner Kriminalreihe im historischen Venedig dank seiner sympathischen Charaktere und seines unvergleichlich liebevollen Schreibstils in die Herzen seiner Leser geschrieben, und nun ist sein dritter Fall auch endlich als Taschenbuch erschienen.

_Echt oder nicht echt? Das ist hier die Frage!_

Marie Sophie, die Königin der beiden Sizilien, ist in Geldnot, wie praktisch also, dass sie über die Kopie eines kostbaren Tizian verfügt, die darüber hinaus dank ihrer geringen Größe praktisch zu transportieren ist. So informiert sie Oberst Orlow davon, dass sie diese Kopie an den Kunsthändler Kostolany in Venedig verkaufen will – natürlich inkognito, also reist sie als Signora Caserta nach Venedig.

Doch Kostolany trifft in seinem eigenen Laden auf seinen Mörder, der es offensichtlich nur auf eines abgesehen hat, nämlich den kostbaren Tizian, der als einziges Gemälde verschwindet. Die Königin Maria Sofia de Borbone ist in heller Aufregung, denn sie braucht für ihre Zwecke dringend Geld und will deswegen in Venedig bleiben, bis sich der Tizian wieder angefunden hat.

Das ruft Commissario Tron auf den Plan, der sich geschwind auf die Suche nach dem Mörder Kostolanys macht und sich damit auch auf die Spur des Tizians begibt. Begleitet wird er bei diesem nicht ganz einfachen Unterfangen von seinem Kollegen Sergente Bossi, der mit unglaublicher Kombinationsgabe sofort darauf schließt, dass es sich bei Signora Caserta um die Königin von Sizilien handeln muss. Tron spielt das Spiel mit und gaukelt Bossi vor, dass er dies auch längst bemerkt habe, obwohl er sich in Wahrheit von ihr täuschen ließ. Doch schließlich fällt auch ihm die Ähnlichkeit zwischen Marie Sophie und der Kaiserin Elisabeth von Österreich auf – ihre Schwester.

Der verschwundene Tizian ist allerdings wie üblich nicht das Einzige, was Tron auf dem Herzen liegt, denn seine Mutter plagen immer noch die Geldsorgen und der Palazzo Tron verfällt mehr und mehr. Trons Mutter fasst daher große Pläne mit ihrer künftigen Schwiegertochter, der Principessa di Montalcino, die über das nötige Kleingeld verfügt, um günstiges Pressglas herzustellen und unter dem Markennamen Tron venezianisches Glas in großem Kaliber zu vermarkten. Um die Produktion des Pressglases gebührend zu feiern, planen die beiden geschäftstüchtigen Damen einen großen Ball. Als die beiden hören, dass die Königin von Sizilien in Schwulitäten ist und ausgerechnet Tron ihr bei ihren Sorgen behilflich sein kann, wittern sie Morgenluft. Sie legen Tron mehr als nahe, dass er den Tizian rechtzeitig wiederzufinden habe, damit die Königin aus Dankbarkeit und als werbewirksame Figur auf dem Ball erscheinen kann. So rennt Tron die Zeit davon, zumal Kostolany nicht das einzige Todesopfer bleiben soll …

_Tödlicher Tizian_

Zur Abwechslung treffen wir in diesem Kriminalroman nicht auf die Kaiserin von Österreich, sondern auf ihre Schwester Marie Sophie, die ein delikates Geheimnis mit sich trägt, das sie nun in große Schwierigkeiten bringen soll. Kostolany ist der Erste, der in diesem Buch sein Leben lassen soll, doch längst nicht der Letzte, denn nicht nur Marie Sophie verschweigt etwas, es sind noch weitere Verschwörungen am Werke, die der Mörder nun unter dem Deckmantel des Tötens verhüllen möchte.

Dummerweise werden die Toten immer zu den für Tron ungünstigsten Zeitpunkten aufgefunden, denn stets stellt er sich gerade auf ein kleines Schäferstündchen mit seiner Verlobten ein, die dank des Pressglases kaum noch Zeit für ihren Liebsten hat, doch immer wieder werden die beiden durch schlechte Nachrichten gestört. Zunächst treten die Ermittlungen auf der Stelle, Tron befragt die Kunden, die am Todesabend bei Kostolany gewesen sind. Dabei spürt er zwar einen aufgebrachten Kunden auf, der durchaus ein Tatmotiv haben könnte, doch schon am Großfürsten Troubetzkoy beißt Tron sich die Zähne aus. Denn dieser kommt Tron und Bossi zwar dubios vor, allerdings sehen Trons Vorgesetzte es gar nicht gerne, dass er Troubetzkoy in den Kreis der Verdächtigen aufnimmt.

