Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Andreas Eschbach – Die schlafenden Hüter (Das Marsprojekt 5)

Dies ist das Ende einer Geschichte – und der Anfang einer hoffnungsvollen Zukunft für die Marssiedler. Seit das Mädchen Ellin auf dem Mars von einem unerklärlichen Leuchten auf Artefakte aufmerksam gemacht wurde, die sich schließlich als Schlüssel zu einer alten außerirdischen Station entpuppten, ist viel passiert. Ariana hat sich verliebt, Ellin, Carl und Urs sind durch einen der »Blauen Türme« auf die Erde gelangt und nun mit dem Milliardär und Erfinder des Fusionsreaktors unterwegs zurück zum Mars. Eine radikale Organisation, die »Heimwärtsbewegung«, schreckt selbst vor brutalen Anschlägen und Überfällen nicht zurück, um das Raumfahrtprogramm und vor allem das Marsprojekt zu stoppen.

Die Ereignisse und Interessengruppen bewegen sich in diesem Roman auf einen Höhepunkt zu, in dem das große Finale der Romanquintologie statt finden soll. Die Außerirdischen erwachen. Außerirdische! Bis zum vierten Band waren sie wenig mehr als Hirngespinste der kleinen Ellin, die sich von ihnen gerufen fühlte. Im vierten Band gibt es erstmals echte Beweise für ihre Existenz, und im finalen Roman erwachen sie. Der Titel legt nahe, dass alles gut ausgeht. Dem Leser wird ab einem gewissen Alter auffallen, dass die Gefahren für die Aliens und die Türme erstens nur ein schriftstellerischer Trick sind, der Spannung erzeugt und die Handlung bereichert, und zweitens für die Lösung des Knotens nötig sind, damit die Menschen wieder ungestört den Mars besiedeln können und nicht Hunderttausend heuschreckenähnliche Aliens auf der Plaza ihre Fiesta feiern. Den Wesen wird ein Ausweg geboten, den Menschen ihre technische Überlegenheit demonstriert und dadurch zu neuer Einheit und gemeinsamer Stärke verholfen. Das große Abenteuer für die Marskinder geht zu Ende, sie werden langsam erwachsen.

Andreas Eschbach steht inzwischen für extrem gute Unterhaltung. Jeder kann ihn lesen oder hören, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, und trotzdem behandelt er bewegende Themen und geht auch ins Detail dabei. Man kann ihn auf verschiedene Weise lesen: Eine in eine packende Story verpackte mahnende Erinnerung an die Zukunft, einen Einblick in unbekannte Bereiche unserer Gesellschaft, einfach als entspannende und spannende Lektüre, als eine Studie genialer Stilentwicklung und meisterhafter Sprachgestaltung, und so weiter.

Die Leser der ersten Stunde wissen gerade seine Science-Fiction zu schätzen, und genau dadurch ist Andreas Eschbach ins Rampenlicht getreten. Zu ihrem Leidwesen verlagerte sich Eschbachs Schwerpunkt recht schnell – raus aus der Schublade, möglichst weit weg von Aliens, Raumschiffen und Laserkanonen. Der Qualität seiner Bücher tut das keinen Abbruch und die Allgemeinheit gewann ein begeisterndes Talent. Natürlich bleibt der SF-Fan trotzdem am Ball, immer auf der Suche nach dem Hauch von Eschbachs Visionen, der bisher jedem seiner Romane anhaftet. Außerdem: einmal Eschbach, immer Eschbach! Seine Schinken sind einfach gut.

Mit dem »Marsprojekt« tröstete Eschbach seine Leser über die SF-freie Durststrecke der »Erwachsenen-Bücher« hinweg und nutzte das Medium der Jugendromane für die Utopie. Die ist jedoch mit dem vorliegenden fünften Band der Reihe abgeschlossen. Und was jetzt? Erwartet uns eine düstere Zukunft ohne Eschbach’sche Zukunftsvisionen?

Auch beim »Marsprojekt« bewahrheitet sich die Erkenntnis über Fortsetzungen erfolgreicher Geschichten: War der erste Roman – später subtituliert mit »Das ferne Leuchten« – ein typischer, nicht zu übertreffender Wurf aus seiner Ideenkiste voll Charisma, sind die Fortsetzungen »nur noch« gute Unterhaltung und kreative Storyentwicklung, lassen aber dieses Eigenleben eines überragenden Romans vermissen. Mit »Die Schlafenden Hüter« hat Andreas Eschbach einen würdigen Abschluss des Abenteuers geschrieben und dabei ein echtes Ende geschaffen, eine dem Erzählten angemessene endgültige Situation. Zurück bleibt der Wunsch nach einem Roman ohne vorhersagbare Wendungen und mit diesem Offenbarungsgefühl, dem Erahnen großer Zusammenhänge und der Bedeutungslosigkeit des Menschen. Eschbach for SF, und wenn’s nur hin und wieder ist!

361 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-401-06061-3

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Ward, J. R. – Blutopfer (Black Dagger, Band 2)

Band 1: [„Nachtjagd“ 5283

_Inhalt:_

Düster, erotisch, unwiderstehlich – die letzten Vampire kämpfen um das Schicksal der Welt

Sie sind eine der geheimnisvollsten Bruderschaften, die je gegründet wurden: die Gemeinschaft der |Black Dagger|. Und sie schweben in tödlicher Gefahr: Denn die |Black Dagger| sind die letzten Vampire auf Erden, und nach jahrhundertelanger Jagd sind ihnen ihre Feinde gefährlich nahe gekommen. Doch Wrath, der ruhelose und maßlos attraktive Anführer der |Black Dagger|, weiß sich mit allen Mitteln zu wehren. Die Schlacht beginnt!

Mitten in diesem Krieg bittet Darius, ein alter Kampfgefährte, Wrath darum, sich um seine Tochter Beth zu kümmern, die nichts von ihrer vampirischen Herkunft weiß. Schon bald gerät die junge Frau zwischen die Fronten, und Wrath muss erkennen, dass sein Schicksal unauflöslich mit ihr verbunden ist – denn Beth ist seine Shellan, seine unsterbliche Liebe, für die sich jedes Opfer lohnt. Und er muss auch alles riskieren, um Beth zu retten …

_Meine Meinung:_

Eines muss man J. R. Ward lassen: Man mag noch so oft „Mainstream, Mainstream“ rufen, aber die Autorin hat ihre Leser mit dem ersten |Black Dagger|-Roman an der „Seriennadel“ – auch wenn die Vermutung naheliegt, dass sie im Original stilistisch noch besser rüberkommt.

Band zwei der Serie bietet wieder zu Anfang ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen und Eigennamen, was den Lesern das Eintauchen in die Vampirwelt der Autorin erleichtert. Und weiter geht es mit dem erotischen Vampirpaar Wrath und Beth. Wrath hat die schöne Beth zu sich – und somit in das Haus ihres Vaters – eingeladen und verhält sich verwirrenderweise ausgesprochen kühl und distanziert ihr gegenüber – beinahe schon unhöflich. Er gesteht Beth, dass er Tausende Lesser (seelenlose Vampirjäger) getötet hat und erzählt ihr von „Omega“ (Gott und Luzifer) und der „Jungfrau der Schrift“ (hat die Vampire erschaffen) – und von seiner Bruderschaft |Black Dagger|.

Dann ändert sich seine Haltung ihr gegenüber, und Beth merkt, dass auch er – wie sie – verunsichert darüber ist, dass sie sich so stark zueinander hingezogen fühlen. Die sexuelle Energie zwischen ihnen wird immer stärker, und zum ersten Mal sieht Beth seine Augen, die er immer hinter einer dunklen Sonnenbrille verbirgt. Sie sind von einem blassen Grün, fast Weiß – Wrath ist beinahe blind. Es kommt, wie es kommen muss: Wrath und Beth lieben sich, was die Autorin – bis auf wenige „too much“-Ausnahmen, die dann eher das Gegenteil bewirken – sehr anregend umgesetzt hat.

Beth nimmt das kostbar eingerichtete Zimmer ihres Vaters in Augenschein und findet dort überall Fotografien von sich an den Wänden – und eines ihrer Mutter. Ihr wird bewusst, dass ihr Vater sehr reich gewesen sein muss.

Wrath und Rhage, einer der |Black Dagger|, beobachten unterdessen das Lesser-Zentrum und lassen sich auf einen Kampf mit drei Lessern ein – ein vierter schießt auf Wrath. Da beginnt sich Rhage in eine schuppige Kreatur/Bestie zu verwandeln, fällt über die Lesser her und richtet ein Gemetzel an. Danach verwandelt er sich wieder zurück, ist aber verletzt. Wrath und Beth kümmern sich um ihn – besonders Beth, was sie Wrath innerlich noch näherbringt, als er sieht, wie liebevoll sie Rhage pflegt. Und endlich gestehen sich Beth und Wrath ein, dass sie zusammenbleiben wollen.

Beth kehrt in ihre Wohnung zurück, doch kaum dort angekommen, wird sie ohnmächtig. Butch findet sie dort auf dem Boden liegend, und Beth bittet ihn, sie zu Wrath zu bringen, denn ihre „Transitition“ (Wandlung zur Vampirin) hat begonnen! Wrath steht ihr bei, sie trinkt von ihm und er fragt sie, ob sie seine „Shellan“ (Frau) werden will.

Havers, Marissas Bruder, sinnt immer noch auf Rache, weil ihre Verbindung mit Wrath zerbrach – auch wenn Marissa sie selbst löste. Die junge Vampirin denkt ständig an Wrath und ihre Zeit als seine „Shellan“, und sie verspürt wie jede verschmähte Frau Rachegedanken. Das ändert sich, als Butch Marissa im Haus der Black Dagger begegnet. Er ist fasziniert von ihrer Schönheit, und auch sie fühlt sich zu ihm hingezogen.

Beht wiederum steht zum ersten Mal Marissa und den Brüdern der Black Dagger gegenüber. Wrath nennt sie vor ihnen „Lielan“ (mein Liebstes) und die Brüder zeigen ihr deutlich ihre Verehrung. Beth erzählt Butch – vor dessen Augen sich Marissa dematerialsiert und dem dadurch bewusst wird, dass er in einem Haus voll mysteriöser Wesen gelandet ist -, dass sie alle Vampire sind und dass der Mann in dem explodierenden Auto (siehe Band eins) ihr Vater war.

Wrath nimmt mit der Jungfrau der Schrift (Analisse) Kontakt auf und bittet sie, ihm Beth zur Frau zu geben. Sie willigt ein, fordert aber von ihm, dass er sein Volk als König anführen soll. Butch fühlt sich in der Gemeinschaft der Vampire wohl. Besonders mit Vishous, einem Red-Soux-Fan, schließt er rasch Freundschaft.

Beth lernt derweil Wellsie, die Shellan des Black Daggers „Tohr“, kennen. Sie hilft Beth bei den Vorbereitungen zu der Hochzeitszeremonie. Doch bevor diese vollzogen werden soll, will Wrath Beth rächen und ihren „Vergewaltiger“ Billy R. zur Strecke bringen. Doch er stellt nicht nur ihn, sondern auch Mr X, den Anführer der Lesser. Dieser nennt Wrath den „Blinden König“. Die Jungfrau der Schrift vermählt Wrath und Beth – doch dann wird Beth von Mr X entführt …

J. R. Wards Stil ist schnörkellos, direkt und ohne Längen. Man liest die Black-Dagger-Bände weg wie geschnitten Brot. Mainstream hin, Mainstream her – die Texte wecken die düster-romantisch-erotische Note in uns und bescheren ein Stück dessen, was wir uns alle insgeheim wünschen: die große Liebe, die einzigartige Nähe zweier Liebenden, das Wesen, das zu einem gehört wie kein anderes – egal wie schwierig die Umstände auch sein mögen und über alle Zweifel erhaben. Doch |Black Dagger| ist viel mehr. Unter dem vermeintlichen Plauderton entwickelt sich eine Gesellschaft von Anta- und Protagonisten, die lebendig und in die Tiefe gehend agieren, mit all ihren Facetten, die die Charaktere verschiedener Wesen ausmachen.

Wrath ist die perfekte Mischung aus Brutalität und Sensibilität – eben der Bad Boy mit Charme, den sich so manche Frau wünscht. So wird |Black Dagger| vermutlich von einem vorwiegend weiblichen Publikum frequentiert werden – was die Serie keineswegs schmälern soll. Aber auch die anderen Charaktere zeigen Profil und kommen nicht eindimensional daher. Was aber das große Plus der Serie ist: Sie langweilt nicht einen Satz lang und zieht den Leser sofort in die Handlung und somit in ihren Bann.

_Fazit:_ Düster, erotisch und ohne jegliche Längen unterhält auch dieser |Black Dagger|-Band auf kurzweilige Weise.

_Die Autorin:_

Jessica Rowley Pell Bird (geboren 1969 in Massachusetts, New England) ist sowohl unter ihrem Geburtsnamen Jessica Bird als auch unter ihrem Pseudonym J. R. Ward schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter eines Bankvorstandes und einer Architekturzeichnerin und hält ein Diplom in Rechtswissenschaften. Sie ist seit 2001 mit dem Unternehmensberater Neville Blakemore verheiratet und lebt mit ihm mittlerweile in Louisville, Kentucky.

Ihren ersten Roman „Leaping Hearts“ veröffentlichte sie 2002 und erhielt 2007 den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| für „Lover Awakened“ aus der |Black Dagger|-Serie sowie im gleichen Jahr den |RITA Award| des Schriftstellerverbands „Romance Writers of America“ für ihr Buch „From the First“. Für beide Awards war sie darüber hinaus bereits vielfach nominiert.

|Die Black-Dagger-Serie:|

Dark Lover (September 2005) – [„Nachtjagd“ 5283 (Part 1) und „Blutopfer“ (Part 2)
Lover Eternal (März 2006) – „Ewige Liebe“ (Part 1) und „Bruderkrieg“ (Part 2)
Lover Awakened (September 2006) – „Mondspur“ (Part 1) und „Dunkles Erwachen“ (Part 2)
Lover Revealed (März 2007) – „Menschenkind“ (Part 1) und „Vampirherz“ (Part 2)
Lover Unbound (September 2007) – „Seelenjäger“ (Part 1, deutsch im März 2009)
Lover Enshrined (Juni 2008)

|Originaltitel: Dark Lover (2. Teil)
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
304 Seiten, Paperback
Titelfoto von Dirk Schulz / Titelgestaltung von Animagic Bielefeld
ISBN-13: 978-3-453-52301-2|

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Wooding, Chris – Schleier der Erleuchtung, Der (Der verschlungene Pfad 3)

Band 1: „Die Weber von Saramyr“
Band 2: „Das Gambit der Kaiserin“

_Story_

Der von den Webern ausgefochtene Krieg stürzt das einst so friedliche Land Saramyr ins absolute Chaos. Düstere Dämonen suchen die Städte heim, Schmutz und Finsternis säumen die vormals paradiesischen Abschnitte, und jedes Fünkchen Hoffnung, welches durch die Standhaftigkeit des Roten Ordens und die wenigen Widerstandskämpfer aufrechterhalten wurde, scheint gegen die Brutalität, mit der die Weber ihr hinterhältiges Gefecht bestreiten, hoffnungslos.

Allerdings ist die Stimmung bei den Ordensschwestern ebenfalls getrübt von Uneinigkeiten und gegenseitigen Sticheleien, so dass die Versammlung in der Hauptstadt nicht nur der letzte Hoffnungsschimmer für das Land Saramyr bleibt, sondern auch den Zusammenhalt der einst miteinander verbundenen Gefährtinnen auf eine letzte harte Probe stellt. Gemeinsam suchen sie nach einer Schwachstelle in den Verbindungen der Weber und beschließen hierbei, den Krieg mit einer eigenen Offensive zu beenden – zum Vor- oder Nachteil Saramyrs. Doch um den Hexenstein zu zerstören, muss das mittlerweile in seiner Macht stark angewachsene Heer der Weber vernichtet werden – und dieses ist längst auf den Angriff von Kaiku und ihren Verbündeten vorbereitet.

_Persönlicher Eindruck_

Längere Zeit war gar nicht sicher, ob der dritte und letzte Band von Chris Woodings außergewöhnlicher Fantasy-Trilogie „Der verschlungene Pfad“ überhaupt hierzulande einen Release erfahren würde. Daher kam es zwischen dem zweiten und letzten Teil zu einer recht langen Veröffentlichungspause, in welcher der Inhalt der bravourösen Geschichte leider auch ein Stück weit aus den Gedanken des Lesers verschwunden war.

Wie verheerend genau diese Tatsache ist, erfährt man schließlich, wenn man bei der Lektüre der ersten Seiten von „Der Schleier der Erleuchtung“ versucht, wieder Zugang zur Story zu bekommen. Denn dies gelingt zwangsläufig nicht besonders gut. Das Hauptproblem besteht definitiv darin, dass die Serie bis dato schon einen ziemlich großen Komplex kreiert hat. Unzählige Figuren sind in die Handlung geschubst worden, Rollen wurden teilweise durch Intrigen und Entwicklungen innerhalb der Erzählung völlig verändert, aber auch die Chronologie hat noch einmal einen gewaltigen Sprung gemacht und stellt den Leser zunächst einmal vor eine echte Herausforderung.

