Crown, Ellen B. – Top Secret 1: Herz aus Eis

_Besetzung_

Erzähler: Klaus D. Klebsch
Jade Morgrave: Christine Pappert
W. Ashton Rawleigh: Thomas Karallus
Charles Desmond: Wolfgang Condrus
Mr. Barker: Andreas Borcherding
Ramon Gúajero: Walter v. Hauff
Miguel Lopez: Wolfgang Bahro
Carlos Sanchez: Michael Scherntaner
Sheriff: Norbert Gastell
Lt. Sergej Vechayew: Peter Groeger

Buch & Idee: Ellen B. Crown
Bearbeitung: Marc Chainiaux / Peter Brandt

_Story_

Vor einer Insel im Pazifik wird in der abgetrennten Hand eines auf merkwürdige Art und Weise umgekommenen Drogenschmugglers die Marke eines seit nunmehr 40 Jahren vermissten Kriegsstrategen entdeckt. Dieser Umstand ruft die Organisation Trinity auf den Plan, die sich eigenartigen Phänomenen wie diesem verschrieben hat und nun zwei ehemalige Agenten rekrutiert, um der Sache nachzugehen. Doch die widerspenstige Jade Morgrave und der ewige Störenfried Ashton Rawleigh lassen sich nicht so leicht in die Dienste des Unternehmens stellen. Erst mit Nachdruck kann Mr. Baker, die rechte Hand von Firmenchef Charles Desmond, die beiden überzeugen, ihr bisheriges, chaotisches Leben hinter sich zu bringen und wieder für die Regierung zu arbeiten.

Als das Duo schließlich nach Südamerika aufbricht, sammeln sich einige Ungereimtheiten um das eigentliche Projekt. Morgrave und Rawleigh begeben sich in Lebensgefahr und stellen ihre Auftraggeber in Frage. Doch in Wirklichkeit ist es etwas ganz anderes, das die heimliche Inselidylle aus der Ruhe bringt …

_Persönlicher Eindruck_

Mystery-Serien und finstere Thriller mit übersinnlichen Inhalten sind derzeit das Top-Thema auf dem Hörspielmarkt, jüngst wieder bestätigt in der Kai-Meyer-Adaption „Die Alchimistin“, deren üppige Ausstattung und majestätische Gestaltung in diesem Jahr gänzlich neue Standards in der Szene gesetzt hat. Derartige Entwicklungen sind auch in der Hörspiel-Schmiede der |vghaudio| und |Maritim-Produktionen| nicht spurlos vorbeigezogen. Neben den vielen Kriminalformaten, mit denen sich der Verlag in letzter Zeit einen Namen gemacht hat, erscheint nun mit „Top Secret“ ebenfalls eine eher düstere Thriller-Reihe, die jedoch in einem äußerst modernen Setting angesiedelt ist. „Akte X“ im Hörspielformat? Nicht ganz, aber so ähnlich …

In Sachen Aufbereitung und Inszenierung knüpft „Top Secret“ jedenfalls schon einmal an die wichtigsten Vertreter der Zunft an und glänzt mit effektvollen Sounds, einer ansprechenden musikalischen Untermalung und ambitionierten Sprechern. In der Auftaktstory „Herz aus Eis“ hat man sich auch direkt ein recht interessantes Thema ausgesucht und es mit den Inhalten einer modern aufbereiteten Kriminal-/Thriller-Handlung kombiniert. Drogenschmuggel, verschollene Persönlichkeiten, zwei ignorante, zunächst weniger sympathische Agenten in der Rolle des Hauptdarstellers und eine Spur Übersinnliches – hier treffen schon einmal ein paar Welten aufeinander, die im literarischen Bereich oftmals getrennt voneinander agieren.

Aber auch die Strukturierung ist bewundernswert dynamisch. Rasche Szenenwechsel, in diesem Rahmen eine ziemlich ausführliche Einführung von Personen und der Organisation, die auch in den kommenden Serientiteln noch eine Rolle spielen wird, und dazu dezente Andeutungen zu Hintergründen und Komplexen, ohne dabei jedoch schon aufs Ganze zu gehen. Schritt für Schritt wird hier ein spannendes Konzept erstellt, in dem langsam aber sicher alle Darsteller ihren Platz finden und welches sich schon zu Beginn als Storyboard für einen potenziellen Mehrteiler vorstellt, ohne dabei jedoch die eigentliche Tragweite der Handlung bewusst zu machen. Hier ist nämlich dann doch das entscheidende Manko von „Herz aus Eis“: Der Detailreichtum ist so immens groß, dass die Geschichte es zum Ende hin kaum mehr schafft, alle Inhalte konsequent abzuarbeiten. Während man sich nämlich in langsamen Schritten auf ein großes Finalszenario vorbereitet, muss man irgendwann verbittert feststellen, dass die Story abrupt und ohne irgendeine Form von Vorwarnung endet – und das kann, zumindest in dieser Form, kaum akzeptiert werden.

Unverständlich ist das rasche Ende der Handlung vor allem vor dem Hintergrund der allgemein knappen Spielzeit. Da wird eine komplette Halbzeit dafür aufgebracht, Rawleigh und Morgrave zu überreden, ins Team einzusteigen, hierbei werden ferner auch manche nutzlosen Dialoge integriert, und wenn es schließlich drauf ankommt, das Konstrukt schön weit aufzuspannen und die Spannung zum Siedepunkt zu bringen, entscheidet sich die Autorin dazu, erst gar nicht mehr in die Tiefe zu gehen und quasi mittendrin abzubrechen. Seltsam, aber leider wahr!

Aus diesem einzigen Grund ist der Auftakt zur neuen Serie im Grunde genommen schon ein klassischer Fehlstart. Viele gute Ansätze werden mit der urplötzlich aufgeworfenen Endsequenz ebenso wieder begraben wie das richtig kraftvolle Potenzial des Plots. Dabei hat „Top Secret“ wirklich alles, was ein gutes Hörspiel benötigt: gute Sprecher, ein funktionierendes Gerüst und einen Hang zur Perfektion bei der Inszenierung. Warum wurde also bei der Ausarbeitung der Story zum Ende hin gespart? Tja, diese Frage kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Dennoch: Schade um die zunächst vergebene Chance, eine gute neue Serie mit einem Paukenschlag zu eröffnen.

|50 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-86714-141-3|
http://www.maritim-produktionen.de/

Marc Levy – Kinder der Hoffnung

Frankreich, 1940. Das Land ächzt unter der Besatzung der Militärmacht Deutschland unter der Führung der Nationalsozialisten. Als Frankreich besiegt und ein Waffenstillstand vereinbart wurde, schlug die Geburtsstunde der Widerstandsbewegungen in Frankreich, der Résistance. Sie kämpfte gegen die deutsche Besatzungsmacht und kollaborierenden französischen Institutionen und auch gegen Sympathisanten innerhalb der Bevölkerung. Die Résistance war hervorragend und streng organisiert. Es gab innerhalb der Widerstandsbewegung kleinere operierende Gruppen, die Bahn- und Nachschubverbindungen sabotierten, Anschläge auf Soldaten und Offiziere verübten sowie Kasernen und Stützpunkte zerstörten.

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Herbert, Frank / Kaiser, Kerstin – DUNE 1: Der Wüstenplanet. Teil 2 von 2 (Hörbuch)

SF-Epos, zweiter Teil: Reite den Wurm, Paul!

Im 11. Jahrtausend tun sich der Imperator und Harkonnen zusammen, um das Haus Atreides unter Herzog Leto zu vernichten. Die große Mausefalle ist der Wüstenplanet Arrakis, der Köder unermesslicher Reichtum in Form des einzigartigen Rohstoffs |Spice-Mélange|. Der Plan klappt wie am Schnürchen, doch eine Kleinigkeit geht schief: des Herzogs Konkubine und sein Sohn Paul entkommen in die Wüste. Dort bauen sie mit den einheimischen Fremen eine Guerilla-Organisation auf, die droht, die lebenswichtige Spice-Produktion zum Erliegen zu bringen – und damit jeden Verkehr im Imperium! Der Imperator, gezwungen von der Raumfahrtgilde, muss nach Arrakis kommen …
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Gardemann, Jan (alias Korona, Ira) / Gülzow, Susa – Wiedergeburt des Bösen (Das magische Amulett, Folge 1)

_Inhalt:_

Die Archäologin und Amulett-Forscherin Brenda Logan wacht ohne Gedächtnis in einem Londoner Krankenhaus auf. Geplagt wird sie dabei von merkwürdig real erscheinenden Träumen, in denen sie sich als Mathilda McLillian sieht, die während der Zeit der Kreuzzüge lebte. Gemeinsam mit dem Knappen Philipp versucht sie ihrem intriganten Onkel zu entkommen, der die Herrschaft über das Schloss antreten will, als er erfährt, dass Mathildas Vater auf dem Kreuzzug gefallen ist.

Brenda fällt aus allen Wolken als sie sieht, dass ihr Arzt Dr. Daniel Connors das perfekte Ebenbild von Philipp aus ihren Träumen ist. Doch der Schrecken beginnt erst, als plötzlich ein Mann in ihrem Krankenzimmer erscheint, der genauso aussieht wie Mathildas finsterer Onkel. Er gibt sich als Brendas Ehemann aus und nimmt die junge Archäologin mit sich auf sein Schloss. Brenda gelingt die Flucht und sie läuft dem Arzt Dr. Connors in die Arme, der ihr folgte. Der junge Mann möchte der hübschen Frau helfen, doch die beiden ahnen noch nicht, dass sie mit Mächten konfrontiert werden, die ihr Vorstellungsvermögen sprengen …

_Meine Meinung:_

Ende der 90er Jahre begann im |Kelter|-Verlag eine als Frauen-Grusel deklarierte Heftromanserie, geschrieben von Jan Gardemann unter dem Pseudonym Ira Korona. Zunächst erschienen die Abenteuer der Amulettforscherin Brenda Logan in der Reihe |Spuklicht|. Nach Einstellung dieser Reihe wurde |Das magische Amulett| in die Reihe |Gaslicht| integriert und später als eigenständige Serie ausgekoppelt. Im Gegensatz zum Serientitel ging es allerdings nicht um ein bestimmtes Amulett. In jedem Roman bekam es Brenda Logan mit einem neuen Artefakt zu tun. Mit Band 28 wurde die Serie wieder eingestellt, doch die Romane erscheinen in regelmäßigen Abständen weiterhin in der Reihe |Irrlicht|.

Relativ neu an der Serie war, dass eine weibliche Heldin die Hauptrolle innehatte. Das gab es bis dahin lediglich in den Heftromanserien |Vampira| und |Jessica Bannister|. Im Jahr 2005 nahm sich Sven Michael Schreivogel von |Nocturna Audio| der Serie an, auf der Suche nach einem neuen Heftromanstoff zum Vertonen. Die Drehbuchversion schrieb Susa Gülzow, die bereits mehrfach erfolgreich mit Schreivogel zusammenarbeitete. Die Hauptrolle bekam Katja Brügger, auch bekannt als „Carminia Brado“. Die Hörspielikone ist zugleich auch die Erzählerin der Geschichte, die als Hörbuch mit Spielszenen konzipiert wurde. Fans der Sprecherin kommen voll auf ihre Kosten, denn Katja Brügger hat in all den Jahren nichts verlernt und liefert eine grandiose Vorstellung ab. Ihr zur Seite steht Robert Missler, der in vielen Produktionen von |Nocturna Audio| ganz vorne dabei ist. In der Serie |Kommissar X| spricht er den Protagonisten Jo Walker und auch in der Serie |Gordon Black|, die nächstes Jahr erscheinen wird, hat er die Hauptrolle erhalten. In dem vorliegenden Hörspiel spricht er den Arzt Dr. Daniel Connor, der das Herz der schönen Brenda erobert.

Ebenfalls mit von der Partie sind Christine Pappert als Mathilda und Tim Knauer als Philipp. Als finsterer Zauberer Roderick ist Achim Schülke zu hören, während die Mutter Oberin wunderbar herrisch von Marianne Lund gesprochen wird, hinter der sich niemand anderer als Susa Gülzow verbirgt, die hier ihr schauspielerisches Talent eindrucksvoll unter Beweis stellt. Unbesetzt geblieben ist dagegen die Rolle des Bösewichts John. Hier kommt der Hörbuchcharakter der Produktion zur Geltung, der von Katja Brügger sehr gut in Szene gesetzt wurde. Unterstützt wird sie dabei von einer äußerst realistischen Geräuschkulisse. Der Tonmeister Hans-Joachim Herwald steuerte die stimmungsvolle Musik bei, die gezielt den Charme der 80er Jahre transportiert und die seichte Gruselatmosphäre hervorragend stützt.

Die Vorlage von Jan Gardemann ist auf die weibliche Leserschaft ausgerichtet und bewegt sich auf dem typischen Heftromanniveau. Daher auch die übertrieben schnelle und kitschige Verlobung der beiden Hauptfiguren. Darüber hinaus ist die Story eher dazu angetan, dem Hörer einen leichten Schauder zu bescheren als ihn durch drastische Gewaltszenen und ein Effektfeuerwerk zu beeindrucken. Allerdings hätte das Ende ruhig ein wenig dramatischer ausfallen dürfen.

Die Trackeinteilung ist mit sechs Tracks für 60 Minuten Spielzeit wenig benutzerfreundlich. Die kunstvolle, harmlose Illustration von Ilka Hennemeyer kommt in der Neuauflage und durch das Artwork von Mark Freier viel besser zur Geltung als bei der ersten Auflage unter dem Label |Maritim|. Informationen zum Autor Jan Gardemann, alias Ira Korona, vervollständigen das Begleitheft.

_Fazit:_

„Wiedergeburt des Bösen“ ist ein ruhiges, atmosphärisches Hörspiel im Stil alter Schauerromantik-Geschichten. Die Produktion stellt eine gelungene Mischung aus Hörspiel und Hörbuch dar und wird größtenteils durch die Sprecherin Katja Brügger getragen, die eine exorbitante Leistung abliefert. Ein wenig mehr Dramatik und eine großzügigere Trackeinteilung hätten dem Hörspiel allerdings gut zu Gesicht gestanden.

|60 Minuten auf 1 CD
Titelillustration von Ilka Hennemeyer
Titelgestaltung von Mark Freier|
http://www.nocturna-audio.de
http://www.jangardemann.de

_Florian Hilleberg_

Die drei ??? – Toteninsel (Folge 100)

Dies ist sie also, die sagenumwobene Jubiläumsfolge. Nummer 100. Genauer: 100 A, B, und C. Denn die unter dem Oberbegriff „Toteninsel“ zusammengefasste Story besteht aus drei CDs – einzeln verpackt im Pappschuber geliefert. Jene Folge, die den Wendepunkt der Serie hin zur Moderne endgültig besiegelte. Dafür hat man sich eine extravagante und extralange Geschichte ausgedacht, eine Hommage an sich selbst, und bereits die Tracklist lässt Kenner schmunzeln: Die Titel tragen allesamt passende Namen von Hörspielen aus der Reihe.

_100A – Das Rätsel der Sphinx_

Weitere Sprecher dieser CD:

Erzfeind der ??? – Skinny Norris: Andreas von der Meden
Jelena Charkova: Alexandra Doerk

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Terry Brooks- Die Elfen von Cintra (Die Großen Kriege 2)

Terry Brooks gehört zu jener Riege amerikanischer Autoren, welche die Fantasy der letzten Jahrzehnte geprägt haben. Seit rund 30 Jahren erweitert er seine |Shannara|-Reihe um neue Episoden, baut mal den einen, mal den anderen Handlungsstrang aus und hat mit der Dämonenreihe auch deutlich düsterere Romane geschrieben, die sich nicht so recht in den Gesamtzyklus einordnen ließen.

Dies ist nun passé, denn |Die Großen Kriege|, die neueste Trilogie aus der Feder des Schriftstellers, verknüpft nicht nur die Dämonen- mit der (klassischen) Fantasy-Welt, sondern nimmt sich in einer apokalyptischen Vorgeschichte auch der Ereignisse an, die vor der Entstehung Shannaras eingetreten sind. Schon oft hat Brooks in seinen Romanen die Hauptfiguren über die Vergangenheit nachdenken lassen. Er beließ es bei Gerüchten darüber, dass eine gewaltige Katastrophe das Wissen der Welt zerstört und um Jahrhunderte zurückgeworfen habe: in eben jenes archaische, mittelalterlich geprägte Fantasysetting mit Elfen, Zwergen und Co., wie sie der Leser aus den Shannara-Bänden kennen gelernt hat.

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Peinkofer, Michael / Rohrbeck, Oliver – Team X-treme 1: Alles oder nichts (Hörspiel)

_Story_

Conrad Leland trägt ein schweres Los; infolge eines Anschlags lebt er inkognito und operiert nur noch über seine künstliche Intelligenz, mit deren Hilfe das Team X-treme gegründet wurde. Charlie, Race und Kami wurden bei ihrer Aufnahme mit moderner Spezialausrüstung ausgestattet und sollen nun aktiv das Verbrechen bekämpfen und Leland und sein Vermächtnis rächen.

