Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

James Herbert – Apokalypse

Letzte Zuckungen eines sterbenden Planeten

Orkane, Erdbeben, Sturmfluten, Vulkanausbrüche verheeren die Erde – letzte Zuckungen eines sterbenden Planeten. Eine Serie geheimnisvoller Ereignisse kündigt das Nahen einer globalen Katastrophe an. Alle haben die unheildrohenden Zeichen am Himmel gesehen – düstere Boten einer unvorstellbaren Apokalypse… (Verlagsinfo)

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Michael Moorcock – Gloriana oder Die unerfüllte Königin (revidierte Fassung)

Preisgekrönte Fantasykomödie

In einem England des 16. Jahrhunderts, das es nie gab, lebt die unerfüllte Königin Gloriana. Obwohl ihr Reich sich bis nach Asien erstreckt und die Wissenschaft floriert, ist sie unglücklich: Sie kommt nie zum Höhepunkt. Das will Quire ändern, einer der zahllosen Geheimagenten des Lordkanzlers Montfallcon. Quire verbündet sich mit dem ärgsten Feind des Kanzlers und verführt die Königin, um das Reich zum Einsturz zu bringen. Doch er hat nicht mit Glorianas Reaktion gerechnet…

Der Roman wurde mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet.

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Jules Verne – Von der Erde zum Mond (Hörspiel, 1967)

Die Eroberung des Erdtrabanten war in der Literatur schon seit der Antike – etwa bei Lukian – ein gängiges Motiv. Die meisten Autoren ließen sich irgendwelche fantastischen Tricks einfallen, um von A nach B zu gelangen, was ihre Geschichte denn auch als Fabel auswies. Doch erst Verne strengte sich an, eine technische Lösung für das Problem der Personenbeförderung zum Erdmond zu suchen. Und er fand sie in Gestalt einer 300 Meter langen Superkanone. Sie funktioniert allerdings auch nur in seiner Geschichte …

Der Autor

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Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – Gespräch mit einer Mumie (POE #18)

_Der Pharao als König der Zocker_

„Gespräch mit einer Mumie“ ist der achtzehnte Teil der Edgar-Allan-Poe-Serie von |Lübbe Audio|, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Als Doktor Pononner seine Freunde Poe und Leonie Sander eines Abends einlädt, mit ihm eine alte ägyptische Mumie zu untersuchen, ahnen die drei Personen nicht, was sie in dieser Nacht erwartet. Der leblose Körper offenbart zunächst keine besonderen Geheimnisse. Doch dann wagen die Forscher ein Experiment mit der Volta’schen Säule und setzen die Mumie unter Strom. Der tote Pharao erwacht zum Leben. Er reagiert recht ungehalten auf seine raue Erweckung, denn er steht unter einem uralten Fluch …

Ulrich Pleitgen und Iris Berben haben auch an den ersten siebzehn Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

#1: Die Grube und das Pendel
#2: Die schwarze Katze
#3: Der Untergang des Hauses Usher
#4: Die Maske des roten Todes
#5: Sturz in den Mahlstrom
#6: Der Goldkäfer
#7: Die Morde in der Rue Morgue
#8: Lebendig begraben
#9: Hopp-Frosch
#10: Das ovale Portrait
#11: Der entwendete Brief
#12: Eleonora
#13: Schweigen
#14: Die längliche Kiste
#15: Du hast’s getan
#16: Das Fass Amontillado
#17: Das verräterische Herz

Die vier neuen Folgen sind:

#18: Gespräch mit einer Mumie
#19: Die Sphinx
#20: Die 1002. Erzählung
#21: Schatten

Die (am 30.3.2007) kommenden Folgen sind:

#22: Berenice
#23: König Pest
#24: Der Fall Valdemar
#25: Metzengerstein

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren.

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie u. a. mit dem Bambi und mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Der deutsche Prolog wird von Heinz Rudolf Kunze vorgetragen, der englische von Laurie Randolph, die Ansage erledigt André Sander. Die deutsche Hörspielfassung stammt von Melchior Hala nach einer Idee von Marc Sieper, Dickky Hank und Thomas Weigelt. Für Regie, Musik und Ton waren Christian Hagitte und Simon Bertling vom |STIL|-Studio verantwortlich.

_Das Booklet_

Jede CD enthält ein achtseitiges, schwarz gehaltenes Booklet. Eingangs gibt es einen mittlerweile recht umfangreichen Abriss der Vorgeschichte der Episode. Kleine Biografien stellen die beiden Hauptsprecher Ulrich Pleitgen und Iris Berben vor. Die mittlere Doppelseite zeigt alle bislang veröffentlichten CDs und die [DVD 1487 von „Die Grube und das Pendel“. Danach folgt eine Seite, die sämtliche Credits auflistet.

Die vorletzte Seite wirbt für das Hörbuch [„Edgar Allan Poe: Visionen“, 2554 das ich empfehlen kann. Die letzte Seite gibt das Zitat aus E.A. Poes Werk wieder , das am Anfang einer jeden Episode – jeweils abgewandelt – zu hören ist.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon siebzehn Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Alpträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe nicht von Alpträumen nicht verschont. Doch er findet etwas über seine und Leonies Vergangenheit heraus und welche finstere Rolle Dr. Templeton als Francis Baker darin spielt.

Am Anfang rekapituliert Poe sehr knapp die unmittelbare Vorgeschichte bis hin zum Inhalt von „Das verräterische Herz“, der 17. Folge der Serie. Das erleichtert den Einstieg in die Serie ein wenig, aber nur minimal.

Als der Maler Jimmy Farrell in einem New Yorker Mietshaus starb, murmelte er noch ein einziges, rätselhaftes Wort. Poe schafft es, das Rätsel zu lösen. Für seine Entdeckung zahlt er einen schrecklichen Preis: Das Gefühl, an einem schrecklichen Verbrechen schuld zu sein.

_Handlung_

In New York City ist Poe Zeuge schrecklicher Geschehnisse geworden. Maler Jimmy Farrell wurde ermordet, der Polizist Moloney lebendig eingemauert und in der Leichenhalle des New Yorker Stadtkrankenhauses gehen mysteriöse Dinge vor sich. Der einzige Freund, den Poe hier hat, ist der Bettler und Dieb George Appo, der ihm aus New Orleans gefolgt ist. Allmählich beginnt sich die Polizei für Poe zu interessieren, der an den Tatorten gesehen wurde. Poe beschließt, Appo zu treffen.

Die Schwarzbrennerin und Schnapshändlerin Rosanna Pierce bietet in ihrem Hinterzimmer die Möglichkeit, Appo heimlich zu treffen. Als die Polizei eintrifft, um die Schenke zu durchsuchen, verstecken sich Poe und Appo unter einer Falltür. Auf diese Weise werden sie Ohrenzeugen einer brutalen Folterung der Wirtin. Sie soll ihnen verraten, wo sie Appo finden können. Poe kann kaum an sich halten, doch Appo hält ihn zurück. Als sie wieder gehen und Poe und Appo aus ihrem Versteck kriechen, ist Poe geschockt: Sie haben ihr die rechte Hand zerschmettert …

Da beide Dr. Baker suchen, können sie zu zweit vorgehen. Poe und Appo begeben sich erneut in Jimmy Farrells Mietshaus, wo sie bis zum Dachgeschoss emporsteigen. Hier hatte Poe ein Mädchen getroffen, das ihm den Weg wies. Sie ist eine junge Prostituierte, obwohl noch fast ein Kind. Sie dringen in ihre leere Wohnung ein und warten. Als sie endlich kommt, hat sie zwei Männer bei sich. Einer der beiden ist ein Flusspirat und erkennt Poe wieder. Es kommt zu einem Kampf, in dessen Verlauf Appo verletzt und einer der Männer erschossen wird.

Als sie mit der Frau in den nahen Park gehen, fasst Poe einen kühnen Plan, mit dessen Hilfe es ihm gelingen soll, das Büro von Dr. Gump zu durchsuchen. In dessen Büro im New Yorker Stadtkrankenhaus will er dem Hinweis Jimmy Farrels nachgehen, der etwas von einem Pharao gemurmelt hatte, als er starb. Bei seinem ersten Eindringen hat Poe dort nur das Bild eines Pharaos gefunden, sonst nichts. Die junge Frau heißt Anna Rogêt und soll an Dr. Gump schreiben, sie wolle ihn treffen. Ist der Arzt aus dem Haus, kann Poe in Ruhe suchen.

Die erste Hälfte des Planes gelingt mit Annas Hilfe und Poe findet tatsächlich etwas, doch der Abschluss mündet in Grauen und Gewalt.

_Mein Eindruck_

Theoretisch könnte die Serie ewig weitergehen, doch inzwischen hat der Dramaturg die Strategie geändert. Statt wie bisher der Poe-Story breiten Raum einzuräumen, steht nun die meist recht kriminelle Action in der Realität im Vordergrund. Diese ist auch viel interessanter und mindestens genauso gruselig wie eine Poe-Story. Außerdem besteht nach immerhin 17 Episoden ein gewisses dringendes Bedürfnis nach Klärung von Poes Identität.

Um dieses Geheimnis zu lüften, muss sich Poe trotz seines Handicaps – unbekannte Identität, Aggressivität und labile Psyche – anstrengen, wenn er einen Hinweis nach dem anderen beschaffen will. Doch die Straßen Manhattans sind im Jahr 1845 genauso wenig sicher wie sie es in den 1970er Jahren waren (siehe auch [„Gangs of New York“ 596 von Herbert Asbury). Poe muss sich vor echten Verbrechern ebenso in Acht nehmen wie vor den korrupten und nicht zimperlichen Polizisten.

Dass in der Stadt ein reger Handel mit Leichen und Organen im Schwange ist, hat er schon vorher von dem alten Mr. Waltman herausbekommen, der mit ihm im Hotel zu Gast ist. Aber was passiert noch mit den Kranken und Toten in der Riesenstadt? Er wird noch Details erfahren, die weitaus grauenerregender sind als Leichenhandel.

|Die Mumie will spielen|

Womit wir beim Thema der Poe-Erzählung „Gespräch mit einer Mumie“ wären, die dem Hörbuch seinen Titel gibt. Während Poe seine Erzählung darauf abstellt, die Zivilisation der Vereinigten Staaten auf den Prüfstand zu stellen und sie von einem 3000 Jahre alten Herrscher Ägyptens beurteilen zu lassen, geht es dem Hörbuch um viel vordergründigere Ziele.

Der Pharao, so finden Poe und Sander im Poe-Traum heraus, hat seinerzeit das Glücksspiel Pharo oder Faro erfunden und seine Untertanen derartig spielsüchtig gemacht, dass sie vergaßen, den Göttern zu huldigen. Das erzürnte deren Priester, denn ihre Einnahmen brachen weg. Sie verfluchten daher den gotteslästerlichen Herrscher, balsamierten ihn lebendig ein und stellten die Gottesfurcht in ihrem Land wieder her. Doch das Spiel des Pharaos, nämlich Pharo, konnte nicht getilgt werden und wird auch im New York des Jahres 1845 eifrig gespielt.

Als der Pharao in Poes Traum nach der altbewährten Frankenstein-Methode (s. o.) zum Leben erweckt wird, hat der Verfluchte nur eines im Sinn und er weiß auch, wie er es bekommen kann: Er will Pharo spielen und greift sich Leonie Sander als Geisel. Poe und Leonie müssen quasi um ihr Leben spielen und alles auf eine Karte setzen.

Dieses Bild ist recht lustig, wenn auch etwas gruselig. Es verbindet ein Thema der Haupterzählung, nämlich Pharo, mit dem Thema Untote. Außerdem belegt der Traum, dass sich Poe immer noch nach dem Beistand Leonies sehnt, die er in New Orleans verließ, um sie zu schützen. Vergleicht man jedoch diese Bearbeitung mit der Poe’schen Vorlage, so besteht ein himmelweiter Unterschied im Qualitätsniveau und in der Zielrichtung der Story.

|Das Rätsel des Falles Rogêt|

Poe-Kenner dürften über den Namen Anna Rogêt gestolpert sein. Hinzukommt, dass Anna erzählt, sie habe eine Schwester (ihr Name wird nicht genannt), die seit fünf oder sechs Jahren verschwunden sei. Nun, für einen Poe-Experten kann dies nur eines bedeuten: Ihre Schwester heißt Marie Rogêt, und ihr Verschwinden wurde von Poes berühmtem Detektiv C. Auguste Dupin untersucht. Die entsprechende Story ist zwar todlangweilig, aber sie eignet sich dafür, dass man an sie anknüpft. Wer weiß, was der Dramaturg noch daraus macht. Vier Folgen kommen auf jeden Fall noch.

_Musik und Geräusche_

Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt. Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Es gibt Schüsse, Glockenschläge von Turmuhren (man kann die Stunde daran ablesen), jede Menge Schreie und auch sonst jede Menge zu hören.

Auf die Dreidimensionalität wurde stärker geachtet: Stimmen von links und rechts, in der Ferne (leiser) und im Vordergrund (lauter), ja sogar innerer Monolog (spezielle Musikuntermalung mit ausgeblendeten Geräuschen) vermitteln den Eindruck einer Welt, in der sich ein Betrachter wie im Zentrum des Geschehens fühlen könnte.

Die Musik erhält eine wichtige Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der zwei Hauptfiguren und ihres jeweiligen Ambientes darzustellen. Diese untermalende Aufgabe dient diesmal mehr der Gestaltung ganzer Szenen. Wieder werden die Übergänge zwischen Poes Erleben und seiner Traumwelt mit gelungenen Soundeffekten angedeutet.

Ein Streichquartett, Musiker des Filmorchesters Berlin sowie die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht.

_Der Song_

|Mara Kim: A Dream within a Dream|

Die Sängerin Mara Kim wurde unter anderem mit dem Hessischen Songpreis sowie bei den Berliner Festspielen ausgezeichnet. Die erste Veröffentlichung »Infinite Possibilities« erschien 2003 auf der |Frankfurt Lounge|-CD mit dem Produzententeam »Superflausch«. Die 21-jährige Künstlerin, die sich auch selbst am Klavier begleitet, schreibt ihre Texte in verschiedenen Sprachen und arbeitet an ihrem ersten Soloalbum. Ihre Stimme ist einfach ein Ereignis und muss man gehört haben.

Die elegische Ballade „A Dream within a Dream“ wird im englischen Original vorgetragen, und zwar mit so viel Intensität, dass sie bei mir einen starken Eindruck hinterließ. Natürlich wird der klassische Gesang von einem Piano und den obligaten Streichern (gutes Cello) begleitet, insofern alles wie gehabt. Im direkten Vergleich mit der Vorlage fand ich heraus, dass der Teil der Strophen besser verteilt und am Schluss etwas gekürzt wurde. Dadurch erklingt der Refrain mit der Titelzeile häufiger und eindringlicher, der Song wirkt weniger wie ein Gedicht, sondern mehr wie ein Lied. Das Ergebnis der Bearbeitung spricht für sich.

_Unterm Strich_

Das Notizbuch, das Poe in Dr. Gumps Büro findet, enthält einen Hinweis auf den Polizisten Moloney. Der hat nun den bedauerlichen Nachteil, dass er in den Katakomben New Yorks lebend eingemauert wurde …

Wie bei einer Schnitzeljagd in einem Videospiel muss Poe dem Hinweis folgen und den nächsten Hinweis beschaffen, wenn nicht sogar Kontakt zu einem Mitspieler im undurchsichtigen Spiel des Dr. Baker knüpfen. Es bleibt also spannend.

Diese Episode ist zwar recht actionreich und sogar ungewöhnlich gewalttätig, doch die eingeschobene Episode mit der wiedererweckten Mumie hat mich nicht so recht überzeugt. Sie endet auch derart abrupt, dass man sie mehrmals hören sollte. Einen Pharao zum König der Zocker zu machen – das grenzt schon an den Humor von „Bully“ Herbig. Vielleicht tanzen demnächst die Sphinxen auf dem Tisch.

http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de/
http://www.luebbe-audio.de

Isaac Asimov – Falsch korrigiert (Hörspiel)

Wer den Film „I, Robot“ mit Will Smith in der Hauptrolle gesehen hat, bemerkte vielleicht an der Seite des Detektivs die Roboterentwicklerin Dr. Susan Calvin. Diese von Isaac Asimov erfundene kluge Wissenschaftlerin spielt in mehreren Robot-Storys eine wichtige Rolle. Ihr fällt die Aufgabe zu, die bekannten drei Gesetze der Robotik in Form positronischer Schaltkreise umzusetzen. So auch im vorliegenden Hörspiel: Dr. Calvin steht vor Gericht.

Der Autor

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Piers Anthony – Steppe

Ein Uighure im Computerspiel

Längst hat sich die Menschheit über die Galaxis ausgebreitet. Die Menschen können weder lesen noch schreiben, aber sie frönen leidenschaftlich ihrer Lieblingsbeschäftigung: dem Spiel. Sie spielen Geschichte. Mit geringem Einsatz lässt sich ein märchenhaftes Vermögen auf der imaginären galaxisweiten Bühne gewinnen, auf der die Geschichte der alten Erde wiederentsteht.