Durch den sachdienlichen Hinweis eines anderen Kunsthändlers ist der verschwundene Tizian schnell identifiziert und aufgefunden. Problematisch ist lediglich, dass er sich auf dem Schiff des besagten Troubetzkoy befinden soll, das nicht durchsucht werden darf. Aber das schreckt natürlich keinen Tron, der daraufhin beschließt, selbst an Bord zu gehen und das Bild zu beschaffen. Immer noch hat der Fall nicht viel Fahrt aufgenommen, doch als der Tizian schließlich zurückerobert ist, stellt er sich als Fälschung heraus! Als kurz darauf der Kopist des Tizian einen merkwürdigen Unfall erleidet, steigert sich die Spannung schließlich, um allerdings kurz darauf auch wieder abzunehmen.

Durch die aufgetauchte Kopie verwandelt sich der vorliegende Kriminalroman nämlich zu einem Ratespiel. Je nachdem, ob es nun eine Kopie des Tizian gibt oder sogar zwei – denn auch das ist nicht ausgeschlossen -, ergeben sich als Tatmotiv ganz neue Konstellationen und Verdächtige. So spielen Tron und sein Kollege Bossi alle Möglichkeiten durch und verwirren dabei mitunter auch den Leser. Es ist ähnlich wie das Hütchenspiel, bei dem man einen kleinen Gegenstand unter drei verschiedenen Muscheln wiederfinden muss; hier geht es darum, den echten Tizian neben dem einen oder den zwei gefälschten aufzufinden. Beim Durchspielen sämtlicher Möglichkeiten bezüglich des Tizians und der Verdächtigen hat Nicolas Remin mich zugegebenermaßen zeitweise abgehängt, denn zu sehr verwirrt er sich in den einzelnen Gängen seines Irrgartens. Dadurch leidet ein wenig der Spannungsbogen, denn irgendwann ist man es leid und mag gar nicht mehr so genau wissen, wo nun der echte Tizian hängt und wer von den Kopien gewusst hat. Zu verworren empfand ich an dieser Stelle Nicolas Remins Gedankengänge.

_Tron zum Dritten_

Wo Nicolas Remin dagegen in gewohnter Weise punkten kann, das sind seine liebevolle Charakterzeichnung und sein Wortwitz. Commissario Tron kämpft wieder einmal mit kleineren und größeren Problemen auf allen Ebenen, und wie üblich rückt der eigentliche Kriminalfall in seiner Prioritätenliste ein wenig nach hinten, wenn vermeintlich wichtigere Dinge hinzukommen. Der Polizeichef Spaur beschäftigt Tron auch dieses Mal wieder sehr gut, da er ein Stück Prosa für den Emporio della Poesia schreiben möchte, für das er Tron um kreative Ideen bittet. Dieser wirft einige hanebüchene Stichpunkte in den Raum, die Spaur allerdings sogleich begeistert aufnimmt und Tron bittet, um diese Stichpunkte herum ein Konzept zu entwerfen. Kurz darauf plagt Spaur bereits das nächste Problem, denn seine Geliebte Violetta hat einen hartnäckigen Verehrer, der sie mit Blumen beschenkt und ihr den Hof macht. Spaur allerdings kennt nicht einmal den Namen des Konkurrenten und setzt daraufhin Tron auf den „Fall Violetta“ an. Der gemeine Widersacher ist sogleich dingfest zu machen und aus der Stadt zu ekeln, so der Auftrag, mit dem Tron sich zusätzlich noch herumzuplagen hat.

Nicolas Remin entwickelt in wunderbarer Weise seine Charaktere weiter, die einem immer mehr ans Herz wachsen, allen voran natürlich Tron, auch wenn er manchmal schon recht dreist ist, wenn er Bossis Erkenntnisse zu seinen eigenen macht. Bossi gewinnt nach und nach an Profil, er mausert sich immer mehr zu einem guten Ermittler, der mit Fachvokabular nur so um sich schmeißt und Tron damit immer genügend Worte an die Hand gibt, damit der wiederum Spaur beeindrucken kann.

Zu den Stärken gehören bei Remin auch die Frauenfiguren; in diesem Buch ist es vor allem die Principessa di Montalcino, die Tron auf Trab hält, aber auch immer genau weiß, in welchen Situationen sie Tron den kleinen Finger reichen muss, um ihn weiterhin bei der Stange zu halten. Sie spielt die Waffen einer Frau unglaublich geschickt aus und bleibt uns dennoch höchst sympathisch.

_Achtung Wortwitz, ich komme_

Nicolas Remin hat einen unvergleichlichen Schreibstil, der alle seine Bücher zu einem besonderen Leseerlebnis macht. Mit seinen köstlichen Worten und herrlichen Metaphern schafft er es, uns alles bildlich vor Augen zu führen. Der Genuss eines Desserts ist Remin manchmal schon einige Absätze wert, wenn Tron darüber nachdenkt, wie er zwei geliebte Nachspeisen am besten verzehrt: eins nach dem anderen (und dann in welcher Reihenfolge?) oder doch lieber mit „Sachertorteneffekt“ beide gleichzeitig? Das ist ein Problem, das man höchstwahrscheinlich aus dem eigenen Alltag nicht wirklich kennt bzw. nicht so detailliert durchdenkt wie Tron, dennoch beschreibt Remin diese Situation so fantastisch, dass man stets ein Lächeln auf den Lippen trägt.