In ihrem aktuellen Fall jagen die drei Agenten einen Falschspieler namens Kanga, der in den Casinos Monacos illegales Geld erspielt und es an Gesetz und Steuern vorbeischleust. Charlie gelingt es, in dessen Hotel einzudringen und einen Datenträger sicherzustellen, der die Machenschaften des Gangsters beweist, wird dabei aber von einem merkwürdigen jungen Mann überrascht, der sich als Kyle Connor vorstellt und unter Amnesie leidet.

Connor war kurz zuvor von einem Gangsterteam überrumpelt worden und hofft nun, mit Hilfe des Team X-treme mehr über seine wahre Identität herauszufinden. Doch aufgrund seines starken Egos wird er von den Mitgliedern der Agententruppe nur schwer akzeptiert. Erst auf Geheiß Lelands findet er Zugang zur Mannschaft und erfährt bald, dass seine Vergangenheit unmittelbar mit dem aktuellen Fall des Teams in Verbindung steht.

_Persönlicher Eindruck_

Neue Helden braucht das Land – vor allem im Hörspielsektor, der gerade im Jugendbereich nach dem steten Qualitätsverlust der „TKKG“-Serie und den zuletzt auch nicht mehr ganz so ereignisreichen Fällen der drei ???-Detektive aus Rocky Beach im Begriff ist, deutliche Einbußen zu verzeichnen. Mit einem renommierten Team hat sich Autor Michael Peinkofer nun an die Herausforderung gewagt, eine neue Agenten-Combo ins Rennen zu schicken und der kultigen Konkurrenz Beine zu machen. Gemeinsam mit Komponist Max Buskohl, der für die Titelmusik verantwortlich ist, und Produzent Oliver Rohrbeck hat Peinkofer das „Team X-treme“ entworfen, eine recht vorlaute junge Truppe, die mit modernen Hilfsmitteln und in riskanteren Missionen in bester James-Bond-Manier um Zuhörer buhlt – und damit auch schnell Erfolg haben dürfte.

Die vorwiegende Stärke der Serie scheint, der ersten Episode nach zu urteilen, vor allem bei der dynamischen Inszenierung zu liegen. Das Erzähltempo ist relativ hoch, darüber hinaus gibt es unzählige flotte Szenenwechsel, und auch auf der Charakterebene passiert eine ganze Menge im zwischenmenschlichen Bereich, auch wenn hier der Anspruch, dem Zielpublikum entsprechend, nicht zu hoch angesetzt werden darf. Natürlich wimmelt es dabei auch vor Rezitierungen aus dem Kosmos der großen, bekannten Hörspielserien. Kleine Machtkämpfe zwischen den männlichen Protagonisten, leicht klischeebesetzte Bösewichte, manchmal überzogen scharfe Sprüche – das „Team X-treme“ schreckt grundsätzlich vor nichts zurück, was ein modernes Jugendhörspiel ausmacht, teilweise aber auch belastet.

Allerdings ist das grundlegende Setting hier ein anderes und aufgrund der interessanten Background-Story auch durchaus reizvolles. Die Hintergründe um die mysteriöse KI des Conrad Leland bieten ordentliches Potenzial, aber auch die Teammitglieder scheinen individuell noch einiges zu verbergen haben und können sich relativ problemlos als neue Serienmannschaft etablieren. Einzig die manch etwas sehr flachen Dialoge und die Spitzen, die Kyle und die übrigen Jungs untereinander austauschen, könnten etwas spärlicher gesät sein. Dies jedoch macht „Alles oder nichts“ mit einer richtig guten Story, einem schlüssigen, temporeichen Handlungs-Arrangement und einer lebendigen, aufwändigen Inszenierung wieder wett.

Aus diesen Gründen darf man den Start der Serie auch größtenteils als gelungen bezeichnen. Ob man die starke |Europa|-Konkurrenz wirklich angreifen kann, muss sich zwar noch herausstellen, doch mit dem Debüt ist zumindest schon einmal die Saat für eine viel versprechende Zukunft auf dem Hörspielmarkt ausgelegt.

|56 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3555-8|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stiftung-x.de
http://www.michael-peinkofer.de
http://www.wellenreiter.la

Sebastian Fitzek – Der Seelenbrecher

Das Szenario ist klassisch: ein Ort, abgeschnitten von der Außenwelt, an dem Menschen der Willkür eines unheimlichen Mörders ausgeliefert sind. Hier müssen sie irgendwie mit der Gefahr fertig werden, zumindest bis von Außen Verstärkung eintrifft.

Genau dieser klassischen Rezeptur bedient sich auch Sebastian Fitzek in seinem aktuellen Roman „Der Seelenbrecher“. Der von der Außenwelt abgeschnittene Ort ist in diesem Fall eine psychiatrische Luxusklinik, und der unheimliche Mörder ist der titelstiftende Seelenbrecher.

Der Seelenbrecher ist ein perfider Psychopath. Drei junge Frauen sind ihm bereits zum Opfer gefallen. Sie alle verschwanden für eine Woche und kehrten psychisch völlig gebrochen wieder zurück. Alle drei Frauen wirkten nach ihrem Wiederauftauchen, als wären sie in ihrem eigenen Körper begraben. Niemand dringt mehr zu ihnen durch, sie nehmen nichts mehr wahr. Eine starb gar an den Folgen.

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Barclay, Linwood – Dem Tode nah (Hörbuch)

_Spannender Provinzkrimi mit kleinem Schönheitsfehler_

Als die Familie seines besten Freundes Adam verreist, versteckt sich der 17-jährige Derek im Keller, um sich später im leeren Haus mit seiner Freundin Penny treffen zu können. Der Junge kauert noch unter der Treppe, als die Familie überraschend zurückkehrt. Während Derek in seinem Versteck darüber nachdenkt, wie er seine Anwesenheit erklären soll, klingelt es an der Tür. Mr. Langley öffnet die Haustür – und wird sofort niedergeschossen. Derek muss mit anhören, wie der Killer auch seinen Freund und dessen Mutter niederschießt. Er selbst entgeht dem suchenden Blick des Mörders, bis dieser das Haus wieder mit seinem Komplizen verlässt. Derek kehrt völlig verstört nach Hause zurück, wo er kein Wort sagt.

Weil er nicht wagt, sich als einziger Zeuge an dem Dreifachmord bei der Polizei zu melden, kommt viel zu spät ans Licht, dass es der Mörder gar nicht auf die Nachbarn abgesehen hatte, sondern auf Dereks Eltern …

_Der Autor_

Der Kanadier Linwood Barclay machte seinen Abschluss in Literatur an der Trent University in Petersborough, Ontario. Anschließend arbeitete er lange Jahre als Journalist und hatte bis 2008 eine beliebte Kolumne im „Toronto Star“. [„Ohne ein Wort“, 3947 sein erster Psychothriller, wurde zum internationalen Bestseller und nominiert für den |Arthur Ellis Award|, den |Barry Award| und landete bei den |International Thriller Writers| auf der Shortlist als bester Roman.

_Der Sprecher_

Frank Arnold ist Schauspieler, Rundfunksprecher und Dramaturg. Er führte bei zahlreichen Theater und Opern-Produktionen Regie, arbeitet für verschiedene Sendeanstalten und ist ein gefragter Hörbuchsprecher.

Gabriele Kreis führte im Eimsbütteler Studio Regie.

_Handlung_

|PROLOG|

Als die Familie seines besten Freundes Adam verreist, versteckt sich der 17-jährige Derek Cutter in einem Verschlag im Keller, um sich später im leeren Haus mit seiner Freundin Penny treffen zu können. Der Plan, von dem Adam nichts weiß, geht auch beinahe auf. Er hat nur zwei Fehler: Penny hat wegen eines Blechschadens, den sie am Wagen ihres Vaters verursacht hat, Hausarrest. Und zweitens kehrt Adams Familie zurück, weil sich Adams Mutter Donna unwohl fühlt. Derek eilt sofort in sein Versteck zurück und hofft, später, wenn alle schlafen, aus der Hintertür schleichen zu können. Die Kombination der Alarmanlage kennt er längst.

Nach 22 Uhr scheint sich die Lage gerade zu beruhigen, als an die Haustür geklopft wird. Mister Langley öffnet. Anscheinend sind es zwei Männer, und einer von ihnen schreit: „Schande! Dreckskerl!“ Dann hört Derek voll Entsetzen einen Schuss, dem ein Poltern folgt. Adam will wegrennen, wird aber von hinten niedergeschossen. Als Mrs. Langley aus dem Obergeschoss herabkommt, um nachzusehen, was los ist, ereilt auch sie der Tod. Der Schütze schleicht durchs Haus, um es zu durchsuchen, doch Derek bleibt zum Glück unentdeckt. Als er ein Auto wegfahren hört, wagt er sich aus seinem Versteck, eilt durch die Diele und zur Haustür hinaus. Er kann kaum seinen Schock angesichts der drei Leichen beherrschen, doch er bleibt nicht stehen, bevor er zu Hause angelangt ist: auf dem hundert Meter entfernten Nachbargrundstück, dem Heim der Cutters.

|Haupthandlung.|

Promise Falls liegt im Norden des Bundesstaates New York und ist ein friedliches Städtchen, denkt Jim Cutter, als er am Samstagmorgen um halb sieben aufsteht. Aber immerhin ist das Städtchen bedeutend genug, um ein eigenes Uni-College vorzuweisen, an dem seine Frau Ann als Organisatorin des alljährlichen Literaturfestivals für Professor Chase arbeitet. Jim selbst arbeitet mit seinem Gartenservice an den Rasen und Bäumen der Bewohner, seit er vor zwei Jahren Bürgermeister Randall Finlay, dessen Fahrer er war, einen Nasenstüber versetzte.

Jim will aufbrechen, doch weil Derek ihm helfen soll, weckt er ihn: Derek pennt in seinen Kleidern! Diese Jugend von heute! Weil Derek kein Frühstück will, brechen sie gleich auf. Jim bemerkt, dass bei den Langleys zwei Autos vorm Haus stehen. Wollten die nicht verreisen? Als er einen Anruf von Ann erhält, kehrt er nach Hause zurück. Sheriff Barry Duckworth will ihn sprechen. Bei der Rückkehr ist jede Menge Polizei vorm Haus der Langleys zu sehen, und sogar die Zufahrt zum Cutter-Haus ist abgesperrt. Ann holt sie ab, völlig außer sich: Die Langleys seien alle tot. Weil Albert Langley ein angesehener Rechtsanwalt und Strafverteidiger war, ist das Aufsehen entsprechend groß.

|Alibis|

Als der Sheriff Jim, Ann und Derek nach einem Alibi befragt – was Ann gehörig aufbringt -, gibt Jim seinem Sohn ein Alibi. Das ist nett, aber nicht besonders schlau. Duckworth hegt einen kleinen Verdacht gegen einen gewissen Mr. McKindrick, erwähnt aber auch, dass schon zuvor zwei Morde entdeckt worden seien. Mit dem Frieden in Promise Falls scheint es vorbei zu sein. Kein Wunder, dass Ann am liebsten sofort wegziehen würde. Aber wie würde das in den Augen des Sheriffs wirken, fragt sich Jim. Er ist fürs Bleiben, obwohl er schon ein paar „Leichen“ im Keller hat, so etwa die, dass Ann ein Verhältnis mit dem Universitätsleiter Conrad Chase hatte. Und die Sache mit dem Bürgermeister.

Am Sonntagmorgen bittet Duckworth Derek, der Adam Langley ja als Letzter lebend gesehen habe, um eine Besichtigung des Tatorts. Ob irgendetwas verändert sei, will er wissen. Der Siebzehnjährige muss sich sehr beherrschen, um die Blutflecken auf dem Boden zu übersehen und alle Fragen zu beantworten, ohne dass der Sheriff Verdacht schöpft. Er erzählt auch von Penny Tucker und ihrem Hausarrest. Er habe das Haus zwei Stunden vor der Tatzeit verlassen, also etwa um acht Uhr abends. Auch diese Falschangabe erweist sich später als Fehler.

|Der Verdacht|

Als er allein mit seinem Vater ist, erzählt Derek Jim, dass er bemerkt habe, dass der Computer aus Adams Zimmer verschwunden sei. Na und, will Jim wissen. Na ja, Derek hatte Adam die Kiste ausgeliehen. Er selbst hatte sie von Jims Kundin Agnes Stockwell erhalten. Und die wiederum hatte den Rechner von ihrem Sohn Brad. O nein – der junge hoffnungsvolle Student, der sich an den Promise-Wasserfällen umbrachte. Tja, fährt Derek herumdrucksend fort, auf der Festplatte des Rechner befand sich ein Romanmanuskript, das ziemlicher Schweinkram sei.

Zum Glück hat Derek eine Kopie auf Diskette gezogen und kann seinem Vater einen Ausdruck des Romans geben. Jim erkennt den Text sofort wieder: Es ist der Anfang von Conrad Chases erotischem Roman „Das beste Stück“. Das Buch, das Chase zu Ruhm, Ehre, Geld und Uni-Posten verhalf, steht in der elterlichen Bibliothek. Und jetzt stellt sich heraus, dass Chase die Grundlage seines Reichtums, seines Ansehens und seiner Macht seinem Studenten Brad Stockwell gestohlen hat.

Was wenn Chase sich veranlasst sah, die letzte Kopie dieses Originals durch den Diebstahl des Rechners von den Langleys zu beseitigen, grübelt Jim zusammen mit Ann, der er seine Entdeckung mitteilt. Aber wozu dann drei Leichen hinterlassen? Ann hindert Jim daran, sofort zu Chase zu laufen. Er würde nur als gehörnter Ehemann erscheinen, der nun zurückschlagen wolle, und nichts weiter erreichen. Nein, sie müssten die Diskette zurückgeben!

Jim starrt sein Eheweib an, als wäre sie von allen guten Geistern verlassen. Auf welcher Seite steht sie eigentlich? Erst später weiht sie ihn ein, dass auch sie eine Vergangenheit mit Conrad Chase und Brad Stockwell verbindet. Aber dann ist der Fall Langley bereits zu einem Albtraum für die Tuckers geworden.

_Mein Eindruck_

Die Welt ist voller Heuchler und Geheimnisse. Das gilt ganz besonders für die Provinzstadt Promise Falls. Sie hat einen sprechenden Namen: „promise“ – das Versprechen (des amerikanischen Traums?) – „falls“: fällt; gemeint sind aber auch die lokalen Wasserfälle. Man könnte Promise Falls sehr gut mit dem Städtchen Twin Peaks in David Lynchs TV-Serie vergleichen. Hier ist im Grunde fast alles möglich: von Massenmord bis zu nächtlichen Orgien, von vergleichsweisen „Lappalien“ wie Ehebruch und Sex mit Minderjährigen ganz zu schweigen.

Das Vergnügen, diese Geheimnisse aufzudecken, sorgte für mein anhaltendes Interesse an diesem Thriller aus dem kühlen Kanada. Und Jim Cutter (ebenfalls ein sprechender Name) ist kein Mann, der etwas anbrennen lässt oder ein Blatt vor den Mund nimmt. Ganz besonders dann nicht, wenn es um die Zukunft seiner Ehe und Familie geht. Schlimm genug, dass sein eigener Sohn als Dreifachmörder der Langleys verhaftet und angeklagt wird. Das kann einen Vater schon zum Wahnsinn treiben. Nein, auch seine eigene Frau, die liebe Ann, hintergeht ihn und scheint ein falsches Spiel zu treiben. Das bringt die Grundfesten ins Wanken, denn Jim ist weder ein Collegeabsolvent noch hat er einen vernünftigen Beruf gelernt. Ein (beinahe) grundehrlicher Bursche wie du und ich also.

Die zwei Kidnapper, die Jim gefangen nehmen und foltern, scheinen aber nichts mit Ann zu tun zu haben, denkt Jim. Denn auch Ann ist gefesselt und geknebelt. Merkwürdig findet es aber schon, dass Morty, sein Folterknecht, ihn penetrant nach der Diskette mit dem Romanmanuskript Brad Stockwells fragt und die Kopie haben will. Da steckt am Ende also doch Anns Lover, dieser fiese Conrad Chase, dahinter, denkt Jim. Aber die Sache ist dann doch etwas komplizierter, als er denkt. Und weitaus blutiger im Verlauf.

Dass Jims Arbeitsersatz für Derek, dieser schweigsame Drew Lockus, einiges auf dem Kerbholz haben muss, merkt man sofort, doch Jim ist voll Vertrauen in den entlassenen Sträfling. Ganz besonders nach der Sache mit den beiden Kidnappern, die Drew ganz allein angriff. Ein gewiefter Krimileser hat aber einige Vorbehalte gehen den ebenso hilfsbereiten wie schweigsamen Drew und zählt zwei und zwei schon lange zusammen, bevor Jim es tut. Drew hatte eine Tochter, die vor kurzem im Krankenhaus starb. Wir erinnern uns an Randall Finlays Begegnung mit einer minderjährigen Prostituierten. Und dass ausgerechnet Jim Cutter seinen Namen und seine Telefonnummer in deren Notizbuch schrieb.