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die Geschichte nicht mehr ganz so turbulent voranschreitet wie in den vorherigen Bänden und es ganze 200 Seiten andauert, bis der Plot dann doch noch mal in Schwung kommt – die ersten echten Längen schleichen sich in die Trilogie ein, obschon auf zwischenmenschlicher Ebene eine ganze Menge geschieht. Jedoch stellt man fest, dass insbesondere die Entwicklungen auf Seiten der Weber sowie ihre grausame Darstellung im Allgemeinen erst den ganz besonderen Reiz der Geschichte selber ausgemacht haben und man mit etwas Distanz nicht mehr dieses Prickeln fühlt, das sich damals in den ersten Büchern eingestellt ist. Schade, aber leider Fakt!

Dennoch: Woodings Feingefühl für besondere Beschreibungen und umfassende Präsentationen ist der Story erhalten geblieben und hilft über manch langatmigen Part im Laufe dieses Epos hinweg. Zwar ist die Übersetzung manchmal ein wenig einfallslos bei der Umsetzung seiner Ideen, jedoch gelingt es dem Autor beständig, den Leser in die Welt der asiatisch angehauchten Mythologie zurückzuholen und ihn dort auch wieder langfristig zu binden.

Als dann das große Finale relativ bombastisch eingeleitet wird, fühlt man sich dann auch wieder inhaltlich komplett heimisch. Der Krieg gegen die Weber enthüllt die letzten grausamen Facetten in „Der verschlungene Pfad“ und wird auf gewohnt hohem Niveau zu einem Ende gebracht. Dass das Ganze natürlich weitestgehend vorhersehbar geschildert wird, durfte man erwarten. Und dennoch hält Wooding noch eine Reihe echter Überraschungen bereit, welche die Geschichte würdig zu ihrem Ende führen und auch die Startschwierigkeiten nach der längeren Pause wieder zu überdecken wissen.

Kurz und bündig: „Der Schleier der Erleuchtung“ kann inhaltlich nicht mehr ganz mit den bisherigen Episoden der Trilogie mithalten, präsentiert sich aber dennoch als adäquates Finale einer außergewöhnlichen, phasenweise gar herausragenden Fantasy-Trilogie. Ein großer Dank an den Verlag noch zum Abschluss, und zwar dafür, dass er auch die Abschlussepisode noch auf den hiesigen Markt gebracht hat.

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Ward, J. R. – Nachtjagd (Black Dagger, Band 1)

_Inhalt:_

|Düster, erotisch, unwiderstehlich – die letzten Vampire kämpfen um das Schicksal der Welt.|

Sie sind eine der geheimnisvollsten Bruderschaften, die je gegründet wurden: die Gemeinschaft der |Black Dagger|. Und sie schweben in tödlicher Gefahr: Denn die |Black Dagger| sind die letzten Vampire auf Erden, und nach jahrhundertelanger Jagd sind ihnen ihre Feinde gefährlich nahe gekommen. Doch Wrath, der ruhelose und maßlos attraktive Anführer der |Black Dagger|, weiß sich mit allen Mitteln zu wehren. Die Schlacht beginnt!

_Meine Meinung:_

Der Vampir Darius bittet Wrath, den einzigen reinrassigen Vampir und Anführer der |Black Dagger|, um Hilfe. Dieser soll sich um Darius‘ Tochter kümmern, die er mit einer Menschenfrau gezeugt hat. Wrath lehnt ab, fühlt sich aber, als Darius einer Autobombe zum Opfer fällt, verpflichtet, die junge Frau unter seinen Schutz zu nehmen.

Elizabeth „Beth“ Randall, Reporterin beim „Caldwell Courier Journal“ auf der Trade Street, entgeht nur knapp einer Vergewaltigung. Beth, so stellt sich sehr schnell heraus, ist besagte Tochter von Darius und steht kurz vor der „Transitition“, dem entscheidenden Moment im Leben eines Vampirs, an dem er ins Erwachsenenleben eintritt. Ab diesem Punkt müssen diese das Blut des anderen Geschlechts trinken, um zu überleben, und vertragen kein Sonnenlicht mehr. Die Transitition findet normalerweise mit etwa Mitte zwanzig statt. Vor ihrer Transitition sind die Vampire aus J. R. Wards Universum von schwächlicher Konstitution sowie sexuell unreif und eher desinteressiert. Außerdem können sie sich noch nicht dematerialisieren.

Beth steht in engem Kontakt zu einigen Polizisten, was ihrer Arbeit als Journalistin nicht unbedingt schadet. Da sind vor allem Brian „Butch“ O’Neal von der Mordkommission, der ein Auge auf Beth geworfen hat, und José de la Cruz, ein mit Beth befreundeter Cop. Doch Beth ist an keinem der beiden Männer über freundschaftliche Bande hinaus interessiert.

Als Wrath nachts in Beths kleinem Appartement auftaucht, um erstmals mit ihr in Kontakt zu treten, verhält sie sich völlig untypisch. Sie, die sich Männern gegenüber sonst zurückhaltend und kühl verhält, kann sich der Faszination und der sexuellen Aura, die von Wrath ausgeht, nicht entziehen – und will es auch nicht. Auch wenn sie sich nicht erklären kann, wie der fremde „Mann“ in ihre Wohnung gekommen ist und wie sie sich ihm sofort hingeben konnte. Mehr noch, Beth lässt durch ihr Verhalten Wrath gegenüber deutlich erkennen, dass sie Lust auf ihn verspürt.

Doch da ist auch Mr. X, der sich als der Attentäter entpuppt, der Darius auf dem Gewissen hat. Mr. X ist ein Lesser, ein seiner Seele beraubter Mensch, der als Mitglied der Gesellschaft der Lesser Jagd auf Vampire macht, um sie auszurotten – allen voran die |Black Dagger|. Lesser altern nicht, essen und trinken nicht und sind impotent. Im Laufe der Jahre verlieren sie ihre Haare, Haut und Iris ihre Pigmentierung, bis sie blond, bleich und weißäugig sind. In die Gesellschaft aufgenommen werden sie durch „Omega“, eine unheilvolle mystische Gestalt, die sich die Ausrottung der Vampire zum Ziel gesetzt hat. Die Lesser erhalten nach der Aufnahme ihre Kanope, in dem sie ihr aus der Brust entferntes Herz aufbewahren. Billy Riddle, der Beth vergewaltigen wollte, gehört auch zu Mr. Xs Gefolgschaft. Ebenso wie ihn ruft Mr.X alle Lesser nach Caldwell, um sich zu ihrem Führer zu ernennen und gegen die Black Dagger vorzugehen.

Derweil geraten Butch und Wrath aus Eifersucht um Beth aneinander und Butch verhaftet den Vampir kurzfristig, bis sich dieser befreien kann und Beth in das Haus ihres Vaters lockt. Dort erfährt sie zu ihrem Entsetzen von ihrer wahren Herkunft und davon, was ihr bevorsteht. Wieder können sich Beth und Wrath ihrer sexuellen Anziehungskraft nicht entziehen, und schnell wird dem Leser klar, dass sich hier wohl das Vampir-Paar der Serie gefunden hat, und er ist gespannt darauf, wie diese Beziehung in Band zwei weitergeht!

„Nachtjagd“ ist als Auftaktroman wundervoll eingängig und flüssig geschrieben. Der Leser findet sich sofort in den |Black Dagger|-Kosmos ein. Der Einstieg wird auch noch durch das „Glossar der Begriffe und Eigennamen“ erleichtert. So erfährt man auf einen Blick wesentliche Fakten über die Bruderschaft „Black Dagger“, die einzelnen Wesenheiten und Bezeichnungen des Universums, das J. R. Ward geschaffen hat. Interessant sind dabei die verschiedenen Arten und Bündnisse, welche die Autorin ins Leben gerufen hat – ebenso die Variationen der klassischen Vampirelemente. So trinken die Vampire kein Blut von Menschen, sondern lassen sich gegenseitig zur Ader.

Eine düster-erotische Note zieht sich schon frühzeitig durch den Text und nimmt den Leser gefangen, auch wenn man der Autorin vorwerfen mag, sie biete das klischeebehaftete Paar, denn Beth ist natürlich schön: Sie hat langes, dichtes schwarzes Haar und umwerfend blaue Augen, eine Haut wie cremefarbene Seide und einen Mund wie gemacht für den Kuss eines Mannes. Und ihre Figur – lange schlanke Beine, schlanke Taille, perfekt geformte Brüste. Wenn das nicht dem Traumbild jedes zweiten Mannes entspricht. Mindestens.

Aber auch Wrath weiß zu beeindrucken, ist sehr maskulin und ebenfalls attraktiv mit seinem kantigen Kinn, vollen Lippen, ausgeprägten Wangenknochen, glattem, schwarzem Haar, das von einem spitzen Ansatz in die Stirn bis auf die Schultern fällt. Dazu einen Schatten von einem Bart und eine muskulöse Gestalt, die eine Größe von mindestens zwei Metern misst. Wenn da nicht Frauenträume wach werden! Vor allem, da J. R. Ward ihn so anlegt, dass der Einzelgänger, der bisher niemanden an seiner Seite brauchte, plötzlich von einer – dieser – Frau nicht mehr losgelassen wird. Womit die Autorin wieder mit den Sehnsüchten zumindest der Leserinnen kokettiert. Wer möchte nicht für den Mann, für den man entbrennt, „The One and Only“ sein? Und dann auch noch für einen Mann, der sonst keinerlei Bindungen eingegangen zu sein scheint.

Also findet sich in |Black Dagger| somit alles, was zur Unterhaltung gehört: Spannung, Romantik, Action, Liebe, Hass, Überlebenskämpfe, Machtgehabe und Sex – und noch einiges mehr, was nicht verraten werden soll, denn die Handlung des Bandes beinhaltet natürlich noch etliches über das oben Genannte hinaus.

Man mag jetzt denken: Das gab es doch schon so oft, das kennt man doch schon alles. Aber, das alles entscheidende Aber: Die Rechnung geht auf, denn man verspürt sofort einen „Hang“ zu dem Paar und fiebert danach zu erfahren, wie es mit den beiden weitergeht. Ebenso spürt man jetzt schon die Bedrohungen, denen die Liebenden von allen Seiten ausgesetzt sein werden – und fiebert noch mehr.

_Fazit:_

|Black Dagger| ist Unterhaltung auf einem guten Niveau. Es ist ebenso stimmungsvoll wie lebendig, und es werden alle Raster bedient, die gute Unterhaltung definieren. „Nachtjagd“ ist flüssig-umgangssprachlich geschriebene Romantic Mystery mit genau derjenigen Mischung, die düster-erotische Vampirkost ausmacht, die sofort ins „Blut“ geht. Wer |Black Dagger| noch nicht kennt, sollte sich schleunigst dieser Serie zuwenden.

_Die Autorin:_

Jessica Rowley Pell Bird (geboren 1969 in Massachusetts, New England) ist sowohl unter ihrem Geburtsnamen Jessica Bird als auch unter ihrem Pseudonym J. R. Ward schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter eines Bankvorstandes und einer Architekturzeichnerin und hält ein Diplom in Rechtswissenschaften. Sie ist seit 2001 mit dem Unternehmensberater Neville Blakemore verheiratet und lebt mit ihm mittlerweile in Louisville, Kentucky.

Ihren ersten Roman „Leaping Hearts“ veröffentlichte sie 2002 und erhielt 2007 den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| für „Lover Awakened“ aus der |Black Dagger|-Serie sowie im gleichen Jahr den |RITA Award| des Schriftstellerverbands „Romance Writers of America“ für ihr Buch „From the First“. Für beide Awards war sie darüber hinaus bereits vielfach nominiert.

|Die Black-Dagger-Serie:|

Dark Lover (September 2005) – „Nachtjagd“ (Part 1) und „Blutopfer“ (Part 2)
Lover Eternal (März 2006) – „Ewige Liebe“ (Part 1) und „Bruderkrieg“ (Part 2)
Lover Awakened (September 2006) – „Mondspur“ (Part 1) und „Dunkles Erwachen“ (Part 2)
Lover Revealed (März 2007) – „Menschenkind“ (Part 1) und „Vampirherz“ (Part 2)
Lover Unbound (September 2007) – „Seelenjäger“ (Part 1, deutsch im März 2009)
Lover Enshrined (Juni 2008)

|Originaltitel: Dark Lover (1. Teil)
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
272 Seiten, Paperback
Titelfoto von Dirk Schulz / Titelgestaltung von Animagic Bielefeld
ISBN-13: 978-3-453-53271-7|

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Miller, Karen – Königsmörder (Kingmaker, Kingbreaker 2)

Band 1: [„Königsmacher“ 5222

Während eines Ausflugs der Königsfamilie verzaubert der bösartige Morg, dessen Geist sich im Körper des Meistermagiers Durm versteckt, die königliche Kutsche, sodass diese mitsamt allen Insassen einen Abhang hinunterfährt. Dabei kommen König Borne, seine Gemahlin und Prinzessin Fane ums Leben – nur Gar und Durm kommen mit schweren Verletzungen davon. Während Gar nicht glauben kann, was passiert ist und um seinen Familie trauert, wird er kurzerhand zum neuen König Lurs erklärt und muss sich mit seiner erst kürzlich erhaltenen, neuen Magie als Wettermacher beweisen – und zwar ohne einen Meistermagier, denn Durm liegt mit schweren Verletzungen im Koma.

Trotz der Kraft, welche die Wettermagie von Gar abverlangt, und der Intrigen Conroyd Jarralts, der sich selbst gerne auf den Thron sähe, gelingt es Gar, all seine Pflichten zu erfüllen – bis Gar seine Magie wieder verliert. Voller Verzweiflung bittet er Asher, für ihn das Wettermachen zu übernehmen, als Asher durch einen Zufall herausfindet, dass auch in ihm Magie ist. Doch damit würde er Barls erstes Gesetz brechen, welches Olken verbietet, sich an Magie zu versuchen, und bei der Missachtung dieses Gesetzes droht ihm die Todesstrafe.

Indes versucht Morg, dem in Durms komatösem Körper die Hände gebunden sind, einen neuen Wirt zu finden, und wird auch bald fündig: Er nistet sich in Conroyd Jarralts Körper ein und versucht, Gar die Krone abzunehmen, damit er mit Hilfe der Wettermagie die magische Mauer um Lur zu Fall bringen kann …

_Eindrücke:_

Nachdem „Königsmacher“ an einigen Stellen recht langatmig war und der Leser erst sehr spät am Ende des ersten Bandes erfuhr, worum es eigentlich genau geht, ging ich fest davon aus, dass es in „Königsmörder“ nun richtig losgeht und auch die Spannung nicht mehr auf sich warten lässt. Der zweite Band schließt nahtlos an seinen Vorgänger an und erzählt somit genau an der Stelle weiter, an welcher der erste Teil endete: dem tödlichen Unfall der Königsfamilie. Gar und Durm können noch gerettet werden, doch der König sowie seine Frau und seine Tochter sind bei dem Unfall ums Leben gekommen. Durch diese Tragödie bricht bei sämtlichen Beteiligten erst einmal das Entsetzen aus, und Gar, der sich kaum von dem Unfall und dem Verlust seiner Familie erholen kann, wird kurzerhand zum König gekrönt. Gar und Asher bekommen immer mehr Stress und Pflichten aufgebürdet, und die Trauer um die Verstorbenen verbreitet eine triste Atmosphäre.

Der zweite Teil fängt somit also durchaus vielversprechend an, sodass man davon ausgeht, dass die Geschichte und damit die Prophezeiung ihren Lauf nehmen. Doch wider Erwarten kommt auch dann noch keine richtige Spannung auf. Auch im zweiten Teil plätschert die Geschichte, obwohl mittlerweile mehrere spannende und wichtige Dinge passieren, im selben, langatmigen Ton weiter, und trotz einiger spannender Stellen schafft es Karen Miller nicht, zumindest gleichbleibendes Interesse wie im ersten Teil ihrer Dilogie zu erzeugen. Im Gegenteil: Während die fehlende Spannung und die langatmige Erzählweise im ersten Teil noch weniger schlimm ausfielen, stört dieser Zustand den Leser nun zunehmend, bis man schließlich irgendwann die Lust am Weiterlesen mehr oder weniger verliert. Zwar langweilt das Buch nicht durch und durch, aber irgendwann gelangt man an den Punkt, an dem die Verlockung, einige Seiten einfach zu überspringen, recht groß ist. Die Handlung plätschert meist so vor sich hin und fesselt den Leser kaum noch.