Sie spielen STEPPE. Die Geschichte der Reitervölker Innerasiens zwischen dem 9. und dem Höhepunkt im 13. Jahrhundert: Dschingis Khan.

Um den Spielecomputer, der als einziger den genauen historischen Ablauf kennt, zu betrügen und illegalen gewinn zu machen, holt sich eine Spielergruppe mit einer Zeitmaschine einen Menschen vom Originalschauplatz aus dem 9. Jahrhundert und schmuggelt ihn ins Spiel: Alp, Sohn eines Uighurenhäuptlings. Alp hat die Informationen, die für den Betrug nötig sind, aber der Primitive ist gerissener als die Galaktiker geahnt haben. Er macht sich seine Erfahrungen zunutze und spielt auf eigene Rechnung.

Denn was könnte ihm vertrauter sein als das unbarmherzige Kriegsspiel der STEPPE, seien es die Weiten Innerasiens oder der Galaxis? (Verlagsinfo)

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Rohrbeck, Oliver (Hg.) / Bierce, Ambrose / Maupassant, Guy de / Poe, Edgar Allan – Drei Geschichten

_Drei Grusellesungen: „Ich bin nicht wahnsinnig!“_

Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich sind drei der Sprecher von den ‚Drei Fragezeichen‘. Auf dieser CD warten sie mit drei gruseligen Geschichten auf. Für jeden der vorgetragenen Texte von Ambrose Bierce, Guy de Maupassant und Edgar Allan Poe haben unterschiedliche Musiker und Sounddesigner in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Sprecher eigene Kompositionen und Geräusche entwickelt, so dass der Hörer in drei völlig verschiedene, schaurige Soundwelten eintaucht.

_Die Autoren_

|1) Ambrose Bierce|

Der amerikanische Schriftsteller Ambrose Bierce lebte von 1842 bis ca. 1914. Nach dem Bürgerkrieg wurde er Journalist in San Francisco und stieg im Hearst-Pressekonzern bald zum national einflussreichen Hauptstadt-Korrespondenten zunächst in London (GB), dann im Washington DC auf. Als Siebzigjähriger unternahm Bierce eine Reise nach Mexiko, mitten in die Mexikanische Revolution, wo sich seine Spur im Gefolge des Revolutionärs Pancho Villa um die Jahreswende 1913/14 verlor. Sein letzter erhaltener Brief lässt vermuten, dass er eine standrechtliche Erschießung für wahrscheinlich hielt. Er wurde mit dem „Wörterbuch des Teufels“ sowie mit der Erzählung „Incident at Owl Creek“ bekannt, in der er die Zeitdarstellung für damalige Verhältnisse sehr unkonventionell handhabt.

Als exzellenter Kenner der politischen Üblichkeiten hatte er eine denkbar schlechte Meinung von seinem Berufsstand des Journalisten und wurde zu einem pointiert geistreichen Zyniker und Beobachter, den man noch heute mit Vergnügen liest. Heute sind vor allem seine mustergültigen Kurzgeschichten gängige Schulbuchlektüre. Bei nicht historisch interessierten Lesern ist er berühmt für seine zynisch-witzigen Definitionen aus „The Devil’s Dictionary“, die zwischen 1881 und 1906 entstanden. Diese sind am ehesten vergleichbar mit Lichtenbergs berühmten Sudelbüchern oder mit Oscar Wilde. (Wikipedia)

|2) Guy de Maupassant|

Guy de Maupassant lebte von 1850 bis 1893. „Der aus lothringischem Adel stammende, in der Normandie ausgewachsene Maupassant war nach Jurastudium und Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 im Marine-, dann im Unterrichtsministerium tätig. Nach dem Erfolg der Novelle ‚Boule de suif‘ (1880, dt. ‚Fettklößchen‘, 1900) widmete er sich ganz der Schriftstellerei.

Die Bandbreite seiner fast 300 Novellen reicht von traditionellen schwankhaften Dreiecksgeschichten über die seit der Romantik beliebten Schauernovellen und phantastischen Erzählungen, meist tragisch endende Liebesgeschichten bis hin zu sozialkritischen Novellen. Er veröffentlichte sechs Romane, von denen ‚Bel Ami‘ (1885) verfilmt wurde. In seinem Stilwillen und seiner Freiraum lassenden Erzählhaltung kommt Maupassant seinem literarischen Ziehvater Gustave Flaubert nahe, mit dem er auch die pessimistische Weltsicht teilt.“ (zitiert nach: Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, S. 1945/46)

|3) Edgar Allan Poe|

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital. (Das Rätsel um seinen Tod wurde jüngst von Matthew Pearl [(„The Dante Club“) 1776 zu einem spannenden Roman verarbeitet.)

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas.

_Die Sprecher_

|Oliver Rohrbeck|, geboren am 21.03.1965 in Berlin, begann seine Karriere als Kinder-Hörspielsprecher mit „Fünf Freunde“ und „Die drei ???“, ist jetzt aber auch Regisseur. Er bleibt wohl ewig mit dem Satz „Ich will Feuermann werden“ aus „Grisu, der kleine Drache“ verbunden. Er ist die deutsche Stimmbandvertretung von Ben Stiller, Ewen Bremner und Michael Rapaport.

|Jens Wawrczeck| (* 12. Juli 1963 in Nyköbing, Dänemark) ist Schauspieler und Regisseur und wurde vor allem als Peter Shaw in der erfolgreichen Hörspiel-Serie von Hitchcocks „Die drei Fragezeichen“ bekannt. Wawrczeck wollte schon als Kind Schauspieler werden und nutzte die Gelegenheit, als der Norddeutsche Rundfunk Sprecher für den Schulfunk suchte. Wawrczeck war damals elf Jahre alt und nach dem Vorsprechen wurde er sofort engagiert. In der darauffolgenden Zeit war er Sprecher in Astrid Lindgrens „Brüder Löwenherz“, war Mowgli im „Dschungelbuch“ und nahm auch an vielen anderen Produktionen teil.

Wawrczeck hat in vielen verschiedenen Hörspielen mitgewirkt. Seit 1979 ist er Peter Shaw in über 120 Folgen der Erfolgs-Serie „Die Drei ???“, so wie seit 2006 Peter Crenshaw in der Nachfolgeserie „Die Dr3i“. Er spricht ferner den Charakter Spence Olchin in der Serie „King of Queens“. (Wikipedia) Jens Wawrczeck ist seit 1989 als Synchronbuchautor und Dialogregisseur in Hamburg, Berlin und München tätig. Er führte 2002 bei dem Hörbuch „Die Darwin Awards – für die skurrilsten Arten, zu Tode zu kommen“ von Wendy Northcutt (|Hoffmann und Campe| Hörbücher, mit Dirk Bach und Hella von Sinnen) Regie sowie 2006 bei „Zwölf Jahre – Hitler und sein Reich“ – eine Audiodokumentation zum Nationalsozialismus von Guido Knopp.

|Andreas Fröhlich| wurde 1965 in Berlin geboren und mit 7 Jahren im Kinderchor des SFB als Synchronsprecher entdeckt (einen seiner frühen Einsätze hat er in „Die Herren Dracula“). Von Anfang bis Mitte der 70er sammelte er erste Hörspielerfahrungen und übernahm 1979 den Part des „Bob Andrews“ in der Serie „Die drei Fragezeichen“. Es folgten Arbeiten als Schauspieler für Film und Fernsehen sowie diverse Auftritte auf der Theaterbühne.

Fröhlich ist leidenschaftlicher „Hörspieler“, arbeitet als Drehbuch- und Dialogautor sowie als Synchronregisseur (Jacksons „Herr der Ringe“, Petersens „Troja“). Als Synchronsprecher leiht er seine Stimme u. a. John Cusack, Edward Norton und Ethan Hawke. In der deutschen Fassung von Jacksons „Herr der Ringe“ sprach er die (schizophrene!) Rolle des Gollum. (Verlagsinfo)

_1) Handlung von „Der Totenwächter“ von Ambrose Bierce_

In San Francisco um das Jahr 1900 schließen die drei Ärzte Halverson, Mancher und Harper (der noch Medizinstudent ist) eine Wette ab. Sie haben schon kräftig gebechert, als Dr. Halverson behauptet, dass es eine Angst gebe, die kein Mensch überwinden könne, nämlich die Angst vor Toten. Mit einer einzigen Ausnahme: Mr. Jarette. Harper und Mancher halten dagegen, und Mancher erklärt sich bereit, die Leiche zu spielen. Topp! Die Wette gilt.

Es ist neun Uhr abends im italienisch geprägten Stadtteil North Beach. Als ein Mann in einen Raum tritt, in dem eine Leiche auf dem Küchentisch aufgebahrt liegt. Der Man sagt kein Wort, als er die Tür verriegelt und die Fenster prüft: Sie sind vergittert. Er ist etwa 30 Jahre alt, hat ein schmales, entschlossen wirkendes Gesicht, setzt sich, um zu lesen. Die Nacht ist noch lang. Er ist der Totenwächter. Nachdem er die weiterhin reglos daliegende Leiche angesehen hat, bläst er die Kerze aus. Sofort wird es im Zimmer stockdunkel. Nach einer Weile beginnt es in seinem Kopf zu dröhnen und eine Beklemmung stellt sich in seiner Brust ein …

Halverson und Harper fahren am nächsten Morgen zum Ort, an dem ihre Wette sich entscheiden soll. Haben sie gewonnen oder verloren? Wie verwundert sie jedoch schauen, als sie eine Menschenmenge vor dem besagten Haus vorfinden, und Polizisten regeln den Publikumsandrang. Der junge Harper beginnt das Schlimmste zu befürchten: Was, wenn beide verrückt oder gar tot sind? Da stürmt ein Mann mit schneeweißem Haar heraus, einem wilden Blick, der keine Rücksicht nimmt und jeden beiseite stößt. Harper ruft ihn an: „Jarette!“ Doch der Mann hört nicht und stürmt die Straße hinunter.

Als Arzt kann sich Halverson entschlossen einen Weg ins Innere des Hauses bahnen, das ebenfalls mit Menschen vollgepackt ist. Er gelang in das „Leichenzimmer“, und da liegt tatsächlich eine Leiche: Das Gesicht ist kaum zu erkennen: gelb, mit verdrehten Augen und Schaum auf den Lippen. Soll das etwa ihr Kollege Mancher sein? Der Gerichtsarzt sagt, dieser Mann sei erst seit zwei Stunden tot. Sofort lässt der Polizist das Zimmer räumen, und Halverson und Harper haben keine Gelegenheit, die für sie wichtigste Frage zu klären: Wer war der Mann, der die Treppe hinabgestürzt ist? Jarette oder Mancher?

Sie werden ihn in sieben Jahren wiedersehen …

_Mein Eindruck_

Die Pointe der Geschichte soll hier nicht verraten werden, aber so viel ist klar: Tote und Lebende sollten keinesfalls in einem Raum miteinander die Nacht verbringen. Ganz besonders dann nicht, wenn es stockfinster ist. Die Story ist nicht nur gruselig, sondern auch bis zum Schluss spannend, denn da der Entflohene offenbar wahnsinnig geworden ist, bleibt für uns stets im Ungewissen, ob er sich nun als Jarette betrachtet oder als Mancher. Macht es überhaupt einen Unterschied? Nur für die zwei Doktoren, die die Wette abgeschlossen hatten.

_Der Sprecher und der Sound_

Oliver Rohrbeck verfügt zwar nicht gerade über die tiefste und sonorste Stimme, aber dieses Manko macht er durch eine Geschmeidigkeit in der Lautstärke wieder wett. Vom Flüstern bis zum Brüllen setzt er alle Mittel ein, die einem Sprecher zur Verfügung stehen. Besonders das suggestive Flüstern ist sehr wirkungsvoll.

Im Rahmen der |Lauscherlounge| realisieren die drei Sprecher ihr jeweils eigenes Geräusch- und Musikkonzept. Die Hintergrundmusik ist bei dieser Geschichte melancholisch, unheimlich und sehr zurückhaltend. Nicht so die Geräusche! Man könnte meinen, der Sprecher säße in einem Saal auf einem Podium, und ständig kämen irgendwelche Techniker hereingetrampelt: Schritte, Klirren von Metall, sogar ein Poltern von etwas Umgestoßenem. Diese Geräuschkulisse ist nicht chaotisch, sondern sehr bedacht genau zu der jeweiligen Stelle im Text passend eingesetzt.

_2) Handlung von „Die Nacht“ von Guy de Maupassant_

Eigentlich hat der Ich-Erzähler, ein typischer Pariser Flaneur, immer nur die Nacht geliebt. Denn Paris ist eine Lichterstadt, die erst beim Verschwinden des Tagesgestirns richtig schön zur Geltung kommt. Daher betet er die Nacht inbrünstig an wie eine Geliebte, wird erst dann richtig beweglich, fast wie eines der Tiere im Bois de Boulogne. Bis eines Nachts alles anders wird.

In jenen nokturnen Stunden um zwei Uhr verlöschen die Lichter der Straßenlaternen für immer, und zunehmende Stille kehrt ein auf den Avenuen und Boulevards der Innenstadt. Ein wachsendes Gefühl der Beklommenheit ergreift unseren Flaneur, doch auch die Gemüsekarren, die zu Les Halles fahren, vermögen seine Schwermut nicht zu lindern. Keine Polizisten, kaum Menschen, allenfalls eine einsame Frau, die um Beistand fleht – er hastet vorüber. Er brüllt in die leere Straße: nichts. Er klingelt an einem schönen Haus: keine Antwort, auch nicht beim wiederholten Male. Die Stunden verrinnen wie in einer Sanduhr.

Als auch sein Taschenchronometer, dessen Ticken ihn bislang getröstet hat, den Dienst versagt, ahnt er das Schlimmste: Dass sich über die Seine-Metropole das Leichentuch des Todes gelegt hat. Mit ihm als einzigem Überlebenden. Um wirklich sicher zu sein, dass die wachsende Kälte nicht auch den Fluss heimgesucht hat, steigt er vom Quai zum Ufer hinab, tastet sich in der völligen Dunkelheit auf den Sand vor, dann stößt er auf Schlamm und schließlich: auf Wasser. Ja, die alte Seine fließt noch. Kalt zwar, doch nicht eiserstarrt.

Hunger, Müdigkeit, Kälte, Stille – sie haben sich verschworen, ihn nicht mehr loszulassen. Er hat keine Kraft mehr, die Treppe zum Quai emporzusteigen …

_Mein Eindruck und der Sound_

Obwohl eigentlich nichts passiert, ist dies eine beeindruckende Erzählung, die wieder einmal Maupassants Meisterschaft als Schriftsteller belegt. Was als ein Loblied auf die Stadt der Liebe und der Lichter beginnt, enthüllt unvermittelt für den Nachtschwärmer eine dunkle Unterseite. Wo Wärme war, herrscht nun Kälte. Wo Menschentrauben gingen, erstrecken sich nun noch gähnend leere Boulevard und Gärten. Ja, selbst die Häuser scheinen wie entleert, als habe eine Seuche ihre Bewohner dahingerafft. Der Autor entfaltet eine Vision des Weltuntergangs aus vielen kleinen Indizien, zahlreichen Empfindungen des Beobachters. Eine wachsende Beklemmung bemächtigt sich auch des Zuhörers, und als das Ende des Erzählers kommt, erscheint es konsequent: der Kältetod des Universums, die ultimative Entropie.

Geräusche sind mir keine in Erinnerung geblieben, allenfalls eine schlagende Turmuhr oder tickende Taschenuhr. Die Musik ist völlig in die Stimmung integriert und verstärkt sie – eine optimale Verbindung.

_Der Sprecher_

Jens Wawrzecks Stimme ist im Vergleich zu anderen recht leise. Aber das kommt dem Text, der von leisen Tönen und atmosphärischen Beschreibungen lebt, sehr entgegen. Hinzukommt eine Musik, die nach einem schwungvollen Intro mit Harfe, Flöte, Violoncello, Kontrabass und Bandoneon zu dezenten Tönen übergeht, die niemals den Vortrag des Sprechers stören. Auf diese Weise wird die Schilderung des unheimlichen Wandels der Stadt suggestiv und bezwingend. Wer sich nicht mit Empathie darauf einlässt, wird jedoch absolut nichts von der Erzählung mitnehmen.

_3) Handlung von „Das verräterische Herz“ von Edgar Allan Poe_

„Ich bin nicht wahnsinnig“, versichert uns der wahnsinnige Ich-Erzähler. Er mag nervös sein, ja, und verfüge über einen übersteigert empfindlichen Gehörsinn, herrje, aber er sei ab-so-lut vernünftig. Na, aber sicher doch.