Die Vorhersehbarkeit der an Drew gebundenen Handlung stellt sich aber als doch nicht so abträglich für die Spannung heraus. Denn Drew hat eine ganz besondere Forderung an den Sünder Randall Finlay. Der Bürgermeister von Promise Falls soll seine Sünde öffentlich bekennen, und zwar nicht irgendwo, sondern auf der Bühne, auf der er seine Kandidatur für den US-Kongress bekanntgeben will. Finlay hält diese Forderung natürlich für völlig absurd, aber Jim sorgt dafür, dass Finlay die handfesten Argumente Drews berücksichtigt: Drew bedroht Jims Sohn und Frau mit dem Tode.

Was nun Ann mit Conrad Chase und Brad Stockwell zu tun hat, ist eine völlig andere Geschichte, wie es scheint. Und deshalb sollen die Feinheiten dieser falschen Fährte nicht weiter dargelegt werden. Ein Red Herring wie dieser dient lediglich dazu, weiter Belege für die Heuchelei und Geheimnisse der Provinz zu liefern. Aber zufrieden stellte ich fest, dass so das Rätsel um „Das beste Stück“ ebenso gelöst wird wie die scheinbar dubiose Loyalität von Ann Cutter.

Und wozu mag all dieser Tumult in der Provinz gut sein, mag sich der Leser fragen. Nun, der Autor will wohl zeigen, dass nichts ist, wie es scheint, und dass Ehre nicht immer ehrenvoll erworben sein muss. Und dass Selbstmord nicht immer Selbstmord ist, und ehrbare Ehefrauen auch mal mit dem Sohn des Nachbarn ins Bett gehen können, um Spaß zu haben. Und wenn sich der Pulverdampf verzogen und der Schurke im Stück seine gerechte Strafe erhalten hat, dann können die Hauptfiguren möglicherweise zu neuen Ufern aufbrechen. Ein weiteres „Promise Falls“ lockt sie, denn der amerikanische Traum, er währet ewiglich. Jedenfalls bis zur nächsten Krise.

|Der Sprecher|

Dass Frank Arnold ein Theatermann ist, merkt man an seiner Vortragsweise. Sie unterscheidet sich kaum von anderen Meistern der Stimme, aber er beherrscht die Darstellung sämtlicher Emotionen auf dem Effeff. Das lässt die Szenen sehr lebendig erscheinen. Mehr als einmal ertappte ich mich dabei, mir die jeweilige Szene bildlich vorzustellen. Arnold kann aber auch von den lauten Tönen des Zorns und des Erstaunens schnell wieder umschalten auf leise Töne des Schmerzes und der Zärtlichkeit. Die Story gibt beide Stimmungslagen in reichlichem Maße her.

Selbstredend sprechen die männlichen Figuren in einer tieferen Tonlage als die weiblichen. Besonders Sheriff Duckworth sticht durch seine sehr tiefe, autoritäre Stimme hervor. Sein genaues Gegenteil ist der aalglatte und hinterfotzige Universitätspräsident Conrad Chase. Chase ebenbürtig ist seine Frau, ein ehemaliges Hollywood-Starlet mit familiären Verbindungen zur Mafia. Auch sie säuselt so blond und täuschend freundlich, dass man kaum glaubt, dass sie einen Mordauftrag vergeben haben soll.

Ganz wunderbar gelungen fand ich auch die Figur des Bürgermeisters Randall Finlay. Obwohl der schmierige, aber leutselige und charmante Typ immer wieder ins Amt gewählt wird, erfahren wir doch im Laufe von Jims Enthüllungen, dass es Finlay mit einer Nutte trieb, die sich als minderjährig entpuppte. Das brachte ihm Jims Nasenstüber ein. Nun, Finlay wird seine Strafe erhalten und so für den Showdown mit dem Mörder der Langleys sorgen.

Die Aufnahme hat nur einen einzigen Schönheitsfehler. Dieser geht nicht aufs Konto des Sprechers, sondern auf das des Aufnahmeleiters und des Schnitts. Wird er deshalb nicht namentlich erwähnt? Wie auch immer: Auf CD Nr. 3 tritt bei der Marke von 54:06 Minuten eine unmotivierte Pause ein, die etwa fünf Sekunden anhält, bevor die Aufnahme fortfährt. Zum Glück geht keine Information des Textes verloren, aber etwas irritierend und ablenkend ist diese Lücke schon.

_Unterm Strich_

Dies ist kein Copthriller und schildert auch nicht die Ermittlung gegen den klischeehaften Serienkiller. Vielmehr betrachten wir das Geschehen, das nach dem kriminellen „Erdbeben“ des Mordes an den Langleys stattfindet, aus der Sicht eines gewöhnlichen Bürgers: des Nachbarn. Ein einfacher Gärtner, Fahrer und Hobby-Kunstmaler. Was könnte unverdächtiger sein? Aber unversehens sieht sich Jim Cutter in sinistre Abläufe verwickelt: als Opfer von Folterknechten, unsichtbaren Strippenziehern und natürlich dem Serienmörder, der die Langleys auf dem Gewissen hat.

Glücklicherweise legt Jim Cutter nicht die Hände in den Schoß und sagt: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, sondern packt die Sache auf bewährte Yankeeweise an. Doch weil nichts ist, was es zu sein scheint, muss er auch seine eigene Ehefrau verdächtigen und fällt aus allen Wolken, als sein Sohn ihm ein geheimes Sexleben offenbart. Außerdem glaubt er sich auf der Spur eines Literaturskandals erster Größenordnung, der sich zudem als tragische Verkettung von Taten und Unterlassungen entpuppt.

Es gibt einige schöne Höhepunkte, von denen vielleicht der witzigste die Selbstenthüllung des Bürgermeisters als Freier einer minderjährigen Nutte ist. (Natürlich tut er das nicht freiwillig.) Aber auch die Bloßstellung von Conrad Chases Frau Eliana als zwielichtige Mordauftraggeberin ist eine köstliche Szene. Enthüllungen gibt es reihenweise, und manche davon sind so verzwickt und heikel, dass man nicht anders kann, als entsprechende Geduld mitzubringen. Die Wahrheit über Brad Stockwells angeblichen Selbstmord ist solch eine Szene.

Barclays Thriller eilt von Höhepunkt zu Höhepunkt, und so manche Szene mag an den Haaren herbeigezogen erscheinen. Aber die Story sorgt für eine Menge spannender Unterhaltung, ohne dabei in Kitsch oder Klamauk abzugleiten. Ob der richtige Mörder der Langleys am Schluss gestellt wird, ist eine Frage, die einen Spannungsbogen über die ganze Handlung errichtet. Darunter hat der Autor eine Reihe weiterer, kleinerer Spannungsbögen errichtet. Und kaum glaubt der Leser mit Jim eine Verschnaufpause einlegen zu können, geht unversehens die Action erneut los. Feine Sache.

|Das Hörbuch|

Frank Arnold gestaltet seinen Vortrag dieses spannenden Krimis sehr lebhaft und unter hohem Einsatz seiner Stimmfertigkeit. Schon nach wenigen Minuten achtete ich kaum noch auf seinen Ausdruck in der Charakterisierung der Figuren, so sehr hatte mich seine Versiertheit überzeugt. Daher konnte ich mich an den emotionalen Einzelszenen erfreuen, ohne mich von den gelieferten Informationen, welche die Beweiskette gegen diverse Verdächtige aufbauen, ablenken zu lassen.

Ein Fehler im Schnitt der Aufnahme verblüffte mich indes. Einfach so eine Lücke von rund fünf Sekunden entstehen zu lassen beziehungsweise zu überhören – das findet man nicht alle Tage.

|Originaltitel: Too close to home, 2008
Aus dem kanadischen Englischen übersetzt von Sky Nonhoff
457 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-89903-636-7
Buchausgabe bei Ullstein Taschenbuch unter der ISBN-13 978-3-548-26744-9|
http://www.hoerbuch-hamburg.de
http://www.ullsteinbuchverlage.de

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Meyer, Deon – Weißer Schatten

Südafrika ist auf der Weltkarte der Kriminalliteratur bislang nicht besonders stark vertreten. Einer, der sich darum bemüht, dies zu ändern, ist Deon Meyer. Mit „Weißer Schatten“ legt er einen Roman über einen weißen Südafrikaner mit unsauberer Vergangenheit vor, der als Bodyguard Staatsmänner und Privatleute auf Südafrikas Straßen beschützt.

Eines Tages bekommt Lemmer den Auftrag von Emma Le Roux, sie auf einer Reise zum Kruger-Nationalpark zu begleiten und auf sie aufzupassen. Vor kurzem hat es einen Überfall auf sie gegeben, doch die Polizei nimmt die Sorgen der jungen Frau nicht sonderlich ernst. Emma glaubt, dass der Überfall damit zusammenhängt, dass ihr Bruder, der vor Jahren spurlos verschwand, wieder aufgetaucht ist. Sie glaubt, ihn in den Nachrichten erkannt zu haben, wo er wegen des Mordes an Geierwilderern gesucht wird.

Gemeinsam mit Lemmer macht sie sich auf den Weg, um Jacobus‘ Spuren zu verfolgen, und schnell wird klar, dass der Überfall auf sie ernst genommen werden sollte. Am Abend findet sich in ihrem neuen Appartement eine hochgiftige schwarze Mamba, die Lemmer nur im letzten Augenblick beseitigen kann. Es scheint, als seien die beiden auf eine Sache gestoßen, die jemand nicht aufgedeckt haben möchte. Gemeinsam ermitteln sie weiter und finden dabei heraus, dass Jacobus möglicherweise tatsächlich am Leben ist.

Leicht ist die Suche nach ihm aber nicht. Inspector Jack Phatudi stellt sich quer und hilft den beiden nicht, sondern schickt ihnen sogar seine Männer hinterher. Als die beiden gerade unterwegs zu ihrem Quartier sind, gelangen sie in einen Hinterhalt, bei dem Emma ernsthaft verletzt wird. Lemmer, der während ihrer Reise so etwas wie Gefühle für Emma entdeckt hat, schwört, die Täter aufzuspüren und zu eliminieren – und den verschollen geglaubten Jacobus zu finden.

Man muss außenpolitisch nicht besonders bewandert zu sein, um zu wissen, dass Afrika ein Land ist, das sich mit Deutschland nicht so leicht vergleichen lässt. Recht und Ordnung werden dort anders definiert als hierzulande, und dementsprechend ist Lemmers Tätigkeit eine berechtigte. Der Autor, der seine Karriere als Journalist begann, schafft es, die Zustände, die in Südafrika herrschen, gut zu skizzieren und auch historisch wichtige Ereignisse anzureißen, ohne ins Schwafeln zu geraten. Trotzdem sind die politischen und privaten Machtspiele, denen man während der Lektüre immer wieder begegnet, nicht einfach zu durchschauen. Dadurch und durch die unübersichtliche Anzahl von Personen gerät das Buch immer wieder ins Stocken. Obwohl eigentlich spannend, fällt es manchmal schwer, bei der Stange zu bleiben. An einigen Stellen zieht sich die Geschichte unnötig in die Länge, ist an und für sich aber gut lesbar.

Die Figur des Lemmers ist ausgereift, doch Meyer erfindet das Rad bei seiner Charakterskizzierung nicht neu. Schweigsame Männer in gefährlichen Jobs, die nach einem Ausrutscher in ihrer Vergangenheit zu mehr oder minder tugendhaften Geläuterten wurden, gibt es beileibe genug. Es ist schade, dass Meyer diesem Stereotyp keine eigene Note verleiht. Auch die anderen Personen wirken oberflächlich, da der Autor zu selten ins Detail geht. Passend zum nüchternen Schreibstil spielen Emotionen keine große Rolle in der Geschichte und dementsprechend wenig Tiefe weisen die Personen auf.

Der Schreibstil ist, wie bereits erwähnt, eher trocken und sachlich. Das ist allerdings ein geschickter Schachzug, denn es wird aus der Ich-Perspektive Lemmers erzählt, und dieser ist selbst kein Mann der großen Worte. Dementsprechend flüssig und zusammenpassend wirken Hauptperson und Schreibstil. Hinzu kommt, dass Meyer insgesamt sehr versiert und sicher schreibt. Er weiß genau, was er erzählen möchte, und fasst dies in einfache, leicht verständliche Worte. Abschweifungen und unnötigen Ballast lässt der Autor von vornherein weg. Abgesehen von ein paar dramaturgischen Schleifen ist das Buch daher angenehm abgespeckt, auch wenn ab und an mehr Tiefe nicht geschadet hätte.

Deon Meyer hat mit „Weißer Schatten“ einen soliden Thriller geschrieben, der vor einer für den europäischen Leser exotischen Kulisse spielt. Abstriche muss man vor allem bei der etwas langsamen Handlung und den wenig ausgearbeiteten Charakteren machen, während der Schreibstil sowohl die Stimmung der Geschichte als auch die Ansichten der erzählenden Hauptperson gut vermittelt.

|Originaltitel: Invisible
Aus dem Englischen von Ulrich Hoffmann
Hardcover, 421 Seiten
ISBN-13: 978-3-352-00759-0|
http://www.aufbau-verlagsgruppe.de
http://www.deonmeyer.com

Adrian, Lara – Gebieterin der Dunkelheit (Midnight Breed 4)

Die |Midnight Breed|-Romane:

Band 1: [Geliebte der Nacht 4775
Band 2: [Gefangene des Blutes 4781
Band 3: [Geschöpf der Finsternis 4902
Band 4: Gebieterin der Dunkelheit

Der Orden der Stammesvampire findet die Überwinterungskammer des Alten, des gefährlichen Vorfahren der Gen-Eins-Vampire, verlassen vor. Rio, der sich nach seinem schweren Unfall eine Auszeit vom Orden nehmen möchte, erklärt sich bereit, bei der Höhle zu bleiben und diese zu sprengen. Doch bevor er dazu kommt, die Höhle zu zerstören und sie dadurch vor den Augen der Zivilisten zu schützen, findet die junge Journalistin Dylan Alexander sie, macht einige Schnappschüsse davon und möchte aus ihrem Fund eine Story machen. Rio nimmt deshalb ihre Verfolgung auf und entführt die junge Frau kurzerhand, um den Schaden einzugrenzen und dafür zu sorgen, dass die Fotos und die Story nicht an die Öffentlichkeit geraten. Durch Zufall entdeckt Rio, dass Dylan eine Stammesgefährtin ist, und obwohl Dylan ihrem Entführer erst entkommen möchte, kommen sich die beiden dennoch schon bald näher …

Währenddessen wird der Orden von neuen Problemen aufgemischt. Immer wieder werden geköpfte Gen-Eins-Vampire aufgefunden, und die ohnehin schon geringe Anzahl direkter Nachkommen der Urvampire sinkt noch weiter. Auch immer mehr Stammesgefährtinnen verschwinden. Erst mit Dylans Hilfe, deren Gabe es ist, die Geister verstorbener Stammesgefährtinnen sehen zu können, löst der Orden das Rätsel – und entdeckt ein lang gehütetes, schreckliches Geheimnis …

_Eindrücke:_

Nachdem in „Geschöpf der Finsternis“ der Kampf gegen Lucans Bruder Marek und die Rogues, wilde Blutjunkies, endlich beendet und Marek besiegt wurde, wird es für den Orden vorerst etwas ruhiger. Doch das ist letztendlich nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn in „Gebieterin der Dunkelheit“ steht der Orden vor einem wesentlich größeren Problem als je zuvor – und dabei sind geköpfte Gen-Eins-Vampire und verschwindende Stammesgefährtinnen nur der Anfang. Damit bringt Lara Adrian mal wieder etwas frischen Wind in ihre Reihe, auch wenn man deutlich merkt, dass der Orden in diesem Band eher im Hintergrund steht.

Im Vordergrund steht nämlich ganz klar die sich anbahnende Liebe zwischen Rio und Dylan. Bisher wurde in allen vier Teilen einer der Stammesvampire des Ordens mit einer Stammesgefährtin verkuppelt, und dieses Mal ist Rio an der Reihe, der schon im ersten Teil seine frühere Stammesgefährtin Eva verloren hat. Seine Geliebte hat ihn verraten und verursacht, dass Rio bei einer Explosion in einer Lagerhalle beinahe ums Leben gekommen wäre. Übrig geblieben sind davon noch Narben, die seinen ganzen Körper entstellen, Blackouts und Wutausbrüche, die er nicht kontrollieren kann. Bald schon entwickelt er einen enormen Selbsthass und steht kurz davor, sich das Leben zu nehmen – bis Dylan Alexander in sein Leben tritt. Dylan ist eine junge Reporterin, die für ein Schundblatt arbeitet und deshalb ständig auf der Suche nach interessanten Storys ist. Als sie schließlich Rio kennen lernt, wird ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Nicht nur, dass sie von ihm entführt wird, nein, sie wird auch noch in das Geheimnis der Stammesvampire eingeweiht, welches geradezu aus einem dieser Schundblätter, für die sie arbeitet, entsprungen sein könnte. Dennoch verlieben sich die beiden.

Im Prinzip läuft die Geschichte in den Büchern der „Midnight Breed“-Reihe immer nach dem gleichen Schema ab. Einer der Stammesvampire trifft zufälligerweise auf eine Stammesgefährtin. Beide verlieben sich ineinander, doch aus variablen Gründen denkt vor allem der Vampir, dass eine Beziehung mit der Angebeteten nicht möglich sei. Ein beliebter Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass die Krieger des Ordens glauben, der Kampf gegen das Böse und ein Liebesleben ließen sich nicht gut kombinieren. Später allerdings, nachdem einer der beiden Verliebten in Gefahr geraten ist, wendet sich doch alles zum Guten und das Paar kann zusammen sein.