Auch die Charakterbeschreibungen sind wieder einmal herrlich gelungen – ein Beispiel: |“Als Bossi zehn Minuten später Trons Büro betrat, hatte er den tragischen Gesichtsausdruck eines Mannes, der in ungeahnte Abgründe geblickt hatte. Dazu passte sein schleppender Gang, sein desillusionierter Blick und das blaue Auge, das in farblichem Einklang mit seiner blauen Uniform stand. Auch seine Nase, deren Wiederherstellung gute Fortschritte gemacht hatte, schien abermals in Mitleidenschaft gezogen zu sein. Sie stach bergeracmäßig aus Bossis Gesicht hervor und verlieh seiner Erscheinung einen Einschlag ins Dramatische.“|

Mit diesen farbenfrohen Beschreibungen, die stets einen Hauch von Ironie enthalten und auch die winzigste Kleinigkeit berücksichtigen, entführt uns Remin in eine faszinierende Welt seiner wunderbaren Romanfiguren, die wir nur zu gerne für eine Weile begleiten.

_Unter dem Strich_

Nicolas Remin ist sicherlich nicht der Meister der Spannung. Dieses Mal empfand ich den eigentlichen Kriminalfall als ziemlich schwach, zumal Remin uns mit seinen vielen Gedankenspielen arg fordert und stellenweise zu viele Rätsel aufgibt. Doch punktet Remin wie gewohnt mit seinen historischen Schauplätzen, den anschaulichen Beschreibungen und den sympathischen Charakteren. Insgesamt ist „Gondeln aus Glas“ allerdings das schwächste Glied in der bisherigen Tron-Reihe, aber auch das schwächste Remin-Buch ist immer noch deutlich besser als zahlreiche andere Kriminalromane. Und eins ist klar: Remin muss man gelesen haben, man sollte sich allerdings nicht als Erstes dieses Buch schnappen, sondern vielleicht gleich zum nächsten Fall greifen („Die Masken von San Marco“), den bislang besten Tron-Fall.

http://www.rowohlt.de

_Nicolas Remin auf |Buchwurm.info|:_

[„Schnee in Venedig“ 1987 (Band 1)
[„Venezianische Verlobung“ 2326 (Band 2)
[„Die Masken von San Marco“ 4630 (Band 4)

Brittney, Lynn – Nathan Fox – Im Auftrag Ihrer Majestät

Ob es Zufall ist, dass der Serienheld von Lynn Brittney Fox – zu deutsch ‚Fuchs‘ – mit Nachnamen heißt? Schließlich sagt man dem Fuchs List und Schläue nach. Diese Eigenschaften kann Nathan Fox gebrauchen, denn er arbeitet als Spion für Königin Elisabeth I.

Eigentlich ist der Dreizehnjährige Mitglied einer Schauspieltruppe, doch eines Tages bekommt er Besuch von zwei hohen Herren: Sir Francis Walsingham, dem Leiter des englischen Geheimdienstes, und John Pearce, seinem wichtigsten Mann. Die beiden haben das Talent des Schauspielers, der auch einige artistische Kunststücke beherrscht, entdeckt und wollen ihn nun zu ihresgleichen machen, einem Spion.

Nathan, der ohne Eltern aufgewachsen ist, ist zunächst skeptisch, doch dann stimmt er zu. Dieses Abenteuer will er sich nicht entgehen lassen! Nach aufreibenden Übungsstunden geht es auch schon auf die erste Mission: Zusammen mit John Pearce soll Nathan nach Venedig segeln, um den Dogen davon zu überzeugen, mit England gegen Spanien zu kämpfen. Doch der Doge lässt sich nicht so einfach überreden. Seine Bedingung ist, dass John Pearce und Nathan Fox vorher das umkämpfte Zypern für ihn einnehmen. Doch das erweist sich als problematisch. Als John Pearce anstelle des zwielichtigen Jagos einen hohen Posten erhält, setzt dieser alles daran, um den Spion in Schwierigkeiten zu bringen. Nathan muss all seine Fähigkeiten darauf verwenden, Jago auf die Schliche zu kommen und großes Unglück abzuwenden …

„Nathan Fox – Im Auftrag des Königs“ ist ein anschaulich geschriebenes, spannendes Jugendbuch, das im elisabethanischen Zeitalter spielt. Dieser historische Hintergrund ist sehr interessant und wird anschaulich und vor allem sehr verständlich dargestellt. Ein Glossar am Ende des Buches erläutert wichtige Begriffe, während auch innerhalb der eigentlichen Geschichte immer wieder bestimmte historische Gegebenheiten des Alltags erklärt werden. Die Autorin hat gut recherchiert und ihre Ergebnisse jugendgerecht aufgearbeitet, sie aber zusätzlich so gestaltet, dass auch ein Erwachsener Freude daran hat und Neues entdecken kann.