Irgendwann sei ihm der Gedanke, er weiß nicht warum, in den Sinn gekommen, den alten Mann in der Nachbarwohnung zu töten. Nicht das Gold oder anderer Reichtum, den der Alte aufgehäuft hatte, haben es unserem Erzähler angetan. Nein, es war das eine Auge des Alten, dieses blassblaue Auge, das ihn wie das eines Geiers angestarrt habe, dass ihm das Blut in den Adern gerann. Eines war ihm klar: Der Alte muss sterben.

Doch wie schlau er es anfing! Sieben Nächte lang schlich er sich Nacht für Nacht zu dessen Wohnung, öffnete behutsam die knarrende Tür Millimeter um Millimeter, bis er nach einer Stunde oder so hineinschlüpfen und die Laterne einen winzigen Schlitz weit öffnen konnte. Doch stets war das Geierauge geschlossen. Bis zur achten Nacht. Da starrte es ihn direkt an …

Doch erst nach dem Mord geht der Horror richtig los.

_Mein Eindruck_

Die Erzählung ist so bekannt – nicht zuletzt durch Alan Parsons Vertonung -, dass ich es mir ersparen kann, alles zu erzählen. Was den Hörer immer wieder fesselt, ist der krasse Gegensatz zwischen der Beteuerung des Mörders, er sei keinesfalls wahnsinnig und seinem durchaus durchgeknallten Tun. Wer würde schon stundenlang an der Tür verharren und warten, dass sich der Atem des Opfers wieder beruhigt? Den feinen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen scheinen sein übersteigert feines Gehör und die visuelle Wahrnehmung auszumachen. Die Sinne spielen der so hoch gelobten Vernunft einen Streich, überwältigen die Schranken des rationalen Verhaltens im Nu und führen geradewegs in die Hölle des Wahnsinns.

Hat sich der Mörder ein besonders starkes Kraut reingepfiffen? Oder ist er auf Speed? Mitnichten. Er scheint schon vorher durch sein feines Gehör, mit dem er die Geschehnisse in der Hölle vernehmen kann, reichlich gestresst zu sein. Seine Paranoia ist erklärlich – und wird vom „Geierauge“ des alten Mannes zur Weißglut gebracht.

Wieder „vernünftig“, spielt er den Polizisten den Normalo vor, den nichts erschüttern kann. Bis wieder ein verhängnisvolles Geräusch seinen Kopf füllt, ein Dröhnen, das pocht und pocht. Wieder von Paranoia gepackt, sucht der Mörder ein letztes Mal Erlösung …

_Der Sprecher und der Sound_

Andreas Fröhlich ist einer der subtilsten und fähigsten deutschen Sprecher überhaupt. Gut in Erinnerung ist mir noch sein eindringliches Porträt des Dr. John Polidori im Hörspiel [„Der Vampyr“ 525 nach Byron/Polidori. Sein Porträt des wahnsinnigen Mörders lässt uns fast glauben, dass der Erzähler vernünftig sei, bis dann die Belege für diese „Vernunft“ eine ganz andere Sprache sprechen. In der Mitte tritt eine erleichterte Pause ein: die Stille nach dem Mord. Doch dann geht es erneut los, bis zum verhängnisvollen Ende. Fröhlichs Vortrag sinkt zu einem entsetzten Flüstern herab, bevor seine Stimme schließlich in den schrecklichen letzten Worten der Erzählung in maximaler Lautstärke „explodiert“.

Es sind vor allem die Geräusche, die den Text so realistisch gestalten, zum Beispiel eine knarrende Tür. Da dieser Realismus im Gegensatz zum Wahnsinn des Erzählers und des Dargestellten steht, muss er ergänzt werden durch übersteigerte Geräusche: das Ticken der Holzwümer in der Wand der Wohnung des Alten. Schließlich noch das Pochen, das den Mörder zum Durchdrehen bringt.

Die Musik hat es hier ziemlich schwer. Rhythmus und Melodie sind nicht gefragt. Nur nach dem Prolog („Ich bin nicht wahnsinnig.“) hören wir ein recht flottes Cembalo, das von einem Piano ergänzt wird. Danach ist es die Aufgabe der Musik, eine Stimmung auszudrücken, vielfach mit nur einem Akkord: Anspannung, Beklemmung, Furcht, schließlich Panik.

Sicher, mit einem größeren Orchester hätten sich imposantere Effekte erzielen lassen, doch es ist ja gerade der Kammerspielcharakter, der so genau zum Inhalt der Erzählung passt: Sie spielt im Grunde nur in einem einzigen, engen Zimmer: dem des Alten mit dem „Geierauge“. Es ist eine Vorwegnahme der Gummizelle, in welcher der Erzähler unweigerlich landen dürfte. Und lediglich eine kleine Erweiterung des Gefängnisses seines unter Verfolgungswahn leidenden Geistes.

_Unterm Strich_

Wenn „Der Totenwächter“ ein recht provokativer Auftakt war, so stellt „Die Nacht“ mit ihrem elegisch-beklemmden Stimmungsbild eine kleine Verschnaufpause dar. „Das verräterische Herz“, die Selbstdarstellung eines wahnsinnigen Mörders, der sich für vernünftig und schlau hält, lässt dann als Höhepunkt dieser Sammlung den maximalen Horror auf den Hörer los – mit einer umwerfenden Schlusspointe. Selbst wenn man diese Geschichte schon x-mal gelesen hat und die Vertonung von Alan Parsons kennt, wirkt sie dennoch immer noch durch ihren durchdachten und auf maximale Wirkung ausgerichteten Aufbau.

Geräusche und Musik werden von den drei Sprechern auf jeweils eigene Weise eingesetzt, und ich mag nicht immer mit dem Ergebnis einverstanden sein. Besonders bei Rohrbeck wirken die Geräusche verfremdend und lenken von der Geschichte ab. Bei den anderen Erzählungen verstärken Musik und Geräusche die Wirkung der Vortrags auf optimale Weise.

Die Hörbuchproduktion kann sich hören lassen und beschert dem Horrorsammler ein lohnendes Sammelobjekt. Doch der hohe Preis von 16 Euronen (beim Label; Ladenpreis eher höher) schreckt wohl den einen oder anderen Normalkonsumenten von Audioproduktionen erst einmal ab.

http://www.drei-geschichten.de/

lauscher news

Terry Goodkind – Die Seelen der Toten. Die Legende von Richard und Kahlan (Band 3)

Kahlan und Richard Rahl: Heilung vom Tod?

Zwei unerbittliche Generäle, Bischof Hannis Arc und der Geisterkönig Sulachan, führen eine riesige Totenarmee aus den hintersten Winkeln des D’Haranischen Reiches bis in dessen Zentrum. Doch ihr Ziel ist nicht die Zerstörung des Reiches, sie wollen die Welt der Lebenden vernichten.

Richard und Kahlan sind von einer Hexe mit der Essenz des Todes, dem „Todeshauch“, infiziert worden, was ihnen ihre Kräfte raubt und sie schließlich das Leben kosten wird. Sie müssen um jeden Preis den Palast des Volkes erreichen, um sich und das Reich zu retten. Doch die tödliche Bedrohung lauert überall… (erweiterte Verlagsinfo)

Viel näher, sagt die sie begleitende Hexe Irena, sei die Festung Saavedra, die von Bischof Hannis Arc verlassen worden sei. Dort gebe es ein Dämmfeld, um sie bei dem magischen Vorgang zu schützen – und ihre Umgebung. Doch niemand ahnt, dass die Festung in eine Falle umgewandelt worden ist, um Kahlan udn Richard darin zu fangen…

Der Autor
Terry Goodkind – Die Seelen der Toten. Die Legende von Richard und Kahlan (Band 3) weiterlesen

Stanislaw Lem – Die lymphatersche Formel (Hörspiel)

„Die lymphatersche Formel“ behandelt ein Thema, das seit E. A. Poe und Meyrinks „Der Golem“ zu großen Visionen in Literatur und Film geführt hat: den Wahnsinn eines genialen Wissenschaftlers, der fatale Konsequenzen hat.

Der Autor

Stanislaw Lem, geboren am 12. September 1921 in Lwòw, dem galizischen Lemberg, lebt heute in Krakow. Er studierte Medizin und war nach dem Staatsexamen als Assistent für Probleme der angewandten Psychologie tätig. Privat beschäftigte er sich mit Problemen der Kybernetik, der Mathematik und übersetzte wissenschaftliche Publikationen. 1985 wurde Lem mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur ausgezeichnet und 1987 mit dem Literaturpreis der Alfred Jurzykowski Foundation. Am bekanntesten wurde er für die literarische Vorlage für zwei Filme: „Solaris“, das 1961 veröffentlicht wurde.

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Hines, Jim C. / Lüftner, Kai – Goblins, Die

_Ein schlauer Goblin – gibt’s das?_

Jig ist ein Goblin, klein und schwächlich. Wenn er eines nicht sein will, dann ein Held. Eines Tages jedoch fällt er einigen Abenteurern in die Hände, die in seine Heimat eindringen. Sie verlangen, dass er sie zu einem magischen Artefakt führt. Dumm nur, dass sich das Artefakt in den Tiefen eines höchst gefährlichen Höhlensystems befindet, obendrein in den Klauen eines Drachen. Um seiner misslichen Lage zu entfliehen, bleibt Jig nur eine einzige Wahl: Er muss ein Held werden, irgendwie …

Und wer jetzt an Tolkiens [„Der kleine Hobbit“ 481 denkt, der ist ganz bestimmt auf dem Holzweg. Oder?

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 12 Jahren.

_Der Autor_

Jim C. Hines begann seine schriftstellerische Karriere in den 1990ern, während er an seinem Abschluss in Psychologie und Anglistik an der Michigan State University arbeitete. 1998 gewann er den ersten Preis der |Writers of the future|, was seine Jugendbücher und Kurzgeschichten schnell bekannt machte. Mit „Die Goblins“ begann er einen ganzen Zyklus, den |Lübbe| sukzessive veröffentlicht.

1) Die Goblins (November 2006, dt. September 2007)
2) Die Rückkehr der Goblins (Mai 2007, dt. Dezember 2007)
3) Der Krieg der Goblins (März 2008, dt. Mai 2008)

http://www.sff.net/people/jchines/
http://jimhines.livejournal.com/

_Der Sprecher_

Marius Clarén, 1978 in Berlin geboren, ist Synchronsprecher, -autor und -regisseur. Er lieh seine Stimme Tobey Maguire („Spiderman“), Chris Klein („American Pie“) und Jake Gyllenhaal „The Day after Tomorrow“ von Roland Emmerich) und vielen anderen mehr.

Kai Lüftner führte Regie bei dieser gekürzten Lesung, die Lars Ullrich in den dc-Tonstudios, NRW-Berlin, aufnahm. Den Jingle trug Andy Matern bei, Intro und Outro stammen von Dennis Kassel und Dicky Hank.

_Definitionen:_

Ein Goblin ist eine Art Kobold, dessen Haut alle Arten von erdigen, aber auch bläulichen Tönen haben kann. Von blässlichem Braun über giftiges Grün bis bissigem Blau und gelblichem Goldton ist alles vertreten. Oft besitzen Goblins lange Nägel an Händen und Füßen, was ihnen die Fortbewegung auf unwirtlichem Terrain erleichtert. Die großen Augen dienen dem Sehen in der pechschwarzen Nacht ihrer Tunnel. Ihre größten Feinde sind die Hobgoblins. Bis jetzt …

Schmodder: Gemeinhin ist der Schmodder äußerst zäh, was es dem zum Schmodderdienst eingeteilten Goblin schwermacht, ihn aus dem Schmoddertopf zu ziehen. Angezündet entflammt das zähe Zeug rasch und spendet goblinfreundliches Licht.

_Handlung_

Jig ist ein Goblin, der unter den rund fünfhundert Goblins in der großen Höhle unterm Berg ganz unten steht. Die miesesten Arbeiten, die eigentlich nur Kinder verrichten, werden ihm anvertraut. Das kommt daher, dass er erstens kurzsichtig ist, zweitens zu viel denkt und drittens nichts fürs Kämpfen übrighat. Ausnahmsweise soll er heute mit Poraks Spähtrupp in die Tunnel gehen, die Richtung Ausgang und Draußen liegen. Man kann ja nie wissen, was die feindlichen Hobgoblins gerade aushecken. Porak schickt den kleinen Jig als eine Art Spürhund voraus, während er es sich mit seinen Kumpanen zum Saufen und Spielen gemütlich macht. Dies soll sich als Jigs große Chance erweisen.

In der Nähe des Ausgang liegt das Glänzende Zimmer. Darin hört Jig einen Menschen und Zwerg miteinander reden. Leider verrät Jig seine Anwesenheit und wird gefangen genommen. Der Mensch stellt sich hochmütig als Prinz Barius Wendelson vor und den Zwerg kurz als Darnak. Beide tragen Rüstung und Waffen. Wollen sie die Goblins überfallen? Die Nummer drei in dieser Runde ist die weibliche Elbe Riana. Später taucht ein Bogenschütze auf, der sich als der Zauberer Ryslind, Barius‘ Bruder, herausstellt. Vor Zauberern hat Jig einen Heidenrespekt. Und Ryslinds rot glühende Augen und mit magischen Zeichen tätowierte Haut bestärken ihn darin.

Nun, sie seien hier auf einer Queste des Prinzen, erfährt er, die sie zum Zepter der Schöpfung führen soll. Sie brauchen einen Führer, der sich in den Tunneln unterm Berg auskennt. Gerade als Jig überlegt, er könne sie zu den Hobgoblins in die Irre führen und dann abhauen, nähern sich Porak und seine Gesellen auf der Suche nach Jig. Ein kurzer, aber heftiger Kampf entbrennt, dann sind fast alle Goblins tot, und nur einer entkommt, um das Volk vor der Gefahr zu warnen.

Dem gefesselten Jig ist es bislang gelungen, am Leben zu bleiben, und dieses will er auch weiterhin behalten. Also geht er mit den Fremden mit. Er bekommt heraus, was es mit diesem ominösen „Zepter der Schöpfung“ auf sich hat, das Barius erringen will. Es sei vom Zauberer Elnurain geschaffen worden und berge unendliche Magie in sich. Folglich versteckte er es irgendwo im Berg, und es heißt, es werde streng bewacht. Und von wem? Na, vom Drachen Straum, meint der Zwerg fröhlich. Aber der Drache sei zudem im Bunde mit einem Nekromanten, einem Beschwörer von Toten. Und das mache die ganze Sache ein ganz klein wenig kniffliger. Jig wisse doch sicherlich den Weg, oder?

Jig würde sich lieber in die Hosen machen, wenn er welche anhätte und nicht bloß einen Lendenschurz. Das Einzige, was er noch am Leibe trägt, ist sein Haustier, eine Feuerspinne namens Klecks. Droht ihm Gefahr, wird sie heiß. Droht große Gefahr, spinnt sie sich ein Netz. Klecks mag nicht die schnellste Alarmanlage sein, aber wenigstens doch ein treuer Gefährte. Ein Glück, dass die Fremden das kleine Tierchen nicht einmal zu bemerken scheinen.

Sie marschieren los, natürlich Richtung Hobgoblins. Ein paar große Aaswürmer lassen sie links liegen, bis sie zu der Statue eines großen Hobgoblins gelangen. Die Vernunft würde einem raten, dieses Grenzzeichen zu beachten und daran vorbeizugehen. Doch Barius hält weniger von Vernunft als von seiner Ehre, und sie laufen nur wenige Schritte in die falsche Richtung, als sie auch schon in eine Falle stürzen.

Es soll nur die erste von vielen Fallen sein.