Zwar gibt sich die Autorin Lara Adrian alle Mühe, etwas Abwechslung und neue Ideen in ihren Roman einzubringen, und im Gegensatz zu den ersten beiden Teilen der Reihe erkennt man dabei ganz klar eine Besserung, doch letztendlich bleiben das Grundgerüst der Geschichte und einige der Details immer gleich. Vor allem die Liebesgeschichte läuft in jedem Teil in etwa gleich ab. Das kann nach einer Weile durchaus stören, und es bleibt zu hoffen, dass in den noch folgenden Teilen noch ein bisschen mehr Abwechslung vorhanden sein wird.

Eine besonders wichtige Rolle spielen in „Gebieterin der Dunkelheit“ natürlich die Erotikszenen zwischen Rio und Dylan. Diese kommen im vierten Teil der „Midnight Breed“-Reihe allerdings relativ selten und auch eher am Ende des Buches vor. Das ist allerdings gar nicht mal so schlecht, denn dadurch gerät die Erotik nicht so sehr in den Vordergrund, wie es bei anderen Büchern aus dem Bereich Fantasy Romance oft der Fall ist. Die Erotikszenen werden dabei sehr ausführlich und entsprechend leidenschaftlich erzählt, wenn auch an manchen Stellen für meinen Geschmack etwas zu übertrieben und kitschig. Das stört allerdings kaum.

Der Schreibstil, den ich bei den anderen Bänden häufiger bemängelt habe, hat sich auch etwas verbessert. Zwar gehören „Oh Gott“ und in Rios Fall auch „Cristo in cielo“ zu den häufigsten Ausdrücken des Buches, doch diese sind mittlerweile wieder ein wenig zurückgegangen und stören nicht mehr allzu sehr. Und neben reduziert auftretenden Wortwiederholungen hat sich auch der Schreibstil eindeutig verbessert, sodass sich „Gebieterin der Dunkelheit“ nun etwas angenehmer lesen lässt.

Im Gegensatz zu den anderen drei Teilen ist „Gebieterin der Dunkelheit“ nicht mehr einzeln lesbar. Zwar werden oft einzelne Umstände aus den früheren Büchern noch einmal aufgegriffen und erklärt, doch mittlerweile gibt es zu vieles aus den ersten drei Teilen, worauf „Gebieterin der Dunkelheit“ aufbaut und das für ein gutes Verständnis des Buches wichtig ist.

Etwas schade war aber, dass das Ende im Gegensatz zu den drei früheren Teilen stark gerafft und recht unspektakulär verlief. Erst auf den letzten paar Seiten wurde noch schnell eine passende Szene für das Finale des Buches beschrieben, die allerdings sehr kurz und auch nicht besonders spannend geraten ist.

_Fazit:_

Neben „Geschöpf der Finsternis“ ist „Gebieterin der Dunkelheit“ eindeutig einer der besseren Teile der Reihe. Die Geschichte sowie der Schreibstil haben sich im Gegensatz zu den Vorgängern verbessert, auch wenn hier und da noch das eine oder andere Manko zu finden ist.

_Die Autorin:_

Zusammen mit ihrem Mann lebt Lara Adrian an der Küste Neuenglands, die von uralten Friedhöfen und dem Atlantik umgeben ist. Schon in ihrer Kindheit entwickelte sie ein Faible für Vampirromane und verschlang Bücher von Bram Stoker und Anne Rice. Der Auftaktband „Geliebte der Nacht“ war ihr erster eigener Vampirroman.

|Originaltitel: Midnight Rising
Ins Deutsche übertragen von Katrin Kremmler
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8173-1|
http://www.egmont-lyx.com

Daschkowa, Polina – Haus der bösen Mädchen, Das

Polina Daschkowa gehört zu den bekanntesten russischen Autorinnen in Deutschland, und mit schöner Regelmäßigkeit erscheint ein neuer Roman von ihr auf dem hiesigen Büchermarkt. „Das Haus der bösen Mädchen“ ist 2008 an der Reihe, obwohl der Roman im Original schon vor acht Jahren erschienen ist.

Ermittler Ilja Borodin hat es mit einem verzwickten Fall zu tun. Die Spielzeugdesignerin Lilja wird in ihrer Wohnung erstochen aufgefunden, und die Täterin ist der Polizei sozusagen vors Auto gelaufen: Ljussja ist die Nichte der Verstorbenen und behauptet standhaft, ihre Tante umgebracht zu haben. Viel kann man auf ihre Worte jedoch nicht geben, denn Ljussja ist debil. Borodins Vorgesetzter ist deshalb davon überzeugt, dass dieser Fall gelöst wäre, doch Borodin glaubt nicht daran. Das wäre wirklich zu einfach. Außerdem wurde ein Wollkorb aus der Wohnung der Toten gestohlen und wird bei einer Obdachlosen gefunden. Wenig später stirbt auch diese. Das kann kein Zufall sein.

Borodin beginnt in alle Richtungen zu ermitteln. Er sucht nach dem unauffindbaren Kinderheim, in dem Ljussja untergebracht war, sowie nach ihrem unbekannten Vater und gerät dabei schnell in Kreise, aus denen er seine Nase lieber heraushalten sollte …

Ein Daschkowa ist ein Daschkowa. Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Die Autorin liefert mit „Das Haus der bösen Mädchen“ nichts ab, was man in dieser Form nicht von ihr erwartet hätte. Es ist ihr Glück, dass die Daschkowa-Standardware anderen Büchern immer noch weit voraus ist. Was diesen Krimi ebenso wie ihre anderen auszeichnet, ist eine dichte, komplexe Handlung. Sie überfordert den Leser an der einen oder anderen Stelle vielleicht, aber alles Ungewisse wird sich im späteren Verlauf klären. Dadurch entsteht sehr viel Spannung, denn die Autorin beweist großes Geschick bei der Zusammenführung der verschiedenen Handlungsstränge. Wer es gerne verworren und spannend mag, mit einem Hauch Moskauer Unterwelt gewürzt, wird in diesem Roman gut bedient.

Eine weitere Spezialität, die Polina Daschkowas literarisches Schaffen auszeichnet, ist ihr Auge fürs Detail. Sie verwendet Kleinigkeiten, um ihre Personen möglichst lebendig und interessant zu schildern. Dazu benutzt sie eine amüsante Sprache, die häufig mit einem Augenzwinkern arbeitet und die Charaktere fast schon komödiantisch darstellt. Jede einzelne Figur ist gut ausgearbeitet und überrascht durch passende und ungewöhnliche Charakterzüge.

Dadurch, dass Borodins Perspektive nicht die einzige ist, erhält man Einblicke in sehr unterschiedliche Biografien und Alltagserlebnisse. Es kommt keine Langeweile auf, denn bevor man sich versehen hat, hat Daschkowa eine weitere Person eingeführt, deren Rolle im Geschehen erst mit der Zeit deutlich wird. Die kleinen Geschichten rund um ihre Personen enthalten auch viel Unwichtiges, aber sie sind sehr schön zu lesen und erklären das Verhalten und die Taten der Charaktere. Zudem erfährt der deutsche Leser, der vielleicht nicht so viel Ahnung von Russland hat, einiges über den Alltag dieses Landes, was häufig amüsant, genauso oft aber auch erschreckend ist. Das Positive daran ist, dass Polina Daschkowas persönliche Meinung dabei nicht zum Tragen zu kommen scheint. Sie wird nie sozialkritisch oder wertend, sondern, wie es ihre Art ist, betrachtet das Ganze eher mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie verklärt es nicht, beschimpft es aber auch nicht, sondern nimmt es vielmehr ein wenig auf die Schippe.

In der Summe ist „Das Haus der bösen Mädchen“ ein weiterer guter Roman in Daschkowas Bibliografie. Fans werden ihn lieben, und wer die Autorin noch nicht kennt, kann sie durch diesen Roman gut kennenlernen. Obwohl er vor einigen ihrer anderen Werke im Original erschienen ist, kann er sich sehr wohl mit diesen messen, und das ist der einzige Ansatzpunkt für Kritik: Auch wenn Polina Daschkowa es schafft, jede ihrer Geschichten eigenständig wirken zu lassen, ähneln sich die Krimis untereinander schon alleine wegen ihres Aufbaus. Der verworrene Kriminalfall, der Stück für Stück entwirrt werden muss, erscheint beinahe in jedem ihrer Werke – allerdings auf so hohem Niveau und so spannend präsentiert, dass man gern darüber hinwegsehen kann.

|Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt
Gebunden, 391 Seiten
ISBN-13: 978-3-351-03241-8|
http://www.aufbau-verlagsgruppe.de

_Polina Daschkowa bei |Buchwurm.info|:_
[„Für Nikita“ 807
[„Keiner wird weinen“ 4224
[„Der falsche Engel“ 4359

Flewelling, Lynn – verwunschene Zwilling, Der (Tamír Triad 1)

_Inhalt:_

Die junge Tobin hat das Pech, als Mädchen in gefährlichen Zeiten geboren zu werden, in denen Frauen jedes Alters im Auftrag des Königs ermordet werden, der dadurch die Thronfolge seines Sohnes sichern will. Vor Jahren brachte König Elrius seine Schwester um ihren rechtmäßigen Anspruch auf den Thron – eine Tat, die den göttlichen Schutz außer Kraft setzte, unter dem sein Volk stand, und dem Land Seuchen und Krieg bescherte.

Aber es gibt Menschen, die danach trachten, die göttlichen Prophezeiungen zu ehren und einer Kriegerkönigin auf den Thron zu verhelfen. Tobin wird mithilfe dunkler Magie als ihr Zwillingsbruder verkleidet. Dieser starb bei der Geburt, jedoch nicht schnell genug – ein Atemzug gelang ihm, und das genügte, um seine Seele voll grässlichem Zorn auf Erden zu verankern. Tobin kann tatsächlich Königin werden, aber nur, wenn es gelingt, sie zu beschützen, bis sie erwachsen ist – vor ihrer wahnsinnigen Mutter, ihrem dämonischen Bruder und jedem bösen Hexer des Landes.

Der Auftakt zu einem atemberaubenden Epos, das abermals in der Welt der |Schattengilde| spielt, jedoch in einer viel früheren Zeit. Mit |Tamír Triad| hat Lynn Flewelling ein Meisterwerk geschaffen und unter Beweis gestellt, dass Fantasy nicht nur spannend, magisch, düster und unterhaltsam sein, sondern gleichzeitig zum Nachdenken anregen kann.

_Meine Meinung:_

Tobin ist Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Von der ersten Sekunde ihrer Geburt an bestimmt eine geheimnisvolle Magie ihr Leben und Schicksal. Als sie zusammen mit ihrem Zwillingsbruder das Licht der Welt erblickt, wird ihr dank der Magie der Zauberin Lhel auferlegt, als Knabe aufzuwachsen – bis die Zeit reif ist, den Thron zu besteigen: als rechtmäßige Königin. Doch bis dahin ist es ein weiter dorniger Weg.

Tobin wächst einsam in der Feste ihres Vaters auf: Ignoriert von ihrer scheinbar geistig verwirrten Mutter Ariani, die den gewaltsamen Tod ihres zweiten Kindes nie verwindet und sich bis zu ihrem bitteren Ende in einem Turmzimmer verschanzt. Umgeben von ihrem Vater, Herzog Rhius, der sie zwar liebt, aber oft verlässt, und von dem Personal aufgezogen – mit einem Schatten an ihrer Seite. Denn da ist noch der Geist des toten (Zwillings-)Bruders, der, als er dem Mutterschoß entflohen ist, nach seinem ersten tiefen Atemzug erstickt wird, keine Ruhe findet und über den Tod hinaus eng an Tobin gebunden ist.

Dieser Bruder, den alle furchtvoll „den Dämon“ nennen, spukt durch die Festung, richtet dort oft Schaden an oder greift die Bewohner an. Er ist ein zorniger Geist, der sein „Unglück“ und „Los“ auf seine Art und Weise zum Ausdruck bringt und an den Bewohnern der Festung auslebt. Doch er hat dennoch das Herz des Lesers auf seiner Seite. Man verspürt Mitleid mit der ruhelosen Seele, die nicht leben durfte, aber auch nicht die ewige Ruhe finden kann. Und man wartet ungeduldig darauf, dass ihm Wiedergutmachung widerfährt.

Aber auch mit Tobin verspürt man Mitleid. Sie/Er lebt völlig abgeschottet von der Außenwelt und Gleichaltrigen, und schon bald steht er in dem Ruf, sonderbar zu sein. Was ihn aber nicht stört, denn er fühlt sich wohl in seiner abgeschiedenen Welt – weil er es nicht anders kennt. Alles ändert sich, als der Zauberer Arkoniel und Tobins „Knappe“ Ki in der Feste Einzug halten, um Tobin auszubilden bzw. ihm Gesellschaft zu leisten/zu dienen. Dadurch wird Tobin mehr und mehr seiner Einsamkeit entlockt. Sein Leben wird fortan von menschlicher Zuwendung und Zuneigung geprägt, auch wenn er Arkoniel anfangs mit Misstrauen begegnet, hingegen Ki bereitwillig an sich heranlässt. Beide meistern es, Tobin aus seinem teils auferlegten, teils selbst gewählten Schneckenhaus zu befreien.

Dann schlägt das Schicksal ein weiteres Mal zu: Tobins Vater kommt zu Tode und somit werden Tobin und Ki aus ihrer heilen Welt innerhalb der schützenden Mauern der Feste entrissen. Für die beiden Jungen beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt in Ero, am Hofe des Königs, wo alles völlig anders ist als das, was sie bisher kannten. Und in Tobin wird der Ruf der Natur wacht – seine wahre Seele, seine Weiblichkeit zeigt sich und fordert ihren Tribut … und Lhels erneutes magisches Handeln.

Mehr sei nicht über diesen gefühlvollen, aufwühlenden Roman, der einen nicht loslässt, verraten, der geprägt ist von starken Charakteren und tiefen Emotionen. Dieses großartige Werk lebt vom lyrischen Erzählstil der Autorin, die jenseits jeglichen Mainstreams eher wie eine mittelalterliche Geschichtenerzählerin fabuliert. Sie nimmt den Leser an die Hand, nimmt ihn mit in Tobins Welt und in die Feste, und das auf solch eindrucksvolle Weise, dass man oft vergisst, dass all das, was aus den Zeilen entgegenströmt, keine Realität ist. Wie oft möchte man seine Hand in Tobins Richtung ausstrecken und ihn trösten. Wie oft ist man zusammen mit Bruder zornig über sein ruheloses Seelendasein. Wie sehr leidet man mit all den tragischen Charakteren und den menschlichen Abgründen, die sich dahinter verbergen.

Das ist keine blutleere U-Literatur, sondern Fantasy auf höchstem Niveau – und wird eine Freude für jeden Leser sein, unabhängig davon, welches Genre er bevorzugt. Denn in der „Zwillings-Trilogie“ geht es um weitaus mehr als phantastische Elemente, da geht es um das Leben, um Menschen und darum, was sie einander bedeuten, aber auch antun – mit allen Beweggründen, aller Loyalität, aber auch Hinterhältigkeiten. Ein anderer Aspekt wird ebenfalls deutlich: Die wahre Tragik liegt meist in der Abwägung und Wahl zwischen Gut und Böse – und dem, was man für das vermeidlich Gute zu opfern bereit ist oder zu opfern gefordert wird.

Das ist Fantasyliteratur mit Kaiserkrone. Da lebt, leidet, schluchzt, liebt und kämpft jedes Wort in einem nach. Man fühlt, man trauert mit Tobin und dem Bruder, und man grollt mit ihnen, weil ihnen das Schicksal so übel mitspielt – und sinnt auf Rache, die denen zuteil werden soll, die nicht schuldlos an allem sind. Das ist großes Kopfkino, das ist Erzähl|kunst|, die eine stetige, sanfte Melancholie ausschickt, das sind Charaktere, die so in die Tiefe gehen, dass einen der Text lange Zeit nicht loslässt. Das ist Literatur, wie man sie sich wünscht!

Auch die Aufmachung erfreut, denn es wurde auf ein weiteres der stereotypen Fantasycovermotive verzichtet, welche die Verlagswelt überschwemmen. Das minimalistische Gemini-Zeichen ummantelt perfekt und niveauvoll den edlen Text. Dieses Buch sollte in keiner Sammlung fehlen!