Die Handlung erweist sich als sauber konstruiert, auch wenn sie am Anfang ein kleines Wagnis eingeht. Brittney erzählt in mehreren Kapiteln, wie Nathan bei Meister Robey zum Spion ausgebildet wird. Das ist insofern mutig, da es die eigentliche Geschichte hinauszögert. Brittney rafft Nathans Lehrzeit aber stark und berichtet von ihr mit interessanten Details, so dass sie nicht langweilig wird und genug Raum für die eigentliche Geschichte bleibt. Dennoch erweist sich die Handlung an einigen Stellen als etwas zu lang. Die Ränke und Intrigen, denen John und Nathan ausgesetzt sind, sind manchmal ein wenig zu verzwickt und nicht actionreich genug, um spannend zu bleiben. Das zögert die Handlung ein wenig hinaus, aber aufgrund der liebevollen und detailreichen Erzählweise sieht man darüber gern hinweg.

Die Hauptfigur Nathan Fox ist wie geschaffen für den Job des Spions. Er ist ein einfacher Junge mit großer Intelligenz und Mut. Jugendliche können sich sicherlich gut mit ihm identifizieren und bei seinen Abenteuern mitfiebern. Bei den anderen Charakteren verhält es sich ähnlich. Sie sind interessant und originell und passen in die historische Zeit, in welcher der Roman spielt. Negativ anzumerken ist höchstens die leichte Schwarz-Weiß-Zeichnung des Ensembles: Die Bösen werden als böse und die Guten als gut dargestellt. Nun leben die Bücher für jüngere Leser ja häufig gerade davon, dass sich einfache Identifikationsbilder festmachen lassen, aber es wäre doch schön gewesen, wenn Brittney dies umgangen hätte.

Der Schreibstil kann sich dafür sehen lassen. Einfach, wortreich und mit vielen Einzelheiten angereichert, erzählt Lynn Brittney die Abenteuer von Nathan Fox. Sie legt ein flottes Erzähltempo vor und hält sich nicht mit ellenlangen Beschreibungen auf. Wenn sie etwas erklären möchte, tut sie dies in wenigen und knappen, aber dennoch verständlichen Sätzen.

„Nathan Fox – Im Auftrag Ihrer Majestät“ ist ein interessantes, sehr klug erzähltes Jugendbuch aus dem elisabethanischen Zeitalter. Die Handlung kann zwar nicht immer überzeugen, aber die sympathische Hauptfigur und der Hintergrund der Reihe – nämlich Nathans Job als Spion – versprechen weitere, vielleicht spannendere Bücher.

|Aus dem Englischen von Frank Böhmert
304 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 12 Jahren|
http://www.oetinger.de

Dixon, Chuck – Simpsons Comics 136

[Simpsons Comics 135 4739

_Inhalt_

|“Ein brandneuer Burns – Teil 2″|

Getrieben vom Gedanken, seinen versklavten Arbeitgeber aus den Klauen einer geheimen Verbrecherorganisation zu befreien, reist Homer nach Mexiko. Doch schon an der Grenze muss er einige Qualen erleiden. Unermüdlich kämpft er sich dennoch durch den Sombrero-Staat und macht dort die Bekanntschaft eines FBI-Beamten. Dieser aber ist nicht sonderlich von Homers Schwätzereien angetan und steckt ihn in eine Gummizelle. Ausgerechnet in diese dringt ein Mitinsasse des Sklaven-Camps durch einen unterirdischen Gang ein und führt Homer und Mitglieder der Regierung zum Versteck der Verbrecher.

Derweil löst der falsche Mr. Burns das Vermögen seines Doppelgängers schleichend auf und bringt selbst den naiven Smithers langsam zum Zweifeln.

_Persönlicher Eindruck_

Auch der finale zweite Part des Comic-Mehrteilers „Ein brandneuer Burns“ ist eine echte Wucht. Zar hat man das Tempo zum Schluss merklich angehoben und somit die Storyline schon ein bisschen gestrafft, aber dies hinderte Autor Chuck Dixon keinesfalls daran, eine weitere Armada scharfsinniger Gags in den Plot einzubauen. Dieses Mal fokussiert er die Geschichte aber wieder deutlicher auf die Simpsons-Familie bzw. Homer, der hier zu einer eher weniger glorreichen Rettungsmission aufbricht und aufgrund seiner Leichtgläubigkeit ständig in die Bredouille gerät.

Auch in Springfield geht es heiß her: Smithers traut seinen Augen nicht, als der falsche Mr. Burns die ganzen Besitztümer des Originals zu verscherbeln beginnt, eingeschlossen die legendäre Kunstsammlung und das Baseball-Team, die Isotopes. Selbst die Einladung, mit ihm ein Bad im Geldspeicher zu nehmen – die Anspielung sitzt ebenfalls -, schlägt er aus und bevorzugt stattdessen sein Tagebuch nach einer Lösung zu befragen.