Während die Tatsache, dass „Königsmörder“ recht langatmig und langweilig umgesetzt wurde, die Qualität des Buches ein ganzes Stück runterzieht, kann es aber erneut mit seinen Charakteren punkten. Im Laufe der Handlung verändern sich die Charaktere mal mehr und mal weniger und entwickeln sich weiter. So beispielsweise Asher: Während er im ersten Teil noch ein wenig lockerer war und nur als Ratgeber des Prinzen fungierte, so wird er in „Königsmörder“ zunehmend ernster, muss wesentlich mehr Pflichten übernehmen und viele traurige und gefährliche Situationen bestehen. Doch neben dieser Weiterentwicklung bleibt er im Grunde doch derselbe mit seiner streitlustigen, offenen und lustigen Art.

Auch bei Gar zeigen sich einige Weiterentwicklungen in seiner Person. Diese sind wohl noch stärker als bei Asher. Er erlangt am Ende des ersten Teils nicht nur endlich seine Magie, sondern auch noch durch traurige Umstände den Thron. Asher wirkt im ersten Moment stark überfordert, und als Gar seine Magie auch noch verliert, ist das Chaos komplett. Gar überredet Asher, ihn für eine unbestimmte Zeit zu decken, bis er seine Magie wiedererlangt hat.

So besonders ist an den Charakteren nicht nur die Tatsache, dass sie sehr authentisch wirken, sondern auch die Art und Weise, wie Karen Miller ihre Charaktere fehlerhaft, aber dennoch sympathisch gestaltet hat. Das beste Beispiel dafür ist wieder einmal Gar. Er gibt nicht nur seiner Schwester Fane, sondern auch Asher jeweils ein Versprechen, welches er nicht halten kann. Er verrät Asher und lässt ihn trotz seines Versprechens im Stich, was ihm schwer zu schaffen macht und er sich selbst nicht verzeihen kann. Dennoch ist Gars Handeln nachvollziehbar und wirkt für den Leser noch immer sympathisch.

Neben den zwei Protagonisten gibt es noch einige Nebencharaktere, die ebenfalls wichtig für die Geschichte sind und von denen jeder seinen Teil zu der Prophezeiung beiträgt. Da wäre zum Beispiel Dathne, Jervales Erbin, die in die Prophezeiung eingeweiht ist und alles dafür tun muss, damit sie sich erfüllt. Dazu gehört auch, Asher zu verheimlichen, wer sie ist und dass er in der Prophezeiung eine große Rolle spielt. Dies fällt ihr zunehmend schwerer, als sie bemerkt, dass sie in Asher verliebt ist und er ihre Liebe erwidert. Diese Liebe führt in der Prophezeiung zu vielen Komplikationen, so auch zu einem Streit mit Matt, der ebenso wie Dathne dem Zirkel angehört, der sich der Prophezeiung verpflichtet hat.

Karen Miller erzählt ihre Geschichte in der allwissenden Perspektive. So betrachten wir das Geschehen nicht nur aus der Sicht der Protagonisten, sondern auch aus jener des Bösewichtes Morg und sogar einzelner Nebencharaktere. Dennoch ist der Schreibstil, wie schon im ersten Teil der Dilogie, sehr ausschmückend und ausführlich. Karen Miller erklärt alles haargenau und streckt ihre Geschichte mit einigen Stellen, welche für die Handlung eher unwichtig und für den Leser uninteressant sind. Während dieser ausführliche Schreibstil in „Königsmacher“ noch zu verkraften war, stört er in „Königsmörder“ irgendwann zu arg, sodass man bald schon beginnt, einige Seiten einfach zu überblättern oder im schlimmsten Fall einfach keine Lust mehr hat weiterzulesen.

Glücklicherweise wird die Geschichte zum Ende hin wirklich einmal spannender. Es kommt zu einem Showdown, bei dem entschieden wird, ob das Böse gewinnt und Lur sowie seine Bewohner vernichten kann oder ob es Asher gelingt, das Unheil abzuwenden und Morg zu töten. Dabei kommt es unter anderem zu einer Wendung in der Geschichte, die der Leser wohl so nicht erwartet hätte. Doch … lest selbst.

_Fazit:_

„Königsmörder“ ist nicht so gut gelungen wie sein Vorgänger, was vor allem daran liegt, dass die teilweise unwichtigen und uninteressanten Stellen und der langatmige Schreibstil sehr viel von der Spannung nehmen und man dadurch schnell die Lust am Lesen verliert. Deshalb ist „Königsmörder“ aber noch lange nicht schlecht, denn durch die authentischen Charaktere und das spektakuläre Ende macht das Buch die langatmigen Stellen teilweise wieder wett.

_Die Autorin:_

Die Autorin Karen Miller wurde in Vancouver, Kanada, geboren. Im Alter von zwei Jahren zog sie mit ihrer Familie aber bereits nach Australien. Sie arbeitete schon in den verschiedensten Berufen, beispielsweise als Pferdezüchterin in England. Heute lebt Karen Miller in Sydney und widmet sich ganz dem Schreiben.

|Originaltitel: Kingmaker, Kingbreaker 02. Innocence Lost
Originalverlag: HarperCollins Aus, 2006
Aus dem Englischen von Michaela Link
Paperback, 672 Seiten
3 Schwarzweiß-Abbildungen
ISBN-13: 978-3-7645-3004-4|
http://www.penhaligon.de
http://www.karenmiller.net

Rafflenbeul, Stefanie / Paradigi, Jana – SunQuest 2: Der Ewige

Band 1: [„Fathomless“ 5018

_Inhalt:_

Auf der Suche nach der legendären Urmutter geraten Shanija und ihre Gefährtinnen ins „Verkehrte Land“ sowie zur „Großen Flüstertüte“, einem Versammlungsplatz der Wahrheitssuchenden, und begegnen dabei einem Adepten der geheimnisvollen Gilde der Wissensträger.

_Meine Meinung:_

Den zweiten Band der „SunQuest“-Serie bestreiten zwei junge Newcomer-Autorinnen: Stefanie Rafflenbeul & Jana Paradigi. Beide sind hin und wieder auch als |Maddrax|-Heftromanautorinnen zu lesen.

_“Das Schwert des Präfekten“ von Stefanie Rafflenbeul_ ist durchgängig phantastisch. Der Leser wird somit in eine bunt gewobene Fantasywelt entführt, denn die drei „Heldinnen“ folgen der Spur von „Pong“. Der Schmuckdrache wurde von einem Diebvogel entführt, und es gilt ihn wiederzufinden.

So landen Shanija, As’mala und Seiya in „Khatasta“ (erinnert sehr an Castata aus Band 1), einer dekadenten Luxustadt mit einem goldenen Palast auf einem karmesinroten Hügel, nachdem sie das „Wolkenland“ durchwandert und eine sonderbare steinerne Trichterstadt, die von dreibeinigen Vogelwesen, den „Fiogan“, bewohnt wird, passiert haben. Die Frauen begegnen Glasaalen, und Shanija hat ein merkwürdiges Déjà-vu-Erlebnis. Derweil sieht sich Pong seinem Entführer gegenüber: Capus Dalena, der seinen Vater sucht und die Frauen dazu erpressen will, ihm bei der Suche zu helfen.

In Khatasta begegnet das Dreiergespann Maltes Balderas, einem Hauptmann der Stadtwache. Von ihm erfahren sie, dass eine mysteriöse Krankheit nur Frauen tötet. Ursache sind Strahlungen eines vor vielen tausend Jahren abgestürzten Sternenschiffes. Nur in dem Stadtbereich Oberkhatasta sind Frauen sicher und leben hier. Aridas Balderas, Maltes‘ Vater, ist der oberste Präfekt der Stadt. In seinem Palast sollen die drei Frauen ein Schwert (das so genannte Drachenschwert, das den Namen „Tyr“ trägt), das von Capus‘ Vater geschmiedet wurde, suchen und an sich bringen.

Shanija fühlt sich in der dekadenten Umgebung des Palastes unwohl und misstraut Aridas Balderas. Da werden sie, Capus und Seiya von den Fiogan entführt und zu einem Krater gebracht, auf dessen Grund „Slintan“, ein archaisches Wesen, haust, das einem irdischen Saurier nicht unähnlich ist. Shanija soll gegen ihn kämpfen.

Derweil gelingt es As’mala im Palast, das Schwert an sich zu bringen; Maltes kommt ihr dabei auf die Schliche und sie entdecken ein Geheimnis um seinen Vater und Maltes‘ Schwester Jasmina. Maltes und As’mala gelangen auf der Suche nach ihr ebenfalls an den Krater.

Dort wird ihnen gewahr, dass Slintan für die Fiogan ein Gott ist, der Menschenfrauen frisst. Entsetzt muss Maltes erfahren, dass ein Vertrag zwischen den Fiogan und Khatasta besteht. Aus der Stadt werden Frauen an die Fiogan als Opfer für Slintan „geliefert“, während die Fiogan ihre Eier, die zu wertvollen Kristallen werden, an Khatasta geben. Somit opfern beide Seiten Teile ihrer Nachkommen.

Die Freunde finden schließlich Capus und seinen Vater, der zusammen mit Jasmina von Maltes‘ Vater zum Krater gebracht wurde. Und schlussendlich kommt es zum Kampf zwischen Shanija und Slintan, dem weißen Vogeldrachen, der aber gemessen an dessen angeblicher Kraft recht unspektakulär ausfällt.

Fantasiereichtum kann man Stefanie Rafflenbeul wirklich nicht absprechen; wenngleich ihr Stil noch nicht hundertprozentig ausgewogen ist, liest sich dieser Teil des Romanes unterhaltsam flüssig und sehr phantastisch.

_Teil zwei „Das flüsternde Orakel“_ wurde von Jana Paradigi bestritten und überzeugt noch mehr als Teil eins. Die Autorin hat einen gefestigteren Stil und ebenso viel Fantasie, mehr noch: Ihre Charakteren wirken noch einen Tacken lebendiger. Von dieser Autorin könnte man sich durchaus auch einmal einen komplexen |SunQuest|-Roman vorstellen.

Weiter geht es also mit dem Frauengespann Shanija, As’mala und Seiya. Ihre nächste Etappe ist eine Wüstenstadt, in der ihnen Menschenwesen, Flugtiere, skurile Maschinen und Kuntar (Echsenartige) begegnen. Mit Shanija geht eine Verwandlung vor (was man besonders an den Dialogen, sprich ihrem teilweise etwas „gewöhnlicheren“ Vokabular merkt). Auch emotional „taut“ sie merklich auf, als Darren Hag zu ihnen stößt. Immer wieder kreuzen sich ihre Wege, bis sie bei einem Abendessen mehr über den Mann erfahren: Darren ist der Sohn des einflussreichen Earl Hag, eines Händlers und Politikers.

Beobachtet werden die Freunde den größten Teil der Handlung über von Mun, einem Adepten, einem Ausgesandten der Bibliothekare, einem wandelnden Chronisten, der auf der Suche nach der Sonnenträgerin ist und sich fragt, welche der drei Frauen die Gesuchte ist. So folgt er einer nach der anderen, um genau das herauszufinden.

Schlussendlich treffen sie auf Munch, und dieser will die drei Frauen und Darren (somit wird die Gruppe immer größer) in das Zentralarchiv führen, das Shanija aufsuchen möchte, um doch noch ihrer Mission nachzukommen und Less wieder verlassen zu können (der Leser wünscht sich nach Band zwei längst, dass das nicht zu schnell passieren soll). Doch dann wird Shanija entführt …

Auch dieser Part des Romans ist hauptsächlich phantastisch in seiner Machart, mit einer Prise Abenteuer gewürzt und liest sich flüssig weg. Außerdem gibt es da noch die Sekte des Wiedergängers, Muksch, einen kleinen Bären, die Große Flüstertüte (Orakel) und Ameisenangriffe …

_Insgesamt:_

Abschließend bliebe zu sagen, dass das Konzept dieser „jungen“ Serie aufgeht. Nach einer Idee von Gerald Jambor und unter der Redaktion und des Gesamtkonzeptes von Uschi Zietsch verfassten die beiden Autorinnen ihre Exposees selbst, was ihnen vortrefflich gelungen ist. Sie schufen damit einen unterhaltsamen und stimmigen Band, der Lust auf mehr macht.

Zur Aufmachung ist zu erwähnen, dass sie wie bei [Band 1 5018 tadellos ist. Da überzeugt alles: Papier, Satz, Druck, Format – und auch die Innengrafiken (dieses Mal von Gabriele Scharf) sind stimmiger, da sie einen phantastisch-femininen Stil zeigen, der gut zu den Plots der Texte und den Stilen der beiden Autorinnen passt. Hilfreich ist der dem Romantext angeschlossene „Anhang“, in dem der Leser einiges Wissenswerte über Less erfährt.

„Der Ewige“ ist eine flott erzählte Mixtur aus SF, Fantasy und Abenteuer und gelungene Fortführung der Serie „SunQuest“. Sehr empfehlenswert!

|240 Seiten
Titelillustration und Titelgestaltung von Swen Papenbrock
Innenillustrationen von Gabriele Scharf
ISBN-13: 9783927071186|
http://www.fabylon-verlag.de
http://www.sunquest-serie.de

Parzzival, S. H. A. / Stern, Michelle / Martyna, Andrä – Tränenmelodie (TITAN-Sternenabenteuer 31)

Michiko, Shalyn Shans Jugendfreundin, erhält von einem Unbekannten Hinweise darauf, wo sie die Mörder ihres Bruders finden kann, der unter dem Einfluss der Verbrecherorganisation |Menschmaschine| zu einem unberechenbaren Killer wurde. Ihr Weg führt sie in die Mondkolonie, wo ihre Gegner sie bereits erwarten …

Währenddessen versucht der ehemalige |Menschmaschine|-Agent Benyam Eriksson, sein früheres Leben zurückzulassen. Doch erneute Gedächtnisaussetzer sowie eine geheimnisvolle Frau namens Kleopatra geben ihm immer neue Rätsel auf. Der Agent stößt auf ein Labor, in dem genmanipulierte Riesenbienen auf ihren Einsatz warten, und Benyam Eriksson wird zu dem gezwungen, was er am besten kann: Töten …

Zur selben Zeit forciert die Fledermaus Wernher von Witzleben die Jagd auf den Verräter Thomas Chiavelli – dessen wahre Identität für Shalyn Shan und ihren Boss Amos Carter ein Schlag ins Gesicht ist. Thomas Chiavelli entpuppt sich als Monster in Menschengestalt …

_Meine Meinung:_

Kurz vor dem Ende des laufenden Zyklus holt sich Stammautor S. H. A. Parzzival gleich drei neue Autoren ins Boot, von denen zwei im vorliegenden Roman ihren Einstand geben. Michelle Stern ist Freunden leichter Science-Fiction-Kost bereits seit Langem keine Unbekannte mehr, schreibt sie doch emsig an Serien wie |Maddrax| und |Sternenfaust| mit. Andrä Martyna hingegen trat bislang „nur“ als Grafiker in Erscheinung. In den letzten beiden Romanen beschreibt er den Rachefeldzug von Michiko und sorgt ganz nebenbei auch noch dafür, dass die technischen Spielereien der Zukunft wissenschaftlich erklärt werden – die Technik-Freaks unter den Lesern dürften zufrieden sein. Leider wurde auch in dieser Serie auf weitere Innenillustrationen respektive Grafiken verzichtet, so dass dem Leser nur die gelungene Backcovergrafik bleibt sowie das grandiose Titelbild; beide von Martyna kreiert, der vielleicht aufgrund der Schreibarbeit weniger Zeit hatte.

Die Befürchtung, dass zu viele Köche den Brei verderben könnten, bewahrheitet sich zumindest in diesem Roman nicht. Dadurch, dass die Handlungsstränge weitestgehend unabhängig voneinander verlaufen, kommen sich die Verfasser nicht ins Gehege. Darüber hinaus verwenden alle drei Autoren einen sehr flüssigen und rasanten Stil, der den Leser sofort gefangen nimmt. Gerade der Haupthandlungsstrang um Benyam Eriksson, der am meisten Platz im Roman einnimmt, wartet darüber hinaus mit einer sehr düsteren und originellen Story auf. Hier werden all die Leser zufriedengestellt, die mehr über die Agentenorganisation |Menschmaschine| wissen möchten. Eher stiefmütterlich wurde dagegen der Part von Shalyn Shan und der Fledermaus behandelt. Der im letzten Buch eingeführte Voodoo-Vampir (sowieso ein Anachronismus im bestehenden „Titan“-Universum) wird sogar nur am Rande erwähnt, während Thomas Chiavelli plötzlich zum unsterblichen Monster mutiert. Die restlichen Crewmitglieder sowie Michael Moses und seine Machenschaften rücken gänzlich in den Hintergrund. Ein wenig scheinen die Autoren auch mit den einzelnen Handlungsfäden durcheinander zu kommen, denn plötzlich stellen die außerirdischen Cadschiden immer noch eine unberechenbare Gefahr dar, obwohl sie in Band 29 ihre Gefühle zurückerhielten und zu einer neuen Rasse wurden, die in den Tiefen des Alls nach Frieden sucht.