_Fazit:_

„Der verwunschene Zwilling“ ist ein wundervoll melancholischer Fantasyroman, dessen Seele und Geist aus jeder Zeile schwingt und der den Leser voller Ungeduld auf die beiden Folgebände zurücklässt – tief erfüllt von der erzählerischen Dichte der Autorin und den Gefühlen, die sie in uns wachruft.

|Originaltitel: Tamír Triad (1)
Aus dem Amerikanischen von Michael Krug
Titelillustration & Titelgestaltung von Michael Krug
550 Seiten, Trade Paperback
ISBN-13: 978-3-902607-07-2|
http://www.otherworldverlag.com

Braga, Alice – Dorf der Unsterblichen, Das (Die Chronik der Wölfe 1)

Das große Rätselraten darf beginnen … Einmal mehr hat ein deutscher Autor beschlossen, unter Pseudonym zu schreiben. Dieses Mal handelt es sich um Alice Braga (zugleich der Name einer Schauspielerin, die in „City of God“ und „I Am Legend“ zu sehen war), hinter der sich eine bekannte deutsche Schriftstellerin historischer Romane verbirgt. Mit „Das Dorf der Unsterblichen“ bewegt sie sich nicht besonders weit weg von ihren Wurzeln. Der Roman spielt zur Zeit der Inquisition, begibt sich aber gleichzeitig aufs Terrain der Dark Fantasy, wenn auch in der Light-Version. Nicht umsonst ist das Buch der Auftakt von „Die Chronik der Unsterblichen“, die sich, wie der Titel schon sagt, auch über andere Jahrhunderte erstrecken soll.

Es ist das Jahr 1503, und Alessando Varese, ein junger Inquisitor, wird nach Oberitalien gesandt, um den Vorgängen in dem Dorf Ascolte auf den Grund zu gehen. Man sagt, dass dort Ketzer leben, und als er dort ankommt, findet er das Götzenbild einer Wolfsmutter vor. Ob das ein erster Beweis ist? Wenig später entdeckt Alessandro in den Kirchenbüchern, dass in fast hundert Jahren nur ein Mitglied des Dorfes gestorben ist. Der verängstigte, knorrige Geistliche Virgilio weigert sich, Weiteres zu diesem Thema preiszugeben, doch Alessandro kommt dem Unwesen im Dorf bald auf die Spur – allerdings anders, als er es sich erhofft hat.

Valeria, eine junge Dorfbewohnerin, deren Zauber Alessandro sich nicht entziehen kann, beißt den Inquisitor, woraufhin sich dieser in einen Werwolf verwandelt. Valeria möchte, dass Alessandro, der ein anderes Mädchen auf dem Dorf als Ketzerin auf den Scheiterhaufen gebracht hat, spürt, was es heißt, einer von ihnen zu sein. Doch er geht ziemlich ungewöhnlich damit um, denn er probiert, diese „Krankheit“ wissenschaftlich zu erforschen, und stößt dabei auf Dinge, die ihn den Kopf kosten könnten …

Obwohl als historischer Roman betitelt, ist „Das Dorf der Unsterblichen“ eher ein seichtes Gemisch aus historischer und fantastischer Literatur. Für ein historisches Werk ist das Buch nicht detailliert genug; das 16. Jahrhundert wird in seiner Besonderheit nur sehr oberflächlich geschildert. Damalige Bräuche, Sitten und charakteristische Eigenschaften kommen kaum zum Tragen, so dass Fans solcher Bücher nur wenig Freude daran haben werden. Über den Anteil fantastischer Literatur lässt sich streiten. Der Hardcore-Fan wird vermutlich die Vielfalt vermissen, denn die Werwölfe sind die einzigen „magischen“ Wesen, und auch sie sind nicht besonders fantastisch dargestellt. Sie weisen so gut wie keine magischen Kräfte auf und benehmen sich auch sonst in einem sehr normalen Rahmen. Also doch mehr Historien- als Fantasyroman? So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten. Das hängt sicherlich davon ab, was man von diesem Buch erwartet.

Die Handlung kann einiges am zweifelhaften Ambiente wiedergutmachen. Sie läuft langsam an und wirkt im ersten Teil zunächst etwas behäbig und uninteressant. Die Autorin schafft es aber, mit der Zeit immer mehr überraschende Wendungen einzubauen und diese konsequent zu Ende zu führen. Dadurch wird die Geschichte spannender und von der Vorhersehbarkeit der ersten Seiten ist nichts mehr zu spüren. Leider wirken dabei einige Ereignisse konstruiert, insgesamt überrascht „Das Dorf der Unsterblichen“ aber durchaus. Der Anfang lädt nicht gerade zum Weiterlesen ein, doch Braga schafft die Wende, so dass man den zweiten Teil des Buches stellenweise gierig verschlingt.

Was für die historischen Einzelheiten gilt, gilt auch für die Charaktere. Sie sind gestrichelt gezeichnet, doch es fehlt an den Farben. Zum einen hätte ein wenig mehr Geist des 16. Jahrhunderts nicht geschadet, zum anderen fehlt es an grundlegender Persönlichkeit. Valerias verschlagene Züge und Alessandros Wissensdurst und Experimentierfreude sind Eigenschaften, die sehr stark herausstechen und dementsprechend gut dargestellt werden. Zwei oder drei Charakterzüge machen aber noch lange keinen Menschen aus, und leider begeht die Autorin den Fehler, ihre Figuren nicht weiter zu vertiefen.

In der Summe ist dieses unauffällig und nüchtern geschriebene Buch zwar interessant, aber kein großer Wurf. Störend ist vor allem die mangelnde Tiefe bei Personen und dem historischen Hintergrund. Die Geschichte wird für den Leser dadurch nicht greifbar, so dass er nach Zuschlagen des Buches mehr oder minder schon wieder vergessen hat, was „Das Dorf der Unsterblichen“ eigentlich ausgemacht hat. Fans der momentan grassierenden Dark-Fantasy-Welle sollten sich ebenfalls lieber anderweitig bedienen, denn die Geschichte versprüht nur wenig untoten Charme. Der erste Band von „Die Chronik der Wölfe“ ist etwas Nettes für Zwischendurch, aber satt wird man davon nicht.

|Taschenbuch, 412 Seiten
ISBN-13: 978-3-499-24729-3|

http://www.rororo.de

Arleston, Christoph / Latil, Dominique (Autoren) / Labrosse, Thierry (Zeichner) – Morea 4: Der Duft der Ewigkeit

Band 1: [„Das Blut der Engel“ 4350
Band 2: [„Das Rückgrat des Drachen“ 4561
Band 3: [„Das Feuer der Zeit“ 5028

_Story_

Nach ihrem kurzen Exkurs ins Weltall ist Morea Doloniac wieder ins Heer der DWC zurückgekehrt, sieht sich dort aber direkt mit den nächsten Schwierigkeiten konfrontiert. Ein Teil des Firmenkomplexes wird von einer gewaltigen Explosion auseinandergerissen, und es soll nicht bei diesem einen Anschlag bleiben. Bei den Recherchen entdeckt Morea, dass ihr langjähriger Butler Jeeves ebenfalls den Drachen angehört und lediglich in ihre Dienste getreten ist, um die junge Miss Eoloniac zu beschützen. Er ist es auch, der auf die geheime Substanz stößt, die sich in der explosiven Mischung befindet und für die Zerstörung ganzer drei Etagen verantwortlich ist.

Kurz darauf begeben sich Terkio und Morea zum einzigen Untergrund-Händler Südamerikas, der mit dem gefährlichen Thoratex dealt, bekommen hier jedoch eine fürchterliche Abfuhr erteilt. Auf der Flucht vor den Handlangern des berüchtigten Mr. Mong stößt Morea auch schon auf das nächste Desaster: Während sie die Angriffe auf die DWC aufzuklären versucht, hat Gregor Noche die Gelegenheit genutzt, um seine Intrige innerhalb des Konzerns von innen heraus auszubreiten. Dieses Mal jedoch sind Morea, ihr Verehrer Theo und der grobschlächtige Terkio ihrem Nebenbuhler allerdings einen Schritt voraus …

_Persönlicher Eindruck_

Im vierten Teil von Arlestons immer stärker werdenden Serie „Morea“ blendet der Autor den übergeordneten Streit zwischen Engeln und Drachen einmal kurzzeitig aus, um das Action- und Humorpotenzial so richtig schön auszuschlachten und in einer atemberaubenden, 007-ähnlichen Agenten-Story an den Mann zu bringen. Das Tempo schießt schlagartig in die Höhe, die komplexen Inhalte werden zwischenzeitlich in den Hintergrund gedrängt, aber auch die Dialoge gewinnen merklich an Spritzigkeit, unter anderem bedingt durch die ständigen Streitigkeiten zwischen Theo und Terkio.

Der Direktor, der insgeheim eine Affäre mit der DWC-Inhaberin pflegt, ist geplagt von Eifersuchtsgefühlen und kann überhaupt nicht vertragen, dass seine Geliebte mit dem eigenartigen Söldner ihre Zeit verbringt. Allerdings will er auch nicht die Bedeutung von Terkios Einsatz verstehen, so dass einerseits der Nährboden für humorvolle Missverständnisse und eine ausgesprochene sprachliche Dynamik ausgelegt ist, andererseits aber auch die emotionale Komponente an Bedeutung gewinnt und die Story ordentlich würzt. Oder kurz gesagt: Arleston hat eine Menge Feuer in den vierten Band seiner populären Reihe gepumpt – und das hat, auch abseits der Hauptgeschichte, an dieser Stelle prima funktioniert!

Allerdings ist der Erfolg dieser Entwicklung nicht selbstverständlich und lässt sich hier nur vor dem Hintergrund einer fantastischen Mini-Story innerhalb des Hauptplots realisieren. Zwar werden im Hintergrund weiter die Fäden des eigentlichen Strangs gesponnen, insbesondere auf der intriganten Führungsebene der DWC, jedoch kann man „Der Duft der Ewigkeit“ auch als unabhängige Geschichte betrachten, für die man nur geringfügige Vorkenntnisse über die Personenkonstellationen benötigt. Diese sollen sich in Episode Nummer vier im Übrigen noch einmal ändern. So lüftet beispielsweise der Butler ein verblüffendes Geheimnis, aber auch das ungleiche Verhältnis zwischen Morea und Theo macht die Beziehungskisten noch einmal zu einer ganz eigenwilligen Angelegenheit im Rahmen der Story, die für das hohe Niveau, welches man inzwischen erreicht hat, bürgt.

Unterdessen ziehen auch die Zeichnungen bei der hohen Geschwindigkeit der Handlung mit. Viele Details verstecken sich in den Illustrationen von Labrosse, der den franko-belgischen Stil mit viel Pfeffer ausprägt und auch auf grafischer Ebene für das bisherige Maximum im Serienverlauf sorgt. Merkwürdig eigentlich: Da reißt der Autor einen ordentlichen Komplex auf und erzielt seinen besten Treffer genau dann, als er wieder mit gradlinigen Inhalten zur Basis zurückkehrt. Aber wie auch immer: „Der Duft der Ewigkeit“ ist ein erstklassiger Comic und der Höhepunkt aller vier bislang veröffentlichten „Morea“-Ausgaben.

|Originaltitel: Moréa – Un parfum d’éternité
48 Seiten, farbig
ISBN-13: 978-3-939823-93-3|
http://www.splitter-verlag.de

Andreas Eschbach – Die schlafenden Hüter (Das Marsprojekt 5)

Dies ist das Ende einer Geschichte – und der Anfang einer hoffnungsvollen Zukunft für die Marssiedler. Seit das Mädchen Ellin auf dem Mars von einem unerklärlichen Leuchten auf Artefakte aufmerksam gemacht wurde, die sich schließlich als Schlüssel zu einer alten außerirdischen Station entpuppten, ist viel passiert. Ariana hat sich verliebt, Ellin, Carl und Urs sind durch einen der »Blauen Türme« auf die Erde gelangt und nun mit dem Milliardär und Erfinder des Fusionsreaktors unterwegs zurück zum Mars. Eine radikale Organisation, die »Heimwärtsbewegung«, schreckt selbst vor brutalen Anschlägen und Überfällen nicht zurück, um das Raumfahrtprogramm und vor allem das Marsprojekt zu stoppen.

Die Ereignisse und Interessengruppen bewegen sich in diesem Roman auf einen Höhepunkt zu, in dem das große Finale der Romanquintologie statt finden soll. Die Außerirdischen erwachen. Außerirdische! Bis zum vierten Band waren sie wenig mehr als Hirngespinste der kleinen Ellin, die sich von ihnen gerufen fühlte. Im vierten Band gibt es erstmals echte Beweise für ihre Existenz, und im finalen Roman erwachen sie. Der Titel legt nahe, dass alles gut ausgeht. Dem Leser wird ab einem gewissen Alter auffallen, dass die Gefahren für die Aliens und die Türme erstens nur ein schriftstellerischer Trick sind, der Spannung erzeugt und die Handlung bereichert, und zweitens für die Lösung des Knotens nötig sind, damit die Menschen wieder ungestört den Mars besiedeln können und nicht Hunderttausend heuschreckenähnliche Aliens auf der Plaza ihre Fiesta feiern. Den Wesen wird ein Ausweg geboten, den Menschen ihre technische Überlegenheit demonstriert und dadurch zu neuer Einheit und gemeinsamer Stärke verholfen. Das große Abenteuer für die Marskinder geht zu Ende, sie werden langsam erwachsen.

Andreas Eschbach steht inzwischen für extrem gute Unterhaltung. Jeder kann ihn lesen oder hören, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, und trotzdem behandelt er bewegende Themen und geht auch ins Detail dabei. Man kann ihn auf verschiedene Weise lesen: Eine in eine packende Story verpackte mahnende Erinnerung an die Zukunft, einen Einblick in unbekannte Bereiche unserer Gesellschaft, einfach als entspannende und spannende Lektüre, als eine Studie genialer Stilentwicklung und meisterhafter Sprachgestaltung, und so weiter.

Die Leser der ersten Stunde wissen gerade seine Science-Fiction zu schätzen, und genau dadurch ist Andreas Eschbach ins Rampenlicht getreten. Zu ihrem Leidwesen verlagerte sich Eschbachs Schwerpunkt recht schnell – raus aus der Schublade, möglichst weit weg von Aliens, Raumschiffen und Laserkanonen. Der Qualität seiner Bücher tut das keinen Abbruch und die Allgemeinheit gewann ein begeisterndes Talent. Natürlich bleibt der SF-Fan trotzdem am Ball, immer auf der Suche nach dem Hauch von Eschbachs Visionen, der bisher jedem seiner Romane anhaftet. Außerdem: einmal Eschbach, immer Eschbach! Seine Schinken sind einfach gut.

Mit dem »Marsprojekt« tröstete Eschbach seine Leser über die SF-freie Durststrecke der »Erwachsenen-Bücher« hinweg und nutzte das Medium der Jugendromane für die Utopie. Die ist jedoch mit dem vorliegenden fünften Band der Reihe abgeschlossen. Und was jetzt? Erwartet uns eine düstere Zukunft ohne Eschbach’sche Zukunftsvisionen?

Auch beim »Marsprojekt« bewahrheitet sich die Erkenntnis über Fortsetzungen erfolgreicher Geschichten: War der erste Roman – später subtituliert mit »Das ferne Leuchten« – ein typischer, nicht zu übertreffender Wurf aus seiner Ideenkiste voll Charisma, sind die Fortsetzungen »nur noch« gute Unterhaltung und kreative Storyentwicklung, lassen aber dieses Eigenleben eines überragenden Romans vermissen. Mit »Die Schlafenden Hüter« hat Andreas Eschbach einen würdigen Abschluss des Abenteuers geschrieben und dabei ein echtes Ende geschaffen, eine dem Erzählten angemessene endgültige Situation. Zurück bleibt der Wunsch nach einem Roman ohne vorhersagbare Wendungen und mit diesem Offenbarungsgefühl, dem Erahnen großer Zusammenhänge und der Bedeutungslosigkeit des Menschen. Eschbach for SF, und wenn’s nur hin und wieder ist!

361 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-401-06061-3

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Ward, J. R. – Blutopfer (Black Dagger, Band 2)

Band 1: [„Nachtjagd“ 5283

_Inhalt:_

Düster, erotisch, unwiderstehlich – die letzten Vampire kämpfen um das Schicksal der Welt

Sie sind eine der geheimnisvollsten Bruderschaften, die je gegründet wurden: die Gemeinschaft der |Black Dagger|. Und sie schweben in tödlicher Gefahr: Denn die |Black Dagger| sind die letzten Vampire auf Erden, und nach jahrhundertelanger Jagd sind ihnen ihre Feinde gefährlich nahe gekommen. Doch Wrath, der ruhelose und maßlos attraktive Anführer der |Black Dagger|, weiß sich mit allen Mitteln zu wehren. Die Schlacht beginnt!

Mitten in diesem Krieg bittet Darius, ein alter Kampfgefährte, Wrath darum, sich um seine Tochter Beth zu kümmern, die nichts von ihrer vampirischen Herkunft weiß. Schon bald gerät die junge Frau zwischen die Fronten, und Wrath muss erkennen, dass sein Schicksal unauflöslich mit ihr verbunden ist – denn Beth ist seine Shellan, seine unsterbliche Liebe, für die sich jedes Opfer lohnt. Und er muss auch alles riskieren, um Beth zu retten …

_Meine Meinung:_

Eines muss man J. R. Ward lassen: Man mag noch so oft „Mainstream, Mainstream“ rufen, aber die Autorin hat ihre Leser mit dem ersten |Black Dagger|-Roman an der „Seriennadel“ – auch wenn die Vermutung naheliegt, dass sie im Original stilistisch noch besser rüberkommt.