Schade ist eigentlich nur, dass diese fantastische Geschichte hier schon wieder ein rasches Ende findet. Homers verzweifelte Mexiko-Odyssee hätte man gerne noch länger bestaunt, aber auch Mr. Burns auf der Seite des Proletariats ist eine wohlbekömmliche Abwechslung zum üblichen Simpsons-Trott, der sich hier in keiner einzigen Skizze einstellen will. Dementsprechend sollte man die Macher der „Simpsons Comics“ durchaus dazu ermutigen, derartige Projekte für die Zukunft häufiger in Betracht zu ziehen. Zwar muss man hierbei die Wartezeit von einem ganzen Monat für eine vergleichsweise sehr knappe Erzählung hinnehmen, doch da dies im Superhelden-Metier ebenfalls nicht problematisch ist, wäre es auch bei der gelben Familie denkbar und meiner Meinung nach klar zu befürworten. Die beiden Ausgaben 135 und 136 jedenfalls haben diesbezüglich gute Pionierarbeit geleistet.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Sandemo, Margit – Abgrund, Der (Die Saga vom Eisvolk 3)

Band 1: [„Der Zauberbund“ 4365
Band 2: [„Hexenjagd“ 4421

_Story_

Tengels Nichts Sol ist zu einer hübschen, geachteten Persönlichkeit herangereift und genießt nach der langen Zeit in der Obhut ihrer Ziehfamilie endlich die Unabhängigkeit, die sie sich bei den Studien auf dem Gebiet der Hexenkunde stets erträumt hat. Ihr Weg führt sie nach Dänemark, zunächst zu ihrem studierenden Halbbruder Dag, wo sie trotz ehrwürdiger Taten alsbald wegen Hexerei an den Pranger gestellt werden soll. Mithilfe von Dags Gastfamilie gelingt ihr die Flucht in den Norden und schließlich an den Ort, welcher der Legende nach noch einige echte Hexen beherbergt: Brösarps Backar.

Doch ihr Weg dorthin bleibt von Tragödien gezeichnet. Unterwegs erlaubt sie sich eine Liebelei mit ihrer Eskorte, schnappt ein hilfloses Mädchen auf, welches von einigen Landsknechten vergewaltigt wurde und erfährt derweil auch, dass Tengels letztem Nachkömmling Liv in der Ehe übel mitgespielt wurde. Am Blocksberg angekommen, eröffnet sich ihr jedoch eine Aussicht, die ihrem Leben ganz neue Impulse verleiht: In einer Traumreise trifft sie den Fürsten der Finsternis und spürt bei dessen bloßer Anwesenheit eine Erregung, die ihr bislang keine Liebschaft geben konnte. Entschlossen, ihrem wilden Leben endlich einen Sinn zu geben, schwört sie, wiederzukehren und sich ihrer unverhofften Passion vollkommen hinzugeben. Aber einmal mehr durchkreuzt die tragische Geschichte ihrer Familie ihre Pläne und erweckt in Sol erneut die dunkle Seite ihrer Seele.

_Persönlicher Eindruck_

Bedenkt man einmal, dass Margit Sandemo mit der „Saga vom Eisvolk“ die womöglich umfassendste Fantasy-Geschichte Europas verfasst hat, darf man schon erstaunt sein, welche großen Zeitsprünge die Autorin zwischen den einzelnen Kapiteln ihrer Erzählung vollzieht. Mit dem dritten Band haben sich die Rahmenbedingungen der Handlung teils gravierend geändert, ohne dass ein hierfür eventuell doch erforderlicher Zwischenschritt in Betracht gezogen wurde. Inzwischen nämlich sind bis auf Are und Liv alle Zöglinge von Tengel und Silje erwachsen und die liebevolle Familienidylle ist durch diese weitläufige Spaltung zunächst einmal Vergangenheit.

Mit der weiteren Entwicklung der Story jedoch stellt sich heraus, dass derartig ruckartig vollzogene Schritte der Saga keinesfalls negativ anhaften. Sandemo wählt statt unproduktiven Repetitionen eben den unkonventionellen Weg und gewährt ihrer Geschichte in allen Belangen ständige Fortschritte – und darin ist die rasch vergehende Erzählzeit eben auch inbegriffen.

Derweil haben sich auch die Schwerpunkte bei der Rollenverteilung stark verschoben. Nicht mehr der faszinierende Tengel steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern seine sonderbare Tochter Sol, die im 20. Lebensjahr so selbstbewusst und entschlossen ist, wie es selbst ihr Onkel nie gewesen war. Die Hexenschülerin entdeckt ihre Fähigkeiten mit wachsender Intensität und lernt mit jedem weiteren Abenteuer immer stärker, sie auch gezielt einzusetzen. Jedoch befindet Sol sich in einem inneren emotionalen Zwiespalt, den Sandemo in den betreffenden Passagen sehr schön aufgreift. Einerseits verspürt sie Hass und Rachsucht denjenigen gegenüber, die ihrer Familie und der Welt im Allgemeinen Unheil antun, neigt teilweise sogar dazu, ihre Kräfte so einzusetzen, dass sie tödliche Konsequenzen mit sich bringen. Andererseits kann sie das Unglück ihrer Wegbegleiter einfach nicht ertragen und bringt sie schließlich zu Tengel und Silje, um ihnen dort ein Leben und eine Liebe zu ermöglichen, die sie andernorts nicht erleben können. Diese teils recht krassen Wendungen gewinnen im Verlauf des Buchs immer deutlicher an Bedeutung und entwickeln Sol zu einer schier unberechenbaren Persönlichkeit, die sowohl die dunklen Gaben der Hexerei als auch die ihr verbliebene Menschlichkeit in ihre Entscheidungen einbezieht – und dabei immer wieder für Überraschungen sorgt.