_Mein Eindruck_

Der Autor verfährt nach dem gleichen Verfahren, das schon Tolkien in [„Der kleine Hobbit“ 481 1937 zu klassischer Größe geführt hat: Man nehme eine Handvoll zusammengewürfelter Gefährten, schicke sie auf eine Mission und mache diese Mission so schwierig wie möglich. Allerdings gibt es diesmal ein paar Unterschiede. Im Mittelpunkt steht ein richtiger Loser und Underdog, der von allen untergebuttert wird. Am Ende ist er der King, der die Schöpfung manipuliert. Dass diesem äußerlichen Machtzuwachs erst einmal eine innere Wandlung vorausgehen muss, versteht sich von selbst. Aber Jig ist, wie wir schon gesehen haben, kein Spieler und Idiot wie Barius oder Ryslind, sondern ein (mehr oder weniger) vorsichtiger Denker, und diese Haltung gereicht ihm über kurz oder lang zum Vorteil.

|Punktesammeln|

Sie lässt ihn jede Menge Gefahren überleben, wobei ihm allerdings auch das Glück zur Seite steht. Aber wäre eine Queste ohne ein paar Überraschungen? Eben. Die Echsenfische im Höhlensee können die Abenteurer noch locker bezwingen, aber die Passage durch den Mahlstrom in eben diesem See erfordert einiges mehr an Mut. Schon bald geraten sie in die erste der Fallen, die der Nekromant aufgestellt hat, und wie in jedem Abenteuerspiel, das jemals geschrieben wurde, müssen sich die Gefährten gegenseitig aus der Patsche helfen. Jig sammelt bei Riana Punkte, aber er macht auch die Erfahrung, dass man bei Frau selten weiß, woran mann ist.

|Der Hort|

Der Nekromant ist ebenso eine üble Überraschung wie die wahre Identität von Ryslind. Einige Tricks aus der der Fantasy benachbarten Horrorliteratur hat sich der Autor hier ausgeliehen, einer gruseliger als der andere, aber auch sehr nett ausgetüftelt und enthüllt. Schließlich geht es zu Höhle des Drachen. Nein dieser lebt nicht wie Tolkiens Smaug auf dem Einsamen Berg, von wo er die Zwerge vertrieben hat, sondern in einem Berg, vor dem sich wunderschöne Blumenbeete ausbreiten. Ist das nicht ein netter Einfall? Und Smaug, pardon: Straum hat wie alle Drachen einen Hort. Er sammelt – Nachttöpfe. (Oder was er dafür hält. Prinzen würden sie als Helme bezeichnen.) Aber hat er auch das Zepter?

|Die Gretchenfrage|

In seinen diversen Nöten macht Jig auch Bekanntschaft mit Gott. Natürlich nicht mit irgendeinem dahergelaufenen Möchtegerngott, sondern einem von altem Schrot und Korn, von einem Kaliber wie Darnaks Erdenmacher, der dem Zwerg eine echte Hilfe ist. Folglich ist auch Darnak seinen Gefährten eine echte Hilfe: sei es mit seiner Karte, seiner Keule oder seiner Weisheit. Leider ist er ein wenig ehrpusselig, und dass er unbedingt zu Barius hält, lässt Jig nur den Kopf schütteln. Wie auch immer: So ein Privatgott ist eine feine Sache. Denkt Jig, als er zum ersten Mal die Stimme von Tymaloos Schattenstern hört. Tymaloos ist ein „vergessener Gott“, der aber „Macht über die Dunkelheit“ hat. Sagt jedenfalls Darnak.

Der Haken bei so einem Gott ist jedoch, dass man ihn nicht ständig um etwas bitten kann, sei es Mut oder Licht, sondern man muss ihm auch etwas bieten, wie bei einem fairen Tauschhandel. Darüber kommt Jig schwer ins Grübeln, denn außer dem, was er am Leib trägt, besitzt er ja nichts. Wie er sein Problem löst, soll hier nicht verraten werden, aber im Folgenden redet Tymaloos etliche Male mit ihm, und zwar nach dem Motto: Hilf dir selbst, so hilft dir der Gott. Alles klar?

|Das Versteck|

Die Wege der Abenteurer sind verschlungen, und sie müssen sogar zweimal den Weg zum Drachenberg bewältigen, aber nach schier endlosen Mühen wird Jig klar, dass er die ganze Zeit wusste, wo sich das Zepter befand. Es ist wie in Edgar Allan Poes Detektiverzählung „Der entwendete Brief“ direkt vor der Nase aller, die es sehen können, platziert. Und sie könnten es auch sehen, wenn sie sich nur die Mühe machen würden, mal genau nachzuschauen, um was es sich bei dem bewussten Gebrauchsgegenstand, den sie jeden Tag sehen, in Wahrheit handelt.

Dass das Zepter einen Wächter hat, versteht sich von selbst. Und wer den hinterlistigen Verstand eines Zauberers kennt, der kann sich denken, um wen es sich handelt. In diesem Fall ist es ein Wächter, der besonders dem armen Jig einen Heidenangst einjagt. Aber es führt kein Weg daran vorbei: Das Zepter muss her, koste es, was es wolle! Mit dem Diebstahl löst Jig natürlich eine mittlere Revolution aus …

|Der Sprecher|

Marius Clarén verfügt als Sprecher über einige erstaunliche Fähigkeiten, die ich der Reihe nach vorstellen will. Zunächst charakterisiert er jede Figur durch eine eigene Ausdrucksform. Porak, der Hauptmann der Goblinwache, klingt natürlich wie ein ganzer Kerl: laut, tief, und autoritär. Jig hingegen ist der typische Stubenhocker: leise, zurückhaltend und irgendwie „unmännlich“. Er klingt daher ein wenig wie Riana, die vom Sprecher nur unwesentlich höher intoniert wird.

Weil die fünf Gefährten – Jig, Darnark, Riana und die zwei Menschen – ständig zusammen sind, ist es von höchster Wichtigkeit, dass der Zuhörer sie ohne Mühe auseinanderhalten und identifizieren kann. Nun kam es für Clarén darauf an, die drei älteren Männer unterschiedlich zu gestalten. Darnak redet etwas grob, rau, tief und sehr kräftig, als wäre er ein Seemann von altem Schrot und Korn. Barius ist sein genaues Gegenteil: Er redet stets überheblich daher, ganz der Prinz, etwas zu kultiviert und stets höher als sein Bruder. Ryslind ist ein Zauberer und obendrein auch noch besessen. Klar, dass er ab und zu völlig durchgeknallt wirkt, aber auch sehr selbstsicher. Sicherlich kein Kandidat für einen Kindergeburtstag.

Zu diesen fünf Hauptfiguren stoßen noch eine ganze Reihe von Nebenfiguren hinzu. Sie sind alle mehr oder weniger gut gelungen, lassen sich aber leicht auseinanderhalten. Wie der Nekromant klingt, darf hier aus Geheimhaltungsgründen nicht verraten werden, sonst verdürbe ich den ganzen Spaß. Der Drache hingegen ist wunderbar. Ebenso wie seine Kinder, die nacheinander auftreten, besitzt er natürlich eine Schlangenzunge. Diese erlaubt ihm nur eine lispelnde Aussprache. Das lässt das Riesenvieh ein wenig lächerlich und kleiner erscheinen.

Viele der Goblins scheinen dem Sprecher viel Spaß gemacht zu haben, und hier lässt er durchschimmern, was er draufhat. Die Wachen, die Jig passieren muss, rufen entweder heiser, quäkend oder gleich so hoch wie Kermit der Frosch. Golacca, die beleibte Köchin des Goblinvolkes, zetert in höchsten Tonen. Wehe, sie bekommt Jig in die Finger.

Natürlich werden alle Stimmen der jeweiligen Situation angepasst. So kann Jig durchaus aufgeregt klingen und keuchen oder schwer atmen. Recht passend fand ich zudem die flüsternde Stimme seines Gottes Tymaloos in seinem Kopf. Alles in allem sorgen all diese Klangfarben für einen sehr lebhaften Vortrag, an dem Kinder und Jugendliche ihre helle Freude haben werden.

|Musik|

Dies ist ein Hörbuch der neuen |LübbeAudio|-Hörbuchreihe „Wellenreiter“, die sich ausdrücklich an Kinder und Jugendliche wendet (genauso wie „Silberfisch“ bei |Hörbuch Hamburg|). Das ganze Akustik-Design ist völlig anders als in der Erwachsenenreihe.

Zuerst erklingt der Jingle für die Reihe, ohne Gesang, aber mit einer flotten Surfermusik. Danach folgt das In- und Outro, welches von einem modernen musikalischen Motiv bestritten wird. Am Schluss des Hörbuch wiederholt sich das Ganze in umgekehrter Reihenfolge.

Geräusche gibt es leider keine, so dass man sich jederzeit voll auf den Vortrag des Sprechers konzentrieren kann. Ein paar Soundeffekte hätten aber wirklich nur gestört.

|Zur Übersetzung|

Ziemlich unelbisch ist die Übersetzung „Elbe“ statt „Elbin“. Ich jedenfalls musste immer an den deutschen Fluss denken.

_Unterm Strich_

Trotz der altbekannten Handlungsmotive und Figurenkonstellation gelingt es diesem ironischen, fast schon parodistischen Fantasygarn, sein Publikum bestens zu unterhalten. Einige unerwartete Überraschungen, trickreiche Handlungsweisen, die Sache mit Gott und vor allem die Hauptfigur des Goblins Jig, der älter wirkt als Bilbo Beutlin, tragen viel zum Spaß bei, den die Geschichte bereitet.

„Die Goblins“ ist der ziemlich witzige Auftaktband zu einer Fantasy-Trilogie, der zwar nach altbewährtem Muster à la „The Hobbit“ aufgebaut ist, dann aber doch eigenständige Qualitäten und Ideen entwickelt. Stellenweise mutet die Story schon wie eine Parodie auf Tolkiens Meisterwerk und seine Zillionen digitalen Imitationen an. Ein Nekromant, so erfahren wir, muss nicht unbedingt wie Sauron aussehen, und es muss nicht in jedem schwarzen Mantel ein Zombie stecken. Es könnte ja auch ein Winzling sein, der nur so tut, als wäre er ein furchteinflößender Riese.

Am nervendsten in dieser Pastiche sind die beiden Menschen. Das war ja schon im „Herrn der Ringe“ so, wenn ich an Boromir und Faramir denke. Barius ist ein hochnäsiger Prinz, der sich unbedingt gegenüber seinen Brüdern beweisen will. Und Ryslind, sein magiebegabter Bruder, scheint ihm tatsächlich eine Nasenlänge voraus zu sein. Jedenfalls so lange, bis Jig einen goldenen Armreif findet, wie einst Bilbo den Einen Ring …

Wer ein paar Stunden kurzweilige Unterhaltung mit dem gewissen Fantasytouch sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Die Sprache ist im Gegensatz zum „Herrn der Ringe“ jederzeit einfach gehalten und verständlich. Die Ideen sprudeln nur so, und das Ende hält immer noch eine Überraschung bereit. Da freut man sich schon auf die Fortsetzung „Die Rückkehr der Goblins“.

|Das Hörbuch|

Der Sprecher Marius Clarén hat sich wahrlich ins Zeug gelegt, um sein jugendliches Publikum mit einer Vielzahl von Stimmen zu unterhalten. Die damit zum Leben erweckten Figuren sind leicht unterscheidbar und bereiten obendrein einigen Spaß, so etwa der lispelnde Drache Straum oder die zeternde Köchin Golacca. Geräusche und Musik würden nur von den Dialogen ablenken.

|Originaltitel: Goblin Quest, 2006
Aus dem US-Englischen von Axel Franken
437 Minuten auf 6 CDs|
http://www.luebbe-audio.de

Jo Nesbø – Blood on Snow 2 – Das Versteck

Serienkiller-Dilogie mit Auferstehung

Ulf ist ein Geldeintreiber. Sein Biss ist der „Fischer“. Der Fischer ist DER Drogenhändler Oslos. Als Geldeintreiber wird man nicht unbedingt reich. Doch jetzt hat Ulf einen Weg gefunden. Glaubt er.

Zwei Probleme stellen sich: Drogenhändler lassen sich ungern reinlegen. Schicken sie ihre Killer los, braucht man ein gutes Versteck. (Verlagsinfo) Ulf denkt, er hat in der Finnmark ein gutes Versteck gefunden. Das erweist sich als Irrtum…

Die Verfilmung soll laut Verlag von Leonardo di Caprio produziert werden.
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Frank Herbert – Hellstrøms Brut

Utopie unter Tage: Menschen wie Termiten

1971 drehte der Regisseur Walon Green den Film „The Hellström Chronicle“ um den erfundenen Insektenforscher Nils Hellström, der die Insekten als die wahren Herrscher der Erde zeigt. Frank Herbert, betroffen und tief beeindruckt von Greens Film, fragte sich, welche Überlebenstechniken der Mensch wohl entwickeln müsse, um seinen Fortbestand über vergleichsweise lange Zeiträume zu sichern, und spielte den Gedanken in diesem 1972/73 veröffentlichten Roman durch. Dies ist wahrscheinlich Frank Herberts künstlerisch gelungenster Roman neben dem „Wüstenplanet“-Zyklus.
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Ian McDonald – Rebellin des Glücks

Gescheiterte Utopie

Am Ende des 21 Jahrhunderts: Dank der allmächtigen Computer ist die Welt perfekt; keine Kriege, keine Krankheiten bedrohen die Menschheit. Jedermann hat glücklich zu sein — oder er macht sich eines Verbrechens gegen die Gesellschaft schuldig. In der Megalopolis Yu lebt die Zeichnerin Courtney Hau ihr verordnetes glückliches Leben, bis einer ihrer Cartoons der allgegenwärtigen Glückspolizei missfällt. Courtney muss fliehen und lernt plötzlich die andere Seite ihrer Schönen Neuen Welt kennen. In einem düsteren Labyrinth unter der Stadt kämpfen die Ver­rückten und Verbannten von Yu ums Überleben — und träumen von einer Rebellion der Freiheit, die plötzlich Wirklichkeit werden kann. (verlagsinfo)

Der Autor
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Michalewsky, Nikolai von / Redeker, Jochim-C. / Weymarn, Balthasar von – Mark Brandis: Testakte Kolibri 1 (Hörspiel, Folge 5)

_Spannende Ermittlung bei tödlicher Erprobung_

Das Jahr 2124: Der Prototyp „Kolibri“ ist eine Sensation – der erste Raumschifftyp, der in allen Elementen, unter Wasser, in der Luft und im Weltraum reisen kann. Mark Brandis wird beauftragt, als Projektleiter eine mysteriöse Pannenserie aufzuklären, die einen Testpiloten nach dem anderen umbringt. Die VEGA (siehe unten unter „Hintergrund“) braucht den Erfolg, und der Druck steigt. Brandis begibt sich selbst in Gefahr, um dem Rätsel auf den Grund zu gehen … (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den Mark-Brandis-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. (Verlagsinfo)

Folge 1: [„Bordbuch Delta VII“ 4995
Folge 2: [„Verrat auf der Venus“ 5013
Folge 3: [„Unternehmen Delphin“ 5524
Folge 4: [„Aufstand der Roboter“ 5986

_Die Inszenierung_

Die Macher und Regisseure sind Interplanar.de:

Joachim-C. Redeker: Sounddesign und Musik
Redeker und Balthasar von Weymarn: Produktion, Regie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual-Reality-Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell-Momentaufnahmen-Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u. a.

Die Aufnahmeleitung lag in den Händen von Thomas Weichler.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Michael Lott spricht: Commander Mark Brandis
Wolf Frass: Prolog
Peter Bieringer: William Stafford
Dorothea Anna Hagena: Ruth O’Hara, Brandis‘ Gattin
Marion von Stengel: Henri Vidal
Frank Thomé: Manuel Vargas
Stefan Peters: Adjutant
Gerhart Hinze: John Harris, Direktor von VEGA
Christian Lessiak: Sven Osberg
Siegrun Sträter: Louise Barley
Olaf Reichmann: Anthony Richardson
Detlef Bierstedt: Dr. Jefferson Greene
Ozan Ünal: Boleslaw Burowski
David Nathan: Grigori „Grischa“ Romen

David Nathan ist die deutsche Stimme von Johnny Depp und anderen, Detlef Bierstedt ist die deutsche Stimme von George Clooney.

_Hintergrund_

|Die Venus-Kolonie|

Die Chinesen errichteten auf dem Mars die erste Kolonie, deshalb wollte die westliche Union lieber die Venus besiedeln. Erst mit der Entdeckung einer chemischen Konstante Mitte des 21. Jahrhunderts gelang ein Durchbruch, und seither macht die Zersetzung von Schwefelsäure und Kohlendioxid in der Venus-Atmosphäre Fortschritte, wird aber erst Ende des 22. Jahrhundert abgeschlossen sein. Aufgrund der hohen Oberflächentemperatur von zunächst 450 °C und der langen Venustage (1 Tag entspricht 5832 Stunden) war und ist eine Besiedlung nur in Polnähe möglich. Bis 2095 wurde eine Strafkolonie unterhalten. Ein Schirm wurde errichtet, Forscher und Zivilisten folgten. Bodenwärme wurde in Energie umgewandelt, und die Venuskolonie prosperiert. (aus dem Booklet, abgewandelt)

|VEGA|

Die Strategische Raumflotte (SR) lagerte 2106 ihre Entwicklungsabteilung auf die Venus aus. Die zuständige Agentur ist die VEGA, kurz für Venus-Erde-Gesellschaft für Astronautik, mit immerhin 8000 Mitarbeitern. Direktor der VEGA ist seit 2122 der ehemalige Major (SR) und Commander (VEGA) John Harris. Die Routen der Testflüge für die Neuentwicklungen sind streng geheim, da die Prototypen als begehrte Beute sowohl für die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) und die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU), aber auch für Raumpiraten gelten. Offiziell gilt die VEGA als neutral, aber ihre Auftraggeber waren bislang immer die SR und die Raumfahrtbehörde der Union.

_Handlung_

Mark Brandis ist der neue Projektleiter für die Tests am Allzweckflugzeug „Kolibri“, das für die Erkundung fremder Planeten vorgesehen ist. Brandis will mit Kolibris an Bord des Raumschiffs „Hermes“ zur Erkundung des äußeren Sonnensystems aufbrechen. Leider machen ihm schlechte Meldungen einen Strich durch die Rechnung. Als er auf dem VEGA-Stützpunkt auf der Pazifikinsel Espiritu Santo eintrifft, meldet ihm Pilot William Stafford den fünften Verlust eines Testpiloten.