Band zwei der Serie bietet wieder zu Anfang ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen und Eigennamen, was den Lesern das Eintauchen in die Vampirwelt der Autorin erleichtert. Und weiter geht es mit dem erotischen Vampirpaar Wrath und Beth. Wrath hat die schöne Beth zu sich – und somit in das Haus ihres Vaters – eingeladen und verhält sich verwirrenderweise ausgesprochen kühl und distanziert ihr gegenüber – beinahe schon unhöflich. Er gesteht Beth, dass er Tausende Lesser (seelenlose Vampirjäger) getötet hat und erzählt ihr von „Omega“ (Gott und Luzifer) und der „Jungfrau der Schrift“ (hat die Vampire erschaffen) – und von seiner Bruderschaft |Black Dagger|.

Dann ändert sich seine Haltung ihr gegenüber, und Beth merkt, dass auch er – wie sie – verunsichert darüber ist, dass sie sich so stark zueinander hingezogen fühlen. Die sexuelle Energie zwischen ihnen wird immer stärker, und zum ersten Mal sieht Beth seine Augen, die er immer hinter einer dunklen Sonnenbrille verbirgt. Sie sind von einem blassen Grün, fast Weiß – Wrath ist beinahe blind. Es kommt, wie es kommen muss: Wrath und Beth lieben sich, was die Autorin – bis auf wenige „too much“-Ausnahmen, die dann eher das Gegenteil bewirken – sehr anregend umgesetzt hat.

Beth nimmt das kostbar eingerichtete Zimmer ihres Vaters in Augenschein und findet dort überall Fotografien von sich an den Wänden – und eines ihrer Mutter. Ihr wird bewusst, dass ihr Vater sehr reich gewesen sein muss.

Wrath und Rhage, einer der |Black Dagger|, beobachten unterdessen das Lesser-Zentrum und lassen sich auf einen Kampf mit drei Lessern ein – ein vierter schießt auf Wrath. Da beginnt sich Rhage in eine schuppige Kreatur/Bestie zu verwandeln, fällt über die Lesser her und richtet ein Gemetzel an. Danach verwandelt er sich wieder zurück, ist aber verletzt. Wrath und Beth kümmern sich um ihn – besonders Beth, was sie Wrath innerlich noch näherbringt, als er sieht, wie liebevoll sie Rhage pflegt. Und endlich gestehen sich Beth und Wrath ein, dass sie zusammenbleiben wollen.

Beth kehrt in ihre Wohnung zurück, doch kaum dort angekommen, wird sie ohnmächtig. Butch findet sie dort auf dem Boden liegend, und Beth bittet ihn, sie zu Wrath zu bringen, denn ihre „Transitition“ (Wandlung zur Vampirin) hat begonnen! Wrath steht ihr bei, sie trinkt von ihm und er fragt sie, ob sie seine „Shellan“ (Frau) werden will.

Havers, Marissas Bruder, sinnt immer noch auf Rache, weil ihre Verbindung mit Wrath zerbrach – auch wenn Marissa sie selbst löste. Die junge Vampirin denkt ständig an Wrath und ihre Zeit als seine „Shellan“, und sie verspürt wie jede verschmähte Frau Rachegedanken. Das ändert sich, als Butch Marissa im Haus der Black Dagger begegnet. Er ist fasziniert von ihrer Schönheit, und auch sie fühlt sich zu ihm hingezogen.

Beht wiederum steht zum ersten Mal Marissa und den Brüdern der Black Dagger gegenüber. Wrath nennt sie vor ihnen „Lielan“ (mein Liebstes) und die Brüder zeigen ihr deutlich ihre Verehrung. Beth erzählt Butch – vor dessen Augen sich Marissa dematerialsiert und dem dadurch bewusst wird, dass er in einem Haus voll mysteriöser Wesen gelandet ist -, dass sie alle Vampire sind und dass der Mann in dem explodierenden Auto (siehe Band eins) ihr Vater war.

Wrath nimmt mit der Jungfrau der Schrift (Analisse) Kontakt auf und bittet sie, ihm Beth zur Frau zu geben. Sie willigt ein, fordert aber von ihm, dass er sein Volk als König anführen soll. Butch fühlt sich in der Gemeinschaft der Vampire wohl. Besonders mit Vishous, einem Red-Soux-Fan, schließt er rasch Freundschaft.

Beth lernt derweil Wellsie, die Shellan des Black Daggers „Tohr“, kennen. Sie hilft Beth bei den Vorbereitungen zu der Hochzeitszeremonie. Doch bevor diese vollzogen werden soll, will Wrath Beth rächen und ihren „Vergewaltiger“ Billy R. zur Strecke bringen. Doch er stellt nicht nur ihn, sondern auch Mr X, den Anführer der Lesser. Dieser nennt Wrath den „Blinden König“. Die Jungfrau der Schrift vermählt Wrath und Beth – doch dann wird Beth von Mr X entführt …

J. R. Wards Stil ist schnörkellos, direkt und ohne Längen. Man liest die Black-Dagger-Bände weg wie geschnitten Brot. Mainstream hin, Mainstream her – die Texte wecken die düster-romantisch-erotische Note in uns und bescheren ein Stück dessen, was wir uns alle insgeheim wünschen: die große Liebe, die einzigartige Nähe zweier Liebenden, das Wesen, das zu einem gehört wie kein anderes – egal wie schwierig die Umstände auch sein mögen und über alle Zweifel erhaben. Doch |Black Dagger| ist viel mehr. Unter dem vermeintlichen Plauderton entwickelt sich eine Gesellschaft von Anta- und Protagonisten, die lebendig und in die Tiefe gehend agieren, mit all ihren Facetten, die die Charaktere verschiedener Wesen ausmachen.

Wrath ist die perfekte Mischung aus Brutalität und Sensibilität – eben der Bad Boy mit Charme, den sich so manche Frau wünscht. So wird |Black Dagger| vermutlich von einem vorwiegend weiblichen Publikum frequentiert werden – was die Serie keineswegs schmälern soll. Aber auch die anderen Charaktere zeigen Profil und kommen nicht eindimensional daher. Was aber das große Plus der Serie ist: Sie langweilt nicht einen Satz lang und zieht den Leser sofort in die Handlung und somit in ihren Bann.

_Fazit:_ Düster, erotisch und ohne jegliche Längen unterhält auch dieser |Black Dagger|-Band auf kurzweilige Weise.

_Die Autorin:_

Jessica Rowley Pell Bird (geboren 1969 in Massachusetts, New England) ist sowohl unter ihrem Geburtsnamen Jessica Bird als auch unter ihrem Pseudonym J. R. Ward schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter eines Bankvorstandes und einer Architekturzeichnerin und hält ein Diplom in Rechtswissenschaften. Sie ist seit 2001 mit dem Unternehmensberater Neville Blakemore verheiratet und lebt mit ihm mittlerweile in Louisville, Kentucky.

Ihren ersten Roman „Leaping Hearts“ veröffentlichte sie 2002 und erhielt 2007 den |Romantic Times Reviewer’s Choice Award| für „Lover Awakened“ aus der |Black Dagger|-Serie sowie im gleichen Jahr den |RITA Award| des Schriftstellerverbands „Romance Writers of America“ für ihr Buch „From the First“. Für beide Awards war sie darüber hinaus bereits vielfach nominiert.

|Die Black-Dagger-Serie:|

Dark Lover (September 2005) – [„Nachtjagd“ 5283 (Part 1) und „Blutopfer“ (Part 2)
Lover Eternal (März 2006) – „Ewige Liebe“ (Part 1) und „Bruderkrieg“ (Part 2)
Lover Awakened (September 2006) – „Mondspur“ (Part 1) und „Dunkles Erwachen“ (Part 2)
Lover Revealed (März 2007) – „Menschenkind“ (Part 1) und „Vampirherz“ (Part 2)
Lover Unbound (September 2007) – „Seelenjäger“ (Part 1, deutsch im März 2009)
Lover Enshrined (Juni 2008)

|Originaltitel: Dark Lover (2. Teil)
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
304 Seiten, Paperback
Titelfoto von Dirk Schulz / Titelgestaltung von Animagic Bielefeld
ISBN-13: 978-3-453-52301-2|

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Doyle, Arthur Conan / Coules, Bert / Cotterel, Ian – A Study in Scarlet – A Sherlock Holmes Mystery (Hörspiel)

_Holmes singt: ein garstig‘ Lied in Scharlachrot_

Das Wort „Rache“ ist an die Wand eines leeren Hauses in London gekritzelt, in dem die Polizei die Leiche eines Mannes gefunden hat. Um das Rätsel zu lösen, bittet Scotland Yard einen jungen Mann um Hilfe, der über einen analytischen Verstand verfügt und dem es offenbar Vergnügen bereitet, die kniffligsten Rätsel zu lösen: ein gewisser Sherlock Holmes. Als dieser Holmes zusammen mit seinem neuen Wohngenossen Dr. John Watson auf der Szene des Verbrechens erscheint, zweifeln die Inspektoren und Polizisten des Yard erst einmal, was Amateure wie diese beiden ausrichten können. Sie sollen sich schon bald wundern.

_Der Autor_

Sir Arthur Conan Doyle lebte von 1859 bis 1930 und gelangte mit seinen Erzählungen um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu Weltruhm. Dabei begann der Mediziner, der eine eigene Praxis hatte, erst 1882 mit dem Schreiben, um seinen Einkommen aufzubessern. Neben mystischen und parapsychologischen Themen griff er 1912 auch die Idee einer verschollenen Region (mit Dinosauriern und Urzeitmenschen) auf, die von der modernen Welt abgeschnitten ist: [„The Lost World“ 1780 erwies sich als enorm einflussreich und wurde schon 13 Jahre später von einem Trickspezialisten verfilmt.

Weitere Holmes-Hörspiele auf Englisch im |Hörverlag| sind „The Hound of the Baskervilles“ und „The Sign of Four“.

Mehr von Arthur C. Doyle auf |Buchwurm.info|:

[„Eine Studie in Scharlachrot“ 1780 (Buchausgabe)
[„Die geheimnisvolle Kiste“ 3756 (Hörbuch)
[„Der Patient“ 3609 (Hörspiel)
[„Der griechische Dolmetscher“ 2427 (Hörspiel)
[„Im Zeichen der Vier“ 2285 (Hörbuch)
[„Der Bund der Rothaarigen“ 2268 (Hörbuch)
[„Neue Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson“ 2148 (Hörspiel)
[„Sherlock Holmes Collectors Edition II“ 2130 (Hörspiel)
[„Sherlock Holmes Collectors Edition I“ 1950
[„Der Hund der Baskervilles“ 1896
[„Die vergessene Welt“ 1780
[„Der Fall Milverton / Der Teufelsfuß“ 1410 (Hörspiel)
[„Der Vampir von Sussex / Das gefleckte Band“ 1240 (Hörspiel)
[„Das Zeichen der Vier“ 1234 (Hörspiel)

Themenverwandtes bei |Buchwurm.info|:

[„Sherlock Holmes und der Fluch von Addleton“ 417
[„Sherlock Holmes – Mythos und Wahrheit. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen“ 3916
[„Sherlock Holmes. Die unautorisierte Biographie“ 3428
[„Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra“ 3083
[„Sherlock Holmes und der Fall Houdini“ 2339
[„Sherlock Holmes: Schatten über Baker Street. Mörderjagd in Lovecrafts Welten“ 1893

_Die Sprecher & die Inszenierung:_

|Sherlock Holmes:|

Clive Merrison, geboren 1945, wurde bekannt durch seine Arbeit beim Fernsehen, am Theater und beim Rundfunk. Seine erfolgreichsten Produktionen sind „Dr. Who“, „Yes, Prime Minister“ und „Saving Grace“ (Grasgeflüster). Merrison ist der einzige Schauspieler, der es geschafft hat, Holmes in den Bearbeitungen sämtlicher Kurzgeschichten und Romane zu spielen, in denen der berühmte Detektiv auftritt (und das sind mehrere Dutzend Werke).

|Dr. John Watson:|

Michael Williams, geboren 1935, war ein britischer Schauspieler irischer Herkunft. Er trat regelmäßig im Fernsehen und in Filmen wie „Educating Rita“ oder „Henry V.“ auf. In Radiospielen lieh er vielen Figuren seine Stimme. 1971 heiratete er die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin Dame Judi Dench (geb. 1934, ‚M‘ in „James Bond“), mit der er erfolgreich in mehreren Sitcoms zusammenarbeitete. Williams starb 2001.

Regie führte Ian Cotterel, die Hörspielfassung erarbeitete Bert Coules, für eine Produktion der BBC aus dem Jahr 1998. Die Violine spielt laut Booklet Abigail Young, laut Ansage aber Alexander Balanescu. Vielleicht spielten ja beide.

_Handlung_

Um das Jahr 1886 lebt der Militärarzt Dr. John Watson wieder in London, nachdem er im zweiten Afghanistankrieg verwundet wurde und an Typhus erkrankt war. Nun lebt er von einer winzigen Rente und erträgt die Schmerzen in seiner Schulter. Da kommt ihm das Glück zu Hilfe. Sein guter Bekannter Stanford, ein Medizinstudent, erzählt ihm von einem Mann an der Uni, der einen Mitbewohner für eine gemeinsame Mietwohnung sucht. Watson ist sofort hellhörig, aber Stanford warnt ihn vor diesem seltsamen Vogel. Dieser Sherlock Holmes betreibe makabere Experimente mit Tierkadavern. Indeed!

Waltson und Holmes nehmen die Wohnung, die Mrs. Hudson in der Baker Street 221B anbietet, und versuchen, sich aneinander zu gewöhnen. Holmes ist wirklich gewöhnungsbedürftig, und Watson macht sich eine ganze Liste mit seinen Mängeln, insbesondere seiner Ahnungslosigkeit auf bestimmten Wissensgebieten. Eines Tages verrät ihm Holmes endlich, was er eigentlich beruflich tut: er ist beratender Ermittler. Private und behördliche Schnüffler bitten ihn um seine Dienste, sein bester Kunde sei Inspektor Lestrade vom Scotland Yard, der britischen Kripo. Aber die Zeiten sind Holmes zu ruhig – er kann seine Fähigkeit der analytischen Deduktion kaum unter Beweis stellen. Da kommt ihm ein neuer Mord wie gerufen.

Zusammen mit Dr. Watson, den er als Assistenten missbraucht, besichtigt Holmes den Tatort, der sich in einem leerstehenden Haus in Brixton befindet. Die Inspektoren Lestrade und Tobias Gregson sind bereits vor Ort. Holmes warnt Watson, dass der Tatort seine Nerven belasten könnte. In der Tat sieht all das viele Blut um die Leiche eines Mannes am Boden nicht sehr beruhigend aus. Dessen Körper ist völlig verdreht, weist aber seltsamerweise keine Wunde auf. Doch einmal am Mund des Toten geschnuppert und beide wissen Bescheid: Gift. Und an einer Wand des Zimmers steht mit Blut geschrieben das deutsche Wort „RACHE“. Für Lestrade ist der Fall klar: Es hat etwas mit einer Frau namens RACHEL zu tun. Holmes ist sich da nicht so sicher. Er gedenkt seinen Fall zu einem Gesamtkunstwerk zu machen, das er „Eine Studie in Scharlachrot“ (A Study in Scarlet) nennen will.

Der Tote wird als der Amerikaner Enoch Drebor identifiziert, er habe in der Pension einer Madame Charpentier logiert, zusammen mit seinem Sekretär Joseph Stangerson. Hier bohrt Tobias Gregson besonders intensiv nach und fördert schon bald zutage, dass Charpentiers Sohn Arthur heftigen Streit mit den beiden Amis hatte, weil sie sich an seiner Schwester Alice vergriff. Es kam zu einer Schlägerei auf der Straße und Arthur verschwand. Alles klar wie Kloßbrühe: Arthur muss der Mörder sein.

Holmes beliebt, anderer Meinung zu sein, ist aber weit davon entfernt, Gregson den Tag zu vermiesen. Für ihn ist das wichtigste Indiz an der Leiche der weibliche Ehering, der so gar nicht zu den beiden Amis passt. Es geht also um eine Frau innerhalb einer Dreiecksgeschichte. Holmes gibt in Watsons Namen (er will nicht in Erscheinung treten) eine Zeitungsannonce auf, in der er nach dem Besitzer des Rings sucht. Unterdessen lässt er seine Kindertruppe von Möchtegernpolizisten nach Verdächtigen suchen.

Gregson triumphiert gerade über seinen Fahndungserfolg, als Lestrade eintrifft. Er habe einen weiteren Ermordeten entdeckt. Dreimal darf man raten, um wen es sich handelt.