Aber auch an anderer Stelle bewegt sich die Story mitunter sehr temporeich. Hier wird die tragische Geschichte von Livs Ehe erzählt, dort wiederum erfährt man von den zahlreichen Missständen, die den Norden Europas heimsuchen, am Beispiel heftig Betroffener, und zwischendrin taucht Sandemo auch wieder in das Herz des Eisvolks ein, bestehend aus Tengel, Silje und ihren Nachkommen, und vernachlässigt auch ihre Lebensgeschichte nicht.

Herausgekommen ist dabei ein ziemlich abenteuerlicher, aufgrund des hohen Tempos auch enorm abwechslungsreicher Roman, der gerade wegen seiner geistreichen Sprache und der bisweilen unerwarteten Wendungen der bislang spannendste der Saga geworden ist. Wer bereits die ersten beiden Episoden der |Saga vom Eisvolk| genüsslich goutierte, sollte daher auch mit „Der Abgrund“ vorzüglich bedient sein.

|Originaltitel: Sagan om Ísfolket 3: Avgrunden
Originalverlag: Boknöje ab 1982
Aus dem Norwegischen von Dagmar Mißfeldt
Taschenbuch, 336 Seiten|
http://www.blanvalet.de
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Johanna Driest – Das Blaue vom Himmel

Vielleicht liegt es ja wirklich in der Familie, das Schriftstellerdasein. Johanna Driest ist die Tochter von Burkhard Driest, der unter anderem auch Romane und Drehbücher geschrieben hat. Ihre ersten Schreibversuche veröffentlichte die damals Fünfzehnjährige mit „Crazy for Love“ im Jahr 2005. Drei Jahre später ist die damalige Protagonistin Mona immer noch aktuell. Mittlerweile sechzehn Jahre alt, lernt Mona in „Das Blaue vom Himmel“ weitere Hoch- und Tiefpunkte des Teenagerdaseins kennen.

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McGee, James – Totensammler, Die

Die „Bow Street Runners“ sind Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten ‚richtigen‘ Polizisten auf den Straßen von London. Zwar steckt die kriminalistische Arbeit noch in ihren Kinderschuhen, doch Männer wie der ehemalige Soldat und nun Sonderermittler Matthew Hawkwood kennen immerhin schon den Wert von Indizien und wissen, wie man sie deutet.

In diesem Winter des Jahres 1811 führt sein aktueller Fall Hawkwood zum alten Friedhof Cripplegate. Gehenkt und gekreuzigt fand man dort den Körper des Fleischträgers Edward Doyle. Der junge Mann verdiente sich offenbar ein Zubrot als Leichendieb und war dabei Konkurrenten in die Hände gefallen, die nicht lange fackelten. Leichen sind eine begehrte und gut bezahlte, weil immer knappe Ware für angehende Ärzte, die sezieren müssen, um den menschlichen Körper zu verstehen. Deshalb werden Londons Friedhöfe des Nachts von „Auferstehungsmännern“ heimgesucht, die möglichst frische Leichen stehlen.

Ein zweiter Fall führt zur Verzögerung der Ermittlungen. Im „Bethlehem Royal Hospital“, genannt „Bedlam“, dem uralten Irrenhaus der Stadt, hat ein Insasse, der ehemalige Feldchirurg Colonel Titus Hyde, einen Gast, den Reverend Tombs, nicht nur getötet, sondern sein Gesicht gehäutet, bevor er die Flucht ergriff. Nach Auskunft des behandelnden Arztes stellt Hyde eine große Gefahr für die Allgemeinheit dar. Der auf den Schlachtfeldern des englisch-französischen Krieges wahnsinnig gewordene, aber überaus intelligente Mann will in Freiheit ein groteskes ‚Projekt‘ verwirklichen, für das er diverse Frauenkörper benötigt.

Die soll ihm der skrupellose Rufus Sawney beschaffen, der zusammen mit seinem Partner Abel Maggett und den beiden Ragg-Brüdern stets liefern kann. Wie der Zufall (gelenkt durch Verfasser McGee) spielt, steckt Sawneys Bande hinter dem Mord an Doyle, was Matthew Hawkwood auf den Plan ruft. Sawneys Schergen kann er leicht abwehren, doch Hydes Attacken sind ungleich hinterlistiger, zumal der irre Schlächter protegiert wird. Als Hyde damit beginnt, noch lebendigen Frauen nachzustellen, ist der Zeitpunkt gekommen, das Gesetz zu vergessen und zur Gegenattacke anzusetzen …

Die Vergangenheit hat in der Unterhaltungsliteratur viele Gesichter. Bei James McGee sind sie gleichermaßen schmutzig wie blutig. Selten gab es einen Historienroman wie diesen, der sich in Moder, Verwesung und Körperflüssigkeiten aller Art förmlich suhlt. McGees Geschichte spielt nicht im Bauch von London, sondern noch mindestens eine Etage tiefer.