Lange war auf der Homepage des Verlags das Cover des Romans mit einem neuen Rahmen zu sehen gewesen. Zum Glück für alle Sammler hat sich Jörg Kaegelmann dazu entschlossen, das alte Layout beizubehalten, dass viel besser zu einer Serie passt, welche im Titel das Wort „Sternenabenteuer“ trägt. Die Titelgrafik von Andrä Martyna ist außerordentlich gut gelungen, hat aber leider mit dem Inhalt nicht viel zu tun. Auch die Backcovergrafik geht auf der Rückseite ein wenig unter. Da hätte man sie besser ein wenig größer abdrucken und auf die Leseprobe unter dem Klappentext verzichten können.

_Fazit:_

„Tränenmelodie“ ist trotz fehlender Innengrafiken ein wirklich packender Dark-Fiction-Thriller. Für alle Technik-Begeisterten und Fans der |Menschmaschine|-Handlung ist dieses Buch eine kurzweilige und absolut empfehlenswerte Lektüre.

|160 Seiten
ISBN-13: 978-3-89840-131-9|
http://www.blitz-verlag.de

_Florian Hilleberg_

Sandemo, Margit – Sehnsucht (Die Saga vom Eisvolk 4)

Band 1: [„Der Zauberbund“ 4365
Band 2: [„Hexenjagd“ 4421
Band 3: [„Der Abgrund“ 4748

_Story_

Schon eine halbe Ewigkeit scheint Sold Tod die letzte Erschütterung über Lindenallee gebracht zu haben, als Tengel und Silje wieder in Aufruhr geraten. Die Pest hat das heimatliche Kirchspiel erreicht und rafft die ersten Bauernfamilien dahin. Tengel und sein Enkel Tarjei kümmern sich gemeinsam mit der missgebildeten, naiven Yrja um die wachsende Zahl der Patienten, können aber nicht verhindern, dass der schwarze Tod auch die eigene Familie befällt.

Gerade erst erholt, steht den letzten Vertretern des Eisvolkes bereits die nächste Prüfung bevor. Sunniva und Tarald, Sols Tochter und Dags Sohn, planen ihre Hochzeit infolge einer unplanmäßigen Schwangerschaft. Obwohl Tengel gegen die Geburt ist und selbst versucht, das Kind abzutreiben, setzt sich das gutgläubige junge Paar durch. Die Strafe folge sogleich. Der Jüngling scheint tatsächlich vom Fluch seiner Ahnen befallen zu sein, was Sunniva infolge der Empfängnis das Leben kostet. Aber auch für die schwer erkrankte Silje und Tengel scheinen die letzten Tage gezählt, wodurch sich das alternde Familienoberhaupt zu einer Verzweiflungstat hinreißen lässt.

Unterdessen ist die wenig schöne Yrja bestürzt über die Beziehung von Tarald und Sunniva. Viel zu gerne würde sie selbst den hübschen Sohn des Barons von Meiden an ihrer Seite haben, jedoch ist ihr stets bewusst, dass niemals ein Mann auch nur ein kleines bisschen Interesse für die hässliche Distel, wie sie genannt wird, empfinden wird. Nach Sunnivas Tod allerdings scheint Tarald mit einem Mal mehr für Yrja übrig zu haben. Allerdings steht ihr Verhältnis nach wie vor nicht unter einem guten Stern. Ausgerechnet die Liebe, die Yrja dem verfluchten Nachkommen von Tarald und Sunniva entgegenbringt, scheint die Wogen zu glätten …

_Persönlicher Eindruck_

Mit „Sehnsucht“ vollzieht „Die Saga vom Eisvolk“ einen ersten radikalen Wandel. Das Personal wird im Laufe des vierten Romans kontinuierlich ausgewechselt, aber auch die Story steuert eine völlig neue Richtung an, in der erstmals auch eine Reihe historischer Fakten eine bedeutsame Rolle spielen. Darüber hinaus ist auch die Zeitspanne der Erzählung viel umfassender. Belief sich die Handlung der vorangegangenen Bücher auf wenige Jahre, durchläuft die aktuelle Story gleich ein halbes Jahrhundert, ohne den Charakteren bzw. dem allgemeinen Inhalt die darstellerische Tiefe zu nehmen – und dies ist eine Kunst, die man der Autorin äußerst hoch anrechnen muss.

Dabei beginnt „Sehnsucht“ betont tragisch: Es ist die Zeit des Abschieds. Abschied von wichtigen, prägenden Figuren, Abschied aber auch von der steten Idylle, die Silje und Tengel in den vielen emotionalen Momenten der Saga durchlebten. Die beiden einstigen Protagonisten sehen ihrem Ende entgegen und machen Platz für eine Reihe zunächst noch gesichtsloser, dank der richtig starken Präsentation wirklich toller Hauptakteure, auf denen die Last der Geschichte auch in den kommenden Fortsetzungen liegen wird.

Da wäre zuallererst die unrühmliche Yrja Mattiasdotter, ein ganz armes Mädchen, das durch seine Arbeitswut und beispielhafte Besonnenheit sehr schnell an Sympathie gewinnt. In ihr ist das Leiden Tengels ein weiteres Mal aufgearbeitet, allerdings in etwas intensiverer, tiefer greifender Art und Weise, die jedoch nur allzu charakteristisch für diese Serie ist. Hinzu kommt der Schönling Tarald, der von Yrja umworben wird, ohne dass ihm dies jemals auffiele. Ihr persönliches Dilemma ist das tragende Element von „Sehnsucht“, wird aber immer wieder von sehr effizient eingebauten Nebensträngen aufgelockert, in denen auch die bekannten Gesichter wiederzufinden sind. Dag und Liv spielen eine wichtige Rolle, Cecilie von Meiden übernimmt in Dänemark Sols Erbe am Hofe, Tengel und Silje schreiben ihre ganz eigene Story innerhalb der Story, und zuletzt gibt es häufige Rückblicke in die bisherigen Ereignisse und damit auch Verknüpfungen mit den aktuellen Entwicklungen.

Letzten Endes geht Sandemo einige gewagte Schritte, indem sie sich insgesamt doch recht weit von den bisherigen Grundlagen distanziert und vielen neuen Personen und Szenarien das Feld überlässt. Allerdings baut sie für ihre Saga ein noch viel stärkeres, ausdrucksstärkeres Profil auf, welches dem zuletzt ein wenig einspurigen Plot aus der Patsche hilft, bevor dieser sich in eine mögliche Sackgasse manövriert. Hinzu mag zwar kommen, dass auch einzelne Romanzen die Geschichte bevölkern, dies jedoch nicht mit dem befürchteten Kitsch-Anteil. Stattdessen wählt die Autorin eine recht niveauvolle Dramaturgie, die dank der vielen schönen Ideen erst recht auflebt und „Sehnsucht“ schließlich zum bisherigen Höhepunkt der Serie macht – und dies ist nach der anfänglichen Skepsis, die der eigentlich sehr radikale Wechsel dieses Bandes auslöst, schon eine sehr schöne Überraschung.

|Originaltitel: Sagaen om Ísfolket 4: Lengsel
Originalverlag: Bladkompaniet 1982
Ins Deutsche übertragen von Dagmar Lendt
Nachwort von Gabriele Haefs
Taschenbuch, 347 Seiten
ISBN-13: 978-3-442-36803-7|
http://www.blanvalet.de
http://www.margitsandemo.se

Dyachenko, Sergej & Marina – Jahrhundert der Hexen, Das

An schwarze Magie glaubten und glauben noch immer zahllose Menschen aus allen Regionen und Kulturen der Welt. Flüche, Hexereien und Verwünschungen gehören dabei unbezweifelbar der bösen Spielart der Magie an. Angst und Verunsicherung vor der Andersartigkeit der Frau gegenüber dem Mann spielt sicherlich auch eine tragende Rolle bei der Mythenbildung um das Hexenvolk, ebenso der in den menschlichen Urängsten verankerte Aberglaube sowie das Nichtverstehenkönnen oder -wollen der Naturelemente. Harsche Anfeindungen und Verfolgungen mit oftmals tödlichem Ausgang waren die Folge.

Im Bereich der Fantasy spielen Hexen und Zauberer stets eine tragende Rolle, mal zum Positiven hin, mal zum Negativen, und stellen stets eine Form der Bedrohung dar. Auch heute noch, in der von Wissenschaft und Technik durchdrungenen Welt ist der Glaube an bösartige Zauberei durch Hexen immer noch ein Thema.

Das Autorenehepaar Sergej und Marina Dyachenko aus Kiew hat zu Abwechslung einmal die Hexen in ihrem Roman „Das Jahrhundert der Hexen“ das Kommando übernehmen lassen.

_Inhalt_

In der ukrainischen Millionenstadt Wyshna geht die Angst um. Im Umland schützen mehrere Inquisitoren die Bürger vor bösen Hexen, die mit ihrer todbringenden Magie Angst und Schrecken über die Bevölkerung bringen wollen. In den Städten der Region gibt es seit dem Auftauchen der andersartigen Menschen mit magischen Fähigkeiten den gesetzlichen Zwang, sich als Hexe registrieren zu lassen; jegliche Weigerung bedeutet für die Hexe den Tod. Ebenso werden die Untoten eliminiert, welche die Lebenden mordlüstern verfolgen. Der Großinquisitor Klawdi, ebenfalls mit besonderen magischen Fähigkeiten ausgestattet, ist immer auf der Jagd nach potenziellen Hexen, die sich weigern, sich den Behörden zu stellen.

Es mehren sich die Gerüchte, dass die Ankunft der Großen Mutter, einer Ur-Hexe, unmittelbar bevorsteht und die Hexen sich in großer Erwartung zu einem Bund zusammenschließen, um die Herrschaft über die Menschen zu übernehmen. Klawdi versucht die Bedrohung mit allen Mitteln zu verhindern, und die Hexen, ob nun offiziell registriert oder nicht, werden deshalb gefoltert und getötet. Viele Hexen wählen lieber den Tod als ihre Geheimnisse oder andere ihrer Art zu verraten.

Bei einem Schulfreund, den Klawdi besucht, spürt er die Anwesenheit einer Hexe. Es ist die Verlobte des Sohnes seines alten Freundes, und Klawdi klärt die beiden über die Gefahr ihres Hexenwesens auf. Die junge Ywha weiß um ihre Andersartigkeit, aber sie will dies nicht wahrhaben, wollte es nie. Durch das Mal, das ihr nun aufzwungen wurde, sieht sie nur die Möglichkeit, sich von ihrem Verlobten zu trennen, um sich und ihn zu schützen.

Ywha ahnt nicht, welche unheimliche Macht in ihr schlummert, und doch wendet sie sich verzweifelt an Klawdi, der ihr Zuflucht und Schutz gewährt. Er will sie benutzen, um herauszufinden, wie die Bedrohung durch die Hexen aufzuhalten ist, denn die Situation zwischen Menschen und Hexen eskaliert immer mehr. Anschläge und Verwüstungen durch Hexen mehren sich, aber auch die Behörden gehen immer brutaler und rücksichtsloser vor. Folter und Tod sind schon längst legitimierte Möglichkeiten, um die Macht der Hexen zu brechen.

Die Regierung gerät immer mehr unter Druck, auch Nachbarländer melden vermehrte Gewaltbereitschaft durch die Gemeinschaft von Hexen. Die Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel, und es kommt zu einer apokalyptischen Schlacht …

_Kritik_

Seit [„Wächter der Nacht“ 1828 sind die russischen Autoren auf dem Vormarsch, vor allem im Genre der Fantasy. Ihr Stil ist ein gänzlich anderer als der ihrer westeuropäischen Kollegen, weniger ausschmückend und immer ein wenig skurril anmutend.

„Das Jahrhundert der Hexen“ ist in jedem Fall befremdlich. Fantasy in einer realen Welt, aber mit magischen Personen mag ohnehin etwas schwierig umzusetzen sein, aber das Autorenehepaar hat seiner Geschichte um die Hexen und Menschen davon unabhängig zu wenig Struktur und erklärende Nebenhandlungen spendiert. Zwar ist die Grundstory professionell aufgebaut, aber vieles erklärt sich dem Leser überhaupt nicht.

Zum Beispiel bleibt die Vorgeschichte der Hexen völlig im Dunklen, ebenso wie einige Aspekte ihres Lebens unter Beobachtung und mit Einschränkung durch die Behörden. Auch ihre Kräfte bleiben ein Mysterium und zum Ende des Romans hin mehren sich die Fragezeichen über dem Kopf des Lesers.

Selbst über die Eigenschaften der Inquisitoren, seien sie nun auch magisch oder nicht, erfährt der Leser nicht viel. Die Autoren konzentrieren sich einzig und allein auf die Handlung und den kommenden Showdown. Die Charaktere sind dabei ähnlich schwach konzipiert wie die Handlung. Über ihre Vergangenheit und ihre Beweggründe kann man nur Mutmaßungen anstellen. So wie sich das Ende darstellt, wird es auch keine erklärende Fortsetzung der Geschichte geben, denn inhaltlich gilt „Das Jahrhundert der Hexen“ als abgeschlossen.

Interessant fand ich allerdings die detailreiche Schilderung, was die Beschneidung der Grund- und Menschenrechte gegenüber den magischen Hexen anging. Hier erkennt man Parallelen zu realen totalitären Systemen, mit denen die Russen ebenso wie wir einige Erfahrungen aus der jüngeren Geschichte machen mussten.

Die Handlung bleibt zwar inhaltlich spannend und steigert sich, doch aufgrund der erwähnten Schwächen kann auch dies die Geschichte nicht retten. Der Unterhaltungswert bleibt auf der Strecke und kommt überhaupt nicht vorwärts, mit jeder neuen Situation gesellen sich mehr und mehr unbeantwortete Fragen hinzu. Zudem endet die Geschichte wirr und völlig unbefriedigend. Der Epilog ist scheinbar der Anfang und das Schicksal der Charaktere bleibt gänzlich offen.

_Fazit_

„Das Jahrhundert der Hexen“ ist in der Summe nicht empfehlenswert. Es gibt zu viele erzählerische Lücken und Schwachpunkte, die auch der straffe Spannungsbogen der Geschichte nicht auffangen kann. Insgesamt hat mich der Inhalt arg enttäuscht; der Klappentext wirkt reißerisch und spannend, aber meine darauf aufgebauten Erwartungen konnten die Autoren nicht erfüllen.

_Die Autoren_

Sergej Dyachenko, geboren 1945, und Marina Dyachenko, geboren 1968, stammen aus Russland und gehören neben Sergej Lukianenko zu den Stars der russischen Fantasy. Bevor sie sich aufs Schreiben verlegten, arbeitete Marina als Schauspielerin, Sergej als Psychologe. Ihre Romane und Erzählungen wurden in mehreren Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet, unter anderem beim |EuroCon| in Glasgow in der Kategorie „Bester Autor“. Die Dyachenkos leben heute in Kiew, Ukraine.

|Originaltitel: Ved’min vek
Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann
440 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3-492-26656-7|
http://www.piper-verlag.de

Miller, Karen – Königsmacher (Kingmaker, Kingbreaker 1)

Band 1: Königsmacher
Band 2: Königsmörder

Asher ist ein einfacher Fischer und lebt zusammen mit seinem Vater und seinen tyrannischen älteren Brüdern in Restharven, einem kleinen Dorf an der Küste des Königreich Lur. Um von seinen verhassten Brüdern wegzukommen und sich und seinem Vater ein schöneres Leben zu ermöglichen, macht sich Asher eines Tages heimlich auf nach Dorana, der Hauptstadt Lurs, um sich dort eine Arbeit zu suchen. Doch der Plan, schnell eine Arbeit zu finden und Geld zu verdienen, scheint erst nicht aufzugehen – bis er durch Zufall das Pferd des doranischen Prinzen Gar rettet, welcher ihn aus Dankbarkeit bei sich am Königshof als Stallburschen einstellt.

Asher kann sein Glück kaum fassen, doch es soll noch besser kommen: Gar, der in Asher alsbald einen engen, ehrlichen Freund sieht, benötigt dringend einen Vizetribun, welcher ihn bei seinen Entscheidungen berät und ihm Teile seiner Arbeit abnimmt – und Asher scheint für diese Arbeit wie geschaffen. Von nun an muss sich Asher nicht nur mit politischen Problemen auseinandersetzen, sondern sich auch mit familiären Streitigkeiten in der Königsfamilie herumschlagen und bei seinen Neidern und Rivalen behaupten – was sich als gar nicht so einfach herausstellen soll. Doch schon bald sollen sich nicht nur für Asher, sondern auch für ganz Lur weitaus größere Probleme anbahnen. Denn ein uraltes, dämonisches Unheil hat es auf das Königreich Lur abgesehen …

_Eindrücke:_

Beim ersten Band der Duologie „Kingmaker, Kingbreaker“ handelt es sich um den Auftakt eines High-Fantasy-Epos, welches allerdings nur langsam in die Gänge kommt. Man merkt bei der Lektüre schon bald, dass die Autorin Karen Miller beim ersten der zwei Bände kaum darauf Wert gelegt hat, ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite mit Abenteuern, Spannung und Action zu bombardieren – vielmehr konzentriert sie sich auf den Feinschliff und eine gute Einführung in ihre Geschichte.