_Mein Eindruck_

Schon in dieser ersten Erzählung, die im Dezember 1887 veröffentlicht wurde und ihren Helden unsterblich machte, bietet der Autor fast alle Charakteristika auf, die den berühmten Detektiv kennzeichnen. Er hat einen scharfen, wenn auch etwas eingleisigen Verstand, praktisch kein Privatleben, spielt leidenschaftlich gerne die Geige und ist stets für einen blutigen Mord zu haben. Dass er sich so gut mit Kindern und seiner Haushälterin/Vermieterin versteht, grenzt an ein Wunder.

|Der Auftrag|

Noch erstaunlicher ist sein letzter Satz: „Write your book, Dr. Watson“, aber das geschieht aus purem Eigennutz. Die beiden stümperhaften Inspektoren Lestrade und Gregson beanspruchen nämlich laut Zeitung alle Lorbeeren für sich und wagen es sogar, den „Amateur-Detektiv“ Sherlock Holmes ihren „Schüler“ zu nennen – diese Unverfrorenheit! Um der Nachwelt ein „richtiges“ Bild vom Schaffen des kompetentesten Detektivs der Welt zu hinterlassen, kommt ihm Dr. Watson als Biograph gerade recht. Das kann Dr. Waltson nur angenehm sein, denn er hat bereits seine Bewunderung für Holmes ausgedrückt. Der Titel für das erste Werk dürfte wohl klar sein.

|RACHE|

Doch worin liegt nun die Lösung des blutigen Doppelmordes, mit diesem mysteriösen Wort „RACHE“ an der Wand? Die Kripo verfällt natürlich auf das Naheliegende, dass sich hier nämlich politische Flüchtlinge aus Deutschland an Amerikanern rächen wollten. Doch Holmes ist alles andere als ein Freund des Naheliegende und Offensichtlichen. Das könnte ja jeder Stümper kapieren, aber das sei genau das, was die Verbrecher wollten. Nein, so blöd ist er nicht.

Allerdings ist auch Holmes nicht allwissend, denn der Verdächtige schlägt ihm geschickt ein Schnippchen. Um den Ring abzuholen, tritt eine ältere Dame auf, die sich Mrs. Sawyer nennt. Nachdem sie gegangen ist, folgt er ihr unauffällig oder vielmehr ihrer Droschke. Als die Mietkutsche an ihrem angegebenen Ziel eintrifft, ist jedoch von „Mrs. Sawyer“ weit und breit nichts zu sehen. Sie hatte sich verkleidet und war natürlich ein Mann! Homes lacht herzhaft über seine eigene Stupidität.

|Das Geständnis|

Sobald der Täter sich dann selbst zeigt – was an sich schon recht verwunderlich ist -, will er auch sogleich ein Geständnis ablegen. Schließlich sei er ein todkranker Mann, der jeden Augenblick den Löffel abgeben könne, erkennt Dr. Watson. Bequemerweise erfolgt das Geständnis im Kripohauptquartier, vor den Ohren von Lestrade und Gregson, und natürlich Holmes. Die ganze verhängnisvolle Dreiecksgeschichte begann vor nicht weniger als vierzig Jahren in jenem trockenen Landstrich westlich der Rocky Mountains, der den Briten als „Zentralamerikanische Wüste“ bekannt ist.

Durch die Assoziation mit den Mormonen erklärt sich auch der erstaunliche Titel des zweiten Teils des Hörspiels: „The Country of the Saints“. Die Mormonen nennen sich bekanntlich gar nicht nach dem Buch Mormon ihres Gründers John Smith, sondern als „Heilige der letzten Tage“ (Latter Day Saints). Ihre Hauptstadt ist Salt Lake City. Ich war selbst dort und habe die riesige Kathedrale bewundert – den Tempel! – und das Hochhaus, in dem sich das Hauptquartier des Ordens befindet.

|Die Wirkung|

Ich werde hier nicht das ganze Geständnis wiedergeben, das Jefferson Hope ablegt. Aber der Fall ist im Grunde klar. Für die von ihnen geraubte Braut rächte er sich an Drebor und Stangerson auf grausame Weise, nach zwanzig Jahren der Verfolgung. Diese Geschichte bildet den Kern des zweiten Teils: sehr romantisch und bewegend mit einer tragischen Romanze und einer erbitterten Verfolgungsjagd, schon fast ein Western.

Die Zeitgenossen des Autors müssen hingerissen gewesen sein, obwohl das Buch zuerst in den USA erschien und als „shilling shocker“ (= Pulp Fiction) nicht gerade höchsten literarischen Rang genoss. Ganz im Gegenteil. Erst die Sherlock-Story „Ein Skandal in Böhmen“, die ab 1891 im „Strand Magazine“ erschien, brachte ihrem Autor den erhofften Durchbruch.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Das ganze Hörspiel dreht sich im Grunde nur um die zwei Hauptfiguren Watson und Holmes. Folglich sind ihre Sprecher die wichtigsten im ganzen Ensemble – und es ist ein beachtlich kompetentes Ensemble, gegen das sie sich durchsetzen müssen. Dass Michael Williams seinen Dr. Watson wie den älteren Herrn spielt, den wir alle sattsam aus unzähligen Holmes Verfilmungen kennen, war zu erwarten. Doch Williams verleiht Watson keineswegs den Charakter eines leicht debilen, gutgläubigen Medizinmannes, wie er so unsäglich von Nigel Bruce porträtiert wurde. Dieser Watson ist ein Armeemann und hat einiges vom Leben gesehen. Dennoch bereitet ihm der blutige Tatort in Brixton Albträume.

Die eigentliche Überraschung liefert Clive Merrison (der auf dem Foto auf der CD-Rückseite selbst etwas debil dreinschaut), denn mit dem herzhaften Lachen, in das Holmes so häufig und gerne ausbricht, hatte ich nicht gerechnet. Das ist ein ganz anderer Holmes als der von Basil Rathbone, nicht düster, sondern weltoffen und verständnisvoll, nicht neurotisch, sondern einfühlsam. Dies ist ein menschliches Wesen, mit dem wir – beinahe – mitfühlen können, so etwa, wenn er sich um seine Meriten als Detektiv Sorgen macht und an eine Art PR-Feldzug denkt, mit Watson als Manager.

|Geräusche|

Wozu kleckern, wenn man auch klotzen kann, dachte sich wohl der Sounddesigner und lässt das Hörspiel gleich mit Kanonnendonnern und Gewehrschüssen beginnen. Verwundete schreien nach Doktor Watson, da fallen zwei Schüsse – Watson hat’s erwischt, verkündet die unheilvolle Stille. Nach der Ansage beginnt Dr. Watsons alias Michael Williams‘ ruhige Stimme von den nachfolgenden Ereignissen zu berichten, die zu seiner langen Bekanntschaft mit Holmes führen sollten.

Die Geräusche im Hintergrund sind realistisch, passend und verdecken nie den Dialog. Allerdings muss man sich eine Szene, die in sukzessiven Ausschnitten dargestellt wird, selbst zusammenreimen. Es handelt sich um die Auseinandersetzungen in der Pension der Madame Charpentier, bei denen die betrunkenen Amerikaner ihre Familie drangsalieren. Diese Szene ist clever eingesetzt, denn sie lässt ein Rätsel offen: Hat Arthur Charpentier wirklich Enoch Drebor getötet – oder war es ganz anders?

Es gibt ein paar Soundeffekte, die mich stutzen ließen. Einer davon ist der einer riesigen schlagenden Uhr, als ob sich das Uhrwerk Big Bens (nicht die Glocken!) im Wohnzimmer befände und mit einem feinen Mikro aufgenommen und tausendmal verstärkt würde. Die Wirkung ist unheimlich, denn der Sound kündet Unheil an, nach dem Motto: Wem die Stunde schlägt …

|Musik|

Ich bin nicht sicher, ob das Geigenspiel Basil Rathbones zur Musik zählt, aber dasjenige, das wir in diesem Hörspiel zu hören bekommen, tut es ganz bestimmt. Wir hören lieblichen Bach, elegischen Wagner und noch einiges mehr. Im Outro erklingt die Violine zusammen mit einer Flöte und einem romantischen Piano und geleitet den Hörer wieder zurück in seine eigene Welt. Holmes singt sogar! Dies ist das erste Mal, dass ich Holmes singen hörte. Vielleicht zählt das zu seinem Gesamtkunstwerk „Studie in Scharlachrot“.

Relativ unheimlich ist der gestrichene Kontrabass, der am Anfang der zwei Teile mit tiefsten Bässen erklingt. Dagegen hebt sich die flotte Pausenmusik, welche die Szenen trennt, geradezu wohltuend ab. Man sieht, dass es eine ganze Palette von Musik gibt. Trotzdem ist das Hörspiel weit davon entfernt, ein Musical zu sein.

_Unterm Strich_

Sherlock Holmes und Dr. John liefern sich bereits in diesem ihrem ersten Fall die typischen Diskussionen, wobei Watson stets der Stichwortgeber ist und Holmes allzu häufig der Schlaumeier, der sich alles bereits aus winzigsten Details zusammenreimt. Schon die erste Begegnung ist symptomatisch. Holmes begrüßt Watson als Mann, der in Afghanistan war. Der gute Doktor ist natürlich von den Socken, aber Holmes hält mit des Rätsels Lösung nicht hinterm Berg.

Spannung, Action, Humor, geistvolle Diskussionen, eine Romanze – alle Sherlock-Freunde kommen also schon im ersten Fall voll auf ihre Kosten. Unglaublich, dass der Autor seinen Helden bereits sieben Jahre später, 1893, sterben ließ. Auf Druck des Publikums (und der Königsfamilie) musste er Holmes eine Auferstehung widerfahren lassen, so dass ab „The Hound of the Baskervilles“ (1901/02) weitere Geschichten mit dem beliebten Detektiv erscheinen konnten.

|Das britische Hörspiel|

In zweimal 56 Minuten erzeugt der Dramaturg Bert Coules erst eine Menge Spannung, dann eine ganze Menge von Action und Rührung. Schließlich geht es um eine tragische Dreiecksgeschichte. Der erste Teil gefiel mir wesentlich besser, weil er spannender und optimistisch gestimmt ist.

Das Englischniveau ist nicht „beginner“, sondern „intermediate“, also mittelschwer. Das erfordert Gymnasial- oder Uni-Ausbildung. Auch ich mit abgeschlossenem Magister und Englandaufenthalt konnte nicht alles restlos verstehen. Zum Glück reden die Sprecher wenigstens keinen Dialekt wie etwa Cockney. Ein Akzent ist aber dennoch hin und wieder zu hören. Merrison und Williams befleißigen sich aber des reinsten |BBC|-Englisch und sind sehr klar zu verstehen. Englischlernende dürfen aufatmen.

|A Study in Scarlet, 1887
BBC-Produktion 1998
112 Minuten auf 2 CDs
ISBN-13: 978-3-86717-303-2|
http://www.hoerverlag.de

Sonnleitner, Marco – Die drei ??? – Gefährliches Quiz

_Wer knackt die Nuss?_

Justus ist krank – ist sich zumindest Mathilda Jonas sicher, denn Justus reagiert nicht auf ihre Rufe zum Essen, obwohl er sonst schon auf der Matte steht, wenn das Essen noch nicht einmal fertig ist. Doch sie kann natürlich nicht ahnen, dass Justus sehnlichst auf Post wartet, die dann schließlich an diesem Tag auch eintrifft. Denn Justus hat ein kompliziertes Kreuzworträtsel gelöst und hofft nun, als Kandidat bei „Wer knackt die Nuss?“ auftreten zu können – einer Quizshow, bei der es eine Menge Geld zu gewinnen gibt. Und tatsächlich: Obwohl mehrere Leute das schwere Rätsel gelöst haben, wurde Justus ausgewählt.

Zur Feier des Tages lässt Justus sich gemeinsam mit seinen Begleitern Bob und Peter von Morton in der Limousine in das Studio von KTV fahren, wo die Sendung abgedreht wird. Dort herrscht bereits Hektik, und Justus wird zunächst in die Maske geschickt. Später erscheint dann auch der Moderator Nick Nobel, doch dieser verhält sich ausgesprochen merkwürdig und möchte Justus unbedingt persönlich erklären, wie die Sendung ablaufen soll. Dafür sucht er händeringend ein stilles Örtchen, wo er dann zusammenbricht und Justus erklärt, dass die Sendung an diesem Tag anders ablaufen wird als üblich, denn seine Tochter wurde entführt, und nun verlangt man von ihm, neue Fragen zuzulassen, die sein Kandidat, also Justus, unbedingt lösen müsse, damit seine Tochter am Leben bliebe! Justus ist entsetzt und schrecklich aufgeregt.

Als die Sendung beginnt, bekommt Justus daher kaum ein Wort raus, selbst zu schlauen Reden ist er nicht mehr aufgelegt (und das will etwas heißen!), denn das Leben von Nobels Tochter liegt in seinen Händen. Die ersten Rätsel sind glücklicherweise einfach, und Justus kann sie schnell lösen, nur an dem letzten beißt er sich die Zähne aus. Schließlich muss er raten, womit er natürlich alles andere als zufrieden ist.

Nur leider bleibt die erlösende Nachricht aus – die Entführer konnten mit den Antworten nichts anfangen und verlangen nun, dass Nobel das Rätsel innerhalb von 24 Stunden selbst lösen müsse. Aber hier kommen natürlich die drei Fragezeichen ins Spiel, die sofort ihre Hilfe anbieten. Mit kurzer Internetrecherche kommt Bob auch sogleich auf eine heiße Spur, denn offensichtlich sind die Entführer hinter einem Schatz her, den ein sagenumwobener Pirat, der seinen Opfern gerne schwierige Rätsel aufgetragen hat, irgendwo versteckt hat. Nur wo …?

_Schnitzeljagd_

Der vorliegende Fall nimmt auf dem Schrottplatz der Familie Jonas seinen Lauf. Mathilda ist ganz die besorgte Tante, die sich ja eigentlich auch freuen könnte, dass ihr Ziehsohn eventuell eine Diät machen möchte, doch nein, sie hat sofort erkannt: Hier stimmt etwas nicht. Und irgendwo hat sie ja auch Recht. Doch die Neuigkeit ist eigentlich eine erfreuliche, denn Justus bekommt die Möglichkeit, sehr viel Geld zu gewinnen.

Nur läuft dann praktisch alles schief. Beim Fernsehsender ist nichts so, wie Justus es sich vorgestellt hatte, doch glücklicherweise kann er die ersten Rätsel zu seiner Zufriedenheit lösen, nur am letzten beißt er sich die Zähne aus. So wundert es nicht, dass die Entführer mit seinen Antworten nicht zufrieden sind und Nobels Tochter weiter gefangen halten. Aber immerhin haben die drei Fragezeichen nach der Sendung einen neuen Fall – und hier haben schließlich auch Bob und Peter ihre Auftritte. Das dritte Rätsel nämlich kann Justus nicht lösen und beantwortet es in der Sendung gar falsch. Bob dagegen tippt kurz einige Suchbegriffe in eine Internetsuchmaschine ein und findet gleich den entscheidenden Hinweis: Der berüchtigte Pirat Jack the Riddler hat all diese Rätsel gestellt und wer sie richtig zu lösen weiß, findet seinen Schatz! Und genau den möchten die Entführer offensichtlich in ihre schmierigen Hände kriegen. Justus ist natürlich gleich verschnupft, dass er einen ganzen Morgen am Rechner verbracht hat, ohne auf die richtige Spur zu kommen, während es für Bob offensichtlich ein Leichtes war, das letzte Rätsel korrekt zu lösen. Im späteren Verlauf der Geschichte kommt sogar Peter zum Zuge, er ist es nämlich, der den entscheidenden Hinweis auf die Stelle geben kann, an der der Schatz vergraben liegt. Auf einer Fahrradtour nämlich hat er eine Halbinsel kennen gelernt, die ganz bestimmt des Rätsels Lösung ist. Nur Bob steht in dieser Szene dumm da, als er sich outen muss, weil er Rumpelstilzchen nicht kennt – das fand ich dann doch arg übertrieben, denn so dumm ist Bob nun wirklich nicht.

Nachdem die drei Fragezeichen das Rätsel um die Halbinsel gelöst haben, begeben sie sich in Begleitung Nick Nobels auf Schatzsuche im tiefsten Nebel. Sie können nur wenige Meter weit schauen, aber hören können sie dafür umso besser, und zwar merkwürdige Geräusche, als wären sie nicht allein. Und tatsächlich taucht dann auch der Geist Jack the Riddlers auf, der Nick Nobel nichts Gutes will! Die Szene im Nebel ist wirklich spannend geraten, zumal auf der Flucht vor dem Geist dann auch der Wagen der drei Fragezeichen nicht anspringen will.

Spannung und Rätsel gibt es in diesem Buch genug! Prima fand ich auch, dass tatsächlich einmal alle drei Detektive zur Lösung des Rätsels beitragen konnten, das passiert leider selten genug! Nur am Ende hat natürlich Justus wieder seinen großen Auftritt, aber das trübt den Gesamteindruck nur wenig. Das einzige, das mich nicht vollkommen überzeugen konnte, war wieder einmal die Auflösung. Wer hinter der Entführung steckt, entdecken Justus, Peter und Bob fast schon zu spät, doch der Leser hat bereits lange zuvor eine ganz genaue Ahnung, was hier Sache ist, und man liegt mit diesem Verdacht dann schließlich auch richtig. Aber immerhin war die Auflösung nicht dermaßen hanebüchen, dass man im Leben nicht drauf gekommen wäre. Etwas komisch war natürlich die Tatsache, dass jemand zufällig eine Schatzkarte aufspürt und dann auf die merkwürdige Idee kommt, einen Quizshowkandidaten die Rätsel lösen zu lassen – vor laufender Kamera. Das hätte natürlich auch schief gehen können, zumal die Hinweise so kryptisch waren, dass man selbst mit den vier gelösten Rätseln noch längst nicht den Schatz gefunden hat. Insgesamt aber immerhin noch eine überdurchschnittlich gute Folge!

