John Norman – Players of Gor (Gor 20)

Abwechslungsreich: Von der Komödie zur Invasion

Im humorvollen und trickreichen 20. Gor-Band begibt sich Tarl Cabot, unser Mann auf der Gegenerde, unter die Schau- und Schachspieler. Was er dort sucht, bleibt lange unklar. Gor-Freunde kennen ihn zwar als eingefleischten Schach-Fan, doch was soll am Kaissa-Spiel so staatsgefährdend sein?
Mehr als man ahnt: Tarl kommt im Laufe seiner nicht ganz freiwilligen Mitwirkung an einem Wandertheater einer Verschwörung auf die Spur, die nichts Geringeres als die Eroberung des mächtigen Stadtstaates Ar zum Ziel hat.

Handlung

In Port Kar, der Piratenstadt am stürmischen Meer Thassa, findet gerade ein friedlicher Karneval statt, als (wieder einmal) ein Anschlag auf Tarl Cabots Leben verübt wird. Zugleich wird er entführt. In diesem 20. Band der Gor-Saga entdeckt Tarl, dass sich die Priesterkönige, seine bisherigen mutmaßlichen Auftraggeber, gegen ihn gewendet haben. Und in deren Auftrag handeln offenbar seine Entführer, eine gewisse Lady Yanina und ihr Komplize Flaminius.

Glücklicherweise stellt sich die eingebildete Lady Yanina so dämlich an, dass sich Tarl schon bald wieder befreit hat. Die Hintermänner der Lady kommen aber offenbar nicht aus dem Sardargebirge, von den Priesterkönigen. Um sich von der Anklage des Verrats reinzuwaschen, muss Tarl entlastende Beweise erbringen.

Boots Tarsk-Bit

Die einzige Möglichkeit, dies unauffällig – also ohne Armee – zu tun, besteht darin, sich zu verkleiden und sich auf der Frühjahrsmesse am Sardargebirge einer bunt zusammengewürfelten Truppe von Gauklern und Schauspielern anzuschließen. Sie werden vom humorvollen, aber bauernschlauen Boots Tarsk-Bit angeführt(der auch in Band 25, „Die Zauberer von Gor“, eine nicht unerhebliche Rolle spielt). Unter dem Deckmantel dieser illustren Truppe hofft Tarl Einlass in feindliche Städte und Lager zu erhalten.

Commedia dell’Arte

Boots‘ Truppe spielt Commedia dell’Arte-Stücke aus dem Stegreif. In der mittelalterlichen Commedia-Tradition gibt es festgelegte Stereotypen: die ansehnliche Jungfrau, die hochmütige Lady, den habgierigen Kaufmann und natürlich mindestens zwei Tunichtgute, ja sogar eine Art Don Quijote. Der Autor hat zwei bis drei Aufführungen eingebaut: komplette Theaterstücke, wie man sie in der Fantasy nur äußerst selten vorfindet.

In beiden Stücken geht es darum, ob eine Frau wirklich eine Freie Lady ist oder nur eine als solche verkleidete unfreie Sklavin. Für Goreaner ist dieser Unterschied alles entscheidend. Die erste Komödie ist mit dem Titel „Der magische Schleier von Anango“ betitelt und könnte genauso gut „Des Kaisers neue Kleider“ heißen, wenn die Rolle des Kaisers nicht durch eine Sklavin dargestellt würde, die sich als Freie Lady ausgibt. Der Humor der Aufführung ergibt sich aus den Ausflüchten, derer sich die allmählich überführt werdende Sklavin Brigella befleißigt. Ihr Schicksal ist natürlich unausweichlich, was allerdings eine Freie Lady im Publikum, Lady Telitsia, sehr erbost. Sie wird ausgebuht.

Kaissa

Der Weg der Schauspieltruppe führt nach Westen an die Meeresküste. Bei der Truppe befindet sich ein düsterer Geselle, der gegen Geld mit Kunden Kaissa spielt. Kaissa ist die goreanische Form des Schach und wird auf 100 Feldern gespielt. Tarl hat sich immer für einen besonders schlauen Kaissa-Spieler gehalten, wird aber immer wieder von dem namenlosen Gesellen geschlagen. Es kommt eben immer darauf an zu beachten, wer gerade am Zug ist. Sonst hilft der schönste Plan nichts.

Schicksal der Ladies

So ergeht es auch Lady Yanina und Lady Telitsia. Sie wurden von Räubern gefangengenommen und fallen den Schauspielern in die Hände. Yanina wird Tarls freie Gefangene, Telitsia die Sklavin von Boots Tarsk-Bit. Als Tarl aus Yaninas Geständnissen erkennt, wer hinter dem Attentat auf ihn und seiner Entführung steckt, ist es schon zu spät: Die Soldaten von Flaminius nehmen ihn gefangen, wohingegen die Schauspieler freien Zugang zur Stadt Brundisium erhalten, wo Tarl im Kerker schmachtet. Er dachte, Brundisium stehe auf der Seite Ars. Da hatte er sich wohl getäuscht.