Gemächlich entführt Karen Miller ihre Leser in das phantastische Königreich Lur, welches durch eine magische Mauer vor den Dämonen aus der dahinter liegenden Welt abgeschirmt und geschützt wird. Diese Mauer wurde von der Zauberin Barl geschaffen, welche die Bewohner Lurs heute als Gottheit anbeten und nach deren Regeln alle zu leben haben – Doranen sowie Olken. Bei beiden Völkern handelt es sich um menschliche Wesen, doch die Doranen lassen sich wegen ihrer magischen Kräfte und ihrer stolzen Schönheit eher mit Elfen vergleichen, wohingegen die Olken normale, braunhaarige Menschen sind – wie Asher.

Weil die magische Mauer, die Lur umschließt, das Königreich von der restlichen Welt komplett abschirmt, muss der König von Lur, auch der „Wettermacher“ genannt, das Königreich mithilfe seiner Zauberei schützen, die Mauer aufrecht erhalten und das Wetter kontrollieren, wie der Name auch schon sagt. Da Prinz Gar allerdings ohne Magie geboren wurde, was ihn in seinen Augen und denen vieler anderer zu einem Krüppel macht, muss seine Schwester, Prinzessin Fane, zur Wettermacherin ausgebildet werden. Die Tatsache, dass ihn viele für keinen vollständigen Doranen halten und er nicht in der Lage ist, das Erbe seines Vaters anzutreten, macht ihm schwer zu schaffen, und dass seine Schwester Fane ihn grundlos zu verachten scheint, verschlimmert die Lage nur noch. Erst als Asher an den Königshof kommt, der unter den vielen unterwürfigen, intriganten Höflingen mit seiner Direktheit und seiner auffrischenden Art heraussticht, geht es Gar schon bald wesentlich besser. Unerwartet schließen die beiden eine enge Freundschaft, sehr zum Leidwesen vieler Höflinge und Bedienstete.

Neben einer perfekten Einführung in die Geschichte darf der Leser miterleben, wie Freundschaften sowie Feindschaften geschlossen werden, wie Intrigen von den einzelnen Personen gesponnen werden, wie Liebe abgewiesen wird und wie Träume platzen und unterschwelliger Hass zum Ausbruch kommt. Das Buch ist an vielen Stellen emotional, an manchen humorvoll, und obwohl die eigentliche Geschichte erst auf den letzten hundert Seiten des Buches beginnt, kann der Leser auch jetzt schon problemlos mit den Charakteren mitfiebern und es kommt trotz der gemächlichen Erzählstruktur keine Langeweile auf.

Die Welt, die Karen Miller für ihre Geschichte erschaffen hat, erinnert stark an eine mittelalterliche Alternativwelt, wie sie für High Fantasy typisch ist. Nichts wirklich Besonderes bei einem Fantasyroman wie diesem, erfüllt aber seinen Zweck und passt gut zur Geschichte. Mit Hilfe der Karte, welche sich vorne im Buch befindet, kann man sich auch gut in der Welt zurechtfinden, aber auch ohne Karte wäre eine Orientierung in Millers Welt kein Problem, zu standardisiert sind die Landschaft und Umgebungen.

Die Charaktere, die Karen Miller in ihren Roman einbringt, sind durch die Reihe gut gelungen und dem Leser überwiegend sympathisch. Asher, der Protagonist, ist dabei ein ganz besonderer Fall. Er will mit seiner ulkigen, zu ehrlichen und alles andere als unterwürfigen Art so gar nicht an den königlichen Hof passen, wo stets alle darauf bedacht sind, höflich, adrett und devot zu sein. Dadurch macht sich Asher viele Feinde, andererseits aber auch einige Freunde. Nebenbei sorgt Ashers Art auch häufig für amüsante Situationen, ob nun in einem Gespräch mit Gar oder auch in einem Streit mit einem seiner Feinde.

Gar hingegen wirkt, bevor er und Asher sich näher kennen lernen, eher zurückhaltend und noch ein wenig hochnäsiger. Erst, als er und Asher richtig Freundschaft schließen, legt sich seine leicht herablassende Art in Ashers Gegenwart und er wird ein wenig offener und gelassener. Zusammen bilden die beiden ein perfektes Team, und mit Trauer schaut Gar in die Zukunft, wenn Asher den Königshof wieder verlassen wird.

Neben den beiden Protagonisten gibt es noch einige weitere Charaktere, die in der Geschichte eine größere Rolle spielen. Da wäre zum Beispiel Dathne, eine junge Frau, die in die Prophezeiung eingeweiht ist und ihr dienen muss. Sie muss das Geheimnis um die Prophezeiung wahren und versuchen, sie in die richtige Richtung zu lenken – was sich oftmals als sehr schwer erweist.

Der Schreibstil in „Königsmacher“ ist sehr ausführlich und ausschmückend. Karen Miller beschreibt Landschaft sowie Personen oder bestimmte Situationen sehr genau, was gut zu der Geschichte passt. Karen Miller erzählt ihre Geschichte aus der allwissenden Perspektive, sodass sie sich als Erzähler nicht auf die Gedanken und Gefühle des Protagonisten allein konzentriert, sondern den Leser auch einen Blick in das Innenleben sämtlicher Charaktere werfen lässt. So hat man als Leser einen guten Überblick über die Geschichte und ihre Charaktere, was ganz klar von Vorteil ist.

Was an „Königsmacher“ allerdings etwas stört, ist teilweise die Übersetzung. An manchen Stellen kommen Wörter im Text vor, die sich stilistisch nicht so recht in die Atmosphäre einfügen wollen. So fällt einmal beispielsweise der Begriff „Abschiedsparty“, was in einem mittelalterlich angehauchten Roman ganz und gar nicht hineingehört. Zwar kommen solche Missgriffe in der Übersetzung selten vor, aber dennoch sind sie ein wenig Fehl am Platz und hätten vermieden werden können.

Wer sich dazu entscheidet, „Königsmacher“ zu lesen, sollte sich bestenfalls gleich noch den zweiten Teil dazu anschaffen. Denn „Kingmaker, Kingbreaker“ ist keine Dilogie, welche man so einfach nach dem ersten Band abbrechen kann, falls sie einem nicht besonders gefällt. „Königsmacher“ endet nämlich genau an einer Stelle, die für den ersten Teil absolut keinen Abschluss bildet. Gerade an der spannendsten Stelle des Buches endet der erste Band, und dann ist es ärgerlich, wenn man den zweiten Teil nicht sofort parat hat.

_Fazit:_

Letztendlich hat mir der Auftakt von „Kingmaker, Kingbreaker“ sehr gut gefallen, auch wenn die eigentliche Geschichte erst am Ende des ersten Bandes richtig beginnt. Die Autorin konzentriert sich sehr auf ihre Weltschöpfung und die einzelnen Charaktere. Action- und Abenteuerliebhaber sind bei „Königsmacher“ eher Fehl am Platz, auch wenn dieses Buch durchaus spannend ist und sehr gut zu unterhalten weiß.

_Die Autorin:_

Die Autorin Karen Miller wurde in Vancouver, Kanada, geboren. Im Alter von zwei Jahren zog sie mit ihrer Familie aber bereits nach Australien. Sie arbeitete schon in den verschiedensten Berufen, beispielsweise als Pferdezüchterin in England. Heute lebt Karen Miller in Sydney und widmet sich ganz dem Schreiben.

|Originaltitel: The Innocent Mage
Originalverlag: HarperCollins Aus, 2005
Deutsch von Michaela Link
608 Seiten Paperback, kartoniert
3 Schwarzweiß-Abbildungen
ISBN-13: 978-3-7645-3003-7|
http://www.penhaligon.de
http://www.karenmiller.net

Kashina, Anna – erste Schwert, Das

Das shandorianische Reich befindet sich in einer Krise: Der König liegt im Sterben, und das Konzil der Edlen ist zusammengetreten, um einen Nachfolger zu bestimmen. Denn der gewöhnliche Ritus der Thronfolge kann nicht mehr eingehalten werden. Der Favorit auf die Nachfolge des Königs, Herzog Evan Dorn, hat weder einen Erben, noch könnte er ihn der traditionellen Schwertprobe unterziehen. Er war der Letzte, der durch das magische Schwert geprüft wurde und den Stich durch das Herz, die Königsprobe, überlebt hat. Seitdem ist das Schwert verschwunden.

Die Kirche des Shal Addim erwartet von ihm, seinen Anspruch aufzugeben. Dazu ist Evan Dorn auch bereit, bis ihm die Bruderschaft der Bewahrer mitteilt, dass sein seit siebzehn Jahren tot geglaubter Sohn noch lebt. Doch leider ist er nicht wie gewünscht vor Ort. Die Kirche hat von den Plänen der Bewahrer erfahren, und der Bote der Bewahrer kam nie bei dem Königskind an.

In völliger Unkenntnis der Lage beobachten Skip und Erle, Söhne eines armen Hufschmieds, gemeinsam mit ihrer Freundin Ellah am Rande der Waldlande Seltsames: Priester auf Reitechsen erschießen einen flüchtigen Fremden, bevor sie sich selbst vor den die Ebenen des Graslandes beherrschenden Cha’ori-Kriegern retten müssen. Der Sterbende entpuppt sich als Adeliger, der sie bittet, Bruder Nikolaos in Eichenhain ein Päckchen auszuhändigen, bevor er seine letzten Worte stammelt: „Das Kind muss das Dorf verlassen … unverzüglich … Bring das Schwert … zu den Bewahrern. Auch … ein Diamant unterwegs …“

_Die Autorin: Anna Kashina_

Die in Russland geborene Molekularbiologin Anna Kashina emigrierte 1994 in die USA, wo sie seit 2004 eine Professur für Biochemie an der Universität von Pennsylvania innehat. Bei |dtv| erschien bereits im März 2008 ihre Kurzgeschichte „Die Sonnwendherrin“. Interessanterweise wurde ihr bereits im Jahr 2000 erschienener Roman „The Princess of Dhagabad: The Spirits of the Ancient Sands: BOOK ONE“ – Beginn einer bereits zumindest den Exzerpten auf ihrer Homepage nach dreiteiligen, von arabischen Märchen inspirierten Fantasy-Serie – noch nicht übersetzt. Dafür „The First Sword“, deutsch „Das erste Schwert“, ebenfalls der erste Band einer kommenden Trilogie. Ob es einen zweiten Band geben wird, scheint auch vom Erfolg in Deutschland abzuhängen: In den USA ist das erste Schwert noch gar nicht veröffentlicht worden, und die geplanten Fortsetzungen der vor acht Jahren erschienenen „Princess of Dhagabad“ lassen ebenfalls auf sich warten.

_Eine spannend erzählte Geschichte mit schillernden Nebencharakteren_

So würde ich auf die Frage antworten, wie ich „Das erste Schwert“ in einem Satz beschreiben würde. |Dtv| schreibt „Ein großes Abenteuer, erste Liebe und spannende Zweikämpfe“, was durchaus der Wahrheit entspricht. Unser etwas unbedarfter Held Skip, der als Hufschmied aufwächst und natürlich der vermisste Königssohn ist (was niemanden wirklich überraschen dürfte, die Karrierechancen von Bäckerlehrlingen, Stallknechten und Schmieden sind in der Fantasyliteratur gewöhnlich grenzenlos), verliebt sich in die geheimnisvolle Söldnerin Kara, eine exotische Schönheit, die auch mit ihren Waffenkünsten zu beeindrucken weiß.

Doch Anna Kashina bietet durchaus die heute vielzitierte „All Age“-Fantasy, denn bei dieser Liebelei lässt sie es nicht bewenden; die Handlung ist weitaus komplexer als das und verdient ein großes Lob. Sehr geschickt verschweigt Kashina Details, die sie nach und nach enthüllt, der Leser ist Skip und seinen Freunden oft einen Schritt voraus im Kenntnisstand. Der erwähnte „Diamant“ steht für einen Diamant-Majat, einen Meister-Assassinen, der Skip und seine Freunde retten soll. Aber auch die Kirche hat sich der Dienste eines Assassinen im Meisterrangs gesichert … ja, spannende Zweikämpfe sind wahrlich zu erwarten, und sie werden nicht nur versprochen, sondern auch geliefert.

Besonders erwähnen möchte ich schwergepanzerte Ritter auf Reitechsen, die sich ähnlich der kleinen Wegeidechsen wieselflink bewegen können, bis zu dreimal schneller als ein Pferd. Das ist nur eine der faszinierenden Ideen Anna Kashinas, deren Welt stark von russischer Mythologie und Märchenwelt geprägt ist. So gibt es zum Beispiel Baba Jagas, die russische Variante der mitteleuropäischen Hexe. Leider keine Vamps mit roten Haaren, eine Variante, der ich sehr viel abgewinnen könnte, sondern eher gruselige, alte Mütterchen. Was die Zwielichtstecher im dunklen Pfuhl angeht, einem ausgedehnten, verfluchten Sumpf: Sie sind wirklich erschreckend, und es gibt dort noch viel schrecklichere Kreaturen, gegen die sie sich wie harmlose, nur die Seele stehlende Mücken ausnehmen. Die Cha’ori sind ein stark an nordamerikanische Indianer angelegtes Reitervolk, gemischt mit ein wenig Kosakentradition, mit denen die Gruppe um Skip kurz in Kontakt kommt.

Über den Rest des Reiches erfahren wir leider nichts, außer über den Konflikt zwischen Kirche, Krone und Bewahrern, wobei wieder einmal die Kirche als verruchte Institution des Bösen herhalten muss. Der Kartenausschnitt der namenlosen Welt der Handlung ist auch nicht gerade groß; hier hält sich Kashina alle Optionen offen. Das hat den Vorteil, dass die 637 Seiten geballte Handlung bieten statt ausufernder Einführung in eine fremde Welt. Leider bleibt dadurch wenig Stoff für Spekulation, denn am Ende wird Evan Dorn König und sein Sohn Skip zum Kronprinzen Erskip – Ende gut, alles gut?

Die Geschichte ist in sich abgeschlossen; viele Ansatzpunkte für einen Folgeband bieten sich nicht gerade, dazu hat Kashina einfach nicht genug über ihre Welt erzählt. Dieser Stil ist allerdings auch erfrischend anders, denn George R.R. Martin und andere populäre Autoren neigen ja leider dazu, viel über ihre unzähligen Charaktere zu schreiben, was auch gut beim Leser ankommt, darüber aber auch oft die Handlung versumpfen und auf der Stelle treten lassen. Bei Anna Kashina ist es genau anders: Sie bietet viel Geschichte ohne viel Beiwerk.

Leider ist ihr Held Skip eine einzige Leerstelle, oder vielleicht auch eine Identifikationsfigur für junge Leser. Aber der junge und unerfahrene Skip ist ziemlich unbedarft und kann wirklich nichts; im Gegensatz zum gängigen Schema der Entwicklung eines Helden lernt er leider auch kaum etwas hinzu! Der Name ist fast ein Omen, denn man kann diesen Helden wirklich „skippen“, und die Geschichte verliert nichts von Bedeutung. Die Nebencharaktere, obwohl durchaus faszinierend – insbesondere Kara -, sind ebenfalls sehr statisch angelegt, sie entwickeln sich nicht weiter. Das gilt auch für die sehr zarte Liebesbeziehung zwischen Skip und Kara.

_Fazit:_

Die große Stärke Anna Kashinas ist ihr Erzähltalent. Sie erzählt eine Geschichte, unterhaltsam, spannend und kurzweilig. Sie verliert sich nicht in Einzelheiten, schwimmt allerdings auch ein wenig gegen den Strom der Zeit und gängige Lesegewohnheiten und –erwartungen.

Die Übersetzung von Martin Baresch sowie das Lektorat glänzen mit Perfektion; bei der Auswahl des Titelbildes und des Klappentextes hat man sich jedoch alle Mühe gegeben, potenzielle Käufer zu verunsichern. Als reines Fantasy-Jugendbuch möchte ich „Das erste Schwert“ definitiv nicht bezeichnen, doch dieser Eindruck wird leider erweckt. Die eher nordisch angehauchte Kriegerin auf dem Titelbild erweckt den Eindruck, die Hauptfigur des Romans zu sein, taucht aber nirgends in dieser Form auf. Mit der atemberaubend verführerischen, kaffeebraunen Kampfschnecke Kara hat sie leider auch nicht die geringste Ähnlichkeit. Von diesen Äußerlichkeiten, die hoffentlich nicht den Erfolg des Romans negativ beeinflussen werden, sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen: Anna Kashina bringt mit ihrem Stil frischen Wind in den deutschen Fantasymarkt, und ich würde gerne noch mehr von ihr lesen.

|Originaltitel: The First Sword
Deutsch von Martin Baresch
637 Seiten, kartoniert, mit zwei Karten
ISBN-13: 978-3-423-21085-0|
http://www.dtv.de

Homepages der Autorin:

http://www.med.upenn.edu/camb/faculty/cbp/kashina.html (University of Pennsylvania)
http://www.geocities.com/akashina/ (wissenschaftlich/beruflich)
http://www.geocities.com/akashina/personal.html (als Schriftstellerin)

James Graham Ballard – Paradiese der Sonne

Das geschieht:

Kaum ein Jahrhundert ist vergangen, seit die Erde den Van-Allen-Gürtel verlor, der sie vor den schädlichen Bestandteilen des Sonnenlichts schützte. Seitdem steigen die Temperaturen ständig, harte Röntgenstrahlen sorgen für Unfruchtbarkeit oder Mutationen. Die meisten Menschen sind gestorben, die wenigen Überlebenden haben sich in den äußersten Norden sowie die inzwischen eisfreie Antarktis zurückgezogen. Das Land zwischen den Polarkreisen musste aufgegeben werden. Es wird von mutierten Insekten, Reptilien und anderen urzeitlich anmutenden Tieren sowie gigantischen Pflanzen beherrscht.