_Des Rätsels Lösung!_

„Gefährliches Quiz“ gefiel mir ausgesprochen gut. Der Fall ist spannend, außerdem haben die drei Detektive so manches Rätsel zu knacken, diese Art Schnitzeljagd gefiel mir ausgesprochen gut, auch wenn ich nicht an Piraten und Geister glaube, aber immerhin. Der Rest war doch halbwegs realistisch und mir gefiel auch die Charakterzeichnung gut. Jeder der drei Detektive konnte hier seine Stärken und Schwächen unter Beweis stellen, die Mischung war hier recht ausgewogen. Mit kleinen Abstrichen dennoch sehr empfehlenswert!

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Wilson, Kevin – Doom – Das Brettspiel: Die Erweiterung

„Doom“ als Brettspiel? Diese Idee schien vor wenigen Jahren noch undenkbar, nicht zuletzt, da sowohl die cineastische als auch die literarischen Adaptionen so richtig in den Sand gesetzt wurden und man sich gemeinhin kaum vorstellen konnte, dass die Monsterhatz auf dem Spielbrett einen gewissen Anspruch vorweisen könnte. Als Kevin Wilson den Titel dann 2005 aufs Brett brachte, rieben sich viele Skeptiker verwundert die Augen: Das Spiel hatte weitaus mehr Potenzial, als man vorher erahnen konnte (oder wollte), und wies später den Weg für durchschlagskräftige, erfolgreiche Dungeon-Games wie beispielsweise [„Descent“. 3316

Mittlerweile ist [„Doom – The Boardgame“ 3099 eine feste Größe im |Fantasy Flight Games|-Programm und auch hierzulande ein hochgeschätzter Titel. Dementsprechend ist es weniger verwunderlich, dass der |Heidelberger Spieleverlag| sich dazu entschlossen hat, die in den Staaten bereits länger veröffentlichte Expansion auch in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Und als wäre dies nicht schon genug, hat man der Erweiterung neben den fünf neuen Standardszenarien noch zwei gänzlich neue Spielmodi geschenkt. Gründe genug also, um sich einmal näher mit der Fortsetzung zu beschäftigen, die sich eventuell sogar zum heimlichen Sommerhighlight im Verlagsprogramm mausern könnte.

_Spielidee_

Auch in der Erweiterung kämpfen maximal drei Marines gegen die außerirdischen Kreaturen, die mit einem hohen Gewaltpotenzial ihre Invasion vorbereiten. Die Marines nutzen ihr Wissen in fünf neuen Missionen, um die UAC-Marsbasis zu infiltrieren und die Feinde auszurotten. Allerdings haben ihre Gegner sich radikal vermehrt. Sechs neue Monstertypen haben die Eindringlinge verstärkt, darunter die mächtigen Vagarys. Zudem wird die Atemluft für die Marines deutlich dünner. Luftleere Bereiche und Flammenmeere machen den ausgesandten Kämpfern das Leben zur Hölle und beeinträchtigen die Bedingungen, unter denen die irdischen Männer hier um den Sieg fechten müssen. Andererseits können die Marines auf ein noch breiteres Waffenarsenal zurückgreifen. Unter anderem können sie über Robogeschütze und einen ultimativen Tötungsmechanismus verfügen.

Unter verschärften Vorgaben gehen die Gefechte also in eine bzw. fünf neue Runden. Doch dies ist noch nicht alles. In einem Deathmatch können bis zu sechs Spieler gegeneinander antreten und um eine vorher abgestimmte Anzahl Kills spielen. Und direkt aus dem Videospiel hat man die „Capture The Flag“-Idee übernommen, die von zwei Dreierteams (unabhängig von der Spielerzahl) aufgegriffen und ausgetragen wird.

_Spielmaterial_

• 1 Regel- und Szenarienhandbuch
• 4 Übersichtstafeln
• 3 Marinefiguren mit Kettensägen
• 3 Vagary Figuren
• 3 Cacodemon Figuren
• 6 Revenant Figuren
• 6 Cherub Figuren
• 3 Maggot Figuren
• 12 Zombie Commando Figuren
• 66 Eindringlingskarten
• 10 Marine-Karten
• 5 Schwierigkeitsgradkarten
• 3 Ersatzkarten Blindgänger
• 3 Ausrüstungsbehälter der Marines
• 5 luftleere Korridore
• 1 luftleerer Winkel
• 2 luftleere Verbindungen
• 2 luftleere Sackgassen
• 1 Raum
• 1 Verbindung
• 1 Winkel
• 4 Hindernisse
• 4 Luftschleusen
• 4 Standfüße für Luftschleusen
• 2 Basen
• 4 Flammenstrahlen
• 2 Teleporter
• 8 Spielsteine Verletzung
• 6 Spielsteine Rüstung
• 9 Spielsteine Befehle für Marines
• 10 Spielsteine Robogeschütz
• 34 Zerfetztmarker
• 6 Marker Wiedereintrittspunkt
• 6 Spielzugmarker
• 8 Waffen
• 5 Seelenmarker
• 8 Sauerstoffflaschen
• 4 Unsichtbarkeitsmarker
• 4 Vitalbooster
• 4 Berserker

Wie gehabt ist die Schachtel auch bei der Erweiterung wieder richtig prall gefüllt. Neue Spielplanteile, dutzendfach neue Marker, vor allem aber auch wieder unzählige Plastikminiaturen zieren das Innere des Kartons und erfüllen rein quantitativ den Sinn einer Erweiterung ohne jegliche Zweifel. Allerdings ist das Material nicht beliebig gewählt; wieder einmal hat die |FFG|-Grafikabteilung Spitzenarbeit geleistet, sowohl bei den Designs der Monster als auch bei den Illustrationen auf den Karten und Markern. Doch auch für die Eigenreflektion des Teams verdienen die Entwickler an dieser Stelle Lob. Einige Marker aus dem Grundspiel wurden erneuert und können nun ausgetauscht werden. Perfektion als Maßstab – das gefällt!

_Die Erweiterung_

Am Spielverlauf hat sich jedoch zunächst einmal nichts verändert. Die Marines haben immer noch den Auftrag, die Region zu säubern, die Kreaturen zur Hölle zu jagen und rechtzeitig zu entwischen, während den Eindringlingen eine szenarienabhängige Anzahl von Killpunkten genügt, um den Sieg nach Hause zu bringen. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen entscheidend verändert, und zwar auf beiden Seiten:

Auf Seiten der Marines gibt es unter anderem Vorteile durch die neuen Waffensysteme. Die Robogeschütze können am Ende eines Spielzugs zusätzlich zu den eigenen Offensiv-Bemühungen aktiviert und eingesetzt werden, wohingegen der so genannte ‚Soul Cube‘ die Seelen der Monster sammelt und später in einem tödlichen Gewaltangriff wieder entlädt. Außerdem gibt es natürlich einen neuen Kartensatz, der ergänzend zu den bereits vorhandenen Karten aus dem Grundspiel verwendet wird und wieder neue Optionen für die Heldenfraktion bietet.

Diesen Vorteilen stehen einige räumlich bedingte Hindernisse in der Marsstation entgegen. Den Beginn macht hier ein gefährliches Fallensystem, bestehend aus einem Flammenmeer, welches immer wieder neu aktiviert wird und großen Schaden anrichtet. Ferner gibt es luftleere Räume, die nur mit einer Sauerstoffflasche betreten werden dürfen und gegebenenfalls zur tödlichen Falle für die Marines geraten können. Und natürlich kommen auch wieder neue Monster zum Einsatz, wobei der Spieler nun die Wahl hat, ob er die Kreaturen aus dem Grundspiel, die neuen oder doch eine Mischung aus beiden für sein Spiel wählt. Die meisten neuen Figuren sind in ihrer Wertigkeit ihren Vorgängern gleich und können somit beliebig gemischt werden. Lediglich die Vagarys machen hier einen Unterschied.

Der Spielablauf ändert sich dementsprechend nur geringfügig. Der Spieler, der die Eindringlinge steuert, muss sich anfangs nur dafür entscheiden, mit welchem Kartensatz er spielt und welche Kreaturen in seinen Startersatz gehören. Die Aufteilung der Spielzüge und das Rundensystem wurden indes nicht geändert. Abgesehen von einigen speziellen Modi, die in den fünf neuen Szenarien noch einmal genauer beschrieben sind, bleibt spielmechanisch alles beim Alten – nur eben mit dem Unterschied, dass man aufgrund der zahlreichen frischen Utensilien nun noch eine ganze Menge mehr beachten muss!

_Deathmatch_

Die Voraussetzungen für das Deathmatch sind hingegen grundlegend anders. Bevor das eigentliche Spiel beginnt und die Teilnehmerzahl bestimmt wird, wird das Zerfetzungslimit festgelegt. Dieses besagt, wie viele feindliche Kills man verbuchen muss, bevor man das Spiel als Sieger verlassen kann. Anschließend wählt man eines der drei Szenarien für diesen Modus aus dem Handbuch und rüstet seine Spielfigur aus.

Jeder Marine erhält nun einen Ausrüstungsbehälter mit fünf Verletzungs- und zwei Rüstungsmarkern. Bestimmte Marines-Karten werden anschließend aussortiert, der verbleibende Stapel danach gemischt. Jeder Spieler erhält zwei Karten. Als Letztes werden die Figuren auf einen der Wiedereintrittspunkte gesetzt, von wo aus sie nun starten. Sollten nur zwei oder drei Spieler beteiligt sein, steuert jeder Spieler zwei Marines und wählt dabei diejenigen mit Schusswaffen oder einen Marine mit Kettensäge.

Das Spiel verläuft nun reihum im Uhrzeigersinn, und zwar so lange, bis das Spielziel erreicht ist. Bei fünf festgelegten Zerfetzungspunkten ist also genau dann Schluss, wenn ein Spieler fünf feindliche Marines besiegt hat. Allerdings ist eine Vernichtung nicht endgültig. Die Spieler können ihre Figuren über einen Wiedereintrittspunkt erneut zurückbringen, jedoch schwächer bestückt als zuvor.

Änderungen im Spielverlauf gegenüber dem Hauptspiel bestehen derweil nur in der Aufnahme der Ausrüstung. Waffen können nur limitiert eingesetzt und müssen später wieder abgeworfen werden. Außerdem bleiben die Waffenmarker liegen, so dass die Instrumente ständig für alle Spieler verfügbar sind. Waffennachschub gibt es nämlich stets aus der Auslage.

Sollte es den Spielern nicht gelingen, das gesteckte Limit zu erreichen, bevor der Timer – dargestellt durch einen Eindringlings-Nachziehstapel – abgelaufen ist, endet das Spiel beim endgültigen Verbrauch des Kartenstapels. In diesem Fall siegt derjenige Spieler, der die meisten Punkte vorweisen kann.

_Capture The Flag_

Auch im „Capture The Flag“-Modus gibt es drei unterschiedliche Karten, auf denen alle sechs Marines-Figuren gleichzeitig agieren. Die Teams werden mit jeweils drei Söldnern besetzt (Kettensägen vs. Blaster) und bemühen sich, die Flagge des Gegners von dessen Hauptquartier zur eigenen Basis zu bringen. Auch hier wird vorab eine gewisse Anzahl von Punkten festgelegt, die definiert, wie oft die Flagge gesichert werden muss. Der Eindringlingskartenstapel dient wiederum als Timer und läutet das alternative Ende ein.

Im Gegensatz zum Deathmatch sind Zerfetzungen eines Marines hier unerheblich, können allerdings wichtig sein, wenn dieser Marine gerade eine Flagge trägt. Tödliche Salven oder ein Kettensägenmassaker sind bisweilen nämlich die einzige Möglichkeit, den Gegner von seiner erbeuteten Flagge loszueisen.

_Weitere Szenarien_

Insgesamt sind im Expansion-Pack fünf neue Missionen und jeweils drei Karten für die neuen Spielmodi verfügbar. Darüber hinaus bietet das Regelwerk jedoch noch eine Vielzahl zusätzlicher Mods, die man manuell in die einzelnen Partien integrieren kann. Der Schwierigkeitsgrad kann beispielsweise durch spezielle Karten modifiziert werden und etwas mehr zu einer bestimmten Seite schwenken. Darüber hinaus können Waffen über unendliche Munition verfügen, und natürlich kann man auch Einfluss auf das Kartenmaterial nehmen. Auch für Deathmatch und Capture The Flag hat man individuelle Eingriffe als Vorschlag aufgeführt, wie etwa die Kürzung oder Streckung des Timers. Mit diesen Optionen kann man das Spiel vor allem immer dann anpassen, wenn unerfahrene, neue Spieler hinzustoßen, die noch nicht so recht mit der Materie vertraut sind. Und schließlich ist auch dies Sinn und Zweck einer Erweiterung.

_Persönlicher Eindruck_

Die Erweiterung zu „Doom – Das Brettspiel“ erfüllt nun wirklich alle Voraussetzung, die eine solche Ergänzung vorweisen sollte. Eine Vielzahl neuer Spielelemente kommt hinzu, die Mechanismen werden noch einmal optimiert – hier vor allem mit Hinblick auf kleine Regellücken des Basisspiels – und mit den beiden frischen Spielmodi stoßen zwei Systeme hinzu, die man gar nicht genügend ausreizen kann. Dementsprechend sind gerade die Inhalte, die man anfangs noch für die wichtigsten befunden hätte (nämlich die fünf neuen Missionen samt neuer Spielfiguren), fast noch diejenigen, die am wenigsten ins Gewicht fallen – und das will schon was heißen. Doch ganz langsam …

Die Basiserweiterung alleine ist schon richtig stark. Alle Missionen bieten runderneuerte Komplexe, teils sogar mit noch höherem Anspruch, bedingt durch den Ausbau der Rahmenbedingungen des Spiels. Es ist zwar nicht ganz zu verstehen, warum das Gros der neuen Figuren keine eigenen Charaktersheets bekommt und nur als gleichwertig zu bekannten Kreaturen aufgeführt wird, jedoch ist dies auch schon die einzige Ungereimtheit, die der Fan letzten Endes schlucken muss. Dafür gefallen jedoch die frischen Anordnungen wie etwa die luftleeren Räume und die Flammenmeere, die den Marines das Spiel unheimlich erschweren. Aber auch das neue Kartendeck der Eindringlinge zeigt erfreulicherweise jede Menge neuer Optionen und sorgt somit gerade auf Seiten der Feinde für einen größeren Schatz an Handlungsmöglichkeiten.

Wer nun jedoch glaubt, das Spiel würde nur auf einer Seite Prioritäten setzen und das Gewicht somit verschieben, sieht sich aber getäuscht. Es gibt nämlich genügend neue Waffen, die den gerade angeführten Vorteil wieder ausmerzen und die Balance wiederherstellen. Und in allergrößter Not kann man immer noch mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen beginnen, indem man die Karten für die Schwierigkeitsgrade bemüht. Ergo: Hier wurde wirklich an alles gedacht!

Unerschöpflich ist indes das Potenzial der beiden Bonus-Games. Mit dem „Deathmatch“ macht ein bewährtes PC-Vorbild erstmals Schule auf dem Brett und zeigt sich hier erwartungsgemäß souverän. Insgesamt drei Pläne für diesen Systemtypen wurden ins Handbuch eingeschoben, wobei die Matches eigentlich unabhängig von den Karten ablaufen. Schließlich kämpft hier jeder gegen jeden – und da kann der Raum manchmal nicht eng genug sein.

Ähnlich sieht dies beim zweiten Extra, dem „Capture The Flag“-Modus, aus. Abgesehen davon, dass man im Team agiert, kommt hier ebenfalls ganz schnell eine „Alle gegen alle“-Mentalität auf, die dem Spiel eine Brisanz verleiht, wie man sie sonst wahrscheinlich wirklich nur vom PC kennt. Und auch hier gilt: Es sind zwar nur drei Karten, doch da sich der Spielverlauf immer wieder ändern wird und man mit den unterschiedlichsten Taktiken agieren kann, könnte man womöglich Jahre mit diesem System verbringen, ohne dass es Langeweile brächte – und falls doch, denkt man einfach nur mal darüber nach, vielleicht auch in diese Modi Eindringlinge hineinzuschiffen – auch wenn dies wohl nur Freaks vorbehalten ist … Fazit an dieser Stelle: Spitzen-Ergänzungen, die „Doom – Das Brettspiel“ qualitativ und quantitativ enorm bereichern!

Das Resümee muss dementsprechend ebenso positiv sein. Mit der Erweiterung zum viel gelobten Brettspiel setzt Kevin Wilson auf seine bereits erprobte, starke Spielidee noch einen drauf. Das Gesamtsystem ist noch eine Spur ausgereifter, die beiden Extra-Optionen sorgen für Abwechslung und summa summarum wurde so ein ohnehin schon vielseitiges Brettspiel noch facettenreicher gestaltet. Dass eine Erweiterung noch einmal so viele neue Ideen bringt, ist schon außergewöhnlich, verdient aber umso mehr Lob. Und auch wenn dies wie die Worte eines bekehrten Fans klingen mag: An dieser Expansion sowie am [Basisspiel 3099 generell führt absolut kein Weg vorbei!

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