Die hygienischen Probleme Londons im frühen 19. Jahrhunderts beruhen auf Tatsachen. Zwar wuchs die Stadt bereits dem Industriellen Zeitalter entgegen, doch die Infrastrukturen stammten quasi noch aus dem Mittelalter und waren der anschwellenden Einwohnerzahl nicht gewachsen. Niemand fühlte sich zuständig, was auch damit zusammenhing – McGee führt es uns immer wieder vor Augen -, dass dies eine Zeit ohne soziales Netz war. Wer es nicht schaffte, sich einen Platz an der Sonne zu erobern, hatte Pech gehabt und verdiente ein jämmerliches Dasein in den Slums oder gar ein Ende, das durchaus Tod durch Verhungern bedeuten konnte.

In die Sanierung der Armenviertel oder gar in grundsätzliche Maßnahmen zur Besserung des ungeheuren Elends wollten diejenigen, die sich nicht betroffen fühlten, keinen Penny investieren. Armut, Krankheit, Gewalt und Wahnsinn wurden in Bezirke abgedrängt, die zu gewaltigen Ghettos verkamen, in die sich die ohnehin zahlenschwachen und kaum ausgebildeten Stadtwachen nicht trauten.

In dieser Welt, die McGee anschaulich als Hölle auf Erden schildert, ist ein ‚Beruf‘ wie der des professionellen Leichendiebs normal. Wie Rufus Sawney es in klare Worte fasst, ist dieser Job immer noch besser als Sickergruben zu leeren. Drakonische Strafen schrecken nicht, denn permanente Entbehrung und Gewalt stumpfen ab. Das zu verdeutlichen, ist wichtig, denn nur auf diese Weise gewinnt die Handlung ihre Überzeugungskraft: Die von McGee geschilderten Verbrechen können nur im London von 1811 geschehen.

Außerhalb des historischen Umfelds rollt die Geschichte vom psychopathischen, aber genialen Serienkiller ab. Die kennen wir Krimileser zur Genüge (oder bis zum Überdruss), aber im gewählten Rahmen kann McGee den abgegriffenen Plot plausibel aufpolieren: Das Phänomen des Serienmords liegt jenseits des Verständnisses der Zeitgenossen. Den Wissensstand fasst ein ‚Fachmann‘ aus dem Bedlam-Irrenhaus zusammen, und er ist kärglich und steckt voller Trugschlüsse. So kann sich Colonel Hyde schwungvoll ans grausige Werk machen, denn es fehlt das geistige Rüstzeug, ihm in die Parade zu fahren.

Bei nüchterner Betrachtung fällt „Die Totensammler“ nicht durch inhaltliche Originalität auf. Im Grunde weiß der erfahrene Leser, in welche Richtung die Handlung laufen wird. Auch das Finale ist primär grässlich, aber nicht wirklich überraschend. Irgendwann brechen die Ermittlungsarbeiten ab, Hawkwood ruft wie weiland „El Mariachi“ seine bizarren und hochprofessionellen Kameraden zusammen, und dann bestimmt brutale Gewalt die Szene.

Das Zusammenspiel zwischen Krimi und Historienroman ergibt die eigentliche Faszination, wobei McGee sich atmosphärisch ausgiebig beim Horror-Genre bedient. Dunkelheit, huschende Schatten, stinkende Grüfte, bizarre Unterwelten, Splatter, grandiose Bluttaten – die Liste ist lang, und um sie abzukürzen, sei an Filme wie „From Hell“ (2001) oder „The Elephant Man“ (1980, dt. „Der Elefantenmensch“) erinnert, die diese morbide Stimmung in entsprechende Bilder fassen. (Ist übrigens die auf dem deutschen Cover als Matthew Hawkwood abgebildete Person nicht die halbe Silhouette von Johnny Depp in der Titelrolle des ebenfalls im historischen England spielenden Mord-Musicals „Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street“? Vielleicht fallen ja einige Leser = Käufer darauf herein …)

Wie konstruiere ich eine serientaugliche Figur? James McGee zeigt es uns vielleicht ein wenig zu deutlich. Matthew Hawkwood – schon der Name suggeriert Gewicht oder besser Wichtigkeit – ist wie jeder gute (Serien-)Held vor allem einem persönlichen Kodex unterworfen. Zwar arbeitet er gut als „Bow Street Runner“, ohne sich der Institution wirklich verpflichtet zu fühlen. Dem stehen traumatische Erlebnisse im Krieg (gemeint ist der Feldzug Napoleón Bonapartes auf der iberischen Halbinsel 1807-1814, in dem auch englische Truppen den französischen Kaiser bekämpften) entgegen, die Hawkwood an einem System zweifeln lassen, das seine Soldaten auf den Schlachtfeldern verbluten ließ. Auch an der ‚Heimatfront‘ muss er Ungerechtigkeiten schlucken. Definitiv schuldige Männer schlüpfen dem Gesetz durch die Finger, weil sie von hoher Stellung sind. Nur den einfachen Mann und die einfache Frau trifft die Härte der Justiz.