Verrat & Flucht

Der Verrat, dessen Opfer Tarl geworden ist, reicht bis in die höchsten Ränge von Ar, und daher sind Tarls Aussichten, wieder lebend die Freiheit zu erlangen, denkbar gering. In einem herrlich trickreichen Finale, das sich über rund 80 Seiten (des Originals) erstreckt, erfolgt ein furioser Showdown, der mit Überraschungen gespickt ist – nicht zuletzt auch für Lady Yanina.

Mein Eindruck

„Players of Gor“ ist einer der humorvollsten Bände des Gor-Zyklus und zugleich einer der doppelbödigsten und vieldeutigsten. Andere Gor-Romane sind ebenfalls voller Täuschungsmanöver und Tricks, doch die Kunst des Theaters und des Schachspiels verleiht diesem Roman zusätzliche Dimensionen. Beide Künste sorgen dafür, dass der Titel „Players“ vollauf gerechtfertigt ist: Es stehen Welten auf dem Spiel.

Spiel auf allen Ebenen

Beim Spiel kommt es darauf an, den Schein und die Täuschung von der tatsächlichen Situation unterscheiden zu können: sei es im Schachspiel oder in den Charaden einer verkleideten Sklavin-Schauspielerin, sei es in den Intrgigen am Hofe von Ar und Brundisium, sei es in der Kriegskunst. Ja, einmal rettet sich Tarl nur, indem er sich als Ratte ausgibt und nur so nicht vernichtet wird.

Doch wie seine Gefangennahme durch Flaminius zeigt, ist auch Tarl nicht gefeit gegen Täuschung und Selbstdünkel. Er hält sich für clever, läuft aber dennoch seinen Häschern in die Arme. Schließlich verhilft ihm aber gerade das Schauspiel – Handwerk oder Kunst? – wieder zum Erfolg.

Zeit und Raum

Nicht nur das Vexierspiel von Schein und Sein handhabt John Norman virtuos, auch die Zeit selbst scheint er wie Knet in den Fingern formen zu können. Ort und Zeit könenn von einem zum nächsten Kapitel vollständig wechseln. Auch der Verlauf der Zeit ist offensichtlich beliebig, so wie im Theater auch Bewegung nur eine Sache der Vorstellungskraft ist: Einzelszenen ziehen sich seitenlang hin, bis in einer Rückblende eine vergangene Szene gerafft wird, die wesentlich länger gedauert haben muss als die gegenwärtige. So handhabt der Autor souverän Zeit und Raum, Personal und Bühne, Bedeutung und Illusion. Da heißt es wirklich aufpassen.

Hinweise

Schade, dass die Schauspieler um Boots Tarsk-Bit erst wieder in Band 25 auftauchen, der mit dem Titel „Magicians of Gor“ schon einen Hinweis auf die wichtigste Kunst der Schauspieler gibt: „Now you see it, now you don’t.“

Innerhalb des Zyklus bezeichnet „Players of Gor“ den Beginn der sechsteiligen Romanreihe, in der die Geschichte der Invasion des goreanischen Kontinents durch die Truppen der Inselstaaten Cos und Tyros erzählt wird. Erst in Band 25 wird die Urheberin des Verrats, der die Invasion ermöglichte, ihrem verdienten Schicksal zugeführt.

Der Gor-Zyklus

1: Tarnsman of Gor
2: Outlaw of Gor
3: Priestkings of Gor
4: Nomads of Gor
5: Assassin of Gor
6: Raiders of Gor
7: Captive of Gor
8: Hunters of Gor
9: Marauders of Gor
10: Tribesmen of Gor
11: Slave Girl of Gor
12: Beasts of Gor
13: Explorers of Gor
14: Fighting Slave of Gor (Jason Marshall 1)
15: Rogue of Gor (Jason Marshall 2)
16: Guardsman of Gor (Jason Marshall 3)
17: Savages of Gor
18: Bloodbrothers of Gor
19: Kajira of Gor
20: Players of Gor
21: Mercenaries of Gor
22: Dancer of Gor
23: Renegades of Gor
24: Vagabonds of Gor
25: Magicians of Gor
26: Witness of Gor
27: Prize of Gor
28: Kur of Gor
29: Swordsmen of Gor
30: Mariners of Gor
31: Conspirators of Gor
32: Smugglers of Gor
33: Rebels of Gor
34: Plunder of Gor
35: Quarry of Gor
36: Avengers of Gor
37: Warriors of Gor
38: Treasure of Gor

Taschenbuch: 396 Seiten
Sprache: Englisch

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