Die neuen, durch Überflutung und Schlick völlig veränderten Küstenlinien der halb versunkenen Kontinente sollen neu kartiert werden. Zu den Wissenschaftlern, die diese Aufgabe übernehmen, gehört der Biologe Robert Kerans. Als Mitglied einer militärischen Expedition hält er sich in den Ruinen des ehemaligen London auf. Er schätzt die Privatsphäre, die ihm seine Arbeit beschert, und ist deshalb entsetzt, als die Order zum Abzug ergeht. James Graham Ballard – Paradiese der Sonne weiterlesen

Thomas Finn – Der letzte Paladin (Die Wächter von Astaria 1)

Nach „Die Chroniken der Nebelkriege“ steht mit „Die Wächter von Astaria“ die zweite Trilogie von Thomas Finn in den Startlöchern, die im |Ravensburger Buchverlag| erscheint. Auch diese richtet sich nach Verlagsangaben an ein eher junges Publikum ab zwölf Jahren, das von einem jugendlichen Protagonisten in eine magische Welt geführt wird. Wer Thomas Finn liest, bemerkt jedoch, dass seine Romane gleichermaßen für Jung und Alt geschrieben sind und genügend Überraschungen bereithalten, um auch alteingesessene Fantasyleser in den Bann zu ziehen. Ist ihm dies mit dem „Der letzte Paladin“, dem Auftakt der neuen Trilogie, erneut gelungen?

Inhalt

Thomas Finn – Der letzte Paladin (Die Wächter von Astaria 1) weiterlesen

Heitz, Markus – Zwerge, Die

Zwerge – für viele sind das nur die lustigen Gefährten mit den roten Zipfelmützen, die manch einer zu Dutzenden in seinem Vorgärten zu stehen hat, um dadurch zum Gesprächsthema der gesamten Straße zu werden. Ganz anders stellen sich diese kurzgewachsenen Gefährten üblicherweise im Fantasy-Genre dar. Überzeugte der bärtige Gimli bei Tolkien noch durch seine Freundschaft zu dem einst verhassten Elb, durch seine bärbeißige Art und seine geschickt geschwungene Axt, so zeichnet Markus Heitz in seiner Zwergen-Reihe Charaktere, die ihresgleichen suchen!

_Zwerge gegen den Rest der Welt_

Das Böse hat das Geborgene Land erobert. Der Magier Nudin ruft die anderen mächtigen Magi und Magae zu sich, um ein altes Ritual durchzuführen. Was die anderen jedoch nicht wissen: Ein hinterhältiges Wesen ist in Nudin eingefahren, das ihn verändert, ihn mächtiger und böser werden lässt. Nudin hat sich zu Nôd’onn gewandelt und will die anderen Magier vernichten. Er entzieht ihnen bei dem Ritual alle Magie und tötet sie. Anschließend widmet er sich auch den Magierschülern, doch eine Maga überlebt – gerettet von ihrem treuen Diener.

In einer anderen Geschichte lernen wir den Zwerg Tungdil kennen, der bei den Menschen aufgewachsen ist. Er lebt bei dem Magus Lot-Ionan und hat bei den Menschen echte Freunde gefunden, doch auch Feinde. So kommt es eines Tages zum Streit mit einem Menschen. Wichtige Zauberformeln werden dabei zerstört und Lot-Ionan schickt Tungdil daraufhin auf eine lange Reise. Im Herzen weiß er, dass der Zwerg unschuldig war und möchte ihm mit dieser Reise auch die Gelegenheit geben, andere Zwerge kennen zu lernen und das geborgene Land zu sehen.

Unterwegs erlebt Tungdil allerlei Abenteuer, spannend wird es allerdings erst, als er die Zwergenzwillinge Boëndal und Boïndil kennenlernt. Die beiden sind auf der Suche nach einem geeigneten Thronfolger für die Zwerge. Der Großkönig ist alt geworden und sieht seinen letzten Tagen entgegen, doch der einzige Thronanwärter – Gandogar – ist auf Krieg mit den Elben aus, was einige tapfere Zwerge wie Balendilín verhindern wollen. Also hat er die beiden Brüder ausgeschickt, um Tungdil aufzugreifen. Doch bevor Tungdil als Thronfolger anerkannt wird, stehen ihm und seinem Widersacher Gandogar einige Prüfungen ins Haus, in denen sich der echte Thronfolger beweisen muss. Es steht zwei zu zwei, als die letzte Aufgabe gezogen wird – eine, die Tungdil sich erdacht hat. Auf seinen Reisen hat er erlebt, wie das Tote Land Einzug in das Geborgene Land genommen hat. Er weiß von Nôd’onns Verrat und kennt einen Weg, ihn zu zerstören: Eine Feuerklinge muss geschmiedet und gegen den bösen Magus gerichtet werden. Und so besteht die letzte und entscheidende Aufgabe der Thronanwärter darin, sich auf eine lange und gefährliche Reise zu begeben, um die Feuerklinge zu schmieden und den bösen Magier zu vernichten.

Um diese Aufgaben zu erfüllen, darf jeder der beiden Zwerge sich eine kleine Reisegruppe zusammenstellen. Tungdil nimmt selbstverständlich die beiden Brüder Boëndal und Boïndil mit, die ihm bereits mehrfach das Leben gerettet haben, außerdem entscheidet er sich für den ständig betrunkenen Steinmetz Bavragar und den ängstlichen Edelsteinschleifer Goïmgar, der permanent im Clinch mit der Reisegruppe liegt, da er sich an Kämpfen nicht beteiligt und offen zum Ausdruck bringt, dass er einzig Gandogar unterstützt und ihm Tungdil verhasst ist. Unterwegs sammeln sie noch einige weitere Gefährten auf, und Boïndil erhält viele Gelegenheiten, sich ins Schlachtgetümmel zu stürzen. Denn es steht schlecht um das Geborgene Land, das Böse breitet sich immer schneller aus, und die Zwergengruppe ist die einzige Hoffnung …

_Zwerge sind cool_

Bislang hielt ich Zwerge für eher komische Wesen, die für mich wenig Reiz besaßen. Für mich waren das einfach nur die bärtigen Wesen, die sich am liebsten in unterirdischen Höhlen aufhalten. Doch Markus Heitz spendiert den Zwergen ganz neue Facetten. Natürlich halten sich auch seine Zwerge am liebsten unterirdisch auf – auch wenn sie sich nicht gerne als Unterirdische bezeichnen lassen. Heitz verleiht nicht nur allen Bevölkerungsgruppen Charakteristika, sondern auch jeder einzelnen Figur und vor allem jedem einzelnen Zwerg. Bei ihm teilen sich die Zwerge in fünf Gruppen, die alle unterschiedliche Talente haben: Die einen können gut schmieden, die anderen gut Diamanten schleifen und die dritten kämpfen, und zwar am liebsten gegen ihre Artgenossen. Natürlich mögen die Zwerge keine spitzohrigen Elben, manche würden sogar am liebsten in den Krieg gegen die Elben ziehen. Die Elben bleiben ein wenig blass im Buch, da sie nur ganz am Rande auftauchen, viel interessanter sind da schon die Alben, die schwarzäugigen bösen Elben, die den Zwergen an die Wäsche wollen. Alben sind durch und durch böse und unterscheiden sich vor allem durch ihre schwarzen Augen von normalen Elben. Daneben tauchen natürlich die anderen bekannten Bevölkerungsgruppen auf: Orks und Oger, Menschen und Magier, Gnome und ein paar andere, die tapfer für das Böse in die Schlacht ziehen.

Was das Buch ausmacht, sind die ausgefeilten Charakterzeichnungen. Bei Markus Heitz ist jeder Zwerg individuell. Tungdil ist bei den Menschen aufgewachsen und kennt Zwerge nur aus den Büchern. Dementsprechend belesen ist er auch und wird daher gerne als der Gelehrte tituliert. Er ist schüchtern gegenüber Zwergenfrauen, da er sie erst spät kennenlernt, er muss das Kämpfen noch lernen, aber Schmieden kann er wie ein echter Zwerg – was er ja auch ist. Boïndil ist hitzköpfig und braucht regelmäßig Schlachten gegen Orks, sonst wird er unausstehlich. Er liebt das Schlachtengetümmel und meidet nicht einmal die auswegloseste Situation. Ganz anders dagegen sein Bruder Boëndal, der deutlich besonnener und freundlicher ist. Er versucht stets, seinen Bruder im Zaum zu halten und zu vermitteln. Mit am besten gefallen hat mir der ewig betrunkene Bavragar. Einst war er der beste Steinmetz der Zwerge, er hat bislang unübertroffene Kunstwerke geschaffen, doch dann ist er dem Alkohol verfallen. Seine Hände zittern und er schafft es nicht mehr, sein Handwerk auszuüben. Dafür hat er stets ein Liedchen auf den Lippen und genießt sein Leben in vollen Zügen. Nur beim Zwergenvolk ist er nicht mehr glücklich, da sein Schicksal dort zu öffentlich ist. Er wünscht sich, sein Lebenswerk zu krönen und dann nicht mehr zu den Zwergen zurückzukehren. Alle diese Figuren gestaltet Markus Heitz gekonnt aus; wir lernen die Zwerge und ihre Eigenarten immer besser kennen, bis sie zu wahren Freunden werden. Was Heitz hier schafft, ist wahrlich meisterhaft.

_Kommt Zeit, kommt Spannung_

Zu Beginn lässt Markus Heitz sich viel Zeit, um die Figuren vorzustellen und in die Geschichte einzuleiten. Er stellt erst ausführlich die handelnden Figuren vor, beschreibt die Situation und versetzt uns in seine Welt. Das dauert mitunter schon recht lange, ohne dass die Geschichte ins Rollen kommt. Die ersten knapp 200 Seiten ziehen sich daher ein wenig hin, was ich aber mehr als verzeihlich finde in Anbetracht dessen, was man dafür später geboten bekommt, und angesichts der Tatsache, dass er mit diesem Buch in seine Zwergenreihe einleitet. Der Spannungsbogen setzt demnach später an, ist dann aber durchaus gelungen. Die Situation für Tungdils Reisegruppe wird immer gefährlicher und auswegloser, sodass man immer mehr mit ihr mitfiebert. Je länger man liest, umso mehr versinkt man in der Welt der Zwerge und umso schwieriger ist es, das Buch noch aus der Hand zu legen.

Gleichzeitig schafft Markus Heitz es, die Landschaften und Situationen dermaßen plastisch zu beschreiben, dass sie uns direkt vor Augen stehen. Dies macht er aber, ohne zu langweilen. Nie hatte ich das Gefühl, dass ich über eine Landschaft, über eine Höhle oder eine Stadt zu viel erfahre, er streut seine Beschreibungen so geschickt in die Geschichte ein, dass es ein stimmiges Ganzes wird, das fasziniert. In diesem Buch kann man vollkommen versinken, wenn man sich erst einmal auf die Geschichte einlässt.

_Die erste Schlacht der Zwerge_

Insgesamt ist das vorliegende Buch mehr als gelungen. Wer die ersten 200 Seiten übersteht und sich durch die lange Einleitung „hangelt“, dem bietet Markus Heitz viel: faszinierende Charaktere, spannende Schlachten, böse Gestalten, viele Intrigen und bildhafte Beschreibungen. „Die Zwerge“ machen Lust auf mehr und verleiten definitiv dazu, gleich zum nächsten Buch zu greifen, um zu erfahren, wie es mit unseren zwergischen Helden weitergeht!

|635 Seiten, kartoniert
überarbeitete Neuausgabe
ISBN-13: 978-3-492-70076-4|
http://www.piper-verlag.de

Home


http://www.zwergenreich.at
http://www.geborgene-land.de

_Markus Heitz auf |Buchwurm.info|:_

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Sanctum“ 4143 (Hörbuch)
[„Die Mächte des Feuers“ 4655 (Lesung)
[„Die Mächte des Feuers“ 2997
[„Kinder des Judas“ 4306
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die dritte Expedition“ 2098

Lynch, Scott – Sturm über roten Wassern (Locke Lamora 2)

|Locke Lamora / Der Gentleman-Bastard:|

Band 1: [„Die Lügen des Locke Lamora“ 3624
Band 2: _Sturm über roten Wassern_
Band 3: The Republic of Thieves (2009)
(Laut Autor wurde die Serie vertraglich auf sieben Bände festgelegt)

In „Sturm über roten Wassern“ schickt Scott Lynch seinen Gentleman-Ganoven Locke Lamora nicht nur in die nächste Runde seiner Abenteuer, sondern auch in neue Gefilde: Aus dem geplanten Coup in Tal Verrars exklusivstem Spielcasino, dem „Sündenturm“, wird nichts. Die Soldmagier von Karthain verübeln Locke die Verstümmelung des „Falkners“ und versprechen ihm eine bittere Abrechnung. Sie spielen ein perverses Spiel der Rache mit Locke und liefern ihn der Gnade von Stragos, dem Archonten von Tal Verrar, aus.

Dieser sieht in ihm ein nützliches Werkzeug und macht sich Locke und Jean mit einem Gift gefügig; ohne regelmäßige Dosen des Gegengifts müssen sie sterben. Er schickt beide auf das Messingmeer – als vermeintliche Piraten sollen sie die Seeräuber der Geisterwind-Inseln dazu ermutigen, wieder in den Gewässern von Tal Verrar zu räubern. Denn in dem Poker um die Macht streichen die Priori-Handelsherren dem Archonten die Gelder, die er zum Unterhalt seiner gewaltigen Flotte benötigt, und Maxilan Stragos hat weit ehrgeizigere Ziele als nur Archont von Tal Verrar zu sein.

In dieser misslichen Situation voller Intrigen, Tricks und Täuschungen blühen die Gentlemen-Ganoven allerdings erst so richtig auf und beginnen, alle Parteien gegeneinander auszuspielen. Doch auch ihre Gegenspieler schrecken vor nichts zurück, und vor Überraschungen ist man nie gefeit – ebenso kann man sich im Netz der eigenen Intrigen tödlich verfangen …

Mit „Die Lügen des Locke Lamora“ konnte Scott Lynch bereits viele Leser bezaubern, doch der Nachfolger sticht ihn mühelos aus. Lynch hat Routine gewonnen – eine viel detailreichere und sehr raffiniert angelegte Handlung ist das große Plus des Nachfolgers. Ob der gute Kontakt zu dem ebenfalls hervorragenden [Joe Abercrombie 4190 hier erste Früchte zeigt, überlasse ich der Spekulation und zähle lieber auf, was die großen Pluspunkte des Nachfolger sind.

Im Gegensatz zum Vorgänger wird nicht nur von vermeintlich großartigen Coups Lockes geschwärmt, sondern Locke führt jetzt auch tatsächlich einige wirklich ausgeklügelte Tricks und Bluffs vor – und das abwechslungsreich und am laufenden Band; alle Achtung, Mr. Lynch! Die im Vorgänger stets etwas verwirrenden und den Lesefluss eher bremsenden Rückblenden in die Vergangenheit wurden stark reduziert, die Vorgeschichte (Lockes erzwungene Flucht aus Camorr am Ende von Band 1) wird in einigen wenigen Rückblenden erzählt, und gleich zu Beginn schlägt Lynch in einem raffinierten Kniff einen Bogen fast bis zum Ende: Jean verrät anscheinend Locke – während dieser die ganze Zeit gegenüber seinen Auftraggebern einen Verrat an Jean vorspielt. Der Leser wird im Ungewissen gelassen, das Verwirrspiel noch einmal potenziert. Die Handlung spielt diesmal auf höheren Niveau, Locke und Jean haben den Schmutz von Camorr hinter sich gelassen und spielen nun auf höherer Ebene in Adelskreisen und vornehmen Casinos, obwohl es dort genauso hart und oft noch grausamer zur Sache geht. Der Ausflug auf die See ist zwar unglaublich bemüht konstruiert – einer der wenigen wirklichen Kritikpunkte, die ich anbringen kann -, schafft aber eine zusätzliche Handlungsebene und Abwechslung.

Als im Schnellverfahren zu Möchtegern-Seeleuten geschulte Scheinpiraten machen Locke und Jean wie eigentlich – wie nicht anders zu erwarten – keine gute Figur, die Mannschaft meutert schon bald und es dauert nicht lange, bis eine richtige Piratin sich ihres Schiffs „annimmt“. Die Piratenepisode ist nicht so zentral, wie es der Titel andeutet, sondern nur das letzte Drittel des Buches; bei satten 941 Seiten reicht das aber für ein vollwertiges Piratenabenteuer innerhalb der Handlung, bei dem Lynch einige Klischees und Aberglauben des Seemannsgarns Realität werden lässt und einige Dinge unterhaltsam verdreht. Zum Beispiel bringen Frauen und Katzen an Bord Glück, man braucht beides, sonst erzürnt man den Gott des Meeres.