Die Testpilotin Henri Vidal gibt ihm ein paar Antworten, die nicht in den Flugprotokollen stehen. Immer wenn der Vogel auf 2500 Meter getaucht ist und das Triebwerk starten soll, versagt der reguläre Startmechanismus. Entweder ertrinkt der Pilot, weil die Kiste in der zunehmenden Tiefe vom Wasserdruck zerquetscht wird – oder er wagt einen Alarmstart, der jedoch das Vehikel aus dem Wasser katapultiert und bis zu den Sternen bringt, auf Nimmerwiedersehen. Der Pilot stirbt an Luftmangel, wenn ihm nicht schon der hohe Andruck beim Start die Knochen gebrochen hat.

Das klingt ja nicht sonderlich ermutigend. Aber könnten das Problem nicht die Piloten sein, fragt er sich, als er die Kneipe des Stützpunkts betritt. Der Pilot Manuel Vargas behauptet, der Vogel sei ein Fleischwolf, will aber trotzdem nicht gehen. Brandis verbietet jede Ausgabe von Alkohol, was nicht gerade auf Gegenliebe trifft. Brandis Chef Harris, ein Kriegsveteran, glaubt wie Stafford, es könnte sich eher um einen Konstruktionsfehler handeln. Aber das Flugzeug wird bereits seit zwölf Jahren entwickelt und sollte ausgereift sein. Es sei denn, es handelt sich um Sabotage …

Weil die Zeit wegen politischen Drucks von ganz oben drängt, fliegt Brandis den Vogel selbst – und ist begeistert. Mit Gedankensteuerung reagiert das Vehikel auf die geringste Anweisung, so dass schwierigste Flugbewegungen kein Problem sind. Bei der Zwischenstation in der Mondbasis lernt er den Chefkonstrukteur Dr. Jefferson Green und den Techniker Anthony Richardson kennen. Richardson kann wegen eines Herzfehlers nicht selbst fliegen. Von Green erfährt Mark, dass „Kolibri“ ein Kind von General Smith aus dem Bürgerkrieg ist. Wenigstens kann Mark auf dem Mond seine Frau Ruth O’Hara wiedersehen.

Die Nagelprobe steht noch aus: der Tauchgang. Alles verläuft so, wie es sein soll. Abends feiern alle Piloten am Strand bei Lagerfeuer und Mondschein – der Generator ist ausgefallen. Bei dieser Gelegenheit lernt Mark den bemerkenswerten Testpiloten Grigori „Grischa“ Romen kennen. Der Mann scheint eine ungewöhnliche Lebensphilosophie zu haben, die ihn zwischen Heiterkeit und Melancholie schwanken lässt. Er sei ein Zigan aus der Ukraine und ans Umherziehen gewöhnt, er spielt Geige und Mundharmonika. Mit Grischa schließt Mark sogar Freundschaft.

Als sie am nächsten Tag zusammen den Tauchtest vornehmen, wird der Funkempfang massiv gestört. Wo ist dieser Störsender? Kurz bevor Grischa einen Notstart hinlegt, entdeckt er eine geheime Station am Meeresboden …

_Mein Eindruck_

Diese Story klingt verdächtig nach einem Macho-Abenteuer à la „Top Gun“, entpuppt sich aber schon bald als ein Nebenschauplatz der schwelenden Konflikte, die der Bürgerkrieg hinterlassen hat (siehe Folgen 1-4). Die Sterberate unter den Testpiloten ist unter anderem deshalb so hoch, weil sie während des Bürgerkriegs gefoltert wurden. Ihre Traumata machen sich nun besonders in der Notlage des Eingesperrtseins in einem sinkenden Fahrzeug verhängnisvoll bemerkbar, weil sie dem fast sicheren Tod ins Auge sehen. Doch die Alternative des Alarmstarts ist ebenso verderblich: Sie jagen den Vogel nur ins Jenseits des tiefen Weltraums.

In Teil zwei dieser Folge wird eine weitere Folge des Bürgerkriegs erkennbar: Sabotage. Und die neue Pilotin Jordan ist eine Ansammlung von Prothesen, die sie einem Unfall während des Krieges zu verdanken hat. Jordans Auftritt weist auf eine weitere Besonderheit dieses Szenarios auf dem vermeintlich idyllischen Eiland hin: Die Frauen sind gleichberechtigt und genauso hart drauf wie die männlichen Kollegen. Nicht die Kerle zücken den Revolver, sondern eine Frau.

Marks neuer Freund Grischa Romen, ein „Zigeuner“, ist ebenfalls Opfer des Kriegs geworden, und seine Geschichte ist sehr interessant. Sein Schiff wurde vor Australien von Piraten versenkt, und nur mit einem besonderen Trick gelang es ihm, ihnen zu entrinnen. Als unliebsamen Zeugen hätten sie ihn kaltgemacht. Romen will auf den Mond, zu den Stützpunkten, wo die Raumschiffe ausgerüstet werden. Er hat Träume, aber auch Traumata. Seine „russische Seele“ ist etwas klischeehaft gestaltet: melancholisch, aber gleichmütig. Man muss ihn einfach mögen. Und David Nathan gestaltet diese Figur sehr sympathisch.

Die Handlung wird von Marks Ermittlung vorangetrieben. Die geht ein bisschen schleppend voran, aber das liegt wohl auch daran, dass sie Stoff für zwei Folgen liefern muss und nicht alles hopplahopp vorangeht. Schließlich geht es ja auch um die Konflikte, auf die Mark stößt. Zudem soll der Zuhörer etwas von der Action mitbekommen, und das geht nur mit Hilfe der akustisch beeindruckenden Inszenierung der Testflüge bzw. Tauchfahrten.

_Die Inszenierung_

Das Hörspiel beginnt mit einer bezeichnenden Geräuschkulisse: dem Gluckern und Blubbern rund um ein Unterwasserfahrzeug, wie es ein „Kolibri“ darstellt. Danach folgen flotte Latino-Rhythmen, die den Zuhörer auf die Stimmung auf einem lateinamerikanischen Eiland einstimmen.

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Töne, so etwa die Triebwerke der |Delta VII| oder das Öffnen und Schließen ihrer Luken und Schleuse. Doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Vor allem das Dröhnen, Zischen und Jaulen von Düsen ist regelmäßig zu hören, was ja auch naheliegt.

Ungewöhnlich sind eher Sounds, die an das Brutzeln von Eier erinnern, an stockende Sounds – das lässt aufhorchen. Hier haben die Macher dazugelernt. Der gute Sound trägt dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten. Ich fand es beispielsweise ungewöhnlich, eine Episode ohne jedes Wort beginnen zu lassen, sondern eine Minute lang Töne zu kombinieren, so etwa Delphinpfeifen, Walgesänge, Gluckern und ähnliches.

Die meisten SF-Serien wie etwa „Classic Star Trek“ oder „Raumpatrouille Orion“ sind viel zu alt für solchen Sound, und „Babylon 5“ oder „Andromeda“ klingen zwar toll, spielen aber in abgelegenen Raumgegenden, wo irdische Ereignisse kaum eine Rolle spielen. Dadurch hebt sich „Mark Brandis“ im Hörspiel bemerkenswert von solchen TV-Produktionen ab, von SF-Hörspielen ganz zu schweigen. Nur |Lübbe|s „Perry Rhodan“ kann in dieser Liga mitspielen. Auch das Design von verzerrten Meldungen ist ähnlich professionell gehandhabt. Ein Satz kann mittendrin seine Klangcharakteristik ändern – faszinierend.

|Die Sprecher|

Die Dialoge belegen die Verhaltensweisen von Erwachsenen statt von Jugendlichen. Man nimmt den Figuren jetzt ab, dass sie über Krieg und Frieden sowie den Tod von Menschen zu entscheiden in der Lage sind. Die Ernsthaftigkeit von „Raumpatrouille Orion“ ist mittlerweile mit der schnellen Handlung von „Perry Rhodan“ bestens kombiniert.

Auch Gewaltszenen an Bord von Raumfahrzeugen oder in Mannschaftsunterkünften sind nicht selten, so etwa zwischen Henri Vidal und Lt. Jordan, die ironischerweise beide Frauen sind. Der Gewalt geht ohne Ausnahme eine verbale Auseinandersetzung voraus, und sie hat immer personelle Konsequenzen. Daher ist Gewalt nicht um ihrer selbst willen inszeniert, sondern hat eine durchaus einsehbare Funktion.

|Musik|

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist, wie zu erwarten, recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch – ganz besonders im Intro und in den Intermezzi.

Ganz am Schluss erklingt ein flottes Outro, das den Ausklang zu dieser Episode bildet, bevor es zu einer langsam Hintergrundmusik abbremst. Diese läuft während der langen Absage, bei der sämtliche Sprecher und, wo sinnvoll, ihre Rollen aufgezählt werden. Den Abschluss bildet der Hinweis auf die nächste Doppelfolge mit dem Titel „Vorstoß zum Uranus“.

|Das Booklet|

Das Booklet bietet einen Überblick über die bereits erschienenen Folgen der Serie, über die Macher und über die Sprecher. Darüber hinaus gibt es jeweils Zusatzinformationen, so etwa über die VEGA, über die Insel Espiritu Santu und über die Organisation Marenostro. Mehrere Begriffe aus der Fliegerei werden im Booklet zum ersten Teil erklärt. Zwei Biographien finden sich im Booklet zum zweiten Teil: zu Grischa Romen und zu Rosanna Jordan.

_Unterm Strich_

Ähnlich wie manche Handlungsstränge der „Perry Rhodan“-Hörspiele greift auch die Mark-Brandis-Serie politische Themen auf, statt nun auf die Karte der abenteuerlichen Erforschung fremder Welten zu setzen. Das finde ich schon mal sehr löblich, denn so kann der Hörer die gezeigten Vorgänge mit seinen eigenen sozialen und politischen Verhältnissen vergleichen und sie, mit etwas Verstand, auch kritisch bewerten. In „Testakte Kolibri“ bleiben die politischen Konflikte des beendeten Bürgerkriegs nicht in der Vergangenheit, sondern werfen einen langen Schatten. Mehr darf nicht verraten werden.

|Das Hörspiel|

„Mark Brandis“ ist als Hörspiel professionell inszeniert, spannend, stellenweise actionreich und mitunter sogar bewegend. Im Unterschied zu den ersten Folgen wurden nun mindestens zwei größere Dialogszenen eingebaut, die mir sehr gut gefallen haben. Sie charakterisieren besonders Mark Brandis als einen moral- und verantwortungsbewussten Erwachsenen, der auch mal seine Fehler korrigieren kann. In der nächsten Folge „Testakte Kolibri 2“ gerät er sogar schwer in die Bredouille.

Dies ist beruhigend weit entfernt von Kinderkram und rückt die Serie in die Nähe der POE-Hörspiele, die mir fast durchweg gut gefallen. In zehn Jahren wird man diese Serie als Vorbild für eine gelungene SF-Serie aus deutschen Landen auf gleicher Höhe mit „Perry Rhodan“ setzen. Und die Sammler werden sich die Finger danach lecken.

Gut finde ich, dass |Universal Music| jetzt den Vertrieb übernommen hat. Dadurch ist der Fortbestand der Serie wohl gesichert. Und nun kann man sich mit David Nathan (bekannt als „Johnny Depp“) und Detlef Bierstedt (bekannt als „George Clooney“) auch namhafte Synchronsprecher leisten, die ein wenig (?) mehr kosten als die bisher eingesetzten. Das kommt dem Wiedererkennungs- und Unterhaltungswert der Serie nur zugute.

|Hinweis|

Die Fortsetzung trägt den Titel „Testakte Kolibri 2“. Deren Fortsetzung heißt „Vorstoß zum Uranus“.

|57 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3829123136|
http://www.folgenreich.de/markbrandis
http://www.interplanar.de
http://www.markbrandis.de
http://www.universal-music.de/musik/hoerbuch/

Laszlo Dören – Die Abenteuer von Robin Hood und seinen Männern. Illustrierte Ausgabe

Der Räuber als Retter des Landes

„In dieser Nacht war Robin nicht nur Robin Hood, Anführer einer kleinen Räuberbande und ein bis über beide Ohren in die Prinzessin verliebter Jüngling. Nein, in dieser Nacht war Robin die Hoffnung tausender, ihrer Freiheit und ihres Glücks beraubter Menschen.“ In der Tat ist dieser Robin Hood ein Behüter von Mensch und Wald, sondern auch ein Kämpfer gegen das Böse, das seinen hässlichen Wolfskopf erhebt.

Der Autor
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Ian McDonald – König der Dämmerung, Königin des Lichts

Drei Frauen im Kampf mit der irischen Vergangenheit

Eines der überraschendsten und schönsten Leseerlebnisse der neunziger Jahre hat mir der phantastische Roman des Nord-Iren Ian McDonald beschert. Es ist eine rätselhafte, poetische Geschichte von drei wunderbaren Frauen. Sie beginnt 1913, als die junge Emily mythische Figuren zum Leben erweckt, die fortan sie und ihre Nachkommen Jessica und Enye begleiten. Die drei Frauen dringen in das dunkle, lebendig gewordene Reich ihres Unterbewusstseins ein, das ihre reale, hektische Welt des 20. und 21. Jahrhunderts überlagert und verändert.

Auf unterschiedliche Weise versuchen Emily und ihre Nachfahren sich der Mächte der eigenen Traumzeit zu erwehren. Während die eine den mythischen Wesen nachgibt, versucht die andere, ihnen zu entkommen. Die dritte, Enye, hingegen bekämpft sie mit Drogen, Wut und einem Samurai-Schwert.

Der Autor
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John Sinclair – Blutiger Halloween (Folge 42)

_Party-Crasher: Ungemach aus dem College-Keller_

Die Internatsschülerin Carrie Blake erhält eine anonyme Morddrohung und dann auch alle anderen Mitglieder ihrer Schülerclique. Ihr Vater nimmt Kontakt zu seinem alten Freund Sir James auf und bittet ihn um Schutz für seine Tochter. John Sinclair und Jane Collins begeben sich umgehend zum Monkfort-Internat, wo abends ein großes Halloween-Fest stattfinden soll.

Bald ahnt der Geisterjäger, dass hinter diesen Briefen mehr als ein schlechter Scherz steckt und die Freundesgruppe ein dunkles Geheimnis umgibt. Denn einer nach dem anderen verschwindet auf unerklärliche Weise …

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor 34 Jahren – eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause |Bastei|. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Inszenierung_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino, Christopher Walken, Jeremy Irons, Pierce Brosnan und vielen mehr.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson, Sir Anthony Hopkins, Jean Reno und vielen mehr, spricht den Erzähler.
Jane Collins: Franziska Pigulla, die deutsche Stimme von Gillian „Scully“ Anderson
Sir James Powell: Karl-Heinz Tafel
Carrie Blake: Berenice Weichert (Anna ‚Rogue‘ Paquin, Scarlett Johansson)
Caroline Graves, Lehrerin: Bianca Krahl (Charlize Theron, Penelope Cruz)
Jack: Björn Schalla (Casey Affleck)
Rusty: Oliver Rohrbeck (Ben Stiller, Michael Rapaport)
Julie: Manja Doering (Reese Witherspoon, Natalie Portman)
Paul Frye: Timmo Niesner (Elijah Wood)
Philip Blake, Carries Vater: Lutz Mackensy (Christopher Lloyd, Al Pacino bis 1982)
Ronny Wilder: Gerrit Schmidt-Foß (Leonardo DiCaprio)
Und andere.

|Der Produzent|

… ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der John-Sinclair-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel [„Der Anfang“ 1818 hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Regieassistenz: Patrick Simon
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Tontechnik: Arne Denneler
Schnittassistenz: Jennifer Kessler
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

Mehr Infos: http://www.sinclair-hoerspiele.de & http://www.wortart.de

_Handlung_

Carrie Blake, 18 Jahre jung, erwacht im Bett ihres Freundes Rusty aus einem Albtraum. Wieder mal hat sie von Angela Martin geträumt, der Schülerin, deren Tod sich vor sechs Jahren hier am Monkfort-Internat ereignete. Als sie Rustys Zimmer verlässt, findet sie einen Brief unter seiner Tür. Und als sie in den Mädchenflügel, die nachsichtige Mrs Graves passierend, zurückkehrt, findet sie auch unter ihrer eigenen Tür einen Brief. Es ist die Ankündigung ihres baldigen Todes. Denn wieder einmal jährt sich Angelas Tod …

Sir James Powell von Scotland Yard ruft John Sinclair zu sich. Carries Vater, sein alter Freund, habe ihn gebeten, Carrie zu beschützen. Als John seiner Angebeteten davon berichtet, dass er am Wochenende in die Gegend von Cambridge muss, ist Jane Collins erst sauer, weil sie ein Konzert verpasst, aber bevor ihre Rivalin Glenda John begleitet, tut sie es lieber selbst.