Hinzu kommt eine mysteriöse Vergangenheit, die nur Stück für Stück enthüllt wird und die noch für einige Bände gut sein dürfte. Der wahre Held ist stets auch Außenseiter. So geht Hawkwood immer wieder auf Konfrontationskurs und schont die Reichen und Privilegierten nicht. Glücklicherweise kann er sich auf die Fürsprache seines Vorgesetzten, des Richters James Reed, verlassen, der auf geheimnisvolle Weise das System manchmal unterlaufen kann und seine schützende Hand über Hawkwood hält, der bei aller Ernüchterung ein guter Polizist ist.

Realität ist James McGees Sache nur bedingt. In einem Nachwort klärt er über die realen Hintergründe seiner grotesken Schauermär auf. Leichendiebe, die nicht nur Tote stahlen, sondern sie sogar zu Seife verkochten, wenn sie allzu ‚reif‘ wurden, sind demnach nicht auf seinem geistigen Mist gewachsen. Dennoch ist die Häufung absonderlicher Persönlichkeiten natürlich dem Faktor Unterhaltung geschuldet. Im Grunde tritt kein ’normaler‘ Mensch auf. Alle haben sie – gelinde ausgedrückt – ihre Macken. ‚Frankenstein‘ Hyde ist nicht einmal ihr König. Mit Rufus Sawney und seinen Kumpanen ist McGee ein wahres Höllengezücht gelungen. Die Schauerlichkeit ihrer Taten wird geschickt durch die gemütliche Selbstverständlichkeit konterkariert, mit der sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Maggett klagt über arbeitsbedingte Rückenschmerzen, und den armen Sawney möchte man manchmal bedauern, wenn er mit tropfigen Leichen durch London irrt und unter der ausgeprägten Dämlichkeit seiner Spießgesellen leiden muss.

Überhaupt schreibt McGee den Humor größer, als man meinen möchte. Das Schwelgen im Unappetitlichen ist dermaßen übertrieben, dass es nur bedingt ernst genommen werden kann. Zwar kippt die Stimmung gern ins wirklich Bitterböse, doch zwischenzeitlich geht es vor allem derb zu. Geistliche sind garantiert Betrüger und noch geiler als der übelste Leichendieb; an Dünkel und Heuchlerei werden sie nur von Politikern und anderen selbst ernannten Stützen der Gesellschaft übertroffen, und Adel verpflichtet zu rein gar nichts.

So bereiten „Die Totensammler“ viel politisch unkorrekten Lesespaß, was immer für ein Sonderlob gut ist. McGee schreibt flott und trotzdem dicht, die deutsche Übersetzung kann Schritt halten, auch wenn die Zahl der durch die Endredaktion – falls es so etwas heute noch gibt – gerutschten Flüchtigkeits- und Rechtschreibfehler unerquicklich hoch ist. Auf ein Neues also – die Reihe wird fortgesetzt, was zur Abwechslung einmal eine gute Nachricht ist.

James McGee wurde als Glen Moy 1950 in eine Soldatenfamilie geboren. Sein Vater war u. a. in Gibraltar, Deutschland und Nordirland stationiert, sodass ständige Umzüge zur Glens Kindheit und Jugend gehörten und eine lebenslange Reiselust weckten. Unstet war auch McGees beruflicher Werdegang. Er arbeitete als Bänker, Journalist und 13 Jahre in der Luftfahrtindustrie. Außerdem schrieb er Buchrezensionen für verschiedene Radiosender.

In den 1980er Jahren schrieb McGee drei Romane, die dem Genre Militär-Thriller zuzuordnen sind. Nach längerer Pause entschied er sich dann für eine Geschichte, die in der Zeit der Napoleonischen Kriege spielte; für diese Epoche hatte er sich seit jeher interessiert. 2006 erschien „Ratcatcher“ (dt. „Der Rattenfänger“), der erste Band einer Serie um den „Bow Street Runner“ Matthew Hawkwood, die Geschichte, Krimi und Horror geschickt mischt.

McGee, über dessen Privatleben wenig bekannt ist, lebt und arbeit in Tenterden in der englischen Grafschaft Kent, wo er einen Buchladen, aber keine Website besitzt.

Die Matthew-Hawkwood-Reihe erscheint in Deutschland im |Wilhelm Heyne Verlag|:

(2006) Ratcatcher (dt. „Der Rattenfänger“) – TB Nr. 47026
(2007) Resurrectionist (dt. „Die Totensammler“)
(2008) Rapscallion (noch kein dt. Titel)

http://www.heyne.de