Der Humor kommt auch nicht zu kurz; im Gegensatz zum Vorgänger setzt Lynch auf gehobenere Situationskomik anstelle launischer Sprüche. So finden sich unsere beiden Edel-Ganoven unter anderem in einer Situation wieder, in der sie bei einer Kletterübung ein anderer Dieb bestiehlt und dieser, nachdem sie ihn wüst beschimpfen und bedrohen, zur Sicherheit dann doch lieber die beiden Seile durchtrennen will, an denen sie hängen. Ebenso geht nicht jede Intrige auf, oft bringt die beiden ihr eigenes Lügengespinst nur noch tiefer in die Zwickmühle.

_Fazit:_

Was das Buch jedoch weit über den Vorgänger hinaushebt und – egal ob man ihn gelesen hat oder nicht – zu einer absoluten Empfehlung macht, ist die Mischung aus ausgeklügelter Handlungsführung, spannender Story und sehr exotischen fantastischen Elementen. Den kapitelweisen Leerlauf und die beachtlichen Qualitätsschwankungen des ersten Bandes gibt es nicht mehr, Lynch schreibt durchgehend auf hohem, sogar deutlich höherem Niveau. Meine einzigen Kritikpunkte sind die etwas zu sehr konstruierten Gründe, gerade die Landratte Locke auf See zu schicken, sowie ein gewisser Overkill an schönen, kompetenten und gefährlichen Frauen. Und das stets alles in einem. Die Namen der Damen sind ziemlich austauschbar, sie sind ausnahmslos emanzipierte und taffe Femmes fatales. Interessanterweise rückt Lockes im ersten Band arg penetrantes Schmachten nach seiner verlorenen Liebe, Sabetha, in diesem Band angenehm in den Hintergrund, obwohl der nächste Band der Reihe, „Republic of Thieves“, sich vornehmlich mit dem auch explizit auf dem Titelbild dargestellten Rotschopf befassen wird.

Wer Gefallen an Locke Lamora gefunden hat, wird sicher erfreut darüber sein, dass der Nachschub garantiert ist: Lynch hat die Reihe vertraglich auf sieben Bände fixiert und zudem „zügige“ Belieferung versprochen. Was immer man als erfahrener Fantasy-Leser davon halten mag – wer Interesse an Spoilern und näheren Informationen hat, sollte Scott Lynchs Webseite aufsuchen. Alleine die in der deutschen Fassung fehlenden und unter „Bonus Materials“ zu findenden exzellenten Karten des Messingmeers, Tal Verrars und Camorrs sind bereits den Besuch wert.

Homepage des Autors:
http://www.scottlynch.us

Homepage des Verlages:
http://www.heyne.de

|Originaltitel: Red Seas under Red Skies
Übersetzt von Ingrid Herrmann-Nytko
Paperback, 944 Seiten|

Schäfer, Rüdiger – Traum des Navigators, Der (Illochim-Trilogie 3)

Band 1: [„Das Relikt der Macht“ 4863
Band 2: [„Im Bann der Gatusain“ 4907

_Story_

Nach den grausamen Gefechten gegen die besessene Greta Gale begibt sich Atlan erneut auf die Suche nach der Herkunft der Illochim, muss hierzu allerdings ein äußerst unpässliches Zweckbündnis eingehen. Ausgerechnet Trilith Okt, die erbarmungslose Psi-Kämpferin, bietet ihre Dienste an, sofern Atlan ihr die beiden Gatusain-Sarkophage überlässt.

Wohl wissend, dass er mit ihr zusammenarbeiten muss, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, schließt er einen unsicheren Bund und reist an Bord der |Gahentepe| in die Heimat der Illochim, wo er Zeuge eines unglaublichen Geheimnisses wird: Seit Jahren und Generationen werden hier Völker verschiedenster Herkunft versklavt und zur Beschaffung eines seltsamen Erzes mit bislang unbekannten Mitteln manipuliert.

Geschockt versucht Atlan, die Historie des Planeten und der dortigen Sklaverei aufzuarbeiten, um die Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen. Doch nicht nur die übermenschliche Kraft seiner neuen Gegner schränkt ihn hierbei mächtig ein; auch die Begleitung durch Trilith Okt und die beiden Sujadin, die einst den Sarkophag bewohnten, macht dem Arkoniden gehörig zu schaffen …

_Persönlicher Eindruck_

Nachdem die „Illochim-Trilogie“ noch im zweiten Band einige recht unglaubwürdige Wendungen nahm und inhaltlich bereits mehrere Male ihr eigenes Todesurteil vorausschickte, konnte im Finale des Dreiteilers ja eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die Ausarbeitung der Story bis hierhin war nämlich schon in einem solchen Maße dürftig, dass das Interesse der Leser bereits vor der Veröffentlichung des letzten Kapitels radikal abgenommen haben sollte – zumindest wenn man das Potenzial des Geschriebenen vernunftmäßig bewertet hat.

Nun jedoch greift Autor Rüdiger Schäfer noch einmal richtig an: Mit neuen Charakteren, plötzlich generalüberholtem, eigentlich sogar unabhängigem Plot sorgt er für ein richtig spannendes Finale der Saga, welches lediglich einen elementaren Makel aufweist: Die rudimentären Zusammenhänge zu den vorangegangenen Kapiteln reichen kaum aus, um „Der Traum des Navigators“ zu einem inhaltlich zugehörigen Teil dieser Trilogie zu machen. Mit der Ergänzung von Trilith Okt als Hauptperson (die auf ihrer Suche nach dem eigenen Ich jedoch kaum in Erscheinung tritt), einem ziemlich ausgeprägten Flashback einer menschlichen Katastrophe in der Welt der Illochim sowie der Sklaverei auf eben jenem Planeten geraten reihenweise neue Elemente in die Story hinein, die einerseits einen großen Schwerpunkt zugesprochen bekommen, bis dato aber im Rahmen der Saga als völlig bedeutungslos betrachtet wurden. Man mag zwar argumentieren, dass das Rätsel um die Illochim bislang im Verborgenen bleiben musste, um den Mythos ein wenig aufrechtzuerhalten, allerdings sind solch radikale Umschwünge in der Handlung, wie sie im Übrigen auch schon zwischen dem ersten und dem zweiten Band vollzogen wurden, in letzter Instanz doch ein wenig übertrieben.

Die Schwierigkeit, einen fließenden Übergang zu erreichen, manifestiert sich zudem auch im letzten Kapitel selbst. Schäfer schreibt eine wirklich starke Geschichte, die das lasche, bisherige Vermächtnis der „Illochim-Trilogie“ locker in den Schatten stellt, agiert in seiner Erzählung aber dennoch ein wenig sprunghaft. So schmückt er die Vergangenheit von Adrian Deubtar, einem unfreiwilligen terranischen Kolonisten, recht breit aus, stellt aber nachher keine ebenso weit reichende Verknüpfung zwischen seinem Leben und dem seiner Nachfolger her, auf die Atlan später trifft. Die Sache wird am Ende einigermaßen rund, doch gerade bei einer solchen Schwerpunktverteilung scheint manche Priorität doch ein wenig überdimensioniert.

Letzter Kritikpunkt ist das schwammige Ende. Der Autor holt ziemlich weit aus und entwirft ein spannendes, in sich logisches, sogar recht glaubwürdiges Handlungskonstrukt, lässt es dann aber auf den letzten Seiten ziemlich heftig in sich zusammenfallen. Der Spannungsbogen erfährt keinen echten Höhepunkt, und bevor man sich versieht, ist die Trilogie auch schon zu Ende, ohne dabei einen befriedigenden Schlussteil vorzuweisen. Möglicherweise liegt das in der Natur der merkwürdigen Illochim-Saga, aber gerade in dieser abschließenden Ausgabe war doch einiges mehr herauszukitzeln.

Sei’s drum: „Der Traum des Navigators“ ist dennoch das beste Buch dieses Dreiteilers, allein schon wegen des starken Spannungsaufbaus und der feinen Erzählatmosphäre. Was hier noch drin gewesen wäre, wenn die einzelnen Abschnitte der Trilogie schlüssiger miteinander verknüpft worden wären, bleibt indes spekulativ. Doch nach all den biederen Entwicklungen in der Gesamtstory gelingt es Rüdiger Schäfer zumindest, ein versöhnliches Ende zu präsentieren. Und gerade im Abgleich mit der persönlichen Erwartungshaltung ist dies mehr, als man anfangs erhoffen konnte!

|319 Seiten
ISBN-13: 978-3-89064-176-8|
http://www.fanpro.com
http://www.perryrhodan.net

Lukianenko, Sergej – Weltenträumer

Kirill hat sich von seiner Funktion als Zöllner gelöst und ist nun, nachdem er das Hebammenfunktional Natalja ermordet und mehr über die verschiedenen Welten und die Funktionale erfahren hat, als er eigentlich dürfte, vor den arkanischen Soldaten auf der Flucht. Mit dem Zug schlägt er sich von Moskau nach Charkow durch, in der Hoffnung, das Zöllnerfunktional Wassilissa stünde ihm bei und hülfe ihm, den Arkanern zu entkommen. Mit ihrer Hilfe und einer weiteren Zollstelle schafft er es letztendlich, sich nach Veros durchzuschlagen, wo er dann von dem Kurator Kotja, seinem ehemaligen besten Freund, vor einer Horde Polizistenfunktionalen gerettet wird.

So haben die beiden endlich Zeit sich auszusprechen, und Kirill erfährt nicht nur, warum Kotja ihn zum Funktional gemacht und warum er ihn bei ihrem letzten Treffen beinahe getötet hätte, sondern auch, dass Kotja langsam aber sicher seine Macht als Kurator verliert. Gleichzeitig wird Kirill immer stärker, obwohl er kein Funktional mehr ist. Kotja befürchtet, dass Kirill seine Stelle als Kurator einnehmen soll, und so schmieden beide einen Plan, um die Erde der Macht der Arkaner zu entziehen, was sich leichter anhört, als es letztendlich umsetzbar ist.

Kotja schickt Kirill in eine Welt namens Feste, die zwar von religiösen Institutionen regiert wird, es aber geschafft hat, sich der Macht Arkans und der Funktionale zu entziehen. Dort soll Kirill um Hilfe bitten. Doch diese wird ihm verweigert, und als die Arkaner gewaltsam nach Feste vordringen, muss Kirill erneut fliehen und erschafft ein Tor, durch das er in eine für ihn völlig neue Welt gelangt. Dort hofft er, das Herz der Funktionale zu finden, welches es ihm nicht nur ermöglicht, die Macht der Arkaner zu brechen, sondern ihm auch die Antworten auf seine Fragen bringen soll: Wenn Arkan Erde-1 ist, bei welcher Welt handelt es sich dann um Erde-0? Und wieso werden seine Fähigkeiten als Funktional zeitweise stärker, wo er doch kein Funktional mehr ist?

Kirill sieht sich selbst schon kurz vor dem Ziel, doch letztendlich kommt alles ganz anders …

_Eindrücke:_

Die „Welten“-Reihe von Sergej Lukianenko ist eine Mischung aus Fantasy und Science-Fiction. Im ersten Teil der Reihe, „Weltengänger“, wird der Hauptcharakter Kirill Maximow aus seinem Leben herausgerissen und gerät bei Bekannten, Freunden und sogar der Familie in völlige Vergessenheit, bis sich niemand mehr an seine Existenz erinnert. Sogar sein Ausweis zerbröckelt und es existieren keine Daten mehr über ihn – als hätte er niemals existiert. Dies ist nötig, damit er zu einem Funktional werden kann, da bis auf ein paar Ausnahmen unter den Menschen niemand etwas von der Existenz der Funktionale erfahren darf. Von da ab beginnt sein Leben als Zöllner-Funktional, was bedeutet, dass er in einem Turm lebt, der den Übergang in insgesamt vier Parallelwelten darstellt.

Diese Welten unterscheiden sich mehr oder weniger stark voneinander. In der einen gibt es kein Öl, die andere ist in der Antike stehengeblieben und wieder in der nächsten besteht die Luft aus bewusstseinsverändernden Dämpfen, die bei den Bewohnern zu einem andauernden Vollrausch führen. Wieder andere Welten sind gar nicht von Menschen bevölkert oder nur von Tieren bewohnt. Bald schon beginnt Kirill, sich zu fragen, was es mit der Welt der Funktionale auf sich hat und kommt durch seine Recherchen und sein aufmüpfiges Verhalten hinter einige der Geheimnisse der Welt der Funktionale, was ihm nicht nur die furchtbare Wahrheit über die Funktionale zeigt, sondern auch in große Gefahr bringt. Denn von nun an wird er von den Soldaten aus Arkan, Erde-1, gejagt. Doch statt sich zu stellen, versucht Kirill umso mehr, hinter die Geheimnisse der Welten zu kommen und will gegen die Macht der Funktionale ankämpfen.

Damit schickt der Autor Sergej Lukianenko seine Hauptfigur Kirill im zweiten Teil der „Welten“-Reihe nicht nur erneut in völlig neue Welten – wie zum Beispiel Feste, in der die Religion die Macht hat und kleine Terrier als tödliche Kampfhunde gelten -, sondern auch wieder durch alle möglichen Abenteuer. Dennoch unterscheidet sich „Weltenträumer“ von seinem Vorgänger. Während Kirill im ersten Teil noch das Leben als Zöllnerfunktional erfahren durfte und sich das Geschehen im Buch die meiste Zeit in seinem Zöllnerturm oder den Nachbarwelten abspielte, wird er nun als ehemaliges Funktional gejagt und kommt mehr in den Welten herum als im ersten Teil.
Obwohl das Ende von „Weltengänger“ für den ein oder anderen etwas kompliziert verlaufen sein könnte, kommt man dennoch gut wieder in die Geschichte rein und kann gleich wieder mit Kirill mitfiebern.

Schon in „Weltengänger“ lässt Sergej Lukianenko an jedem Anfang eines neuen Kapitels nachdenkliche Ansätze einfließen, die mal gesellschaftskritisch, mal philosophisch oder psychologisch angehaucht sind und Sergej Lukianenko nicht nur als guten Menschenkenner und Beobachter auszeichnen, sondern auch die Geschichte perfekt ergänzen. Genauso ist es auch wieder in „Weltenträumer“. Er greift Geschehnisse aus dem Kapitel davor oder welche, die noch kommen werden, auf und schafft damit eine passende Einleitung in das Kapitel, was „Weltenträumer“ zu etwas mehr macht als pure Unterhaltungslektüre. Zudem verfügt Lukianenko offenbar auch ein recht großes Allgemeinwissen, das er ebenfalls immer wieder in seiner Geschichte durchschimmern lässt. Der Autor findet wirklich zu jeder Szene, die er beschreibt, ein passendes Thema, über das sich philosophieren lässt, und diese Vorgehensweise macht das Buch neben der tollen Story und den Charakteren zu etwas Besonderem.

Die Charaktere sowie die Parallelwelten und die Geschichte in „Weltenträumer“ sind nicht nur einzigartig, sondern wirken in der Erzählweise des Autors sehr realistisch. Bei den Charakteren hat man das Gefühl, dass es sich um wirklich existierende Personen handeln muss, über die Sergej Lukianenko schreibt. Schon in „Weltengänger“ haben mich die Charaktere beeindruckt, und in „Weltenträumer“ geht diese Entwicklung auch ebenso weiter. Jetzt bemerkt man als Leser auch zunehmend eine Weiterentwicklung bei den Charakteren, die zwar nicht ganz offensichtlich ist, aber dennoch bemerkbar. Man nimmt wahr, wie Kirill nicht nur durch seine Kräfte als Funktional stärker wird, sondern auch selbstbewusster. Gleichzeitig entwickelt er einen ganz eigenen Humor, welcher der Geschichte an einigen Stellen einen amüsanten Touch verleiht und sie noch interessanter und unterhaltsamer macht. Bei Kotja ist keine wirkliche Weiterentwicklung zu erkennen, allerdings werden seine Charaktereigenschaften noch verstärkt und vertieft. Das gelingt dem Autor so stimmig, dass man es kaum hätte besser machen können. Lukianenko zeigt ein Talent für die Charaktergestaltung in seinen Romanen auf, das seinesgleichen sucht.

Ein deutlicher Pluspunkt in „Weltenträumer“ ist die konstante Spannung, die den Leser an das Buch fesselt. Dabei ist es völlig egal, ob sich Kirill gerade in einem förmlichen Gespräch befindet, sich durch eine menschenleere Eiswüste schlagen oder wieder einmal vor den Arkanern fliehen muss – die Geschichte ist und bleibt die ganze Zeit spannend und lässt den Leser kaum noch los. Hat man einmal angefangen zu lesen, wird man komplett in die Welt hineingezogen und erlebt die Abenteuer von Kirill mit, als wäre man selbst dabei.