Feuerwerk begrüßt das Kriminalerpärchen zur Halloweenparty des Monkfort-Internats. Desgleichen Mr. Blake. Carrie kommt ebenfalls endlich und druckst herum, weil sie fürchtet, dass jene Geschichte mit Angela ans Licht kommen könnte. Aber sie verplappert sich und muss schließlich mit der Wahrheit herausrücken: Ihre fünf Freunde haben alle einen Drohbrief erhalten. Als ihr Handy klingelt, erfährt sie von einem Freund, dass Ronnie Wilder, einer von ihnen, vermisst wird. Sofort beschließt Sinclair, mit Jane Ronnies Zimmer aufzusuchen, natürlich ohne Carrie.

Ronnies Zimmer ist von oben bis unten voller Blut – das reinste Schlachthaus. Aber zu Sinclairs und Janes Verwunderung sind weder Kampfspuren festzustellen noch eine Leiche zu entdecken. Sinclair eilt sofort los, um Carrie zu warnen, doch Carries Freunde haben beschlossen, auf eigene Faust Ronnie zu suchen, und Carrie muss mit. Sie teilen sich in Zweiergruppen auf. Das ist eine ganz schlechte Idee, denn für so manchen Schüler gibt es keine Wiederkehr …

Unterdessen führt die Lehrerin Caroline Graves Sinclair und Jane in den Keller des Internats, denn dort sei der alte Treffpunkt der Clique. Hier habe sich vor sechs Jahren etwas Schlimmes ereignet. So erfährt Sinclair vom blutigen Geheimnis von Monkfort. Aber das ist erst der Anfang, denn schließlich ist ja Halloween …

_Mein Eindruck_

Wieder einmal erfüllt der Horror sein klassische Aufgabe: Gerechtigkeit für die Toten zu verlangen und irgendwie auch umzusetzen. Die Methoden sind naturgemäß nicht gerade zimperlich zu nennen und enden für die Betroffenen meist mit dem frühzeitigen Ableben. Doch das Personal, das diese Methoden einsetzen, um den Toten Gerechtigkeit zu verschaffen, variiert beträchtlich. Mal sind es Zombies, mal Magier, mal übersinnlich Begabte, mitunter sogar die Toten oder ihre Geister selbst.

Auch in diesem Hörspiel haben Schüler Unrecht verübt: an einem junge Mädchen namens Angela Martin, nur weil sie so pummelig und wehrlos war. Es war die übliche Kindergrausamkeit. Und obwohl sie sie überhaupt nicht anfassten, sprang Angela lieber in den Tod als sich stoßen zu lassen, so groß war ihre Furcht. Das war vor sechs Jahren, und inzwischen sind die mobbenden Schüler erwachsen (zumindest nach deutschen Maßstäben) und bedauern ihre Tat. Doch das bewahrt sie keineswegs vor Angelas Rache und der ihrer Gehilfin …

Der Autor greift auf den alten keltischen Glauben zurück, wonach in der Nacht zu Allerheiligen, also an All Hallow’s Eve, die Grenze zwischen Lebenden und Toten durchlässig wird und allerlei Gelichter die unvorsichtigen Erdlinge heimsucht. Diese beruhigen ihre Nerven, indem sie versuchen, die Geister zu vertreiben: durch Feuerwerk, Jack-o’Lantern-Kürbisse und allerlei Maskenschabernack. Es ist so etwas wie eine herbstliche Walpurgisnacht. Fehlen nur noch die Hexen auf ihren Besen. Und in jüngster Zeit hat der aus den USA stammende Brauch, der auch hierzulande Fuß gefasst hat, auch Hexen ins Personal aufgenommen.

Die Gehilfin der armen Schülerin Angela ist offenbar eine solche Hexe geworden. Sie erwähnt etwas von asiatischer Magie und dass sie zur Totensprecherin geworden sei. Was auch immer das heißen mag. Sicher ist, dass dabei Angelas Kinderleiche eine gewisse Rolle spielte. Man fragt sich nur, warum es sechs Jahre dauerte, bis Angelas Geist erschienen ist und nun sein Unwesen auf der Party des Monkfort-Internats treibt. Die Antwort weiß nicht der Wind, sondern nur der Autor.

In letzter Zeit gab es einen Film über „Wedding Crasher“, also junge Trottel, die liebend gerne eine Trauung oder noch lieber die Hochzeitsfeier derart stören, dass diese zur Undurchführbarkeit tendiert. Nun, Angela Martins Geist ist zwar kein Wedding Crasher, aber der Halloween-Party treibt sie doch auf höchst wirkungsvolle Weise jede Fröhlichkeit aus, als sie den Rasen betritt: mit drei abgeschlagenen Köpfen in der Hand …

Und wo ist John Sinclair, wenn ihn mal braucht?

_Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück tun die Profis dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen. Interessant ist der Einsatz von Stimmfiltern. So spricht etwa Angelas Geist keineswegs „normal“, sondern entsprechend verzerrt.

|Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Die Besonderheit dieser Episode liegt darin, dass die Szenen, die im finsteren Park spielen, mit den auf einer Party üblichen Geräuschen wie Gelächter, Ratenfeuerwerk usw. kontrastieren. Es ist eine Art mittelalterlicher Totentanz, wo der Tod erst im Hintergrund (hier im Park) sein grausiges Werk verrichtet, um sodann mitten unter die Feiernden zu treten und sie an „memento mori“ zu erinnern: „Bedenke, dass du sterben musst“. Harhar!

Die Macher der Serie empfinden wahrscheinlich gesteigerte Lust, wenn sie wieder einmal das Aufbrechen der Haut, das Spritzen von Blut, das Kreischen der Opfer und das hysterische Schluchzen der Mädchen aus ihrem Soundrepertoire holen dürfen. Auch knarrende Türen, unheimliches Poltern und ferne Stimmen in einer hallerfüllten Gruft gehören unbedingt zur Geisterbahn-Atmosphäre, die das Markenzeichen der Hörspielserie ist.

|Musik|

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British-Horror-Movie zu hören. Stets gibt sie sehr genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit einem klassischem Instrumentarium produziert. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Das Booklet|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher und die Macher. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 16 Jahren.

_Unterm Strich_

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von Hollywoodstars einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis. Dabei kommt aber die Action nie zu kurz, auch nicht die Romantik. In dieser Folge der Serie dominiert der Kontrast zwischen fröhlicher Halloweenparty und grausigem Gemetzel im dunklen Park, bis der Tod selbst unter die Lebenden tritt, als handle es sich um „Die Maske des Roten Todes“ von Altmeister Poe.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Die Action kommt niemals zu kurz, was die Game-Freunde doch einigermaßen zufriedenstellen sollte.

Jetzt muss uns der Autor nur noch erklären, wie man sich selbst nur mit einem Taschentuch erstickt, wie es Angelas hexenhafte Gehilfin getan haben sollte (im hammerharten letzten Satz). Wahrscheinlich hat es etwas mit „asiatischer Magie“ zu tun!

|50 Minuten auf 1 CD|
http://www.sinclairhoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.wortart.de

Barker, Clive – Das zweite Buch des Blutes (Lesung)

Edelgrusel: Affen, Schlitzer und Frankenstein

Leser mit schwachen Nerven seien gewarnt: Clive Barker ist nichts für zart besaitete Gemüter! In seinen phantastischen Geschichten beschwört er voller Wortgewalt das Grauen und geht über alles hinaus, was man sich in seinen schlimmsten Alpträumen vorgestellt hat. (Verlagsinfo) Für seine „Bücher des Blutes“ bekam Clive Barker 1985 den World- und den British Fantasy Award. Seine Schrecken sind (meist) in der realen Welt angesiedelt, im Hier und Jetzt, oft sogar mitten in der Großstadt.

Das Hörbuch enthält zwei ausgewählte Erzählungen und ist für Hörer ab 14 Jahren zu empfehlen.

Der Autor

Clive Barker, 1952 in Liverpool geboren, ist der Autor von bislang zwanzig Büchern, darunter die sechs „Bücher des Blutes“. Sein erstes Buch für Kinder trägt den Titel „The Thief of Always“ (Das Haus der verschwundenen Jahre). Er ist darüber hinaus ein bekannter bildender Künstler, Filmproduzent und -regisseur („Hellraiser 1“) sowie Computerspiel-Designer.

Er lebt in Beverly Hills, Kalifornien, mit seinem Lebenspartner, dem Fotografen David Armstrong, und ihrer Tochter Nicole. Sie teilen sich das Haus mit vier Hunden, fünf Goldfischen, fünfzehn Ratten, unzähligen wilden Geckos und einem Papagei namens Malingo.

Seit 2002 veröffentlicht Barker einen Zyklus von wunderschön illustrierten Kinderbüchern mit dem Titel „Abarat“. Alle Bücher spielen in der titelgebenden Fantasywelt, die – wie könnte es anders sein – auch einige teuflische Figuren vorweisen kann. Sie machen der 16-jährigen Heldin Candy Quackenbush das Leben im Abarat schwer.

http://www.clivebarker.com/

|Clive Barker bei Buchwurm.info:|

[„Hellraiser – Das Tor zur Hölle“ 471
[„Hellraiser“ 2433 (Neuauflage)
[„Die Bücher des Blutes I – III“ 538
[„Das erste Buch des Blutes“ 1746
[„Die Bücher des Blutes IV – VI“ 549
[„Spiel des Verderbens“ 1276
[„Ein höllischer Gast“ 1284
[„Galileo“ 1319
[„Abarat“ 1476

Der Sprecher und andere Mitwirkende

Matthias Koeberlin, geboren 1974, absolvierte die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam. Für seine Verkörperung des Ben in „Ben & Maria – Liebe auf den zweiten Blick“ erhielt er den Günther-Strack-Fernsehpreis. Für seine Interpretation des |Lübbe|-Hörbuchs [„Das Jesus-Video“ 267 wurde er für den Deutschen Hörbuchpreis des WDR (2003) nominiert. In der ProSieben-Verfilmung des Bestsellers spielte er den Stephen Foxx.

Regie führte Marc Sieper, die Musikalischen Motive stammen von Andy Matern.

Andy Matern wurde 1974 in Tirschenreuth, Bayern, geboren. Nach seiner klassischen Klavier-Ausbildung arbeitete er einige Jahre als DJ in Clubs. Seit 1996 ist er als freiberuflicher Keyboarder, Produzent, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann trotz seiner jungen Jahre bereits mehr als 120 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen.

Bereits Andy Materns erste Hörbuch-Rhythmen erreichten schnell Kultstatus bei den Fans und der Fachpresse. Durch seine musikalische Mitarbeit wurde [„Der Cthulhu-Mythos“ 524 zum besten Hörbuch des Jahres gewählt (Deutscher Phantastik Preis 2003). Andy Matern lebt und arbeitet in München. (Verlagsinfos)

Die Erzählungen

Das Hörbuch bietet lediglich eine Auswahl aus den Storys des Buches, das 1984 erstmals erschien.

_1) Das Höllenrennen_

Alle hundert Jahre steigt die Hölle an die Erdoberfläche empor, um sich mit den aktuell herrschenden Mächten zu messen. Natürlich ist die Hölle stets auf Seelen aus, die sie verderben und für sich gewinnen kann. Aber es besteht stets die Chance, dass sie absiegt und dann die Oberhand gewinnt …

Der gegenwärtige Anlass für das Auftreten der höllischen Vertreter ist ein simpler, in keiner Weise ungewöhnlicher Stadtmarathon (wohl eher ein Halbmarathon), wie man ihn in England gern pflegt. Die Einnahmen sollen der Krebsforschung gespendet werden. Die Innenstadt von London ist gesperrt worden, die Läufer stellen sich auf, die Reporter Jim und Mike bereiten das Radiopublikum auf das Ereignis vor.

Olympiasieger Joel Jones schaut sich seine Konkurrenten an. Sein Erzfeind ist da: Frank „Flash“ (Blitz) McLeod. Dann sind da noch Voight aus Südafrika, Nick Lawyer und der bebrillte Kinderman. Joel ist einer der wenigen Schwarzen im Feld. Startschuss? Nach wenigen hundert Metern führt Lawyer vor McLeod und Joel. Dann folgt Voight.

Doch was ist das? Lawyer strauchelt und gibt auf! Die Reporter geraten ganz aus dem Häuschen. Nach einigen Minuten blickt der führende McLeod zurück und strauchelt ebenfalls. Joel verfolgt mit wachsendem Entsetzen, wie sich Franks Augen mit Blut füllen. Frank spornt ihn an: „Lauf weiter! Aber schau dich um Himmels willen nicht um! Lauf um dein Leben …“ McLeod bricht zusammen und muss mit einer Ambulanz abtransportiert werden.

Joel läuft fortan für sich selbst, vor sich sieht er Voight und irgendwo weit hinten läuft wohl auch Kinderman. Er schließt zu Voight auf, dessen Rhythmus ungleichmäßig wird. Da erst wirft Joel einen Blick zurück. Ein verstörender Anblick lässt ihn straucheln …

Unterdessen hat Joels Trainer Cameron eine unheimliche Begegnung. Er hat Voight in einem schwarzen Mercedes sitzen sehen. Nanu, läuft Voight denn nicht beim Rennen mit? Cameron radelt dem Mercedes bis zu einem schäbigen Gebäude hinterher und schleicht den drei Gestalten, die dem Auto entsteigen, nach. Es geht in einen Keller, der unglaublich kalt ist. Denn entgegen der allgemeinen Ansicht ist die Hölle nicht heiß, sondern eiskalt. So hat sie Dante in seiner „Göttlichen Komödie“ beschrieben, zumindest ihren neunten Kreis.

Aus einem eisigen Loch in der Mitte des Kellers steigt ein höllischer Gebieter, vor dem sich Voight, der Chauffeur und ein Dritter, der das Kommando hat, auf die Knie werfen. Cameron macht, dass er wegkommt. Doch leider begeht er den Fehler, noch einen Blick über die Schulter zu werfen. Er beginnt zu straucheln …

_Mein Eindruck_

Warum die Hölle nur einmal in hundert Jahren und dann auch nur bei einem popligen Londoner Stadtlauf ihre Kräfte mit den Sterblichen messen sollte, bleibt das Geheimnis des Autors. Wahrscheinlich macht die Hölle aber Multitasking und tritt gleichzeitig an vielen geeigneten Anlässen auf, um auf Seelenfang zu gehen.

Interessanter ist da schon die Frage, wer denn ihre menschlichen Agenten sind. In dieser Erzählung ist es ein gewisser Gregory Burgess, seines Zeichens Unterhausabgeordneter des britischen Parlaments. Das ist sicherlich eine recht einflussreiche Position als Höllenknecht, und wenn er sich einen Mercedes leisten kann, dann deutet dies darauf hin, dass sein Lohn recht erklecklich gewesen sein muss. Allerdings ist der Preis, den er entrichten muss, um dies zu erringen, nicht unerheblich: Seine Daumen haben dran glauben müssen – und seine Hoden ebenfalls. Sehr ironisch ist die böse Andeutung des Autors, die Regierung des Volkes könnte schon von der Hölle unterwandert sein, von entmannten Schwuchteln. Dann aber taucht die Frage auf, wieso die Hölle überhaupt noch antritt, wenn ihr der Sieg im Parlament doch schon so gut wie sicher ist.

Für Burgess scheint die Stellung als Diener der Höllenfürsten nicht gerade die sicherste zu sein. Burgess hat den Triumph der Hölle durch ein kleines Versehen verpatzt, und solches Versagen finden seine Herren gar nicht witzig. So wie die Zönobiten in „Hellraiser“ kommen sie in ihrer unterkühlten Weise, um keinen Fehler unbestraft zu lassen …

Marathon zu laufen, ist eine britische Leidenschaft, und landauf, landab finden am Wochenende während des allzu kurzen englischen Sommers entsprechende „half marathons“ statt. So ein Rennen hat in dramaturgischer Hinsicht mehrere Vorteile: Es hat einen definierten Start und ein festgelegtes Ende. Das Ende sieht Sieg oder Niederlage vor. Es kann nur einen Sieger geben, aber bis zum Sieg kann während der Etappen jede Menge passieren. Und dazu gehört auch der Auftritt eines unvorhergesehenen Läufers.

Diese Elemente tragen dazu bei, dass die Erzählung bis zur letzten Sekunde des Rennens spannend bleibt. Natürlich gibt es die obligatorische Überraschung, als alles nach einem Sieg des Verräters Voight aussieht.