Der Schreibstil in „Weltenträumer“ ist fließend und in Ich-Form gehalten. Da Gedankengänge von Kirill besonders wichtig für Spannung und die Unterhaltung der Geschichte sind, ist diese Variante hier eindeutig passend gewählt. So kann der Leser noch intnesiver in die Geschichte abtauchen. Der Schreibstil ist recht wortgewandt und wechselt zwischen humorvollem, kritischem und spannendem Erzählstil.

Schon das Ende von „Weltengänger“ war großartig und absolut unvorhersehbar. Daher war die Messlatte, die ich für das Ende des zweiten Teils gesetzt hatte, natürlich recht hoch. Ich war zwar nicht durchgehend vom Finale enttäuscht, fand es aber doch etwas schade, dass es dann nicht ganz so stark ausgefallen ist wie erhofft. Das Ende ist ein recht einfaches und lässt viele Fragen offen im Raum stehen. Zwar könnte man das Ende von „Weltenträumer“ als ein abschließendes ansehen, doch aufgrund der vielen unbeantworteten Fragen (Was ist mit Erde-0? Und der Macht der Arkaner? Etc.) bleibt zu hoffen, dass es noch einen weiteren Teil geben wird, in dem diese Fragen beantwortet werden und die Geschichte von Kirill weitergeht.

_Fazit:_

Mit „Weltenträumer“ legt Sergej Lukianenko eine würdige Fortsetzung von „Weltengänger“ vor, die dem Vorgänger in beinahe nichts nachsteht. Die Charaktere und die Welten sind fantastisch und wirken realistisch, die Geschichte bleibt durchgehend spannend und durch das Allgemeinwissen und die vielen nachdenklichen Ansätze, die der Autor in seinen Roman eingebaut hat, wird das Buch zu etwas besonderem. Nur das Ende, von dem ich mir nach „Weltengänger“ etwas mehr erhofft hatte, ist bei „Weltenträumer“ nicht ganz so spektakulär ausgefallen wie bei seinem Vorgänger.

_Der Autor:_

Sergej Lukianenko wurde am 11. April 1968 in Qaratau, Kasachstan geboren und ist einer der erfolgreichsten Science-Fiction- und Fantasy-Autoren weltweit. Doch bevor der Schriftstellerruhm ihn ereilte, studierte er Medizin und arbeitete lange Zeit als Psychiater. Seine ersten Kurzgeschichten veröffentlichte er in den achtziger Jahren in dem Magazin „Sputnik Junior – Junior Quest“. Sein erstes Buch war „Wächter der Nacht“, der Auftakt der Wächter-Tetralogie, die als Grundlage für aufwändig produzierte Kinofilme dienen. Heute arbeitet er als freier Schriftsteller und lebt mit seiner Frau Sonja in Moskau.

|Die Welten-Reihe:|

Band 1: Weltengänger
Band 2: Weltenträumer

|Originaltitel: Chistovik (The Final Draft)
Übersetzt von Christiane Pöhlmann
Paperback, 496 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52460-6|
http://www.heyne.de

_Sergej Lukianenko auf |Buchwurm.info|:_

[„Wächter der Nacht“ 1766 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter der Nacht“ 1828 (Buchrezension von Dr. Michael Drewniok)
[„Wächter der Nacht“ 3028 (Hörbuchrezension von Meike Schulte-Meyer)
[„Wächter des Tages“ 2390 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter des Zwielichts“ 2910 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Wächter der Ewigkeit“ 3594 (Buchrezension von Dr. Maike Keuntje)
[„Das Schlangenschwert“ 3413 (Buchrezension von Birgit Lutz)

Parzzival, S. H. A. – Blutkriege (TITAN-Sternenabenteuer 30)

Während die Erdbevölkerung die Rückkehr der |Titan| und den Frieden mit den Cadschiden feiert, verfolgen Shalyn Shan und Wernher von Witzleben, genannt die Fledermaus, eine heiße Spur nach Managua. Dort hofft der ehemalige World-Police-Agent, eine Spur des geheimnisvollen dritten Drillings zu finden (siehe TITAN Band 25, [„Himbeertod“), 2661 der eventuell Aufschluss über Monjas Identität und die Hintermänner geben kann, die für den Anschlag auf Shalyn Shan verantwortlich sind. Doch die Frau wurde bei menschenverachtenden Killerspielen getötet, und so sieht Wernher von Witzleben nur noch eine Möglichkeit: Die Lösung des Falles liegt im Reich der Toten, und es gibt jemanden, der die Möglichkeit hat, dorthin vorzustoßen und Informationen aus dem Jenseits zu erhalten – Mick Bondye, der Voodoo-Vampir …

_Eindrücke:_

Nach dem enttäuschenden Band 29 geht es im vorliegenden Roman endlich gewohnt rasant und kurzweilig weiter. Leider gestaltet sich Anakes Dilemma (siehe Band 27, [„Krakentanz“) 3796 als nicht ganz so dramatisch wie angenommen, aber im weiteren Verlauf der Handlung wird der Leser ebenso wie die Besatzung der |Titan| mit beunruhigenden Offenbarungen konfrontiert, welche in düsteren Zukunftsvisionen gipfeln, die gar nicht so unrealistisch sein dürften. Gerade der Kalte Krieg zwischen dem Wirtschaftsimperium von Michael Moses und der Weltregierung ist ein Spiegel unserer heutigen Gesellschaft, in der immer mehr Unternehmen und Regierungsorgane privatisiert und in die Hände einiger weniger Menschen gelegt werden, die oftmals nur den Profit vor Augen haben.

Ein weiteres unserer heutigen Gesellschaftsphänomene wird im Roman aufs Korn genommen, als Shalyn Shan und Wernher von Witzleben nach Managua fliegen und dort im Umfeld einer aberwitzigen Reality-Spielshow recherchieren. Dort wird, wenn auch illegal, mit dem Leid anderer Menschen Unterhaltung und Geld produziert, bis hin zum Tod des Teilnehmers. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Genre-Bezeichnung „Dark-Fiction“ mehr als gerechtfertigt.

Insgesamt betrachtet, ist dieser Roman sehr viel düsterer und unheilschwangerer als die bisherigen Bände. Ein Highlight dieses Buches ist mit Sicherheit der Auftritt von Mick Bondye, dem Voodoo-Vampir. Eigentlich kreierte Parzzival diese Figur für „Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik“. Da Vampire aber unsterblich sind, können sie natürlich auch im Jahre 2109 noch existieren – ein interessanter Gedanke und eine originelle Idee, zwei Serien derart zu verknüpfen, wenn auch „Titan“ insgesamt betrachtet leichtere Kost darstellt und die beiden Welten nicht so recht zusammenpassen wollen. Doch die Figur des Mick Bondye wirkt keinesfalls störend, sondern ist eine schöne Bereicherung des Serien-Kosmos. Ob die altgedienten „Promet“-Fans davon begeistert sind, dass nun auch Vampire in ihrer geliebten Science-Fiction-Serie ihr Unwesen treiben, sei einmal dahingestellt.

Die ersten zwei Drittel des Romans sind jedenfalls eine sehr gute, teilweise auch zum Nachdenken anregende Unterhaltung. Im letzten Drittel gibt es einen kleinen Bruch in der Handlung, der sich durch das Erscheinen von Monja vollzieht, die bis dahin im Krankenhaus von ihren Verletzungen genas, welche sie in den japanischen Bergen davontrug. Die alberne Szene, in der Wernher von Witzleben nackt im Schlafzimmer von Shalyn Shan auf diese wartet und von ihr und Monja überrascht wird, hätte sich der Autor sparen können, zumal Monja wieder zum naiven Dummchen verkommt, dessen Image sie in Band 27 gerade abzustreifen begann, als sie verzückt auf das Geschlechtsteil des Agenten stiert. Shalyns Reaktion ist nicht minder nervtötend, denn es fällt ihr nichts Besseres ein als erst einmal fünfmal hintereinander „Monja“ zu rufen!

Doch zum Ende hin gewinnt die Geschichte wieder mehr an Tempo und Brisanz und endet mit einer echten Überraschung sowie dunklen Zukunftsaussichten. Die nächsten beiden Bände, in denen der Zyklus zu Ende gebracht werden soll, dürften spannend werden.

Als Extra gibt es dieses Mal endlich wieder das Lexikon, in dem das titelgebenden Raumschiff |Titan| ausführlich erklärt wird. Die Aufmachung ist insgesamt sehr ansprechend. Das Cover wirkt zwar eher, als ob es zur „Schattenchronik“ gehörte, aber in Anbetracht der Handlung ist es nicht unpassend. Gelungen sind auch die Grafiken im Roman, die erneut Andrä Martyna schuf und die viel besser zur Geltung kommen als die Illustration im vorangegangen Band.

_Fazit:_

Endlich findet der aktuelle Zyklus zu seiner gewohnten Form zurück und präsentiert mit „Blutkriege“ ein durchweg spannendes und temporeiches Dark-Fiction-Abenteuer, welches nur kleinere Schwächen aufweist in Hinsicht auf die übertrieben dargestellten Charaktere Wernher von Witzleben und Monja.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

David Gerrold – Die Bestie

Per Zeitmaschine reisen acht Männer und Frauen in die Kreidezeit. Sie wollen das ultimative Jagderlebnis und pirschen auf den Tyrannosaurus Rex. Interne Streitigkeiten, Desorganisation und Selbstüberschätzung lassen sie scheitern. Plötzlich jagt die gewaltige Bestie sie – und das mit tödlicher Unerbittlichkeit … – Die vom Plot simple Geschichte ist nicht nur ein spannendes Abenteuergarn, sondern erzählt auch vom Menschen einer technisch fortgeschrittenen Zukunft, der geistig der (unreife) Alte geblieben ist: ein vergessener aber lesenswerter SF-Roman.
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Weis, Margaret / Weis, Lizz – Dunkler Engel

Über (Schutz-)Engel auf Erden sind bereits einige Filme gedreht worden. Völlig neu ist das Thema also nicht. Trotzdem greift die bekannte Fantasyautorin Margaret Weis (|Drachenlanze|, |Das verbotene Land|, |Der Stein der Könige|, |Die Vergessenen Reiche – Death Gate Cycle|) in Zusammenarbeit mit ihrer Tochter Lizz auf dieses Thema zurück, und ja, der Engel auf Erden verliebt sich in einen Menschen …

Derek de Molay ist ein ehemaliger Tempelritter, dem der Zugang in den Himmel vor allem aufgrund seiner eigenen Starrköpfigkeit verwehrt geblieben ist. Er glaubt nicht an Gott, da ihm bislang so viel Schlechtes widerfuhr, und als passionierter Krieger macht es ihm auch nicht wirklich etwas aus, im Fegefeuer Krieg gegen Luzifer und die Engel der Dunkelheit zu führen.

Doch eines Tages tritt der Erzengel Michael mit einem besonderen Auftrag an ihn heran. Die Engel haben das Gefühl, dass das Böse versucht, die Menschen auf der Erde auf seine Seite zu ziehen und die Welt in Chaos zu stürzen. Es scheint, als hätten sie sich dazu ein Opfer auserkoren, das sie für ihre Zwecke einspannen möchten: die junge, erfolgreiche Börsenmaklerin Rachel Duncan. Ihr Schutzengel ist seit geraumer Zeit verschwunden, weshalb Derek auf sie aufpassen soll – unauffällig natürlich. Er soll als Portier in ihrem Appartementblock arbeiten und beobachten, mit wem sie Kontakt hat.

Das ist gar nicht so einfach für einen Mann, der im vierzehnten Jahrhundert geboren ist. Er muss ihr die Tür aufhalten, Taxis für sie rufen und ihr stets zu Diensten sein. Natürlich funktioniert das nicht ohne Reibereien, besonders da Rachel manchmal nicht gerade umgänglich ist und sich zu Derek hingezogen fühlt. Aber zu einem Portier?! Da geht sie doch lieber mit einem ihrer Kunden, dem reichen Zanus, aus. Er schmeichelt ihr, macht ihr Geschenke, und doch hat sie das Gefühl, dass er sie nicht ernst nimmt. Derek dagegen glaubt, dass Zanus hinter etwas ganz anderem her ist. Sein Auftrag lautete eigentlich, die junge Frau zu beschatten, doch er als Ehrenmann kann es natürlich nicht unterlassen, sie auch zu beschützen …

Margaret Weis widmet sich zusammen mit Tochter Lizz zum ersten Mal dem Genre Urban Fantasy. Auch ohne Kenntnis ihrer vorherigen Werke lässt sich sagen, dass „Dunkler Engel“ nicht unbedingt etwas für die Allgemeinheit, sondern eher für bestimmte Zielgruppen geeignet ist, vornehmlich Frauen, denen romantisch-witzige Bücher mit einem Hauch des Paranormalem gefallen. Die Autorinnen konzentrieren sich sehr stark auf die Anziehung zwischen Derek und Rachel, so dass die Handlung häufig im Hintergrund steht. Sie kommt nicht richtig zum Tragen und ist rückblickend recht simpel gestrickt. Das ist schade, denn das Buch hat einige Ansätze, aus denen man mehr hätte machen können. Zum einen ist da das Zusammentreffen eines Ritters aus dem vierzehnten Jahrhundert mit dem modernen New York. Derek gewöhnt sich ausgesprochen schnell an die neuen Umstände, die denen seiner Zeit und auch des Fegefeuers sicherlich nicht entsprechen – zu schnell, um ehrlich zu sein. Auch die Feindschaft zwischen den guten und den bösen Engeln wird nur am Rande erwähnt, von Verschwörungstheorien oder spannenden Showdowns sehen die Autorinnen gänzlich ab.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht Rachel, ein einsamer Workaholic, die sich in einer Männerwelt durchzusetzen hat. Das macht sie auf der einen Seite zu einer taffen Frau, auf der anderen befindet sie sich in einem Zwiespalt, da sie nie so sein kann, wie sie wirklich ist, nämlich verletzlich. Neben ihrer Arbeit beschäftigt sie sich vor allem mit ihrer aufkeimenden, nicht immer reibungslosen Beziehung zum generösen, aber dennoch unnahbaren Zanus und mit dem neuen Portier, dessen Verhalten sehr merkwürdig ist und der unglaublich gut aussieht. Der Grundtenor des Buches entspricht dadurch weniger anderen Urban-Fantasy-Büchern, sondern eher Frauenromanen à la „Bridget Jones“, auch wenn Rachel lange nicht so witzig dargestellt wird. Ab und an schimmern ein wenig Biss und Ironie durch, aber letztendlich bleibt Rachel als Charakter eindimensional. Sie wirkt beinahe klischeehaft, ein Kritikpunkt, den man sicherlich auch bei den anderen Charakteren anbringen kann.

Diese brechen zu selten aus dem Rahmen aus, der ihnen zugedacht ist. Sie sind zwar gut gezeichnet und weisen keine Inkonsistenzen auf, aber wirklich interessant sind sie, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht. Diese Ausnahmen sind der Erzengel William, der Derek zur Seite steht und als Obdachloser verkleidet immer wieder ins Geschehen eingreift, und der Cherub Sampson, der Derek später als Partner an die Seite gestellt wird. Allerdings muss Sampson sich dazu in eine Katze verwandeln. Er zieht in Rachels Appartement ein und spioniert sie so direkt aus. Die Situation, dass er plötzlich in einem Katzenkörper lebt und Derek alles andere als ein Katzenliebhaber ist, führt immer wieder zu witzigen Momenten, und Sampsons Humor ist einer der Lichtblicke der Geschichte.

Obwohl das Buch von der Handlung und der Personenzeichnung her wie romantische Frauenliteratur wirkt, fehlen der Schwung und der Witz, die vielen solcher Romane zueigen sind. Margaret und Lizz Weis leisten sich keine Patzer in handwerklicher Hinsicht. Sie erzählen flüssig und lebendig – viel mehr aber auch nicht. Von einigen witzigen Stellen abgesehen, ist das Buch auf weiten Strecken eine reine Wiedergabe von Rachels Gefühlen und Gedanken, die nicht immer sonderlich tief gehen. Die Autorinnen finden die richtigen Worte dazu, schaffen es aber nicht, der Geschichte noch etwas mehr Kick zu verpassen.

„Dunkler Engel“ erreicht mit seinem romantischen Grundthema und dem paranormalen Touch sicherlich seine Zielgruppe. Der breiten Leserschaft wird der Urban-Fantasy-Versuch des Mutter-Tochter-Gespanns allerdings weniger gefallen. Dafür hat der Roman zu wenig abseits der Liebeswirrungen zu bieten – sowohl handlungstechnisch als auch in Bezug auf den Schreibstil.

|Originaltitel: Warrior Angel, 2007
Aus dem Englischen von Catrin Lucht
Taschenbuch, 351 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margaretweis.com

_Margaret Weis bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Vergessenen Reiche“ 13
[„Quell der Finsternis“ (Der Stein der Könige) 394
[„Drachenzwielicht I“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3499
[„Drachenzwielicht II“ (Die Chronik der Drachenlanze) 3764