Sehr schön fand ich das Zitat aus Samuel T. Coleridges berühmten Gedicht „Kubla Khan“, in dem erstmals ein Land namens Xanadu erwähnt wird. In dem Gedicht fließt der heilige Fluss Alph „hinab zu einer sonnenlosen See“. Barker deutet dies so um, dass mit der sonnenlosen See die Hölle gemeint ist. Ein recht bitterer Nachgeschmack bleibt zurück, typisch für Barkers furchtlose Methode, solche alten verehrten Kulturgüter wie Xanadu etc. vom Sockel zu stürzen und zu etwas Makaberem zu pervertieren. Auf diese Weise hat er eine Menge Staub aufgewirbelt. Damals zumindest.

_2) Die neuen Morde in der Rue Morgue_

Im winterlichen Paris liegt Schnee und ein eisiger Wind vertreibt die Liebespaare von den Seine-Brücken. Dies ist nicht das sonnige Fort Lauderdale, wo Louis Fox sein Zuhause hat. Mit 73 Jahren ist er ein international bekannter und geachteter Maler, doch das zählt hier nicht. Er ist nach Paris gekommen, weil ein Telegramm seiner Schwester Catherine ihn gerufen hat. Die Stadt hat sich seit den Tagen seines Großvaters und dessen Bruder stark verändert. Die Rue Morgue ist unauffindbar. Dabei löste doch Großonkel Auguste Dupin dort seinen größten Fall: den Doppelmord in der Rue Morgue. Davon erzählte sein Bruder, also Louis‘ Opa, einem gewissen Eddie, den er 1835 in Richmond, Virginia, in einer Bar kennen lernte. Dieser Eddie hieß Poe mit Nachnamen, und der Rest ist bekannt.

Catherine, drei Jahre älter als Louis, erzählt, die Polizei beschuldige ihren Bruder Philipppe Laborteau des Mordes an seiner Geliebten, der 19-jährigen Natalie Perec. Sie wurde schrecklich zugerichtet. Der 69-Jährige hat ein kleines Appartement, seine Liebeslaube. Doch Philippe, den Louis im Knast besucht, ist untröstlich über Natalies Tod. Und in einer untypischen emotionalen Aufwallung gibt er Louis‘ grässlichen Geschichten über die Rue Morgue die Schuld. Louis verwahrt sich dagegen sehr. Was soll das eine mit dem anderen zu tun haben?

Dann besichtigt er den Tatort, mit dem Schlüssel, den ihm Catherine ausgehändigt hat. Sie hat beim Aufräumen die Gestalt eines großen Mannes gesehen und ist erschreckt geflohen. Nun nimmt sich Louis doppelt in Acht. Auch er schnuppert das penetrante Parfüm, das dem Fremden zu Eigen ist. Die Glühbirne wurde zerstört, und das Zimmer wird nur von Mondschein und Straßenlaternen beleuchtet. Da tritt ein Schatten hinter dem Bett hervor.

Der Mann ist groß, in einen Mantel gehüllt, bärtig. Und er lächelt, dann schüttelt er den Kopf, aber zugleich auch seinen Körper. Louis ist verblüfft über die dicken Träne, die dem Unbekannten, der kein Wort spricht, über die Wange läuft. Nach etwas wie einem Schluchzen stürzt der Unbekannte zur Zimmertür hinaus und die Treppen hinunter. Das Zimmer liegt immerhin im dritten Stock, und Louis ist nicht mehr der Jüngste. Er verliert das Rennen hinunter zum Ausgang. Der Fremde ist schon über alle Berge.

Als er zu Catherine zurückkehrt, ist sie ganz aufgelöst. Ihre Wohnung ist verwüstet worden. Von eben jenem Fremden, den er verfolgt. Wer ist dieser Eindringling, und was will er? Am nächsten Tag gibt ihm Philippe, der nunmehr sediert wird, einen erstes Hinweis: Er habe ein Experiment durchgeführt. Inspiriert von Louis‘ Geschichte über Auguste Dupins Heldentat in der Rue Morgue, wollte er sehen, ob es ihm gelänge, aus einem Affen einen Menschen zu machen. Die Folgen kosteten Natalie das Leben. „Sie war eine Hure!“ schreit Philippe.

_Mein Eindruck_

Diese Erzählung verknüpft auf eine perfide Weise die [Poe’sche Vorlage 2396 des Doppelmords in der Rue Morgue mit Mary Shelleys Klassiker von Dr. Viktor Frankensteins Kreatur. Diese Kreatur ist einerseits ein verzerrtes Abbild ihres Schöpfers Philippe Laborteau – sie liebt rothaarige Frauen – andererseits aber auch ein Kind ihres Vaters: ebenfalls Philippe. Und wie jedes Kind will es zurück zu ihm. Daher wartet es stets in seinem ehemaligen Liebesnest.

Doch Philippes Schöpfung ist keineswegs unschuldig wie ein Baby. Vielmehr greift der Autor hier Motive des Falls [Jack the Ripper 2409 auf und lässt die Kreatur Prostituierte ermorden. Wegen ihrer Körperkräfte sind die Verletzungen sehr brutal und führen regelmäßig zum Tode. Aber der menschliche Affe hat ein Mittel gefunden, um die Frauen nicht mehr schreien zu lassen: Er betäubt sie mit Drogen, nach denen sie eh schon süchtig sind. Mit wachsendem Grauen sieht Louis zu, wie der Affe mit seiner Schönen der Nacht so etwas wie Sex hat.

Eine makabere Wendung gibt es am Schluss, als es keineswegs der Affe und Mörder ist, der stirbt, sondern der rechtschaffene Louis. Die Verhältnisse sind auf eine so entsetzliche Weise auf den Kopf gestellt, dass es Louis nicht mehr aushält und sich umbringt. Seelenruhig watschelt der Affe, angetan als respektierlicher Bürger, währenddessen mit seiner Nachtschönen durch Straßen, die den kommenden Frühling spüren, nach Sacre Coeur …

_Der Sprecher_

Als ausgebildeter Schauspieler weiß Koeberlin seine Stimme wirkungsvoll einzusetzen und die Sätze deutlich und richtig betont zu lesen. Auch die Aussprache aller englischen Namen und Bezeichnungen geht reibungslos vonstatten. Aber die Flexibilität seiner Stimme scheint noch relativ begrenzt zu sein. Der weiblichen Stimmlage passt sich Koeberlin ein wenig an. Selten sinkt die Lautstärke zu einem Flüstern herab oder erhebt sich zu einem Fauchen. Die Betonung hat sich inzwischen der des |Lübbe|-Stammgastes David Nathan angenähert, und das tut Koeberlins Vortrag sichtlich gut. Er ist wesentlich eindringlicher als noch beim „ersten Buch des Blutes“ vor eineinhalb Jahren, besonders in der schaurigen „Morgue“-Erzählung.

In der Erzählung „Das Höllenrennen“ kommt dem Sprecher die Technik zu Hilfe. Die zwei Radioreporter Jim und Mike sind durch einen entsprechenden Filter nur mit blechern verzerrten Stimmen zu hören. Das verleiht ihrem Auftreten einen Anstrich von Realismus.

_Die Musik_

Die Musik von Matern ist dasjenige Stilelement, das den Zauber dieser Lesung ausmacht. Sie kommt selbstverständlich als Intro und Outro zum Einsatz, und regelmäßig ist an den spannenden und dramatischen, sprich: gruseligsten Stellen Hintergrundmusik zu hören. Diese nun aber zu charakterisieren, stellt sich als schwierige Aufgabe heraus. Ich konnte kein einzelnes Motiv heraushören, vielmehr handelt es sich um Klangfolgen mit klassischen Instrumenten (und wohl dem einen oder anderen Synthesizer), die eine Atmosphäre der Beunruhigung, Anspannung, kurzum: des Grauens erzeugen. Um diese Wirkung erzielen, hat Andy Matern jedenfalls ganze Arbeit geleistet.

_Unterm Strich_

Ich kann das Hörbuch mit Einschränkungen empfehlen. Die erste Einschränkung betrifft das Fehlen von drei der fünf Erzählungen aus er literarischen Vorlage: „Moloch Angst“, „Jacqueline Ess: Ihr Wille, ihr Vermächtnis“ und „Wüstenväter“ sucht man vergeblich. Um die erste und dritte Story ist es nicht schade, aber dass mein persönlicher Barker-Favorit „Jacqueline Ess“ nicht in der Auswahl ist, enttäuscht mich doch ziemlich. Vielleicht erschien den |Lübbe|-Gewaltigen (sprich: Marc Sieper) diese sinnliche Erzählung als zu gewagt (siehe den Anhang weiter unten).

„Das Höllenrennen“ ist nicht allzu spannend und relativ zahm, aber es ist wenigstens bis zum Schluss halbwegs spannend. Man sollte die Untertöne beachten, so etwa die Anspielung auf Xanadu. Dass Barker hier die englische Vorliebe fürs Langstreckenlaufen auf die Schippe nimmt, dürfte wohl klar sein.

Nach diesem, ähem, Warm-Laufen folgt mit „Die neuen Morde in der Rue Morgue“ eine Hommage an Edgar Allan Poe, Mary Shelleys „Frankenstein“ und den ewig spukenden Jack the Ripper. Im Finale, das fein ausgeklügelt vorbereitet wird, bibbert der Leser bzw. Hörer zusammen mit dem privaten Ermittler Louis im Kleiderschrank, während Unaussprechliches vor seinen Augen seinen Lauf nimmt. Das ist erstklassige Horrorgeschichte mit Stil. Aber auch mit einem sehr zynischen Schlussakkord.

Die seit dem „ersten Buch des Blutes“ beträchtlich verbesserte Vortragskunst des Sprechers eignet sich meines Erachtens gut für die dramatischeren gruseligen Stellen. Massiv wird Koeberlin unterstützt von Andy Materns ausgezeichnet passender Musik, die für die entsprechende Gänsehaut sorgt.

|Die fehlenden drei Erzählungen:|

1) In „Moloch Angst“ lernen wir einen Psychopathen kennen, der mit allen Mitteln versucht, die Ängste seiner Zeitgenossen zu brechen. So sperrt er etwa eine Vegetarierin mit einem Stück Fleisch in eine Kammer ein, bis sie darüber herfällt. Im Verhalten, das seine Gefangenen an den Tag legen, sucht er den Schlüssel zu seiner eigenen Angst. Der Schluss der Story ist leider schon frühzeitig zu erahnen.

2) „Jacqueline Ess: ihr Wille, ihr Vermächtnis“: Die junge Frau Jacqueline entdeckt ihre Fähigkeit der Telekinese und mit Gedankenkraft den Körper eines anderen Menschen zu zerstören. In einem Wutanfall vernichtet sie ihren widerlichen Ehemann und knetet seinen Kadaver zu einem Klumpen zusammen. Danach irrt sie ziellos durch die Welt, auf der Suche nach jemandem, der ihr hilft, ihre furchterregenden Fähigkeiten in den Griff zu bekommen … Diese Erzählung ist eine schmerzhafte Elegie voll Sex und Sinnlichkeit, die stetig auf einen ungeheuren Höhepunkt zustrebt und deren Ende einer ungehemmten Explosion gleichkommt – mit Abstand die beste Story dieses Bandes.

3) In „Wüstenväter“ tummeln sich fleischige Dämonen in der Wüste, ein schießwütiger Sheriff macht mit seiner Gemeinde Jagd auf sie. Spannende Situationen und eine bizarre Spannung schaffen eine Stimmung, wie man sie selten in einer Story findet.

O-Titel: Books of Blood vol. 2, 1984
Aus dem Englischen übersetzt von Peter Kobbe
142 Minuten auf 2 CDs

http://www.luebbe-audio.de

John Sinclair – Die Eisvampire (Folge 33)

Erwachen der Vampire: Angriff aus dem Eis

In einer Eishöhle nahe dem österreichischen Hallstatt sind drei uralte ungarische Vampire eingeschlossen. Doch Asmodina, die Tochter des Teufels, hat vor, sie zu befreien. Als John Sinclair und Suko in Hallstatt eintreffen, scheint es bereits zu spät zu sein, den Ausbruch der Vampire zu verhindern. Der Höhlenführer Toni Berger ist verschwunden und auf dem Hang unter der Seilbahn wurde sein bester Freund Joseph Spengler schwer verletzt aufgefunden. Was haben dessen Halswunden nur zu bedeuten? John ahnt nichts Gutes …

Die Hörspiele dieser Reihe sind Vertonungen der gleichnamigen Bastei-Heftserie. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 18 Jahren.

Der Autor

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor 37 Jahren – eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause Bastei. Inzwischen sind über 1700 „John Sinclair“-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson und Dustin Hoffman, spricht den Erzähler.
Joseph Spengler: Helmut Krauss
Sir James Powell: Karlheinz Tafel
Und viele weitere.

Regie führte Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der „John Sinclair“-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel „Der Anfang“ hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Realisation: Patrick Simon
Tontechnik und Schnitt: ear2brain productions
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

Handlung

Tief im Wald nördlich von London stolpert ein kleiner Mann durch die Botanik ringsherum und rezitiert seltsame Worte in einer fremden Sprache. Es ist der Dämon Myxin, der einen Vampir-Dämon beschwört. Ein Dimensionstor öffnet und Kogan erscheint, reichlich ungnädig ob des Rufers, den er zu seinen Feinden zählt. Myxin fordert Informationen darüber, was die Mord-Liga und Asmodina, die Tochter des Teufels, vorhaben. Doch Kogan lässt ihn von seinen Dienern, die er mitgebracht hat, packen, auf dass er den Störenfried aussaugen kann.

Allerdings kommt es nicht dazu. Einer der Diener wird gepfählt. Er zerfällt augenblicklich zu Staub. Und John Sinclair zielt mit seiner silberkugelgefüllten Beretta auf Kogans Stirn. Kogan weicht zurück. Myxin rappelt sich auf, als Kogan um Gnade winselt, um ihn erneut zu fragen. Kogan verrät, dass drei Eisvampire kommen sollen. Ein Schuss fällt, und der Vampir ist Geschichte.

Myxin ist ungewöhnlich ernst. Die Eisvampire sind die Gebrüder Konja. Sie unterjochten einst Ungarn, bevor sie nach Österreich vertrieben wurden und sich tief im Drachensteingebirge versteckten. Sollte Asomdina die drei Vampire aufgetaut haben, wäre das eine Katastrophe. Denn sie würden die Bevölkerung ringsum natürlich sofort ebenfalls zu Vampiren machen …

In Österreich

Es ist schon nach sechs Uhr abends, als Toni Berger sich in der Mittelstation der Seilbahn des Drachensteins von seinem Sohn Max verabschiedet und seine Lohnabrechnung schließt. Nun muss er nun bloß noch die Wege durch die Eishöhlen prüfen, durch die er tagsüber die Touristen zu führen pflegt. Auf seinem Prüfgang hört er diesmal ein ominöses Fauchen. Ein Tier kann es nicht sein, dass die drei Türen, die zur Höhle führen, waren alle verschlossen. Da greift ihn ein riesiger Mann an. Toni schreit auf. Spitze Zähne bohren sich schmerzhaft in seine Halsschlagader …

Joseph Spengler, Tonis Freund, ruft dessen Sohn Max an: Wo bleibt denn der Toni bloß? Sie wollten doch runter ins Dorf, nach Hallstatt, zu Tonis Frau Karla und seiner künftigen Schwiegertochter Hanni. Doch da atmet Joseph auf: Der Toni kommt aus der Höhle. Allerdings wankt er und stöhnend bittet er um Hilfe. Sofort hilft Joseph seinem Freund in die Gondel und startet die Talfahrt. Da greift Toni ihn an und es kommt zu einem Kampf, in dessen Verlauf Joseph aus der Gondel in die Tiefe fällt …

John Sinclair und sein chinesischer Mitarbeiter Suko checken ins Hotel Schönblick ein, das von Hanni und Max geführt wird. Die beiden geben sich als englische Geologen aus, die die Eishöhlen besichtigen und untersuchen wollen. Max Berger stürzt herein: Toni Berger und Joseph Spengler sind verschwunden! Er nimmt Johns und Sukos Hilfe an und macht sich auf die Suche. Doch Toni Berger ist bereits in seinem Haus und stattet seiner überraschten Frau einen Besuch ab. Er hat eine böse Überraschung für sie parat …

Mein Eindruck

Auf der Alm, da gibts koa Sünd? Diese Behauptung trifft auf die Eishöhlen im Gebirge sicher nicht zu. Für mehr als einen Besucher erweisen sie sich geradezu als Todesfalle, erst für Toni Berger, dann für John Sinclair. Mit den Eishöhlen hat der einfallsreiche Autor (s. o.) eine weitere pittoreske Szenerie geschaffen, um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse auf die Bühne zu bringen. Wir erfahren zwar nicht, was die drei Eisvampire dort noch im ungemütlichen Eis hält noch was sie aufgetaut hat, aber auf jeden Fall bilden sie den Gegner, ohne den der Geisterjäger keine Existenzberechtigung zu haben scheint. Klar, dass hier auch der explosive Showdown stattfinden muss. Jedenfalls der Erste.

Denn auch Suko hat alle Hände voll zu tun. Toni Berger ist mittlerweile, nachdem ihn ein Vampir verwandelt hat, in eine dunkle Karikatur seiner selbst pervertiert worden. Aber das ist kein Grund für ihn, unglücklich zu sein: Schließlich kann er jetzt im Dunkeln sehen und ist potenziell unsterblich. Na, das ist doch nicht zu verachten.

Wenn da bloß nicht der unstillbare Hunger nach frischem Blut und neuer Lebenskraft wäre. So ein Vampir ist ja wie ein Auto ohne Benzin: Er braucht ständig Nachschub, um agieren zu können. So gesehen ist ein Vampir auf Entzug eine ernste Warnung vor der Energiekrise. Andererseits gibt es eine patente Methode, gute Freunde zu finden: Man beißt sie einfach! Schwupps, hat man einen Mitvampir und guten Kumpel. Das trifft natürlich auch auf die Mädels zu …

Der Vampir Toni Berger zeigt die dunkle Seite des wohlanständigen Spießbürgers: stets auf Schabernack der blutigen Art versessen, fühlt er sich im Dunkel der Welt am wohlsten. Kein Grund, den Kopf hängen zu lassen – schnell ist auch seine Karla Schicksalsgenossin. Und sie haben nur auf die niedliche Hanni, die Schwiegertochter in spe gewartet. Dumm nur, dass ausgerechnet in diesem schönen Moment, als sie sich an der knusprigen Maid laben wollen, ein chinesischer Störenfried mit einer Dämonenpeitsche auftaucht …

Die Sprecher / Die Inszenierung

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: Bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück tun Pigulla, Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

Übertriebene Ausdrucksweisen heben die Figuren in den Bereich von Games- und Comicfiguren. Das kann bei jugendlichen Hörern ein Vorteil sein. Die Figuren schreien wütend, fauchen hasserfüllt oder lachen hämisch. Besonders unheimlich ist die Darstellung des Spuks, eines wirklich mächtigen Dämons. Leider erfahren wir rein gar nichts über seine Herkunft und Entstehung. Auch alle anderen Figuren muss der Hörer bereits kennen, um sie zuordnen zu können. Aber als Fan der Serie kennt man ja Jane Collins, Sinclair, Glenda Perkins, Kara, Myxin usw. bereits.

Geräusche

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Insbesondere die Szenen in der Eishöhle sind akustisch recht eindrucksvoll umgesetzt. Vom Knurren und Fauchen der Vampire über die allfälligen Schüsse und Schreie bis hin zum absoluten Sound Overkill, wenn die Macht des Kreuzes auf die Kraft des Bösen trifft – Explosionen, die auf einer leistungsfähigen Anlage die Wände zum Wackeln bringen können. So haben wir das gern!

Musik

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British Horror Movie zu hören.

Stets gibt die Musik genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit einem klassischen Instrumentarium produziert. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

Unterm Strich

Folge Nr. 33 hat mich wegen ihrer alpinen Szenerie sofort an das Sherlock-Holmes-Abenteuer „The final problem“ erinnert, in dem Holmes die Lauterbachfälle hinabstürzt, noch im Fallen im Clinch mit Erzfeind Prof. Moriarty (siehe auch die DVD zur 1. Staffel mit den britischen TV-Verfilmungen). Doch statt einer langsamen Annäherung an die Konfrontation spielt die Seilbahn eine beträchtliche Rolle: Sie beschleunigt das verhängnisvolle Geschehen, indem sie den frischgebackenen Vampir Toni Berger im Handumdrehen ins Tal bringt. Immerhin findet an Bord ein klasse Kampf zwischen Berger und Spengler statt.

Die Episode bietet dem SINCLAIR-Fan zwei Showdowns, die nicht zu verachten sind. Dass Toni Berger erst seine Frau angreift und dann seine Schwiegertochter, verleiht seiner Existenz eine gewisse erotische Würze. Wird Suko rechtzeitig eingreifen, um Hannis Ehre zu bewahren?

Die Stimmen stammen von Frank Glaubrecht, Joachim Kerzel und Helmut Krauss, stammen also von der ersten Garde, die etwa bis Nr. 40 tätig war. Auch Toni Berger wird von einer bekannten deutschen Synchronstimme gesprochen, aber ich konnte sie nicht zuordnen. Der Suko-Sprecher scheint mir ein anderer als Martin May zu sein, der seither auf Suko abonniert ist.

Das Hörspiel

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lassen sich die Hörspiele empfehlen. Sie sind leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Die Action mit ihren explosiven Geräuscheffekten kommt ebenso wenig zu kurz wie einige Portion Erotik, was die Game-Freunde doch einigermaßen zufriedenstellen sollte.

Audio-CD mit 50 Minuten Spieldauer
ISBN 978-3-7857-1375-4
www.sinclair-hoerspiele.de
www.wortart.de

Meyer, Kai / Maetz, Stefan / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 8: Der Alte vom Berge (Hörspiel)

_Kampf der Unsterblichen: nasses Finale auf dem See_

Folge 8: In der Einsamkeit Kastiliens muss sich Aura einer Jahrtausende alten Gefahr stellen – der Einsatz ist das Leben der Institoris-Kinder. Deren übersinnliche Fähigkeiten wollen skrupellose Templer ausnutzen, um endlich den heiligen Gral aufzuspüren. Offenbar hat Auras Vater Nestor den Gral einst persönlich in den Händen gehalten. An der Seite von Gillian und einer lebenden Göttin stürzt sich Aura in einen finalen Kampf, den selbst Unsterbliche kaum gewinnen können …

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis |CORINE| ausgezeichnet.

Weitere Titel von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Die erste Staffel der achtteiligen Hörspielreihe umfasst die Folgen:

1) [Der Stein der Weisen 5052
2) [Das Erbe des Gilgamesch 5155
3) [Die Katakomben von Wien 5220
4) [Das Kloster im Kaukasus 5263

Im August 2008 erschien die zweite Staffel:

5) [Die Unsterbliche 5379
6) [Die Schwarze Isis 5406
7) [Der Schatz der Templer 5427
8) Der Alte vom Berge

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Erzähler: Friedhelm Ptok
Aura Institoris: Yara Blümel-Meyers
Gillian: Claudio Maniscalo
Tess: Marie-Luise Schramm
Gian: Kim Hasper
Philippe Monteillet: Frank Glaubrecht (deutsche Stimme von Al Pacino
Karisma: Ulrike Stürzbecher
Konstantin: Dietmar Wunder
Innana: Marie Bierstedt (dt. Stimme von Kirsten Dunst)

Für Regie, Ton und Musikkomposition zeichnen Christian Hagitte und Simon Bertling vom Studio |STIL| verantwortlich. (Das Hörspiel ist daher Cornelia Bertling gewidmet, die 2007 mit 40 Jahren starb.) Die Musik spielt das Filmorchester Berlin und der Hochmeisterchor Berlin unter der Leitung von Hagitte. Die Hörspielbearbeitung stammt von Stefan Maetz. |Lübbe Audio| produzierte das Hörspiel und nicht etwa ein Rundfunksender.

_Vorgeschichte_

Schloss Institoris, ein düsteres Gemäuer an einer einsamen Küste. Inmitten eines Labyrinths endloser Gänge und Säle wächst Aura heran, die älteste Tochter des Schlossherrn. Sie ist die Erbin eines uralten Rätsels, der Rezeptur des Steins der Weisen. Doch als ihr Vater im Auftrag seines Widersachers Lysander ermordet wird, schlägt die Stunde für Auras Stiefbruder Christopher – er beansprucht das Geheimnis der Unsterblichkeit für sich …

Folge 2: Aura enthüllt das Geheimnis ihrer Familie. Ausgerechnet der Mörder ihres Vaters, der geheimnisvolle Hermaphrodit Gillian, befreit sie aus den Klauen grausamer Mörder. Auf der Spur von Auras entführter Schwester Sylvette reisen sie nach Wien. In den Katakomben unter der Stadt geraten sie in einen Konflikt, dessen Ursprünge weit zurück ins Mittelalter reichen …

Folge 3: Sieben Jahre sind vergangen. Aura hat die Geheimnisse der Alchimie erforscht und das Erbe ihres Vaters angetreten. Doch alle, die ihr etwas bedeutet haben, sind tot. An der Seite ihres verhassten Stiefbruders Christopher muss sie abermals den Kampf gegen den alten Feind ihrer Familie aufnehmen – tief unter der Wiener Hofburg. Zugleich dämmert daheim auf Schloss Institoris eine neue Gefahr: Auras wahnsinnige Mutter Charlotte hat eigene Pläne …

Folge 4: Jenseits des Schwarzen Meeres, in den einsamen Bergen des Kaukasus, liegt die vergessene Festung der Tempelritter. Hier in der Wildnis am Ende der Welt nähern sich Ara Institoris und ihr Stiefbruder Christopher endlich dem Versteck ihres Gegners Lysander. Zugleich reist Gillian, der Hermaphrodit, mit den Institoris-Kindern nach Venedig ins neue Hauptquartier des Templerordens. Sein schwerster Kampf steht ihm noch bevor – gegen Morgantus, den unsterblichen Alchimisten …

Folge 5: Zehn Jahre nach den Ereignissen im Kaukasus in Folge 4. Aura Institoris hat die Unsterblichkeit gewonnen. Doch ihre große Liebe ist daran zerbrochen, ihre Familie in alle Winde zerstreut. Während die Welt in einen großen Krieg taumelt, taucht Aura einsam und verzweifelt in Paris unter. Ein geheimes Zeichen, der blutige Abdruck einer Hand mit sechs Fingern, ändert alles. Auras Nachforschungen führen auf die Fährte eines Mörders, dem jedes Mittel recht ist, um die Geheimnisse der Alchimistin zu offenbaren. (Verlagsinfos)

Folge 6: Aura folgt geheimnisvollen Spuren und stößt auf eine bestialische Mordserie. Nicht ahnend, dass zur gleichen Zeit vermummte Kämpfer ihren Sohn und ihre Nichte entführen, gerät sie in einen Strudel von Gewalt und düsteren Visionen. Währenddessen macht sich Gillian, der neue Großmeister der Templer, gemeinsam mit der Ordensschwester Karisma auf die Suche nach dem legendären Schatz seines Ordens.

Folge 7: Die Schatten der Vergangenheit holen Aura ein, als es sie nach Andorra in das Kastell ihres toten Vaters verschlägt. Nestor Institoris hat dort lange vor ihrer Geburt grausame Experimente durchgeführt. Nun will sein Diener das alchimistische Werk vollenden – mit Auras unfreiwilliger Hilfe. Noch aussichtsloser wird ihre Lage, als sie erfährt, dass sich die Institoris-Kinder in der Gewalt eines uralten Assassinenordens befinden. Doch da taucht ein rätselhafter Helfer auf und heftet sich an ihre Fersen … (Verlagsinfos)

_Handlung_

Kastilien in Spanien. Hier führen alle Handlungsfäden zusammen.

Ein Unsterblicher namens Konstantin – Aura kannte ihn bislang nur als Chevalier de Valdan – hat sie aus den Klauen Eduardo Fuentes gerettet. Doch als sie sich dem kastilischen Anwesen plus Waisenhaus des Grafen Cristobal nähern, stoßen sie erst einmal auf zwei Leichen von Kriegern. Da werden sie auch schon von weiteren Kriegern Cristobals überwältigt und gefangen genommen. Sie bringen sie in einen Saal, in dem die Statue einer schwarzen Madonna bzw. Isis steht. Hinter dem Schreibtisch sitzt ein alter Bekannter Auras: Philippe Montheillet! Er ist Graf Cristobal – und der Alte vom Berge, der Herrscher der Assassinen aus den Kreuzzügen. Nur dass sie sich jetzt Templer-Assassinen nennen.

Aura musst erst einmal diesen Schock überwinden, da nähert sich ihr auch schon der nächste: Die Schwarze Isis, die sie in ihren Visionen erblickte, gibt es wirklich. Diese Isis nennt sich Innana, nach jener Frau, die Gilgamesch überlistete und der sie trotzdem zu seiner Gemahlin nehmen wollte – vor 5000 Jahren. Offensichtlich ist sie ebenfalls eine Unsterbliche. Doch was will die Göttin, die aussieht wie ein sechzehnjähriges Mädchen, von Aura?

Cristobal-Montheillet macht ihr schnell klar, was er von ihr will: das Geheimnis des Grals und damit des Verbums Dimissum, des Ersten Wortes der Schöpfung. Widersetzt sie sich, müssten Gian und Tess sterben. (Also deshalb hat er die beiden Kinder entführen lassen!) Mit diesem Ersten Wort will Innana eine neue Welt erschaffen, da sie nach so langer Zeit der alten müde geworden ist. An ihrer Seite will sie Gillian, den Hermaphroditen, sehen, der ebenfalls hier sei.

Aura macht ihr ein Angebot: Zusammen mit Gillian, Gian und Tess könnten sie doch alle eine glückliche, unsterbliche Familie bilden, oder? Wie wär’s? Inanna ist einverstanden. Damit besiegelt sie Cristobals Schicksal …

_Mein Eindruck_

Nun, da alle Beteiligten in diesem verzweigten Spiel zusammentreffen, lautet die Kernfrage natürlich: Was, zum Geier, sollen sie hier eigentlich? Bislang hat es nur Andeutungen gegeben. Cristobal ist der Herr der Templer-Assassinen und könnte im Besitz des Templerschatzes sein. Ob darunter wohl auch der Gral zu verstehen ist, muss sich noch zeigen. Auch Eduardo Fuente hat Aura gegenüber angedeutet, dass ihr Vater Nestor einst hinter dem Gral her war, allerdings aus ganz anderen Gründen. Was Nestor, der den häretischen Katharern auf der Spur war, damit wollte, ist noch unklar.

|Geheimnisse|

Diese Geheimnisse werden nun eines nach dem anderen gelüftet, allerdings muss ich mich hüten, irgendeines davon zu verraten, um die Spannung nicht zu zerstören. Nur so viel: Endlich geht die Reise für alle Beteiligten auf die geheimnisvolle Insel, in der sich in einer unterirdischen Höhle ein Schatz befinden könnte. Jedenfalls ist Cristobal alias Montheillet ziemlich scharf darauf, von Aura und den beiden Kindern zu erfahren, was sich hier in der Vergangenheit ereignet hat. Tess hat dies in einer ihrer Visionen „gesehen“, doch Gian verbietet ihr, es Cristobal zu verraten. Erführe es der „Alte vom Berge“, würde dies ihrer aller Schicksal besiegeln.

|Alternative Unsterblichkeit|

Interessant ist das Schicksal der ältesten Unsterblichen in diesem erlauchten Kreis. Innana (oder Inanna, wie sie in der Geschichtsschreibung und Religionsforschung heißt) hat die Wahl, entweder eine neue Welt zu erschaffen oder sich einer unsterblichen Familie anzuschließen. Statt die alte Welt, derer sie müde ist, zu vernichten (hätte sie nur das Verbum Dimissum), wählt sie die Familie.

Die Aussage des Autors, die dahintersteckt, lautet also, dass eine Familie ein vollgültiger Ausgleich für persönliche Unsterblichkeit sei. Denn die Familie biete so etwas wie soziales Weiterleben, nicht nur in Form der weitergegebenen Gene, sondern auch in Form von Namen und Ideen. Diese Ideen können lange Traditionen begründen, wie man an den Institoris gesehen hat. Auch Orden wie die Templer sind eine Form der Unsterblichkeit, und so ist es schön zu wissen, dass das Templum Novum, dem Gillian vorsteht, in Kastilien ein neues Zentrum aufbauen will. Die Tempelritterin Karisma erbt ja Cristobals Besitz. So wird das alte Übel des „Alten vom Berge“ durch etwas Gutes ersetzt.

_Unterm Strich_

Das Finale ist erreicht! Doch noch ist es zu früh, um aufzuatmen, denn nun muss erst das eigentliche Geheimnis enthüllt werden, dessentwegen die Unsterblichen sich auf Cristobals Anwesen am See eingefunden haben – mal mehr, mal weniger freiwillig. Aus all den unterschiedlichen Interessenlagen und Konflikten, die sich aus der Konfrontation mit Cristobal und Innana ergeben, folgt ein ziemliches Durcheinander aus Verhandlungen, Auseinandersetzungen und einer verhängnisvollen Exkursion zur Höhle unter der Insel, wo sich der Gral befinden soll. Die Motive der Akteure nachzuvollziehen, fällt durch die Lektüre des Buches wahrscheinlich leichter. Aber das Hörspiel bietet das Finale sinnfälliger und anschaulicher dar. Hier scheiden sich sicherlich die Geister (wie stets).

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von bekannten Schauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Mir war die Umsetzung an vielen Stellen zu romantisch und melodramatisch, aber von einer statischen Handlung kann keine Rede sein, denn die folgerichtige Entwicklung von Auras Abenteuern im Kampf gegen den Alten vom Berge ist mitreißend geschildert.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Stars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Wer jedoch mit Melodramatik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Kost greifen.

|70 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3613-5|
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